Zehender Aufftritt.

Eliates, Olisius, Halimacus, Orsanes, Atis.


ORSANES.

Was seh' ich!

ELIATES.

Atis.

ELIATES, OLISIUS, ORSANES.

Herr!

ATIS.

Ich bin es nicht /

Es gleicht ihm nur mein Angesicht.

HALIMACUS.

Es ist ein Baur / gefangen in der Schlacht /

Und weil es Atis hat befohlen /

Hab' ich ihn zu Elmir gebracht.

ORSANES.

So kriegt ihr Liebes-Feuer neue Kohlen.


Heimlich.


HALIMACUS.

Er heist Ermin, und zeigt / daß er nicht Atis sey /

Weil seine Zunge spricht /

ELIATES, OLISIUS, ORSANES.

Man schwür' es sey der Printz / hätt' er die Sprache nicht.

HALIMACUS.

Doch Herr / was hat der Rath beschlossen /

Daß man den König mache frey?

ELIATES.

Den halben Schatz will man

Für seine Freyheit bieten.

ATIS.

Warum dann

Den gantzen nicht?

ORSANES.

Schweig / Baur / mit deinen Possen /

Es scheint / daß du freygebig bist /

Mit dem / was nicht das Deine ist.

ATIS.

Euch hat der Geitz bethöret /

In dem / das euch nicht zugehöret.

ORSANES.

Soll Crœsus dann ein Bettel-König werden?

ATIS.

Er lässet diesen Schatz gar gerne fahren /

Wird man den andern nur bewahren.

ORSANES.

Wer ist der?

ATIS.

Treu / der gröste Schatz auff Erden.

ORSANES.

Sag / was bekümmert dich der Lidier König?

Sein Heyl rührt dich ja wenig.

ATIS.

Ich schätz euch nur nach meinem Sinn /

Für meinen König geb' ich alles hin.

ORSANES.

Was hastu?

ATIS.

Mehr als ihr / das glaubet frey /

Ich habe Lieb' und Treu.

ORSANES.

Seit wann hat doch die arme Treu

Sich bey den Bauren retiriret?

ATIS.

Seither daß Eigen-Nutz / Betrug und Heucheley

Zu Hoff allein regiert.

ELIATES.

Wir müssen hie mit vielem disputiren

Nicht unsre Zeit verliehren.

Olisius, er weiß / daß ihm der grosse Raht

Heut auffgetragen hat /

Daß als Gesandter er soll hin zu Cirus gehn.

Er wolle dann auffs beste eilen /

Und sich bemühn / es gleich dahin zu bringen /

Daß wir den König bald bey uns in Freyheit sehn.

OLISIUS.

Ich folge dem Befehl / und werde nicht verweilen.

ALLE.

Ihr Götter / lasset es gelingen!


Treten ab.


Quelle:
Reinhard Keiser: Der hochmütige, gestürzte und wieder erhabene Croesus. Hamburg [1711], unpaginiert.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Der hochmütige, gestürzte und wieder erhabene Croesus
Der hochmütige, gestürzte und wieder erhabene Croesus

Buchempfehlung

Stifter, Adalbert

Der Waldbrunnen / Der Kuß von Sentze

Der Waldbrunnen / Der Kuß von Sentze

Der Waldbrunnen »Ich habe zu zwei verschiedenen Malen ein Menschenbild gesehen, von dem ich jedes Mal glaubte, es sei das schönste, was es auf Erden gibt«, beginnt der Erzähler. Das erste Male war es seine Frau, beim zweiten Mal ein hübsches 17-jähriges Romamädchen auf einer Reise. Dann kommt aber alles ganz anders. Der Kuß von Sentze Rupert empfindet die ihm von seinem Vater als Frau vorgeschlagene Hiltiburg als kalt und hochmütig und verweigert die Eheschließung. Am Vorabend seines darauffolgenden Abschieds in den Krieg küsst ihn in der Dunkelheit eine Unbekannte, die er nicht vergessen kann. Wer ist die Schöne? Wird er sie wiedersehen?

58 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.

434 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon