Eilffter Aufftritt.

Elmira, nachmahls Atis.

Aria.


ELMIRA.

Ich lieb' und bin geliebet /

Und weiß nicht was es sey /

Wann Amors Tyranney

Offt andre so betrübet /

Ich schmeckt' auch nie die Frucht

Der bittern Eifersucht.

2.


So leb' ich höchst vergnüget /

Hat gleich der Perser Macht

Vom Reiche mich gebracht /

Auch Crœsus schon besieget /

Bleibt Atis nur getreu /

Bin ich von Kummer frey.


Atis kommt.


ATIS.

Printzeßin darff ein Sclav sie anzusprechen

Die Kühnheit nehmen?

ELMIRA.

Möcht es Atis selber seyn!

ATIS.

Es steht bey ihr / sie bilde sich nur ein

Ob wär' ers selbst.

ELMIRA.

Was ist denn dein Gebrechen?

ATIS.

Daß in den heissen Flammen /

Die ihrer Augen Blitz schlägt über mich zusammen /

Ich wie ein Salamander lebe.

ELMIRA.

Wie!

ATIS.

Und wie ein' Sonnen-Blum

Ich stets nach ihr mein Haupt erhebe.

ELMIRA.

Baur / was für Tollheit ficht dich an /

Mir solche Reden für zu tragen?

ATIS.

Könt' Atis reden / würd' er dieses sagen.

ELMIRA.

Wohl dir / daß ich es so verstehen kan!


Aria.


ATIS.

Ist niemand bewust /

Wie lieblich die Lust /

Wie süß das Verlangen /

Gefangen

In Ketten und Banden Elmiren zu leben /

Dem kan meine Brust

Die Nachricht bald geben /

Der eintzig bewust /

Wie lieblich die Lust /

Wie süsse das Leben.

ELMIRA.

Wie! darffstu nochmahls solche Reden wagen?

ATIS.

Wird sie hiedurch zum Zorn erweckt /

Da meine Meinung ich schon gnug entdeckt /

Daß / wo der Printz nur sprechen könt' /

Er dieses würde sagen.

ELMIRA.

Meinstu es so / so ist es dir vergönnt /

Und kan ichs wohl verstehen.


Tritt ab.


ATIS.

O Hertzens-Lust / so treuen Sinn zu sehen!


Quelle:
Reinhard Keiser: Der hochmütige, gestürzte und wieder erhabene Croesus. Hamburg [1711], unpaginiert.
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