Neunter Aufftritt.

Halimacus, Atis, in Bauren-Kleidung / Elmira, Trigesta.


HALIMACUS.

Hier bring' ich Atis Ebenbild.

ELMIRA.

Ich muß es gern gestehen /

Ist solche Gleichheit je gesehen!

ATIS.

(Nun ist mein Wunsch erfüllt.)


Heimlich.


HALIMACUS.

Diß ist das Fräulein der du dienen must.

ATIS.

Der Dienst ist mir nur eine Lust.

TRIGESTA.

Solt' es nicht Atis selber seyn?

ELMIRA, TRIGESTA.

Die Augen sagen ja / die Ohren / nein.

HALIMACUS.

Ich gehe hin zum Gouverneur,

Sie woll' indessen sich bequemen /

Des Sclaven Dienst in Gnaden anzunehmen /

Als wann es Atis selber wär.


Gehet ab.


ELMIRA.

Wie ist dein Nahm?

ATIS.

Ermin.

ELMIRA.

Dein Vaterland?

ATIS.

Ist Phrygien.

ELMIRA.

Dich schmertzt der Sclavenstand?

ATIS.

Gar nicht / wann ich ihr Diener heiss'.

ELMIRA.

Was hoffestu von mir? die Freyheit?

ATIS.

Nein.

ELMIRA.

Warum nicht?

ATIS.

Der ihr dient verlangt nicht frey zu seyn.

ELMIRA.

Glaubstu das?

ATIS.

Ja.

ELMIRA.

Woher?

ATIS.

Weil ichs von Atis weiß.

ELMIRA.

Der ist ja stumm.

ATIS.

Ich nahme den Bericht

Aus seinem Angesicht.

ELMIRA.

Liebt er mich recht von Hertzen?

ATIS.

Solt' ein so kaltes Hertz wohl seyn zu finden /

Das ihrer Augen güldne Kertzen

In Liebe nicht entzünden?

ELMIRA.

Redt man so bey den Pflügen?

ATIS.

Ich bin im Holtze zwar gebohren /

Gesäugt von einer Ziegen /

Drumb hab' ich menschlich Fleisch und Blut doch nicht verlohren.

Und wann man ein so schönes Mädgen findt /

Ist auch ein Baur nicht blind.

ELMIRA.

Wie artig spricht der Baur! Solt' es auch Atis seyn?

ELMIRA, TRIGESTA.

Die Augen sagen ja / die Ohren / nein.

ELMIRA.

Bleib stets bey mir / und diene nur getreu /

So mach' ich dich von aller Arbeit frey.

ATIS.

Ich sage Danck der hohen Ehr /

Und bin getreu / als wann ich Atis wär.


Elmira, Trigesta treten ab.

Aria.


ATIS.

Alle Freude leicht verstiebet /

Für der höchst-vergnügten Lust /

Wann man liebt / und wird geliebet.

Ich empfind' in meiner Brust

Alle Wollust / die auff Erden

Jemahls kan empfunden werden.


Quelle:
Reinhard Keiser: Der hochmütige, gestürzte und wieder erhabene Croesus. Hamburg [1711], unpaginiert.
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