Die 38. Histori saget, wie Ulenspiegel dem Pfarer zu Ryßenburg sein Pferd abred mit einer falschen Beicht.

[112] Böser Schalckheit ließ sich Ulenspiegel nit verdriessen zu Ryeßenburg inn dem Dorff in dem Asseburger Gericht. Da wont auch ein Pfarer, der gar ein schöne Kellerin het und darzu ein klein süberlich wacker Pferd. Die hett der Pfarer alle beide lieb, daz Pferd als wol als die Magt. Da waz der Hertzog von Brunschwick zu der Zeit zu Ryßenburg und[113] het den Pfarer durch ander Lüt lassen bitten, daz er ihm daz Pferd wolt lassen zuston, er wolt ihm darfür geben, daz ihn begnügt. Der Pfarer verneint allzeit dem Fursten, daz er daz Pferd nit wolt verlassen. So dorfft ihm der Fürst auch daz Pferd nit nemen lassen, wann daz Gericht waz under dem Rad von Brunschwick. Also het Ulenspiegel die Ding wol gehört und verstanden und sprach zu dem Fürsten: »Gnädiger Her, waz wöllen Ihr mir schencken, daz ich daz Pferd zuwegen bring von dem Pfaffen zu Ryßenburg?« »Kamt du daz thun«, sprach der Hertzog, »ich wil dir den Rock geben, den ich hie anhab«, und daz was ein rot Schamlot mit Perlin gestickt. Daz nam Ulenspiegel an und reit von Wulffenbütel in daz Dorff zu dem Pfarer in zu Herberg. Und Ulenspiegel waz wol bekant in des Pfarrers Huß, wan er was offt da bei ihm vorzeiten gewesen und was ihm wilkumen. Als er nun bei dreien Tagen dagewesen waz, da gebärt er, als ob er kranck wär, und achzet lut und legt sich nider. Dem Pfaffen und seiner Kellerin was leid darumb und wüßten nit Rat, wie sie der Sachen thun solten. Zuletst ward Ulenspiegel ja kranck, also daz ihn der Pfaff ansprach und bat ihn, daz er solt beichten und nem Gots Recht. Ulenspiegel was fast darzu geneigt. Also das er ihn selb wolt Beicht hören und fragen uff daz schärpffeste unnd sprach, daz er sein Sei bedächt, wan er hät sein Tag vil Abentür getriben, daz er sich bewärt, daz ihm Got sein Sünd vergeben wolt. Ulenspiegel sprach gantz kräncklichen und sprach zu dem Pfarrer, er wißt nichts mer, daz er gethon hät, sunder ein Sünde, die dorft er ihm nit beichten, und daz er ihm ein anderen Pfaffen holte, dem wolt er sie beichten. Wann so er ihm sie offenbarte, so besorgt er, daz er darumb zürnen würd. Da er daz horte, da meint er, da wär etwaz under verborgen, und daz wolt er auch wissen. Er sprach: »Ulenspiegel, der Weg ist fer, ich kan den andern Pfaffen nit so bald uberkumen. Und ob du in der[114] Zeit stirbst, so hätst du und ich vor Got dem Heren die Schuld, wa du darin versumpt würdest. Sag nun mir daz, die Sünd sol so schwer nit sein, ich wil dich davon absolvieren. Auch waz hulf es, daz ich böß würd, ich muß doch die Beicht nit melden.« Ulenspiegel sprach: »So wil ich daz wol beichten«, sie wär auch so schwer nit, sunder ihm wär nur leid, daz er böß würd, dann es treff ihn an. Da verlangt der Pfarrer noch serer, daz er daz wissen solt, und sprach zu ihm, hat er ihm etwaz gestoln oder Schaden gethon, oder was es wär, daz er es ihm beicht. Er wolt es ihm vergeben und ihn nimer darumb hassen. »Ach, lieber Her«, sprach er, »ich weiß, daz Ihr darumb zürnen werden. Doch ich entpfind und förcht, das ich bald von hinnen muß scheiden. Ich wil Euch daz sagen, Got geb, Ihr werden quad oder böß. Und, lieber Herr, das ist das: Ich hon bei Euwer Magt geschlaffen.« Der Pfaff fragt, wie offt das geschehen wär. Ulenspiegel sprach: »Nur fünffmal.« Der Pfaff gedacht, da sol sie 5 Drüßen für uberkummen, und absolviert ihn bald unnd gieng in die Kamer und hiesch sein Magt zu ihm ze kummen und fragt, wa sie bei Ulenspiegeln geschlaffen hät. Die Kellerin sprach, nein, es wär gelogen. Der Pfaff sprach, er hät ihm doch daz gebeichtet, und er glaubt es auch. Sie sprach nein, er sprach ja und erwuscht ein Stecken und schlug sie brun und bla. Ulenspiegel lag im Bet und lacht und gedacht in ihm selber: »Nun wil daz Spil gut werden«, und wil sein Recht uberkumen und lag den gantzen Tag also. In der Nacht ward er starck und stund des Morgens uff und sprach, es würd besser, er müst in ein ander Land, daz er rechnet, waz er verzert hät. Der Pfaff recht mit ihm und waz so irr in seinem Sin, daz er nit wißt, waz er thet, und nam Gelt und doch kein Gelt und waz des zufriden, daz er nur wanderte von dan, deßgleichen die Kellerin auch. Die waz gleichwol umb seinentwillen geschlagen. Also waz Ulenspiegel bereit und wolt gon. »Her«, sprach er, »seien gemant, daz Ihr die Beicht geoffenbart[115] hon. Ich wil gen Halberstat zu dem Bischoff und will daz offenbaren von Euch.« Der Pfaff vergaß seiner Boßheit, da er hort, daz Ulenspiegel ihn wolte in Beschwerniß bringen, und bat ihn mit grossem Ernste, das er schwig. Es wär geschehen in gähem Mut, er wolte ihm 20 Guldin geben, daz er ihn nit verklagte. Ulenspiegel sprach: »Nein, ich wolt nit hundert Guldin nemen, daz zu schweigen. Ich wil gon und wil das fürbringen, als sich das gebürt.« Der Pfaff bat die Magt mit weinenden Augen und sprach, das sie ihn fragte, das er ihr sagte, was er ihm geben solt, das wolt sie ihm geben. Zuletst sprach Ulenspiegel, wolt er ihm das Pferd geben, so wolt er schweigen und solt unvermelet bleiben. Er wolt auch anders nichts nemen dan das Pferd. Der Pfaff het das Pferd gantz lieb und hät ihm lieber all sein Barschafft geben, wann er das Pferd solt verlassen. Unnd verließ das on seinen Danck, dann die Not bracht ihn darzu. Und gab Ulenspiegeln das Pferd und ließ ihn damit hinreiten. Also reit Ulenspiegel mit des Pfaffen Pferd geen Wulffenbütel. Also kam er uff den Dam, da stund der Hertzog uff der Teghebrucken und sach Ulenspiegeln mit dem Pferd dahertraben.

Von Stund zoch der Fürst den Rock uß, den er Ulenspiegeln gelobt het, und gieng ihm under Augen und sprach: »Seh hin, mein lieber Ulenspiegel, hie ist der Rock, den ich dir gelobt hab.« Also fiel er von dem Pferd unnd sprach: »Gnädiger Herr, hie ist Euwer Pferd«, und was dem Hertzogen groß zu Danck und must ihm das erzälen, wie er das Pferd von dem Pfaffen gebracht hät. Das lacht der Fürst unnd was frölich davon und gab Ulenspiegeln ein ander Pferd zu dem Rock. Und der Pfarrer betrüpte sich umb das Pferd und schlug die Magt offt ubel darumb, also das ihm die Magt entlieff. Da ward er ihr beide ledig.

Quelle:
Ein kurtzweilig Lesen von Dil Ulenspiegel. Stuttgart 1978, S. 112-116.
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