Die 52. Historie sagt, wie Ulenspiegel sich zu einem Kürßner verdingt und ihm in die Stuben schiß, uff das ein Gestanck den andern vertreiben solt.

[151] Einsmals kam Ulenspiegel gen Ascherleue und waz Wintersnot und dürre Zeit und gedacht er: »Waz wilt du nun anfahen, daz du uß dem Winter kumest?« Da was niemans, der eins Knechts bedorfft, sunder da wont ein Kürßner, der wolt ein Knecht annemen, wann einer käm von seinem[152] Hantwerck wandern. Da gedacht Ulenspiegel: »Waz wilt du thun? Es ist Winter und darzu düer, du must leiden, waz du leiden kanst, und leidest die Winterzeit uber uß«, und verdingt sich dem Kürßner für ein Knecht. Alß er nun uff die Werckstat ging sitzen und wolt Beltz nein, da was er des Geschmackß nitt gewont und sagt: »Pfy, pfy! Bist du so weiß als Kreiden und stinckst so ubel alß Dreck.« Der Kürßner sagt: »Schmackst du das nit gern und gest dar sitzen? Daz es stinckt, das ist natürlich und ist von der Wollen, das daß Schaf hat uff der rechten Seiten.« Ulenspiegel schweig und gedacht: »Ein Böß pfligt das ander zu vertreiben!« und ließ so ein sauren Furtz, daz der Meister und sein Frowen die Nasen zu musten halten. Und der Kürßner sprach: »Waz machst du? Wilt du ubel Fürtz lassen, so gon uß der Stuben in den Hoff und fist so fil du wilt.« Ulenspiegel sprach: »Das ist einem Menschen fil natürlicher zu Gesuntheit dan der Gestanck von den Schaffellen.« Der Küßner sprach: »Daz sei gesunt oder nit, wilt du fisten, so gang in den Hoff.« Ulenspiegel sprach: »Meister, es ist verloren, alle Fürtz wöllen nit gern in der Kälte sein, dan sie seind allezeit inn der Wärme. Und das zu Ursach lassent einen Furtz, er gat Uch bald wider in die Nase, uß der Worme, da er ußkumen ist.« Der Kürßner schweig. Er vernam wol, das er mit einer Schalkeit beladen waß, und gedacht, er wolt ihn nit lang brauchen. Ulenspiegel saß fürter an und neiet unnd firselt und warff uß und huschdet das Har uß dem Mund. Der Kurtzner saß und sah ihn an und schweig bitz deß Abent, das sie gessen hetten. Da sprach der Meister zu ihm: »Lieber Knecht, ich sih wol, das du bei disem Hantwerck nit gern bist. Ich las mich duncken, du seiest kein rechter Küßnerknecht. Daß merck ich an deinen Gebärden, oder du must nit lang darbeigewesen sein, wan du bist des Wercks nit[153] gewont. Hätst du darbei nit me dan 4 Tag geschlaffen, so rimpfst du ouch dich nit also darob und fragst ouch nüt darnach, so wär dir das ouch nit wider. Darumb, mein lieber Knecht, lust dich nit hiezubleiben, so magst du morgen gan, da dein Pferdt stat.« Ulenspiegel sagt: »Lieber Meister, Ihr sagen war, ich bin dabei nit lang gewesen. Wan Ihr mir nun wöllen gestatten, daß ich 4 Nächt bei dem Werck schlieff, das ich des gewont. Und dan sehen Ihr, was ich thun mag.« Des was der Kürßner zufriden, wann er bedorfft sein und kunt auch wol neien.

Quelle:
Ein kurtzweilig Lesen von Dil Ulenspiegel. Stuttgart 1978, S. 151-154.
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