Die 51. Histori sagt, wie Ulenspiegel Wollen schlug uff ein helligen Tag, darumb, das der Tuchmacher ihm daz verbotten het, das er kein Montag fieren solt.

[147] Als Ulenspiegel gen Stendel kam, da thet er sich für ein Wullenweber uß und waz uff ein Sontag. Da sagt der Wullenweber zu ihm: »Lieber Knap, ihr Gesellen halten ein Fiertag am Montag, und welcher daz flegt gern zu thun,[148] den habe ich nit gern in meiner Arbeit, er mus die Wochen ußarbeiten.« Ulenspiegel sagt: »Ja, Meister, daz ist mir wol allerliebst.« Da stund Ulenspiegel des Morgens uff und schlug Wollen. Und des Diensttags deßgleichen und daz bekam dem Wüllenweber wol. So waz am Mitwoch eins Apostels Tag, daz sie feiren mußten, und Ulenspiegel thet, wie er von dem heiligen Tag nit wißt, und stund des Morgens uff und begund zu schnieren und schlug Wollen, daz man uber die gantz Straß hort. Der Meister wuscht von Stund uß dem Bet und sagt zu ihm: »Hör uff! Hör uff! Es ist ein heiliger Tag.« Ulenspiegel sagt: »Lieber Meister, Ihr verkünten mir doch am Sontag kein heiligen Tag, sunder ihr sagten, ich solt die gantz Woch ußwercken.« Der Wüllinweber sagt: »Lieber Knecht, daz meint ich nit also, sunder hör uff und schlag nit mer. Waz du den Tag kündest verdienen, daz wil ich dir gleichwol geben.«

Ulenspiegel war dessen zufriden und feiert den Tag und hielt des Abentz Collation mit seinem Meister. Da sprach der Wullenweber zu ihm, daz ihm wol geling die Woll zu schlagen, sunder er müst sie wol ein wenig höher schlagen. Ulenspiegel sagt ja und stund des Morgens frü uff und spant den Bogen oben an die Latten und setzt daran ein Leiter. Da steig er hinuff und macht, daz die Rüt nachfolgen kund bis uff die Hurt. Und holt dann die Woll von der Hurt, die stund uff der Erden bis an die Bün, und[149] schlüge die Woll, daz sie uber daz Huß stob. Der Wullenweber lage an dem Beth und hort am Schlag wol, daz er ihm nit recht thät, und stund uff und sah ihn an. Ulenspiegel sprach: »Meister, wie dunckt Euch, ist das hoch genug?« Der Meister sprach zu ihm: »Trüwen, stundest uff dem Dach, so wärst noch höher, da du also woltest die Wol schlagen, so hätst du sie wol uff dem Dach sitzen geschlagen, als du hie uff der Leitern steiest«, und geht damit uß dem Huß in die Kirchen. Und Ulenspiegel wart uff die Red und nimpt den Bogen und steigt uff das Dach unnd schlächt die Woll uff dem Dach. Des ward der Meister ussen uff der Gassen gewar und kumpt bald louffen und sprach: »Was Teüffels machst du? Hör uff! Pfliget man die Wolen uff dem Dach zuschlahen?« Ulenspiegel sagt: »Was sagen Ihr nun, Ihr sprachen doch, es wär besser uff dem Dach dan uff der Leitern, wann das wär noch höher dan die Balcken.« Der Wüllenweber sprach: »Wilt du Wollen schlahen, so schlags, wilt du Narrei treiben, so treibs! Steig von dem Dach unnd scheis bei die Hurdt.« Mit dem so gat der Wüllenweber in das Hus und gieng in den. Hoff. Und Ulenspiegel steig endlichen von dem Dach und gat in das Hus zu der Stuben sitzen und macht dar einen grossen Huffen Trecks in die Hurd. Der Wüllenweber kam uß dem Hoff und sahe, das er bei der Stuben scheiß, und sagt: »Das dich nimer Guts angon müß! Du thust, als die Schälck all pflegen zu thun!« Ulenspiegel sprach: »Meister, ich thun doch anders nit, dan also Ihr mich geheissen haben. Ihr sagten, ich solt von dem Dach steigen unnd scheissen bei die Hurt. Warumb zürnen Ihr darumb, ich thu, als Ihr mich heissen.« Der Wüllenweber sprach: »Du schist mir wol uff den Kopff ungeheissen. Nim den Treck und trag ihn an ein Ort, da ihn niemans haben wil.« Ulenspiegel sagt ja und nimpt den Treck uf einem Stein und treit den in die Speißkammer. Da sagt der Wüllinweber: »Laß ihn daruß,[150] ich wil ihn nit darin haben.« Ulenspiegel sagt: »Das weiß ich wol, das Ihr ihn da nit haben wöllen, und niemans wil ihn da haben, noch thun ich, als Ihr mich heissen.« Der Wüllinweber ward zornig und lieff zu dem Stall und wolt Ulenspiegeln mitt dem Scheit an den Kopff werffen. Da gieng Ulenspiegel zum Hauß uß und sagt: »Kan ich dan niergen Danck verdienen?« Der Wüllinweber wolt das Holtz endlich ergreiffen und besudelt die Finger allzumal. Da ließe er den Treck fallen und lief zu dem Brunnen und wusch die Händ wider. Dieweil gieng Ulenspiegel hinweg.

Quelle:
Ein kurtzweilig Lesen von Dil Ulenspiegel. Stuttgart 1978, S. 147-151.
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