Die 64. Histori sagt, wie Ulenspiegel sich zu Mildeßheim einem Kouffman für ein Koch und Stubenheisser verdingt und sich gantz schalckhafftig mache.

[180] Recht in der Strassen, als man von dem Hewmarckt wil gon, wont ein reicher Kouffman. Der gieng uff ein Zeit vor demselben Thor spacieren und wolt uff seinen Garten gon. Underwegen uff einem grünen Acker fand er Ulenspiegel ligen. Den grüßt er und fragt ihn, was er für ein[181] Stalbruder wär unnd was sein Handel wär. Dem Ulenspiegel mitt verdeckter Schalckheit und klüglichen antwurt, er wär ein Kuchenknab unnd hät keinen Dienst. Zu dem der Kauffman sprach: »Wann du frum sein woltest, ich wolt dich selber uffnemen und dir nüwe Cleider und ein guten Sold geben. Wann ich hab ein Fraw, die kriegt aller Tag uber daz Kochen, und da meine ich wol Danck verdienen.« Ulenspiegel gelobt ihm grosse Trüw und Frumkeit. Daruff nam ihn der Kauffman an und fragt ihn, wie er hieß. »Herr, ich heiß Bartho-lo-me-us.« Der Kauffman sprach: »Daz ist ein langer Nam, man kan den nit bald nennen. Du solt Doll heißen.« Ulenspiegel sprach: »Ja, lieber Junckher, es gilt mir gleich, wie ich heiß.« »Wolan«, sprach der Kauffman, »du bist mir ein rechter Knecht.« Kum har, kum har, gang mit mir in meinen Garten, wir wöllen Krut mit uns heimtragen und junge Hüner darmit füllen, dann ich hab uff den nächsten Sontag Gäst geladen, den wolt ich gern gütlich thun. Ulenspiegel gieng mit ihm in Garten und schneid Roßmarin, damit er die Hüner füllen wolt uff welsch Monier. Die andern mit Zwibelen, Eiern und andern Krütern. Und giengen miteinander wider zu Huß.

Als nun die Fraw den seltzamen Gast von Cleidung sahe, fragt sie ihren Haußwirt, waz das für ein Gesel wär und waz er mit ihm thun wolt und ob er besorgt, das Brot würd schimlig. Der Kauffman sagte: »Fraw, sei zefriden, er sol dein eigner Knecht sein. Er ist ein Koch.« Die Fraw sprach: »Ja, lieber Man, er solt wol gut Ding kochen.« »Dan sei zufriden«, sprach der Man, »du solt morgen wol sehen, was er kan.« Und rufft Ulenspiegeln: »Doll!« Er antwort: »Junckher!« »Nim ein Sack und gang mir nach[182] under die Metzige. Mir wöllen Fleisch und ein Braten holen.« Also folgt er ihm nach. Da kaufft sein Junckher Fleisch und ein Braten und sprach zu ihm: »Doll, lege den Braten morgens bald zu und laß ihn kiel und langsam abbraten, das er nit verbrin. Daz ander Fleisch setz auch beizeiten zu, das es zu Imbiß gesotten sei.« Ulenspiegel sagt ja und stund frü uff und satzt die Kost zum Feur. Sunder den Braten steckt er an ein Spiß und legt ihn zwischen zwei Vaß Einbeckß Bierß in den Keller, das er kiel lege und nit verbren. Als nun der Kauffman den Statschreiber und andere Fründ zu Gast geladen het, da kam er und wolt besehen, ob die Gäst kummen wären oder die Kost auch bereit wär, und fragt seinen nüwen Knecht. Er antwurt: »Es ist als bereit, sunder dem Braten.« »Wa ist der Braten?« sprach der Kauffman. »Er liet im Keller zwüschen zweien Vassen, kein külere Stat wißt ich im Huß nit, als Ihr sagten, ich solt den legen.« »Ist er denn auch bereit?« sprach der Kaufman. »Nein«, sprach Ulenspiegel, »ich hab nit gewißt, wann Ihr den haben wolten.« Indem kamen die Gäst, denen sagt er von seinem nüwen Knecht und wie er den Braten in Keller gelegt hät. Des lachten sie und machten ein guten Schimpf daruß. Aber die Fraw waz des nit zufriden umb der Gäst willen und sagt dem Kaufman, er solt den Knecht gon lassen, sie wolt ihn im Hauß nit länger leiden, sie seh, daz er ein Schalck wär. Der Kauffman sprach: »Liebe Fraw, sei zefriden, ich wurd ihn ein Reiß geen der Stat Goßlir bedörffen, und so ich widerkum, so wil ich ihn springen lassen.« Kum kund er die Frauwen uberreden, das sie des zefriden waz.

Als sie assen und trunken und waren guter Ding des Abentz, sprach der Kouffman: »Dol, richt den Wagen zu[183] und schmier den, wir wellen morgen gen Goßler faren. Es ist ein Pfaff, der heißt Her Heinrich Hamenstede, der Her ist da daheim, der wil mitfaren.« Ulenspiegel, der sagt ja und fragt, was Salb er darzu nemen solt. Der Kouffman warff ihm einen Schilling dar und sprach: »Gang und kouff Karchsalbe und laß die Fraw alt Feißte darunder thun.« Er thet ihm also unnd da jederman schlaffen was, da beschmiert Ulenspiegel den Wagen innen unnd ussen unnd am allermeisten, da man sitzen solt. Des Morgen früg stund der Kouffman uff mit dem Pfaffen unnd hiesen Ulenspiegel die Pferd anspannen. Das thet er. Sie sassen unnd furen dahin, da hub der Pfaff an unnd sagt: »Waß Galgen ist hie so feißt? Ich wolt mich halten, das mich der Wagen nitt schwengkt, unnd bescheiß die Händ aller Ding!« Sie hiessen Ulenspiegeln halten und sagten zu ihm, sie wären beid hinden und vornen beschmiert, unnd wurden zornig uber Ulenspiegeln. Indem kumpt ein Buer mit einem Fuder Strow, der wolt zu dem Marckt faren. Dem koufften sie etlich Wellen ab und wüsten den Wagen und sassen wider uff. Da sagt der Kouffman zornmütig zu Ulenspiegel: »Du verlaßner Schalck, das dich nimer Glück bestee! Far fürt an denn liechten Galgen!« Das thet Ulenspiegel. Da er nun under den Galgen kam, da hielt er bald stil unnd satzt die Pferd uß. Zu dem sprach der Kouffman: »Was wilt du machen oder waz gemeinst du damit, du Schalck?« Ulenspiegel sagt: »Ihr hießen mich under den Galgen faren, da seind wir. Ich meint, wir wolten hie rasten.« Indem sahe der Kouffman uß dem Wagen, da hielten sie under dem Galgen. Was solten sie thun? Sie wurden der Dorrerei lachen, und der Kouffman sagt: »Häng für, du Schalck, unnd far furt recht uß unnd sich dich nit umb!« Nun zoch Ulenspiegel den Nagel uß dem Landwagen, unnd als er nun ein Ackerläng Wegß gefaren was, da gieng der Wagen voneinander unnd das[184] hinderst Gestel mit dem Höbel bleib ston. Unnd Ulenspiegel fur für sich hinweg, dem sie nachriefften unnd liffen, das ihn die Zung uß dem Halß hieng, bitz sie ihn überkamen. Der Kouffman wolt ihn zu Dot schlagen, dem der Pfaff halff, so best er kundt. Nun, sie volbrachten die Reiß und kamen wider zu Huß. Da fragt die Fraw, wie eß ihm gangen wär. »Seltzam gnug«, sagt der Kouffman, »doch wir kummen wider«, und riefft damit Ulenspiegeln unnd sagt: »Companion, die Nacht so bleib hie, iß und drink dich voll und morgens so raum mir daz Huß. Ich wil dich nit länger haben, du bist ein betrogner Schalck, wa du ja harkummest.« Ulenspiegel sagt: »Lieber Got, ich thu alles, das man heißet, noch kan ich nienen Danck verdienen. Doch liebt Uch mein Dienst nit, so wil ich Uch morgens nach Eweren Worten daß Huß räumen unnd wanderen.« »Ja, dem thun also«, sprach der Kouffman. Des andern Tags stund der Kauffman uf und sagt Ulenspiegeln: »Iß und trinck dich sat und schlöp dich, ich wil in die Kirchen gon. Laß dich nit wider finden!« Ulenspiegel, der schweig. Als balde der Kauffman uß dem Huß kam, begund er zu raumen, Stül, Tisch, Bänck und waz er tragen und schleiffen kund, bracht er uff die Gassen, Kupfer, Zin und Wachß, daz die Nachbüren verwunderten, waz daruß werden wolt, daz man alles Gut uff die Gassen brächt. Daz ward dem Kauffman zu wissen. Der kam hefftigklichen und sprach zu Ulenspiegeln: »Du frummer Knecht, waz thust du hie? Find ich dich noch hie?« »Ja, Junckher, ich wolt erst Euwern Willen erfüllen, dann Ihr hiessen mich daz Huß raumen und darnach wandern«, und sprach: »Greiffen mit der Hand zu, die Dunn ist mir zu schwer, ich kan daz allein nit gewaltigen.« »Laß ligen«, sprach der Kauffman, »und gang für den Tüffel hinweg. Es hat mer gekostet, dann daz man daz in Treck werffen solt.« »Lieber Hergot«, sprach Ulenspiegel, »ist daz nit ein groß Wunder? Ich thu alles, daz man mich[185] heißt, noch kan ich niergen Danck verdienen. Daz betrügt mich nit. Ich bin in einer unglückhafftigen Stunden geboren.« Also da schied Ulenspiegel von dannen und hieß den Kaufman wider in hin schleiffen, was er ußgeraumet het, des die Nachbürin vor und nach lachten.

Quelle:
Ein kurtzweilig Lesen von Dil Ulenspiegel. Stuttgart 1978, S. 180-186.
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