Die 88. Histori sagt, wie ein Buer Ulenspiegeln uff ein Karren setzt, der Flumen gen Lübeck uff den Marckt füren wolt, die er bescheiß.

[250] Uf ein Zeit hielten die durchlüchtigen und hochgebornen Fürsten von Brunschwick ein Rennen und Stechen und Tornieren mit vil frembden Fürsten und Herren, Ritter und Knechten in der Stat zu Einbeck, und mit ihren Hindersassen. Nun waz es in dem Sumer, das die Pflomen und ander Ops zeitig waren. Da waz zu Oldenburg bei Einbeck ein frumer, einfältiger Buersman, der het ein Garten mit Pflumenbeimen. Der ließ brechen ein Karch vol Pflumen und wolt damit gen Einbeck faren, als dan da vil Folcks waz, und meint, deren da bas abzukumen dan zu andern Zeiten. Als er nun für die Stat kam, da lag Ulenspiegel under einem grünen Boum in dem Schatten unnd het sich in der Herren Höff ubertruncken, daz er weder essen noch trincken möcht und einem todten Menschen gleicher dan einem lebendigen was. Als nun der frum Man bei ihm har fur, da sprach Ulenspiegel den Man an gantz krancklich, als er kund, und sprach: »Ach, gut Fründ, sich, hie bin ich so kranck drei Tag und Nacht on aller Menschen Hilff hie gelegen, und wa ich noch einen Tag also ligen sol, so möcht ich wol Hunger und Durst sterben. Darumb für mich umb[251] Gots willen für die Stat.« Der gut Man sprach: »Ach, gut Fründ, ich wolt daz gern thun, aber ich hab Pflumen uff dem Karch, so ich dich daruff setzt, so machest du mir die alle zuschanden.« Ulenspiegel sagt: »Nim mich mit, ich wil mich wol vornan uff dem Karch behelffen.« Der Man waz alt. Das thet seinem Leib und Leben we, ee er den Schalck, der sich uff daz schwerst macht, uff den Karren bracht, und fur da umb des Krancken willen dester gemacher.

Da nun Ulenspiegel ein Weil gefaren waz, zoch er daz Straw von den Pflumen und stigt hinder seinem Rücken heimlich uff und bescheiß dem armen Man sein Pflumen und zoch daz Strow wider darüber. Als nun der Buer in die Stat kam, da rufft Ulenspiegel: »Halt, halt! Hilff mir von dem Karch, ich wil hie ussen vor dem Thor bleiben.« Der gut Man halff dem argen Schalck von dem Karch und fur sein Straß den nächsten Weg zu dem Marckt. Da er daruff kam, spant er sein Pferd uß und reit daz in die Herberg. Indem kamen vil Burger zu dem Marckt. Under ihnen was einer, der allzeit der erst waz, wann dahin etwas zu Marckt kam, und doch selten etwaz koufft. Der kam auch dazu und zoch daz Strow bei halber herab und bescheiß die Händ. Indem kam der Man wider uß seiner Herberg. Ulenspiegel het sich verkleidet und kam auch ein ander Weg har gon und sagt zu dem Buern: »Was hast du zu Marckt bracht?« »Pflumen«, sagt der Buer. Ulenspiegel sagt: »Du hast bracht als ein Schalck, die Pflumen seint beschissen, man solt dir daz Land mit den Pflumen verbieten!« Der lugt darnach und sah, das es also waz, und sprach: »Vor der Stat lag ein kranck Mensch, der sah gleich als der, der hie stat, dann daz er ander Kleider anhet. Den fürt ich umb Gots willen für daz Thor. Derselb Schalck hat mir den Schaden gethon.« Ulenspiegel sagt: »Der Schalck wär wol Schlahens wert.« Also müst der frum Man die Pflumen hinweg füren uff die Schelmengrub und dorfft sie niergen verkouffen.

Quelle:
Ein kurtzweilig Lesen von Dil Ulenspiegel. Stuttgart 1978, S. 250-252.
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