Die 89. Histori sagt, wie Ulenspiegel die Münch zu Mariental zu der Metten zalt.

[252] Nun bei der Zeit, als Ulenspiegel alle Land umb louffen het und was alt und verdrossen worden, da kam ihn ein Galgenruw an und gedacht, wie er sich wolt in ein Closter[253] ergeben mit seiner Armut und sein Zeit vol schleißen und Got dienen sein Leben lang für sein Sünd, wan Got uber ihn gebüt, daz er nit verloren würd. Da kam er uff daz zu dem Apt von Mariental und bat ihn, daz er ihn zu einem Bruder wolt uffnemen, er wolt dem Closter alles hinder ihm lassen. Der Apt waz auch wol mit Narren und sagt: »Du bist noch vermüglich, ich wil dich gern uffnemen, als du gebetten hast, aber du must etwaz thun und ein Ampt haben, da du sihest, daz mein Brüder und ich all zu thun haben und jedem ist etwaz befolen.« Ulenspiegel sagt: »Ja, Herr, gern.« »Wolan, in Gots Nomen, du arbeitest nit gern, du solt unser Portner sein, so bleibst du in deinem Gemach und hast mit allen kein Bekümerniß, allein Kost und Bier uß dem Keller zu holen und die Port uff – und zuschliessen.« Ulenspiegel sagt: »Wirdiger Her, daz vergelt Euch Got, daz Ihr mich alten krancken Man so wol bedencken, ich wil auch thun alles, das Ihr mich heißsen, und lassen alles, daz Ihr mir verbieten.« Der Apt sprach: »Seh hin, den Schlüssel, du solt nit jederman in lassen, den driten oder den fierden laß kum in, dan so vil inlassen, sie fressen wol daz Closter arm.« Ulenspiegel sagt: »Wirdiger Her, ich wil ihm recht thun.« Und alle, die da kamen, sie gehorten in daz Closter oder nit, ließ er allezeit nur den fierden in und nit me. Die Klag kam für den Apt, der sagt zu Ulenspiegel: »Du bist ein ußerlesen Schalck, wilt du die nit hareinlassen, die harein ergeben seint und harein gehören?« »Her«, sagt Ulenspiegel, »den fierden, als Ihr mich geheissen haben, hab ich eingelasen und nit mee und hab Euwer Gebot volbracht.« »Du hast gethon als ein Schalk«, sprach der Apt und wär sein gern wider ledig gewesen und setzt ein anderen Beschliesser, dan er vernam wol, daz er sein alten Dück nit lassen wolt. Da gab er ihm ein ander Ampt und sagt: »Sich, du solt die Münich nachts in die Metten zälen, und wa du einen ubersiehest, so solt du wandern.« Ulenspiegel sagt:[254] »Her, das ist mir schwer zu thun, doch wan es nit anders sein mag, muß ich das machen, wie es zu dem bessern werden mag.« Und des Nachts brach er etlich Staffeln ab von der Stegen. Und was der Prior ein gotfrum alt Münich und allezeit der erst zu der Metten, der stilliklichen zu der Stegen kam. Und als er meint, uff die Steg zu tretten, da trat er durch hin und viel ein Bein entzwei. Also riefft er jämerlichen, das die anderen Brüder zulieffen und wolten sehen, was ihm wär. Da viel je einer nach dem andern die Steg hinab. Da sprach Ulenspiegel zu dem Apt: »Wirdiger Her, hab ich nun mein Ampt ußgericht, ich hab die Münich alle gezalt«, und gab ihm das Kerbholtz, daran er sie all geschnitten het, wan je einer nach dem anderen heraberfiel. Der sprach: »Du hast gezalt als ein verheit Schalck, gang mir uß meinem Closter und louff zu dem Teüffel, war du wilt.« Also kam er geen Mollen, da ward er mit Kranckheit umbgeben, das er kurtz darnach starb.

Quelle:
Ein kurtzweilig Lesen von Dil Ulenspiegel. Stuttgart 1978, S. 252-255.
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