IV. Vom Hexen-Tantz.

[40] Unter allen Bergen, derer sehr viel in Teutschland seyn, ist fürnehmlich zu rechnen der sogenannte Blocksberg, selbiger kan rings herum auf 16. Meilwegs gesehen werden, von[40] welchem man hält, daß den 1. May in S. Walpurgis Nacht, die Unholden ihre Hexen-Fahrt auf demselben zu haben pflegen, wie Johann Prætorius hievon ein absonderliches Büchlein geschrieben, wovon wir etwas, so allhier dienlich, anführen wollen.1 Damit sie nun ihre Reise wohl mögen verrichten, so gebrauchen solche dazu unterschiedene Instrumenta, als lebendige Thiere: Böcke, Ziegen, Kälber, Säue, Wölffe, Katzen, Hunde; theils gebrauchen sie leblose Dinge, als Ofen-Krücken, Spinnrocken, Ofen- Mist- und Heu-Gabeln, Schauffeln, Besem und Mulden. etc. wie davon Bodinus lib. 2. Dæmonum c. 4. schreibt.2 It. Hildebrand in seiner Theurgia fol. 117. Bevor aber solche dahin fahren, beschmieren und salben sie sich zuvor mit einer ihnen vom Teuffel gegebenen Salbe: und warum solches geschehe, dessen führet der Autor der hundert Erquick-Stunden einige Ursachen an: denn es komme zuweilen, daß die Hexen etwas furchtsam seyn, und der Wegfahrt nicht trauen, oder sie sind so subtil und zart von Leibe, daß sie das harte Angreiffen des Teuffels nicht vertragen können.3

Darum so erhärtet er durch solche Salbe oder Oel ihre Glieder, bildet ihnen auch ein, daß eine solche Salbe eine hohe Krafft und bewährte Macht bey sich habe. Sonst thut er es auch darum, damit er gleich als ein Affenspiel, die Göttliche Sacramenta[41] vorbilde, und durch vorhergehende Ceremonien seinen Bezauberungen eine Zierde angewinne und anstreiche.

Warum aber die Hexen zu solchem ihrem Convent und Hexen-Sabbath gebracht würden, schreibt Balduinus, cas. Conscient. lib. 3. cap. 5. cas. 7. geschehe darum, daß sie erstlich ihren Bund mit dem Teuffel wieder erneuerten: Item, daß sie Macht vom Teuffel bekämen, zu schaden.4 Auch daß sie Rechenschafft geben von ihren Thaten, die sie gethan haben. Und daß die verfluchte Eltern ihre Kinder dem Teuffel aufopfferten, und zu solcher unglücklichen Gesellschafft mit verführten, auch endlich, daß sie mit diesen ihren Zusammenkünfften bezeugeten, daß sie bereitwillig wären ihm zu dienen.

Allhier fället billig die Frage ein, ob es wohl zu glauben sey, daß die Zauberer, und Unholden in ferne und abgelegene Oerter zu ihrem Hexen-Tantz, und auf den Brockersberg und an andere Enden leibhafft fahren oder geführt und gebracht werden.5 Davon seynd hier unterschiedene Meinungen, etliche wollen, daß die Hexen und Unholden wahrhafftig mit den Leibern ihre Fahrt sollen anstellen, und an fern abgelegene Oerter ihre Reise also machen könnten: Und beweisen solches mit folgenden Gründen: Erstlich, weil es dem Teuffel nicht unmöglich sey, solche Fahrt mit ihnen anzustellen, und zweytens, weil solches[42] durch viel Exempel glaubhafft gemachet werde.

Oben angeregter Balduinus cas. conscient. lib. 3. c. 5. cas. 7. saget: Man kan nicht läugnen, daß der Teuffel nicht bisweilen solte die Leiber seiner Leibeigenen anderswo hinbringen können. Und daß die Hexen-Fahrt leiblich sey, beweiset auch der Autor der 100. Erquick-Stunden mit gar viel sowohl weltlich-als geistlichen Historien, und setzt hinzu: Auch hindert und hemmet nichts die Schwere desselben, oder dessen widrige Rückhaltung. Denn des Teuffels Macht und Krafft ist weit grösser, als welcher gantze Berge kan aus ihrem Sitz heben. Auch thut nichts diese Meinung zu hintertreiben, daß man vorschützet, die Geschwindigkeit solcher Fahrt, die in gar kurtzer Zeit einen Weg von grosser Weite, verrichtet.

Man findet ja in weltlichen Historien unterschiedene Exempel davon, P. Grillandus quæst. 7. de Sortileg. erzehlt von einem Weibe aus S. Sabinen-Pfarre, nahe bey Rom, daß sie eine Meisterin in der Teuffels-Kunst gewesen.6 Sie kame deswegen auch bey ihrem Mann in Verdacht, welcher, ob er sie wohl zur Rede setzte, doch nichts erfahren konte. Gleichwohl dachte er der Sache nach, endlich mit List zu erforschen, und sahe einmahl sein Weib sich des Nachts mit einer Salbe beschmieren, noch geschwinder als ein Vogel entweichen, und aus der[43] obern Kammer in das andere Hauß fahren. Er gieng ihr nach, fand sie aber nicht, sahe nach der Haußthür, die war verschlossen, darüber er sich höchlich verwunderte: Den folgenden Tag fragete er sie abermahl in Ernst, jedoch gantz vergeblich; darum hielt er ihr alles für, was er vorige Nacht von ihr gesehen, ergreifft einen Stab, und prügelt sie wohl, drohete ihr auch noch ein ärgers, doch solte es ihr geschencket seyn, wann sie die Wahrheit gestehen wolte. Weil sie also sahe, daß ferner laugnen umsonst, erzehlt sie ihrem Mann alles, und bittet um Verzeihung, darzu der Mann willigte, wann sie ihn zur Versammlung mitnehmen wolte, welches sie ihm gern zusaget, auch vom Teuffel erlaubt wurde. Wie er nun an den Ort kam, sahe er das Spiel, den Tantz und alles Ubrige; Man setzte ihn auch an die Tafel, und weil er die Speisen sehr ungeschmackt sahe, begehrte er ein wenig Saltz, konte aber so bald keins haben, bis nach vielem und offtmahligem Fordern, man eins brachte: da sagte er: Hor laudato sia Dio, pour venne questo Sale: Nun GOtt sey gelobet, daß Saltz kommen. Auf welche Worte die Teuffel alle verschwunden, sammt allen den Gästen, also, daß er bey ausgelöschten Lichtern nacket und bloß allein da bliebe, bis es Morgens frühe etliche Hirten ersehen, die ihn berichteten, daß er nahe der Stadt Benevento im Königreich Neapolis,[44] und also wohl über 100. welsche Meilen von seiner Heymat sey: derowegen, wie reich er sonst war, hat er doch nach Hauß betteln müssen, und so bald er heim kommen, hat er sein Weib als eine Zauberin bey der Obrigkeit angeklaget, und alles erzehlet, worauf sie auch ihren verdienten Lohn empfangen.

Samuel Heinr. Reuter ex Paul Robers letzte Schale des güldenen Leuchters lit. T. 1. & 11. schreibt aus dem Torquemada, eines Spaniers und gelehrten Mannes, der argwohnete, daß sein Nachbar ein Zauberer wäre; aus grossem Verlangen, die Wahrheit hievon recht zu wissen, gesellete er sich zu ihm, und gieng mit ihm also um, daß er zuletzt die Heimlichkeit erfuhr:7 der Zauberer hielt von der Zeit an, sich der Sach auch anzunehmen, welchem der andere Gehör gab, und bestimmten einen Tag, sich in der Versammlung zu finden.8 Als die Nacht dieses Tages kam, führet der Zauberer seinen Gesellen durch etliche Berge und Thäler, die er sein Lebtag nicht gesehen; und düncket ihn, daß sie in wenig Zeit einen weiten Weg gereiset wären. Nachmahls, als sie in ein Feld kommen, gantz mit Bergen umgeben, sahe er eine grosse Anzahl Männer und Weiber, die sich versammleten, und kamen alle zu ihm, waren sehr frölich und danckten ihm, daß er sich auch in ihre Gesellschafft begeben, liessen ihn darneben verstehen, daß er der glückseligste in der Welt sey,[45] und sich über die massen wohl darbey befinden werde. Es war mitten im Felde ein fast hoher und köstlicher Thron: und in der Mitten desselben ein heßlich abscheulicher Bock. Dasselbemahl nun stiegen alle, die in der Versammlung waren, um etliche Staffel hinauf zum Thron, und küsseten diesen Bock in Hindern. Als der fürwitzige Spanier diesen so schröcklichen Greuel sahe und hörete, ob er wohl von den Zauberern erinnert ward, was er thun sollte, konte er doch länger nicht Gedult haben, sondern fing an zu schreyen, und mit voller Stimme GOtt um Hülffe anzuruffen. Alsobald erhube sich ein groß Getümmel, und so erschröcklicher Donner, als ob der Himmel und Erden in Abgrund versincken wolten, also daß dieser Fürwitzige gantz plump verdüstert und unempfindlich todt bliebe. Und alldieweil er in dem Wesen war, vernahm er nichts von dem, was weiter geschahe, und da er wieder zu sich selbst kommen, war es bereit Tag, und befand sich in fast rauhen Bergen gantz zerbrochen und abgemattet, daß ihn deuchte, daß er nicht ein Bein an sich hätte, das gesund und gantz wäre. Und da er wissen wolte, an welchem Ort er seye, gieng er hinab ins ebene Land, allda er Leute gefunden, welche in der Sprache mit denen Spaniern unterschieden; Und wuste er also nichts auszurichten, und muste nur seine Meinung durch Zeichen zu verstehen geben,[46] daß sie ihm zur Hülffe kamen. Da er nun so gar allein reisete, zog er gegen Niedergang, und schweiffete 3. gantzer Jahr herum, bis er mit unzehlbahrer Mühe wieder in Spanien kommen; und da er in seinem Hause war, entdeckte er alles das, was sein böser Fürwitz ihm zu sehen und zu erkennen gegeben, auf welches der Zauberer und andere von der Gesellschafft, von der Obrigkeit gerichtet worden.

Eben gedachter Autor erzehlet auch aus Balduinis Brussi. in Epist. Medic. 50. eine Historie, die zu seiner Zeit in Holland passiret. Es war, spricht er, in dem Dorff Ostbrouck, nicht weit von Utrecht, eine Wittib, bey welcher ein Knecht in Diensten war.9 Dieser Knecht hatte zu unterschiedenen mahlen gemercket, daß diese Wittib, wenn sich das Gesinde schlaffen geleget hatte, bey später Nacht in den Stall gieng, und die oben den Baaren vest-gemachte Heu-Rötze angriffe. Solches observirte er gar offt, und beschloß endlich, wann die Frau solches wieder thun werde, und abwesend seye, daß er es ihr gleich nachmachen wolte: welches dann auch von ihm geschahe. Es bekame ihme aber solches Nachmachen sehr schlecht; Dann er plötzlich darauf in die Lufft gehoben, und in ein klein Städtlein, welches Wyck heisset, niedergesetzt worden, und zwar daselbst in eine unter-irdische Höhle, woselbst er eine ziemliche Menge Zauberin antraff,[47] unter welchen auch seine Hauß-Mutter begriffen, welche mit einander von ihrem Zauber-Wesen discurirten. Als die Wittib ihren Knecht ansichtig wurde, verwunderte sie sich zuerst über seine plötzliche Ankunfft, fragete ihn darnebst, auf was Weise er dahin kommen. Darauf der Knecht erzehlte, wie es geschehen. Das Weib aber ward darüber zornig, fürchtete sich, daß der Knecht die Sache verrathen möchte, und berathschlagete sich mit ihrer Zauber-Gesellschafft, ob sie denselben tödten oder lebendig lassen wollten: Es ward aber der Schluß, daß er möchte lebendig bleiben, wann er sich mit dem theuresten Eyd verpflichtete, keines von dem, was er gesehen, zu entdecken. Der Knecht solches hörend, schweret ihnen hoch, Treu und Glauben zu halten. Indeß fügete sich die Zeit herbey, daß sie sich zum Abmarsch fertig machten, da dann wieder berathschlaget wurde, ob der Knecht solte lebendig bleiben oder nicht? Endlich aber ward abermahl geschlossen, er solte nach nochmahl gethanem Eyd, nichts zu sagen, das Leben behalten. Als solches geschehen, nahm ihn seine Haußfrau auf den Rocken, und führte ihn unter des Teuffels Geleit mit ihr fort. In solcher Lufft-Reise erblickte die zauberische Wittib einen grossen Fisch-Teich oder Weyher, oder vielmehr einen kleinen stehenden See, in welchem viel Schilff gewachsen, und ließ den Knecht[48] von den Schultern da hineinfallen, damit er von ihrer Boßheit nichts entdecken solte, und gedachte, er solte in solchem Wasser ertrincken: allein sie fehlete in ihrer Hoffnung; indem durch sonderbare Gnade GOttes der Knecht erhalten ward, als der nicht ins Wasser, sondern in den Schilff herab fiel, und keinen tödtlichen Schaden erlitte, wiewohl er von allen seinen Gliedern fast kein eintziges, als die Zunge, gebrauchen konte. Brachte also mit Winseln und Weheklagen die restirende Nacht zu, bis bey Tag die vorüber gehende Leute ihn höreten, aufsucheten und in dem Schilff miserable antraffen, da er weder gehen noch stehen konte, denn ihm beyde Hüfften verrenckt waren. Als er den Leuten auf Befragen den gantzen Handel erzehlet, wie es ihm in seiner Lufft-Fahrt ergangen, ward er endlich auf einen Wagen geleget, und hinein nach Utrecht bracht, allwo er die Sache dem Richter Johann Colenburg kund gethan, welcher in der Sache genaue inquirirte, und die Zauberin zur Hafft bringen ließ, die auch bald ihre Boßheit bekannte, und darauf zu gebührender Straff gezogen worden. Vid. & hanc hist. apud Sim. Majolum in Diebus Canicul.

Bartholomæus Spinæus qu. de Strigib. cap. VI. meldet, daß zu Bergom ein junges Mägdlein bey ihrer Mutter gewohnet, und doch des Nachts in Venedig in ihres Schwähers Bette gantz nacket gefunden[49] worden, und als sie des Morgens von ihren Anverwandten erkannt, und gefraget worden, wie solches zugehe, daß sie ohne Kleider und gantz nacket dahin komme? den Verlauff also erzehlet:10 Ich lage, sagte sie, über Nacht gantz Woll-nacket in meinem Bette zu Hause, und sahe, wie meine Mutter aus dem Bette aufstund, da sie meinete ich schlieff, und sich nacket mit einer Salbe schmierete und sich damit auf einen darzu bereiteten Stock setzete, als wenn sie reiten wolte, ehe ich es recht gewahr ward, fuhr sie zum Fenster hinaus, und ich sahe sie nicht mehr; Ich stund darauf auch aus meinem Bette auf, und nahm eben diese Salbe und beschmierete mich, und bin also meiner Mutter nachgefahren, fand dieselbe auch bey diesem Bette, in dem Vorhaben, daß sie diesen Knaben tödten wolte, da ich solches sahe, erschrack ich, und weil meine Mutter sich über meiner Ankunfft entsetzete, und mich bedrohete, fing ich an den Nahmen JEsu und unser H. Mutter anzuruffen, und von Stund an verschwand meine Mutter wieder, und ich blieb hier nacket und bloß.11 Nachdem der Schwäher dieses von dem Mägdlein erfahren, hat er solches dem Patri Inquisitori Bergomensi referirt, welcher darauf die Zauberin einziehen ließ, und nach beschehenem Examen und gethaner Bekänntniß zur gebührenden Straffe bracht.

[50] Paulus Grillandus in seinem Buch de Sortilegiis schreibt, daß im 1524. Jahre er von einem Herrn sey gebeten worden, mit ihm in das Schloß S. Pauli, im Hertzogthum Spolet, zu reisen, drey Hexen zu verhören, und ihnen nach Gestalt der Sachen ihr Recht zu sprechen.12 Die jüngste unter diesen dreyen bekannte ihnen, es wäre nun wohl 14. Jahr, daß eine alte Hexe sie zur Versammlung anderer Hexen geführet; daselbst wäre ein Teuffel gewesen, der sie dazu beweget, daß sie GOtt, ihren Glauben und Religion verschwören, und hingegen mit einem Eyde, den sie mit Handauflegen auf ein Buch, darinnen etliche seltsame, frembde unbekannte Schrifften gestanden, sich dem Teuffel, ihme zu allem Gebot, treu und gehorsam zu seyn, pflichtig gemachet habe. Und von derselben Zeit an seye sie stets zu Nacht, wenn man sie beruffen, zu dem Hexen-Fest gefahren, und habe alle die, so sie dazu bereden können, mitgeführet. Auch sagete sie, daß ihr der Teuffel ewige Freude und Glückseligkeit zugesaget. Bekannte auch ferner, daß sie Zeithero vier Menschen und viel Vieh habe getödtet, und durch Ungewitter die Früchte verderbet. Sagete auch, wenn es sich begäbe, daß sie auf angesetztem Versammlungs-Tag nicht erschiene, und keine wahrhäffte wohlgefassete Ursach habe, so werde sie des Nachts also geplaget, daß sie weder schlaffen noch ruhen könne. Und wenn[51] sie auf seyn müsse, so höre sie eine Stimme eines Menschen, den sie ihr klein Meisterlein nennen, und bisweilen auch Meister Märtinlein. Darauf, wenn sie sich mit dem besonderen Schmeer hat gesalbet, steige sie auf einen Bock, den halte sie bey den Zoten, der sey denn gantz willig zu der Fuhr, und werde damit gantz plötzlich unter den grossen Nußbaum gen Benevent geführet, allda sie eine Unzahl Zauberer und Hexen finde. Wann sie denn daselbst ihrem Fürsten wiederum Gelübd und Huldigung gethan, so thue man einen Tantz darauf, darnach sitze man zu Tische; und zuletzt vermische sich ein jeder Hellbutz mit dem, oder derjenigen, oder die er in Verwahrung und befohlener Anruffung hat. Wann nun dieses alles verbracht, so kehre jedes wiederum auf seinem Bock zu Hause. Uberdiß beteten sie auch in ihren Häusern insonderheit den Teuffel an. Auf solch Bekäntniß sind sie gegeneinander verhört, confrontirt, und noch andere darzu verklaget worden, welche, nachdem sie der Ubelthat bekannt gewesen, hat man sie lebendig, sammt ihren Salben und Pülverlein, verbrannt. Vid. Hildebrands entdeckte Zauberey 130.

Alle dieses Hexen-Werck aber wird von vielen Gelehrten für ein Fabel-Werck gehalten, oder daß es eine starcke Einbildung der verderbten Phantasey seye.13 Siehe Malebranchium de inquisitione veritatis[52] lib. 2. cap. ult. oder daß der Teuffel nur durch Zauberey den Leuten die Augen verblende, und als ein Tausendkünstler ihnen im Schlaf allerley seltzame Sachen ein bilde: daß sie vermeinen, sie wären anderswo, und lebten wohl, pflegeten und genössen allerley Freude und Wollust, da sie sich doch daheim auf der Banck, in ihrem Zimmer, oder im Bett befinden. Petrus Martyr l. 1. Samuelis c. 28. schreibt: Damit die Zauberer und Hexenmeister die bösen Geister zu sich locken, pflegen sie mit solchen Salben, die den Schlaff verursachen, sich zu schmieren, und dann legen sie sich in ein Bett, und schlaffen so hart und veste, daß sie nicht aufwachen, ob man sie gleich mit Nadeln steche oder mit Feuer brenne. Unterdessen bildet ihnen der Satan im Schlaff solche seltzame Phantasien ein, daß sie ihnen bedüncken lassen, sie seyen bey herrlichen Gastereyen, sie tantzen und leben in aller Lust und Freude.

Lutherus Tom. I. Jenens. in Erklährung der zehen Gebot, gibt gar viel den Zauberern nach, aber daß sie auf bösen Böcken, Besen, Gabeln und dergleichen reiten, ausfahren und zu ihrer Gesellschafft ziehen sollten, will er nicht zulassen, und saget, daß es nicht glaublich sey: Er setzet auch aus D. Johann Geilers Kaysersberg, weyland Thum-Prediger zu Straßburg, eine Historie, von einer alten Vettel, welche, damit sie ihren Prediger, der solch ihr Lufftfahren,[53] als ein falsch, erdichtet und eingebildet Werck verworffen, Lugen straffen möchte, denselben zu sich gefordert habe, und in seiner Gegenwart sich gesälbet, darnach sich auf eine Gabel gesetzt, als wolte sie gleich davon fahren, aber sie sey alsobald eingeschlaffen, und hab sich wunderlich herum geweltzet, bis sie endlich von der Banck, und ein Loch in Kopff gefallen.14 Wie sie nun erwachet, und zu sich selbst kommen, habe sie wunderliche Sachen, die sie mittler Zeit gesehen und gehandelt hätte, angezeiget. Sie sey aber durch die Wunde, so sie von dem Fall bekommen, überzeuget worden.

Joh. Baptista Porta schreibt, lib. 2. Magiæ nat. c. 26. daß die Imagination und Einbildung eines Dings bey dem Menschen und sonderlich bey den Weibs-Personen, so mit Hexen-Werck und Zauberey umgehen, gar viel thue, daß, wann sie sich mit Salben, so sie aus etlichen Stücken zugerichtet haben, geschmieret, und davon entschlaffen seyn, sie nicht anders vermeinen, als fahrrn sie stracks dahin zu einer herrlichen Mahlzeit, Seitenspiel, Tantzen, und schönen Jung-Gesellen, da es doch nur lauter Imagination ist.15 Da ich nun (saget gemeldter Autor) solchen Dingen zum fleißigsten nachforschete, und hin und her gedachte, weilen ich selbst daran sehr zweiffelte, ist mir eine alte Vettel vorkommen, welche mir freywillig[54] versprochen und zugesaget, sie wolle mir in Eil und in kurtzer Zeit hierauf antworten und Bericht thun, ließ also mich und die andern, so als Zeugen bey mir waren, abtreten und hinaus gehen. Nachdem sie sich nun ausgezogen, und mit einer Salben, wie wir solches durch eine Klunse oder Spalt der Thür gesehen, überall geschmieret, ist sie, Krafft derselben schlaffmachenden Salben, niedergefallen, und in einen harten tieffen Schlaff gesuncken: Als wir nun zugefahren und die Thür eröffnet, auch ihr die Haut recht wohl gebläuet, hat sie doch so hart und vest geschlaffen, daß sie keine Schläge gefühlet, noch empfunden, derowegen sind wir wieder hinaus gangen, der Sachen weiter auszuwarten. Indessen ist die Krafft des Schmierens ziemlichermassen verloschen, daß also ihre Würckung aufgehöret, und das Weib vom Schlaff erwachet; da hat sie viel Narren-Werck zu erzehlen angefangen, als wie sie über Berg und Thal und alle Wasser gefahren sey. Wir sagten beständig nein darzu, und ob wir ihr schon die Schläge an ihrer Haut vorweiseten, die sie von uns in solchem Schlaff bekommen hatte, so blieb sie doch auf ihrer Meinung, und wolte recht haben, und war all unser Einreden und Vorreden vergebens.

Im Buch Malleus judicum oder Gesetz-Hammer der unbarmhertzigen Hexen-Richter. Cap. Ob die[55] Hexen auf Besen / Gabeln / Stecken zum Tantz und Wohlleben ausreiten und fahren / §. 4. Es ist doch wahrlich wider alle Vernunfft und die Natur, daß eine erwachsene Person sollte durch ein Rauch-Loch fahren, welches offt so eng ist, daß kaum eine Faust kan hinein gebracht werden. Ja wann sie gar bekennen, daß sie zu Zeiten durch ein Löchlein geschlupffet seyen, dadurch einer kaum einen Finger stecken könnte. Wer solches glaubet, der kan auch glauben, daß ein Kameel durch ein Nadel-Oehr gehe, ein Fuder Wein in ein ohmiges Faß, und ein Malter Korn in einen Fingerhut. Sprichst du aber, man sage, was man wolle, so siehet man doch gleichwohl die Hexen auf solchen Täntzen, und kennet sie? Antwort, so sie jemand siehet, der siehet keinen Menschen oder leiblich Wesen, sondern ein Gespenst, dadurch mancher unschuldiger Mensch in ein böses Geschrey und um sein Leben kommet. Es sind aber ohne Zweiffel die, so solche Hexen-Täntze wissen zu zeigen, die Personen kennen, und angeben, solche Leute, die dem Teuffel gar nahe verwandt seyn, ihm zu seinen Lügen und Mord helffen, Bestallung und Sold von ihm haben, welche ärger und sträfflicher sind als die Hexen, vid. etiam Augustin. Lercheimer cap. 13.

Marginalien

1 Blocks-Berg wird für der Hexen Sammel-Platz gehalten.


2 Auf was Weise solche dahin fahren.


3 Warum sich solche zuvor salben müssen?


4 Weßwegen die Hexen also zu ihrem Convent fahren.


5 Ob solche auch würcklich dahin fahren.


6 I. Geschicht.

Ein Hexen-Weib nimmet ihren Mann mit sich in ihre Versammlung.


7 II. Geschicht.


8 Ein Spanier fähret zur Gesellschafft mit in die Hexen-Versammlung.


9 III. Geschicht. Ein Knecht schmieret sich mit der Frauen Salbe.


10 IV. Geschicht.


11 Eine Tochter wird näcket gen Venedig geführet durch ihrer Mutter Salbe.


12 V. Geschicht.

Bekäntniß einer Hexe von ihrem Hexen-Tantz.


13 Alle solche Hexen-Täntze werden für Fabel-Werck gehalten.


14 Ein Exempel von solcher Hexen-Salbe.


15 Noch ein ander dem obigen entgegen gesetztes Exempel.


Quelle:
Bräuner, Johann Jacob: Physicalisch= und Historisch= Erörterte Curiositaeten. Frankfurth am Mayn 1737, S. 40-56.
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