Zweiter Auftritt.

[70] Die vorigen. Diener.


KÖNIGIN innehaltend. Was bringen Sie, mein Freund?

DIENER. Majestät, ein Fremder hat diesen Brief an den Herrn Chevalier von Saint-Lambert übergeben, er wartet im Vorzimmer.

KÖNIGIN. Ha!

CONTI. Wißt Ihr, wer es ist?

DIENER. Nein, königliche Hoheit. Der Mantel bedeckt sein Gesicht. Er präsentiert Lambert den Brief.

LAMBERT ihn erbrechend, rasch. Er ist's! Er ist da! Er gibt den Brief an Conti.

KÖNIGIN. Mein Gott, es wäre noch Hoffnung? Sie hält sich bewegt am Tische fest, setzt sich nieder.

CONTI der einen Blick in den Brief geworfen. Fassen Sie sich, Majestät, er ist es. – In diesem Augenblick wendet sich vielleicht Frankreichs tränenvolles Geschick.

KÖNIGIN. Ich bin ruhig. Zum Diener. Lassen Sie den fremden ein.

DIENER geht durch die Mitte ab.

CHOISEUL tritt hastig durch die Mitte ein, sieht plötzlich die Königin und sinkt ihr lautlos zu Füßen. Pause.


Quelle:
Albert Emil Brachvogel: Narziß. Leipzig [o.J.], S. 70.
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