Dritter Artikel.

[174] Von dem Sehen in der Liebe.


Reden wir jetzt von dem Sehen. Da es die Augen sind, die zuerst den Liebeskampf beginnen, so gewähren sie uns sicherlich große Genüsse, wenn sie uns etwas von seltener Schönheit erblicken lassen. Und kann man denn in der Welt Köstlicheres sehen als eine schöne Frau, gleichviel ob sie schön gekleidet und geschmückt oder nackend ist? Die Kleidung läßt freilich nur das Antlitz frei; aber gibt es in der Welt einen schöneren Anblick und ein angenehmeres Schauspiel als einen schönen Körper, der reich und mit Anmut geschmückt ist und eine majestätische Haltung zeigt? Ja, wenn man ein so prächtig gekleidetes Weib genießt, so[174] wird das Verlangen und der Genuß noch verdoppelt, obwohl man von allen übrigen Körperteilen nur das Antlitz sieht. Denn man kann eine große Dame nicht anders mit der gewünschten Bequemlichkeit genießen, als in einem behaglichen Zimmer und an einem heimlichen Orte oder in einem hübschen Bett.

Wenn eine vornehme Dame, von der ich hörte, ihrem Liebhaber an passendem Orte, ohne gesehen und entdeckt zu werden, begegnete, so ergriff sie so fort die Gelegenheit, sich so schnell wie möglich und kurzer Hand zu befriedigen, indem sie ihm sagte: »Die Frauen von einst waren sehr dumm, die sich, um ihre Liebesgunst geschätzter zu machen, in ihrem Kabinett oder andern versteckten Orten einschlössen und dort ihr Liebesspiel so lange trieben, bis sie entdeckt wurden. Heutzutage muß man die Zeit benutzen und so schnell wie möglich zugreifen. Sofort wie der Angriff stattfindet, muß die Sache zu Ende geführt werden. Auf die Weise kann man uns nicht so leicht überraschen und bloßstellen.«

Ich finde, diese Dame hatte recht; denn bei allen, die etwas von der Liebe verstehen, gilt es als Grundsatz, daß ein schneller, verstohlener Genuß das Beste ist. Wenn man stürmisch vorgeht und die goldenen Gewänder, silbernen Schleier, seidenen Stoffe mit Perlen und Edelsteinen abreißt und zu Boden wirft, so steigert das die Begierde bedeutend, sicher mehr als bei einem Landmädchen oder einem andern Weibe niederen Standes, sie mag so schön sein, wie sie wolle.

Und warum wurde einst Venus so schön und begehrenswert gefunden, wenn nicht, weil ihre Schönheit stets ihr bestes Kleid war und ihren Leib ein holder Duft umfloß, den man schon von weitem wahrnahm? Man ist auch der Ansicht, daß die Wohlgerüche sehr zur Liebe reizen.

Deshalb bedienten sich die Kaiserinnen und vornehmen Damen Roms in ausgedehntem Maße der Wohlgerüche, wie es auch unsre großen Damen in Frankreich tun, besonders[175] aber die Spanierinnen und Italienerinnen. Diese haben zu allen Zeiten mehr in Wohlgerüchen und Kleiderschmuck als unsre Damen geleistet, die sich jene in all diesen schönen Erfindungen zum Muster nahmen. Jene wieder hatten es den antiken Medaillen und Statuen der römischen Frauen abgelernt, die man noch jetzt in Spanien und Italien unter den Altertümern findet. Wer diese Medaillen genau betrachtet, wird finden, daß der Kopfputz und die Gewänder tadellos waren und sehr zur Liebe reizen mußten. Aber heutzutage übertreffen unsre französischen Damen alle andern. Sie sind dafür der Königin von Navarra zu besonderm Dank verpflichtet.

Ja, es ist ein Genuß, mit diesen schönen Damen zu tun zu haben, die so reich und prächtig geschmückt sind. Einige Höflinge, meine Freunde, sagten im Gespräch mit mir, sie hätten die Frauen lieber so gekleidet als ohne Gewand im Bett, und wäre dies auch noch so reizend geziert Andre wieder geben der ungeschmückten und kunstlosen Natur den Vorzug, wie ein großer Fürst, den ich kenne; er ließ jedoch seine Courtisanen oder Damen in Betten aus schwarzen Stoff liegen, damit die Weiße ihres nackten Leibes durch das Schwarz noch mehr hervorgehoben würde und ihm größeren Reiz gewähre.

In der Tat ist es zweifellos, daß der Anblick einer vollendet schönen Frau zu dem Köstlichsten auf der Welt gehört; aber das findet sich leider nur selten. Von Zeuxis, dem ausgezeichneten Maler, wird berichtet, daß er von mehreren Frauen und Mädchen seiner Bekanntschaft gebeten wurde, ihnen ein Bildnis der schönen Helena zu malen, und sie so schön darzustellen, wie sie gewesen sein sollte. Er schlug es ihnen auch nicht ab, doch bevor er zu malen begann, betrachtete er sie alle aufmerksam, und indem er[176] von jeder einzelnen das Schönste nahm, setzte er daraus sein Gemälde zusammen. Dieses galt für eins der höchsten Kunstwerke, und es stellte Helena in voller Schönheit dar. Es wurde von allen Frauen bewundert, und es verdankte den einzelnen Schönheiten derselben ebenso wie dem Pinsel des Zeuxis seine Vollendung. Es bewies, daß es nicht möglich war, bei der Helena allein die ganze Vollendung zu finden, obgleich sie außerordentlich schön gewesen war.

Die Wahrheit dessen bestätigt es, wenn der Spanier sagt, daß zur vollkommenen Schönheit einer Frau dreißigerlei gehöre. Mir teilte das einst eine spanische Dame in Toledo mit, wo es sehr schöne und liebreizende Frauen gibt Diese dreißig Dinge sind folgende:


Tres cosas blancas: el cuero, los dientes, y las manos.

Tres negras: los ojos, las cejas, y las pestañas.

Tres colorados: los labios, las mexillas, y las uñas.

Tres lungas: el cuerpo, los capellos, y las manos.

Tres cortas: los dientes, las orejas, y los pies.

Tres anchas: los pechos, la frente, y el entrecejo.

Tres estrechas: la boca, l'una y otra, la cinta, y l'entrada del pie.

Tres gruesas: el brazo, el musto, y la pantorilla.

Tres delgadas: los dedos, los cabellos, y los labios.

Tres pequeñas: las tetas, la naris, y la cabeza.


Das heißt:


Drei Dinge seien weiß: Haut, Zähne und Hände.

Drei schwarz: Augen, Augenbrauen und Lider.

Drei rot: Lippen, Wangen und Nägel.

Drei lang: Körper, Haare und Hände.

Drei kurz: Zähne, Ohren und Füße.

Drei breit: Busen, Stirn und der Raum zwischen den Augenbrauen.

Drei eng: Der Mund (der eine und der andre), die Taille und der Fußknöchel.

Drei dick: Der Arm, die Hüfte und die Wade.

Drei dünn: Die Finger, Haare und Lippen.

Drei klein: Die Brüste, die Nase und der Kopf.
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Das sind im ganzen dreißig.

Es könnte vorkommen, daß alles dies sich bei einer Frau vereinigt findet, aber dann wäre sie eben aus vollendeter Form gegossen. Denn es ist unmöglich, alles vereinigt zu sehen, ohne daß auch nur irgend etwas fehle. Ich berufe mich auf die, welche schöne Frauen gesehen haben oder sehen werden, und was sie nach genauer Betrachtung darüber sagen können. Aber wenn sie auch nicht in jedem Punkte vollendet ist, so wird eine schöne Frau doch immer schön sein, wenn sie nur die Hälfte und die wesentlichsten Merkmale, die ich anführte, besitzt. Denn ich sah viele, die mehr als die Hälfte besaßen und sehr schön und liebenswürdig waren, so wie ein Hain im Frühling immer schön gefunden wird, wenn er auch nicht all die kleinen Bäume enthält, die man wünschen möchte; sind nur die großen, schönen und laubreichen Bäume vorhanden, so entschädigen sie für das Fehlen der kleinen.

Herr von Ronsard möge mir gefälligst verzeihen: niemals erreicht seine Geliebte, die er als so schön darstellt, jene Vollendung, noch auch irgend eine andre Frau, die er zu seiner Zeit sah oder über die er schrieb, und wäre es seine schöne Kassandra. Ich kenne diese wohl als schön, aber er führt sie unter falschem Namen auf. Auch seine Marie, die nie einen andern Namen trug als diesen, erreichte die Vollendung nicht. Aber es ist den Dichtern und den Malern ja erlaubt, zu sagen und zu machen, was ihnen beliebt, wie sich auch in dem »Rasenden Roland« von Ariosto die Beschreibungen großer Schönheiten finden, wie Alcina u.a.

Nun, das ist ja alles ganz gut; aber wie eine sehr vornehme Persönlichkeit äußerte: die Natur kann niemals eine Frau so vollendet gestalten, wie ein feiner und lebhafter Geist mit Rednergabe oder der Meißel oder Pinsel eines göttlichen Malers sie uns darstellt Genug! die Augen des Menschen erfreut es stets, eine schöne Frau mit weißem, wohlgeformtem Antlitz zu sehen; es schadet auch nichts,[178] wenn es gebräunt ist. Das Weiß wird oftmals geschätzt, wie der Spanier sagt: Aunque yo sia morisca, no soy de menos preciar. »Wenn ich auch ein bißchen braun bin, so bin ich doch nicht zu verachten.« Auch die schöne Marfisa war brunetta alquanto (ein wenig braun). Aber das Braun übertrifft doch das Weiße bei weitem nicht! Zu einem schönen Gesicht gehört auch ein wohlgestalteter Körper: das gilt von den Großen wie von den Kleinen, aber die großen Gestalten übertreffen alles.

Nun, wir sparen es uns wohl, solche erlesenen Merkmale der Schönheit aufzusuchen, wie ich sie anführte oder wie sie geschildert werden, und erfreuen uns unsrer gewöhnlichen Schönheiten; gewöhnlich nenne ich sie nicht in anderm Sinne, denn wir haben wahrlich seltene Schönheiten, die mehr wert sind als alle, die unsre phantastischen Dichter, unsre wunderlichen Maler und Schönheitsschwärmer uns schildern können.

Aber ach! von solchen Schönheiten, die wir bewundern, deren reizenden Körper wir um ihres hübschen Gesichtes willen begehren, gibt es leider manche, die nackend gesehen, uns alle Lust verlieren lassen; denn sie sind nun so häßlich und mangelhaft, daß sie ihr Gesicht Lügen strafen. Da sind wir dann natürlich sehr enttäuscht.

Ein gutes Beispiel bietet jener Edelmann von der Insel Majorca, Namens Raymond Lulle, aus einem sehr guten, reichen und alten Hause, der wegen seines Adels, seiner Tugend und Tapferkeit in seinen besten Jahren zur Verwaltung dieser Insel berufen wurde. Wie das nun öfters bei Gouverneuren von Provinzen und Städten vorkommt verliebte er sich in eine schöne Frau der Insel, die eine der klügsten und redegewandtesten der dortigen Frauen war. Er huldigte ihr lange Zeit. Nachdem sie seine Werbung um die letzte Gunst lange zurückgewiesen hatte, gab sie ihm endlich eines Tages ein Stelldichein, wo sie schöner als jemals erschien. Als er nun das Paradies zu betreten gedachte, fand er ihre Brust mit einer Anzahl Pflaster bedeckt. Sie riß sie[179] ab, warf sie zu Boden und zeigte ihm ein fürchterliches Krebsgeschwür. Mit Tränen in den Augen klagte sie ihm ihr Leid und fragte, was er denn an ihr finde, daß er so verliebt in sie sei. Ihre Worte waren so herzbewegend, daß er voll Mitleid für diese schöne Frau sie verließ. Nachdem er ihre Gesundheit Gott befohlen, legte er sein Amt nieder und ward ein Einsiedler. Nachdem er später aus dem heiligen Kriege zurückgekehrt, wozu er ein Gelübde abgelegt, ging er nach Paris und studierte unter dem gelehrten Philosophen Arnaldus von Villanova. Nach beendetem Studium wandte er sich nach England, wo ihn der damalige König sehr wohlwollend empfing. Er schätzte ihn wegen seiner Gelehrsamkeit, sowie auch, weil er Stücke von Eisen, Kupfer und Zinn verwandeln konnte, indem er die gewöhnliche und triviale Art, Blei und Eisen in Gold zu verwandeln verschmähte. Er wußte, daß andre seiner Zeitgenossen dies ebenso gut verstanden wie er; aber er wollte die andern noch überbieten.

Ich habe diese Geschichte von einem vornehmen Herrn, der sie seinerseits von dem Rechtsgelehrten Oldrade hat; dieser spricht von Raymond Lulle in seinem Kommentar zu dem Werk »De falsa moneta«. Auch Carolus Bovillus, ein Pikarde von Geburt, spricht davon, in seinem Buch in lateinischer Sprache über das Leben des Raymond Lulle.

So überwand er (Raymond) seine Leidenschaft für diese schöne Dame. Andre hätten es vielleicht nicht getan, sondern hätten die Augen geschlossen und sie weiter geliebt; denn der Teil ihres Körpers, nach dem er trachtete, war ja von keiner Krankheit befallen.

Ich habe einen Edelmann und eine Witwe der vornehmen Welt gekannt, die sich nicht solche Bedenken[180] machten; denn die Dame litt an einem großen Krebsgeschwür der Brust, was den Mann nicht hinderte, sie zu heiraten, und die Witwe nicht, ihn gegen den Rat ihrer Mutter zu nehmen. Trotz ihres Leidens schlief sie mit ihrem Gatten und sie liebkosten sich in so aufgeregter Weise, daß der Boden des Bettes durchbrach.

Ich hatte einen Freund, einen achtbaren Edelmann, der mir erzählte, daß er einst in Rom eine Spanierin geliebt habe, die zu den schönsten Frauen der Stadt gehörte. Wenn er mit ihr verkehrte, ließ sie sich weder von ihm ansehen, noch auch ihre Hüften anders als mit der Hose bekleidet, berühren. Wollte er sie anfassen, so sagte sie auf Spanisch: »Ah! no me tocays, hareis me quosquillas« (»Ach, fassen Sie mich nicht an, ich bin kitzlig!«) Eines Morgens, als er bei ihrem Hause vorüberkam und die Tür offen fand, ging er ohne weiteres hinauf. Da er weder einen Diener noch sonst jemanden antraf, trat er in ihr Zimmer und fand sie in so tiefem Schlafe, daß er sie mit Muße betrachten konnte, denn es war sehr heiß. Da sah er denn einen wunderschönen Körper, eine wohlgeformte, weiße, glatte Lende, aber – die andre war ganz verwelkt und dünn, nicht stärker als der Arm eines kleinen Kindes. Wer war der Erstaunte? Der Edelmann, der sie nun sehr bedauerte und niemals wieder zu ihr zurückkehrte.

Man sieht viele Frauen, die zwar nicht durch Krankheiten heruntergekommen, aber trotzdem so mager, vertrocknet und fleischlos sind, daß man den Knochenbau sieht. Ich kannte eine sehr vornehme Dame, von welcher der Herr Bischof von Cisteron, der bei Hofe am redegewandtesten war, im Scherz sagte: man könne ebenso gut mit einer Drahtbürste schlafen als mit ihr. – Ein Edelmann, den wir wegen einer Liebschaft mit einer großen Dame hänselten, sagte: »Sie täuschen sich, meine Herren, denn ich liebe das Fleisch viel zu sehr; sie aber hat nur Knochen.« Und doch hätte man diese beiden Damen, ihrem schönen Gesicht nach zu schließen, für ein paar leckre Bissen halten können.[181]

Ein großer Fürst verliebte sich einst in zwei schöne Damen zu gleicher Zeit, wie das bei den Großen, die Veränderung lieben, öfter vorkommt. Die eine war weiß, die andre bräunlich, aber alle beide sehr schön und liebenswürdig. Als er eines Abends die Brünette besuchte, sagte die Weiße eifersüchtig: »Sie haben ja mit einer Krähe zu tun!« Darauf antwortete der Prinz etwas gereizt und ärgerlich über dieses Wort: »Und wenn ich bei Ihnen bin, mit wem habe ich es dann zu tun?« Die Dame entgegnete: »Mit einem Phönix.« Der wortgewandte Prinz erwiderte: »Aber sagen Sie doch lieber mit dem Paradiesvogel, der mehr Federn als Fleisch hat.« Damit bezeichnete er sie als mager: sie war auch noch zu jugendlich, um dick zu sein, denn die Leibesfülle stellt sich gewöhnlich erst mit den Jahren ein, wo die Frauen stärker an Gliedern und voller werden.

Ein Edelmann gab einem mir bekannten Grandseigneur eine gute Antwort. Alle beide hatten schöne Frauen. Der Grandseigneur fand die des Edelmanns sehr reizend und sagte eines Tages zu ihm: »Wissen Sie was, ich muß einmal mit Ihrer Frau schlafen.« Der Edelmann, dem das Wort schnell zu Gebote stand, erwiderte ohne sich zu besinnen: »Einverstanden, aber dann muß ich mit der Ihrigen schlafen.« Der Seigneur entgegnete: »Was wollen Sie mit ihr? Die meinige ist sehr mager, Sie werden keinen Geschmack an ihr finden.« Darauf sagte der Edelmann: »Nun, dann werde ich sie recht schön einfetten; da wird sie mir schon gefallen.«

Viele Frauen erwecken durch ihr hübsches Gesicht Begierde nach ihrem Körper; wenn man aber dazukommt, findet man sie so abgemagert, daß einem sofort die Lust vergeht. Unter anderm findet man das Schambein so dürr und fleischlos, daß es mehr reibt als der Sattel eines Maultiers. Um dem abzuhelfen, bedienen sich manche Damen kleiner recht weicher Kissen; andre wieder sah ich, die weich gepolsterte Samthosen trugen, so daß Unerfahrene[182] bei der Berührung etwas sehr Schönes zu fühlen glaubten und ganz sicher meinten, es sei das natürliche Embonpoint. Denn über dem Samt befinden sich die weißen Höschen aus feiner Leinwand, und der Liebhaber verläßt dann seine Dame hoch befriedigt.

Andre Frauen gibt es, deren Haut fleckig ist wie Marmor oder wie ein Mosaikwerk, gesprenkelt wie ein Hirschkalb, aussätzig und schuppig und beulig, kurz, derartig entstellt, daß der Anblick nichts weniger als angenehm ist.

Ich hörte von einer großen Dame erzählen, die ich kannte und noch kenne. Sie ist auf der Brust, am Leib, auf den Schultern, längs des Rückens und an den untern Partien behaart wie ein Wilder. Man stelle sich das einmal vor. Wenn das Sprichwort wahr ist, welches sagt: ein so behaarter Mensch ist reich und lüstern, dann ist sie beides, das kann ich versichern; sie läßt sich gerne sehen und begehren.

Bei andern wieder ist die Haut mit einem Flaum bedeckt wie bei einem Vogel, und sie sind schwarz wie ein schöner Teufel. Bei andern sind die Brüste so stark entwickelt, daß sie wie bei einer milchenden Kuh herabhängen. Das ist freilich nicht der schöne Busen einer Helena, die eines Tages im Tempel der Diana ein Opfer in einer feinen Schale bringen wollte und den Goldschmied an einer ihrer schönen Brüste das Modell dazu nehmen ließ. Er machte danach eine Schale aus weißem Gold, wobei man nicht wußte, was man am meisten bewundern sollte: die Schale selbst oder die Ähnlichkeit mit dem Busen, der als Muster gedient; so daß das Kunstwerk den Wunsch nach dem Werke der Natur rege machte. Plinius erzählt dies, wo er davon berichtet, daß es weißes Gold gäbe, als eine besondere Eigenartigkeit. Es ist ja allerdings sonderbar, daß jene Opferschale aus weißem Gold gemacht sein sollte.

Wer nach den großen Brüsten, die ich nannte und gesehen habe, einen Becher machen wollte, müßte dem Herrn Goldschmied wohl das Gold dazu liefern, was kostspielig[183] würde. Und es gäbe wohl ein großes Gelächter, wenn man sagte: »Das ist ein Becher, der nach dem Modell der Brüste dieser oder jener Dame gemacht ist.« Solch ein Becher würde vielmehr einem wahren Trog ähnlich sehen, wie die aus Holz, worin man den Schweinen zu fressen gibt.

Bei manchen Frauen sieht die Spitze der Brust wie eine welke Beere aus. Bei andern ist, um etwas weiter nach unten zu gehen, der Bauch so rauh und runzelig, daß man ihn für den alten Sack eines Büttels oder Klosterwirtes halten könnte. Dies kommt bei Frauen vor, die geboren haben und von der Hebamme nicht gehörig mit Lebertran eingefettet worden sind. Bei andern freilich ist der Bauch so schön glatt und auch der Busen fest wie bei einer Jungfrau.

Noch weiter hinabgehend finden wir Frauen, deren Natur häßlich und wenig anmutig ist Bei einigen ist das Haar nicht gekräuselt, sondern lang und herabhängend, wie der Schnurrbart eines Sarazenen. Dennoch schneiden sie es nicht ab, ja sie tragen es gern so, da man sagt: »Chemin jonchu etc. velu sont fort propres pour chevaucher«. Von einer sehr vornehmen Dame hörte ich, daß sie solches Haar besaß.

Von einer andern schönen und achtbaren Dame wurde gesagt, sie trüge die Haare dort so lang, daß sie sie mit roten oder andersfarbigen Seidenbändern einflocht, sie wie das Haar einer Perrücke frisierte, und sie dann an den Schenkeln festband. In solchem Zustande zeigte sie sich manchmal ihrem Gatten oder ihrem Freunde. Oder sie nahm auch die Bänder ab, und dann waren die Haare so schön gekräuselt wie nie.

Dabei gab es nun allerlei Scherze und Pikanterien; denn da sie diese Frisur nicht immer selbst vornehmen konnte, mußte eine ihrer Lieblingsfrauen ihr dabei helfen. Es wird, wie man sich denken kann, dabei nicht ohne Üppigkeiten aller Art abgegangen sein.[184]

Im Gegensatz hierzu tragen manche Frauen diese Partie völlig abrasiert, wie der Bart eines Priesters.

Andre Frauen gibt es, die überhaupt kein Haar besitzen, oder wenig, wie ich das von einer sehr vornehmen und schönen Dame meiner Bekanntschaft hörte. Das ist nun freilich gar nicht hübsch und gibt Anlaß zu schlechtem Verdacht Sowie auch manche Männer nur wenig Flaum am Kinn haben und deshalb nicht mehr Achtung erwerben als Aussätzige.

Bei einigen ist der Eingang so groß und weit, daß man an die Höhle der Sibylle denken könnte. Ich hörte von einigen, und zwar sehr vornehmen Damen, daß sie in der Beziehung mit den Stuten wetteifern können. Sie mögen sich noch soviel Mühe geben, die Pforte künstlich zu verengern: nach zwei- oder dreimaligem Durchgang ist die Öffnung wieder dieselbe. Ja, noch mehr, ich hörte, daß bei genauer Betrachtung einige so weit klaffen wie bei einer brünstigen Stute. Von drei Damen wurde mir das sicher berichtet.

Von einer schönen, distinguierten Dame hörte ich, daß einer unsrer Könige ihr den Namen pari de con gegeben hatte, so weit und groß war es; und die Bezeichnung war nicht unbegründet, denn sie hatte sich öfters in ihrem Leben von Feldmessern ausmessen lassen. Und wenn sie auch am Tage noch so sehr bemüht war, es zu verengern, so wurde des Nachts in zwei Stunden das wieder erweitert, zu dessen Verengerung sie eine Stunde gebraucht hatte, – ähnlich dem Gewebe der Penelope. Endlich gab sie alle Kunstmittel auf und behalf sich, indem sie die größten Modelle auswählte, die sie finden konnte.

Dies Mittel war gut. Dagegen hörte ich auch von einer sehr schönen und anständigen Hofdame, bei der der Eingang so eng war, daß man ganz an ihrer Defloration verzweifelte. Aber auf den Rat einiger Ärzte und Hebammen,[185] oder ihrer Freunde und Freundinnen, versuchte sie jenes Ziel durch die kleinsten Glieder zu erreichen; später schritt sie zu mittleren und dann zu großen vor: eine Art Abstufung, wie Rabelais sie für die Befestigung der Mauern von Paris vorschlug. Durch solche Versuche gewöhnte sie sich allmählich an die größten Formate und fürchtete sich weniger vor ihnen, als sie sich früher vor den kleinsten gefürchtet hatte.

Eine große ausländische Prinzessin, die ich kannte, besaß einen so kleinen und engen Eingang, daß sie lieber auf den Genuß verzichten, als einen Einschnitt machen lassen wollte, wozu die Ärzte ihr rieten. Gewiß eine große Tugend und Festigkeit, die selten ist!

Bei andern wieder sind die Labien so lang und herabhängend wie der Kamm eines indischen Hahns, wenn er in Wut ist; das hörte ich von mehreren Damen. Aber nicht nur bei Frauen, auch bei Mädchen kommt es vor. Herr de Randan erzählte folgende Geschichte: Eines Tages waren einige lustige Schelme am Hofe beisammen, wie Herr von Nemours, der Stiftshauptmann von Chartres, der Graf De la Roche, die Herren Montpezac, Givry, Genlis und andre. Da sie nun nicht wußten, was sie anfangen sollten, kamen sie auf den Einfall, einmal die Damen bei der mictio zu beobachten, d.h. die Herren unten in einem Versteck und die Damen oben. Unter diesen war eine (ich will sie nicht nennen), deren Labien so lang waren, daß sie etwa fingerlang durch den Spalt zwischen den Brettern reichten. Herr von Randan hatte zufällig einen Stock bei sich, der mit einer Spitze versehen war, und er durchstach damit die Lefzen so geschickt, daß er sie an das Brett heftete. Das Mädchen, den Stich fühlend, erhob sich so rasch und heftig, daß sie die Lefzen durchriß und aus zwei Teilen vier machte. So bekamen ihre Labien die Form eines Krebsbartes. Das junge Mädchen befand sich sehr unwohl danach, und die Königin geriet in großen Zorn. Herr von Randan und die Genossen erzählten die Geschichte dem[186] König Heinrich; dieser, selbst ein lustiger Kauz, schüttete sich aus vor Lachen und besänftigte endlich die Königin wieder.

Wegen der Ursache solcher großen Labien befragte ich einst einen Arzt und erhielt zur Antwort, daß die Mädchen und Frauen, wenn sie aufgeregt sind, daran spielen, drehen, ziehen und zerren, damit sie größeres Vergnügen haben, wenn sie beisammen sind.

Solche Mädchen und Frauen würden gut nach Persien passen, nicht aber nach der Türkei. Denn in Persien werden die Frauen beschnitten, weil ihre Natur dem männlichen Gliede ähnlich sein soll. Das ist dagegen bei den Frauen der Türkei nicht der Fall. Deshalb werden sie von den Persern Ungläubige genannt, weil sie nicht beschnitten sind. Sie sagen, deren Scham habe kein Ansehen, und sie sähen sie nicht so gern, wie die Christen es tun. Solches berichten Leute, die die Levante bereist haben. Derartige Frauen und Mädchen sind, wie jener Arzt sagte, sehr der Liebe »donna con donna« ergeben.

Von einer der schönsten Damen des Hofes hörte ich, daß sie nicht so lange Labien besitze, sie seien ihr durch eine Krankheit, womit ihr Gatte sie angesteckt, verkürzt worden. Sie hatte nur auf einer Seite Schamlefzen, die andre Seite war durch das Geschwür zerstört. Trotzdem wurde diese Dame sehr von andern begehrt, und teilte sogar eine Zeitlang das Lager eines großen Herrn. Ein andrer Große am Hofe sagte einst, er wollte, daß seine Frau dieser gliche und auch nur die Hälfte habe, denn sie hatte zu viel.

Von einer noch weit vornehmeren Dame hörte ich, sie habe einen Vorfall, der reichlich in Fingerlänge hervorragte. Man sagte, es wäre die Folge der Ungeschicklichkeit ihrer Hebamme bei ihrer Niederkunft. Dies passiert oftmals Frauen oder Mädchen, die heimlich gebären oder die sich durch einen Unfall verletzt haben. So wollte eine schöne Frau der vornehmen Welt, die ich kannte, eine Witwe, niemals[187] wieder heiraten, damit ein zweiter Gatte nicht etwas Ähnliches bei ihr entdecke, und sie vielleicht deshalb schelte oder gar mißhandle.

Jene vornehme Dame, die ich eben nannte, gebar trotzdem so leicht, als wäre es weiter nichts; denn sie hatte, wie man sagte, eine sehr umfangreiche Natur. Sie fand auch verschiedene Anbeter, aber ihre Scham ließ sie nur ungern sehen.

Wenn eine schöne Dame Liebschaft mit euch treibt und nicht erlaubt, hinzusehen oder hinzufassen, dann könnt ihr grade heraus sagen, daß dort etwas nicht in Ordnung sei, so sagte mir eine ehrenwerte Frau. Denn wenn dort kein Mangel vorhanden und es hübsch anzusehen ist, (und sicher gibt es solche, die sehr hübsch zu sehen und zu befühlen sind), dann zeigt die Frau es auch gern und gestattet die Berührung, wie auch die ihrer andern Schönheiten. Sie tut es sowohl um ihrer Ehre willen, um nicht eines Fehlers oder einer Häßlichkeit an diesem Orte verdächtigt zu werden, wie auch wegen des Vergnügens, das sie selbst dabei empfindet, wenn man es betrachtet, besonders aber um die Leidenschaft ihres Geliebten zu steigern. Und dann, die Hände und die Augen sind ja keine männlichen Glieder, die das Weib zur Dirne und den Mann zum Hahnrei machen können, obgleich sie nebst dem Munde bedeutend zur Erorberung der Festung beitragen.

Bei andern Frauen wieder sind die Lippen dort so bleich, als ob sie das Fieber hätten. Diese gleichen den Trinkern, die, obwohl sie mehr Wein trinken als ein Mutterschwein Milch, doch so bleich sind wie der Tod. Man nennt sie auch Verräter am Wein. So könnte man auch solche Frauen Verräterinnen an der Venus nennen; wenn nicht das Sprichwort wäre: Pasle putain et rouge paillard. Soviel ist sicher, daß jene Körpergegend keinen hübschen Anblick bietet, wenn sie bleich ist. Sie gleicht nicht der einer gewissen schönen Dame von hohem Rang, die da sagte: sie trüge dort drei schöne Farben zu gleicher Zeit:[188]

Schwarz, Weiß und Rot; denn jener Mund dort war rot wie Korallen, das krause Haar ringsherum schwarz wie Ebenholz und die Haut weiß wie Alabaster. Das ist ein schöner Anblick, aber der, von dem ich vorhin sprach, ist es nicht.

Bei einigen, selbst bei kleinen Frauen, reicht die Spalte so weit nach hinten, daß man zögert, sie zu berühren, aus gewissen Gründen, die ich nicht anzugeben wage. Es ist gleichsam, als könnte man sich bei zwei so nah benachbarten Flüssen aus dem einen in den andern verirren; was dann sehr häßlich wäre.

Ich hörte von Madame von Fontaine-Chalandray erzählen, genannt die schöne Torcy, daß ihre Gebieterin, die Königin Eleonore, angekleidet eine sehr schöne Frau war, wie sie auch noch manche an unserm Hofe gesehen haben. Ausgezogen aber erschien ihr Oberkörper wegen seiner Länge riesenhaft, während der untere Teil infolge der zu kurzen Beine zwerghaft war.

Bei einer andern großen Dame, von der ich hörte, war es gerade umgekehrt: ihr Oberkörper war zwerghaft klein und ihr Unterkörper kolossal wegen ihrer langen, obgleich wohlproportionierten und fleischigen Beine; sie konnte damit einen kleinen Mann ganz zudecken, wie man einen schlafenden Hund mit dem Streichgarn bedeckt.

Unter uns Christen möchten viele Ehemänner und Liebhaber nicht den Türken gleichen, die es nämlich verschmähen, den Schoß der Frauen anzublicken, weil er nach ihrer Meinung, wie ich oben sagte, kein Ansehen verdient; dagegen sollen wir Christen, wie sie sagen, großes Vergnügen an diesem Anblick finden; ja, sogar Küsse sollen ihm erteilt werden, was manche Damen von ihren Geliebten erfahren haben. So sagte einst der Anbeter einer spanischen Dame zu ihr, indem er sie begrüßte: »Bezo las manos y los pies, senora«, worauf sie erwiderte: »Señor, en el[189] medio está la mejora stacion«. Damit wollte sie sagen, daß er ebenso gut ihren Schoß wie ihre Hände und Füße küssen könne. Manche Damen sagen, ihre Gatten oder Liebhaber fänden großen Geschmack daran und würden dadurch noch feuriger. Dasselbe hörte ich von einem hervorragenden Fürsten, dem Sohn eines Königs, dessen Geliebte eine große Prinzessin war. Er unterließ es nie, in einer Liebesstunde sie mehrmals dort zu küssen. Als er es zum ersten Male tat, geschah es auf Zureden einer sehr vornehmen Dame, einer Favoritin des Königs. Als diese drei eines Tages beisammen waren und der Prinz seiner Dame den Hof machte, fragte sie ihn, ob er denn noch niemals jene schöne Gegend gesehen habe, die er genösse. Er antwortete nein. »Dann wissen Sie ja garnicht, was Sie lieben,« sagte sie; »Ihr Genuß ist unvollkommen; Sie müssen es sehen!« Daraufhin machte der Prinz einen Versuch, fand aber bei der Dame Widerstand. Nun kam die andre ihm zu Hilfe, ergriff die Dame von hinten, warf sie auf ein Bett und hielt sie so lange fest, bis der Prinz sich satt gesehen und satt geküßt. Er fand es so hübsch und reizend, daß er auch später damit fortfuhr.

Andre besitzen so schlecht gebaute Hüften, daß sie nicht des Ansehens wert sind; die Waden sind ebenso mangelhaft: bei einigen dick wie der Bauch eines schwangeren Kaninchens; bei andern so dünn und storchbeinig, daß sie eher wie ein Flötenrohr aussehen. Den Rest kann man sich denken.

Sie gleichen nicht einer gewissen schönen und achtbaren Dame, von der ich hörte, deren Körper wohlgerundet war, ohne ins Übermaß zu fallen (denn in allen Dingen ist das Mittelmaß das beste). Nach einer Liebesnacht fragte sie ihren Freund am nächsten Morgen, wie er sich befinde. Er antwortete: Sehr gut, und ihr schönes fettes Fleisch hätte ihm sehr wohl getan. »Wenigstens bist du,« sagte[190] sie, »in der Post gefahren, ohne ein Kissen unterzulegen.«

Es kommen bei den Frauen noch andre verborgene Gebrechen vor. So hörte ich von einer Dame von gutem Ruf, daß sie per vaginam defäziere. Ich fragte einen tüchtigen Arzt nach der Ursache und er sagte mir, sie sei in zu jungem Alter von einem zu stark gebauten Manne förmlich durchbohrt worden. Das war sehr schade um sie, denn sie war eine sehr schöne Frau und Witwe, und ein mir bekannter Edelmann wollte sie heiraten. Als er aber von diesem Gebrechen erfuhr, gab er sie sofort auf und nahm eine andre.

Von einem Edelmanne hörte ich, daß er eine schöne Frau vom Hofe besitze, aber nicht mit ihr verkehre. Ein andrer, weniger bedenklich, wohnte ihr bei und fand, daß ihre Vulva einen unerträglichen Geruch hatte; dadurch erklärte sich die Abneigung des Mannes.

Von einer andern, zum Hofstaat einer großen Fürstin gehörend, wurde gesagt, daß sie petoit de son devant. Von Ärzten wurde mir erklärt, daß sich in der Scheide ebenfalls Winde bilden und daraus entweichen können, besonders bei den Praktiken der Tribaden. Dieses Fräulein befand sich mit der Fürstin zu Moulins, als der Hof sich dort aufhielt, zur Zeit Königs Karl IX., der zur großen Heiterkeit aller damit begrüßt wurde.

Wieder andre gibt es, die den Urin nicht halten können, weshalb sie stets einen kleinen Schwamm tragen müssen. Ich kannte zwei solche Frauen, große Damen, von denen es der einen, einem Fräulein, mitten im Ballsaal passierte, zur Zeit Königs Karl IX., was sie sehr in Verlegenheit brachte.

Von einer andern großen Dame hörte ich sprechen, bei der sich dasselbe während oder nach dem Coïtus ereignete.[191]

Noch andre sind täglich in den Katamenien, oder sie sind durch die Spuren einer venerischen Krankheit gezeichnet, die sie von ihrem Gatten oder ihrem Liebhaber acquirierten, oder auch durch ihre schlechten Gewohnheiten sich zugezogen. Oder sie tragen sonstige Male an den Beinen, weil ihre Mütter sich in der Schwangerschaft »versehen« haben; so hörte ich von einer, deren eine ganze Körperhälfte rot war, wie ein Schöppe beim Stadtgericht.

Bei andern fließt die Menstruation beinahe fortwährend, gleichwie das Blut bei einem frisch geschlachteten Hammel. Ihren Gatten und Liebhabern gefällt das nicht, da doch die Venus eine fleißige Beiwohnung verlangt. Denn wenn sie nur einmal eine Woche lang frei davon sind, so ist das schon viel, und der ganze Rest des Jahres geht ihnen verloren. Unter zwölf Monaten sind nur fünf oder sechs, ja noch weniger, frei; das ist viel. Es ist ähnlich wie bei unsern Soldaten, denen die Kommissäre und Schatzmeister von den zwölf Monaten des Jahres mehr als vier am Solde kürzen, indem sie ihnen die Monate bis zu vierzig und fünfzig Tagen anrechnen, so daß aus den zwölf Monaten des Jahres nur acht herauskommen. Ebenso ergeht es den Gatten und Liebhabern mit solchen Frauen, wenn sie nicht, ohne Rücksicht auf Schamhaftigkeit, trotzdem ihrer Wollust freien Lauf lassen und sich besudeln. Die dabei erzeugten Kinder müssen es dann büßen.

Ich könnte noch mehr erzählen, aber ich unterlasse es, denn das Thema ist zu unsauber und mißfällig. Alles, was ich sage und sagen könnte, bezieht sich nicht auf gewöhnliche Frauen niederen Standes, sondern auf große und mindestens vornehme Damen, die durch ihr hübsches Gesicht alle Welt entzücken, im übrigen aber enttäuschen.

Nur eine kleine drollige Geschichte will ich noch erzählen, die mir ein Edelmann mitteilte. Als er einst mit einer schönen Frau aus feinem Stande schlief, fand er an jener[192] Gegend so spitze und scharfe Haare, daß er nur mit Unbehagen sein Werk zu Ende führen konnte, so sehr stach es ihn. Endlich, als es erledigt war, fühlte er mit der Hand hin und fand rings um den Venushügel eine Anzahl Fäden aus spitzem Haar, lang, steif und borstenartig wie Schuhmacherzwirn. Er wollte es sehen, was die Dame nur sehr unwillig gestattete; da fand er denn, daß ihre Vulva von diesen kleinen Stacheln rings umgeben war, wie etwa eine mit Diamanten und Rubinen umsteckte Medaille, die man am Hute oder an der Mütze trägt.

Vor nicht langer Zeit lebte in einer Gegend Guyennes eine verheiratete Frau aus sehr guter Familie, die ihre Kinder durch einen Lehrer unterrichten ließ. Dieser, in einem Anfall von Wahnsinn oder vielleicht auch in plötzlicher Liebeswut, ergriff den auf dem Bette liegenden Degen ihres Mannes und stach ihr beide Hüften und die beiden Schamlippen durch und durch. Ohne die Hilfe eines guten Chirurgen wäre sie daran gestorben. Ihre Vulva konnte wohl sagen, sie hätte zwei Kriege durchgemacht und wäre von beiden Seiten angegriffen worden. Ich glaube, daß der Anblick hiernach wenig anmutig war, da die beiden Flügel so durchschnitten waren. Ich sage »Flügel«, weil die Griechen jene Lippen himenaea und die Lateiner sie alae nennen. Ich finde diese Bezeichnung recht passend; denn kein Vogel fliegt besser und mit schnellerem Flügel, sei es ein Falke, der aus dem Nest genommen ist, wie unsre jungen Mädchen, oder sei es ein Zugvogel, wild oder abgerichtet, wie unsre verheirateten Frauen oder Witwen.

Ich könnte jenes Organ auch mit Rabelais, ein Tier nennen, denn es bewegt sich von selbst; wenn man es anfaßt oder ansieht, dann fängt es von selbst an, sich zu bewegen.

Andre Frauen umwickeln sich des Nachts im Bette den Kopf mit Tüchern aus Furcht vor Erkältung, so daß sie, weiß Gott, wie Hexen aussehen. Haben sie sich angekleidet[193] dann sehen sie wieder reizend aus. Einige sind auch geschminkt und angemalt wie ein Bild. Am Tage sind sie schön, aber des Nachts farblos und sehr häßlich.

Man müßte solche Damen, bevor man sie liebt, heiratet und genießt, eigentlich erst untersuchen, wie es Octavius Cäsar tat. Mit seinen Freunden entkleidete er öfter vornehme römische Damen und Matronen, das heißt Jungfrauen reifen Alters, und untersuchte sie von einem Ende zum andern, als wären es Sklavinnen, die er von dem Händler Namens Toranus gekauft. Wenn er sie dann nach seinem Geschmack und makellos fand, genoß er sie.

Ebenso verfahren die Türken in ihren Bazaren zu Konstantinopel und in andern großen Städten, wenn sie Sklaven beiderlei Geschlechts kaufen.

Doch es sei genug; ich glaube schon zuviel gesagt zu haben; man sieht, daß wir uns oft irren, wenn wir etwas für schön halten. Aber wenn uns auch manche Damen enttäuschen, so erfreuen uns dafür wieder andre, die so schön, sauber, frisch, liebenswürdig und wohlgebaut, kurz, in allen Teilen körperlich so vollendet sind, daß neben ihnen alles, was man sonst in der Welt sehen kann, armselig und nichtig erscheint. Manche Männer verlieren sich auch so in deren Betrachtung, daß sie gar nicht an die Betätigung der Liebe denken. Oft genug macht es solchen Damen auch Vergnügen, sich ohne Hindernisse sehen zu lassen, da sie sich makellos fühlen, und gewiß sind, unsre Begierde zu entflammen.

Eines Tags bei der Belagerung von La Rochelle zog der arme verstorbene Herr de Guise, der mir die Ehre seiner Zuneigung erwies, eine Schreibtafel, die er von unserm Herrn General, dem Bruder des Königs, bekommen hatte, aus der Hosentasche und sagte zu mir: »Der Herr wirft mir meine Liebschaft mit einer Dame vor; aber ich werde mich rächen. Lesen Sie, was ich darauf geschrieben habe.« Er reichte mir die Schreibtafel hin, und ich sah von seiner eignen Hand folgende vier Verse, die er verfaßt hatte,[194] darauf geschrieben; aber das Wort »f .....« stand ausgeschrieben da.


Si vous ne m'avez cogneue,

Il n'a pas tenu à moy;

Car vous m'avez bien vue nue,

Et vous ay montré de quoy.


Als er mir darauf die Dame nannte, oder vielmehr das Mädchen, die ich übrigens vermutete, sagte ich ihm, es verwundere mich sehr, daß er sie nicht berührt habe, da doch das Gerücht allgemein davon sprach. Aber er versicherte mir das Gegenteil, und es wäre nur seine Schuld gewesen. Ich entgegnete ihm: »Entweder, mein Herr, war er (der General) damals müder und abgematteter als sonst, so daß er nichts mehr leisten konnte, oder er war so versunken in die Betrachtung jener nackten Schönheit, daß er gar nicht daran dachte, zu handeln.« – »Es ist möglich,« antwortete der Prinz; »aber sicher ist, daß er in dem Falle nicht dazu kam. Ich werde ihn hänseln und ihm die Schreibtafel in die Tasche stecken; er wird, wie es seine Gewohnheit ist, die Taschen durchsuchen und dann finden, was er finden soll. Dann bin ich gerächt.« Er tat es auch, und alle beide lachten darüber und neckten sich gegenseitig in guter Laune. Denn damals herrschte zwischen ihnen noch die beste Freundschaft und Vertraulichkeit, was sich später freilich sehr änderte.

Eine Dame der großen Welt, oder vielmehr ein junges Mädchen, die von einer großen Prinzessin sehr geliebt wurde, lag einst im Bette und erholte sich wie gewöhnlich. Da kam ein Edelmann zum Besuch, der in Liebe zu ihr entbrannt war; aber es ging weiter nichts vor. Dieses Fräulein, die von ihrer Herrin so sehr geschätzt wurde,[195] näherte sich ihr harmlos und zog ihr plötzlich die Bettdecke weg, so daß der Edelmann sofort seine Blicke auf sie richtete und, wie er mir später erzählte, das Schönste sah, was er je gesehen: einen herrlichen weißen Körper, so daß er die Wonnen des Paradieses zu schauen meinte. Aber das währte nicht lange. Denn sobald die Dame die Decke hinweggerissen hatte, zog das Mädchen sie wieder über sich, und je mehr sie sich umherwarf, um die Decke wieder zu ergreifen, desto mehr kam ihr schöner Leib zum Vorschein. Das beeinträchtigte nun durchaus nicht das Vergnügen des Edelmanns, der sich keine Mühe gab, sie zuzudecken. Er wäre auch sehr töricht gewesen. Endlich jedoch gelang es ihr, sie lag wieder zugedeckt, und schalt nun das junge Mädchen aus und sagte, sie werde es ihr heimzahlen. Das Fräulein, das nun etwas beiseite stand, sagte: »Madame, Sie hatten mir auch einen Streich gespielt. Verzeihen Sie, wenn ich mich gerächt habe.« Damit ging sie zur Tür hinaus. Aber der Friede wurde bald wieder hergestellt.

Dem Edelmann indessen hatte das Schauspiel so gut gefallen und ihn in eine solche Ekstase des Entzückens versetzt, daß er mir hundertmal versicherte, er begehre nichts weiter im Leben als täglich diesen Anblick. Und sicher hatte er recht. Denn nach ihrem unvergleichlich schönen Antlitz und ihrem schönen Busen, der die Welt entzückte, durfte sie wohl zeigen, daß sie noch mehr Auserlesenes verbarg. Unter andern Reizen, sagte mir der Edelmann, habe sie die schönsten hohen Lenden besessen, die er je gesehen. Man konnte es glauben, denn sie war von sehr stattlicher Figur. Sie war unter den Schönheiten gleichsam eine wahre Grenzfestung.

Nachdem der Edelmann mir dies alles erzählt, konnte ich ihm nur sagen: »Mein lieber Freund, leben Sie weiter in diesem göttlichen Anschauen, und möchten Sie ewig diese Wonne genießen! Wenn mir doch auch noch vor meinem Tode ein solcher Anblick zuteil würde!«[196]

Der Edelmann blieb sein Leben lang dem Fräulein für dieses Schauspiel dankbar, und er liebte und ehrte sie von ganzem Herzen. Er war ein starker Verehrer von ihr, aber er konnte sie nicht heiraten; denn ein andrer, reicher als er, nahm sie ihm weg. Wie es ja nun einmal bei allen Frauen Brauch ist, daß sie dem Reichtum nachlaufen.

Solche Schauspiele sind schön und erfreuend; aber man muß sich hüten, daß sie nicht verderblich werden, wie der Anblick der nackten Diana dem armen Aktäon, oder wie in dem folgenden Fall, den ich erzählen will.

Ein König liebte einst eine schöne, achtbare und vornehme Witwe so sehr, daß er ganz bezaubert von ihr war. Er kümmerte sich wenig um andre, nicht einmal um seine Frau, an die er nur zeitweilig dachte: jene andre Dame trug stets die schönsten Blumen seines Gartens davon. Das ärgerte die Königin sehr, denn sie fühlte sich ebenso schön und liebenswert und würdig, die köstlichen Früchte der Liebe zu genießen. Nachdem sie einer Vertrauten ihr Leid geklagt, verschwor sie sich mit ihr, um zu sehen, ob etwas daran wäre, und durch ein Loch in der Wand zu beobachten, welches Spiel ihr Gatte mit der Dame treiben würde. So machte sie denn in der Decke des Zimmers jener Dame mehrere Löcher, um sie zusammen zu beobachten, und beide spähten hindurch. Da sahen sie denn ein schönes Schauspiel: eine sehr hübsche, weiße, zarte, frische Frau, halb nackend, halb im Hemde, die mit ihrem Geliebten übermütig schäkerte, und er mit ihr. Sie stiegen aus dem Bett und wälzten sich auf dem weichen Teppich davor, weil es dort kühler war als in dem warmen Bett; denn es war ein sehr heißer Tag. Ein großer Fürst, den ich kannte, machte es ebenso mit seiner Frau, die eine große Schönheit war, weil es ihm, wie er selbst sagte, bei der Sommerhitze im Bette zu warm war.

Als jene Fürstin dies alles gesehen, begann sie vor Empörung zu weinen und zu schluchzen, denn sie sah, daß ihr Gatte es mit ihr nicht ebenso machte und mit ihr nicht dieselben Tollheiten trieb wie mit jener.[197]

Die Dame, die sie begleitete, versuchte sie zu trösten und hielt ihr vor, daß sie, da sie so neugierig nach diesen Dingen gewesen, nichts andres erwarten konnte. Die Fürstin entgegnete nur: »Ach, ja! Ich habe gesehen, was ich zu sehen nicht begehren durfte, denn der Anblick hat mir Schmerz bereitet.« Nachdem sie sich jedoch getröstet, grämte sie sich nicht mehr darüber, sondern fuhr sogar fort, das Schauspiel so oft wie möglich zu beobachten. Ja, es diente ihr sogar zur Heiterkeit, – vielleicht auch noch zu anderem.

Ich hörte von einer Dame der feinen Welt, aber einer sehr großen, der die natürliche Lüsternheit nicht genügte, denn sie hatte ein sehr üppiges Temperament. Sie war Witwe und sehr schön. Um sich noch mehr aufzuregen, ließ sie die schönsten Frauen und Mädchen ausziehen und entzückte sich an ihrem Anblick. Dann schlug sie ihnen mit der flachen Hand klatschend auf die Hinterbacken. Die Mädchen, die sich irgend etwas hatten zuschulden kommen lassen, schlug sie mit Ruten und ergötzte sich an den Windungen des Leibes und an dem Gesäß, das nach den empfangenen Schlägen lustig aussah.

Manchmal ließ sie sie, ohne sie auszuziehen, die Kleider aufheben (damals trug man noch keine Hosen) und schlug und peitschte sie auf den Hintern, je nachdem ob sie sie zum Lachen oder zum Weinen bringen wollte. Bei diesem Schauspiel erregte sich ihre Begierde derartig, daß sie diese nachher von irgend einem starken und robusten Manne stillen ließ.

Was für eine Frauenlaune! Man sagt, daß sie einst vom Fenster ihres Schlosses, das auf die Straße ging, einen Schuster, der außerordentlich groß proportioniert war, an die Schloßmauer sein Wasser abschlagen sah und von Verlangen nach dieser Dimension erfaßt wurde. Sie bestellte ihn durch einen Pagen in eine geheime Allee des Parks und gab sich ihm dort hin unter der Bedingung, daß er sie schwängere. Dazu wurde diese Dame nur durch das Sehen gebracht.[198]

Ich hörte auch von einem großen Herrn erzählen, dem es Vergnügen machte, seine Frau nackt oder angekleidet zu schlagen und dabei die Bewegungen ihres Körpers zu beobachten.

Von einer achtbaren Dame hörte ich, daß sie als Kind alle Tage zweimal von ihrer Mutter geschlagen wurde, nicht weil sie etwas verbrochen hatte, sondern weil die Mutter an den Zuckungen ihres Körpers Vergnügen fand, und sich dadurch sinnlich erregte. Als sie in ihr vierzehntes Jahr ging, wurde ihre Mutter immer begieriger darauf und weidete sich immer mehr an ihrem Anblick.

Von einem Grandseigneur und Prinzen hörte ich vor mehr als vierzig Jahren noch Schlimmeres. Er ließ sich, bevor er seiner Frau beiwohnte, jedesmal erst geißeln, denn ohne dieses alberne Hilfsmittel konnte er seine Natur nicht erregen. Ich möchte gern, daß ein ausgezeichneter Arzt mir den Grund dieser Erscheinung erklärte.

Picus Mirandula, dieser hervorragende Mann, erzählte, er habe zu seiner Zeit einen Mann gesehen, dessen Leidenschaft für die Frauen sich durch das Peitschen mit großen Striemen um so mehr steigerte; nur wenn er so gegeißelt wurde, geriet er in Brunst, Solch eine Gemütsart ist schrecklich. Da ist das Sehen andrer immer noch erträglicher als dies letztere.

Als ich in Mailand war, hörte ich aus guter Quelle folgende Geschichte: Der kürzlich verstorbene Herr Marquis de Pescayre, Vizekönig von Sizilien, verliebte sich in eine sehr schöne Dame. Eines Morgens, als er glaubte, ihr Gatte sei abwesend, besuchte er sie und fand sie noch im Bett. Während er mit ihr sprach, erreichte er nichts weiter, als sie in Muße zu betrachten und sie mit der Hand zu berühren. Während dessen kam der Gemahl dazu, der sich in keiner Weise mit dem Marquis vergleichen konnte, und[199] überraschte sie so schnell, daß der Marquis nicht Zeit fand, seinen Handschuh mitzunehmen, den er, ich weiß nicht wie, zwischen den Bettüchern verloren hatte, – was ja öfter vorkommen soll. Nachdem der Marquis dem Gatten einige Worte gesagt, verließ er, von dem Edelmann hinausbegleitet, das Zimmer. Als dieser zurückkehrte, fand er den verlorenen Handschuh des Marquis zwischen dem Bettuch, was die Dame nicht bemerkt hatte. Er nahm ihn, schloß in ein und zeigte lange Zeit seiner Frau eine kalte Miene; er schlief nicht mehr mit ihr und berührte sie überhaupt nicht mehr. Als die Frau nun eines Tages allein in ihrem Zimmer war, ergriff sie die Feder und schrieb folgenden Vierzeiler:


Vigna era, vigna son.

Era podata, or più non son;

E non so per qual cagion

Non mi poda il mio patron.


Sie ließ das Gedicht auf dem Tische liegen, wo ihr Mann es sah und folgende Antwort schrieb:


Vigna eri, vigna sei,

Eri podata, e più non sei.

Per la granfa del leon,

Non ti poda il tuo patron.


Auch er ließ die Verse auf dem Tische liegen. Der Marquis erfuhr das, und antwortete folgendermaßen:


A la vigna che voi dite

Io fui, e qui restai;

Alzai il pampano; guardai la vite;

Ma, se Dio m'ajuti, non toccai.
[200]

Dies wurde dem Gauen hinterbracht, der von dieser ehrenvollen Antwort und Rechtfertigung sehr befriedigt war, sich seinem Weinberg wieder widmete und ihn besser bebaute als zuvor. Niemals war das Verhältnis zwischen den Gatten besser.

Mit jener Löwenklaue war der Handschuh gemeint, der sich zwischen die Bettücher verirrt hatte.

Das war noch mal ein guter, wenig mißtrauischer Ehemann, der den Verdacht von sich wies und seiner Frau verzieh. Und sicher gibt es Damen, denen es Vergnügen macht, sich selbst nackend zu sehen, so daß sie sich in sich selbst verlieben wie Narziß. Was sollen nun gar wir erst tun, wenn wir sie ansehen?

Marianne, die Gemahlin des Herodes, eine schöne und ehrenwerte Frau, schlug es ihrem Gatten rundweg ab, als er ihr eines Tages am hellen Mittag beiwohnen und ihre Reize im vollen Licht des Tages sehen wollte. So berichtet Josephus. Er übte nicht seine Gattengewalt aus wie ein gewisser Grandseigneur, den ich kannte. Dieser bestürmte seine Frau, eine Schönheit, am hellen Tage und zog sie trotz ihres heftigen Widerstandes nackt aus, Dann sandte er ihr, um sie wieder anzukleiden, die Kammerfrauen, die sie ganz beschämt und in Tränen fanden. Andre Damen gibt es, die weniger Bedenken tragen, ihre Schönheit nackt zu zeigen, um ihre Anbeter noch mehr zu reizen und anzulocken. Aber die Berührung wollen einige oft nicht erlauben oder nur für kurze Zeit. Denn sie (die Männer) bleiben nicht gern auf diesem schönen Wege stehen und wollen weiter gehen. Ich hörte von mehreren, daß sie ihre Liebhaber lange mit diesem schönen Anblick hinhielten.

Glücklich sind diejenigen, die sich in Geduld fassen, ohne zu sehr in Versuchung zu fallen. Derjenige muß ja auch wahrlich ein Tugendheld sein, dem beim Anschauen einer schönen Frau nicht die Augen übergehen. So sagte Alexander manchmal zu seinen Freunden, daß die persischen Mädchen den Augen ihrer Betrachter viel Schaden brächten,[201] Deshalb grüßte er die Töchter des Königs Darius, die seine Gefangenen waren, nicht anders als mit niedergeschlagenen Augen und vermied ihren Anblick soviel wie möglich, aus Furcht, von ihrer außerordentlichen Schönheit gefesselt zu werden.

Nicht nur damals, sondern auch heute noch wird unter allen Frauen des Orients den Perserinnen wegen ihres Ebenmaßes und ihrer sauberen und reizenden Kleidung der Preis der Schönheit zuerkannt; ganz besonders denen der alten Königsstadt Schiras, deren weiße Schönheit, Anmut und Liebenswürdigkeit so hoch gerühmt wird, daß die Mauren nach einem alten Sprichwort sagen: ihr Prophet Mohammed habe nie nach Schiras kommen wollen, aus Furcht, nur einmal diese schönen Frauen zu sehen, weil dann seine Seele nie ins Paradies gelangen würde. Leute, die dort gewesen sind und darüber geschrieben haben, berichten dies, woran man die Heuchelei dieses guten liederlichen Propheten erkennen kann. Denn es steht, wie Belon sagt, in einem arabischen Buche »Von den guten Sitten Mohammeds«, worin seine körperlichen Kräfte gerühmt werden, geschrieben, daß er seine elf Frauen nacheinander innerhalb einer Stunde benutzte. Hole der Teufel diesen Lumpen! Sprechen wir nicht mehr von ihm; ich habe noch mehr zu sagen.

Ich hörte bezüglich Alexanders, von dem ich oben sprach, und des Scipio Africanus die Frage stellen: Welcher von beiden verdient am meisten das Lob der Standhaftigkeit?

Alexander, der Kraft seiner Keuschheit mißtrauend, wollte jene schönen persischen Frauen nicht sehen; Scipio sah nach der Eroberung von Neu-Karthago jenes schöne spanische Mädchen, welches seine Soldaten ihm zuführten und ihm als seinen Beuteanteil darboten. Sie war so schön und jugendlich, daß sie überall, wo sie ging, die Augen aller mit Bewunderung entzückte, sogar den Scipio. Dieser erkundigte sich, nachdem er sie höflich begrüßt, aus welcher[202] Stadt Spaniens sie und ihre Eltern stammten. Unter anderm erfuhr er, daß sie einem jungen Manne Namens Alucius, einem Fürsten der Keltiberier, verlobt sei. Er gab sie diesem und ihren Eltern zurück, ohne sie zu berühren. Dafür waren ihm das Mädchen, der Bräutigam und die Eltern so dankbar, daß sie seitdem für die Stadt Rom und die Republik die wärmste Zuneigung empfanden. Aber wer weiß, ob diese schöne Dame nicht im stillen gewünscht hat, zuerst von Scipio ein wenig geliebt zu werden, von ihm, der schön, jung, tapfer und siegreich war? Wenn vielleicht vertraute Freunde oder Freundinnen sie aufs Gewissen gefragt hätten, ob das nicht ihr Wunsch gewesen, so möge man sich selbst vorstellen, was sie geantwortet hätte, und ob sie nicht hätte durchblicken lassen, daß sie es wohl gewünscht; oder auch, ob das Klima Spaniens und seine heiße Abendsonne sie, ebenso wie viele andre Frauen dieses Landes von heute, schön und liebesbedürftig wie sie, wie ich viele sah, nicht verführt hätte. Man braucht nicht daran zu zweifeln, daß dieses schöne, ehrenwerte Mädchen von dem schönen Scipio begehrt wurde, auf dem Altar seiner profanen Götter geopfert zu werden.

Hiernach wird Scipio gewiß von manchen wegen seiner großen Standhaftigkeit gelobt werden; von andern wurde er getadelt. Denn worin kann ein tapferer Ritter die Großmut seines Herzens besser einer schönen und ehrenwerten Dame gegenüber zeigen, als indem er sie merken läßt, daß er ihre Schönheit schätzt und sie liebt, statt ihr mit jener Kälte, Achtung, Bescheidenheit und Enthaltung zu begegnen, die ich öfter von Herren und Damen mehr als Torheit und Schwachherzigkeit, denn als Tugend bezeichnen hörte. Nein, das ist es nicht, was die Frauen im innersten Herzen lieben, sondern ein frisches Genießen, aber klug, verschwiegen und geheim. Eine Dame, die eines Tages diese Geschichte las, sagte: Scipio sei ein Narr gewesen, mochte er auch ein noch so tapferer und edler Feldherr sein, daß er sich und dem römischen Staate die Zuneigung der Leute durch ein[203] solches Mittel gewann, während er ja noch passendere anwenden konnte, besonders da jenes Mädchen eine Kriegsbeute war, über die man doch triumphieren könne.

Bei dem Raube der schönen Sabinerinnen verfuhr der große Gründer seiner Stadt jedoch anders mit der Beute, die ihm zufiel. Ohne Rücksicht auf anderes mußte sie ihm zur Sinnenlust dienen, und sie befand sich wohl dabei. Weder sie noch ihre Gefährtinnen machten sich Sorge daraus, sondern schlössen bald mit ihren Entführern Frieden, und empörten sich nicht so wie ihre Väter und Mütter, die einen großen Feldzug ins Werk setzten.

Freilich gibt es Frauen, die nicht mit aller Welt in dieser Art zu tun haben wollen, und nicht alle gleichen der Frau des Königs Ortiagon, eines der gallischen Könige Asiens, die von vollendeter Schönheit war. Als sie bei der Niederlage des Königs ein römischer Söldner ergriff und ihr entehrende Anträge stellte, blieb sie fest, denn sie verabscheute es, sich einem so niedrigen und gemeinen Menschen – hinzugeben; da vergewaltigte er sie, denn das Kriegsglück hatte ihm das Recht der Sklaverei gegeben. Bald aber sollte er es bereuen und die Rache fühlen. Sie hatte ihm nämlich ein großes Lösegeld für ihre Befreiung versprochen, und als sie an den bezeichneten Ort gingen, wo er das Geld empfangen sollte, ließ sie ihn umbringen und sandte seinen Kopf ihrem Gatten. Diesem bekannte sie offen, daß jener Mann in der Tat ihre Keuschheit vergewaltigt habe; aber auf diese Weise habe sie Rache genommen. Ihr Gatte billigte ihre Handlungsweise und erwies ihr hohe Ehre dafür. Seit jener Zeit, berichtet die Geschichte, bewahrte sie ihre Frauenehre bis zum letzten Tage ihres Lebens. Immerhin hatte sie die Frucht gekostet, wenn auch von einem geringen Manne.

Anders handelte Lucrezia, denn sie kostete nicht davon, obwohl es diesmal ein tapferer König war, der nach ihrer Ehre trachtete. Sie beging die doppelte Torheit, nicht der Verführung nachzugeben und sich selbst zu töten.[204]

Um noch einmal auf Scipio zurückzukommen: er kannte nicht den Reiz der Beute und Plünderung. Denn, nach der Behauptung eines unsrer großen Feldherren gibt es kein schmackhafteres Wild als ein im Kriege ergriffenes Weib. Dieser verspottete andere Krieger, die bei der Belagerung und Überrumpelung von Städten vor allen Dingen die Ehre der Frauen zu schonen empfahlen; denn die Frauen lieben die Kriegsleute stets mehr als andre, und die Gewalt reizt ihre Begierde. Und, was mehr bedeutet, sie retten ihren Gatten Güter und Leben, wie die schöne Eunoe, die Frau des Bogud oder Bocchus, Königs von Mauritanien, denen Cäsar große Güter schenkte, nicht etwa, wie man glauben darf, weil sie seiner Partei folgten wie Juba, König von Bithynien, der Sache des Pompejus anhing, sondern weil sie eine schöne Frau war, und sich dem Cäsar zum holden Genüsse hingab.

Es gibt noch andre Vorteile solcher Liebschaften, die ich übergehe; immerhin, sagte jener großer Feldherr, seine andern Gefährten, die ihm glichen, wollen, zufolge alten Kriegsgebrauchs, daß die Ehre der Frauen geschont werde; zuerst müsse man deren Gesinnung erforschen, und sich dann entscheiden. Oder sie haben das Naturell des Scipio, der gleich dem schon erwähnten Ortolanhunde nicht von dem Kohl im Garten genießt und daher auch andre verhindert, davon zu essen. So verfuhr er mit dem armen Masinissa, der für ihn und für das römische Volk so oft sein Leben gewagt, so viel im Dienste seines Ruhms und seiner Siege gearbeitet hatte, und dem er dennoch seine schöne Gattin Sophonisbe raubte, die er sich als die wichtigste und köstlichste Beute auserlesen. Er entführte sie ihm, um sie nach Rom zu bringen, damit sie dort den Rest ihrer Tage in elender Sklaverei verlebe; aber Masinissa wendete dieses Schicksal ab. Sein Triumph wäre schöner[205] und voller gewesen, wenn die ruhmreiche und herrliche Gattin des Masinissa dabei erschienen wäre und man hätte sagen können: »Seht dort die schönste Trophäe der Eroberungen Scipios!« Denn der Ruhm liegt eben mehr in großen und hohen Dingen als in niederen.

Kurz, Scipio beging in all diesem große Fehler, öderer war überhaupt ein Feind des weiblichen Geschlechts, oder auch unfähig zur Ausübung der Liebe, obgleich gesagt wird, daß er in seinen alten Tagen mit einer Dienerin seiner Frau Liebschaft hatte, was die Frau geduldig ertrug.

Doch um von dieser Abschweifung wieder auf den geraden Weg zurückzukommen, den ich verlassen habe, und um meine Abhandlung zu Ende zu bringen, sage ich so viel: Es gibt keinen schöneren Anblick in der Welt als eine schöne Frau in prächtigen Kleidern oder ausgezogen auf dem Lager; aber sie muß gesund, sauber und makellos sein, wie ich schon sagte.

König Franz behauptete, daß ein Edelmann, wie vornehm er auch sei, einem noch so großen Herrn in seinem Hause oder Schlosse keinen besseren Empfang bereiten könne, als indem er ihm zuerst eine schöne Frau, ein schönes Pferd und ein schönes Windspiel entgegenführe. Denn wenn der Besucher seinen Blick bald auf das eine, bald auf das andre und das Dritte richte, könnte ihm in diesem Hause nichts ein Ärgernis bereiten. Diese drei Dinge böten einen erfreuenden Anblick, und es wäre sehr angenehm, sich mit ihnen zu beschäftigen.

Die Königin Isabella von Kastilien sagte, es mache ihr das größte Vergnügen, folgende vier Dinge zu sehen: »Hombre d'armas en campo, obisbo puesto en pontifical, linda dama en la cama, y ladron en la horca.« »Einen Mann der Waffen auf dem Schlachtfeld, einen Bischof im Amtskleid, eine schöne Dame im Bett und einen Dieb am Galgen.«

Von dem kürzlich verstorbenen Herrn Kardinal von Lothringen, dem Großen, hörte ich erzählen, daß er nach Rom[206] zum Papst Paul IV. reiste, um den Waffenstillstand mit dem Kaiser aufzuheben, und nach Venedig kommend, dort sehr ehrenvoll empfangen wurde. Dies ist auch nicht zu bezweifeln, denn er war der große Günstling eines großen Königs. Der ganze prächtige Senat zog ihm entgegen, und als er durch den Canale grande fuhr, zeigten sich an allen Fenstern der Häuser die schönsten Frauen, um seinen Einzug mit anzusehen. Indessen unterhielt ihn einer der Großen über die Staatsgeschäfte und sprach lebhaft auf ihn ein. Da er aber seine Blicke aufmerksam auf die schönen Frauen gerichtet hielt, sagte jener zu ihm in seinem Patois: »Mein Herr, ich glaube, Sie hören mir nicht zu, und Sie haben auch recht; denn es macht mehr Vergnügen, die schönen Frauen an den Fenstern zu beobachten und sich an ihnen zu entzücken, als einem langweiligen Greise wie mir zuzuhören, selbst wenn er Ihnen von Dingen spricht, die für Sie von der größten Bedeutung sind.« Der Herr Kardinal, dem es nicht an Geist mangelte und der auch ein gutes Gedächtnis besaß, erwiderte ihm Wort für Wort, was jener ihm gesagt hatte, wodurch er den guten alten Herrn sehr erfreute und dessen Achtung gewann; denn er hatte nichts von allem, was jener ihm sagte, überhört und sich doch an dem Anblick der schönen Frauen ergötzt.

Wer auch immer den Hof unsrer Könige Franz, Heinrich II. und andrer seiner Kinder gekannt hat, wird, und wenn er die ganze Welt sah, zugestehen müssen, daß er nie etwas Schöneres sah als unsre Damen an diesen Höfen, unsre Königinnen, deren Mütter, Schwestern und Frauen. Aber etwas noch Schöneres, sagte jemand, konnte man zu Lebzeiten des Großvaters des Meisters Gonnin sehen, der durch seine Zauberkünste die Frau nackt zeigen konnte. Einmal soll er dies auf Befehl des Königs Franz in einer Privatgesellschaft getan haben; denn er war sehr fein und geschickt in seiner Kunst. Sein Enkel, den wir noch gesehen haben, verstand es lange nicht so gut wie er.[207]

Ich glaube, dieser Anblick war ebenso ergötzlich wie der jener ägyptischen Frauen zu Alexandrien beim Empfang ihres Hauptgottes Apis. In feierlicher Zeremonie schritten sie ihm vorauf mit hochgehobenen Gewändern und gespreizten Schenkeln, so daß ihre Scham völlig zu sehen war. Man lese diese Geschichte bei Alex(ander) von Alex(andrien), im sechsten Buch seiner »Lustigen Tage« nach. Ich denke, daß das ein sehr hübscher Anblick gewesen ist; denn damals waren die Frauen Alexandriens schön, wie sie es heute noch sind.

Wenn die Alten und Häßlichen es ebenso machen, dann danke ich, denn der Anblick darf sich nur auf das Schöne erstrecken, aber das Häßliche soll man fliehen soviel wie möglich.

In der Schweiz baden Männer und Frauen zusammen in den Badestuben, ohne irgend etwas Unanständiges zu begehen; sie binden nur ein Laken vor. Wenn es ein wenig locker sitzt, kann man immer noch etwas sehen, was gefällt oder mißfällt, je nach der Schönheit oder Häßlichkeit.

Bevor ich diese Abhandlung schließe, möchte ich noch eins sagen. Die jungen römischen Herren, Ritter, Edelleute, Plebejer und andere mußten ehemals am Fest der Flora zu Rom in große Versuchung geraten und konnten ihre Augen herrlich weiden. Man sagt, Flora sei die hübscheste und siegreichste Courtisane gewesen, die jemals und irgendwo den Freudendienst zu Rom ausgeübt. Zu ihrer besonderen Empfehlung diente ihr, daß sie aus gutem Hause und von vornehmer Abkunft war. Denn solche Frauen aus vornehmem Geblüt gefallen stets mehr, und man gibt sich lieber mit ihnen als mit andern ab.

Außerdem besaß Flora noch den Vorzug, daß sie sich nicht wie Laïs aller Welt hingab, sondern nur den Vornehmen. Ja, sie hatte über ihre Tür folgende Inschrift gesetzt: »Ihr Könige, Fürsten, Diktatoren, Konsuln, Censoren, Oberpriester, Quästoren, Gesandte und andre große Herren, tretet ein. Ihr übrigen bleibet draußen.«[208]

Laïs ließ sich stets vorausbezahlen, aber Flora nicht. Sie sagte, sie halte es mit den Großen deshalb so, damit diese sich ihr gegenüber auch als Vornehme und Große benähmen. Es wird ja auch eine Frau von hoher Schönheit und edler Geburt stets so geschätzt werden, wie sie sich selbst schätzt. Sie nahm auch nur, was man ihr gab, indem sie sagte, jede hübsche Frau müsse ihrem Liebhaber aus Liebe Vergnügen bereiten, und nicht aus Habsucht; denn alle Dinge hätten ihren Preis, nur die Liebe nicht.

Kurz, zu ihrer Zeit pflegte sie die Wollust in der artigsten, angenehmsten Weise und ließ sich wacker huldigen. Wenn sie zuweilen ihr Haus verließ, um sich in der Stadt zu ergehen, so hatte man für einen Monat Gesprächsstoff, sowohl über ihre Schönheit, ihren reichen und geschmackvollen Schmuck, ihr stolzes Wesen und ihre Liebenswürdigkeit, wie auch über das große Gefolge von Anbetern und vornehmen Herren, die sie wie Sklaven begleiteten, was sie ruhig hinnahm. Und die fremden Gesandten berichteten, wenn sie in ihre Provinzen zurückkehrten, lieber von der Schönheit und Eigenart dieser Flora, als von der Größe der römischen Republik. Besonders wußten sie ihre große Freigebigkeit, im Gegensatz zu andern solchen Damen, zu rühmen. Sie stand ja auch wirklich über dem Gewöhnlichen, da sie von edler Abkunft war.

Als der Tod sie abrief, war sie so begütert, daß der Wert ihres Geldes, ihres Hausrats und ihrer Kleinodien hinreichte, die Mauern Roms wieder aufzubauen und die Republik von der Ausgabe zu entlasten. Sie setzte das römische Volk zu ihrem Haupterben ein, und deshalb wurde ihr zu Ehren in Rom ein prachtvoller Tempel erbaut, der nach ihrem Namen der Florianische Tempel hieß.

Das erste Fest, welches der Kaiser Galba feierte, war das der verliebten Flora, wobei es den römischen Männern und Frauen erlaubt war, jede nur erdenkliche Ausschweifung zu begehen. Diejenige, die an diesem Tage die Schamloseste und Ausschweifendste war, trug den meisten Ruhm davon.[209]

Man stelle sich vor, daß weder der Fiscagnatanz (den die maurischen Kammermädchen und Sklaven zu Malta Sonntags vor aller Welt tanzen), noch eine Sarabande den üppigen Bewegungen und Windungen und den unzüchtigen Stellungen ihres Körpers nahekommen. Je Zügelloseres eine Dame erdenken konnte, desto höher wurde sie geschätzt, so daß die Römer der Meinung waren, wer zum Tempel dieser Göttin mit den zuchtlosesten Gebärden ginge, würde gerade soviel Glück und Reichtum ernten wie einst Flora selbst.

Das war in der Tat eine schöne Meinung und eine prächtige Festfeier! Aber es waren ja Heiden. Und man darf nicht zweifeln, daß sie keine Art von Üppigkeit dabei vergaßen. Diese guten Damen werden auch lange vorher ihre Lektion einstudiert haben, gerade so wie unsere Frauen ein Ballet, und sich der Sache mit Eifer hingegeben haben. Die jungen Leute, ja selbst die alten, waren denn auch fleißig dahinter her, dieses unzüchtige Schauspiel zu sehen. Wenn man heute bei uns Ähnliches aufführen könnte, so würde jeder seinen Genuß davon haben, und es würde bei dem Schauspiel ein lebensgefährliches Gedränge abgeben.

Darüber könnte man noch alles Mögliche sagen; ich überlasse es jedoch den Liebhabern. Man lese Suetonius, den Griechen Pausanias und den Lateiner Manilius; in ihren Schriften über die berühmten, galanten und berüchtigten Frauen wird man alles finden.

Nun noch eine Geschichte und dann Schluß.

Man liest, daß die Lazedämonier einst Messena belagern wollten, die Messenier ihnen aber zuvorkamen; diese brachen zuerst auf und zogen nach Lazedämon in der Absicht, es zu überrumpeln und zu plündern, während die Einwohner sich vor der Stadt belustigten. Sie wurden jedoch von den Frauen, die zurückgeblieben waren, tapfer zurückgeschlagen und verjagt Als die Lazedämonier dies erfuhren, kehrten sie schleunigst nach ihrer Stadt zurück. Aus der Ferne sahen sie ihre Frauen, die den Feind verfolgt hatten, in[210] Waffen starrend und wurden ganz bestürzt. Aber die Frauen gaben sich alsbald zu erkennen und erzählten ihr Abenteuer. Darüber gerieten die Männer so in Freude, daß sie die Frauen küßten, umarmten und liebkosten, derartig, daß sie alle Scham beiseite setzten und sich garnicht erst die Zeit nahmen, die Frauen zu entwaffnen und selbst die Waffen abzulegen. Gleich auf der Stelle machten sie sich wacker über die Frauen her, wobei man denn Verschiedenes zu sehen und, zwischen dem Waffenklirren, auch zu hören bekam. Zur Erinnerung an dieses Ereignis erbauten sie der Göttin Venus einen Tempel mit ihrem Bildnis, genannt die Venus in Waffen, im Gegensatz zu den andern Aphroditen, die nackt dargestellt werden. – Das war ein ergötzlicher Beischlaf und eine hübsche Idee, die Venus in Waffen zu malen und sie so zu benennen.

Unter Kriegern kommt es zwar oft vor, besonders bei der Einnahme von Städten, daß Soldaten in Waffen die Frauen gebrauchen, da sie sich keine Zeit nehmen, erst die Waffen abzulegen; denn sie sind viel zu begierig, ihre Lust zu stillen. Aber selten dürfte man sehen, daß ein bewaffneter Soldat einer bewaffneten Frau beiwohnt. Man kann sich den Genuß denken, den dieser eigenartige geheimnisvolle Anblick und der Klang der Waffen bietet, sowohl den Beteiligten, wie den Zuschauern.

Doch genug; kommen wir zum Schluß. Ich hätte diese Abhandlung noch durch mehr Beispiele bereichern können; aber ich fürchte, wenn ich zu üppig werde, könnte ich meinen guten Ruf einbüßen.

Nur muß ich, nachdem ich die schönen Frauen so hoch gelobt habe, von einem Spanier berichten, der mir eines Tages eine Frau schilderte, die er nicht leiden konnte. Er sagte mir: Señor, vieja es como la lampada azeytunada d'iglesia, y de hechura del armario, larga y desvayada, el color y gesto como mascara mal pintada, el talle como una campana o mola de molino, la vista como idolo del tiempo antiguo, el andar y vislon d' una antigua fantasma[211] de la noche, que tanto tuviese encontrar la de noche, como ver una mandragora. Iesus! Iesus! Dios me libre de su mal encuentro! No se contenta de tener en su casa por huesped al provisor del obisbo, ni se contenta con la demasiada conversacion del vicario ni del guardian, ni de la amistad antigua del dean, sino que agora de nuevo ha tomado al que pide para las animas del purgatorio, para acabar su negra vida: Das heißt: »Sehen Sie, mein Herr, sie ist wie eine alte tranige Kirchenlampe, und ihr Körper gleicht einem großen, schlecht gebauten Schrank, ihre Gesichtsfarbe einer schlecht gemalten Maske, ihre Taille einer Klosterglocke oder einem Mühlstein, das Gesicht einem Götzenbild der alten Zeit, ihr Blick und Gang einem alten Nachtgespenst, so daß ich, wenn ich ihr des Nachts begegnen würde, sie für eine Alraunwurzel halten könnte. Jesus! Jesus! Gott schütze mich vor ihrer Begegnung! Sie begnügt sich weder damit, den Verwalter des Bischofs als Gast im Hause zu haben, noch mit dem übermäßigen Umgang mit dem Vikar und dem Pater Guardian, noch mit der alten Freundschaft des Dekans, sondern sie hat jetzt auch noch von neuem jemanden angenommen, der für die Seelen im Fegefeuer betet, um ihr schwarzes Leben zu beenden.«

Jener Spanier, der die dreißig Schönheiten des Weibes so gut geschildert hat, wie ich oben in dieser Abhandlung zeigte, versteht also auch, wenn er will, die Häßlichkeit zu malen.

Quelle:
Brantôme: Das Leben der galanten Damen. Leipzig [1904], S. 174-212.
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