XXVII.

[54] Wer nicht die rechte Kunst studirt,

Derselbe wohl die Schellen rührt

Und wird am Narrenseil geführt.


Ein älterer Gelehrter, dessen Gewand mit einer Schelle geziert ist, begegnet auf der Straße in einem Buche lesend zwei jüngeren mit Schellen in den Händen.


Von unnützem Studiren.

Der Studenten ich auch nicht schone:

Sie haben die Kappe voraus zum Lohne,

Und wenn sie die nur streifen an,

Folgt schon der Zipfel hintendran,

Denn wenn sie sollten fest studiren,

So gehn sie lieber bubeliren.

Die Jugend schätzt die Kunst gar klein;

Sie lernt jetzt lieber ganz allein,

Was unnütz und nicht fruchtbar ist.

Denn dies den Meistern auch gebrist,

Daß sie der rechten Kunst nicht achten,

Unnütz Geschwätz allein betrachten:

Ob es erst Tag war oder Nacht?[54]

Ob wol ein Mensch einen Esel gemacht?

Ob Sortes oder Plato gelaufen?

Die Lehr' ist jetzt der Schulen Kaufen.

Sind das nicht Narren und ganz dumm,

Die Tag und Nacht gehn damit um

Und kreuzigen sich und andre Leut'

Und achten bessre Kunst keinen Deut?

Darum Origenes von ihnen

Spricht, daß sie ihm die Frösche schienen

Und die Hundsmücken, die das Land

Egypten plagten, wie bekannt.

Damit geht uns die Jugend hin,

So sind zu Lips wir, Erfurt und Wien,

Zu Heidelberg, Mainz, Basel gestanden

Und kamen zuletzt doch heim mit Schanden.

Ist dann das Geld verzehret so,

Dann sind der Druckerei wir froh,

Und daß man lernt auftragen Wein:

Der Hans wird dann zum Hänselein.

So ist das Geld gelegt wohl an:

Studentenkapp' mit Schellen dran!

Quelle:
Brant, Sebastian: Das Narrenschiff. Leipzig [1877], S. 54-55.
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Das Narrenschiff: Mit allen 114 Holzschnitten des Drucks Basel 1494
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