[66.]

[164] Wer vß misßt hymel / erd / vnd mer

Vnd dar jnn sůcht lust / freüd / vnd ler

Der lůg / das er dem narren wer


66. von erfarung aller land

von erfarung aller land

Ich halt den ouch nit jtel wiß

Der all syn synn leidt / vnd syn fliß

Wie er erkund all stett / vnd landt

Vnd nymbt den zyrckel jn die hant

Das er dar durch berichtet werd

Wie breit / wie lang / wie witt die erd

Wie dieff / vnd verr sich zieh das mer

Vnd was enthalt den leisten spör /[165]

Wie sich das mer zů end der welt

Haltt / das es nit zů tal ab felt

Ob man hab vmb die gantz welt fůr

Was volcks wone vnder yeder schnůr /

Ob vnder vnsern füssen lüt

Ouch sygen / oder do sy nüt

Vnd wie sie sich enthaltten vff

Das sie nit fallen jnn den lufft /

Wie man vß mit eym stäcklin räch

Das man die gantze welt durch säch

Archymenides der wust des vil

Der macht jm puluer / kreiß vnd zyl

Do mit er vil vßrächen kundt

Vnd wolt nit vff tůn synen mundt

Er vorcht es ging eyn plast dar von

Das jm an kreyssen ab wurd gon

Vnd ee er reden wolt eyn wort

Lyeß er ee das er wurd ermort /

Der messen kunst was er behend

Kund doch vß ecken nit syn end /

Dycearchus der fleiß sich des

Das er die höh der berg vß meß

Vnd fandt das Pelyon höher waß

Dann alle berg die er ye mäß

Doch maß er nit mit syner handt

Die Alppen hoch jm Schwitzer landt

Masß ouch nit wie tieff wer das loch

Do hyn er müst / vnd sitzet noch /

Ptolomeus rechnet vß mit gradt

Was leng vnd breyt das ertrich hatt /

Die leng zücht er von oryent

Vnd endt die selb jnn occident /

Das hundert / achtzig grad er acht /

Sechtzig vnd dryg / gen mitternacht

Die breyt vom equinoccial

Gen mittemtag / ist sie me schmal

Zwentzig vnd funf er fyndet gradt

Des lands so man erkundet hat[166]

Plynius rächt das mit schritten vß

So machet Strabo mylen druß

Noch hat man sythar funden vile

Landt / hynder Norwegen vnd Thyle /

Als jßlant vnd pylappenlandt

Das vorhyn alls nit was erkandt /

Ouch hatt man sydt jnn Portigal

Vnd jnn hispanyen vberall

Golt / jnslen funden / vnd nacket lüt

Von den man vor wust sagen nüt /

Marinus / noch dem mer / die welt

Rächnt / vnd hat drann gar wüst gefält /

Plinius der meyster seitt

Das es sy eyn vnsynnikeit

Wellen die größ der welt verston

Vnd vsser der / by wilen gon

Vnd rächnen biß hynder das mer

Dar jnn menschlich vernunfft jrrt ser

Das sy solchem noch rächen allzyt

Vnd kan sich selb vß rächen nitt /

Vnd meynt das er die ding verstat

Das die welt selbs nit jn jr hat /

Hercules setzt jnn das mer

Zwo sülen (als man seit) von ere /

Die eyn die endet Affricam

Die ander vocht an Europam /

Vnd hatt groß acht vff end der erdt

Wust nit / was end jm was beschert

Dann der all wunderwerck veracht /

Der wart durch frowen list vmbbracht /

Bacchus zoch vmb mit grossem her

Durch alle landt der welt / vnd mer

Vnd was alleyn der anschlag syn

Das yederman lert drincken wyn

Wo man nit wyn vnd reben hett

Do lert er machen byer vnd mett /

Sylenus der verlag sich nit

Im narrenschyff fůr er ouch mit[167]

Vnd sunst juffkynd vnd metzen vil

Mit grosser freüd vnd seitten spyl /

Er ist eyn drunckner schelm gesyn

Das jm so wol was mit dem wyn /

Er dürfft nit arbeit han ankert

Man hett sunst drincken wol gelert

Man tribt mit prassen noch vil schand

Jetz färt er erst recht vmb jm land

Vnd macht manchē jm prasß verrůcht

Des vatter nye kein wyn versůcht

Aber was wart Baccho dar von

Er müst zů letst von gsellen gon

Vnd faren hyen do er yetz dringkt

Das jm me durst / dann wollust bringt

Wie wol die heyden jn dar noch

Ertten als gott / vnd hyeltten hoch /

Von denen kumen ist sytthar

Das man jm landt vmb bächten far

Vnd důt dem ere noch synem dott

Der vns vil übels hat vff brocht

Dye böß gwonheyten wärent lang

Was vnrecht ist nymbt vberhang

Dann dar zů stäts der tüfel bloßt

Das man syn dienstbarkeit nit losßt /

Do mit ich ouch yetz wider vmb

Vff myn matery vnd fürnem kumb

Was nott wont doch eym menschen by

Das er sůch grössers dann er sy

Vnd weißt nit was jm nutz entspring

Wann er erfart schon hohe ding

Vnd nit die zyt syns todes kennt

Die wie eyn schätt von hynnan rennt

Ob schon bis kunst ist gwyß vnd wor

So ist doch das eyn grosser tor

Der jn sym synn wygt so gering

Das er well wissen frömde ding

Vnd die erkennen eygentlich

Vnd kan doch nit erkennen sich[168]

Ouch gdenckt nit wie er das erler

Er sůcht alleyn rům / weltlich ere /

Vnd gdenckt nit an das ewig rich

Wie das witt ist / schön / wunderlich /

Dar jnn dann ouch vil wonung sint

Vff jrdeschs yeder narr erblyndt

Vnd sůcht syn freüd / vnd lust dar jnn

Des er me schad hatt dann gewynn

Vil handt erkundt / verr / frömbde lant

Do keyner nye sich selbs erkant /

Wer wis würd als Vlysses wart

Do er lang zyt fůr vff der fart

Vnd sach vil land / lüt / stett / vnd mer

Vnd mert sich stät jn gůtter ler /

Oder als dett Pythagoras

Der vß Memphis geboren was /

Ouch Plato durch Egypten zoch

Kam / jn Italiam dar noch

Do mit er ye mer täglich lert

Das syn kunst / wißheit / würd gemert /

Appollonius durch zoch all ort

Wo er von gelertten sagen hort

Den steltt vnd zoch er täglich noch

Das er jn künsten würd me hoch

Fandt allenthalb das er me lert

Vnd das er vor nit hatt gehört /

Wer yetz solch reyß vnd lantfar dät

Das er zů nem jnn wißheit stät

Dem wer zů vber sehen baß

Wie wol doch nit genůg wer das /

Dann wem syn synn zů wandeln stot

Der mag nit gentzlich dienen got


Quelle:
Sebastian Brant: Das Narrenschiff, Basel 1494, S. 164-169.
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