Fünfter Auftritt.

[242] KLERDON. Das letztemal empfunden, was es sey, von irgend einem Wesen geliebt zu werden! Hinfort in jener Zukunft voll Grauen, wird mein Theil nur Haß sein; alles, mich selbst werde ich hassen, und allem werde ich ein Abscheu seyn. – Was zaudre ich noch? Ich muß den Tod wählen. Die Erde, die jeden Augenblick unter meinen Füßen weg zu weichen droht, dieses Licht, das mir itzt so fürchterlich glänzt, – diese vor meinen Blicken herumirrenden Bilder des Todes, vermag ich nicht zu ertragen. Ein so peinigend Schicksal auch meiner wartet, so kann es doch nie dieses wütende Feuer, diesen innern Tod, den ich fühle, übertreffen. – – Vielleicht irre ich – es sey. Eine unwiderstehliche Rache treibt mich zu dem Abgrunde, dem ich umsonst zu entfliehen suche. – Name eines Freygeists, auf den ich einst stolz war, wie verfluche ich dich itzt! O träfe die ein dem meinigen ähnliches Weh, die ihn zuerst erfanden, die zu erst einen unseligen[243] Ruhm darinn setzten, Empörer wider den Unendlichen und frevelnde Wahnwitzige zu seyn. Von euch müsse das Verderben so vieler gefodert werden, Lehrer der Raserey! eine Sündflut von Flammen der rächenden Allmacht müsse euch überströmen! – Wie empört sich alles in mir! Wie schauert der Seele vor der entsetzlichen Minute! – Deine Rache soll nicht länger verzögert werden, Blut meines Freundes! – ich höre dein Rufen! – ich verstehe euch, Töne des Todes! – ich eile – – Er erblickt den Henley. O Abscheu! da ist mein Verderber.


Quelle:
Joachim Wilhelm von Brawe: Der Freygeist, in: Trauerspiele des_–, Berlin 1763, S. 242-244.
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