Siebenzehnter Auftritt


[208] Valerio und Valeria in der Esplanate auf einer Bank; es ist schon ziemlich dunkel.


VALERIO. Du hast also meine Tochter gesehen?

VALERIA. Wie ich Euch sagte, lieber Valerio – Sie reichte mir im Kloster die Suppe.

VALERIO. Da ist sie wohl ordentlich wie ein Nönnchen – was sprach sie dann?

VALERIA. Wenig – sie schien traurig zu sein.

VALERIO. Traurig? Ja, das ist es eben, das ist es – ich bin auch traurig – sieh, meine Tochter ist verliebt – und da ist sie traurig.

VALERIA. Davon sprach sie nichts; ich fragte sie, ob sie eine Nonne werden wolle. Ei, behüte Gott! sagte sie.

VALERIO. Ja, ja, Nonne werden, das war auch eine possierliche Frage. – Ei, behüte Gott! sagte sie; das sieht ihr ähnlich.

VALERIA. Ich fragte sie, warum sie so traurig sei.

VALERIO. Da sagte sie wohl, ich bin verliebt? Doch das sagte sie nicht – man sagt es nicht was sprach sie da?

VALERIA. Sie sprach, mein lieber Vater ist verreist, und das tut mir leid.

VALERIO. Sagte sie das? Komme, Mädchen, Er küßt sie. du bist viel Geld wert, ich lasse dich dafür in Gold einfassen, und trage dich am Finger wie Karfunkelstein.

VALERIA. Wie Euch das freut! Wenn ich einen Vater hätte, der so gut wäre, ich liefe ihm nach.

VALERIO. Wenn aber dein Geliebter in der Stadt wäre, machtest du es wie sie, und bliebst dort.

VALERIA. Wenn aber Euer Mädchen Euch nachliefe, und ihrem Geliebten, wie dann?

VALERIO. Dann –? Wenn ich es jetzt bedenke, wäre es nicht recht; wäre sie aber da, ich verzieh' es ihr aus Freude.[208]


Quelle:
Clemens Brentano: Werke. Band 4, München [1963–1968], S. 208-209.
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