Scena prima.

[30] Tacita querela Iacob, de longa filij Ioseph mora.


IACOB.

Ah Gott / wie ghet es jmer zu /

Wie hab ich doch so gar kein rhu /

Viel kümmernus bey nacht vnd tag /

Gar selten freud / tagliche klag /

Freud hab ich / wenn ich Ioseph sieh /

Nun hab ich jn gschickt zu dem Vieh /

Er sol mir Botschafft zeigen an /

Wie es thet vmb die Herdte stan

Obs auch mein Sönen wol ergieng /

Daraus ich freud vnd lust entpfieng /

So bleibt er nun so lang von Haus /

Das mir gleich wil zughen ein graus /

Weis nicht / wie die sach gschaffen ist /

Gieng vor so lang zu keiner frist /[30]

Vnd ist sein gmüth / sein hertz vnd sinn /

Wo ich jn etwo sende hin /

Das er wündscht / ehe er ghet von Haus /

Er het schön alls gerichtet aus /

Vnd bald möcht wider sein bey mir /

Alles aus hertzlicher begier /

So hat er sich auff diese fart /

Warlich von mir gescheiden hart /

Welchs er zuuor gethan hat nie /

O het ich jn gelassen hie /

So wer viel ringer jetzt mein hertz /

Seint halben trag ich doppelt schmertz /

Ist mir das liebst viel alle Kind /

Hat wenig wider mich gesind /

Gottsfürchtig gwesen für vnd an /

Was kümpt dort für ein frembder Man?

Zu mir wil er / ich siechs jm an /

Got wöl / das dis sey alles gut /

Mein hertz mir böses sagen thut.


Quelle:
Thomas Brunner: Jacob und seine zwölf Söhne. Halle a.d.S. 1928, S. 30-31.
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