Scena prima.

[69] Colloquium filiorum Iacob cum fratre Ioseph, ad cuius genua supplicantes procumbunt.


RUBEN.

Mein Herr / siech vns mit gnaden an /

Wir ziehen her aus Canaan /

Darin sehr grosse thewrung ist /

Sey vns barmhertzig zu der frist /

Vmb bares Gelt vergün vns Treid /

Wölln dancken dir in ewigkeit.

IOSEPH.

Jr mügt mir wol recht Kauffleut sein /

Das jr euch last ins Land herein /

Vnter dem schein / den jr gebt für /

Des Lands ausspeher sein mögt jr /

Der Buben sein mir komen viel /

Nach vngnad ich euch straffen wil.

RUBEN.

Das wöll Gott nicht / mein Herr / hör an /

Haben daheim ein alten Man /

Welcher vns all erzeuget hat /[69]

So viel du hie siechst an der stat /

Der ainlefft ist nicht mehr bey lebn /

Den zwölfften hat Gott auch gegebn /

Vnserm Vatern / ist jung vnd klein /

Zu haus des alten freud allein.

IOSEPH.

Mein sinn vnd gmüt mich treuget nicht /

An euch ist haut vnd har entwicht /

Jr müsset ein Prob vberstan /

Ehe jr ziecht ins Land Canaan.

Wil sehen was args bey euch steck /

Ehe las ich ewer kein hinweck.

RUBEN.

Ach lieber Herr las bitten dich /

Nicht stell dich so gar grimmiglich.

Hie sein wir allsam deine Knecht /

Wie du vns thust / ist vns auch recht /

Aber ich bitt vmb Gottes wil /

Wölst setzen vns ein gnedig ziel /

Vnd lassen kundschafft bringen her /

Nicht mehr ich für vns all beger.

IOSEPH.

Kein andre kundschafft nim ich an /

Den jüngsten Bruder wil ich han /

Daraus ich kan probiren frey /

Ob nicht verrheterey da sey.

Derwegen euch beweis die gnad /

Das jr einen last an der stat /

Jr aber ziehet heim zu haus /

Vnd schüttet ewer Treid da aus /

So euch jetzt sol werden gegebn /

Doch / wie vor / sag ich euch darnebn /

Das jr den jüngsten Brudern bringt /

Thut jrs / zum besten euch gelingt /

Vnd kan erkennen / das jr seid

Nicht Kundschaffer / sonder gut Leut.[70]

RUBEN.

Wies dir gefelt / nim handlung für /

Einer aus vns sol bleiben dir /

Vnd der jüngst werden hergefürt /

Wiewols den Vatern schmertzen wird.

IOSEPH zeigt auff Simeon.

Gleich du must mein gefangner sein.


Zum Oeconomo.


Zeig jm den weg zum gfengnis ein.


Ioseph wendet sich ab.

Die Brüder klagen jr elend.


ISASCHAR.

Dem Vatern gebe Gott gedult /

Wir habens doch gantz wol verschuldt /

An Ioseph vnserm Bruder all.

IUDA.

Wer es gstanden in meiner wahl /

Vieleicht er noch bey leben wer /

Den Vatern wir betrüben sehr.

ZEBULON.

Ja gleich vmb jn ist es zu thain /

Für schmertz vnd leid / mich lust zu wain.

GAD.

Ah Ioseph / hat vns nichts gethan /

Vnd wolt jn dennoch tödtet han /

Sein blut jtzund erfodert wird /

Vns widerfert wie sich gebiert.

IOSEPH bey sich selbs.

Mein Gott / der alls erkennen thut /

Du weist / das dieses meinem blut /[71]

Zu wider ist / vnd mir thut weh /

Das ich jn hart entgegen steh /

Wolt lieber / wenn das nür het fug /

Von hertzen mir hie weinen gnug /

So mus ich mit der sachen fort /

Vnd ernstlich sein an jedem ort.


Zu seinem Rentmeister.


Rentmeister kom las sagen dir /

Die Menner auff den Kasten fier /

Das man den jre Secke fill /

Jr Geld aber nicht haben wil.

Drumb gib der sachen diese gstalt /

Wenn sie das Treid haben bezalt /

So lös die Seck jn heimlich auff /

Sein Gelt leg jedem oben drauff /

Auch gib jn zerung noch dazu /

Wirst hören bald / warumb ichs thu.

QUAESTOR.

Ich wil zum besten richten das.


Nach diesem gehen sie heraus.


IOSEPH zu seinen Brüdern.

Folgt diesem nach / vnd füllen las /

Ein jeder seinen Sack mit Treid /

Auch solle euch aus gütigkeit /

Ein zerung mitgeteilet werdn.

RUBEN.

Ich dancke meim gnedigen Herrn /

Für vns hie all / vnd wöllen bald /

Vns stellen hie ehrlicher gstalt /[72]

Vnserm Vater dein lob vnd ehr /

Wie sich gebüret / preisen sehr.


Nach diesem gehn sie zur thür aus / als das Getreidt auffzuladen.

Komen die Teuffel.


MOLECH.

Ey / ey der handel wird nicht gut /

Was er redt / ist jm nicht zu mut /

Stelt sich streng / vñ geht nicht von hertz /

Es ist ein lauter Kinderschertz /

Auff den weg weislich handlet er /

Wenn einer nach dem andern her /

Getödtet würd / wie es sein sol /

Vnd auch hetten verdienet wol /

So würd recht vnser spiel angan.

Weil keiner noch hat Bus gethan.

BELIAL.

Es ist vmb sonst / da gewinstu nicht /

Gott hat jn zu vast vnterricht /

Das er nicht wil vergiessen Blut /

All Sünd er jn verzeihen thut /

Gwis aber ists / merck eben drauff /

Es wird vns noch ein grosser hauff /

Durch diese Gsellen komen zu /

Las vns dieweil nür sein zu rhu /

Wischen vns gwis nit all hinaus /

Jr samen wird auch vnser haus

Fein mehren / fort an mit der zeit /

Werdn haben viel Gottlose Leut /

Des las vns nun sein guter ding.

MOLECH.

Vor freud ich in die höch auffspring.


Quelle:
Thomas Brunner: Jacob und seine zwölf Söhne. Halle a.d.S. 1928, S. 69-73.
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