Scena tertia.

[78] Tacita Iosephi, de fratrum suorum reditu & mirandis Dei factis, disputatio.


IOSEPH bey sich selbs.

Mein Gott / wie bist so wünderlich /

Wenn ich nim deine werck für mich /

Die du hast jeder zeit gethan /

Genug ich mich zu verwundern han.[78]

In gfehrligkeit mich fallen list /

Meinr Brüder neid ward da gebüst /

Die mich wolten gantz haben tod /

Errettest mich aus solcher not /

Liest mich verkauffet werden her /

Da ich erlangt bald grosse ehr /

Doch widerumb durchs Teuffels rat /

Bey Potiphar kam in vngnad /

Doch vmb vnschuld / darumb du auch

Erbarmest dich / nach diesem brauch /

Nach dem du hilffest in der not /

Den / so vmb vnschuld leiden spot.

Nun hastu mich alls leids ergetzt /

Vber das Land Egypten gsetzt /

Vnd meine Brüder sehen lan /

Ist das nicht wünderlich gethan?

Ist das nicht dein fürsichtigkeit?

Das sie hie müssen suchen Treid /

Vnd mir komen in meine hend /

Wiewol mich keiner hat erkent /

Wens nür dem liebsten Vatern mein /

Daheim nicht brecht sunderlich pein /

Das Beniamin her ziehen sol /

Sonst wist ich alls zu richten wol /

Befilch jn dir in deine hend /

Bis alles kümpt zu gutem end /

Wie du es Herr kanst schicken recht /

Sey gnedig auch mir deinem Knecht /

Vnd las mich deiner güte nach /

Noch sehen meinen Vatern schwach /

Des ich hab lang müssen entbern /

Gib gnad mein Gott. Ich siech von fern /

Die Brüder wider komen dar /

Sey dir gedanckt / sie seins fürwar.


Nach diesen worten kert er sich vmb zu seinem Rentmeister / so in dem Haus sein sol.
[79]

Ich siech frembd Leut komen hie her /

Wirst sie vor haben gsehen mehr /

Geh hin zu den / vnd fürs zu haus /

Den gfangnen las zu jn heraus.


Zum Oeconomo.


Richt du dieweil die Malzeit an /

Zu Gesten wil ich sie all han.

QUAESTOR.

Seid willigkom jr frembden Gest /

Mein Herr euch allhie bruffen lest /

Zu der Malzeit / drauff mit mir ghet /

In meines Herren Haus versteht.

RUBEN.

Ah lieber Herr / was deutet das /

Ich fürchte mir vber die mas /

Wir müssen ewig sein verpflicht /

Vnd werden ledig glassen nicht /

Ein torheit ist vns widerfarn /

Da wir am nechsten hie da warn.

Denn do jeder sein Sack auffthet /

Sein Seckel gelts ein jeder het /

Wissen nicht / wie das ist ein ding /

Darumb ichs Gelt herwider bring /

Gott geb was vns der Herr auffleg /

Habens erfaren auff dem weg /

Mit kleiner freud / das weis Gott wol.

QUAESTOR.

Schweig still / dein hertz nicht zagen sol /

Ewer Gelt ich empfangen hab /

Der Schatz kümpt euch von oben herab /

Seid frölich / jetzt wird gut all ding.


Hie füret er Simeon zu jnen.


Allhie ich ewren Bruder bring /[80]

Geht all herein in Gottes nam /

Vnd richtet was jr habt zusam.

RUBEN.

Wir bringen etlich wenig gab /

Mit vns aus Canaan herab /

Gott wöll / das sie dem Herren mein /

Von vns armen annemlich sein.


Quelle:
Thomas Brunner: Jacob und seine zwölf Söhne. Halle a.d.S. 1928, S. 78-81.
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