Scena prima.

[92] Colloquium Ioseph cum Pharaone, & fratrum à se demißio.


LANDUOGT bey sich selbs.

Ey wie ein wünderliche sach /

Lang seumen sie sich in dem Gmach /

Das hett ich mein tag nie gemeint /

Nun gleub ichs erst / weil Ioseph weint /

Das er jr rechter Bruder sey /

Ist aber zu versthen darbey /

Das sie sich haben gros versindt /

An jm / weil er noch war ein Kind /

Jr hertzlich bitten das ausweist /

Drumb er denn billig wird gepreist /

Das er zu jn kein hass thut tragn /

Wil warlich Pharaoni sagn /

Der diesen Man acht hoch vnd werd /

Soviel ich itzund hab gehört.


Zu Pharao.


Hör Pharao mechtiger Herr /

Des Iosephs Brüder sein von ferr

Komen hieher aus Canaan /

Hat sich jn selbs gezeiget an /

Hertzlich geweint / vor grosser freud /[92]

Denn sein Vater lebt noch der zeit /

Ein alter Man / eins grossen gschlecht /

Wiewol Ioseph kam wie ein Knecht /

Vnd lang must im Gefengnus sein /

Bis er kam recht zu gnaden dein.

PHARAO.

Der post ich mich von hertzen frey /


Zu dem andern Laggey.


Ghe hin / vnd sag Ioseph darbey /

Das er kom eilent für mich her /

Zu reden ich mit jm beger.

DER ANDER LAGGEY zu Ioseph.

Gnad Herr / der König Pharao /

Ist vber alle massen fro /

Hat schon der wunderlichen gschicht /

Guten verstand vnd vnterricht /

Solt komen für sein Maiestat /

Gros lust er jtzt zu reden hat.

IOSEPH zu seinen Dienern.

Bleibt hie / vnd tröst von meinent wegn /

Mein liebe Brüder hie entgegn /

Bringet jn auch her Brot vnd Wein /

Ich wil zu Pharao hinein.

PHARAO rüfft Ioseph entgegen.

Ioseph ich frew mich deines heils /

Hab ghört mit lust / doch nur eins theils /

Wie deine Brüder jetzt sein hie /

Warumb thetest mirs sagen nie /

Het ich erkend langst deinen stam /

Solst haben noch ein grössern nam.[93]

IOSEPH.

Gros gnug hastu mich König gmacht /

Beger mir keinen grössern pracht /

Meins Vatern lebn erfrewt mich sehr.

PHARAO.

Den soltu lassen bringen her /

Mit seinem gantzen Hausgesind /

In meinem Landt er herberg find /

Vnd schicks also / wie ich thu sagn /

Gib deinen Brüdern Ross vnd Wagn /

Auch Gelt darzu / hin auff die Strass /

Weil ich leb / diese nicht verlass.

IOSEPH.

Gott lohne deiner Maiestat /

Für solche mir erzeigte gnad /

Wie mein Herr schafft wil ich jetzt thain /

Sie sein daheim bey mir allein.


Bey sich selbs.


O Gott / du heist wol Wunderbar /

Dein mechtigkeit ich hoch erfar /

Die doch vns vnerforschlich ist /

Verleih auch gnad zu dieser frist /

Das mein Vater her zu mir kum /

Vnd gstillet werd sein schmertz vnd grum.


Zu seinen Brüdern.


Fur freud ist mir gantz worden heis /

Jr Brüder mein müst auff die Rheis /

Kein rhu hab ich / ich sehe dan /

Iacob den fromen alten Man /

Darumb ziecht hin mit Ross vnd Wagn /

Thut also meinem Vater sagn /

Vater wir bringen gute Mehr

Ioseph dein Son schickt vns hie her /

Ist mechtig / in Egypten Land /

Wil vns erneeren alle sand /[94]

Gosen das land wil er dir gebn /

Da du in fried vnd rhu solt lebn.

Hie habt jr Gelt / nempt alle hin /

Beniamin / dir mehr schüldig bin /

Mein lieb ist gegen dir nicht gring /

Nim hin dreyhundert Silberling /

Auch sol man dir geben fünff kleid /

Ewer jedem ist seins bereit /

Kemmerlin für sie mit dir hin /

Stell jn die zu nach meinem sin.

Hauspfleger bleit sie weiter fort /

Kanst suchen an dem rechten ort /

Ross vnd auch Wagen / saum dich nicht /

Mein hertz nach meinem Vattern ficht.

CUBICULARIUS.

Furderlich wil ich richten das /

Erfrew michs vber alle mass.

OECONOMUS.

Wagen vnd Ross ist bald bereid /

Weil man gibt jedem seine kleid /

Wil ich die fuer zurichten wol /

Das man kein mangel spüren sol.

RUBEN.

Dein wolthat vnd sehr gros geschanck /

Weit vbertriffet allen danck /

Der ewig Gott belohn es dir /

Trewlich wöllen den bitten wir.

IOSEPH.

Gott sey mit euch / mit seinem segn /

Gros freud hab ich vmb ewret wegn.


Alda neigen sie sich / vnd ziehen dauon.


Quelle:
Thomas Brunner: Jacob und seine zwölf Söhne. Halle a.d.S. 1928, S. 92-95.
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