Sechstes Buch.

[253] Gleich umb dieselbe Zeit / da Herkules mit seiner frölichen Geselschaft seine Schiffart von Korinth nach Italien fortsetzete / kahmen die beyden jungen Fürsten / Baldrich aus Teutschland / und Siegward aus Schweden in den Italiänischẽ Grenzen an / woselbst sie mit ihren zwölff Ritterlichen Dienern sich auf Römisch kleideten und ausrüsteten / des Vorsatzes /ihrem Bruder und Oheim / Herkules und Ladisla in die abgelegenen Morgenlänger zufolgen / weil sie in Erfahrung brachten / daß sie daselbst sich annoch auffhieten / und den Krieg wider den Parthischen Käyser hefftig fortsetzeten / dem sie / wie das verlogene Geschrey ging / seine Reiche entwenden / und unter ihre Gewalt bringen wolten; ja es durfften etliche aussträuen / sie hätten anfangs mit dem Römischen Reich eben dasselbige vorgehabt / und währen bloß durch Ladislaen Heyraht davon abwendig gemacht. Es überlegeten aber hochgedachte beyde junge Fürsten / ob sie des nähesten bey Aquileja zu Schiffe treten / oder zuvor unter unbekanten Nahmen die Stad Padua besehen / und daselbst Herkules Zustandes sich eigentlicher erkündigen wolten / welches ihnen endlich am besten dauchte / und daher sich auffmacheten / des Orts bald anzulangen. Hieselbst wahren Fr. Sophia und ihre Eltern über die masse sehr betrübt /weil ihnen sint Leches Abscheid / und also nunmehr inwendig Jahresfrist keine Zeitung zukommen wahr; wiewol der Stathalter seinen Leuten allemahl den Trost vorhielt / es währe nicht möglich / daß / wann es den ihren unglüklich ginge / ein solches lange stille und verschwiegen bleiben könte; das Geschrey / wie wenig er demselben gleich trauete / brächte dannoch lauter gute Zeitung ein / und währe vor weniger Zeit ein Egyptischer Kauffmann zu Rom gewesen / welcher daselbst beständig ausgesagt / was gestalt der Persen Fürst durch Hülffe und Beystand der Teutschen Fürsten / denn grossen König der Parther / und dessen fast unzählige Macht aus dem Felde geschlagen / und biß in seine HauptStad Charas getrieben hätte / womit des Stathalters zu Damaskus Schreiben an Käyserl. Hocheit allerdinge übereinstimmeten; währe demnach nicht zuzweifeln / sie würden ehistes fröliche Zeitung und Briefe von ihnẽ zugewarten haben. Fr. Sophia vertrieb ihre Zeit viel mit Lustfahren / und besuchete die ihrem Ladisla und Herkules geschenketen Landgüter zun oftern / da Fr. Ursula und Frl. Sibylla ihre untrenliche Gefärtinnen wahren. Drey Tage vor Herkules Ankunft zu Padua / wolte sie ihren neu-angelegeten Garten auf ihrem Landgute besichtigen / welchen sie mit allerhand fremden Gewächsen und schönen Blumen besetzen ließ / weil es numehr gegen den Frühling ging / und es der 19 Tag des Hornungs wahr / da sie obgemeldete ihre beyde Wasen / ihre Leibdienerin Beaten / und einen ädelknaben mit sich nam / und des morgens früh mit dem Tage davon fuhr / weil es sich zu einem schönen Wetter ansehen ließ / welches sie doch betrog massen der Wind aus dem Westen einen hefftigen Plazregen zusa en trieb / daß sie die Gutsche umher zumachen / und vor dem Regen sich verbergen musten. Ihr Gutscher hatte auf diese Gelegenheit schon etliche Wochen gehoffet / gebrauchte sich demnach[254] der jetzigen /und führete sie von der Landstrassen auf einen ungebahneten Weg / hörete auch zwo ganzer Stunden nicht auf zurennen / biß sich der Regen gelegt hatte / da endlich das Fräulein sagete: Wie kömt es doch / daß mir der Weg ungleich länger vorkomt / als vor nie /und gleichwol die Pferde immerzu in Flüchten gangen sind? gewißlich hat der Gutscher des Weges verfehlet. Fr. Sophien mißdauchte es gleich so wol / öfnete den Wagen / und als sie sich umsahe / merkete sie alsbald / daß sie auf dem rechten Wege nicht wahren / deswegen schalt sie den Gutscher aus / wie er darzu kähme /und ohn ihr Geheiß einen andern Weg vor sich nehmen dürffte. Dieser entschuldigte sich auffs beste / er hätte aus guter Wolmeynung solches getahn / der gemeine Weg währe gar zu kotig in diesem Regenwetter / daher hätte er einen andern gesuchet / welcher zwar etwas umb / aber nun schier geendiget währe. Das Frauenzimmer empfand grosse Angst im Herzen / und rieffen einhellig / er solte wieder umkehren / und nach Padua fahren; aber der Bube taht / als hörete ers nicht / und wie er merkete / daß sie absteigen wolten / jagete er mit verhängeten Zügeln nach einem dicken Gepüsche zu; Worauf Frl. Sibylla sagete: Ach ihr Götter / wir sind gewißlich verrahten / oder wol gar verkaufft; worüber Fr. Ursul sich dergestalt entsetzete /daß ihr eine Ohmacht zustieß; doch weil Fr. Sophia ihr hart zuredete / sie solte sich fest halten / und das Unglük nicht häuffen / fand sie sich bald wieder /gleich da 20 Räuber aus dem nähesten Gepüsche hervor sprungen / die Gutsche umgaben / und ihr Führer das Frauenzimmer also anredete: Ihr schönen Bilderchen seyd uns dieses ungewöhnlichen Orts sehr wilkommen / als deren wir schon unterschiedliche mahl /aber bißher vergeblich erwartet haben; weil dann nun das heutige Glük uns so günstig ist / werdet ihr euch nicht wegern / mit uns zugehen / dann wir sind nicht willens / euch einiges Leid oder Betrübniß anzufügen; nur allein werde ich mich bemühen / durch euren Vorschub und Befoderung meine Gelder wieder zuerlangen / die mir vor zwey Jahren ungefehr entwendet sind / und eurer etliche darumb gute Wissenschafft tragen. Ich habe zu dem mahle Mühe gehabt / mich zuerretten / da die wolerbauete Höhle unvermuhtlich gestürmet ward / aber nunmehr bin ich willens / die Zinsen samt dem Hauptstuel einzuhohlen. Das Frauenzimmer erschrak der Rede heftig / doch erhohlete sich Fr. Sophia mitten in der Angst / fassete ein Herz / und gab ihm diese Antwort: Mein Freund / ich vermerke aus allen euren Reden / daß wir euch nicht unbekant sind / wil euch daher erinnert haben / daß ihr bescheidentlich mit uns umgehet / und euer keiner sich gelüsten lasse / ichtwas wider unsere weibliche Ehre und Zucht vorzunehmen; Hat man euch dann /wie ihr vorgebet / und wol seyn kan / eure Gelder entwendet / so versichert euch / daß sie annoch unverzehret und in guter Gewarsam sind / auch mit leichter Müh wieder können beygebracht werden. So lasset mich nun wissen / wie hoch eure Anfoderung sey /und trauet meinem versprechen / welches ich äidlich leisten wil / daß euch noch heut diesen Tag solche Gelder sollen eingehändiget werden / und kein ander Mensch als wir dessen jemahl ichtwz in Erfahrung bringen / viel weniger einiger / solches an euch zueifern sich unterstehen sol, lasset mich nur mit meiner Geselschaft unbeschimpfet nach Padua wieder umkehrẽ; oder deucht euch ein solches einige Gefahr auf sich zuhaben / welche doch ferne ist / so behaltet unser eine in redlicher Verwahrung / biß die Auszahlung und eure gänzliche sicherheit euch vergnüget ist; ein mehres werdet ihr ja weder fodern noch begehren können. Dieser Vortrag wolte[255] fast der ganzen RäuberGeselschafft gefallen / aber ihr Führer Furius wolte durchaus nit einwilligen / und redete seine Leute also an: Wie nun dann ihr Brüder / ist euch dann der Weiber List und Boßheit so gar unbekant / daß ihr diesen geschmiereten Worten gläuben dürffet? Sie suchet uns nur zuentwischen / das ist ihr vorhaben; ist sie einmahl wieder zu Padua / dann wird sie uns viel ehe so viel Kreuze aufrichten / als die Gelder uns zustellen lassen; bedenket wie heut das Glük über alles verhoffen den Regen hergeschicket hat / ohn welches Mittel unser geträuer Bruder diese Gutsche schwerlich so weit würde gebracht haben; wollen wir nun so töhrich seyn / und den Vogel aus der Hand fliegen lassen / so wird uns das Glük selbst verfolgen / weil wirs nicht haben erkennen wollen. Ist demnach mein fester und unbewäglicher Schluß / sie allesamt mit uns zunehmen / und bey uns in Verwahrung zubehalten / biß uns die Gelder geliefert werden. Die Räuber durfften ihrem Hauptman nicht widersprechen / und gaben durch ihr stilleschweigen an den Tag / daß sie mit ihm einig währen; Furius aber ermahnete das Frauenzimmer / ohn weitere Sperrung einen kurzen Weg mit ihnen zugehen / an ihren Ehren solte ihnen durchaus nichts wiedriges begegnen. Fr. Sophia fragete ihn /auf was weise sie ihnen dann die Gelder liefern könten / wann er sie allesamt mit sich nehmen wolte? Der kleine Bube / antwortete er / sol uns dieses zu Padua schon verrichten. Befahl ihnen darauf / abzusteigẽ /oder da sie dessen sich wegern / und ein Geruffe anrichten würden / wolte man sie bey Hals und Beinen fortschleppen / und sich ihrer nach allem willen gebrauchen; ja sie solten ohn Hoffnung der Erlösung als Beyschläfferinnen stets bey ihnen seyn und behalten werden. Hiedurch wurden sie bewogen / gute Worte zugeben / und sagte Fr. Sophia: ja sie wolten folgen /wann man zuvor ihren Ehren sicherheit zugesaget hätte; welches dann die Räuber / insonderheit der Gutscher / mit heftigen Schwüren verrichtete / und sie bey einer Stunde durch Püsche und Hecken mit sich führeten / biß sie bey einem Felsen anlangeten / in welchem eine zimliche Höhle wahr / so daß in die 60 Mann sich darinnen hätten aufhalten mögen. Es wahr zwar renlich / aber wüste in diesem Mörderloche; ümher wahren die Schlafstäten mit schlechtem Gitterwerk von dem Mittelplatze abgesondert / und zu den Speisen hatten sie eine NebenHöhle. Nun empfand Furius eine heftige Begierde in seinem Herzen gegen Frl. Sibyllen / und nam ihm gänzlich vor / seinen unkeuschen Willen an ihr zubüssen; stellete sich deswegen insonderheit gegen sie freundlich / dessen sie wegen grosser Betrübniß nicht wahr nahm / wiewol Fr. Sophia es bald merkete / und auf alle Mittel bedacht wahr / dieses Unheil abzuwenden. So bald sie in die Höhle ankahmen / begehrete das Frauenzimmer / man solte ihnen einen absonderlichen Ort eingeben; welches ihnen nicht gewegert ward / da dann Fr. Sophia ihre Wase Frl. Sibyllen geträulich warnete / sich wol vorzusehen / weil Furius sie bulerisch anblickete / und zubefürchten währe / er dürffte sich eines mehren unterwinden; wurdẽ demnach eins / ihre Brodmesser fertig zuhalten / und sich damit aufs äusserste zuschützen. Der mutwillige Räuber kunte die ungestüme Glut nicht lange dämpfen / durfte doch wegẽ seiner Gesellen keine Gewalt anlegen / sondern machete sich mit angenommener. Gleisnerey und Sanftmuht zu ihnen hin / und ließ ihnen etliche Speisen und einen Trunk Wein aufftragen / so gut ers hatte / setzete sich zu ihnen nider / und nöhtigte sie zum essen / dessen sie sich nicht sonderlich wegern wolten / damit sie nicht durch Hunger zur Mattigkeit gebracht / und zu[256] ihrer selbst eigenen Beschützung unvermögen würden; nur wendeten sie ein / dz sie gar ohn Messer währen. Furius schnitte ihnen vor / und suchete alle seine Höfligkeit hervor / sich beliebet zu machen /und ihnen die Furcht und das Mißtrauen zubenehmen. Nach gehaltener kurzen Mahlzeit setzete er sich zu dem Fräulein / und hielt an / ihm ihre gute Gunst mitzuteilen / gab ihr seine heftige Liebe zuverstehen / uñ wie hoch er geneiget wäre / ihr zudienen; Zwar die Geselschafft hätte auf ihr Häupt auch 250000 Kronen geschlagen / dieselben aber wolte er ihr als eigen wieder zustellen / da sie ihrer treflichen Schönheit genieß ihm nur geringe Zeit gönnen würde. Er wolte sie hierauf küssen / und umfahend zu sich drücken; aber Frau Sophia stellete sich zwischen sie / und sagete: Nicht also ihr verwägener / dieses euer beginnen ist trauen dem äidlichen Versprechen nicht gemäß / und möget wol wissen / daß wir lieber alle mit einander sterben /als in euer Vornehmen gehehlen wollen. Das Fräulein fassete auch ein Herz / und gab ihm dürre zuverstehen; Er solte sich der Gedanken nur entschlagen / daß er meynete / sie lebendig zu seinem unzüchtigen Willen zuhaben / dann sie währe eine versprochene Braut / und gesinnet / lieber den Tod als Ehrenverlust anzugehen; die Gelder / so auf ihr Haupt gesetzet währen /würden schon entrichtet werden / und begehrete dieselben von ihm nicht wieder; welches sie dann mit so harter Stimme redete / daß die anderen es wol höreten / und deswegen näher hinzu traten / umb zuvernehmen / was vorginge. Frau Sophia sahe an ihren Geberden / daß sie nicht willens wahren / Gewalt zuüben / und redete sie also an: Günstige gute Freunde / erinnert euch / bitte ich / der teuren Verheissung / welche ihr uns ingesamt getahn habet / und gebet nicht zu /daß einige unter uns an ihren Ehren beleidiget werde; die Gelder / so ihr fodert / wie viel dessen gleich ist /und augf acht Tonnen Goldes sich erstrecket / sollen euch ohnfehlbar / wie ich weiß / geliefert werden /und wil ich euch über das versprechen / daß euer keinem das geringste Leid unser Entführung halben wiederfahren sol / ob man gleich schier heut oder morgen eurer könte bemächtiget seyn; nur allein beredet diesen euren Häuptman / daß er seine unzimliche Begierden mässige / und uns unangefochten lasse / damit wir nit verursachet werden / uns des Lebens selbst zuberauben / welches euch zu keinem guten erspriessen würde; dann ihr könnet leicht gedenken / daß wañ wir nicht solten wieder bey den unsern anlangen / man durch alle Hecken und Schlupfflöcher uns zum fleissigsten nachspüren werde; Was vor abscheuhliche Straffen aber ihr alsdañ müstet zugewarten haben / ist leicht zuvermuhten. Bald trat Genutius ihr Gutscher hervor / und sagte: Ihr Herren und gute Freunde; es ist euch ingesamt / und einem jeden insonderheit wol bewust / daß / wie ich über mich nam / diese Geselschafft eine zeitlang zumeidẽ / und mich vor einen Gutscher bestellen zulassen / ob mir möglich seyn würde / eine oder andere dieses Hochädlen Frauenzimmers in eure Gewalt zuliefern / ihr mir hinwiederumb die aufrichtige Verheissung getahn / daß auf solchen Glückesfal ihnen weder am Leben noch an der Ehre ichtwas solte gekränket werden / wann ihr nur die begehreten Gelder erhaltẽ würdet; und beteure ich bey meinem äide / daß / wo ich das geringste an diesem euren versprechen gezweifelt hätte / wolte ich lieber mein Leben selbst aufgeopffert / als dieses keusche hochädle Frauenzimmer in eure Hände übergeben haben; ist demnach billich / dz wir unserm Häuptman einreden / dessen eingedenke zuseyn / und von seinem Vorhaben abzutreten; dann was meine gnädigste Frau euch anjetzo vorgehalten / wird in der Warheit nicht aussen bleiben /[257] da ich dann wünschen möchte / eure Geselschaft / die mir sonst so angenehm ist / nimmermehr gesehen zuhaben. Hierauff gingen sie mit einander hinzu / und bahten Furius mit bewäglichen Worten / er möchte durch blinde und Vernunfftlose Begierden sich nicht verleiten lassen / ein solches zuwagen / was ihm und der ganzen Geselschaft das unvermeidliche Verderben über den Hals zihen würde. Furius entsetzete sich der unvermuhtlichen Einrede / kehrete sich mit freundlichen Worten zu dem Frauenzimmer / einwendend / sie beschwereten sich unbillich und ohn ursach über ihn / weil er ja nichts ungebührlichs angefangen / sondern bey dem Fräulein nur durch untertähnige Bezeigung umb eine geringe Gunst angehaltẽ / und nähme ihn wunder /daß sie sich dergestalt hochmühtig erzeigen und ihn anklagen dürften / so daß sie nicht eins bedächten /daß sie gefangene Leute / und in seiner Gewalt währen. was er ihnen versprochen hätte / und wie weit ihn solches verbunde / wüste er gar wol / solte auch von ihm nicht gebrochen werden / aber sie dagegen solten auch wissen / daß ihnen ein solcher Hochmuht nicht zustünde / und sie gar über ihn herschen wolten. Hernach trat er mit seiner Geselschafft zusammen / und beklagete sich anfangs / daß Genutius wider äid uñ gebühr sich ihm widersetzet / und seinem Ansehen unleidlichen Eintrag getahn hätte / indem er die Geselschafft auf eines gefangenen Weibes falsche Anklage wider ihn auffmahnen dürffen / worüber dann billich Urtel und Recht ergehen müste; Daß nun die eine dräuete / sich selbst zuentleiben / währe gar liederlich / und würde sie ehe alles erdulden / als zu dieser verzweiffelten Taht greiffen; jedoch dieses alles vor dißmahl beyseit gesetzet / so ginge die Verheissung nur bloß auf die beyden verheyrahteten Frauen / das Fräulein und die adeliche LeibJungfer währen nicht mit eingeschlossen / so daß / wann einer oder ander zu dieser etwa Anmuht hätte / könte er seinem Willen wol ein genügen tuhn. Aber auch dieses ungeachtet /so suchte er durchaus nicht / der Fräulein unzüchtig zumißbrauchen / sondern er hätte sich in dieselbe höchst verliebet / und währe des gänzlichen vorhabens / sie zuehlichen / daher er einiger Ungebühr nicht könte beschuldiget werden / weil ja in ehelicher Liebe keine Schande steckete; hoffete demnach / seine ehrliche Gesellen und Brüder würden ihm hierin nicht zuwider seyn / sondern vielmehr befodern / daß er seine inbrünstige Liebe zum gewünschten Ende ausführen möchte; dagegen wolte er ihnen 100000 Kronen von seinem Anteil (er bekam aber den dritten Teil aller Beute) zuwenden / und vor sein Häupt aus dieser Höhle mit seiner Liebsten nicht weichen / biß sie alle mit ihren Geldern sich in sicherheit gebracht hättẽ. Genutius hielt bitlich an umb Erlaubniß / vor sich zureden / aber Fannius ihr Unterhauptman fing an: Es müste durchaus die Uneinigkeit zwischen ihm und ihrem Hauptmann beygeleget und in der Asche gedämpfet werden / weil daraus nichts anders als ihr aller verderben entstehen würde; baht darauf den Hauptman / daß er Genutius die geführte Rede günstig verzeihen möchte / weil er solche vorzutragen /gleichwol ein und andere Scheingründe gehabt hätte; Hingegen solte jener von aller weiteren Einrede abstehen / und der ganzen Geselschafft Ausspruch billichen; welches sie beyderseits eingingen. Hernach ward Furius Vortrag in bedacht gezogen / welchen sie vor billig hielten / und die versprochenen Gelder mit grosser Danksagung annahmen / als ob sie schon gezählet währen; doch eriñerten sie ihn / daß er aufs glimpflichste verfahren / und alle Mittel versuchen möchte / der Fräulein Willen zuerlangen; wañ aber keine Freundligkeit zulangen wolte / würde er schon wissen /[258] sie ihm verbindlich zumachen. Bald setzete Furius zehn Schildwachten aus; hieß auch die übrigen einen Abtrit nehmen / und verfügete sich wieder nach dem Frauenzimmer / des gänzlichen Vorhabens / entweder durch Zulassung oder Gewalt seinen boßhaften Willen zuvergnügen. Diese hatten ihres Gutschers vorbringen angehöret / und verwunderten sich der unerhöreten Verrähterey / entschuldigten ihn gleichwol in etwas / und hielten ihn noch vor den redlichsten unter allen; Als sie nun alle andere sahen einen Abtrit nehmen / und den Hauptman allein bleiben / sagete Fr. Sophia zu ihren Gespielen; Dieser Schelm wird nit unterlassen / Gewalt zugebrauchen / ihr aber mein Schwesterchen haltet euch so fest ihr immer könnet /solte er euch dann überwältigen wollen / hoffe ich ihn durch die Hülffe meines einigen wahren Gottes dergestalt anzugreiffen / daß er keinem ehrlichen Weibesbilde mehr sol Schande anmuhten. Dieser nun stellete sich mit angenommener Freundligkeit bey ihnen ein / und verwieß es Fr. Sophien als im scherze / dz sie sich dergestalt über ihn beschwerete; entschuldigte sie bald darauff / weil sie seines Standes und Wesens keine Kundschaft hätte / könte er ihr solches nicht allerdinge verargen; tähte ihnen demnach ingesamt zuwissen / daß er hohes Römischen Adels / und wegen Verfolgung seiner unbefugten mächtigen Feinde aus Rom gewichen währe / hätte sich in Pannonien nidergelassen / und daselbst eine gewaltige freye Herschafft an sich gebracht; so mangelte es ihm weder an Baarschafften noch anderem Reichtuhm / daß er als ein Fürst zuleben Mittel gnug hätte; allein es fehlete ihm ein wirdiges Gemahl / die er biß daher nicht antreffen können / als heut diesen morgen / da er am wenigsten darangedacht / hätte ihn das hochgeneigete Glük dieses überaus schöne / und seinem Stande gemässe Fräulein / ja seine hochgeliebte Frl. Landmännin zugeführet / deren er sich ganz zueigen ergeben /und in ehelicher Liebe uñ Träue mit ihr zuleben / auch sie zur gebietenden Frauen über sich selbst zumachen / sein endlicher Vorsaz währe; könte demnach ihn niemand anklagen / als suchete er ihre Ehre und Zucht zuschwächen / weil seine Liebe auff eheliche Träue gegründet währe / die er hiemit äidlich wolte versprochen haben / nicht zweifelnd / sie würde sich in die Zeit schicken / und solches erbieten annehmen / dann ob sie gleich vorschützete / daß sie mit einem andern schon verlobet währe / könte ihn solches nicht hindern / dann wer die Braut hätte / ginge billich mit ihr zu Bette. Das liebe Fräulein war nicht anders als eine TodtenLeiche / daß sie auch in starrende Ohmacht niderfiel / und weder Hand noch Fuß regete / welches Fr. Ursul ersehend / zu ihr nahete / und sie bester massen erquickete / biß sie endlich zu sich selber kam / und zu Fr. Ursulen sagete: Liebe Fr. Schwester /warumb verbeut sie mir zusterben / da ich ehrlich zuleben nicht mehr bemächtiget bin? Unterdessen hatte Fr. Sophia ihre Unterredung mit dem wütigen Furius /und vermahnete ihn durch allerhand bewägliche Ursachen / sich eines bessern zubedenken / sintemal er ja weder leichtfertige Metzẽ noch gemeiner Leute Töchter / sond'n hochgeborne Römische Frauen uñ Fräulein vor sich hätte / welche lieber den Tod als Schande wählen würden; sein eheliches vorgeben währe umsonst / dann hierzu würden beyderseits Gemühter erfodert; währe er aber ein so grosser Herr / als er vorgäbe / und dergestalt begütert / müste er umb ihre Wase nit in der RäuberHöhle / sondern bey ihren Eltern werben / und vor allen dingen sie zuvor frey lassen / damit es nicht ein Zwang währe; hätte es dann GOtt also versehen / würde solche Heyraht wol vor sich gehen. Aber der wütige Mensch lachete des vorbringens / und gab[259] zur Antwort: Sie möchte ihn doch nicht gar vor einen Narren halten; auff solche art finge man die jungen Füchse; wolte sie demnach warnen /mit dergleichen Reden und kindischen Anmuhtungen sein zuverschonen. Er währe freylich ein vornehmer Herr / und ein KriegsObrister von der Zahl der ehemaligen tapfferen Verbündniß aus der verstöreten Höhle / auch bey dem Gefechte mit gewesen / uñ durch sonderlichen Schuz der Götter dem Tode entrunnen / wovon dismahl zureden unnöhtig / weil er mit ehr- und ehelichen Liebesgedanken umginge / und seinen Willen alsbald mit dem Fräulein zuvergnügen bedacht währe; wolten nun die übrigen ihre gebührliche Schamhafftigkeit sehen lassen / solten sie einen Abtrit nehmen / daß er mit seiner Braut allein währe; wo nit / währe diß ihre straffe / daß sie alle mit einander solten geschändet werdẽ; machte sich hiemit zu dem Fräulein / welche auf der Erden saß / und ließ sich dergestalt unzüchtig in Worten und Geberden vernehmen / daß Fr. Sophia augenscheinlich sahe /ihre Wase würde ihre Ehre länger vor ihm nicht erhalten können / stellete sich gleichwol nochmahls zwischen sie / und fing an: Herr Furius / ich erinnere euch nochmahls eures geschwornen äides / dz ihr dieser Fräulein Ehre ungekränket lasset / dann ihr werdet im widrigen befinden / daß wir alle lieber sterben / als in diese Schande gehehlen wollen. Er aber stieß sie mit ungestüm zur seiten hinweg / daß sie auf die Erde zuliegen kam / und nahete mit solchem rasen zu dem Fräulein / als einer der allen Wiz und Scham ausgezogen hat. Aber Fr. Sophia wahr bald wieder auff den Beinen / erwog sich ihres Lebens fiel über Furius her / und stach ihm ihr Messerlein in die Kehle / dz an stat der Rede er alsbald anfing das Blut auszugurgeln; Ihre Leibdienerin Beata wolte sie nicht verlassen /gab ihm sechs Stiche in den Leib / daß er alsbald niderfiel / mit Händen und Füssen zappelte / und bald darauff seinen unflätigen Geist auffgab. Fr. Sophia befand durch Gottes Gnade eine sonderliche Kekheit in ihrem Herzen / lief geschwinde hin nach dem andern Ende der Höhle / da etliche Schwerter lagen /nam deren viere zu sich / ging zu ihrer Geselschafft /uñ teilete ihnen das Gewehr mit diesen Worten aus: Habt nun gute Hoffnung ihr meine Schwestern / der gröste Feind ist erleget / welcher so wenig des Löse-geldes als der eingebildeten Heyraht sich erfreuen wird; nehmet nur ein frisches Angesicht an euch / haltet die Schwerter auffrecht in den Händen / und lasset mich allein reden / wann die Räuber sich wieder einstellen werden. Deren kamen nun mit Fannius sechse wieder / nach Verlauff einer halben Stunde / und zweifelten nicht / ihr Hauptman würde mit seinem erwähleten Gemahl gute Rachtung getroffen haben; als sie aber das Frauenzimmer mit den blossen Schwertern sahen / entsetzeten sie sich / und frageten / was solches vor eine Bedeutung hätte. Fr. Sophia antwortete ihnen mit diesen sitsamen Worten: Ihr gute Herren und Freunde; diese Schwerter haben wir nicht ergriffen / einigen Menschen zubeleidigen / wozu wir ohndas viel zu schwach sind / sondern da uns weiter an unsern Ehren solte zugesetzet werdẽ / wollen wir den Ansprengern die Spitze bieten / oder uns selbst den Lebensfadem abschneiden / weil wir ungezweifelt sterben / oder unsere Ehre behalten wollen. Ihr wisset / was vor teure Verheissungen ihr mir und meinen Gespielen geleistet / welches aber von eurem Häuptman nicht gehalten worden / sondern er hat sich unterstanden / meine Wase in meiner Gegenwart zuschänden /davor hat er von meiner Hand den Lohn empfangen /und lieget zu meinen Füssen gestrecket; dessen ihr euch dann nicht bekümmern[260] sollet / gestaltsam alle seine Gelder unter euch als rechtmässigen Erben können ausgeteilet werden. So haltet ihr nun redlich / was ihr uns versprochen habt / und zweifelt nit an unserm verheissen / daß nehmlich nicht allein die begehreten Lösegelder sollen ausgezählet werden / sondern auch keinem unter euch wegen dieses vornehmens leid geschehen sol. Die Räuber erschraken hierüber / daß sie anfangs kein Wort sprechen kunten / schleppeten den Leichnam bey den Füssen hervor / und als sie kein Lebenszeichen mehr an ihm sahen / seuffzeten sie darüber / lieffen zur Höhle hinaus / und meldeten den übrigen diesen unfall an / auch wie das Frauenzimmer alles auffs äusserst gesezt hätte. Genutius hörete solches nit ungerne / dann er zweifelte nicht / es würde ihm Furius meuchlischer weise das Leben genommen haben; Weil er dann unter allen der verständigste wahr / hub er also an: Ihr meine Herren und Freunde; da sehet ihr / was gestalt die Götter über ihre Ehr und furcht halten / und keinen Meinäid ungestrafft lassen. Unser gewesener Hauptman wahr von solcher Stärke und Waffen-erfahrenheit / daß nicht leicht jemand ihm darinnen etwas bevor tuhn wird / uñ nun hat ein schwaches Weibesbild ihn müssen abschlachten als ein verbannetes Opffer zu der Götter Versöhnung. Lasset uns solches dienen zur Warnung / dz wir keine Götter verspotten / damit wir nicht auff gleiche / oder noch wol schändlichere weise umkommen. Vorerst wird nöhtig seyn / daß unter uns ein Hauptman gesetzet werde / dem wir allen Gehorsam angeloben / welcher nachgehends das Frauenzimmer begütigen wird; Und weil ich nicht zweifele / es werde Herr Fannius uns allen zum Hauptmann gefallen / werden wir demselben unsere Schuldigkeit abzulegen keine Bedenkzeit vonnöhten haben. Sie liessen ihnen ingesamt diesen Vorschlag gefallen / leisteten ihrem neuen Hauptman den äid / und wurden eins / daß dem Frauenzimmer auffs freundlichste solte zugesprochen / und alle Versicherung ihrer Ehren getahn werden; gingen auch unbewaffnet in die Höhle / und fing Fannius also an: Versichert euch / ihr schönen Frauen und Jungfern /dz unser gewesener Häuptman diese Untaht wider unser wissen und willen verübet hat / und wir daher nicht gesinnet sind / seinen Tod zuunbillichen / vielweniger zurächen / sondern wann uns die versprochene Gelder zugestellet werden / wollen wir euch samt und sonders auff freyen Fuß stellen / auch euch keinerley weise an euren Ehren kränken / welches wir hiemit aufs neue äidlich angeloben. Unser Frauenzimmer ward hiedurch höchlich erquicket / bedanketen sich des versprechens / und bahten / daß ihnen ein reiner Winkel zu ihrem Auffenthalt eingeräumet / und mit aller hand Sachen umleget würde / damit niemand unvermerket könte zu ihnen kommen; alsdann wolten sie gerne beyeinander bleiben / biß ihnen die Gelder vergnüget währen; welches begehren dann von den Räubern alsbald verrichtet ward / und vor allen andern Genutius dabey sehr gefliessen wahr / so daß nur ein Loch offen blieb / durch welches ihnen Speise und Trank kunte gereichet werden.

Anfangs / da dieses Frauenzimmer gefänglich angenommen ward / musten vier Räuber die Gutsche samt dem ädelknaben ins Gesträuche führen / daß sie von niemand ausgespüret würde / woselbst sie auch den ganzẽ Tag verblieben / biß der Abend einbrach / da brachten sie dieselbe des nähesten Weges an das Meer / und lag der Knabe drinnen mit verbundenen Augen; drey Räuber aber sassen bey ihm / welche demselben einẽ blauẽ Dunst vorzumahlen / errichteter weise mit einander überlegeten / wie zeitig sie ihre Geselschafft würden[261] erreichen können / die mit ihren schnellen Rolwagen schon nach dem Meer sich fortgemachet / und das Frauenzimmer übergeführet hätten; wodurch sie den Knaben so irre macheten / daß er nichts als Ungewißheit nach Padua zubringen wuste. Endlich / als sie kurz vor Tage bey des Meeres Ufer anlangeten / unterrichteten sie den Knabẽ / wie mit Einlieferung der Gelder sie es wolten gehalten habẽ /unter der bedrauung / dafern man ihnen zu Wasser oder Lande nachfragen würde / soltẽ die gefangene Weibsbilder ohn alle gnade geschändet und getödtet werdẽ. Die Pferde kehreten sie im Fahrwege nach Padua hin / traten an des MeeresUfer / uñ machtẽ ein grosses Geräusche im Wasser / als ob sie auf einẽ Schiffe davõ fuhren / uñ kehretẽ des nähestẽ Weges wieder umb nach ihrer Höhle. Fürst Baldrich und Siegward begegneten ihnen mit ihrẽ Dienern / hielten aber keine Unterredung mit ihnen / sondern ritten ihres weges fort und sahen die Gutsche von ferne stehen / höreten auch bald darauff / daß ein Mensch sich mit jämmerlichem Geschrey vernehmen ließ / daher sie hinzu ritten / ihm die Bande aufflöseten / und frageten / was ihm wiederliches begegnet währe. Ach meine Herrn / antwortete der Knabe mit weinender Stimme / seid durch Gott gebehten / und lasset mich auffs allerschnelleste nach Padua bringẽ / damit durch meine verseumnis / nicht die vortreflichsten Frauen derselben Stad / umb Ehr und Leben kommen. Fürst Baldrich wolte hievon mehr wissen / und befahl dem Knaben alles in möglicher kürze zuerzählen / welcher andeutete / daß des Bömischen Königes Herrn Ladisla Gemahl samt zwo ihren Wasen von etwa 20 Räubern gestriges Tages von dieser Gutsche geraubet / uñ vielleicht gar über Meer hinweg geführet / er aber hie her gebracht währe / mit dem bedinge / dz er in eben dieser Kleidung heut über zween Tage acht Tonnen Goldes an einem gewissen Ort im offenen freien Felde ohn beyseyn einiges Menschen als zweer Fuhrleute einliefern solte; im wiedrigen würde hochgedachtes Franenzimmer umb Ehr und Leben kommen. Die Fürsten erschraken dieser Zeitung / und frageten / ob dann König Ladisla / der ihnen unbekant / nicht bey seinem Gemahl gewesen währe. Ach nein / antwortete er / es ist dieser König mit seinem Gesellen GroßFürst Herkules aus Teutschland / annoch in den weit abgelegenen Morgenländern / und weiß niemand eigentlich zu sagen / ob sie lebendig oder Tod sind /weil man in geraumer Zeit keine gewisse Zeitung von ihnẽ gehabt hat. Baldrich fragete / an was ende das Frauenzimmer gefangen / wohin sie geführet / und wie er mit der Gutsche hieselbst angelanget währe. Worauff er antwortete: Der Ort ihrer raubung währe ohn zweiffel etliche Meilen von hinnen / hätte von vier Räubern / die ihn hieher gebracht / verstanden / daß sie schon über Meer geführet / welche auch selbst vor ungefehr einer Viertelstunde zu Schiffe gangen währen / wie er aus dem Geräusche im Wasser gemerket. Baldrich fragete weiter / wie diese vier Räuber währen bekleidet gewesen; und als der Knabe anzeigete /daß sie auff Kauffmans Art gingen / auch einer von ihnen einen langen schwarzen Knäbelbart / tieffe Augen / und eine zimliche schmarre über der rechten Wangen hätte; ein ander aber feurrohte Haar und nur ein Auge; sagte Siegward; es sind eben die so uns dort nach der rechten Hand begegneten; drum raht mein Bruder / was tuhn wir / daß wir sie erhaschen. O nein / ihr meine Herrn / sagte der Knabe; dann wo diese auffgehalten würden / daß sie bey ihrer Geselschaft nach genommener abrede nicht wieder ankähmen / hätte meine Gn. Frau samt ihren Gespielen /nichts gewissers als Schande und den[262] Tod zugewarten / und solches noch vor Abends; ist auch denen nichts heilsamers als daß ich bald nach Padua komme / und sie durch das Lösegeld frey gemacht werden. Die Fürsten hielten hierauff kurzen Raht / befahlen ihren zwölff Dienern / sich auffs schnelleste mit diesem Knaben nach Padua zu machen / mit vorgeben / sie währen Teutsche Reuter / und sie beyde ihre Herrn /Teutsche von Adel / von dem GFürsten außgeschikt /nach seines Sohns Fürst Herkules Zustand zu fragen; solten sich doch alsbald aus der Stad weg begeben /und im nähesten Dorffe oder Flecken disseit / herberge nehmen / fünff oder sechs Tagelang die Strassen da umbher bereiten / und zu Padua unter dem Tohr verlassen wo sie sich aufhielten. Sie aber legeten ihre Harnische ab / wapneten sich mit verdecketen Panzern und ihrem Seitengewehr / setzeten sich auff ungesattelte Pferde / und höreten nicht auff zu rennen /biß sie die vier Räuber nahe bey einem Dorffe erblicketen / folgeten ihnen von ferne / kehreten mit ihnen in eine Schenke ein / und stelleten sich gar furchtsam; heischeten auch von dem Wirte Speise und Trank /und genossen dessen so geizig / als hätten sie etliche Tage her hunger gelitten. Die Räuber sahen ihnen fleissig zu / urteileten aus ihren Kleidern und Pferden / daß sie nicht schlechte Leute seyn müsten / und frageten endlich / nach gebehtenem Urlaub / woher sie kähmen / und wohin sie gedächten. Baldrich gab zur Antwort / sie währen Brüder / Herrn Standes / nicht weit von Aquileja / hätten aus Zorn und rachgier einen vornehmen Herrn ihren Vormund erschlagen /und sich aus dem Staube gemacht / das Leben zuretten / sucheten irgend einen Ort zu ihrer Sicherheit /wo sie den auch antreffen möchten / weil man sie ohn zweiffel bald verfolgen würde; weil er sie nun vor redliche Leute ansähe / die mit ihnen mitleiden tragen würden / hätte er ihnen ihr Unglük erzählen wollen /unter der Hoffnung / sie wurden von ihnen nicht verrahten noch in grösser Unglük gestürzet werden. Der vornehmste unter den Räubern sagte hinwieder; ihr jungen Herrn mich dauret eurer sehr / und wann ich wüste / daß euch mit einer Geselschaft könte gedienet seyn / die nicht allein in guter sicherheit sich auffhält /sondern überdas mit leichter mühe ohn sonderliche Gefahr / Reichtuhm und Schätze erwirbet / sollet ihr in dieselbe wol auffgenommen werden; welches ich euch auff eben den Glauben wissen lasse / den ich euch durch verschwiegenheit leisten wil. O daß währe uns ein gewünschtes Glük / sagte Baldrich / und wann ihr uns hierzu werdet befoderlich seyn / sol es von uns dankbarlich erkennet werden / find auch erböhtig / unsere Pferde alsbald zuverkäuffen / und alles Geld neben den Kleinoten / so wir bey uns haben / dieser löblichen Geselschafft einzulieffern /deren wir uns mit Leib und Leben verbinden wollen /nur daß wir bey ihnen sicherheit und auffenthalt haben mögen. Der Räuber nam dieses erbieten an /hieß sie ihre Pferde bald verkäuffen / weil ihr Weg sehr eilig währe / und sie noch diesen Abend bey den ihren anlangen müsten. Also machten sie sich miteinander auff / und gingen eine Zeitlang im gebahneten Wege / da ihnen zween Reuter begegneten / auff welche die beyde Fürsten einen Anschlag macheten /ihnen unversehens in den Zaum fielen / sie vom Pferde warffen / und etliche hundert Kronen baarschaft bey ihnen funden / welche sie zu sich nahmen / den beraubeten Hände und Füsse bunden / und sie ohn weitere beschädigung liegen liessen / entzäumeten doch ihre Pferde und jageten sie in das weite Feld. Die Räuber verwunderten sich ihrer Kühnheit / und daß sie diese Heldentaht ihrem Haupman wolten zu rühmen wissen. Gegen Abend kahmen[263] sie bey der Höhle an / vernahmen anfangs mit schmerzen / daß Furius entleibet wahr / und berichteten nachgehends /dz sie diese beyden ohngefehr angetroffen / welche um Mords willen außgerissen währen / und bey ihnen sicherheit und unterhalt sucheten / brächten auch auff 3000 Kronen baarschaft und Kleinot mit sich / alles der Geselschaft zuzustellen / und sich damit einzukäuffen; zweiffelten nicht / sie würden mit der Zeit guten nutzen schaffen / wie sie ihrer Kühnheit schon eine statliche bewehrung abgelegt hätten. Der neue Hauptman Fannius gab den beyden Fürsten darauff Urlaub / ihr begehren selbst vorzutragen / da Baldrich also anfing: Wol ädle Mannhafte und veste / hochwerte Herrn und Freunde; nachdem mein Bruder Veturius und ich / nahmens Anton / in das Unglük leider gerahten sind / daß wir unsern nahen Anverwanten und Vormund erschlagen / weil er uns unsere Güter nicht einräumen / sondern sie wie vorhin / noch etliche Jahr unter seiner Verwaltung / aus antrieb des schändlichen eigennutzes behalten wollen / hat das gute Glük uns zu diesen unseren Gefärten gebracht / die unsern Unfall mitleidig beklagend / von wegen dieser löblichen tapfferen Geselschaft uns sicherheit und auffenthalt versprochen / und wir hingegen angelobet / mit ihnen samt und sonders Leib und Leben zu wagen; bitten demnach / sie wollen dieses mit ihrem gutheissen bekräfftigen / damit wir von unsern Verfolgern nit mögen ertappet werdẽ. Wir erbieten uns / vor erst mit blossem Unterhalt friedlich zu seyn / und keinen teil an ihren Gütern zu haben / biß wir zuvor ihren Schaz mit einer ansehnlichẽ Beute vermehret und uns so verdienet gemacht / daß sie samt und sonders uns wirdig erklären / ihres Gutes mit zugeniessen. Fannius hieß sie in aller Nahmen wilkommen seyn / und wünschete daß ihre Geselschaft mit dergleichen tapfferen Leuten täglich möchte vermehret werden; die übergebrachten Gelder und sachen nähme er an / doch daß sie davon /wie auch von aller künftigen Beute / ihrer gemachten Ordnung nach / ihren anteil haben solten. Das Frauenzimmer hörete ihr anbringen / sahen sie in so schöner junger Gestalt / und jammerte sie sehr / daß sie in diß schändliche Leben gerahten solten. Ach Gott / sagte Fr. Sophia / ists nicht immer und ewig schade / daß diese junge Männer zu Räubern gedeien müssen / die ohn zweiffel der Welt in vielen sachen könten nüzlich seyn. Wir müssen sehen / sagte Fr. Ursul / daß bei unserm abzuge wir ihnen Hofnung machen der vergebung ihres begangenen frevels / damit sie die löbliche Tugend fortzusetzen angelocket werden. Bey der Abendmahlzeit ward gefraget / wer dem Frauenzimmer die Speise zutragen solte / uñ weil die alten Räuber von geringer Höfligkeit wahren / und sich darzu gebrauchen zu lassen wenig belieben hatten / ward Baldrich darzu befehlichet / welcher sich anfangs entschuldigte / er währe die wenige Jahr seines Mannbahren alters mehr mit Gewehr und Waffen als mit hohem Frauenzimmer umbgangen / aber bloß seinen Gehorsam zuerzeigen / wolte er sich dessen nicht wegern. Er hatte schon vernommen / welcher gestalt wegen vorsorge ihrer Ehren sie die blossen Schwerter bey sich hätten / und mit allerhand gezeug umbschanzet währen; ging zu ihnen mit entblössetem Häupte /stellete sich gar höflich / und in dem er ihnen die Speise reichete / sagte er: Den Tag meiner höchsten glükseligkeit / wil ich den heutigen halten / an welchem der Himmel mir die Gelegenheit verleihet / so treflichen Frauen und Fräulein auffzudienen. Fr. Sophia wolte ihm antworten / aber verdacht zu meiden /ging er alsbald von ihnen hinweg; wodurch sie in grosse furcht gerieten / als ob diese beyde[264] junge Herren ihnen aufs neue zusetzen / oder aufs wenigste ihre schleunige Loßlassung verhindern würden. Siegward muste bald hernach ihnen den Trank reichen / welchen er also überantwortete: Hochgebohrne Frauen und Fräulein / wirdiget / bitte ich / euren ergebenen Knecht der Ehren / dieses unwirdige Trinkgeschir von ihm anzunehmen / als welcher zu ihrem Dienste sich allemahl bereitwilligst finden lassen wird; nam auch /wie zuvor Baldrich / ohn Erwartung einiger Antwort /seinen Abtrit / und verließ sie in grosser Furcht / so daß sie die ganze Nacht über umb einander wacheten / ob einer oder ander sich ihnen nahen würde. Den beyden Fürsten ward vor Mitternacht die Ruhe gegönnet / aber hernach musten sie auf / und die Schildwache bestehen / wahr ihnen doch sonderlich liebe / dz sie nicht getrennet wurden / und beredeten sich / welcher gestalt sie ihren Anschlag vornehmen / und dz Frauenzimmer erlösen wolten. So bald der Tag anbrach / baten umb Urlaub auszugehen / und nach Beute sich umbzusehen / welches ihnen selbdritte gegönnet ward / doch daß sie behutsam fahren / und durch Vermässenheit sich nicht in Gefahr stürzen solten. Es glückete ihnen / daß sie vier Kauffleute antraffen / denen sie ohn des dritten Hülffe die Knäbelspiesse aus den Fäusten rissen / und mit blossem Gewehr sie zwungen / ihre Baarschafften herzugeben / wo sie sonst ihr Leben retten wolten / erhielten solches leicht / und empfingen auff 6000 Kronen Gold und ädelgesteine von ihnen / stiessen bald in der Kaufleute Gegenwart ihren Gesellen mit dem Knebelspiesse durch / und bahten die beraubete / sich drey Tage in der nähe aufzuhalten / uñ nach deren Verlauff bey dem Stathalter zu Padua sich zumelden / woselbst ihnen alles gedoppelt solte bezahlet werden / musten ihnen aber einen äid schwören / vor Endigung solcher Tage keinem Menschen ichtwas von ihnen zu melden / und verehreten ihnen hernach 20 Kronen Zehrgeld. Gingen darauff wieder hinter sich nach der Höhle /und schleppeten den ertödteten mit sich. Bey Einlieferung eines teils der Beute (dann etwas hielten sie zurücke) gaben sie an / was gestalt sie die Kaufleute beraubet hätten / weil aber ihr Geselle Nachplünderung halten / und sich nicht wollen abwehren lassen / hätte ihn ein Kaufman erstochen / ehe sie ihm zu hülffe kommen mögen / weil sie von ferne eine stärkere Geselschafft gemerket / daß sie abzihen müssen / da sie doch den todten Leichnam nicht im Stiche lassen wollen. Fannius empfing den Raub / rühmete ihr wolverhalten / und warnete die Geselschafft / ein Beyspiel an dem erschlagenen zunehmen / und sich nicht zuweit zuwagen. Auf den Mittag lieffen sie beyde abermahl aus / doch ohn andere Geselschafft / umb / wie sie vorgaben / frischer Beute nachzustellen / machten sich aber aufs geschwindeste nach dem Dorffe / woselbst sie ihre Pferde verkaufft hatten / besprachen dieselben mit höherem Gelde zulösen / gaben auch dem Käuffer 12 Kronen auf die Hand / und bestelleten zween Wagen / die auff allen fall stets solten fertig stehen; eileten wieder nach der Höhle / und händigten Fannius das übrige vom heutigen ein / vorgebend / es währen ihnen zween Kaufleute begegnet / denen sie dieses abgenommen / und auf Bedräuung erfahren hätten / daß morgen zu früher Tageszeit / 6 Kleinothändler mit zween Karren sehr grosses Werts vorbey gehen würden; daher ihnen nicht rahtsam gedaucht /diese beyden leben zulassen / sondern nach derẽ Ermordung und Fortschleppung in einen Busch / währen sie umgekehret / damit der Anschlag auf morgen könte gemacht / und glüklich vollendet werden / wann es ihnen also gefiele; der Ort währe so gar bequehm /daß ihnen niemand entgehen solte / wann er nur an dreyen stellen nit[265] weit von einander / besetzet würde /welches mit 14 Mannen sehr wol geschehen könte. Das Maul begunte den Räubern schon nach dieser Beute zuschmecken / lobeten der unsern fließ über alle masse / und verhiessen ihnen einen Anteil von des Frauenzimmers Lösegeldern / dessen sie sich doch eiferig weigerten; nur erinnerte sie Siegward / es würde sich gebühren / daß etliche ihres Mittels dem Frauenzimmer Trost einredeten / damit sie nicht in gar zu grosser Traurigkeit / ihnen selbsten Leid antähten. Diese ungeschlieffene wahren mit dergleichen Höfligkeiten nie umgangen / hielten demnach an / daß die beyde Fürsten solches auf sich nehmen / und bester gestalt verrichten möchten / denen dann nichts angenehmers wahr / wiewol sie sich dessen nicht wolten merken lassen / liessen sich auch dazu nöhtigen /und auf hartes anhalten gingen sie hin / da Siegward das Frauenzimmer also anredete: Wann der Hi el uns Menschen den Gnadenschein allemahl nach Wirdigkeit mitteilete / würde Tugend der Gewalt nimemahls kniebeugen / sondern über alle Widerwertigkeit herschen; aber die Götter handeln zum offtern nach ihrem freyen Willen / indem sie unsere Standhafftigkeit auf die Bewehrung stellen / und dem Unglük gönnen / der Unschuld Eingriff zutuhn / damit der schönen Tugend helle Strahlen auch im finstern leuchten /oder da es ihnen noch an der Volkommenheit mangelt / sie von aller trüben Unsauberkeit entleeret / immerzu besser hervor brechen / und der Welt gezeiget werden. Lasset euch deswegen / Hochgebohrne Frauen und Fräulein / lasset euch nicht befremden / daß sie in diese schändliche Räuberhöhle sich haben müssen führen lassen / woselbst das helle Licht ihrer Tugend schon anfähet die finsteren Winkel der Boßheit zuerleuchten / so gar / daß aller gegenwärtigen Räuber Frevel durch den Glanz ihrer Volkommenheit gebrochen / und wie Schnee zerschmolzen / von aller Gewalttähtigkeit sich enthalten muß. Ich und mein Geselle werden uns äusserst bemühen / ihnen angenehme und behägliche Ehrendienste zuleisten / und nicht ruhen / biß sie dieser Gefängniß entnommen /ihrer ehmahligen Frey- und Sicherheit völlig geniessen; Gelanget demnach an Ihre Durchll. unser untertähniges bitten / sich aller Sorge und Befahrung zuentschlagen / damit die Furcht sie nicht in Ungelegenheit stürze / und ihrer Gesundheit schädlich sey. Das Frauenzimmer hielt schon hoch auf diese junge Räuber /hätten sich aber solcher Höfligkeit bey ihnen nicht versehen / sondern fürchteten sich mehr vor ihnen /als vor den übrigen allen; höreten demnach dieses Erbieten mit lachenden Herzen und Augen an / und antwortete Fr. Sophia also: Ihr tapffere junge Herren; ich weiß nicht / ob wir unser oder euer Unglük mehr beklagen sollen / angesehen den verächtlichen Stand / in welchẽ ihr / ohn zweifel aus höchstdringender Noht gerahten seyd / und lasset es ein Zeichen seyn unser guten ehrliebenden Gewogenheit / daß wir erbötig sind / euren Unfall mit eben so grossen Lösegeldern abzulehnen / als unsere Gefängniß; wir bedanken uns sehr eurer Gutwilligkeit / wodurch wir ungleich mehr erquicket sind / als der Zungen Schall vorzubringen weiß; bitten auch / ihr wollet in diesem rühmlichen Vorsatze beständig verbleiben / und versprechen euch hinwiederumb / daß so bald wir uns in Freyheit befinden werden / ihr einen offenen Zutrit zu meinem Herr Vater haben sollet / welcher nach seinem zimlichen Wolvermögen bey Römischer Käyserl. Hocheit euch völlige Vergebung eures ehmahligen versehens erhaltẽ wird. Großmächtigste Königin / allergnädigste Frau / antwortete Siegward / wie könte meinem lieben Gesellen und mir ein höheres Glük zustossen / als daß Eure Vortreffligkeit[266] nebst dero Durchll. Gespielen gegen uns unwirdige ein so mitleidiges Herz träget /welches allein tausendmahl gnug ist zu unsers unkräfftigen willens gnugsamer vergeltung; unser Unglük möchte vielleicht durch ihre befreyung sich endigen / und ob es gleich nicht erfolgete / würden wir dannoch satsame Vergnügung haben / wann nur ihre Traurigkeit wird beyseit geleget seyn. Nachdem aber uns ein langweiliges Gespräch könte verdacht werden / wollen Eure Durchll. samt und sonders wir dem guten Glük befehlen / und sie daneben versichern /daß mein Geselle und ich / als lange wir leben / seyn und bleiben werden allergeträueste Diener Ihrer Durchleuchtigkeit / und unserer allerbesten Freunde der unvergleichlichen Helden / welche sind und genennet werden Ladisla und Herkules. Hiemit neigeten sie sich tieff / und gingen davon / dem gesamten Frauenzimmer eine herzliche Begierde hinterlassend zuwissen / wer doch immermehr diese beyde seyn möchten / aus deren reden sie schon so viel abnahmen / daß sie Fürsten Standes / auch Ladisla und Herkules wolbekante / und ohn zweifel nahe Anverwanten währen /die sich bloß umb ihrer Rettung willen in diese Räuberzunfft begeben hätten. Ach mein Heyland /sagte Frau Sophia / wie so ein herzlicher Trost ist uns doch in diese Angsthöhle zugeschicket / weil ja unmöglich ist / daß wir bey meines Ladisla und Herkules besten Freunden / uns einiger Unbilligkeit befürchten solten. Das Fräulein insonderheit erfreuete sich dieses Trostes höchlich / und rühmete / daß ihr Herz schon einer hundertpfündigen Last leichter währe als vorhin; da Fr. Sophia ihr zur Antwort gab. Ich habe euch ja heut und gestern ohn unterlaß damit getröstet / mein Gott und mein JEsus dem ich andächtig diene / würde uns unfehlbare Hülffe und Rettung senden; dann dieser almächtiger Helffer verlässet die seinen nicht / deswegen haltet ihr nur mit eurem Gebeht zu den ohmächtigen ertichteten Götzen zurücke /und lasset mich allein solches verrichten / was gilts /mein HErr JEsus wird euch in meiner Geselschafft zugleich mit gnädig seyn / und O wann ihr solches nur erkennen köntet! Nun wahr Frl. Sibylla schon zum offtern von ihr vermahnet / den heydnischen Aberglaubẽ abzulegen / aber biß daher ohn alle Furcht und Verfolg / dann der Vesta Dienst / und der Dianen Gottheit wahr ihr so tief eingebildet / daß sie davon nicht abstehen kunte; in dieser Stunde aber ward sie durch solche Rede dermassen bewäget / daß ihr dauchte / ihr Herz würde durch den genenneten süssen Nahmen JEsus / mit sonderlicher Freude erfüllet / daß sie sich erklärete / sie wolte forthin eine Christin leben / und hiemit ihren vorigen heydnischen Unglauben ablegen und verleugnen; welches Fr. Sophien eine grosse Freude zuhören wahr / vermahnete auch Frau Ursulen ein gleiches zutuhn; welche aber auf ihrer alten Leir verblieb / sie wolte und müste zuvor wissen / ob ihr Liebster Fabius ein solches zugeben könte /alsdann solte die erste Stunde ihr die liebste seyn. Als unser Frauenzimmer sich in dieser Vergnügung befand / wahr zu Padua nichts als Leid und Klage durch des ädelknaben Ankunfft erwecket; dañ der Stathalter furchte sich / es würden die Räuber mehr der Rache /als dem Gelde nachtrachten / weil er vernam / daß einer und ander von den ehmals bestrittenen sich dabey funden; doch wie er hörete / was vor äidliche Zusage sie dem Frauenzimmer zu ihrer Ehren- und Lebensversicherung geleistet hatten / fiel ihm der schwerste Stein vom Herzen. Er überlegete zwar alles gar fleissig / wie die seinen könten gerettet werden /aber aus des Knaben Erzählung befand er / daß gewaltsame Hand ehe schädlich als vorträglich seyn würde / weil ausser zweifel[267] die Räuber ihre heimlichen und verkleideten Kundschaffer und Schildwachten hätten / welche / da sie einigen Anzug gewafneter Leute merken solten / den seinen an Ehr und Leben schändlich seyn dürffte. Dannoch verlangete ihn unter dieser Bekümmerniß zuwissen / wz vor fremde Ritter sich so einsam unterstanden hätten / den Räubern nachzureiten / ließ derẽ Reuter etliche vor sich fodern / und taht fleissige Nachfrage; kunte aber doch ausser dem gegebenen Befehl nichts erfahren / womit er sich vor dißmahl muste begnügen lassen. Die Erlösung der seinen betreffend / hielt er am rahtsamsten / der Räuber Geiz mit den begehrtẽ Geldern zuersättigen /nachgehends aber ihnen äussersten Vermögens nachzutrachten; deswegen die Gelder noch diesen Abend abgezählet / und auf sechs Karren geladen wurden /damit sie früh morgens zeitig gnug auf den bestimten Plaz / zwo Meilen von der Stad / gegen Norden zu /könten geliefert werden. Das gefangene Frauenzimmer lag diese Nacht wol in tausenderley Gedanken /wer doch diese junge Herren seyn möchten; Ihre Gestalt traff mit Ladisla und Herkules in vielen Stücken überein / vielmehr aber ihre Sitten und Geberden; doch weil sie nichts gewisses ersinnen kunten / fielen sie auf andere Sorge / wie diese tapffere Herren es immer und ewig anschlagen wolten / daß sie aus der RäuberHänden errettet würden / biß sie endlich aus grosser Müdigkeit einschlieffen. Die beyde Fürsten nahmen auch die Ruhe biß eine Stunde nach Mitternacht / da wecketen sie ihre Gesellen / es währe Zeit /den Anschlag ins Werk zustellen; wähleten fünfe aus den Räubern / welche sie ihrem vorgeben nach auf den engen Weg verlegen wolten / schwätzeten ihnen auff dem Wege viel schönes dinges vor / und unterrichteten sie / wessen sie sich verhalten / den ankommenden sich nicht zeigen / sondern wann sie durch den engen Weg währen / unvermerket nachfolgen müsten / biß sie den Anfal vernehmen würden / alsdann solten sie mit ansetzen / uñ die Kauffleute erschlagen helffen. Diese gedachten an nichts anders / als wie sie dieser Unterrichtung sich gemäß verhalten wolten /und sagte der eine zu den beyden Fürsten: Geliebte Brüder / ich halte davor / es haben euch die Götter uns zum sonderlichen Glük zugeschicket / daß wir durch eure Anschläge zu schleunigem Reichtuhm gelangen sollen / daher die ganze Geselschafft schuldig ist / euch solches zuvergelten. Ja freylich halte ichs mit davor / sagte Baldrich / daß nicht ohn der Götter sonderbahre Schickung wir eure Geselschaft angetroffen haben / und zwar zu dem Ende / daß deren Gerechtigkeit durch unsere Hand an euch volstrecket werde; Mit welchem Worte sie beyde ihre Schwerter entblösseten / uñ alle fünffe / einen nach dem andern in solcher Eile niderstiessen / daß keiner das Gewehr zuentblössen Zeit hatte / schnitten ihnen hernach / ehe sie gar verschieden / die Köpfe abe / nahmen sie mit sich / und legten sie nicht weit von der Höhle hinter einen grossen Stein. Bey der Geselschafft gaben sie vor / es könte der Ort von fünfen nit zur gnüge besetzet werden / und würde nöhtig seyn / daß noch fünfe mit ihnen gingen / welches Fannius gerne einwilligte /und ihnen Glük wünschete zu ihrem vorhaben. Sie gingẽ in zimlicher Eile fort / uñ begunte der Tag anzubrechen / da sie nit weit mehr von den erschlagenen wahren / deswegen die beyden Fürsten einander winketen / den Angriff vorzunehmen; Der Räuber einer /welcher sich allenthalben fleissig umbsahe / ward gleich dazumahl der enthäupteten Leichnam gewahr /uñ fing an zuruffen / Verrähterey / Verrähterey! aber Baldrich stieß ihm dz Schwerd durchs Herz / daß er ruhig ward / und traff Siegward den andern / daß er ohn Geschrey stürzete.[268] Die übrigen drey wurden ihrer Schwerter mächtig / und traten zusammen / den Fürsten Widerstand zutuhn / wehreten sich auch ihrer Haut dergestalt / daß sie gnug sehen liessen / wie lieb ihnen das Leben währe / so dz auch Siegward darüber am linken Arm eine Fleischwunde bekam / die doch nicht viel auff sich hatte; wehrete aber auch nicht lange / daß die Räuber gleich den vorigen ihre Köpffe hergeben musten. Baldrich verband Siegwarden die Wunde auffs beste / ließ ihn aber / weil er so blutig wahr / nicht mit in die Höhle gehen / sondern stellete ihn nicht weit davon hinter einen dicken Baum / und überlegtẽ kürzlich / wie es ferner anzustellen währe. Die RäuberSchaar wahr anfangs mit Furius 22 Mann stark / davon wahren noch 10 im Leben; In der Höhle wahren ihrer neun beyeinander / uñ der zehnde nicht weit davon in der NebenHöhle / die Speise zubereiten. Baldrich trat freymühtig hinein / und meldete an /es währe nunmehr der Weg solcher massen besezt /daß ihm die Beute nicht entgehen solte; der Hauptmann möchte nur selbsechse in der Höhle bey dem Frauenzimmer bleiben / so wolte er mit den übrigen dreyen sich fortmachen / weil an der Eile alles gelegen währe / und die Karren wol nicht weit mehr seyn dürffen. Drey verwägene Buben / die handfestesten unter allen gingen mit ihm hatten sich mit Panzern wol verwahret / uñ eiletẽ frisch mit ihm fort. Der eine sahe /dz er an den Kleid'n mit Blute etwz besprützet war /welches ihm widrige gedankẽ uñ ein grausen verursachete / fragete auch mit ungestüm / woher ihm diese verdächtige Zeichen kähmen? Er aber antwortete freimühtig / er hätte solches in der Höhle nicht melden wollen / daß seyn Geselle mit einem andern Mitgesellen auff dem Wege in uneinigkeit gerahten währe / und sich miteinander geschmissen / und weil sie beiderseits Wunden davon getragen / er aber sich zwischen ihnen gestellet / und die Sache endlich beygelegt / hätte er diese Blutzeichen davon auffzuweisen. Dieses brachte er vor / weil sie der Höhle noch zu nahe / und dem Baume / hinter welchem Siegward auflaurete / zu ferne wahren. Die Räuber aber blieben in der Furcht / wolten ihm nicht trauen / sondern liessen ihn voraus gehen / und folgeten sie mit entblösseten Schwertern nach / welches er aber nicht achtete /und sie hieß gutes muhts seyn / weil es heut an reicher Beute ihrer keinem fehlen würde; endlich da er sich nahe bey Siegwarden befand / zog er auch von Leder /und sagte: Wiltu nun wissen was vor Blut an meinen Kleidern haftet / so versichere dich / daß deine zehn Gesellen das Lösegeld wegen des gefangenen Frauenzimmers schon empfangen / und euch dreien euer anteil gleich jetzt auch werden sol. Siegward hörete ihn reden / sahe auch / daß er von den dreien grausam überfallen ward / aber er trat geherzt mit ein / und schlug tapffer auff die Räuber / daß einer gar zeitig stürzete / und der ander am rechten Arme hart verwundet ward; den dritten machten sie wehrloß / bunden ihm und dem verwundeten Hände und Füsse / und schleppeten sie hinter einen Dornpusch / die umb nichts bahten / als daß sie möchten erschlagen werden; aber Baldrich gab zur Antwort: Sie solten nur so hohes verlangen nach dem Tode nicht tragen / er würde ihnen schon mehr als zu früh kommen; schnitten dem erlegeten das Häupt ab / und gingen nach der Höhle zu / des vorsatzes / alle übrigen auff einmahl ritterlich zubestehen. Genutius der verrähterische Gutscher begegnete ihnen auff halben Wege / erschrak so heftig / da er das abgeschnittene Häupt / welches seines nahen anverwanten wahr / in Baldrichs Hand sahe / daß er keinen Schrit / weder hinter noch vor sich tuhn kunte; Siegward griff in an / warff[269] ihn zur Erden / band ihm alle viere / und fragete / warumb er aus der Höhle gangen währe, er aber baht anfangs umb einen schleunigen Tod / zeigete hernach an / Fannius hätte selb viere ein heimliches Gespräch gehalten / und ihn heissen zusehen / wie es draussen stünde / auch den sechsten / nahmens Appius auff die Schildwache inwendig der Höhle gestellet / daß gänzlich zubefürchten währe / dem Frauenzimmer dürfte Gewalt angelegt werden; deßwegen sie mit vollem lauffe herzueileten / nahmen zween feste Schilde / die sie des vorigẽ Abends zu rechte gesezt hatten / zu sich / und gingen hinein vol eifers und rachgier / weil sie ein klägliches Geschrey drinnen vernahmen; dann Genutius argwohn wahr nicht falsch / massen Fannius dreien seinen vertrautesten / seine Liebe zu Fr. Sophien angezeiget und mit ihnen abrede geno en hatte / daß jeder eine unversehens / und weil sie im festen Schlaffe lägen /überfallen / und ihrer leicht geniessen wolten / in Hoffnung / sie würden nach begangener taht wol schweigen / und sich selbst nicht in ein böses Geschrey bringen. Weil sie aber wusten / daß Genutius nicht einwilligen / sondern alle verhinderungen hervorsuchen würde / schicketen sie denselben hinweg /und muste der übrige den Eingang verwahren; sie aber gingen in aller stille hinzu / schliechen einer nach dem andern durch das Tührlein / welches sie unvermerket öffneten / namen die Schwerter hinweg /und legten sich ganz unverschämt zu ihnen nider. Das Frauenzimmer lag als im tieffen Schlaffe begraben /weil die Furcht sie biß daher stets munter gehalten hatte; doch ward das Fräulein ihres unkeuschen Buhlers am ersten gewahr und ließ ein hartes Geschrey gehen / wovon die übrigen erwacheten / und ein elendes Geheule anfingen / stiessen mit den Füssen / kratzeten mit den Händen / und tahten alle mögliche Gegenwehr / wodurch doch diese Unfläter nur mehr und mehr in ihren begierden entzündet wurden / und wahr gleich an dem / daß Fr. Sophia hätte Gewalt erleiden müssen / fehlete auch den übrigen wenig / da die beyde Fürsten in die Höhle traten / dem Geschrey eilig zulieffen / und die Gewalttähter anschriehen / sie solten das Frauenzimmer erlassen / oder eines abscheuhlichen Todes sterben. O ihr Herrn / rieff Fr. Sophia rettet unsere Ehre / die wir sonst nicht länger beschützen mögen. Die drey Räuber entsetzeten sich vor der angehöreten Dräuung / und tahten gemach /aber Fannius ließ sich nichts iren / sondern rieff überlaut / dafern ihm jemand einredẽ würde / solte er schändlich erwürget werdẽ. O du frecher Schelm /sagte Baldrich / darfstu auch noch trotzẽ? risse ihn mit gewalt hinweg / uñ sties ihn mit dem Fuß in die Seite / dz er ohmächtig ward; den andern dräuetẽ sie den Tod / dafern sie sich der Geselschaft Straffe nicht unterwerffen würden. Appius der mit dieser Schande nicht zu tuhn hatte / trat mit hinzu / und ermahnete sie / diese anmuhtung einzugehen / welches sie aus furcht des Todes tahten / und wurden mit starken Riemen hart gebunden. Der Speise bereiter hatte den Lermen gehöret / und kam gelauffen / umb zuvernehmen was vorginge / aber Baldrich packete ihn alsbald an / und sagte: Kom her Bruder / du must die Fessel auch an nehmen / biß du deine Unschuld wirst dargetahn haben; Siegward nam ein gleiches mit Appius vor /welcher sich dessen anfangs verwunderte / aber der erste merkete daß die Sache nicht richtig wahr. Fannius kam wieder zu sich selbst und sahe sich nach seinem Schwert umb / aber Baldrich warff ihn gleich wieder zur erden / trat ihn mit Füssen / und band ihn gleich den andern da er zu ihm sagete: Siehe du unverschämter Bube / auff diese Weise gehe ich mit allen denen umb / die durch Raub und Mord[270] gedenken groß zu werden; deßwegen must du nicht wähnen /daß du annoch mein Hauptman / sondern mein Gefangener seist; ging hernach hinaus mit Siegward / hohleten die abgehauene Köpfe alle herein / und sagten: Sehet da ihr diebische Räuber / diese eilffe haben den Lohn ihres verdienstes von unsern Händen schon empfangen / der eure wird auch schon folgen / dafern ihr nur der Zeit erwarten könnet. Ist daß redlich gefochten / antwortete Fannius / solches kan ich noch nicht absehen / doch ein Gefangener muß geduldig seyn / und bitte ich nur umb einen schleunigen Tod. Was sagestu vom redlichen fechten / sagte Baldrich /hastu wol jemahls redliche tahten getahn? dieses hohe Frauenzimmer sol dir die Urtel sprechen / hastu dann redlich gefochten / darfstu dich keiner wiedrigen besorgen. Inzwischen hatten Fr. Sophia und Fr. Ursul sich hervor gemacht / ihren Erlösern zu danken /denen die Fürsten entgegen traten / und ihnen die Hände demühtig küsseten / Fr. Sophia aber also anfing: Ihr hochgepreisete Helden habt in warheit euch umb uns so verdient gemacht / daß alles unser vermögen viel zu wenig seyn wird / das geringste von dem unzähligen zuersetzen; gönnet uns aber / bitte ich sehr / den Anfang mit worten zu machen / so lange kein wirkliches vermögen sich bey uns findet uñ nehmet eine recht herzliche Danksagung von uns an / daß ihr durch eure kräftige Faust unsere Ehre gerettet / und die allernäheste Schande von uns abgekehret habet; und gläubet uns / daß wir nicht ruhen / noch uns vor glükselig halten werden / ehe und bevor wir unser Schuldigkeit mögliche leistung haben sehen lassen /welches in dieser schanden Höhle nicht geschehen kan / da wir zu nichts als woltahten zu empfahen /düchtig sind / deren ich hieselbst noch eine einzige von euch meinen Herrn bitte / daß mir vergönnet seyn mögen / zu fragen / wer doch unsere Erlöser eigentlich seyn / und welcher gestalt sie meines Gemahls Königes Ladisla / und meines Herrn Bruders GroßFürst Herkules kund- und freundschaft haben. Baldrich setzete sich wieder ihre verwilligung vor ihr nider auff ein Knie / küssete ihren Rockes Saum / und gab diese Antwort: Großmächtige Durchleuchtigste Königin / gnädige Fr. Wase: Ich danke dem Himmel und meinem Glücke / daß mir die Ehr zugestanden / euer Durchl. einige Dienste zuerweisen; sehr leid aber ist mirs / daß ich mich draussen so lange geseumet / und durch meine abwesenheit verursachet / daß die verzweifelten Buben wieder äidliches versprechen euer Durchl. und deren wirdigsten Gespielen einige Unbilligkeit haben anmuhten dürffen / und dannoch die gütigen Götter alles schädliche gnädig abgewendet haben. Euer Durchl. meines liebsten Gesellen und meinen Nahmen anzumelden / sind wir so willig als schuldig / ungeachtet dieselben in der Welt so unbekant und geringe sind / daß sie sich schämen vor ihrer vortrefligkeit genennet zu werden; doch / wie gesagt /ich gehorsame / uñ zeige an / daß dieser mein Freund ist und heisset Siegward / meiner Fr. Mutter Bruder Sohn / ein gebohrner Königlicher Fürst und nähester Erbe des Königreichs Schweden; ich aber bin des Teutschen GroßFürsten Herkules leiblicher und einiger Bruder / genennet Baldrich; daß wir also in ansehung der nahen Blutfreundschaft gehalten wahren /euer Durchl. uns zu dienste darzustellen / so bald wir durch sonderliche schickung ihr Unglük in erfahrung gebracht. Fr. Sophia kunte ihm länger nicht zuhören /sondern umfing ihn mit herzfreundlichem Kusse /richtete ihn auff / und sagte: Ach ihr Durchleuchtigste Fürsten / muß ich unwirdige dann allemahl ursache seyn / daß gebohrne Könige und GroßFürsten[271] sich in Lebensgefahr setzen? Nun nun / der gnädige Gott hat sie ohn allen zweifel hieher zu unser errettung geleitet / der uns inkünftig bessere und erfreulichere Kundschaft gönnen wird / und wollen meine in ehren höchstgeliebte Fürsten und Schwägerliche Freunde nicht gedenken / daß ihre hochberühmte Nahmen mir so unbekant seyn solten / massen deren mein Gemahl / und Herr Bruder GroßFürst Herkules zum offtern gedacht haben. Hernach ward Siegward auch sehr freundlich von ihr empfangen / und lieff Baldrich ungeseumet hin / die bestelleten Wagen zuhohlen / nam auch auff dem Wege einem Reuter sein Pferd / umb desto geschwinder fortzukommen / und versprach ihm / solches bald wieder an dieser stelle einzuliefern. Siegward fragete den gebundenen Koch / ob auch Schätze und kostbahre sachen in der Höhle verhanden währen; worauff Fannius zur Antwort gab / Mein Herr / schenket mir Leben und Freyheit / so sol euch alles vor eigen geliefert werden. Du Schelm / sagte Siegward / meinestu dann noch teil daran zu haben? Alles was hieselbst vorhanden ist / gehöret dem Durchl. Frauenzimmer zu / und du must billich deiner boßheit erkäntnis durch schwere Straffe einnehmen. Fr. Sophia stund nicht weit von Appius / welcher mit kläglicher bitte bey ihr umb Gnade anhielt / andeutend / wie er kaum vor dreyen Wochen in diese Räuberzunfft gerahten währe / und noch keine einzige Boßheit hätte begehen helffen. Welches sie ihr dann zu herzen gehen ließ / und ihm das Leben schenkete /da ihn Siegward die Bande loßschnitte / und er darauff alle Gelegenheit und Reichtuhm der Höhle anzeigete. Es stunden etliche Kasten neben einander her /welche sie öfneten / und 400000 Kronen an Baarschafft und Kleinoten funden / wie auch allerhand Mannes- und Weibeskleider zimlich kostbar / deren eines Frau Ursul zu sich nam / und es dem Fräulein brachte / welche biß daher von ihrem Lager nicht auffgestanden wahr / dann die Kleider wahren ihr so gar zurissen / daß sie ihren Leib nicht bedecken kunte. So bald sie dieses angelegt hatte / rief Fr. Sophia ihr zu: Herzgeliebete Frl. Wase und Schwester /kommet uns / bitte ich / näher / und bedanket euch gegen diesen Königlichen Fürsten euren Erlöser. Sie trat geschwinde zu ihm hin / neigete sich tief / und sagte mit anmuhtiger stimme: Verzeihet mir / bitte ich / Durchleuchtigster Fürst / daß ich bißdaher nohtwegen unhöflich seyn / und die wolgebührliche Danksagung auffschieben müssen / wiewol ich schon weiß / daß in meinem gar zu schlechten Vermögen /einige Ersetzung weder stat noch Raum findet / jedoch sol ob Gott wil / die Betrachtung der geschehenen Hülffe ni ermehr aus meinem Gedächtniß verschwinden / und was von mir nicht ersetzet werden kan / wil ich dereins meinen Herrn Bruder GroßFürst Herkules durch Bitte dahin vermögen / daß dessen Durchl. meiner Armuht zusteuer lege / und meinen lieben Eltern diese Woltaht vergelten helffe. Siegward sahe das Fräulein steiff an / verliebete sich an ihrer Schönheit und holdseligen Höfligkeit im Augenblicke / küssete ihr die Hand sehr ehrerbietig / und gab zur Antwort: Hochgebohrnes Fräulein / ich bitte die Götter / sie wollen Eure Liebe bey ihrer Volkommenheit stets erhalten / deren Vermehrung ich nicht wünschen kan / weil dieselbe schon auff der höchsten Staffel ruhet / möchte von ganzem Herzen wünschen des Vermögens zu seyn / ihrer Vortreffligkeit gebühr- und behäglich aufzuwarten; Vor erwiesene schlechte Dienste zudanken / ist ein blosser überfluß / sind auch schon tausendfach mit dem guten Willen vergolten. Fr. Sophia gab an der Fräulein stat zur antwort: Durchleuchtigster[272] Fürst / es würde meiner Frl. Schwester zur groben Unhöfligkeit billich ausgelegt / wann sie einen solchen Fürsten / von dessen Durchl. sie überdas so hohe Woltaht empfangen / nit vielmehr vor ihren Gebieter als Diener erkennen und halten würde. Sonsten ist unsere gesamte Bitte an Eure Liebe und den Durchl. Fürst Baldrich / sie wollen mit uns nach Padua reisen / und alda unsers dankbegierigen Herzen einigen Beweißtuhm uns göñen; wir wollen uns nicht wegern / den Weg mit unsern Füssen zumässen / nachdem unsere Erretter uns begleiten werden. Siegward antwortete mit wenigem / er währe schuldig Ihrer Durchl. zugehorsamen; aber kein Auge kunte er von dem Fräulein wenden / dessen sie sich fast schämete / und doch keinen Unwillen fassen durffte; so wolte Fr. Sophia ihm in seinen Liebesgedanken keine Verstörung einstreuen / sondern trat mit Fr. Ursulen zurük / da der ungebundene Räuber Appius etliche Speisen herzuschaffen bemühet wahr. Als sie bey Fannius herging / trat sie denselben mit Füssen / und dräuete ihm alle Pein und Straffen. Unterdessen wolte Siegward die gute Gelegenheit mit dem Fräulein zureden / nicht verabseumen / küssete ihre zarten Hände / und sagete: Er würde sein Glük / welches ihn zu dieser Höhle getragen / zeit seines Lebens nicht gnug rühmen können / dafern er bitlich erhalten könte / daß in ihre gute Gnade er möchte aufgenommen werden; Zwar seine Unwirdigkeit währe nicht zuleugnen / aber vielweniger das Feur zuverbergen /welches ihre Vortreffligkeit in seiner Seele angezündet hätte / so daß solches entweder durch einen schleunigen Tod müste erlöschet / oder durch ihr ehrliebendes Mitleiden erträglich gemacht und abgekühlet werden. Durch dieses unvermuhtliche ansträngen ward das schon ohn das schamhaffte Fräulein dermassen angeröhtet / daß sie solches zuverbergen / mit ihrem Wischtüchlein etliche mahl über ihr Angesicht herfuhr / und sich endlich also erklärete: Durchleuchtigster Fürst / wie unbestand ich bin / diese Reden zubeantworten / welche aus ihrer Durchl. Munde ich anjezt angehöret / ist denen bewust / die meiner Blödigkeit Kundschafft haben; so befinde über das ich an meiner Unvolkommenheit nicht das allergeringste /daß einen so grossen Fürsten und vortrefflichen Helden einiger weise befriedigen könte. Wie hoch Euer Durchl. ich wegen geschehener Erlösung verbunden bin / ist mir nicht unwissend / daß aber wegen Unverstand ich deren anmuhten nicht zubeantworten weiß /bitte ich demühtig umb Vergebung / wil auch an deren ehrliebenden keuschen Herzen nicht zweifeln /weil ein solcher Tugendreicher Fürst dasselbe nicht ersticken wird / was er mit Vergiessung seines Blutes und Wagniß seines Lebens errettet / und von dem instehenden Verderben befreyet hat. Hiemit schauete sie sich umb / und gab ihrer Wasen einen Wink / herbey zutreten; die ihr gerne zugefallen seyn wolte / und durch gesuchte Unterredung ihn von ihr abzihen / da sie zu ihm sagte: Durchl. Fürst / ich sehe ja nicht / wo Fürst Baldrich muß geblieben seyn / wie fleissig ich mich gleich nach ihm umtuhe. Durchl. Fr. Wase / antwortete er / mein lieber Bruder ist hingangen / die Wagen herzuhohleln / welche wir schon gestern auff diesen fall bestellet haben; Es fället mir aber ein / daß wir draussen noch drey Gefangene gefesselt / deren ich mich etwas besser werde versichern müssen; nam den begnadeten Appius mit sich / und hohlete Genutius herzu / der sich schier loßgearbeitet hatte / striegelte ihn zimlich abe / und schleppete ihn in die Höhle / welchen Fr. Sophia mit Füssen trat / und zu ihm sagete: Du Henkermässiger Bube / was habe ich dir jemahls zu leide getahn / daß du mich in diese grosse Noht und[273] äusserste gefahr meiner Ehren gestürtzet hast? Dieser bereuete seine übeltaht sehr / und gab zur Antwort: Allergnädigste Frau; ich bin ein grosser Sünder / und unwirdig von ihr angeredet zuwerden /weil ich solche fromme Gottfürchtige Frauen und Fräulein verrahten / und in der Rauber Hände geliefert habe / wil mich auch der Todesstraffe gerne und willig unterwerffen; Aber dem Himmel sey Dank / daß weder Furius noch Fannius gottloses und unkeusches Vornehmen zu Werk gerichtet / sondern ihrer aller Ehre erhalten ist; dañ der wahre Gott / den ich ehmahls schändlich verleugnet habe / ist mein Zeuge /daß ich viel lieber hätte sterben / als ihren Nohtzwang erleben wollen; in betrachtung dessen bitte ich flehentlich und lauter umb Gottes willen / Eure Gn. wollen mir meine Sünde vergeben / und mir eine Todesstraffe ohn sonderliche Pein aufflegen / die ich willig ausstehen / und zugleich den wahren Gott / welchen ich ehemahls verleugnet habe / inbrünstig anruffen wil / daß er meiner armen Seele wolle gnädig seyn. Fr. Sophia ward durch diese wahre Reue zum Mitleiden bewäget / insonderheit / da sie hörete / daß er ehmahls ein Christ gewesen / und als ein Christ sterben wolte / und sagte zu ihm: Du tuhst wol bey deiner Seele / daß du deine Sünde erkennest / und bedacht bist / wie dir zur Seligkeit möge geholffen werden; bleibe in solcher Buß Andacht / so werde ich dich mit der peinlichen Straffe verschonen / die du wol verdienet hast. Der Almächtige Gott / antwortete er / wolle Euer Gn. dieses erbieten hier zeitlich und dort ewig vergelten. Sie wolte sich bey ihm länger nit aufhalten / sondern weil Siegward hingangen wahr / die beyden übrigen auch herzuholen / trat sie zu dem Fräulein /und sagte im Scherze: Lieber saget mir mein Schwesterchen / wie gefält euch dieser Fürst? mir zweifelt nicht / er sey eben so stark geschossen / als vor diesem mein Ladisla / da er mich unter den Bäumen fand; seyd aber höchlich gebehten / und stosset ihn mit abschlägiger Antwort nicht vor den Kopff / dann sein Stand und Wesen ist wert / daß er von euch geliebet werde. Das Fräulein kunte vor Scham nicht antworten / sahe sie eine zeitlang an / und sagte nachgehends: Herzgeliebte Fr. Schwester / ich bitte sehr /wollet mit diesen Reden mich nicht gar zu schamroht machen / der Fürst ist mir in diesem Stük allein Mannes gnug / welcher solche verliebete Reden gegen mich führet / daß denen wegen meiner Geringfügigkeit ich weder trauen noch antworten darff. Hernach hielt sie bitlich an / sie möchte nicht mehr von ihr hinweg treten / auf daß / wann ihr an Worten gebräche / sie sich auf ihren Beystand zihen könte. O du falscher Mund / sagte Fr. Sophia / wer wolte dir gläuben / daß du in Liebesberedungen meine Gegenwart leiden köntest? Nein / nein / ich bin in dieser Seuche auch krank gelegen / und weiß / wie hoch die Liebe begehret ohn Aufmerker zu seyn. Herzen Frau Schwester / antwortete sie / ich bitte durch Gott / mich dessen nicht zuzeihen / sondern sich meiner ernstlichen Meynung zuversichern / deßwegen so tretet mir / bitte ich / zu hülffe / und lauffet mich mit Reden loß. Ja /sagte Fr. Sophia / wer lehrete mich reden / als mein Ladisla mir in etlichen Stunden kein Augenblik Ruhe gönnete? daß ihrs nun nicht besser habt / als ich jens mahl / wil ich weit gnug von euch bleiben / damit ihr erfahret / wie einer gejagten Hindin zumuhte sey /welche den blutgierigen Wölffen entsprungen / sich unter Jägers Hand befindet. Das Fräulein fiel ihr umb den Hals / und baht umb aller Freundschafft willen /sie nicht zuverlassen / nur aufs wenigste / biß sie zu Padua würden angelanget seyn / wolte auch von ihr nicht ablassen / biß sie dessen Zusage hatte / welche ihr Fr. Sophia mit dieser Bedingung[274] gab / daß sie nach Mögligkeit sich gegen den Fürsten freundlich erzeigen / und ihres Herzen Meynung ihr offenbahren solte / ob sie ihm ihr Herz zuwenden wolte oder nicht / dafern er / wie sie nicht zweifelte / ernstlich darumb ansuchen würde. Das Fräulein meynete dieses mit stilleschweigen zubeantworten / aber als sie ihre Beteurung hörete / daß sie den Fürsten selbst zur Ansträngung reizen wolte / erklärete sie sich / zu Padua ihres willens zugeleben. Siegward brachte die beyden Räuber auch herzu / die er mit prügeln vor sich her trieb / und Appius ihm träulich halff; Sie verwunderten sich sehr / als sie Fannius selb sechse gebunden antraffen / durfften doch einer dem andern kein Wort zureden / nur daß sie ausser Genutius / alle umb einen geschwinden Tod anhielten / welches aber die hochbeleidigten Frauen nicht willigen wolten; Als sie nun merketen / daß alles ansuchen umbsonst wahr / fingen sie an / die beyden Fürsten vor falsche meinäidige Verrähter auszuschelten / dessen aber Siegward lachete / und ihnen zur Antwort gab / es solte ihnen frey stehen / alles zusagen / weil sie in dem Stande währen / daß sie keinem redlichen Menschen mit schänden könten schädlich seyn. Genutius kehrete sich an nichts / lag in seinen heissen Trähnen / und rief Gottes Barmherzigkeit an / daß er ihm die Sünde der Verleugnung / und andere begangene Untahten gnädig vergeben / und seine arme Seele mit dem Schecher am Kreuz in dz Paradeiß aufnehmen wolte; welches das Fräulein hörend / zu Fr. Sophien sagete: Wolte Gott /daß dieser Mensch vor drey Tagen solche gute Gedanken gehabt hätte / währen weder er noch wir in diß Unglük gerahten. Ich habe ihm schier verzihen / antwortete sie / zweifele auch nicht / wo ich ihm das Leben schenke / werde ich die Zeit seines Lebens einen geträuen Knecht an ihm haben; doch muß er noch nicht wissen / wessen ich gegen ihn gesinnet bin. Siegward machte sich wieder nach dem Frauenzimmer / und suchte Gelegenheit / mit dem Fräulein allein zureden / wovor sie sich aber mit allem Fleiß hütete / uñ ihm daher einen Argwohn verursachete /ob währe sie ihm ungewogen / trat deswegen mit Fr. Sophien an einẽ absonderlichen Ort / und redete sie also an: Großmächtigste Königin; hat Eure Hocheit einige Vergnügung aus meinen untertähnigen Diensten empfangen / so bitte dieselbe ich zum höchsten /mir Gewogenheit und Gunst bey dem vortreflichen Fräulein zuerwerben / deren liebreiche Augelein mein Herz dermassen durchscheinen / daß ohn sie zuleben mir forthin unmöglich seyn wird; mein Ansuchen ist auf Ehre gebauet / dieselbe dereins zur gewaltigen Königin in Schweden zuerheben / und wil solche Befoderung zuerkennen / zeit meines Lebens äusserst geflissen seyn. Fr. Sophia entschuldigte sich anfangs des Königlichen Nahmens / welchẽ vor Betretung des Böhmischen Reichs sie zuführen oder anzunehmen nicht willens währe; bedankete sich nachgehends der hohen Gewogenheit gegen ihre Frl. Wase / welche zwar des höchsten Römischen Adels / und Käyserlichen Geblüts währe / aber doch ihrem künftigen Gemahl kein Land und Leute zum Heyrahtgut bringen könte / ob sie gleich mit Baarschafften und Kleinoten von ihren Eltern Königlich könte versehen werden /nachdem sie ein einiges Kind / und über 40 Tonnen Goldes in gewisser Erbschafft allein von ihren Eltern zugewarten hätte. Sie baht ihn aber freundlich / seine Begierden / so viel möglich / zumässigen / und da es sein Ernst währe / einer kurzen Zeit abzuwarten / alsdañ wolte sie ihm hiemit aufrichtig versprechen / es nach seinem begehren dergestalt zubefodern / daß er ihr bereitwilliges Gemüht ihm zudienen / mehr in der Taht als schönẽ Worten spüren[275] solte / dessen / sagte sie / gebe Euer Liebe ich dieses Ringelein zum Pfande; welches sie aus ihren Kleidern hervor zog / und ihm auf den kleinen Finger steckete. Diese Verheissung brachte den Fursten zu einer sonderlichen Fröligkeit / versprach auch nach allem Vermöge sich einzuhalten / und in ungezweifelter Hofnung der angenehmen Zeit geduldig zuerwarten; jedoch würde ihm vergünstiget seyn / mit dem Fräulein zureden. Welches Fr. Sophia beantwortete: Es könte ihre Frl. Schwester eines solchen treflichen Fürsten geneigten Willen und Unterredung nicht anders als vor ein sonderliches Glük halten; machte sich auch zu ihr hin /weil Fr. Ursul mit ihr redete / und sagete zu ihr: Seyd ihr meine Schwester / so scheuhet euch nicht / diesem FürstenHofnung seines begehrens zumachen / dessen ehrliebendes Gemüht ich schon erforschet habe. Die Liebe begunte dieses Fräulein schon zimlich zubeschleichen / nam diese Erinnerung nicht allein mit gutem Willen auf / sondern da Siegward sich wieder zu ihr fand / und die herzliche Inbrunst seiner ehrlicher Liebe ihr mit bewäglichen Worten abermahl vortrug / auch auffs höchste beteurete / daß seine Seele an nichts als ihrer volkommenen Schönheit und Tugend Rast und Ruhe fünde / gab sie diese Antwort: Durchleuchtigster Fürst / ich bedanke mich dieser Gewogenheit von ganzem Herzen / welche dankbarlich zuersetzen ich mich schuldig weiß / wil mich auch befleissigen / ihrer Durchl. darzutuhn / daß deren hohe Woltaht zuerkennen / ich unvergessen seyn werde; allein gelanget an dieselbe mein ehrendienstliches Ersuchen / mit uns nach Padua zukehrẽ / woselbst mich weiter zuerklären ich bessere Kühnheit haben werde /so bald nur mein Herr Vetter der Stathalter / welcher nicht mindere Gewalt als mein leiblicher Herr Vater über mich hat / von seiner Tochter Fr. Sophien / des Ansuchens Euer Durchl. wird berichtet seyn; Inzwischen wolle dieselbe sich zu mir alles dessen versehen / wz ein züchtiges Fräulein einem höchstverdienten Freunde ohn Abbruch Jungfräulicher Zucht leisten kan; mit welchem Erbieten mein Fürst / wie ich weiß /wol wird friedlich seyn. Siegward hatte hieran zimliche Vergnügung / und hielt sein freundliches Gespräch in zwo Stunden noch mit ihr / biß Baldrich mit den Wagen und ihren ungesattelten Pferden ankam /die er wieder eingelöset hatte. Er berichtete / wie es ihm auff dem Wege ergangen währe / daß der Reuter /dem er das Pferd / umb schneller fortzukommen / wiewol wider seinen Willen / abgeborget / ihn biß an das Dorff verfolget / und daselbst vor dem Schultheiß ihn als einen Strassenräuber angeklaget / auch die Hafft über ihn begehret hätte / so daß er Mühe gehabt / sich der Bande zuentbrechen / und durch Bedräuung mit dem Stathalter / seines WegesFreiheit zuerhalten; Zwar den Reuter / welcher ein verzagter Hudler / hätte er ausgefodert / sich mit ihm zuschmeissen / welcher aber den Ernst sehend / sein Pferd beym Zügel genommen / sich darauff gesetzet / und stilschweigens davon geritten währe; worauf endlich der Schultheiß diese gewierige Urtel gefunden. Wo kein Kläger ist /da ist auch kein Richter; doch hätte er ihm diesen Spruch mit fünf Kronen / die er ihm heimlich zugestekt / abgekauft. Sie lacheten dieser Rechtfertigung / und nach eingenommenem Inbiß machten sie sich fertig zum Aufbruch. Die Gefangenen wurden an die Wagen gebunden / daß sie beyher mit fortlauffen musten; die abgehauene Köpffe aber nebest Furius Leichnam und Genutius (welche Gnade ihm Fr. Sophia taht) auf die Wagen gelegt samt den Schätzen und Kleidern / und muste das Frauenzimmer mit schlechten Sitzen / von Kleidern gemacht / auff dem einẽ[276] Wagen vorlieb nehmen / damit sie auch sehr wol zufrieden wahren. Die Fürsten ritten auff ihren ungesattelten Pferden neben dem Frauenzimmer so zierlich daher / machten auch allerhand Sprünge und Ringeläufchen mit ihnen / als hätten sie die bequemsten Sattel auffgehabt. Ihren Weg setzeten sie fort / so viel ihre schwerbeladene Wagen uñ angebundene Gefangene folgen kunten / und weil die Pferde davor ermüden wolten / ließ Fr. Sophia sich von Baldrich / und Frl. Sibylla sich von Siegward vor sich auff dem Pferde führen / da ihnen Kleider untergelegt wurden / daß hiedurch das Fräulein mit ihrem lieben Fürsten in zimliche Kundschafft geriet / dem sie etliche Küsse gönnen muste / weil sie dessen auff dem Pferde sich nicht entbrechen kunte / da sie ihn gleichwol seiner zugesagten Mässigkeit erinnerte / und auff der Zuchtbahn stets erhielt. Es wahr ihr Glük / daß ihre Reuter sich in das nähstgelegene Dorff eingelegt hatten /deren etliche auff sie stiessen / mit welchen sie daselbst einkehreten / ihre köstliche Harnische anlegeten / und grosse rohte Federbüsche auff den Helm stecketen / namen auch ihre schneeweisse wolgeputzete /und mit schönen Decken gezierete Handpferde / auff welchen sie den Einrit halten wolten. Fr. Sophia leihete daselbst von einer reichen adelichẽ Witwen eine schöne Gutsche / setzete sich mit dem Frauenzimmer drauff / und zogen mit wolbefriedigtem frölichen Herzen des geradesten Weges nach Padua zu. Der Stathalter hatte diesen Morgen sehr früh die Lösegelder durch dieses Dorff fortgeschikt / welches Fr. Sophien angezeiget ward / welche ihnen zween Teutsche Reuter nebest Appius nachschickete / ihnen das wiederkehren anzudeuten. Die Eltern zu Padua erwarteten ihrer Kinder Ankunfft mit Schmerzen / unter der herznagenden Furcht / es möchten die Räuber nach empfangenen Geldern nicht Glauben halten / sondern durch Unkeuscheit und ihrer Töchter Schönheit gereitzet / ihren Ehren Abbruch tuhn / gedachten deßwegen hin und her / wie es am fügligsten anzugreiffen währe / kunten aber kein ander mittel finden / wie klug sie sonst wahren / und sagte der Stathalter zu Herr Kornelius; wir müssen der himlischen Vesehung alles befehlen / welche sie bißher gnädig bewahret hat / sie auch ferner erhalten / und vor unehr schützen kan. Er hatte dieses kaum außgeredet / da hörete er von allen Türmen lermen blasen / und als er nachfragen ließ / ward ihm zur Antwort gebracht / daß etliche tausend Reuter mit sehr vielen Wagen / Gutschen /und einem getürmeten Elefanten sich im offenen felde sehen liessen / und der Stad gerade zu zögen. Der Stathalter hielt vor gewiß / es würde der Römische Käyser selber seyn / und machte sich fertig ihm entge gen zu reiten / und in aller untertähnigkeit ihn zu empfahen. Aber eben dieses befürchteten sich Herkules und Ladisla / deßwegen ritten sie mit dem jungen Fabius spornstreichs vorhin / wurden auch vor dem Tohr alsbald erkennet / und unwegerlich eingelassen /und als auff ihre frage nach des Stathaltes gesundheit / ihnen dessen wolergehen vermeldet ward / ritten sie gleich nach seinem Hofe zu / stiegen im vorderplatze ab / und gingen miteinander ohn einiges anmelden die Stiege hinauff in den grossen Gastsaal / woselbst der Stathalter auff einem Stuel saß / und ihm die Sporn umbgürten ließ. Da er nun seinen geliebten schwieger Sohn in einem treflichen TyrischenPurpur mit den kostbahresten Demanten besetzet hinein treten sahe /fließ ihm beydes vor freuden und betrübnis eine geringe Ohmacht zu / daß ihm unmöglich wahr / so schleunig auffzustehen / und ihnen entgegen zu treten / erhohlete sich doch / in dem sie sich vor ihm stelleten /fiel anfangs Ladisla[277] umb den Hals und küssete ihn aus väterlicher neigung; hernach empfing er Herkules und seinen Sohn / und sagte: O seid mir wilko en ihr meine hochwerte allerliebste Herrn / Freunde und Söhne / deren ankunft ich mir diese Stunde nicht vermuhten wahr / und weiß nicht / warumb mir der Himmel allemahl zwischen der Vergnügung den bittern Wermutsafft einmischet / dessen ihr nicht erschrecken sollet / uñ ich euch doch nicht verbergen kan / wie daß nehmlich vorgestern meine herzliebe Töchter Sophia / Ursul und Sibylla / auff eins ihrer Landgüter außgefahren / und von etlichen Räubern angehalten sind / biß ihnen ein gewisses Lösegeld eingehändiget werde / vorauff sie alsbald und ohn alle schmälerung ihrer ehren wieder sollen loßgelassen werden; habe demnach solche Gelder schon an den mir benenneten Ort fortgeschicket / und werden die geraubete noch heut / oder gewiß morgen früh sich wieder einstellen. Dieser Rede erschraken sie sehr / insonderheit Ladisla / welcher von Korinth biß hieher grösser verlangẽ als die ganze Zeit über nach seinem herzgeliebeten Gemahl getragen hatte / und gab zur Antwort: Hochgeneigter Herr Vater / es ist mir dises eine sehr traurige Zeittung / werde auch nicht ruhen / biß ich mein Gemahl angetroffen / und den Räuberischen bösewichten den verdienten Lohn erteilet habe. Der Stathalter baht ihn / er möchte sich nicht überschnellen / damit er nicht grösser Unglük verursachete / wann ihre gegenwart von den Räubern gemerket würde; zwar in gar weniger Geselschaft hin nach dem Platze zu reiten /da die Gelder außgezählet würden / wolte er ihnen nicht verbieten / aber daß vor des Frauenzimmers ankunft daselbst / sie sich ja nicht sehen liessen / damit die Räuber sich nicht einer gefährlichen Nachstellung befahreten. Ach Gott / sagete Ladisla / so vernehme ich leider / daß es umb mein Gemahl gefährlicher stehet / als vor nie / muß demnach mich der Geduld ergeben; aber unmöglich ist mirs / daß ich sie ungesuchet lassen solte / ob mir gleich der gewisse Tod darüber zustossen würde / und hoffe noch mittel zu finden / den Räubern beyzukommen da mir Gott das Leben fristet. Herkules befand rahtsam daß man eilete / liessen deßwegen etliche ihrer ehmahls hinterlassenen Ritterlichen Kleider und Waffen herzubringen /legten sie an / und macheten sich mit vier Reitknechten des Stathalters auff / noch ehe Fr. Valiska mit ihrer Geselschaft ankam. Im hinreiten überlegten sie alles fleissig / und machten den Schluß / daß Herkules allein nach dem lieferungs Platze sich hinmachen /und die andern weit genug zurük bleiben wolten / biß er etwas Zeitung erfahren / und durch den mitgeschikten ädelknaben ihnen seine meynung überbieten könte. Sie wahren kaum eine gute halbe Meile geritten da sahen sie zween ansehnliche Ritter mit zwölff bewapneten Dienern gegẽ sie anzihen / denen eine schöne Gutsche mit Frauenzimmer / und zween beladene Wagen samt etlichen gefangenen nachfolgeten. Jene wurden dieser auch zeitig gewahr / und weil Siegward seinem lieben Fräulein sein gutes Herz /und daß er nicht allein mit Räubern sondern auch mit ehrlichen Rittern kämpffen könte / gerne wolte sehen lassen / auch Baldrich nit dawieder redete / sendeten sie ihren Italiänischen Leibknaben ihnen entgegen /und liessen ihrer zween auff ein ritterliches Speerbrechen ersuchen; welches ihnen zum erstenmahle höflich abgeschlagen ward / mit vorgeben / sie hätten anjezt nöhtigen geschäften nachzureiten / wodurch sie gehindert würden / in ihr begehten einzuwilligen /auff eine andere und bequemere Zeit aber solte ihnen gerne gewilfahret werden. Jene kunten damit nicht friedlich seyn / wusten nicht / ob sie es vor eine[278] Verachtung oder Zagheit außdeuten solten / und bohten ihnen hinwieder zu; ob zwar ihr gebrauch nicht währe / andere als ihre und der Tugendfeinde zum Streit zu nöhtigen / auch ihnen ihren Weg gerne gönneten /wolten sie ihnen dannoch zubedenken geben / obs ihrem herlichen ansehen nicht wol anstünde / etwa durch einen Rit allen ungleichen Verdacht von sich abzulehnen. Worauff Herkules antwortete: Feiner Knabe / sage deinen Herren / ihre Höfligkeit mache /daß wir viel von ihnen halten / und weil sie unser eilfertigkeit unberichtet sind / ich sie dessen nicht verdenke / wann sie ungleiche gedanken von uns schöpffen; wir wollen ihnen aber solche benehmen / und ihnen den Rit zu willen seyn / daß sie nur bald loßdrücken. Jene liessen ihnen diese Antwort wolgefallen / und machten sich an beyden seiten fertig / da Siegward auff Ladisla / Baldrich auff Herkules seinen Bruder loßging und traffen beyderseits dergestalt /daß die Splitter in die Luft fuhren / doch ward keiner gefellet / wiewol Siegward und Baldrich im Sattel schwanketen / aber doch fest sitzen blieben / dessen unsere Helden sich nicht wenig wunderten / und sagte Herkules zu Ladisla / ich hätte nicht gemeinet / daß mir ein Ritter diesen Stoß ungefellet außhalten sollen. Sie nahmen beyderseits neue Speer / wageten den andern Rit heftiger als zuvor / und empfunden der Stösse alle viere / aber Baldrich und Siegward wurden Stegreiff loß / daß sie des falles sich mit noht enthielten / welches sie heftig verdroß. Herkules und Ladisla / sahen sich umb / der Meynung / ihre Bestreiter solten erleget seyn / welche sich aber geschwinde wieder eingerichtet hatten / daß jene ihrer Gefahr nicht eins inne wurden / daher Ladisla zu Herkules sagete; Dieses sind trauen zween handfeste Ritter / aber als viel ich merke / trauen sie dem Speer weiter nicht / sondern gedenken es auch mit dem Schwerte zuversuchen / welche sie schon entblösset haben. Ey so werde ich ihnen auch so geschwinde noch nicht entlauffen /sagte Herkules / sondern versuchen / ob dem Hochmuht nicht zu steuren sey / nachdem wir keine Feindschaft wiedereinander haben; damit ging der Schwertstreit an / und trieben ein solches gehacke / daß die Stücke von den Schilden flogen / und sie in kurzer Zeit davon wenig übrig hatten; weil sie dann des Feindes Streiche nicht außnehmen kunten / wurden ihre Harnische hin und wieder sehr zuschlagen / wie wol die beyden jungen Fürsten empfunden / daß sie ihre Meister angetroffen hatten. Frau Sophia kunte dem gefährlichen Kampfe länger nicht zusehen /sprang von der Gutsche / und rieff Baldrichen als demnähesten zu: GroßFürst Baldrich / ich ermahne euch bey der Liebe / damit ihr euren Eltern verbunden seid / daß ihr diesem unnöhtigen Streite die Endschaft gebt. Dieser taht als hörete ers nicht / und stürmete immer hefftiger auff seinen Gegenkämpfer zu / welcher aber / da er seines lieben Bruders nahmen hörete / auch Fr. Sophien erkennete / keinen Schlag mehr führete / sondern auff Teutsch zu ihm sagete: Liebster Bruder Baldrich / du hast dich mit deinem Bruder Herkules gnug versuchet / und satsam an den Tag gegeben / daß du deinem Manne wol stehen darfst. Auff welche Rede Baldrich sein Schwert hinweg warff /den Helm auffschlug / und sagte; So müsse dieses Schwert verfluchet seyn / dessen ich so gröblich mißbrauchet habe; sprang vom Pferde / und wolte seinem Bruder die Hand küssen; der aber ja so bald auff der Erden stund / und ihn freundlich umbfing / legten die Helme ab / und küsseten sich vor grossen freuden ohn einiges Wort sprechen / dann es gab Herkules die höchste vergnügung da er seinen Bruder ihm so gewogen sahe / weil er wol wuste /[279] wie verhasset ihn die Teuffelspfaffen bey seinen Anverwanten gemacht hatten. Zwischen Ladisla und Siegward ging es etwas schärffer zu / dann weil sie sich weiter ins Feld gezogen hatten / kunten sie nicht so bald von Fr. Sophien gescheiden werden / wiewol sie schleunig hinzu lieff /auch diesen Streit anffzuheben / so daß sie nicht acht gehabt / daß Herkules verhanden wahr. Ladisla sahe ohngefehr daß jene beyden sich mit entblösseten Häuptern so freundlich umbfingen / daher sagte er zu Siegward; Ritter / was mag jenes bedeuten / daß euer und mein Geselle dort so grosse freundschaft machen / und die Helme samt den Schwertern hinweg getahn haben? Siegward rante eilig dahin / biß er Herkules Angesicht erkennete und doch etwas zweiffelte / kehrete wieder umb nach Ladisla uñ sagete: Mein Herr /ist jener nicht mein Oheim der unvergleichliche Held GroßFürst Herkules? ja / antwortete er / Herkules ist sein Nahme / und ist er euer Oheim / so müsset ihr mir seinem Ladisla ohn zweifel auch verwand seyn. Als Siegward solches hörete / sprang er vom Pferde /und sagte: Durchleuchtigster Oheim / verzeihet / bitte ich / eurem Diener dem Schwedischen Siegward / seinen unbesonnenen Frevel / dessen die Unwissenheit einzige Ursach ist; Herzlieber Bruder / gab er zur Antwort / empfahen wir einander so unwürsch in der Fremde / würde solches unser so fest beschwornen Freund uñ Brüderschaft sehr nachteilig seyn / wann es vorsetzlich geschähe / weil aber der blosse Irtuhm hieran schuld träget / sind wir beyderseits wol entschuldiget. Aber O mein herzgeliebtes Gemahl komt ja dorther gelauffen! Hiemit warf er den Helm hinweg / und rante ihr eilends entgegen. Sie erkennete sein Angesicht alsbald / und kunte vor freuden keinen Schrit weiter tuhn / dann die Ohmacht wahr ihr sehr nahe; welches er merkend vom Pferde sprang / und zu rechter Zeit bey ihr anlangete / gleich da sie nidersinken wolte / umbfing sie inbrünstig und sagte: Wie mein allerliebster Schaz / wollet ihr euren Ladisla nicht freundlicher als mit sterbenden Augen empfangen / welcher sider seinem abscheide niemahls von herzen frölich gewesen ist? Sie in ihres Liebsten Armen sich befindend / erhohlete sich bald / schlug die Augelein auff / und mit einem lieblichen Anschauen sagte sie zu ihm: O ihr meiner Seelen Lust und einige Freude in dieser Welt; welches hohe Glük erfüllet heut meinen Wunsch / und lässet mich meinen Gemahl und König wieder sehen und umbfahen? wie so gar unvermuhtlich und doch überreichlich ersetzet Gott meine zweitägige außgestandene Unglükseligkeit durch die Ankunft meines herzgeliebten Gemahls. Mit diesen Worten umbfing sie ihn aus inbrünstiger Liebe / und hing als eine Klette an ihm / daß sie ihrer selbst drüber vergaß; biß Ladisla sie fragete / ob sie seinen Herkules uñ ihren Bruder Fabius nicht gesprochen hatte; Ach nein / sagte sie / wo sind sie dann? Ihr habt ja / antwortete er / den Streit zwischen Herkules und Baldrich auffgehoben. Ich habe seine Erkäntnis nicht abwarten können / sagte sie / damit ich auch euer Gefechte beylegen möchte / als ich sahe /daß jener Feindschaft so bald geendiget wahr. Aber O mein Schaz / ist dann unsere Frl. Schwester Frl. Valiska auch erlöset? Ja Gott lob / sagte er / sie wird mit ihrem Söhnlein Herkuliskus und Frl. Lukrezien Pompejen schon zu Padua angelanget seyn. Hievor sey dem almächtigen Gott lob und preiß gesaget / antwortete sie; aber versichert euch mein Schaz / dafern diese beyde trefliche Fürsten uns nicht durch sonderliche wunder-schickung Gottes zu hülffe kommen währen / würdet ihr mich lebendig nicht wieder gesehen haben / dann nach verlust meiner ehren (die mir[280] niemahls / auch vor zwey Jahren unter den Baumen nicht näher / als heut diesen Morgen gewesen) würde vor euren keuschen Augen ich mich lebendig nicht haben finden lassen. Herkules und Baldrich hatten ihr umbfahen auch zum Ende gebracht; Beata aber / Fr. Sophien Leibdienerin ward von dem Fräulein befehlichet / von der Gutsche zu steigen / um zuvernehmen / was vor fremde Ritter nach beygelegtem Gefechte mit den beyden Fürsten solche Freundschaft pflögen / welche bald wieder umbkehrete / schlug in die Hände / und rief ihnen zu: O Gott lob / Gott lob / König Ladisla und GroßFürst Herkules; König Ladisla und GroßFürst Herkules! Fr. Ursul kunte auff diß Wort nicht länger verzihen / lieff Herkules entgegen / und rieff ihm von ferne zu / ob ihr Fabius nicht mit überkommen währe; welcher aber mit entblösseten Häupte schon daher sprengete / machte sich herunter / und empfing sie mit frölichem Herzen. Das Fräulein stieg auch ab / und nahete sich zu Herkules / welcher sie umfahend brüderlich küssete / und zu ihr sagete: In Ehren herzgeliebete Frl. Schwester / ich erfreue mich von herzen ihrer Erlösung und guten Gesundheit / und bitte Gott / daß er sie in stetem Auffnehmen ihrer Ehren und Vergnügung erhalten wolle. Das liebe Fräulein bedankete sich sehr freundlich / erfreuete sich seiner glüklichen Wiederkunst / und fragete nach seines hochwirdigẽ Gemahls wolergehen / dessen sie bald berichtet ward. Diese lieben Freunde kunten des wilkommens nicht zum Ende gelangen; Ladisla und Baldrich / Herkules und Siegward liessen alle brüderliche Bezeigung sehen / und ob gleich Ladisla und Siegward etwas verwundet wahren / achteten sie dessen doch nicht / biß Fr. Sophia das Blut an ihnen spürete / und sie die Waffen abzulegen erinnerte / welches doch nie geschahe / sondern weil es schon zimlich späte auff den Nachmittag wahr / setzeten sie sich auff / und zogen nach der Stad. Die Stathalterin hatte ihren Sohn und Schwieger-Sohn noch nicht gesehen /sondern da sie wieder hinaus geritten wahren / meldete ihr Gemahl ihr deren Ankunfft an / und tröstete sie in ihrer Betrübniß; dann sider ihrer Tochter Verlust hatten ihre Trähnen sich nicht gestillet. So bald aber deren Erlösung ihnen durch einen Reuter zuwissen getahn ward / da erhuhb sich Fröligkeit / und wusten nicht / was sie vor Freuden ansahen wolten; legten schöne Feirkleider an / und putzete insonderheit die Großmutter die beyden jungen Herrlein auffs köstlichste / welche schon anfingen das Abba zusprechen; dann der kleine Fabius wahr ein Jahr und 16 Wochen alt; Herkuladisla eilf Wochen und drey Tage jünger /nachdem jener am 28 des Weinmonats / dieser am 18 des Jenners im folgenden Jahr / zur Welt gebohren wahr / und man heut diesen Tag den 22 des Hornungs schrieb. Als unsere Geselschafft zur Stad einritten /kehreten Baldrich uñ Siegward in eine Herberge / woselbst dieser seine Wunden verbindẽ ließ / deren die schlimmeste wahr / welche er von dem Räuber empfangen hatte / daß er den Arm in einer Binde tragen muste / weil er schon ein wenig entzündet wahr. Sie legeten beyde einerley Kleider an / von Graßgrünem Atlaß mit Golde reichlich gesticket; auff dem Hute hatten sie eine Schnuhr von Demanten / und eine lange weisse Feder / die ihnen auff dem Rücken herunter hing; die Stiefeln wahren von weissem zarten Leder / und die Sporn gülden / und führeten in der rechten Hand einen weissen Elfenbeinen Stab mit güldenem Beschlage. Ladisla mit seinen Gefärten machten sich hin zu den ihren / und erwartete der Stathalter uñ sein Gemahl im Mittelplatze ihrer lieben Kinder /da die jungen Herlein nachgetragen[281] wurden. Sie empfingen die drey Helden mit frölichen Geberden / hielten den beyden Vätern ihre Söhnlein zu / und sagte die Großmutter: Da sehet ihr eure wolgestalte liebe Kinderchen zum ersten mahle / welche euch der mildreiche Gott in eurem abwesen bescheret hat. Ladisla trat mit grosser Herzensfreude hinzu / da sein Herkuladisla ihn lieblich anlachete / uñ das Abba dreymahl lallete / noch ehe er ihn anrührete / worüber ihm die Freudenträhnẽ aus den Augen hervor drungen / daß wie feste er sich hielt / dieselben doch nicht hinterbleibẽ wolten / nam deswegen das liebe Kindichen auf seine geharnischte Arme / herzete es etliche mahl und sagte: Der Almächtige Gott und Schöpffer Himmels und der Erden verleihe dir seine Gnade / und lasse dich in Erkäntniß der Himlischen Warheit auffwachsen / daß du ein Erbe bleibest des ewigen Lebens. Fr. Sophia und Ursul kahmen aus der Gutsche darzu gangen / und da sie ihre Gemahlen sich dergestalt mit den Kindern ergetzen sahen / wurden sie vor Freuden laut weinen / daß es im ganzen Platze gehöret ward / und fing Fr. Sophia zu ihrem Söhnlein an: Du mein herzallerliebstes Schäzchen / an dem ich diese Zeit über alle meines Kummers Vertreibung gehabt / jezt sihestu deinen Herr Vater zum ersten mahle; aber der barmherzige Gott verleihe mir und dir / daß er uns ja nimmermehr solcher gestalt entwanderen möge. Der Stathalter trat mit hinzu / und sagte zu seiner Tochter: Geliebtes Kind / du hast mir nun zum andern mahle durch dein gar zu kühnes ausfahren grosses Herzleid gemacht / welches du leicht hättest verhüten können / wann du nur etliche wenig Reuter zu dir genommen; doch weil der heutige Tag uns zur sonderlichen Freude gemacht ist / wil ich mit scharffen Reden dir dein Verbrechen nicht aufrücken / hättest aber bey deinem Gemahl wol verdienet / daß an stat freundlicher Begrüssung er dir einen guten Auswischer erteilete / damit du hernähst dir solches liessest zur Warnung dienẽ. Ladisla antwortete an ihrer stat. Es kan seyn / mein Herr Vater / daß mein allerliebstes Gemahl in diesem falle gesündiget hat / und ihren Eltern grosse Bekümmerniß erwecket / aber ich bitte / dz ihr auch vor dißmahl noch dieser Fehler möge verzihen werden / dañ wil ich mich in Bürgschafft stellen / daß sie nach diesem vorsichtiger gehen wird. Ja / Gott weiß / sagte Frau Sophia / daß mir in diesem Unfal meiner lieben Eltern Kummer ja so sehr als meine eigene gefahr zu herzen gangen ist /und weiß nicht / durch was Hinderniß ich vergessen /etlichen Reutern zubefehlen / daß sie mir folgen solten / wie ich mir festiglich vorgenommen hatte. Ich habe es ja angehöret / sagte das Fräulein / daß ihr des Abends zuvor es bey dem Gutscher also bestelletet /der ohn zweifel aus Vorsaz es unterlassen hat. Was sol ich dann weiter machen? fuhr Fr. Sophia fort /Gott schicket den lieben seinen auch zuzeiten wegen ihrer Sünde ein Unglük zu / in welchem er doch am kräfftigsten bey ihnen stehet / und hiedurch viel gutes wirket / erstlich / daß wir unsere Bosheit erkennen /und / daß wir noch viel härtere Straffen mit unsern Sünden bey Gott verdienen / wann er nach seinem strengen Rechte mit uns verfahren wolte; dann auch /daß wir in unserm Gebeht zu Gott angefrischet werden / dessen wir in Glückes Zeiten viel in vergeß stellen; endlich auch / daß wir Gottes almächtige Hülffe erfahren / und ihm davor von herzen danken. Ja wer weiß / ob nicht zum sonderlichen Glücke meiner Frl. Schwester es also hat ergehen müssen? Sibylla erröhtete hierob im ganzen Angesichte / und wahr ihr unmöglich / es zubeantworten. Ladisla hörete seines Gemahls gottfürchtige Reden mit grosser Herzensfreude an / und wunderte sich / daß sie in Erkäntniß[282] des heiligen Willen Gottes schon so weit kommen wahr /hielt sich auch fertig / ihr eine Christliche Antwort zugeben; aber sie fassete ihn beym Arme / und sagte: Kommet mein geliebtes Herz / der Wund Arzt wartet schon auff euch / und werde ich nicht frölich seyn /ehe ich weiß / ob eure Wunden ohn gefahr sind. Er folgete ihr mit lachendem Munde / und versicherte sie / daß er nicht eins der Verletzung empfünde; wie dann nach der Entwafnung erschien / daß er nur am rechten Arme einen Schramhieb bekommen / welcher kaum ein Tröpflein Blut geben mögen / wann nicht ein Blutäderchen währe getroffen wordẽ. Herkules ward an seine Valisken gedenken / nam von Fr. Sophien Abscheid / und wolte hinaus reiten / sie einzuhohlen; Sie aber erboht sich / neben Frl. Sibyllen mit zufahren /fragete ihren Bruder / in was Farbe die GroßFürstin sich gekleidet hätte / legte gleichmässige Kleider an /und zog mit Herkules und Ladisla / welche ihre vorigen Kleider wieder angetahn / ihr entgegen. Der Stathalter hatte inzwischen von seinem Sohn verstanden /was gestalt die beyden jungen Fürsten das Frauenzimmer erlöset / und in eine Herberge / sich auszukleiden / eingekehret währen / denen er alsbald seine LeibGutsche entgegen sante / und ritte der junge Fabius mit dahin / mit dem sie ohn Verzug auf ihren weissen Pferden fortgingen; Weil dann Fr. Sophia ihnen auf der Gasse begegnete / die GroßFürstin einzuholen /zogen sie in Geselschafft mit fort / und traffen Klodius und Prinsla nahe vorm Tohre an / die von der GroßFürstin abgeschikt wahren / umb zuvernehmen /aus was Ursachen ihr von Herkules / genommener Abrede nach / kein Bescheid zuentbohten würde. Prinsla kennete alsbald die beyden Fürsten / sprang vom Pferde / und küssete ihnen die Hände / muste aber alsbald wieder auffsitzen / dann sie ranten so wol zu Wagen als Pferde aufs schnelleste fort / kahmẽ auch inwendig einer geringen halben Stunde bey den Völkern und Wagen an. Fr. Valiska saß mit Frl. Lukrezien und dem übrigen Frauenzimmer auf dem Elefanten / hatte allerhand Gedanken wegen des langen aussenbleibens ihres Gemahls / und zeigete an / daß sie sehr befürchtete / es müste zu Padua nicht recht zugehen. Sie sahe etliche gemeine Leute aus der Stad gegen sie daher gehen / welche sie fragen ließ / was neues man daselbst hätte / und obs dem Herrn Stathalter und den seinen wolginge? Worauf diese antworteten: Es ginge dem Stathalter wol / nur lieffe ein ungewisses Gerüchte / ob solte dessen Fr. Tochter neben andern hohen Frauenzimmer von etlichen Räubern auf freyer Heerstrasse angegriffẽ uñ entführet worden sey. Die GroßFürstin erschrak dessen von ganzem Herzen / und fing an: Ach du almächtiger grundgütiger Gott / wende doch dermahleins nach deinem väterlichen Willen und gnädigem Wolgefallen dieses Unglük von uns deinen ergebenen Kindern / uñ gönne nicht / daß mein lieber Herr und Gemahl nebest meinem Bruder ihre beste Lebenszeit in Ausspürung der gottlosen Räuber zubringen müssen. Sie stieg mit ihrem Frauenzimmer von dem Elefanten auf die Erde /legten sich unter dem freyen Hi el auf ihre Knie / und tahten ihr andächtiges mit Trähnen vermischetes Gebeht zu Gott / dz er seine Barmherzigkeit über sie großmachen / auch dieses Unglük bald enden und in Freude verkehren wolte. Nach geendetem Gebeht stiegen sie wieder auff den Elefanten / und muste Klodius samt Prinsla nach der Stad zureiten / dessen Wiederkunfft und eigentliche Zeitung sie mit Schmerzen erwarteten. Frl. Lukrezie sagte zu der GroßFürstin: Es nähme sie wunder / dz man den Räubern dieses Orts so viel übersähe / daß dieselben sich auch nicht scheuheten / der[283] Obrigkeit ihre Kinder hinweg zuführen / da doch in dieser Landschafft Leute wohneten /welche dem Römischen Reiche als eigene Glieder einverleibet währen. Daß vor diesem im Judischen Lande die Räuberhöhlen dergestalt zugenommen / daß fast das ganze Land hin und wieder währe untergraben /und vol unzähliger Räuberhöhlen gewesen / währe so hoch nicht zuverwundern / weil die Juden / der Römer grösseste Feinde / solches also getrieben hätten /denen gleichwol nunmehr ziemlich gesteuret währe; aber in Italien solchen Muhtwillen zudulden / dürffte fast ein Zeichen seyn / daß die Obrigkeit ihr Amt nachlässig verwaltete. Ich weiß selbst nicht / sagte die GroßFürstin / wohin ichs deuten sol / halte wol davor / wann den Räubern etwas eiferiger nachgetrachtet /und ihre Schlupflöcher fleissig gesucht würden / solte man ihnen das Handwerk bald legen; Aber es finden sich unter den Inwohnern in Dörffern und Flecken offt so gottlose Leute / die solche Räuber hausen und hägen / ja ihnen wol Anleitung geben / weil sie Nahrung von ihnen haben / und der Beute offt am meisten genissen. Da währe nun hochnöhtig / daß wann solche ertappet würden / man sie gleich so hart als die Räuber selbst bestraffete / was gilts / wo nicht hundert sich an einem spiegeln solten / und sich scheuhen / mit solchen Buben Gemeinschafft zuhaben. Das ist meines Herrn Vaters Gebrauch / antwortete das Fräulein; der pfleget allemahl nach diesem Spruche zuurteilen / daß weil Hehler und Stehler gleiche gut seyn / müssen sie nicht allein in einer Geselschafft geniessen / sondern auch leiden / und hats in kurzer Zeit dahin gebracht / daß mehr Räuber von des Landes Inwohnern angegeben / als durch scharffe Nachforschung betroffen werden. Als die GroßFürstin dieses so bald nicht beantwortete / baht Fr. Euphrosyne umb gn. Vergebung / und sagte: Wolte dann Gott / gnädiges Fräulein / daß Euer Gn. Herr Vater nur ein Jahr Römischer Stathalter in Griechenland seyn / und solchen Ernst wider die Räuber und Mörder gebrauchen möchte / dann solte dem unmenschlichen Wesen /welches leider daselbst eingerissen ist / endlich noch abgeholffen werdẽ. Ich habe etwas davon gehöret /sagte die GroßFürstin / und daß der freye Adel viel Unbilligkeit begehen sol. Ja gnädigste GroßFürstin /antwortete sie / weil Griechenland von den Römern ihre eigene Herschafft und uhralten Freyheiten und Gebräuche erhalten / wil der Adel / welcher im Lande fast alles allein ist / ihre Freyheit auch wider die Gesetze der Vernunfft ungestöret wissen; daher / wann einer ihres Mittels durch übermässiges Wolleben das seine vertahn hat / klopffet er auff den Pusch / und suchet durch Beraubung der Kauffleute sich wieder zubereichẽ; Ob auch von ihnen eine und andere Mordtaht begangẽ wird / solches wollen sie durchaus nicht am Leben gestrafft haben / sondern erlegen ein geringes Geld / damit sol das unschuldige Blut bezahlet seyn. Die GroßFürstin antwortete: Solche Aedelleute solte man umb ihrer Untaht willen wieder in den niedrigsten Stand herunter stossen / gleich wie ihre Vorältern umb ihrer Tugend willen in den Adelstand erhoben sind; dann solte es erst dahin kommen / daß ein ädelman ihm grössere freiheit / böses zutuhn /nehmen wolte / als ein Unädler / dürffte in kurzem das gemeine Wesen noht leiden. Von adelichen Eltern gebohren seyn / ist ein grosses Glük / aber es machet solches niemand weiter ädel / als nur nach dem Nahmen; die Tugend aber / die er hernach selber hinzu tuht / giebt ihm die wahre adeliche Hocheit / ohn welche das blosse Herkommen in meinen Augen kein Härlen mehr gilt / als ein Esel / den man in eine Pferdehaut nähet. Libussa sahe stets nach[284] der Stad / und däuchte ihr / daß Klodius länger aussen bliebe / als sich in solchem Zustande gebühren wolte / biß sie der Fürstlichen Geselschafft von ferne gewahr ward /auch die Gutsche dabey sahe / deßwegen sie voller freude anfing zuruffen: Glük / lauter Glük! die unsern sind Gott Lob verhanden / und mein Sin trägt mirs eigentlich zu / meines gnädigsten Königes Gemahl Fr. Sophia finde sich bey ihnen in der Gutsche. Gott gebe / antwortete die GroßFürstin / daß du vor dißmahl eine wahrhaffte Weissagerin seyst / so wil ich dir auf ein andermahl eine grosse Lügen gerne zugute halten. Sie fliegen aber miteinander von dem Elefanten / was vor Frauenzimmer auch in der Gutsche seyn möchte /sie freundlich zuempfahen. Als Fr. Sophia solches ersahe / hieß sie ihren Gutscher eilen / und als sie auff 100 Schrit nahe hinzu kam / stieg sie mit Frl. Sibyllen ab. Libussa stund hinter der GroßFürstin / erkennete die abgestiegenen alsbald / und sagte zu der GroßFürstin: Ich bin eine glükselige Wahrsagerin / dann dorten kömt Fr. Sophia mit Frl. Sibyllen her. Frl. Lukrezie bestätigte solches / drumb fassete die GroßFürstin dieselbe bey der Hand / und trat ihnẽ freimühtig und mit einem lächelnden Angesicht entgegen. Diese aber verwunderten sich dermassen über ihrer volkommenen Schönheit / daß sie meyneten / mehr ein himlisches als irdisches Bilde zusehen / wolten sich zwar viel gegen sie neigen / aber Valiska eilete ihnen entgegen / umfing Fr. Sophien mit einem inbrünstigen Kusse / und redete sie also an: Verzeihet mir / meine herzallerliebste Fr. Schwester / daß ich des so langwierigen abwesens ihres Gemahls leider ursach seyn müssen; mein Gott weiß / wie offt und viel mir solches unruhige Gedanken gemacht / und ich gewünschet habe / mein herzlieber Herr Bruder währe bey seinem allerliebsten Gemahl daheim geblieben / welches ihm ja nicht gefallen / sondern noch dißmahl seinem Herkules folgen wollen; ich wil mich aber äusserst bemühen / diese Schuld auffs wenigste zuerkennen / erfreue mich von ganzem Herzen ihrer Liebe guten gesundheit und Wolergehens / der gänzlichen Zuversicht zu unserm Gott gelebend / er werde uns nach diesem gönnen / in friedlicher Ruhe und schwesterlichem Vertrauen manniche Zeit mit einander zuleben. Frau Sophia antwortete ihr mit züchtiger Ehrerbietung: Durchleuchtigste GroßFürstin; es klaget Eure Durchl. sich gar unbillich einer sache an / die weder in ihrer Macht noch Willen gestanden; mein Gemahl hat wegen brüderlicher Schuldigkeit nicht anders gekunt / als derselben Raubung zueifern / weil sie umb seiner uñ meinet willen in dieses Unglük gerahten wahr. Die Abwesenheit meines teuren Gemahls beklage ich durchaus nicht / nach dem Eure Durchl. glüklich erlöset ist / daher mich däucht / als währe er kaum gestern von mir gezogen / und danke dem allerhöchsten Gott / daß er sie alle miteinander nach überstandener Gefahr / glüklich und gesund alhie hat anlangen lassen; bitte sehr / Eure Durchl. wolle ihr gn. gefallen lassen / auff meines H. Vaters Hof mit uns einzukehren / woselbst deroselben nach meinem wenigen Vermögen gehorsam auffzuwarten mich befleissigen wil. Die GroßFürstin ward über solcher Demuht sehr unwillig / und fing an: Ey meine herzgeliebete Fr. Schwester / ich bitte durch Gott / mit dergleichen niderträchtigen / und in mir Schahm und Unmuht wirkenden Reden mich hinfüro zuverschonen; dann was solte mich mehr betrüben oder kränken / als wann eine Großmächtige Königin / und meines leiblichen Herrn Bruders Gemahl / mit mir anders als schw[...]lich umgehen wolte; sihet aber Eure Liebe mich vor so stolz an / müste mir leid s[...]A1[285] mich vor deren Augen habe finden lassen; wo nit / wird sie / wann sie mich liebet / mich nimmermehr so hoch wieder betrüben. Fr. Sophia entschuldigte sich bester massen / und erklärete sich / weil ihrer Liebe es also gefiele / ihrem Willen genüge zutuhn. Inzwischen hatten die beyden Fräulein sich herzlich / und wol mit hundert Küssen empfangen / hernach sagte Frl. Lukrezie zu der GroßFürstin: Durchl. Fr. Schwester /alhie sihet Eure Gn. unsere geliebte Freundin Frl. Sibyllen / derẽ wir in unserm Gespräch so oft Erwähnung getahn / und stehet sie bereit / Euer Gn. die Hände zu küssen. Sie ist mir eine sehr geliebte Freundin / antwortete sie / umfing sie lieblich / und versprach ihr alle Schwesterliche Liebe und Träue zuerweisen. Hingegen bezeigete sich das Fräulein sehr untertähnig / und baht / dz sie ihre schlechtgültige Auffwartung ihr gn. möchte gefallen lassen. Es stunden aber die beydẽ jungen Fürsten eine geraume Zeit mit entblössetem Häupte / ehe sie ihr wilkommen verrichten kunten / hätten auch weiters noch warten müssen /wann nicht Herkules sein Gemahl erinnert hätte / da er zu ihr sagte: Geliebter Schaz / sehet da eure beyden Oheimbe / den Königlichen Fürsten aus Schweden /und meinen geliebten Bruder Fürst Baldrich / welche Gott aus sonderlicher Versehung biß hieher geleitet hat / und bereit stehen / eure Liebe zu grüssen. Die GroßFürstin erröhtete gar wegen ihrer unvermuhtlichen Gegenwart: und antwortete: Ach mein Gott / sol dann der heutige Tag so voller Glükseligkeiten seyn /und mir die längstgewünschete Kundschafft dieser so angenehmen Oheimben und Freunde erteilen? neigete sich zugleich sehr ehrerbietig gegen dieselben / da Siegward zu ihr trat / und auff ein Knie sich niedersetzend / ihr die Hand küssete / nachgehend also anfing: Nachdem der günstige Himmel mir den langgewünscheten Tag scheinen lässet / an welchem mir Gelegenheit fället / Ihrer Gn. unvergleichlicher Vortrefligkeit aufzudienen / habe ich den gewünschten Zweg meiner Glükseligkeit schon erreichet / vor dißmahl demühtig bittend / daß in die Zahl ihrer bereitwilligsten Knechte ich möge untergenommen werden. Valiska beschwerete sich der Ehrerbietung gar zu schwerer auffgeladener Burde / welche zuertragen sie allerdinge sich unbestand befünde / baht deswegen den Fürsten / auffzustehen / damit sie nicht gezwungen unhöflich seyn müste. Siegward küssete ihr die Hand zum andernmahle / hub sich sittig auff / und nach berührung des Saumes ihres OberRoks gab er vor / es währe alle Welt schuldig / vor ihrer höchstrühmlichen Tugend sich zu demühtigen und des Himmels volkommenes Meisterstük gebührlich zuverehren / bähte demnach / ihre Gn. ihm sein unvermögen in ablegung der schuldigen Ehre gnädig zu gute halten / und sich versichern möchte / daß mit Gedanken er leisten wolte / was in äusserlicher volbringung ihm unmöglich währe. Herkules selbst gedauchte diese Höfligkeit zu groß seyn / setzete deßwegen seine Reden ins mittel und sagete: Geliebter Bruder und Oheim / eure Liebe dürften mein Gemahl wol gar zu einer Stummen machen / nachdem ihr schwer fallen wird dergleichen über ruhm zubeantworten. Dem ist freilich also /sagte sie / und behalte ich mit dieser unbilligkeit Rache billich bevor / wo mir sonst nicht abtrag gemacht wird; neigete sich abermahl gegen ihn / und trat hin zu Baldrich / welcher gleichergestalt niderkniete /und nach [...]em Handkusse mit anmuhtiger Rede sagete: Durchl. Frau Schwester und Wase / [...] Herrn Bruders und eurer Durchl. Heyraht wünsche ich den himlischen Se[...]rer glüklichen erlösung / und möchte wünschen / daß unsere liebe Eltern:A2[286] dessen wissenschaft haben solten; im übrigen wird meine Fr. Schwester an meiner wenigkeit einen stets bereitwilligen Diener haben. Die Fürstin umbfing ihn freundlich / bedankete sich der geschehenen Glükwünschung /und erboht sich hinwieder zu aller schwesterlichen Freundschaft. Nachgehends ward Frl. Lukrezie von ihnen auch hoch geehret / da unterdessen Fr. Sophia mit dem andern ankommenden Frauenzimmer ein freundliches Gespräche hielt; weil aber die Sonne ihren Untergang dräuete / und Libussen nach der Stad verlangete / sagte sie aus scherz zu der GroßFürstin; Gnädigste Frau / sol ich bestellen / daß die Zelten hervorgesucht und auffgeschlagen werden / alsdann wird meine Schwester Euphrosyne umsuchen was vor eine kalte Küche uns übrig sey / damit diese Fürstl. Geselschaft den Hunger stille. Der GroßFürstin wahren ihre schwänke bekant / und gab ihr zur Antwort: Fürchtestu dich schon / daß du mit deinem Leches nicht gut geschir gnug haben / und noch eine Nacht unsanft liegen werdest? nöhtigte darauff alles Frauenzimmer auff den Elefanten / uñ hielten auff demselben den Einzug. Es wahr schon gar früh durch ganz Padua erschollen / daß ihre Erretter wieder zu lande geschlagen / und diesen Abend ankommen würden; weil dann die ihnen erbauete trefliche Burg allerdinge fertig /und mit aller Haußnohtturft überflüssig versehen wahr / sendete der Paduanische Raht / Herrn Zezilius Antenor und eilf andere Herrn ihres mittels mit allen Stadspielleuten vor das Tohr / sie zuempfahen / und auff ihre Burg zu führen. Unsere Helden kanten sie alle / stiegen deßwegen von ihren Pferden / weil auch diese zu fusse gingen / und wurden von wolgemeldetem Herrn also angeredet: Großmächtigster König Herr Ladisla / uñ Durchleuchtigster GroßFürst Herr Herkules; es erfreuen sich alle Einwohner dieser Stad über der glüklichen Wiederkunft ihrer Erlöser / insonderheit der Raht und die Stad Obrigkeit hieselbst / als welche mich und gegenwärtige meine Amtsgesellen abgefertiget / eure Durchll. und dero Geselschaft / untertähnig und gebührlich zuempfahen / und auff ihre schon vor 12 Wochen verfertigte Burg zu führen / mit untertähniger und dienstfreundlicher bitte / solches Gebäu als ihr ewiges Erbe gnädig und günstig anzunehmen / es nach ihrem belieben zubewohnen / und was daran noch gebauet zu werden / ihnen gnädig gefallen möchte / kühnlich anzuzeigen / auch mit den schlechten Speisen / die in solcher Eile haben können zuwege gebracht werden / freundlich vor lieb zunehmen / und unser aller gnädige und gewogene Herrn stets zuverbleiben. Herkules bedankete sich in ihrer beyder Nahmẽ / der hohen Ehre / möchte wünschen /daß die Stad der grossen Kosten des Gebäues hätten sparen wollen / weil es ihnen aber also gefallen / erkenneten sie daraus ihre hohe gewogenheit / und ob sie gleich dem Herrn Stathalter ihre Geselschaft diesen Abend schon versprochen / wolten sie dannoch ihnen gerne folgen / auch sonst alle mögliche gelegenheit suchen / ein dankbahres Herz sehen zu lassen /verpflichteten sich der Stad zu dienste / und bahten umb beständige gewogene freundschaft / auch / daß die Herrn Abgeordenten diesen Abend bey ihnen in Geselschaft verbleiben wolten. Hierauff ging Blaß-Trommel- und Seitenspiel durch einander / daß man sein eigen Wort nicht hören kunte. Die Abgeordenten stiegen auff ihre Gutschen / uñ fuhren vorhin / Herkules und Ladisla folgeten nach / liessen Leches und Klodius alsbald nach des Stathalters Hoff reiten / und ihn nebest seinem Gemahl nach ihrer neuen Burg hohlen. Markus und Neda musten Herr Kornelius und Emilius mit den ihren herbitten /[287] sie aber zogen mit ihrer Geselschaft fort / biß sie auff den Markplaz kahmen / da ihre gegossene Bildnissen stunden / und mit den ersten Merzenblümlein außgezieret wahren. Die kleinen Kinder stunden umb denselben her / sungen ihr gewöhnliches Liedlein (im ersten Buche am 211 Blade gemeldet) mit voller Stimme / und drungen damit der GroßFürstin die Trähnen aus den Augen /welche hieselbst mit dem Frauenzimmer von dem Elefanten stieg / und nach besichtigung der auffgerichteten Bilder von den Abgeordenten treflich empfangen /hernach mit Ladisla und Herkules in den Vorderplaz der neuen Burg geführet ward / denen die andern alle folgeten. Der Abend verhinderte es / daß alle denkwirdige sachen von ihnen nicht kunten besichtiget werden / gingen durch einen treflichen Schwiebogen in den innern Plaz / der mit Marmel übersetzet und mit Blumen bestreuet wahr. Der grosse Gastsaal wahr gegen Mitternacht gebauet / auff welchem 60 Tische kunten angerichtet werden. An einer Seite stund die Stad Padua / auff der andern die bestürmung des Raubnestes so artig abgemahlt / daß Herkules sich darüber zum höchsten verwunderte. Der Stathalter und andere erbehtene Gäste kahmen bald herzu / und nach bezeugung ihres grossen mitleidens wegen der GroßFürstin müheseliger / nunmehr geendeter Unruhe / empfingen sie dieselbe sehr freundlich / wurden auch dergestalt von ihr hinwiederumb geehret / daß sie daher schon ihren hohen Verstand und Tugend erkenneten. Nicht weniger bedankete sich der Stathalter und sein Gemahl gegen Fürst Baldrich und Siegward /wegen geschehener erlösung / und erbohten sich zu aller Freundschaft und Liebediensten. Bey anrichtung der Abendmahlzeit nahm Herr Antenor die Wirtschaft auff sich / hatte drey lange Tische auff diesem Saal decken lassen / und wurden an dem ersten / der Stathalter nebest allen Fürsten / auch seinem Sohn und dem jungen Sulpizius gesetzet / da dañ H. Antenor wieder seinen willen hieselbst die Stelle nehmen muste. Ein jeder hatte sein Gemahl neben sich sitzen /und ward Baldrichen Frl. Lukrezie / Siegwarden Frl. Sibylla / Arbianes Frl. Helena / und Sulpizius Frl. Luzilla Antenoria / Herrn Antenors Tochter beygefüget. Die übrigen Anwesenden nahmen die andern Tische mit ihren Ehegemahlen ein. Die Trachten wahren sehr köstlich / daß jeden wunder nam / wie man in so kurzer Zeit darzu hätte raht schaffen können; so griffen auch die unsern frisch zu / weil ihrer etliche diesen Tag grosse mühe und wenig Speise genossen hatten. Nach geendeter Mahlzeit hielten sie ein freundliches Gespräch / und gab der Stathalter allemahl der GroßFürstin anlaß zu reden / weil jederman ihrer anmuhtigen vernünftigen Erzählung gerne zuhörete / dz auch Frl. Helena in ihrem Herzen bekennen muste / Herkules hätte inbetrachtung ihrer volko enheit wenig Ursach gehabt / sich einer andern zuergeben. Siegward hielt mit Frl. Sibyllen mancherley unterredung / und mischete / so oft sichs schicken wolte / sein ansuchen / umb geliebet zu werden / mit ein / worauff er zwar keine abschlägige / aber doch so genügliche Antwort nicht bekam / als er wünschete. So empfand auch Baldrich nicht geringe neigung gegen Frl. Lukrezien /dessen er sich doch nicht merken ließ / weil er weder mit ihr bekant wahr / noch ihr einzige Dienste geleistet hatte; verdienete aber nicht desto weniger gute Gunst bey ihr durch sein ehrliebendes züchtiges Gespräch / daß sie ihm diesen Abend sehr wol gewogen ward. Herkules uñ Ladisla redeten gar wenig mit der Geselschaft / aber mehr mit ihrem Gott im herzen /und danketen ihm vor seine gnädige hülffe / die er ihnen bißher[288] so reichlich erzeiget hatte. Der Stathalter meinete / die müdigkeit und unlust der außgestandenen Meer-reise / währe ihres stillschweigens Ursach /deßwegen stellete er ihnen frey / nach belieben sich zur Ruhe zubegeben / welches ihnen nicht unangenehm wahr / nicht / daß sie alsbald schlaffen gehen /sondern ihrer gewohnheit nach / ihr Dankgebeht zu Gott halten wolten / weil sie vor dem Essen darzu keine Gelegenheit gehabt / nahmen demnach freundlichen abscheid von der ganzen Geselschaft / da ihnen der junge Fabius und die andere Christen Mannes und Weibesbilder auff dem Fusse nachfolgeten / weil sie durch einen Wink verständiget wurden / daß der Gottesdienst solte gehalten werden. Als sie nun in einem abgelegen Gemache sich allein befunden / schicketen sie sich zur Andacht / setzeten sich miteinander auff die Knie / uñ nam die GroßFürstin ihr Buch zur Hand / aus welchem sie unterschiedliche Dankgebehte mit heller Stimme lase / auch hernach aus König Davids Gebehtbuche / der Psalter genennet / den 9 / 11 16 /18 / 23 / 30 / 34 / 40 / 46 / 92 / 103 / 111 / 118 / uñ 145 / Psalm; danketen also ihrem Gott zwo Stunden von ganzem herzen vor seinen augenscheinlichen /ihnen in allen nöhten geleisteten beystand; stimmeten ach miteinander den 107 Dankpsalm Davids / gesangsweise an / welchen Herkules auff der Meers-Reise in Lateinische verse eingerichtet hatte / und sein Gemahl sie hernach also übersetzete:


Der CVII Psalm.

1

Preist unsern Gott von wegen seiner Güte /

Dann sein barmherziges Gemühte

Bestehet biß in Ewigkeit.

Diß sagen / die der HErr hat frey gesprochen /

Und in der hochbetrübten Zeit

Die schwere Last der herben Noht gebrochen.


2

Die Er von den weit abgelegnen enden

Hat lassen wiederumb anländen

Von dannen da die Sonn' auffsteht /

Und da sie sich zu Abendzeit verstecket /

Da wo die Norden Kälte geht /

Und wo das Meer den Boden gar bedecket.


3

Sie gingen in der Wüsteney verirret /

Der Weg wahr einsam und verwirret /

Und traffen nirgend keine Stad

Zur Wohnung an. Sie wahren aus der massen

Von durst und hunger müd' und mat /

Daß sie auch schier die Seele musten lassen.


4

Da traten sie zum Herrn mit ihrem behten /

Der brachte sie aus Angst und nöhten /

Und führete sie richtig an /

Daß sie den Weg gebührlich vor sich nahmen /

Und wandelten die ebne Bahn /

Zur Stad / da sie zur freyen Wohnung kahmen.


5

Die sollen nun dem HErren Dank beweisen

Vor seine Gunst / und höchlich preisen

Die grossen Wunder die Er tuht

Hier unter uns; daß er die Seel erfüllet

Mit seinem allerhöchsten Gut /

Und ihren Durst und Hunger fein gestillet.


6

Die welche da in todes Schatten lagen

Und in die Eisen eingeschlagen /

Weil sie des HErren Lehr und Wort /

Des höchsten Raht so durften untertreten;

Drumb plaget' Er sie fort und fort /

Sie fielen hin / und durfte keiner retten.


7

Da traten sie zum HErrn mit ihrem behten /

Der brachte sie aus Angst und nöhten /

Und führete sie her ans Licht /

Aus dunkelheit und aus des todes Schatten /

Die schweren Ketten blieben nicht /

Die sie vorhin so hart gebunden hatten.


8

Die sollen nun dem HErren Dank beweisen

Vor seine Gunst / und höchlich preisen

Die grossen Wunder die Er tuht

Hier unter uns / daß Er die Ehrnen Tühren

Durch hin zu bricht / und macht die Huht

Der Riegel gar zu Wasser / wie wir spüren.


9

Die Narren die von ihrer Sünde wegen

Und übeltaht / mit harten schlägen

Sind heimgesucht von ihrem Gott;

Daß ihre Seel' auch ekelt vor den Speisen /

Die musten nunter in den Tod

Durch Krankheit und viel ungemach hinreisen.


[289] 10

Da traten sie zum HErrn mit ihrem behten /

Der brachte sie aus Angst und nöhten /

Und sendete sein Wort herzu /

Er machte sie gesund von allen Seuchen /

Schafft ihnen Fried und süsse Ruh /

Daß Noht und Tod von ihnen muste weichen.


11

Die sollen nun dem HErren Dank beweisen

Vor seine Gunst / und höchlich preisen

Die grossen Wunder die Er tuht

Hier unter uns; sie sollen Gott danksagen /

Und alle sämtlich wolgemuht

Des HErren Werk mit freuden weit außtragẽ.


12

Die auff dem Meer mit vollem Sägel fahren /

Und hohlen ihre frische Waaren

Von fern auff grossen Wassern her /

Die haben recht des HErren Werk gesehen

Und seine Wunder in dem Meer /

Dz wañ er spricht / wind uñ sturm muß loßgehẽ.


13

Da fuhren sie gen Himmel auff den Wellen /

Die musten sie gleich wieder fellen

Biß in den allertiefsten Sand.

Deß wolt ihr Geist vor bangigkeit verzagen /

Weil ihnen sämtlichen geschwand

Wie Trunkenen und wusten nichts zu sagen.


14

Da traten sie zum HErrn mit ihrem behten /

Der brachte sie aus Angst und nöhten;

Da ward der trübe Himmel klar;

Das Wetter brach / darob sie freude nahmen /

Daß es so schön und stille wahr /

Und sie durch ihn zum lieben Hafen kahmen.


15

Die sollen nun dem HErren Dank beweisen

Vor seine Gunst / und höchlich preisen

Die grossen Wunder die Er tuht

Hier unter uns. Sie sollen bey den Leuten

Aus Herzenbrunst und Andachtgluht

Ihn rühmen / und bey alten stets ausbreiten.


16

Der Flüsse macht zu dürren Wüsteneyen /

Und Brunnen / die sonst Wasser speyen /

Läst überal versieget seyn.

Der alle Frucht des Ackers läst verschwinden /

Daß er saur wird / und trägt nichts ein /

Von wegen der Einwohner groben Sünden.


17

Der trocken Land mit Wasser reichlich füllet /

Daß dürrer Sand viel Güsse bringet /

Gleich einer aufgelauffnen Bach;

Und macht / das die dem Hunger musten frohnẽ /

Nunmehr da bleiben vor und nach

In Städten / die sie bauen zubewohnen.


18

Auff daß sie da dem Acker Samen geben /

Und den Weinbergen schöne Reben /

Daß sie zu recht-gelegner Zeit

Die reiffe Frucht mit voller Erndte kriegen /

Da geht sein Segen weit und breit /

Sie nehmen zu / ihr Vieh muß nicht erliegen.


19

Doch werden sie gemindert und verstossen /

Wann über sie wird ausgegossen

Angst und beschwere Grausamkeit.

Wann er den Spot auff ihre Fürsten schüttet /

So gehen sie ohn Unterscheid

Auff falscher Bahn / und werden gar verrüttet.


20

Noch schützet er die Armen vor gefährde /

Und mehret sie gleich einer Heerde.

Das siht ein jeder frommer Mann

Mit Lust; da muß das Maul die Bosheit haltẽ /

Wer ist klug und merkt dieses an?

Der kan verstehn / wie Gottes gunst wird waltẽ.


Nach Endigung dieses Gesanges lase die GroßFürstin diesen ihren gewöhnlichen Abendsegen:

Das walte Gott Vater / Sohn / und Heiliger Geist /Amen. Gnädiger und barmherziger Gott und Vater / ich danke dir durch deinen lieben Sohn JEsus Christ / meinen Heyland und Erlöser / daß du mich heut diesen Tag und die ganze Zeit meines Lebens so gnädig- und väterlich behütet und bewahret hast vor Schaden und Gefahr /vor des Teuffels Trug und List / vor der Welt verführischem Gräuel / vor Leibes und Seelen unfall / vor unvermuhtlichen schnellen Tod / und vor alle dem / was mich von deiner Liebe hätte abzihen können. Ich bitte dich von ganzer Seele / verzeihe mir alle meine Sünde und Missetaht / damit ich dich jemahls erzürnet / und nicht allein zeitliche Straffen / sondern auch den ewigen Tod wol verschuldet habe. Nim dich hinte und die ganze folgende Zeit meines Lebens meiner geträulich an / und fasse mich unter die Beschirmung deiner Gnaden Flügel /damit weder mein Fleisch / noch der leidige Teuffel /noch böse gottlose Menschen mich berücken und in unfal stürzen. Die Obhuet der lieben heiligen Engel laß über mich walten / daß ich sicher ruhen / und gesund wieder auffstehen[290] möge. In deine Hände / mein Gott und Erlöser / befehle ich mein Leib und Seele / mein Gemahl / Eltern / Söhnlein / und alle Anverwanten; bekehre HErr GOtt / die noch in der heydnischen Blindheit stecken /und die schon erleuchtet sind / bestätige in deiner Warheit und Liebe / daß weder Troz noch Gewalt / weder Ehre noch Schande / weder Glük noch Unfal / weder Leben noch Tod sie von deiner Liebe und Beständigkeit abschrecke. Laß mein übriges Leben nach deinem Wolgefallen angestellet seyn / zu Lobe deinem hochheiligen Nahmen / und zu meiner Seelen Heil und Seligkeit /Amen / Amen.

Hierauff behteten sie das heilige Vater Unser / den Christlichen Apostolischen algemeinen Glauben / und beschlossen mit diesem Sprüchlein des 33sten Psalmes: Unsere Seele harret auff den HErrn / er ist unser Hülffe und Schild; dann unser Herz freuet sich fein / und wir trauẽ auf seinen heiligen Nahmen; Deine Güte / HErr / sey über uns / wie wir auff dich hoffen.

Hernach verfügeten sie sich / ein jeder auf sein zubereitetes Schlafzimmer / ohn daß Fr. Sophia und Frl. Lukrezie wieder nach den Gästen gingen. Siegward hatte unterdessen bessere Gelegenheit gefunden / mit seinem geliebten Fräulein zureden / uñ bemühete sich sehr / eine unbedingete Antwort bey ihr zu erhalten /welches ihr aber die Jungfräuliche Zucht nicht gönnen noch zulassen wolte / ob sie gleich ihr Herz schon darzu geschicket hatte; Zwar sie gestund / daß wegen beschehener Rettung sie ihm hoch verpflichtet währe /weil sie aber über sich selbst keine Gewalt hätte /sondern ihren Eltern und Anverwanten billich müste untergeben seyn / wurde er nach seiner Fürstlichen Vernunfft leicht ermässen / wie in solchen sachen ihr nicht geziemen wolte / schließliche Antwort zugeben /zweifelte auch nicht / er würde solches vielmehr an ihr loben / als tadeln oder hassen. Er aber kunte sich hiemit nicht befriedigen lassen / sondern erwiederte /daß in dergleichen Teidungen deren Wille eigentlich der vornehmste währe / denen es zum nähesten anginge; wolte gleichwol dieses nicht zu dem Ende geredet haben / als ob er ihre hochansehnliche Eltern und Anverwanten vorbey zugehen oder zuverachten willens währe / nur allein bähte er umb so viel Versicherung /dz wañ er an solchen Orten ein solches suchen würde / sie ihm nicht verhinderlich oder zuwider seyn wolte. Hieselbst befand sich das Fräulein gefangen / durffte es doch unbeantwortet nicht lassen / und gab ihr gleichwol die gewöhnliche Scham nicht zu / eine richtige Erklärung von sich zugeben / ungeachtet Fr. Sophia sie dessen schon gnug versichert hatte / dz ihren Eltern angenehmers nicht würde begegnen können /sondern sagte zu ihm: Durchl. Fürst / Eure Liebe halten bey mir umb ein solches an / wovor ich billich höchlich Dank sage / mich auch wol erinnere / daß demselben meiner Ehren heutige Rettung nähest Gott zudanken habe / und daher ihm nach Mögligkeit zubegegnen schuldig bin; Ich bitte aber sehr / Eure Liebe wollen mir in diesem Stücke bedenkenszeit gönnen / und inzwischen sich versichern / dz meiner herzgeliebeten Eltern und Anverwanten Wille / des meinigen die unfehlbahre Richtschnur seyn und bleiben muß; wobey dieses anzuhängen ich mich selbst überwinden wil / dz meine Eltern und Freunde wol erkennen werden / wie viel Euer Liebe sie schuldig sind. Fr. Sophia setzete sich zu Siegward nid er / und fragete ihn / wie er sich an der von dem Räuber empfangenen Wunde befünde; Worauf er zur Antwort gab: Dieser Verletzung währe leicht raht zuschaffen /wann das Fräulein nur zuerbitten seyn möchte / daß sie ihm seine Herzenswunde / welche sie ihm geschlagen / wieder heilen wolte / könte aber weder hülffe noch Verwerffung bey ihr erlangen / indem sie mit zweifelhafter / und auf Schrauben gestelleter Antwort je mehr und mehr sich vernehmen liesse; wann aber Ihre Liebe der heut[291] früh getahnen Verheissung gnädig eingedenke seyn / und ihm seinen Wunsch erhalten wolte / würde sie ihn sich dergestalt verbunden machen / daß zeit seines Lebens er sich vor ihren verschuldeten halten und erkennen müste; dafern aber diese seine Bitte nicht stat haben könte / würde die Unerträgligkeit ihm die lezte Urtel bald sprechen /deren zuunterwerffen er sich schon gefasset hielte. Wie meynet Eure Liebe / antwortete Fr. Sophia / daß meine Fräulein Schwester zu solcher Undankbarkeit angewiesen ist / daß sie dessen Verderben suchen solte der ihre Ehr und Leben von dem schändlichen Verderben / mit Darstreckung seines Königlichen Blutes errettet hat? Eure Liebe wollen sie des Verdachts freundwillig erlassen / und von mir die Versicherung nehmen / daß ihre Vernunfft dessen viel anders unterwiesen ist. Zwar ihre Zucht und Scham ist mir wol bekant / und muß sie billich in dieser Sache bedachtsam fahren / damit Eure Liebe nicht schier heut oder morgen selbst daher Ursach nehme / ihre gebührliche Zucht in Argwohn zuzihen. Wolle demnach dieselbe sich ein wenig gedulden / biß ich Gelegenheit habe / meiner Frl. Schwester Eltern es zuhinterbringen / welches keinen Tag sol auffgezogen werden / da dann Eure Liebe an billicher Dankbarkeit nicht zweifeln sol. Siegward ging hierauf in sich / und befand / daß seine Anwerbung viel zu hefftig getrieben wahr / bedankete sich anfangs gegen Fr. Sophien / und sagete nachgehends zu dem Fräulein: Verzeihet mir / Hochgebohrnes Fräulein / daß meine Kühnheit durch gar zu hefftige Liebesregungen sich hat aufftreiben lassen / die lohbrennenden Flammen meiner Begierden ohn Zumengung einiger Höfligkeit heraus zu stossen; ich bekenne meinen gar zu groben Fehler /und wil mich äusserst bemühen / denselben zuersetzen / dafern nur bey euer Vortrefligkeit ich des ergangenen Vergebung erhalten kan. Sie antwortete ihm mit holdseliger Stimme: Durchl. Fürstich vernehme ganz gerne / daß Eure Liebe sich in ihrer Ansträngung mässigen wollen / denen zubegegnen ich mich unbestand befinde / wil demnach hernähst mit Euer Liebe desto kühner reden / und stets nachsinnen / wie vor beschehene Rettung mit deren guten Vergnügung ich mich dankbarlich einstellen könne. Aber / sagte sie zu Fr. Sophien / warumb bleibet sie nicht bey ihrem liebsten Gemahl / und lässet denselben allein schlaffen? Ich danke Gott von herzen / gab sie zur Antwort / daß ich ihn wieder habe / werde mich auch nach Trennung dieser Geselschaft bald bey ihm finden; wie dañ solches nicht lange anstund / weil der Stathalter aufbrach / und die Gäste alle folgeten / die beyden Fürsten auch auff eins schönes SchlafGemach geführet wurden /und die beyden Fräulein allernähest bey Herkules Zimmer ihre Kammer hatten. Die beyden Fürsten / so bald sie allein wahren / offenbahreten einander ihre Liebe / und trösteten sich / daß vermittels Frr. Valisken und Sophien sie ihren Zweg noch wol erreichen könten. Es hatte aber Frl. Lukrezie Siegwarden gute Zuneigung zu Frl. Sibyllen fleissig angemerket / kunte daher nicht unterlassen / sie nach ihrer Entkleidung damit zustechen / und fing an: Herzgeliebtes Schwesterchen / was schenkete mir Fürst Siegward drumb /wann ich ihm hinte meine Schlaffstelle überliesse? Sibylla bezahlete sie baar mit dieser Antwort: Hierzu würde dich / geliebte Schwester / nichts bewägen / als daß du mit ihm einen angenehmen Tausch halten möchtest; aber gib dich zufrieden ich wil Fürst Baldrichen deine gute Gunst und Gewogenheit mit ehestem zuerkennen geben / und deinen schrifftlichen Aufzug mit Silvan zuvergelten wissen / welcher mir zwar überaus grossen Schrecken verursachete / aber gegen[292] den heutigen wahr es kaum zurechnen; erzählete hiemit / wie nahe ihr die Gewaltsamkeit gewesen /welche einig dieser Fürst abgekehret hätte. So bistu ihm billich verpflichtet / sagte Lukrezie; aber dein Einwurff hat weder Schmak noch Klang; dann vorerst weistu / daß ich Fürst Siegwards stelle nicht einnehmen würde / da er sie mir gleich anböhte / wüste auch nicht / daß du unser beyder wegen einigen Verdacht fassen köntest / ohn daß er bey mir gesessen. Hastu dann mehr ursach zuargwohnen? fragte Frl. Sibilla /oder hat er dich / mir seine Liebe vorzutragen / irgend begrüsset? betriegen mich meine Augen nicht / so haben die deine dich schon zimlich verrahten / welche Fürst Baldrichen viel fleissiger beschaueten / als einigẽ andern anwesenden. Ach nein / antwortete die verschlagene Lukrezie / meine Augen musten wol ruhen /dann die Ohren hatten viel zuviel zuschaffen / euer beyder verliebete Reden einzunehmen / daß deiner Kühnheit mich nicht wenig wunder nam. Das fro e Sibyllichen meynete nicht anders / sie hätte alles gehöret / welches jene doch nur tichtete / gab deswegen zur Antwort: Herzen Schwesterchen / ich habe ihm ja die Rede nit verbieten können / vielweniger mich ihm unwürsch erzeigẽ / wolte ich nicht vor unhöflich angesehen seyn. Ich weiß ja wol / wie viel ich ihm schuldig bin / und dafern er ein Christ währe / würde ich ihn auf meiner lieben Eltern geheiß nicht ausschlagen / aber einem Heyden vermähle ich mich nun nicht / sondern sterbe viel lieber im Jungfern Stande; und wie froh wolte ich seyn / wann du dich auch finden / und den allein seligmachenden Christlichen Glauben annehmen köntest / welcher von meiner Schwester Fr. Sophien mir schon lange ausgelegt und vorgetragen ist / ich ihn aber erst gestern Abend angenommen habe / und daher / Gott Lob / einen sonderlichen Trost emfinde. Frl. Lukrezie umfing sie auff diese Rede / und sagete: O wie angenehm ist mir diß zu hören / daß du dich zu unserm heiligen Glauben gegeben hast! dein Wunsch ist an mir schon lange erfüllet / massen ich schon albereit eine getauffte Christin bin / und habe nähst Gott meine Bekehrung bloß allein GroßFürst Herkules zudanken / dem ich bißher mit keuscher schwesterlicher Liebe zugetahn bin / daß ich umb Heyrahtsachen mich nicht bekümmert / oder davon hören mögen / ungeachtet meine Eltern nicht allein von dem närrischen Prokulus / sondern auch von Herrn Karvilius und andern vornehmen Römischen Rittern eine zeither Ansprache gnug gehabt; dann so wenig sie als ich / haben Lust / mich einem Heyden zuvermählen / und weil Fürst Baldrich eben so wenig als Siegward dem Christentuhm zugetahn ist / würde er umsonst hoffen / wann er in den Gedanken stehen solte. Wie aber / antwortete Frl. Sibylla / wann deinetwegen ich mich bemühete / ihn zum Christlichen Glauben zubringen / woltestu dich dann weiters noch wegern / mit Fürst Siegward die Schlafstelle zuvertauschen? Aber ich vernehme ganz gerne / daß du und ich einen Freier an Prokulus gehabt / der / wie ich berichtet bin / bey meinen Eltern neulicher Zeit einen statlichen bodem-losen Korb bekommen; Da nun deine Meynung / welche du von Fürst Siegward gefasset hast / vor sich gehen solte / könte in dieser Heiraht mit Prokulus ich dir gute Dienste leisten. Frl. Lukrezie lachete des erbietens / und antwortete: Unser Gott wird uns schon bescherẽ / wz er uns gnädig ausersehen hat; Und vielleicht gibt es die gelegenheit /schier morgen oder übermorgẽ bessere Kundschaft mit den liebẽ Fürsten zumachen / nur bleibe dem deinen geträu / und mache mir den meinẽ durch deine verlöffelte Augẽ nit abspenstig. Furcht ist allemahl bey den verliebeten / sagte Frl. Sibylla / drum wird es an dir nit fehlen; nam sie[293] bey der Hand / uñ führte sie mit sich nach Bette. Der junge Fabius war früzeitiger mit seiner liebsten Ursulen schlaffen gangẽ / hatte ihr alsbald sein Christentuhm offenbaret / uñ sie ernstlich erinnert / ihrer Seligkeit wahrzunehmen / und nach dem Beyspiel seiner Schwester / ihr den Christlichen Glaubẽ gefallen zu lassen / welches sie zu seiner vollen vergnügung beantwortete: Es hätte seine Schwester sie darzu oft und viel / auch noch gestern Abend in der Räuber Höhle ganz fleissig vermahnet / so währe sie auch davon nicht abgeneigt gewesen / nachdem sie ihr diesen Glauben fleissig vorgetragen und erkläret / nur weil sie an seiner einwilligung gezweifelt / hätte sie es auffgeschoben / und wolte sie von nun an mit Gottes hülffe eine Christin leben und sterben / worauff sie beyderseits ihr andächtiges Gebeht zu Gott verrichteten / und darüber von herzen erfreuet wahren. Siegward und Baldrich wahren des folgenden morgens am ersten munter / und so bald jener sich hatte verbinden lassen / legten sie himmelblaue Kleider an / mit Silber reichlich gesticket; die BeinKleidung und darzu gehöriger Schmuk wahr alles von schneweisser Seide mit Silber durch webet und besetzet / welches ihnen zierlich anstund. Die Fräulein erwacheten auch mit der Sonnen auffbruch / umbfingen sich herzlich / und tahten ihr Christliches Morgengebeht / und als sie etwas waches im innersten Platze vernahmen / sahen sie aus dem Fenster / und wurden der beyden Fürsten gewahr / die ein langes Bret hatten setzen / und die eilf Häupter der erschlagenen Räuber darauff stellen lassen. Das unvermuhtliche anschauen dieser beyden färbete die Fräulein feurroht unter dem Angesicht / daß je eine die andere fragete / was diese starke verenderung bedeutete / uñ weil keine trauen wolte / gingen sie beyde vor den Spiegel / da Lukrezie sagete: Was verbirgestu mir deine züchtige flammen /mein Schwesterchẽ? sihe da / diesen Kuß gebe ich dir im nahmen und von wegen Fürst Siegwards. Ich bedanke mich / antwortete sie / und werde ihn hernach fragen / ob du dessen von ihm befehl habest; aber diesen Kuß schicket dir Prokulus von Rom über. Das Fräulein hätte sich dessen schier geeifert / und sagte: Pfui des ungenehmen garstigen Kusses! nimmermehr werde ich denselben an meinen Lippen sitzen lassen; fassete alsbald ein Tuch / und rieb damit ihren schönen Mund / gleich als währe er beschmitzet. Aber Fräulein Sibylla sagte: Nun nun Schwester / wegere dich nicht zu hart; das alte Sprichwort ist wol ehe wahr worden / die sich gramen / die sich nahmen. O weh! antwortete sie / davor wolte ich mir den bittern Tod kiesen. Und wie kanstu mir so schlechten dank erzeigen / da ich dir deinen besten Schaz zugewünschet habe? Ich weiß noch von keinem Schatze / sagte sie /doch so viel ich merke / muß ich mein verbrechen wol verbessern / küssete sie zum andernmahle viel freundlicher und sagete: Diesen Kuß gibt dir der Durchl. GroßFürst Baldrich / uñ bittet dessen vergeltung. Nun fährestu ja noch etwas bescheidener / antwortete Frl. Lukrezie / und wann ich gleich diesen auch abwischen wolte / darff ich doch nicht wegen meines Herr Brudern GroßFürst Herkules / welchen ich dadurch erzürnen möchte; Also trieben diese keusche Fräulein ihre ehrliebende Kurzweil miteinander / und wurden eins /sich den beyden Fürsten gleich zu kleiden / als ob es ohngefehr geschehen währe / putzeten sich auch ohn zutuhn ihrer Leibdienerinnen dermassen köstlich aus /daß der Stathalter selbst und sein Gemahl dessen Ursach merketen. Sie hatten sich kaum angetahn / da kam die GroßFürstin und Fr. Sophia zu ihnen / und brachten eine grosse menge treflicher Kleinot mit sich / welche sie den beyden Fräulein im[294] nahmen Herkules und Ladisla zum Beutpfennige einhändigten / und wie fast Sibylla sich wegerte / muste sie doch dieselben annehmen / weil die GroßFürstin ihr solche selbst anlegete da sie zu ihr sagete: Gott gebe / daß ich meine geliebte Frl. Schwester bald als eine wirdige Braut möge helffen außkleiden / worauff an meinem Orte ich wil bedacht seyn. Lukrezie kunte das schmuzerlachen nicht einhalten / und sagte: Durchl. GroßFürstin / meiner Frl. Schwester hat hinte schon von einem Bräutigam geträumet. Schweig du Plaudermaz / antwortete Frl. Sibylla / ich weiß nicht / wer dich zu Jerusalem das Tichten (hätte schier was gröbers gesagt) so artig gelehret hat. Es ist kein Tichten / sagte Fr. Sophia dañ mich dünket / das Eisen liege schon in der Schmide / welches ihr das Frauenzeichen brennen sol. Ach wie gehets allemahl über die frömmesten und einfältigsten / wann sich die Spötter rotten / klagete das Fräulein; doch litte ichs alles gerne wann nur die Durchl. GroßFürstin daher mich nicht in vergeblichen argwohn zihen möchte. Valiska getrauete Sophien hörete es doch mit innerlichem unwillen / dann sie hatte ihr schon einen Bräutigam im herzen außersehen /deßwegẽ sagte sie: Mir zweiffelt nicht / meine geliebte Frl. Schwester werde mit keinem unwirdigen sich in verlöbnis einlassen / wiewol hievon zu reden mir nicht gebühren wil; Frl. Lukrezien betreffend / bin ich schon versichert / daß sie mich umb solche sachen werde mit wissen lassen / wann sie dergleichen vornehmen solte. Sibylla wolte sich viel entschuldigen /aber die Gelegenheit ward ihr benommen / massen Herkules und Ladisla zu ihnen hinein traten / da nach geschehener empfahung Frl. Lukrezie in ihrer Rede fortfuhr / und zu der GroßFürstin sagete: Ich habe meiner geliebten Schwester / Frl. Sibyllen gestern Abend und heut früh einen gefreiet / und von ihr schon volkommene Zusage erhalten / daß ihrer Eltern willen und unwillen ungeachtet / sie diesem Bräutigam sich ergeben / und seine Gedächtnis aus ihrem Herzen nimmermehr kommen lassen wolle / nachdem ich sie dessen träue und ungefärbeter Liebe versichert habe. So wil ich der erste seyn / sagte Herkules / der hierzu von herzen Glük wünschet. Ladisla folgete /und die übrigen Anwesenden / daher das gute Fräulein so bald zu keiner Antwort kommen kunte; endlich gegen Frl. Lukrezien sich kehrend / also anfing: Geliebte Schwester / warumb erkühnestu dich / diese HochFürstl. Geselschaft mit ungleichem bericht auffzuzihen / dessen zu dir ich mich ni ermehr versehen hätte? bitte demnach eure Liebden ingesamt / mir zuverzeihen / daß deren vergebliche Glükwünschung zubeantworten ich vor überflüssig schätze; hat aber meine Frl. Schwester etwa ein Scherzwort geredet /müste sie ja billich verschwiegen halten. Schweige liebes Kind / sagte Frl. Lukrezie / und verrahte dich selber nicht / ich rede von dem himlischen Bräutigam unserm Heylande / zu dem du Gott lob getreten / und dadurch ein Gliedmaß der Kirchen Gottes worden bist; im übrigen weiß ich mich keiner andern Rede zuerinnern / es währe dann sache / daß meinen Scherz mit Prokulus du in ernst verstehen woltest. Dieses ist ohn zweiffel die beste Heyraht / sagte Herkules / und wird dieser Seelen-Bräutigamb meiner Frl. Schwester ihren Leiblichen schon außersehen haben. Also gab sich das Fräulein zu frieden / und wahr ihr leid / daß sie sich so weit schon bloß gegeben hatte / welches dann zuverbessern sie zu Lukrezien sagte: Ob ich gleich deine aufftreiberey mit dem elenden Prokulus vor eine kurzweil gehalten habe / muste ich mich doch befahren / andere / denen solches unwissend / möchten es anders außdeuten; weil du aber selbst ihnen allen mißverstand[295] stand benommen hast / muß ich dir deinen willen zu gute halten. Fr. Sophia nöhtigte die Geselschafft mit nach dem Saale zu gehen / woselbst ihre Eltern sich schon eingestellet hätten / und ihrer warteten; Als sie nun auff dem Obergange fortgingen / begegneten ihnen Baldrich und Siegward / welche freundlich empfangen wurden / und sagte Fr. Valiska zu ihnen: Geliebte Herrn Oheimbe und Brüder / wann sie vor einer guten Stunde kommen währen / hätten sie gelegenheit fundẽ / mit diesen beydẽ lieben Engelchen allein zusprachen / welches nun verabseumet ist; dann weil ich zu gegen bin / wil mein Vorwiz allemahl mit im Spiele seyn. Aber Fürst Siegward / wie stehets umb eure Wunden? Dieser antwortete; Seines glückes verseumnis währe ihm sehr leid; die im Räuberstreite empfangene Wunde hätte sich in etwas entzündet / würde aber des Arztes außsage nach / bald geheilet seyn. Fr. Sophia störete ihr Gespräch / einwendend / es würde Zeit gehens seyn / weil die boßhaften Räuber den Lohn ihres verbrechens noch vor der Mahlzeit einnehmen solten; hernach würden die vornehmsten des Rahts auff ihrer Eltern Hofe zur Gästerey erscheinen; damit wir aber / sagte sie / nicht ohn ordnung gehen / wolle der Durchl. Fürst Baldrich meine Frl. Schwester Lükrezien hinzuführen unbeschweret seyn; gab sie ihm damit an die Hand / welches er mit hohem Dank annam / und nach gebohtenem Handkusse das Fräulein baht / einen so unwirdigen Geleiter nicht zuverstossen; sie hingegẽ bedankete sich der hohen Ehre / wüste wol / daß sie unwirdig währe von GroßFürstlichen Herren begleitet zu werden / und sie daher sein erbieten bloß vor eine sonderliche Gunst und Gewogenheit rechnen müste / deren ersetzung annoch in ihrem vermögen nicht währe. Ach mein Fräulein antwortete er; Warumb tuht eure Liebe ihrer eigenen Wirdigkeit solchen unverantwortlichen Schimpf an / welchen einer anderen Zungen ich nimmermehr zu gute halten würde; ich vor meine wenigkeit möchte wünschen der Ehren uñ Glükseligkeit wert zu seyn / daß vor ihrer vortrefligkeit Ritter uñ Diener ich mich halten / und von ihrer Liebe davor angeno en würde / alsdañ würde unter der bescheinung ihrer guten Gunst und gewogenheit ich in Streit-uñ kämpfen desto mehr bestand seyn / und mich rühmen können / daß mein bleicher Monde von der treflichsten Sonnen einigen Strahlen zu empfahen gewürdiget worden / wie unwirdig ich mich gleich solches hohen glückes halten und erkennen muß. Das Fräulein wahr willens ihm solches mit guter Vergnügung zuersetzen / weil aber Siegward mit Frl. Sibyllen zu ihnen naheten / sagte sie: Mein Durchleuchtigster Fürst wolle nach seiner Gewogenheit mir verzeihen / daß seinem gar zu hohen erbieten Antwort zu geben / ich durch anderer ankunft abgehalten werde; doch gab sie ihm ihren guten Willen durch einen sanfften Handdruk zu verstehen. Siegward kunte seine Liebesschmertzen weniger als Baldrich verbergen /und baht Frau Sophien / wie sie ihm das Fräulein an die Hand lieferte / sie möchte bey diesem allerliebsten Engelchen durch ihre volgültige Vorbitte ihm das Glük erhalten / daß sie seiner Seele durch genehme Erklärung die hochgewünschte Ruhe erteilen wolte; welches sie mit lachender Rede beantwortete: Ihre Frl. Schwester währe noch bißher mit allen hochverdienten Freunden dankbarlich ümgangen / und hätte seine Liebe gar nicht zu zweifeln / sie würde dem Allerhöchstverdienetẽ auch den höchsten Dank in allem tugendhafften Wolstande mitteilen. Das Fräulein selbst antwortete ihm: Sie befünde sich dieser des Fürsten Auflage wegen[296] hart beleidiget / durch welche er sie bey ihrer Fr. Schwester in verdacht bringen wolte / als ob sie ihm zu einiger Unruhe Ursache zu geben / sich gelüsten liesse / welches von ihr so ferne / als der Himmel von der Erden währe / daher sie dessen Erstattung zu fodern unvergessen seyn würde. Worauff Siegward sagete: Hochgebornes Fräulein /ich suche durchaus nicht / mit euer Liebe zu rechten /dann alsdann müste ich auch in der allersichersten Sache unten liegen / nur allein geschiehet alles bitsweise / in dem ich nichts als Mitleiden suche / welches sie mit ihrem Gefangenen tragen möge / welcher in dem grausamsten Gefängnis der Verzweifelung sich befindend / auff keine andere Weise / als durch ihre Hülffe / das ist / angenehme Erklärung / kan heraußgezogen werden. Das Glük gönnete ihm die Antwort nicht / damit sie vor dißmahl ihn ziemlich zu befriedigen willens wahr / dañ wegen der anderen herzunahung muste er mit ihr fortgehen / und Baldrichen folgen. Auff dem Saale wurden sie von dem Stathalter freundlich empfangen / und verwunderte sich derselbe der vielen unbekanten Kleinot / damit die Fräulein außgezieret wahren. Er suchte Gelegenheit mit Baldrichen zu reden / und sagte zu ihm: Eure Liebe verzeihe mir / daß gestern durch überflüssige hohe Glükseligkeiten verhindert / nach euer Liebe Eltern und deren Wolergehen zu fragen ich unterlassen habe. Baldrich antwortete: Hochmögender Herr Stathalter /wegen solcher freudlichen Nachfrage bedanke ich mich höchlich / hoffe nicht anders / meine Eltern werden annoch in guter Gesundheit seyn; die ich aber in Jahres frist und länger / weder gesehen noch einige Zeitung von ihnen gehabt / massen von meinem Herrn Vater mit einem Teutschen KriegsHeer von 20000 Mann ich meinem Herrn Oheim dem Schwedischen Könige wider seine räuberische Nachbarn die Reussen zu Hülffe gesand bin / von dannen ich nach glüklich geendigtem Kriege / ohn meiner Eltern Vorwissen mit meinem Oheim und Bruder / gegenwärtig / in diese Landschaft mich begeben / den ritterlichen übungen nachzusetzen / und meinem geliebten Bruder Herkules in den Morgenländern zu folgen / daß also den Gruß von meinen lieben Eltern ich niemand anmelden können. Nach solcher Erzählung trat Fr. Sophia hervor / und hielt diese Rede an ihren Vater. Hochgeliebter Herr Vater; nach dem gestriges Tages ich schon erzählet / mit was treflicher Kühnheit gegenwärtige tapffere Helden / die Durchleuchtigsten Fürsten / Herr Siegward und Herr Baldrich mich uñ meine Gespielen aus den Händen so vieler Räuber loßgerissen / und unsere Entehrung abgewendet / bitte ich kindlich / daß ohn längeres verweilen / den annoch übrigen Räubern ihre Boßheit vergolten werde /jedoch daß Appius Leben und Freiheit nach meinem getahnen versprechen erhalte / auch mein ungetreuer Genutius nebest dem Koche unter meiner freien Anordmmg verbleibe; den übrigen sechsen aber die Straffe nach Recht wiederfahre. Der Stathalter zeigete an / es solten ihr die drey nach ihrem Willen geschenket seyn / wiewol sie alle / als Räuber / den Tod verschuldet; im übrigen / damit er nicht aus väterlichem Eifer die masse im Urteilen überschritte / hätte er die Vornehmsten des Rahts darzu verordnet / welche schon an der Gerichtsstelle sässen / und der Missethäter Gegenwart erwarteten. Es wurden dieselben alle mit einander vor die Richter gestellet / welche folgende Urtel über sie sprachen: Appius / ob er zwar nach einhelliger Zeugnis der anderen / noch keine Boßheit hätte verrichten helffen / müste er doch von Rechtswegen mit dem Schwerte vom Leben zum Tode gebracht werden /[297] darumb / daß er sich in die höchstverbohtene Räuber-Geselschaft begeben / und sich denen zum Gehorsam verbunden hätte; jedoch würde ihm Krafft von Fr. Sophien getahner Versprechung /Leben und Freiheit geschenket / solte aber zwey Jahr lang auff der neuerbaueten Burg Holz hacken / und die Vorplätze sauber halten. Der Koch welcher gleichwol schon eine und andere Untaht begangen /solte mit dem Strange am Galgen getödtet werden. Der verrähterische Gutscher Genutius / ob er zwar härtere Straffe verdienet hätte / solte als ein Meinäidiger zween Finger / und durchs Schwert den Kopf verlieren / und solches auff Fr. Sophien Begnadigung. Die eilf Köpffe der erschlagenen Räuber solten auf Stangen gestekt; des ertödteten Furius Leichnam ans Kreuz geheftet; die beyden im Steit gefangene Räuber gerädet / und Fannius samt den andern dreyen Gewalttähtern / gegeisselt und lebendig gekreuziget werden. Als die Verurteileten hinaus geführet wurden / wolte die Fürstliche Geselschaft der Volstreckung beywohnen / und ließ Frau Sophia unterschiedliche kleine ReitGutschen mit zwey Pferden anspannen /auff deren jedweder zween sitzen solten / und musten auff ihre Anordnung Siegward Sibyllen / Balhrich aber Lukrezien Geselschaft leisten / welches ihnen allerseits angenehme wahr. Auf der Gerichtsstat / so bald die Köpffe aufgestekt / uñ Furius Leichnam ans Kreuz geheftet wahr / muste Appius hervortreten /welcher durch einen demütigen Fußfal vor die ihm erteilete Gnade dankete / und sich erboht / die ganze Zeit seines Lebens in Fr. Sophien Diensten als ein Leibeigener zu verbleiben / weil ohn das die Armut ihn in die Räuber-Höhle getrieben hätte. Der Koch und Genutius / wurden von einem RichtersMann (dann so wahr es angeleget) angemahnet / ob ihnen irgend etwas Gnade begegnen könte / solten sie es durch einen Fußfal vor Fr. Sophien / versuchen. Da dann der Koch der erste wahr / und mit heftigen Trähnen umb Lebensfristung anhielt / worauf sie durch Markus den Richtern ansagen ließ / was vor Gnade sie ihm zuerzeigen willens währe; welche ihn wieder vor sich treten liessen / und anmeldeten / es solte ihm das Leben geschenket seyn / müste aber zwölff Ruhtenstreiche von dem Büttel über den Rücken annehmen / und darauf Appius als ein Mitarbeiter zugegeben werdẽ / die Straffe aber solte er auf eine andere Zeit ausstehen. Der ernstlich büssende Genutius hatte alle seine Gedanken / Herz und Sinne nach Gott hingerichtet / und hielt bey demselben umb die allerersprießlichste Gnade an / daß ihm seine ehmahlige Verleugnung und andere begangene Ubeltahten möchten vergeben / und die Seligkeit mitgeteilet werden /so gar / daß er nicht acht drauff gab / als er von dem Richter zum Fußfall ermahnet ward. Herkules und Valiska sahẽ aus seinen Geberden / daß er mit solchen Gedanken umginge / und wurden dadurch zum mitleiden bewäget. Der Richter erinnerte ihn zum andern mal / durch einen Fußfall umb Linderung der Straffe anzuhalten; worauff er vor Fr. Sophen Wagen niderfiel / und diese Rede vorbrachte: Hochgebohrne Gnädigste Frau; die zwo schweresten übeltahten / so unter allen meinen Sünden ich die ganze Zeit meines Lebens begangen habe / sind diese / daß vor drey Jahren ich meinen Gott und Heyland aus furcht des zeitlichen Todes verleugnet / und vor vier Tagen Eure Gn. so schändlich verrahten / und in der Räuber Hände eingeliefert. Die erstgedachte ist ohn zweifel eine ursach gewesen aller nach folgenden / weil ich dadurch des Heiligen Geistes Einwohnung verscherzet / und der Gnade Gottes mich unwirdig gemacht habe. Ich danke[298] aber dem grundgütigen Gott / daß er mich durch diese Gefängniß zur Erkäntniß gebracht / und mir ein bußfertiges Herz verliehen / welches (meinem Heylande sey Dank gesaget) schon den Trost empfindet / dz er meine Bußträhnen ansehen / und mit dem gläubigen Schecher am Kreuz mich wieder zu Gnaden annehmẽ wolle. So seyd nun gebehten / Gn. Frau /und vergebet mir auch meine Sünde / die ich wider euch begangen / und einen schmählichen Tod wol verdienet habe / wil auch die mir gesprochene Urtel nicht allein gerne und willig über mich nehmen / sondern bedanke mich auch vor die hohe Gnade und der Straffe Linderung unter diesem Wunsche / daß der Allerhöchste Gott Eure Gn. und alle die ihrigen hinfüro vor solche und dergleichen gefahr gnädiglich bewahren wolle / in welche sie durch meine Unträue gerahten ist; auch wolle Ihre Gn. neben andern anwesenden Christen mich bey unserm Heylande helffen verbitten / daß er meiner armen Seele wolle gnädig seyn. Ladisla / der bey seinem Gemahl in der Gutsche saß / sagte zu ihm: Du tuhst sehr wol / daß du über alle deine Sünde Reu und Leid trägest / und ob du zwar den Tod freylich verschuldet hast / wil ich doch sehen / ob bey meinem Gemahl ich dir noch eine bessere Gnade erlangen könne; möchte aber auff solchen fall wol wissen / wessen ich mich zu dir nach diesem zuversehen hätte. Solcher Barmherzigkeit / Gnädigster Herr / bin ich allerdinge unfähig / antwortete er / habe mir deren auch nit die geringste Hofnung gemacht / und wann meine Gn. Frau nicht aus ungezwungenem Willen mir das Leben schenken kan / wil ich lieber sterben als in ihrer Ungnade leben. Herkules und Valiska hatten sich nahe herzu führen lassen / daß sie alles Gespräch eigentlich hören kunten; Und weil die GroßFürstin sehr mitleidiger art wahr / ging ihr dieses armen Sünders Busse sehr zu herzen / daher sie Fr. Sophien zurief: Meine Fr. Schwester sey gebehten / und schenke mir diesen verurteileten armen Sünder. Er ist ohndas Euer Liebe eigen / antwortete sie; Drumb gehe hin Genutius / sagte sie zu dem verurteileten / ich habe dir alle dein Verbrechen von herzen vergeben / und die zeitliche straffe von dir abgekehret; Sihe aber zu /daß deine Busse keine Heucheley sey / und vernim /was diese Durchl. GroßFürstin dir befehlen wird. Dieser nach geleisteter trähnender Danksagung und angelobeter Besserung / ging hin / setzete sich vor Fr. Valisken auff die Knie / und sagete: Daß Gottes Barmherzigkeit sich zu mir gewendet habe / uñ meine Busse mit Gnaden Augen angesehen / erkenne unter andern ich daher / dz ihr / Durchleuchtigste Frau /mich / einen so schändlichen Ubeltähter loßzubitten bemühet seyd; Ich weiß mich unwirdig solcher Gnade / und stelle mich in untertähnigstem Gehorsam dar /nach Euer Gn. Ausspruch zuleben oder zusterben /wann ich nur einen gnädigen Gott im Himmel behalten mag. Valiska ließ ihm die Ketten und Bande abnehmen / und befahl / daß er biß auf weitern bescheid / hinter ihrer Gutsche hergehen solte. Als die übrigen sechs Räuber dieses sahen / meyneten sie / die Gnadenordnung würde nunmehr an ihnen seyn / bezeigeten sich aber über alle masse ungeduldig / da sie des Richters Befehl an den Büttel höreten / daß er die Urtel an ihnen volstrecken solte; Weil sie dann alle Hoffnung hiemit verlohren / fingen sie an / die beyden Fürsten hefftig auszuschelten / daß sie von ihnen zu diesem schmerzhafften Tode behalten wahren. Die Geisselung ward an allen sechsen zugleich vorgenommen / und hernach die Räderung an den zween verrichtet / da ihnen alle Glieder von unten auff zustossen wurden / biß ihnen endlich das Genicke getroffen ward. Die Kreuzigung wahr erbärmlich anzusehen /[299] und trieben die Ubeltähter ein solches Zetergeschrey /daß das Frauenzimmer Augen und Ohren zuhielten /und Frl. Sibylla insonderheit so grosses Mitleiden erzeigete / daß sie von ihrer Gutsche stieg / und die GroßFürstin untertähnig baht / die Richter dahin zuvermögen / daß sie durch einen schleunigen Tod der hefftigen Pein möchten entnommen werden; welches sie ihr dann nicht versagen wolte; und ward dem Büttel der Befehl erteilet / mit einem Speer ihnen das Herz durchzustechen. Als das Fräulein sich wieder zu Siegwarden auffsetzete / fing er diese Rede zu ihr an: Ach wie wunderlich spielet doch das Glük mit uns Menschen auff dieser Unterwelt! diesen frechen Buben kan so hefftige Pein nicht angeleget werden /daß durch ihre Ubeltaht sie nicht viel ein schärfferes verdienet hätten / uñ gleichwol kan deren Leiden das Gemüht meiner hochwerten Fräulein dermassen zur barmherzigkeit bewägen / daß sie ihnen den Jammer zukürzen alle zulangende Mittel angewendet hat / da hingegen ein ander / der nur durch Gedanken und auffrichtige Liebe an ihrer vortreffligkeit sich vergriffen /dieselbe zu keinem Mitleiden reizen / vielweniger einigen gegründeten Trost erlangen kan / wie andächtig und herzlich er gleich darumb ansuchet. Mein Fräulein fasset die Pein und Schmerzen dieser gottlosen Räuber so hefftig zu Gemüht / welche doch erträglicher als die meinen sind; dann ihr Leiden wird in kurzer Zeit durch den Tod geendet / da hingegen der erschrekliche Peiniger meine Seele dergestalt ohn unterlaß geisselt / rädert und kreuziget / daß sie kein Augenblik Ruhe nehmẽ kan / so lange mein höchstgeliebtes Fräulein die Barmherzigkeit mir versaget. Das Fräulein wuste ihm hierauf nit so schleunig zuantworten / sondern schwieg ein wenig stille / deswegen er also fortfuhr: O ich unglükseliger / der ich weder Erlassung noch Urtel / weder Gnade noch Straffe / ja weder Zusage noch Abdankung erhalten kan! Erkühnet euch doch / mein Fräulein / durch Brechung des Stabes / das ist / durch ausdrükliche Verwegerung eurer Liebe und Gunst / mir meines Lebens Ende anzudeuten / wann ja wegen meiner gar zuverwerflichen Unvolkommenheiten deren Hulde und Begünstigung ich zu unwirdig bin; Ich wil die Urtel meiner gar zu kühnen Liebe beständig anhören / und deren Volstreckung auch mit dieser meiner Hand zu verrichten nicht unwillig seyn / umb zubezeugen / daß wann ich lebendig nicht gehorsamen kan / ich dannoch durch Leistung ihres begehrens andeuten wil /und ein unfehlbahres Zeugniß hinter mir verlassen /daß mein Herz und Seele sich ihrem Befehl allerdinge unterworffen habe. Diese Rede brachte der Fürst aus halb verzweifeltem Herzen vor / weil ihm diese Nacht unterschiedliche Einbildungen vorkommen wahren /er würde von dem Fräulein und ihren Anverwanten mit guten Worten hingehalten / und am Ende schimpflich abgewiesen werden / welches ihm so steiff im Sinne lag / daß er der Fräulein stilleschweigen vor eine Ungunst / ihre Reden vor eine Auftreiberey / und ihre Freundligkeit vor eine Falscheit ausdeutete; Weil er dann seinen Begierden nicht mehr zugebieten wuste / ließ er sich vor dißmahl mit solcher Heftigkeit heraus / daß nach geendeter Rede er in Ohmacht fiel / mit seinem Häupte in ihre Schos nidersank / und die Leidensträhnen ihm aus den Augen hervor brachen; dessen das Fräulein / weil es ihr ganz unvermuhtlich kam / zum höchsten erschrak / und seine inbrünstige Liebe daher gnug abnehmen kunte /wuste auch nicht / wie sie sich hierin verhalten solte; doch rüttelte sie ihn so viel / daß er als aus einem tieffen Schlaffe aufffuhr / und mit schweren seuffzen sagete: O einzige Ursach meines Todes / warumb gönnet[300] sie ihrem ergebenen Knechte vor alle seine Neigungen / und da ichs sagen darff / vor alle seine Dienste nicht so viel Gnade / daß weil er ja sterben muß /er unter ihren Händen sterben möge; gebet nit zu /mein Fräulein / dz ich euch so barmherzig spüre /weil einer grösserẽ Vergnügung ich nicht wirdig bin. Nam hiemit ihre Hand / und küsset dieselbe ohn auffhören; daher sie sich des schreckens in etwas erhohlete / und ihm diese Antwort gab: Durchleuchtigster Fürst und Retter meiner Ehren; warumb leget Eure Liebe mir ein solches zu / das mir nimmermehr zu Sinne kommen wird? oder was ursach hat dieselbe /mich einer Härtigkeit zubeschuldigen / die ganz ferne von mir ist? der Almächtige Gott gibt meinem Gewissen Zeugniß / daß ich mich nicht erinnern kan / Eure Liebe mit einem Worte oder Gedanken beleidiget zuhaben / sondern vielmehr / wie ich mich schuldig weiß / also auch willens bin / dieselbe nach aller ehrenbillicher Mögligkeit zuvergnügen; dann solte ich die hohe Woltaht nicht erkennen / welche mein hochwerter Fürst in Rettung meiner Ehre und Lebens erzeiget hat / so währe ich des Lebens unwirdig. Ich bitte aber von grund meiner Seele / so hart und hefftig in mich nicht zudringen / noch mir zuverargen / daß seinen Begierden ich mich nicht gleich stellen kan; dann würde Eure Liebe nicht dermahleins mirs zu einer Leichtsinnigkeit auslegen / wann in so wichtigen Sachen ich unbedachtsam verfahren wolte? Es muß ja ein züchtiges Fräulein billich ihrer lieben Eltern und Anverwanten Raht und bewilligung zuvor einhohlen /ehe sie ihre Erklärung von sich giebet / dz ich mich auch befürchte / schon über Jungfräuliche gebühr gehandelt zuhaben / indem ich mich bereit so viel vernehmen lassen / daß an meinem guten Willen zuzweifeln / er nicht die allergeringste Ursach hat. Aber wer weiß / Durchl. Fürst / ob nicht etwas an mir haffte /welches da Eure Liebe es erführe / dieselbe wol alle Neigung und Liebe von mir abwenden möchte / und zu deren Nachricht und besten ich nicht länger verhehlen wil / daß ich nehmlich eben des Christlichẽ Glaubens bin / umb des willen der teure GroßFürst Herkules von seinem Herrn Vater und Vaterlande gehasset wird; diesen aber abzulegen / sol kein Ding in der Welt mich bewägen / auch meine eigene Eltern nicht / sondern wolte mich viel lieber / wie diesen Räubern geschihet / geisseln / rädern und kreuzigen lassen / angesehen / diese Leibespein in wenig Stunden ihre Endschafft gewinnet / die Verleugnung der Warheit aber / die unablässige ewige Hellenquahl gebieret / deren keine Weltangst zuvergleichen ist; mag demnach Eure Liebe wol bedenken / was sie bey mir suchet; dann gleich wie er das Christentuhm vielleicht hasset / so habe ich hingegen meinem Gott angelobet / entweder in meinem Jungfräulichen Stande zu sterben / oder nur einen Christen zuheyrahten. Siegward hörete diese Rede an / nit anders / als ob ihm währe ein Schwert durchs Herz gestossen; dann nachdem Herkules den Christlichen Glauben angenommen /hatten die Pfaffen in Teutschland / Schweden und Böhmen denselben so gar scheußlich abgemahlet und beschrieben / daß jederman ihn vor einen Greuel und abscheuh hielt / welches insonderheit diesen beyden Fürsten fest eingebildet war / daher Siegward dem Fräulein diese Antwort gab: O ihr Götter / warumb gebet ihr zu / dz die vortreflichsten Blumen der Welt in solche Unvernunfft gerahten können? Und ihr züchtiges keusches Fräulein / wie hat Eure Liebe doch in einen so boshafften Glauben gehehlen mögen / welcher nicht allein die alten Götter alle übern hauffen schändet / sondern ein abgesagter Feind aller Ehr und Tugend seyn sol; daß man auch / wo man solche Leute antrifft /[301] mit allerley Straffen hinter ihnen her ist / auff daß so ein verfluchtes Unwesen gänzlich möge abgetahn / und aus der Welt geräumet werden /weil die Götter selbst hiedurch so hoch beleidiget werden / daß sie die Welt umb solcher Boßheit willen / mit Verwüstung / Auffruhr / Pestilenz / schädlichem Ungewitter / und anderen Landstraffen heimsuchen und überschwemmen. Sibylla / ungeachtet sie kaum vor zween Tagen zum Christentuhm getreten wahr /hatte sie doch dessen eine zeit her gute Unterrichtung von ihrer Wasen eingenommen / hörete deswegen diesen Einwurff mit geduldigen Ohren an / und antwortete mit einem sanfften Gelächter: Wie nun dann /Durchleuchtigster Fürst / hält Eure Liebe die unvergleichlichen WeltMuster / Herren Ladisla und Herkules / ja auch die in allen Tugenden volkommenste Fürstin dieser Welt / GroßFürstin Valisken / samt meinen Wasen Fr. Sophien und Frl. Lukrezien vor solche nichtige und schändliche Leute / und ehret nicht destoweniger dieselben äusserlich so hoch? so kan ich ja daher nicht anders schliessen / als daß Eure Liebe durchaus kein Freundesherz zu ihnen träget /sondern sie inniglich hassen muß / weil mein Fürst keine boßhaffte Feinde der Tugend und Erbarkeit lieben kan. Siegward bestürzete hierüber / und sagete: Wie so? haben dann die jeztgenennete denselben Glauben auch angenommen? Ja freilich / antwortete sie; und zwar eifern sie über dieser Erkäntniß der Himlischen Warheit ja so hefftig / als Fürst Herkules selbst; aber dieses alles beyseit gesetzet; Hält dann Eure Liebe den frommen Tugendergebenen Fürsten Herrn Herkules vor einen Ehr- und Tugendlosen / so entäussere die sich seiner Freundschafft / und überweise ihn solcher Laster / alsdann wil ich seiner auch müssig gehen; kan aber eure Liebe solches nicht leisten / wie sie es in Ewigkeit nicht leisten wird / und gleichwol den unbillichen argwohn nicht ablegen /sonder der Meynung bleiben wil / daß der Christen Nahme dieser beschuldigung unterworffen sey / so wende sie ja zugleich alle bißher vorgegebene neigungen von mir abe / und beschmitze sich nicht mit einer solchen vermeineten lasterhaften / umb deretwillen seine vermeineten (aber O der elenden!) Götter sein künftiges ErbReich mit verwüstung / Auffruhr / Pestilenz und dergleichen Straffen heimsuchen möchten; ich werde trauen so wenig zugeben / daß man mich vor solchen Fluch außtrage / als wenig ich denselben lieben kan / der mich ohn beweißtuhm der Schande und Laster zeihen darff. Hie wahr Siegward mit einem zweyschneidigen Schwert geschlagen; er durffte seine beschuldigung nicht rechtfertigen / uñ gleichwol wahrẽ die Worte aus götzeneiferiger unbedachtsamkeit geredet / bemühete sich deßwegen / seinen fehler zuverbessern / in dem er vorgab / er wolte dieses nicht von allen Christen insgemein / sondern nur von den vornehmsten und verführern verstanden haben / welche die einfältigen und unwissenden zu solcher neuerung antrieben / und dem gemeinen vorgeben nach /durch Zäuberey ihr Gemüht blendeten / welche dañ ohn zweifel ihre boßheit artig würden zuverbergen wissen / daß sie von den wenigsten kaum erkennet würde / mit denen sie ihre Schande und Boßheit begingen; in dieser meinung währe er allemahl steiff gewesen / was gleich seine Pfaffen ihm von allen Christen durch die Bank hin vorschwätzeten. Aber sie antwortete ihm: O nein Durchl. Fürst / so leicht entwischet man hier nicht; dann last seyn / daß er die einfältigen außnehme / uñ die Gelehrten / welche er verführer nennet / allein wolle verstanden haben / wird doch solches seinen Markt nich verbessern / massen GroßFürst Herkules ein außbündig gelehrter Crist /[302] uñ unser aller bekehrung nähst Gott die einige Ursach ist. So gläube eure Liebe nur kühnlich daß nichts überal so heimlich in den Christlichen versamlungen vorgehet / da bey König Ladisla / GroßFürst Herkules und sein Gemahl Fr. Valiska sich nicht hätten finden lassen / weil wegen empfangener Tauffe ihnen solches alles frey gegönnet ist. Bleibet also nach wie vor / daß eure Liebe / als lange sie ihre beschuldigung handhabet / auffs wenigste diese Hochgedachte drey Fürsten vor Feinde der Tugend haltẽ muß; wiewol ich die schuld dieser unverantwortlichen bezichtigung nit auff euer Liebe / sondern vielmehr auff die gottlosen Pfaffen lege / als welche den unschuldigen Christen solche Laster auffbürden / deren sie nicht allein müssig gehen / sondern ihnen auch von herzen / wie dem Teuffel selbst abhold sind. Ich werde mir aber vorbehalten / daß eure Liebe mich mit unter die Zahl der Ehrlosen rechnet / und dessen sehr schweren abtrag fodern; überdaß schicke die sich nur gar wol drauf /was vor vergnügung der GroßFürstin wegen dieser allerdinge unleidlichen beschuldigung könne geleistet werden. Davor behüte mich der Himmel / und der höchste GOtt / der drinnen herschet / gab Siegward mit einem demühtigen Handkusse zur antwort / daß solche und dergleichen volkommene Spiegel aller Ehr und Tugend ich vor feinde und feindin derselben schelten oder halten solte / ehe müsten alle meine Pfaffen geschändet und verfluchet seyn / wil mich auch nicht wegern / dem Christlichen Glauben beyfall zu geben / wañ mir nur kan dargetahn werden / daß alle Christen insgemein der Tugend ergeben sind und den Lastern zu wieder. Eure Liebe sodern gar zu viel /sagte das Fräulein / massen ja unter Juden / Heyden und Christen sich Lasterhafte und Tugendergebene finden; aber dieses wil ich gar leicht darstellen / das unser Christentuhm durchaus keine Boßheit billichet /sondern von uns erfodert / daß wir I den wahren Gott über alle dinge ehren / fürchten und lieben / II dem Nähesten geträulich beistehen / ihn herzlich meinen /und ihm nach vermögen helffen. III Und endlich uns vor allen Sünden / als da sind / Geiz / Hoffart / Unzucht / Haß / Neid / Mord / Völlerey / Raub / Dieberey / Verleumdung / Ungerechtigkeit / Betrug / Lügen / und dergleichen hüten / hingegen aber aller Tugend /Erbarkeit / Demuht / Geduld / Genügligkeit und Heiligkeit in gedanken / worten und werken uns die ganze Zeit unsers Lebens befleissigen sollen. Sehet Durchl. Fürst / diß ist die Lehre / welche eure Liebe vor so abscheuhlich hält / aber wie ich davor achte /aus blosser unwissenheit / und verleitung euer boßhafften Pfaffen / die unsers Glaubens gar keine Erkäntnis haben / und diese Lügen von uns richten /deren uns bißher kein Mensch hat überzeugen können / wil auch euer Liebe mein Leib und Seele zum Pfande setzen / daß nichts unbilliges in unser Lehre verfasset ist / als wie ich kürzlich eingeführet habe. Siegward sahe sie an / verwunderte sich ihrer eifervölligen worte / baht höchlich umb verzeihung seiner durch unverstand außgestossenen Reden / verfluchte der Heidnischen Pfaffen Boßheit / daß sie so schändliche Lügen auff die Beine setzen / uñ redliche Leute ohn allen Grund verleumden dürfften / uñ erklärete sich endlich / in diesem Stük / das Christentuhm betreffend / dergestalt sich finden zu lassen / daß sie deßwegẽ sich über ihn nicht solte zubeschweren haben; bestünde dann der Christliche Glaube in obgedachter Lehre / wie er solches ihrer Liebe zutrauete / so lehrete ihn ja die Vernunfft selbst / daß solches alles gut und heilig währe / und hätte er bißher der erkäntnis des wahren Gottes gemangelt / wolte er sich gerne unterrichten lassen / und der ewigen Seligkeit nachzustreben[303] geflissen seyn. Uber welches erbieten sie sich höchlich erfreuete / und daher gewisse muhtmassung nam / Gott würde ihre Ehe versehen haben. Er aber fuhr fort / und baht inständig / ihm durch klare Antwort sein Leyden zu ringern / oder wo möglich gar auffzuheben. Worauff sie zu ihm sagete: Es ist mir von herzen angenehm / daß eure Liebe sich zu sich zum höchsten erfreuen wird; anlangend die ehrliebende Anwerbung / und daß eure Liebe mich vor ihr künftiges Gemahl wirdiget / bedanke ich mich demühtig / werde es auch nach mögligkeit zuerkennen geflissen seyn; völlige Erklärung aber darauff zu geben / streittet wieder Jungfräuliche Zucht und wieder mein Christentuhm / welches mich heisset Vater und Mutter ehren / und alle die an deren stat mir von Gott gesetzet sind; daher muß ich zuvor derselben bewilligung einhohlen / ehe und bevor eure Liebe ich mit völliger Mundes erklärung vergnüge; hat dann Gott eure Liebe mir versehen / wil ich mich derselben nicht wiedersetzen / und wird mein Durchl. Fürst mit dieser Antwort wol können friedlich seyn / angesehen ich mich schon weiter heraus gelassen / als Jungfräuliche Zucht leiden kan. Siegward nach Art aller verliebeten / hielt diese Rede noch auff Schrauben gesetzet seyn / dann seine Nachteinfälle wolten ihm nicht aus dem Kopffe / wolte deßwegen alle hindernis aus dem Wege räumen / und antwortete ihr. Ach wie furchtsam ist doch des Menschen Herz bey der Hoffnung dessen / daß er so hoch begehret / und doch wegen der Vortrefligkeit eines so köstlichen Schatzes in stetem zweifel stehen muß; welcher auch vor dißmahl mich treibet / von meinem Fräulein instendig zu bitten / mir nur in so weit sicherheit zu geben / daß wegen meines Ansuchens und dessen erlangung / sie bey ihren Eltern und Anverwanten mir nicht wolle hinderlich seyn / noch nach deren bewilligung fernere auffschiebung einsträuen; ja wo möglich / mich ihres bestendigen willens zuversichern. Das Fräulein sagte hierauff mit einem freundlichen Lachen; Bey meiner träue / eure Liebe hätte einen guten und vorsichtigen Baumeister geben / nachdem sie weder zimmern noch richten wollen / biß der unbewägliche feste Grund geleget sey; ich weiß aber nicht ob einer jungen Tochter dieses zubeantworten anstehe / es währe dann / daß ich betrachten müste / wie weit eure Liebe den KöniglichenStand überschritten / und meinetwegen sich als einen Sklaven der nichtigen Räuber gehalten / wodurch sie mich ihr dermassen verpflichtet / daß ich vielleicht mehr meiner schuldigkeit als Jungfräulicher Scham nachsetzen muß; in ansehung dessen wil ich nun euer Liebe mich in so weit versprechen / dafern dieselbe meiner Eltern Willen erhalten wird / welches sie durch meine Fr. Schwester Fr. Sophien am füglichsten suchen kan; jedoch mit vorbehalt meines Gelübdes /daß sie zuvor ihr Heydentuhm ablegen / und zu der Christlichen Kirchen sich begeben wolle / ehe und bevor die verheirahtung vor sich gehet. Solten aber über vermuhten meine Eltern nicht einwilligen können / muß dieses alles ungeredet seyn; und da mein Fürst weiter in mich dringen wolte / würde er meine neigung gar von sich wenden; dann ich kan und wil nicht vorsezlich wieder meines Gottes Befehl handeln. Der Fürst nam bloß nur die Worte der versprechung in acht / wuste nicht / mit was äusserlichen Geberden er seine vergnügung solte sehen lassen; er küssete ihr die Hände / umbfing sie nachgehends ehrerbietig /und redete sie also an: Diesen Tag / Hochgebohrnes herzallerliebstes Fräulein / wil ich zum anfange aller meiner künftigen Glükseligkeiten[304] setzẽ / als an welchem von Euer Liebe mir die allerhöchste Woltaht begegnet / die meine Zunge auszureden nicht bestand ist / sintemahl mein Fräulein zugleich und auff einmahl meiner Seelen ewige Wolfahrt suchet / und der Liebe die vergnügliche Folge zuleisten mir verspricht. So wil ich nun von dieser Stunde an / unter der Begierde des Cristentuhms mich vor Euer Liebe versprochenen Bräutigam halten / und zugleich mich verpflichten /daß weil meine Seele in mir wallet / ich meiner vertraueten alle mögliche Ehre und Liebe zuerzeigen /und nach keinem andern Weibesbilde / ihr zubegehren / mich umsehen wil; steckete ihr hiemit ein köstliches Ringelein an den Finger / und sagte: So vermähle nun meinem herzgeliebten Fräulein ich mich in dieser Stunde / als ein des Christentuhms begieriger / biß an ihrer lieben Eltern völlige Bewilligung. O nein /Durchl. Fürst / antwortete das Fräulein / diese Meynung hat es nicht / und nimt Eure Liebe mein versprechen gar zu raum auf / kan demnach / eine solche Vermählung einzugehen / mich nicht erklären / es währe dann / daß Eure Liebe nicht eine eheliche / sondern brüderliche verstehen wolte / zu welcher / angesehen ihres hohen Verdienstes / ich mich gerne wil finden lassen / und dieselbe Schwester geträulich halten / biß meine Eltern mir eine nähere gebieten werden; auff diese weise / uñ nicht anders nehme ich diesen Ring von Euer Liebe an. Und ich / Hochgebohrnes Fräulein / sagte er / lasse an diesem erbieten biß dahin mich herzlich genügẽ / da dañ meine höchstgeliebte Frl. Schwester mir gönnen wird / ihr den brüderlichen Kußzuerteilen; dessen sie sich zwar mit Worten und Händen erwehrete / aber doch zulassen muste / weil auf der Gutsche die Gelegenheit nicht wahr / sich äusserst zusträuben; und ob er gleich wegen solcher Kühnheit einen scharffen Verweiß hören muste /kunte er doch seine Entschuldigung so wol anbringen / und der guten Gelegenheit wahr nehmen / daß er solche Gunst / ehe sie von der Gutsche fliegen / noch mannichmahl erhielt / und das unbetrogene Fräulein dessen zimlich gewohnet ward / so daß auch auff sein bitliches anhalten sie ihm ein Ringelein zur Bekräfftigung gemachter Freundschafft folgen ließ / wiewol mit dem bedinge / daß noch zur Zeit er solches keinen Menschen solte sehen lassen / damit ihr versprechen nicht offenbahr würde. Nun wuste aber das Fräulein schon zuvor / daß ihren Eltern diese Heyraht nicht unangenehm seyn würde / wie sie dessen von Fr. Sophien versichert / auch höchlich gebehten und vermahnet wahr / dem Fürsten auff sein ernstliches ansuchen behägliche Antwort zuerteilen / sonsten würde sie sich dessen nimmermehr unterstanden haben. Der gute Baldrich / ob er gleich nicht weniger als Siegward sich verliebet befand / wahr doch nicht so kühn und zutäppisch / daher ihm gleiche Vergnügung nicht wiederfahren kunte; jedoch befand er sich sehr wol bey seinem geliebten Fräulein in der zugemachten Gutsche / aber die Ehrerbietung / welche er ihr trug /wahr grösser / als daß er sich hätte erkühnen dürffen /ihr sein Leiden recht vorzulegen; und durch solche Zucht erhielt er gleichwol mehr Gunst bey ihr / als wann er gar zu harten Sturm auf dieses Schloß gewaget hätte / weil ihr Siñ also beschaffen wahr / daß /wohin sie von ihr selbst sich nicht lenkete / sie weder durch Zwang noch liebkosen kunte gezogen werden. Ihr Gespräch wahr mannicherley; dannn sie fragete bald nach Herkules / bald nach Ladislaen Verhaltung in ihrer Jugend; welches alles er mit kurzer Antwort ersetzete / weil er alle Gelegenheit suchete / ihr seine Liebe zuentdecken / worzu er gute Anleitung bekam /da sie den Vorhang an der Gutsche zumachte / weil vor[305] der abscheuhlichen Kreuzigung sie sich entsetzete; daher er so viel Kühnheit nam / daß er anfangs ihre zarte Händichen ergriff / und sie bald hernach zu unterschiedlichen mahlen küssete / rühmete hernach deren Volkommenheit / und nach etlichen tief ausgelassenen seufzen / wiederhohlete er seine heut früh angelegte Bitte / daß er vor ihren Ritter möchte angenommen werdẽ; welches sie nur vor einen Scherz ausdeutete / einwendend / die so der Ritterschafft nachzögen / suchten fast allenthalben dergleichen Teidung; dessen sie an einem Römischen Ritter / nahmens M. Anizius einen unbetrieglichen Spiegel hätte / und einen solchen falschen Hund darstellen könte / der inwendig halben Jahresfrist / 63 Römischen ädlen Jungfern und hochädlen Fräulein sich zum Ritter verpflichtet / so daß er einer jeden teur versprochen / ausser ihr keiner andern aufzuwarten / wodurch ihrer 18 verleitet / auf sein stränges anhalten ihm eheliche Liebe versprochen / und deren 6 gar von ihm zu unfall gebracht währen. Sehet Durchleuchtigster Fürst /sagte sie / dieser träulose Bube / der es endlich gar mit einem Schelmen verlauffen müssen / hat dannoch durch seine Bosheit so viel gutes gestifftet / daß wir jungen einfältigen Fräulein uns fein lernen vorsehen /und nicht einer jeden süssen Pfeiffe gehör geben. Zwar Eure Liebe sehe ich nicht vor einen solchen an /dann wie könte der allergeträueste Liebhaber GroßFürst Herkules einen so ungleichen betrieglichen Bruder haben? aber obgedachtes Römische Frauenzimmer haben den Bösewicht Anizius auch nicht vor einen solchen gehalten / und darüber ihre Leichtgläubigkeit gar zu spät bereuen und beweinẽ müssen. Der ErzSchelm hat verdienet / sagte Baldrich / daß ein jeder redlicher Ritter Rache an ihm üben solte / weil durch solche Büberey der löblichen Ritterschafft er diesen Schandflek angehänget / daß eines auffrichtigen ritterlichen Herzen standhaffte Träue in zweifel muß gezogen werden; ich vor mein Haupt gelobe hiemit an / wann ich wüste / an was Ort und Ende er sich aushielte / ich nicht ruhen wolte / biß er durch Büttels Hand die verdiente Straffe empfangen hätte / und wanns möglich währe / 63 mahl gekreuziget würde; versichere auch Eure Liebe beständig / daß wann ein solcher Bube in meinem Vaterlande sich würde finden lassen / der nur einer einigẽ Herren-Standes Fräulein solche Unträue beweisen dürffte / müste er allenthalben durchächtet / und da er nicht zufinden währe / als ein verlauffener Schelm an den Galgen geschlagẽ werden; baht hierauff inständig / ihre Vortrefligkeit möchte doch dergleichen Argwohn von ihm nicht fassen / nachdem er lieber ungebohren / als seinem Herr Bluder so ungleich seyn wolte; fassete endlich ihre Hände / küssete sie abermahl inbrünstig / und sagete: Ihr Götter / die ihr den Ritterstand zur Beschützung weibliches Geschlechts ohn zweifel insonderheit eingesezt habet / straffet ja bitte ich alle dieselben / welche ein ehrliebendes Fräulein oder ander Weibesbild zubetriegen die Gedanken fassen dürffen / absonderlich aber suchet mich mit eurem Donnerstrahl heim /wann ich jemahl einem andern Fräulein mich vor ihrem Ritter anbiete / als dieser Hochgebornen Fräulein Lukrezien Pompejen. Behüte Gott / Durchleuchtigster Fürst / antwortete sie / warum verwünschet er sich dergestalt? Mein Gott und Schöpffer weiß / daß mir solches von herzen zuwider ist; nicht daß Eure Liebe ich zu solchem Freunde ausschlagen wolte /dessen Wirdigkeit ich ja nicht eins gleich legen kan /sondern derselben anderwerz viel höhere Glükseligkeiten zubefodern / wil ich meinen Gott bitten / daß er Euer Liebe jeztgeführete Reden / als ungesprochen rechnen und[306] vorbey gehen lassen wolle. Er hingegen brachte vor: Was ein bebachtsames Gemüt aus steiffem Vorsaz redete / könte den Göttern nicht verborgen bleiben; währe auch nicht willens /dieses Gelübde Zeit seines Lebens zuwiderruffen; hätte er aber ihre Vortrefligkeit dadurch beleidiget bähte er ganz demühtig um Verzeihung. Der anderen von ihr gedachten Glükseligkeiten wolte er sich herzlich gerne begeben / wann er nur der jeztgewünscheten könte fähig seyn; woran ihm ohn zweifel nichts als seine gar zu grosse Unwirdigkeit verhinderlich währe; Hielt nochmahls an / das Fräulein möchte ihm die grosse Ehre uñ gnade erzeigen /und gönnen / daß er in seinem Herzen und gegẽ ihr allein / sich ihren Ritter halten und nennen dürffte. Warumb nicht / Durchleuchtigster Fürst / antwortete sie / das sol Euer Liebe frey stehen / mich so hoch zuehren / und zwar solcher gestalt / daß ihr die freyheit sol unbenommen seyn / sich schier heut oder morgen einer wirdigern Fürst- oder Königlichen Fräulein im rechten Ernst darzustellen / jedoch mit diesem ausdrüklichen bedinge / daß gleichwol meiner alsdann nicht spötlich gedacht werden möge / als hätte ich mir andere als Scherzgedanken hierüber gemacht. Ach mein Hochgebohrnes Fräulein / gab er zur Antwort /welche tödliche Seelenstiche sind das; wolte Gott /ich könte meines ergebenen Herzen auffrichtige Gedanken derselben augenscheinlich darlegen / umb zubekräfftigen / dz in dieser Welt meine Geister durch nichts anders / als Euer Liebe Volkommenheit könnẽ vergnüget werden; doch der begünstigten Gnade mich zugebrauchen / nehme ich mit inbrünstigem Willen an / daß mein Fräulein mir gönnet / ihr Ritter zuseyn /gelebe auch der tröstlichen Zuversicht / sie werde mir die Kühnheit verzeihen / daß ich einen Ring von ihren allerschönsten Fingern raube / damit dieses hochgeneigten versprechens ich einiges Warzeichen haben möge. Dieses wolte sie ihm nicht versagen / sondern gönnete ihm die Wahl unter allen / ausgenommen /den sie am linken kleinesten Finger trug / weil GroßFürst Herkules ihr denselben auff brüderliche Träue geschenket hatte. Baldrich rechnete sich schon auff der höchsten Stuhffe der Glükseligkeit / zog einen schönen DemantRing von ihrem Goldfinger / küssete ihn / und band ihn unten in die Goldfädem / mit welchen sein linker Zopf eingeflochten wahr / mit Beteurung / er wolte lieber sein Leben als diesen Ring verlieren. Bald darauf zohe er viel einen köstlichern aus seinem SchiebSak / steckete ihn an den entblösseten Finger / und baht sehr / ihn so hoch zuwirdigen / und umb seinet willen an ihrem Finger zudulden; welches sie mit anmuhtiger Danksagung annam. Sie hielt sonsten mit ihm ein freies Gespräch / da sie unter andern zu ihm sagte: Durchl. Fürst / wann mirs nit verarget würde / eine vorwitzige Frage zutuhn / und ihre Liebe solche bey sich behalten wolte / möchte ich von derselben wol berichtet seyn / durch was gelegenheit meine Frl. Schwester Frl. Sibylla mit dem Durchl. Fürsten Herrn Siegward in so kurzer Zeit so gute Kundschafft gemacht habe / dann / äusserlichem ansehen nach / dürfften dieselben wol eine solche Handlung treffen / daß uns daher ein oder etliche fröliche TanzTage gemacht würden. Hochgebohrnes Fräulein antwortete er mit einem lachen / ob gleich Fürst Siegward mein geträuester brüderlicher Freund ist / würde ich doch nicht unterlassen / Euer Liebe diese Heimligkeit zuoffenbahren / wann sie mir eigentlich kund währe; aber ausser zimlicher Muhtmassung habe ich nichts gewisses. Darff ich aber solche Muhtmassung mit wissen / sagte sie / hat Eure Liebe sich bey mir alle Verschwiegenheit zuversichern. Warumb nicht /[307] mein Fräulein? antwortete er / weil das Herz ganz ihr eigen ist / findet sich nichts in demselben / welches vor ihrer Liebe begehret verborgen zu seyn. Meine Muhtmassung aber ist diese: Als wir der Räuber ingesamt waren mächtig worden / machte ich mich alsbald hinweg / umb etliche Wagen aus der nähe zuhohlen /noch ehe ich das Fräulein gesehen oder gesprochen hatte / dann ich merkete / daß wegen ihrer zurissenen Kleider sie sich in einem Winkel verborgen hielt; Als ich nun nach Verlauff zwo Stunden wieder kam / traf ich meinen Freund an / daß er mit dem Fräulein gar ein ernstes Gespräch hielt / welches ich merkete von Liebeshändeln seyn; worin ich sie dann nicht stören wolte / sondern Raum genug gönnete; Ausser zweifel aber ist es / daß mein Freund durch Liebe zu diesem Fräulein sehr gepeiniget wird / und wann ich mich erkühnen dürfte / Eure Liebe seinet wegen untertähnig zubitten / daß dieselbe bey dem Fräulein ihm mit einer kräfftigen Vorbitte wolte zu hülffe kommen /hätte ich nicht zuzweifeln / er würde zu dem Zweg seiner ehrlichen begierden leicht gelangen. Mein Freund / antwortete sie / gedenket Eure Liebe / daß dieser Fürst meiner Vorbitte bey dem Fräulein in dieser Sache bedürffe? hat er ihr doch ihren teurestẽ Schaz / die Keuschen-Ehre gerettet und erhalten / wie solte sie dann sich ihm in ehelicher Liebe nicht wollen ergeben / angesehen des hohen Fürstlichen Standes /in welchem dieser ihr Liebhaber lebet / wann gleich der hohe Verdienst nicht dar währe? reize derwegen mein Durchl. Fürst seinen Freund nur an zur beharlichen Ansuchung / alsdann wird er seinen Zweg schon ohn meine hülffe erhalten / wiewol Eure Liebe spüren sol / daß dero Vorbitte bey mir gültig gewesen ist. Baldrich wuste sich in dieser Fräulein art nit zuschicken / durfte ihm auch die Gedanken machen / er selbst würde hierunter zur eiferigen Nachstellung angefrischet / welches ihn auch so muhtig machete / daß er willens wahr / umb ehelich Liebe ausdrüklich anzuhalten / deren er biß daher noch keine Erwähnung getahn hatte / aber sie wahren schon bey des Stathalters Hofe angelanget / und traten die Diener herzu / ihnen die Gutsche auffzumachen. Die ganze Geselschafft ging hinauff in den GastSaal / woselbst der Stathalter nebest den vornehmesten Herren der Stad sie empfingen / und zehn lange Tische mehrenteils in bunter Reihe besetzet wurden. Nach gehaltener Mahlzeit teileten Herkules und Ladisla die aus Persen übergebrachtẽ grossen Schätze aus / über deren grosse Menge sich jederman zum höchsten verwunderte / insonderheit aber entschuldigten sich Fr. Sophia und Fr. Ursul / daß sie solches annehmen solten / da sie doch ihren Gemahlen nicht hätten können in der fremde Geselschafft leisten. Leches und die übrigen empfingen auch neben ihren Eheliebsten die beygelegten Gelder und andere Sachen; nur vor Gallus fand sich nichts /dessen Ladisla sich verwunderte / und nicht anders meynete / es würde von den Morgenländischen Fürsten wegen der Eile vergessen seyn / deßwegen er zu ihm sagete: Machet euch keine Gedanken Gallus /finde ich gleich euren Anteil hier nicht / sol er euch doch unverrücket bleiben / wie ihr solches mit euren geträuen Diensten wol verdienet habet. Ach Gnädigster Herr / antwortete er / was könte ich doch vor einige Gnade verdienet haben? wolte Eure Durchl. mit mir nach Verdienst handeln / so müste ich heut dem Räuber Fannius Geselschafft geleistet haben. Auff welche Rede / die er kaum endigen kunte / drungen ihm die Trähnen so häuffig aus den Augen / daß er einen Abtrit nehmen muste / auch Ladisla selbst vor Mitleiden ihm keine Antwort geben kunte. Er stellete sich aber bald[308] wieder ein / und zeigete an / daß er die Schenkungen von den Fürsten zu Persepolis und andern KriegsObristen in so grosser menge empfangen hätte / daß er des nehmens überdrüssig worden / und es auf viel Wagen fortschleppen müssen / wovon er seinem Gelübde nach / der armen Christenheit hin und wieder den zehenden träulich entrichtet / welcher über anderthalb Tonnen Goldes sich erstrecket. Es ist mir lieb / sagte Ladisla / daß ihr diese Reise nicht umsonst getahn / und ist unser aller ernstlicher Befehl und Wille / daß hinfort ihr eures ehmahligen Verbrechens keine Erwähnung / als etwa bey euch selbst und vor GOtt tuht / weil eure folgende Träue alles vorige bey uns gänzlich ausgelöschet uñ vertilget hat. Sonst werde ich mich unterstehen / mein liebstes Gemahl zuersuchen / daß sie euch zur Heyraht verhelffe /nachdem es euch noch an dieser zeitlichen Glükseligkeit mangelt. Er bedankete sich dessen untertähnigst /und bekennete / daß er seinem Gott angelobet hätte /da es ihm so gut werden könte / eines verarmeten ädelmans Tochter / die ehrlich und eine Christin währe /oder zuwerden gedächte / zuheirahten / deren Eltern und Geschwistern sich seines grossen Gutes mit solten zuerfreuen haben. Er hatte sich aber in Fr. Sophien Leibdienerin / Jungfer Beaten hefftig verliebet /und ihres Standes Kundschaft eingezogen / daß sie von gutem Paduanischen Adel / aber ihre Eltern durch alte Schulden in tieffe Armuht gerahten währen. Sie wahr ohngefehr von 24 Jahren / from / schön und eine Christin / und hatte Fr. Sophien von ihrer Jugend her auffgewartet. Weil dann dieselbe ihres Gemahls erbieten hörete / fassete sie alsbald die Gedanken / ihre geträue Dienerin zubefodern / gab vor / sie hätte etwas zubestellen / und wolte sich bald wieder herzu machen / hieß Beaten ihr nachfolgen / und da sie mit ihr allein wahr / sagte sie: Ohn zweifel gedenket der liebe Gott auch an dich wegẽ deines Christlichen Wandels; dafern du nun dein Glük erkeñen kanst / wird dir leicht geholffen seyn; Du hörest / wessen Gallus sich erbeut / welcher / ob er gleich kein gebohrner ädelman ist / so wird er doch von Königen und Fürsten dergestalt geliebet / daß ihm ein mehres als der gemeine Adelstand erfolgen kan; drumb erkläre dich bald /wessen du gesinnet bist / alsdann wil ich eure Heyraht ohn verweilen befodern / und kanst durch dieses Mittel deine Eltern und Geschwister alle mit einander aus ihrer Armuht loßreissen. Diese gab zur Antwort: Sie hätte ihr vorgenommen / Ihrer Gn. Frauen Leib-bedienung nimmermehr zuverlassen / wolte ihr aber gerne gehorsamen und ihres Willens leben / hoffete auch /es würde Gallus so übermühtig nicht seyn / und hernähst ihre Armuht ihr schimpflich vorwerffen. Ey was wolte er dir vorwerffen / sagte sie / ich wil dir vor alles Bürge seyn; ging wieder mit ihr hin / da Gallus mit verlangen wartete / und nicht wenig fürchtete /man würde ihm eine ungenehme zu freien wollen / hörete aber mit freuden / daß ihn Fr. Sophia also anredete: Guter Freund Gallus / ich habe meines Herrn Königes uñ Gemahls begehren an mich wol verstandẽ /in dem dessen Liebe von mir gewärtig ist / euch einen Ehegatten zuzufreien; weil ihr dann euer Christliches Gemüht gnugsam habt erkläret / daß euchs weder umbs Geld noch andere üppigkeit zu tuhn ist / sondern bloß allein umb Ehr und Tugend / wil ich euch einen Vorschlag tuhn / aus welchem ihr mein gutes Gemüht gegen euch spüren sollet; nam einen Abtrit mit ihm / und sagte: Ich kan meiner Leibdienerin Jungfer Beaten das Zeugnis geben / daß sie nicht allein von adelichen Eltern gezeuget / sondern vor sich selbst from und tugendreich ist; ihre gute Gestalt hat schon unterschiedliche[309] ädle Anwerber erwecket /denen ich sie bißher versaget / ohn zweiffel / weil sie ihrer keinem von Gott versehen gewesen / und ob sie gleich zeitliche Güter von ihren Eltern nicht zu hoffen hat / bin ich doch des vorhabens sie ehrlich und ihrem Stande gemäß außzusteuren. Aber ich muß zuvor wissen / ob sie euch zum Ehegattẽ freiwillig gefallen kan / weil ich durchaus nicht willens bin / euch wieder euren Willen eine auffzudringen. Gallus bedankete sich untertähnigst / und zeigete an; er trüge keinen zweifel der Allerhöchste würde ihm diese adle Jungfer gnädig außersehen haben / weil eben auff dieselbe /und auff keine andere er sein absehen gehabt; dafern nun die Jungfer ihm ihr Herz zuwenden / und sein Gn. Herr GroßFürst Herkules gnädigst einwilligen könte /würde ihm angenehmers in dieser Welt nicht begegnen. Vor dieses lasset mich sorgen / antwortete sie /und ist mir lieb daß ich die rechte getroffen habe; ging zu Herkules und taht ihm alles zu wissen; welcher Jungfer Beaten ihm bey der Hand zuführete / und zu ihm sagete: Mein Gallus / ich habe schon unterschiedlichemahl darauff gedacht / euch zu einer löblichen Heyraht zuverhelffen / aber eine andere als Italiänische / ja daß ichs recht sage / als eben diese Jungfer meine Freundin euch zuzuführen / bin ich niemahls willens gewesen / sonst solte euch die Wahl unter Artabanus gefangenen unberührten Frauenzimmer frey gestanden seyn; weil dann meine Fr. Schwester mir zuvorkommen ist in der Versprechung / merke ich daher Gottes sonderbahre schickung / wil aber anfangs / damit ihr ein wirdiger Bräutigam seyn könnet /euch in den ädlen Teutschen Ritterstand auffnehmen /und bey Römischer Käyserl. Hocheit befodern / daß ihr unter die Römische und Paduanische Geschlechter gesetzet werdet; hernach wil bey dieser Jungfer ich Vatersstelle vertreten / und wegen eures wolverhaltens ihr 50000 Kronen zur Heimsteur einreichen lassen / damit weder sie sich wegen eures unadels / noch ihr wegen ihrer Armut euch zubeschweren haben sollet. Sie bedanketen sich beyderseits mit einem Fußfalle / und baht Gallus untertähnigst / ihre Durchl. wolten die versprochenen Gelder zurük behalten / weil er schon ein mehres hätte als seine wirdigkeit sich erstreckete. Fr. Sophia aber führete sie zusammen / daß sie mit ihrem Jaworte ihre eheliche träue bestätigten /und solte die Verlöbniß alsbald gehalten worden seyn / wann nicht die Braut bey ihrer Frauen untertähnigst angehalten hätte / daß ihren lieben Eltern es zuvor möchte kund getahn werden / welches / da ihrer Gn. es nicht zu wieder / sie selbst gerne verrichten wolte. Es ward ihr solches leicht verwilliget / und gab ihr Gallus sechs Gutschpferde samt einer statlichen Gutsche / fünff Persische Reitpferde vor ihren Vater und vier Brüder / noch eine Gutsche mit vier Pferden vor ihre Mutter und vier Schwestern / einen Pakwagen mit allerhand Seidenen Tüchern und 20000 Kronen baarschaft beladen / auch Kleinot und Ringe auff 9000 Kronen wert / davon ihre Eltern samt allen ihren Kindern sich adelich außputzen solten / welches sie mit grosser Danksagung zu sich nam / und nach ihres Vaters armseligen Meierhof fuhr / nam auch zehn Schneider mit sich und auff einem andern Wagen allerhand Speise und Trank. Inzwischen fuhren Herkules und Ladisla mit ihrer außteilung fort / stelleten Frl. Lukrezien und Sibyllen trefliche Kleinot zu /jeder auff 80000 Kronen / neben allerhand güldenen und silbern Stücken / und von allem was sie sonst köstliches mit übergebracht hatten; Frl. Helene bekam halb so viel / aber Fr. Pompeja alles gedoppelt / daß sie gar unwillig drüber ward. Ihre beyde ädelknaben von Rom / Publius[310] und Tullius hatten sich bißdaher stets zu Padua bey Fr. Sophien auffgehalten / deren je dem 12000 Kronen geschenket / und damit ihren Eltern zugeschikt wurden. Der geträue Timokles und Mardus wurden von ihnen anfangs in den Adelstand auffgenommen / hernach jeder mit 60000 Kronen /Gutschen / Reitpferden und Leibdienern verehret /und daß jeder / so lange er lebete / jährlich 2000 Kronen besoldung haben solte; weil sie dann beyderseits sich erbohten / in ihrer Herren Dienste zuverbleiben /wurden sie vor Zeugmeister von ihnen bestellet. Timokles hatte schon zu Jerusalem mit Frl. Lukrezien Leibdienerin / einer Römerin / sich verliebet / offenbahrete solches seiner Gn. Fürstin Valiska / und bekam alsbald Zusage der Heyraht. So gab Mardus sich bey Frl. Sibyllen Leibdienerin an / welche Herkules samt dem Fräulein aus Silvans Händen erlöset hatte / und erhielt gleichergestalt sein ansuchen.

Unter diesem Verlauff / ward dem jungen Fabius angemeldet / es währe ein feiner junger Geselle im Vorhofe / welcher untertähnig anhielte / ob ihre Gn. ihn ein Wort hören möchten. Er ließ denselben alsbald vor sich fodern / umb sein Vorbringen zuvernehmen / welcher ihm eine in Lateinischen zierlichen Versen auffgesetzete Glükwünschung wegen seiner glüklicher Wiederkunft einreichete / die er selber gemacht hatte / und baht untertähnig / weil er Lust zu den freien Kunsten trüge / und geringe Mittel hätte /sein Vorhaben außzuführen / möchten ihre Gn. ihn mit einer Beysteur gnädig ansehen / deß wolte er den wahren Gott herzlich bitten / daß es ihrer Gn. tausendfältig hier zeitlich und dort ewig möchte vergolten werden. Fabius vernam aus seinem reden / dz er ein Christ wahr / lieff das Brieflein gerade durch / und gefiel ihm der Inhalt sehr wol / deßwegen er sich gegen ihn freundlich bedankete / und daß er Morgen vor der Mittagsmahlzeit sich wieder einstellen solte /da er ihm seinen guten willen schon wolte vergelten. Der Schuelknabe / seines alters von 14 Jahren / nahmens Vibius Mela / ward der Zusage sehr froh / und stellete sich zu rechter Zeit ein. Es hatte aber Fabius seinem Buchhalter befohlen / so bald er wieder kähme / ihm 100 Kronen zur verehrung zu geben / welcher aber nach gebrauch seines schon mehr getriebenen Handwerkes ihm nur 20 Kronen zustellete / und die übrigen 80 in seinen Sekel steckete / der Hoffnung /weil ihm dergleichen Diebesgriffe schon manniche angangen währen / solte ihm dieser / auch gelingen. Fabius ließ das Verßgeticht Herkules und Ladisla sehen / denen es wolgefiel / und sich erbohten / wann sie den Knaben außfragen könten / solte ihrethalben ihm auch eine Verehrung zugestellet werden / weil ohndas sie mit darinnen benennet wahren. Nun wolte dieser Knabe sein dankbahres Gemüht sehen lassen / und brachte abermahl sein Brieflein ein / in welchem er rühmete / daß er vor jeden Verß (deren zwanzig wahren) eine Goldkrone bekommen / und das unwirdige Geticht mit gutem recht aureum Carmen, oder ein güldenes Geticht nennen könte; welches da es Fabius von seinem Leibknaben eingehändiget ward / erkennete derselbe daraus seines Buchhalters oder Zahlmeisters Dieberey / ließ sich doch dessen nicht merken / wie saur es ihm gleich ward zuverbeissen / sondern foderte ihn vor sich / und mit sanftmuht sagte er zu ihm; ist der gestrige Knabe heut wieder da gewesen / und hastu ihn nach meinem Befehl beschenket? Ja / Gn. Herr / antwortete er / es ist alles nach ihrer Gn. anordnung ergangen / und zu richtiger Rechnung gebracht. Der Knabe / welches dieser nicht wuste / wartete annoch im Vorhofe auff / und muste der Zahlmeister[311] einen Abtrit nehmen / dieser aber auff das Gemach kommen / welcher eine kurze / aber zierliche und schamhafte Rede hielt / durch welche er seine Unhöfligkeit entschuldigte / und nochmahls vor das ansehnliche Geschenk in Griechischer Sprache dankete. Der junge Fabius redete ihn an und sagte: Lieber Knabe /sage mir die Warheit / wie viel dir meinetwegen zur Verehrung zugestellet sey. Gn. Herr / antwortete er /zwanzig Kronen / und mehr als ich gehoffet hatte. Der Zahlmeister muste alsbald wieder hervor treten / welchen er mit ernster Sti e fragete; Hastu diesem Knaben die 100 außgezählet? dieser verstummete hierauff / und verriet sich durch seine anröhtung / fing schon an umb Gnade zu bitten / weil er sich erinnerte / daß er nicht alles geleistet hätte. Er ward aber alsbald ins Gefängnis gelegt / und auff fleissige nachfrage befand sichs / daß er allen Dienern und Arbeitsleuten abgeknappet / und doch alles vol zur Rechnung gebracht hatte / so daß er eines halbjährigen Diebstals / auff der Reise begangen / über 9000 Kronen überwiesen ward / und er andern zum Beyspiel den Galgen bekleiden muste. Es ging diese Unträue der GroßFürstin sehr zu herzen / deßwegen fing sie also an: Wie ein grosses Unglük ist es den von Gott ihn hohen Stand gesetzeten / daß sie nicht alles selbst verwalten können / sondern ihren Bedieneten viel wichtige Sachen anvertrauen müssen; sind dann unsere Leute unträu und dem Geiz ergeben / alsdann kan es nicht anders ergehen als dieses Beyspiel zeiget / welches uns vor Augen stehet; was vor grossen und schimpflichen nachteil aber uns solches gebieret / bedarff keines weitläuftigen beweißtuhms; es entstehet uns daher böse Nachrede / Mißgunst / und der Leute ungewogenheit; niemand wil Fürsten und Herrn arbeiten /dann / sprechen sie / es wird uns unsere Mühe und Waare nicht bezahlet; niemand wil uns zu ehren ein oder ander Lobgedichte auffsetzen; dann es wird nicht vergolten. Sehet ein solches Ubel verursachen unsere ungeträue Rentmeister / welche man viel härter als andere Diebe abstraffen muß / weil sie die aller grössesten Diebe der Welt sind / in dem sie nicht allein denen daß ihre stehlen / welchen sie nicht redlich lohnen / sondern ihren Herrn stehlen sie den guten Namen / uñ der Leute gewogenheit / welchen Verlust ich viel schädlicher achte / als wann man uns umb viel Tonnen Goldes betreuget. Herkules gab ihr zur Antwort: Wie aber mein Schaz / wie kan man diesem weit eingerissenen Ubel steuren? es hat der jetzige Dieb / wie gesagt wird / sich schon verlauten lassen /daß wann man ernstliche untersuchung tuhn wolte /würde seine Geselschaft bald vermehret werden; man solte nur eine Fürstliche Außgabe durch viel Hände gehen lassen / würde man sehen / daß an allen Händen etwas würde kleben bleiben / und währe nichts neues / daß aus des Herrn Hand eine Krone dem armen Betler zugedacht / in des Dieners Hand in einẽ Groschen verwandelt würde / ja wol gar verschwünde / und der Betler mit Schimpff- und Scheltworten abgespeiset / GOtt darzu dankete / dz er ohn Schläge davon kähme. Es ist zubeklagen / sagte Valiska / daß der Geiz die Menschẽ dergestalt unträu machet / welche ihren Herren durch leiblichen äid sich zu aller Träue verbunden haben; Ich halte aber davor / man könte dem Unwesen durch zweyerley Mittel abhelffen; Erstlich / daß man den Bedienten ehrlichen Sold gäbe / davon sie sich und die ihren zur gnüge erhalten könten; Hernach / daß man bey ihrer Bestallung ihnen zugleich den Strik vorlegete / unter der Bedräuung und unbegnadeten Volstreckung / daß wo man sie auff einer einzigen Dieberey / sie währe gleich nur einer Kronen wert / ertappen würde / ihnen[312] die Ablohnung von dem Büttel solte erteilet werden; Ich bin dessen gewiß / es solten nicht zwanzig gehenket werden / daß nicht etliche hundert sich daran spiegeln solten. Und ob mir jemand einwerffen wolte / es würde dieses gar zu stränge gestraffet seyn / dem gebe ich zur Antwort / daß weil man keinen gelindern Weg sihet / müsse Fürsten und Herren Ansehen und redlicher Nahme durch solche Schärffe erhalten werden. Der Stathalter gab der GroßFürstin recht / und ließ allen seinen Bedieneten ansagen / daß wo jemand /wer der auch währe / sich mit dergleichen Diebsnägeln kratzen würde / solte dem erhenketen ohn alle Gnade Geselschafft leisten. Dem frommen Schuelknaben aber schenkete der junge Fabius noch 100 Kronen / Herkules vermachte ihm jährlich gleich so viel / als lange er von nöhten hätte von andern unterrichtet zuwerden / und des erhenketen gestohlene 9000 Kronen wurden zur Unterhaltung der Armen angewendet.

Jungfer Beata kam noch bey guter Tageszeit in ihres Vaters Hütchen an / welches zwo Meile von der Stad gelegen wahr; sie fand ihre Eltern im KüchenGarten arbeiten / und zwo Schwestern neben zween Brüdern das graben verrichten / worüber ihr die Trähnen aus den Augen drungen / ging zu ihnen hin in ihrer statlichen Kleidung / womit Frau Sophia sie ausgeschmücket hatte / und sagte zu ihnen: Herzliebe Eltern / Schwestere und Brüdere leget solche BaurenArbeit ab / und nehmet euren Adelichen Stand an / nachdem der barmherzige Gott mir einen Bräutigam bescheret hat / der uns aller schmählichen Armut benehmen wil. Die Eltern sahen die trefflichen Kleinot an ihr blänken / und frageten / wer dann dieser Bräutigam währe; insonderheit durffte die Mutter / ungeachtet ihrer kümmerlichen Armuht nachforschen / ob er auch ädel gebohren / dañ sie gedächte ihre Tochter nicht in den schlechten Bürgerstand zuverheyrahten. Aber die Jungfer wahr viel klüger / und antwortete: Liebe Mutter / leget doch solchen eitelen Hochmuht ab / was pochet ihr auff das eingebildete Blut / und verachtet den Bürgerstand / da ihr doch Armuhtswegen euch bißher als eine Bauerin habt ernähren / den Flachs spinnen / und aus Oepffel / Birnen / Kraut und Nüssen / etliche Groschlein käuffen müssen / wovon ihr das liebe tägliche Brod haben möget / noch dürffet ihr auff euren Adel trotzen / der euch keinen Heller einträget / und von den vermögenden schlimmen Bauren verachtet wird. Ist mein Liebster dann gleich kein gebohrner ädelman / so ist er doch an Tugend ädel gnug / und hat durch seine geträuen Dienste den Adel-und Ritterstand von Königen und Fürsten erlanget /neben der Zusage / daß er auch in den Römischen Adel sol auffgenommen werden / welchen Stand auszuführen er reich genug ist / und über 15 Tonnen Goldes vermag. Als solches ihr Vater hörete / welcher auch ein Christ wahr / sagete er: Ach du mildreicher Gott / du verlässest ja die deinen nicht / wann sie nur im festen Vertrauen auf dich bleiben / wie ich anjezt in der Taht erfahre. Jungfer Beata erinnerte sie / daß alsbald an ihre übrigen zwo Schwestern und zween Brüder (welche bey andern vom Adel sich in der nähe auffhielten / und ihnen zu dienste wahren) ein Bohte abgefertiget würde / sich ohn verweilen einzustellen /gingen mit einander in das Häußlein / und ließ sie daselbst alle Sachen abladen; dem Vater stellete sie die übergebrachten Gelder zu / als ein Geschenk von ihrem Bräutigam / welche er des folgenden Tages an etliche benachbarte vom Adel einschickete / uñ damit seine verpfändete Güter einlösete / die so bald nicht aussinnen kunten / was vor einen glüklichen Fund[313] dieser alte verarmete Opimius (diß wahr sein Nahme) getahn hätte. Die Schneider musten Tag und Nacht an den Kleidern arbeiten / damit sie zu Padua bald anlangen könten / und stelleten die Schwester uñ Brüder sich gar zeitig ein. Zu Padua ward des abends / da Beata weg gereiset wahr / ein zierlicher Tanz gehalten / und wahren aller anwesenden Augen auff Herkules und Fr. Valisken hingekehret / da sie auf Fr. Sophien Anfoderung einen Tanz mit einander verrichteten / in solcher künstlichen Zierligkeit / als jemahls mochte gesehen seyn / daß auch der Stathalter zu Kornelius sagete: Ich gläube nicht / daß so lange die Welt gestanden ein volkommener paar Eheleute gelebet haben / und erscheinet aus allen ihren Geberden / mit was herzlicher Neigung sie einander meynen; in welchen Gedanken er dann nicht irrete / massen ihre Liebe sich von Tage zu Tage stets mehrete / daß sie kaum eine Stunde mit Herzensruhe von einander seyn kunten. Ja es wahr so ein einträchtiger Wille zwischen ihnen /daß nicht anders zuurteilen stund / sie hätten beyde nur eine Seele gehabt; gingen sie mit einander / so fasseten sie sich bey den Händen / welche mannichen Kuß einnehmen musten; sassen sie beyeinander / so schaueten sie sich mit freundlichem lachen an / und bemühete sich ein jeder / wie er dem andern Vergnügung schaffen / und ehrliche Ergezligkeit geben möchte. Wie offt klagete er ihr / daß sein Herz viel zu voll währe / und als ein angestecketes Faß / dem keine Lufft gegeben wird / dessen nichts von sich auslassen könte / was drinnen verschlossen währe. Wann ihm dann sein Gemahl antworten wolte / ging es ihr gleich also / und muste das stumme umfahen die beste Rede seyn / weil die Zunge als gelähmet / ihr Amt nicht verrichten kunte. Zu zeiten kam es / daß die Vernunfft in ihnen sich loßwirkete von der Liebesklammer / und alsdann fingen sie an einen so häuffigen Strohm der verliebeten Reden auszugiessen / daß man hätte meynen sollen das Herz währe gar ausgeleeret / und ihre inbrünstige Liebe biß an das innerste ausgedrücket /da hingegen sie vermeyneten / kaum die äussersten Borken gezeiget zuhaben. Zu verwundern aber wahr es / daß diese strängst gespannete Liebe die Ehrerbietigkeit des einen gegen den andern im allergeringesten nicht minderte / so wenig / wann sie allein / als in Geselschafft wahren / und geschahe gar selten / daß sie ihre Unterredungen nicht mit Geistlichen Sachen solten vermischet haben. Als sie vor dißmahl den Tanz zum Ende gebracht hatten / foderte die GroßFürstin Frl. Lukrezien und Sibyllen auff / und führete sie den beyden jungen Fürsten mit diesen Worten zu: Geliebete Herren Oheime; hie bringe Euren Liebden ich meine herzgeliebeten Fräulein Schwestere zu / welche dort nicht anders als zwey verlassene TurtelTäubelein sassen / und vielleicht eine der anderen ihre unglükselige Einsamkeit klageten / welches mir nicht wenig zu herzen gehet; bitte demnach höchlich / sie wollen dieselben zum Tanze führen / und nach dessen Endigung sie in ihrer guten Geselschafft behalten. Die Fräulein wurden hierüber etwas schamroht / weil ihnen einfiel /wie weit sie heut auff den Gutschen sich mit ihnen eingelassen hatten / und antwortete Frl. Lukrezie also: Durchl. GroßFürstin / was solte uns und unsers gleichen angenehmer als die Einsamkeit seyn? insonderheit die wir als vertrauete Schwestern eine gute Zeit nicht beysammen gewesen / und die uns begegnete Abenteur einander zuerzählen grosse Begierde tragen; wie dann gleich jezt meine Frl. Schwester zum Ende gebracht / in was Furcht und Gefahr sie neulich in der Räuberhöhle gewesen / wovon sie durch dieser Fürsten Heldentaht errettet / und[314] bey ihren JungfräulichenEhren erhalten sey; und wahr ich gleich bemühet /ihr zu gemüht zuführen / wie viel sie den Durchleuchtigsten Fürsten schuldig währe / habe ihr auch in etwas an die Hand gegeben / wie sie ihr dankbares Herz gegen dieselben könte sehen lassen / wozu ich sie doch nicht bereden kan / nicht / dz Undankbarkeit sie davon abhält / sondern weil sie / wie sie selbst bekennet / ihren Durchll. gar zu viel schuldig sey. Nun habe ich dagegen eingewand / es sey besser / einen möglichen Anfang zur Bezahlung zumachen / als gar nicht zahlen wollen / insonderheit / weil HochFürstliche Gemühter grössere Beliebung an dem guten Willen / als an unwilliger Ablegung der Schuld tragen; Hierauff / Durchleuchtigste GroßFürstin habe ich ihre Antwort noch nicht erhalten / welche ich vor dem Tanze gerne wissen / oder zum wenisten von Euer Durchl. hören möchte / ob ich ihr nicht recht gerahten habe. Ey geliebte Schwester / antwortete Frl. Sibylla /du bist gar zu ausschlägern / und breitest alles aus /was man mit dir ingeheim redet / welches mich warnet / daß ich dir nach diesem nichts mehr vertrauen, vielweniger auff dein anbringen Antwort geben / sondern meine Durchl. GroßFürstin / dir einzureden / bitten / und zugleich bey derselben mich rahts erhohlen werde / wie ich mein dankbahres tiefverschuldetes Gemüht diesen beyden Fürsten am füglich- und annehmlichsten könne sehen lassen. Wol zufrieden /sagte Frl. Lukrezie / daß du mir so wenig trauest /vielleicht kömt der Tag / daß dichs gereuen dürffte /als dañ wil ich deiner so wenig achten / als du anjezt meiner tuhst. Du gibst grosse Sachen von dir aus /antwortete jene / muß aber dein dräuen lassen dahin gestellet seyn / und auff solchen fal tuhn / als wann du noch zu Elia jenseit des Meers bey deinen Juden sässest. GroßFürstin Valiska lachete dieses ertichteten Zankes / und wolte ihn länger unterhalten / daher sagete sie zu Lukrezien: Geliebete Frl. Schwester / ich wil unserer auch geliebten Schwester Frl. Sibyllen gnugsames Vermögen zur Dankbarkeit durchaus nicht in Zweifel zihen / aber allem ansehen nach / dünket mich / Eure Liebe leisten bey ihr nicht das Werk einer geträuen Schwester / dann weil dieselbe / eurem eigenen vorbringen nach / ihrer Unvermögsamkeit / den Dank beyden zuleisten / gegen Eure Liebe sich beklaget / stünde derselben / meines erachtens / als einer vertraueten Schwester sehr wol an / wann sie in dieser Bemühung sich ihr zur Hülffe anerböhte / und die Helffte der Last von ihr über sich nähme. Frl. Sibylla bedankete sich der gnädigen Urtel; jene aber / wie sie gar erfindsam wahr / sagete: Es hat aber meine Frl. Schwester mich hierumb nicht eins begrüsset / und weiß man wol / daß angebohtene Dienste in schlechtem Wert und geringer Achtung stehen. So bitte ich dich noch darumb / antwortete jene / du wollest diese Müheverwaltung auff dich nehmen; und zwar eben diese Bitte an dich zulegen / wahr ich bedacht / da unsere Gn. GroßFürstin uns aufffoderte. Das lasse ich auff seinen Wert und Unwert beruhen / sagte Frl. Lukrezie / aber was würden diese verständige Fürsten von mir vor Gedanken fassen / wann ich mich zu etwas erbieten wolte / worzu mein Vermögen nicht bestand ist / daher dero Liebden sich von mir sehr wenig oder wol gar nichts zuversprechen haben / ich ihnen auch geträulich rahten wil / daß sie sich an den Selb-schuldigen halten / welcher ungleich besser als ich / zuzahlen hat; zugeschweigen / wie frech und vermässen ich müste geschätzet seyn / wann zwischen ihre Heimligkeiten ich mich einstecken wolte. Nicht also / sagte die GroßFürstin / sondern es werden eurer zwo der Schuld besser / als nur eine einzige abhelffen können / insonderheit /[315] weil sich zween Gläubiger finden / die ohn zweifel die Schuldfoderung nicht auffs höchste treiben werden / deßwegen nehme Frl. Lukrezie die Schuld mit auff sich / nebest der Erklärung /daß sie Selb-schuldige wolle mit seyn / alsdann wil ich vernehmen / ob nicht einer von diesen Fürsten ja so gerne auff sie / als auff Frl. Sibyllen sehen wolle. Der müste gerne in Schulden stecken / antwortete sie /der sich selbst eines höheren verpflichtete / als sein Vermögen sich erstrecket. Fürst Siegward gab sich mit ins Gespräch / baht anfangs umb verzeihung / daß neben seinen Freund und Gesellen / er in des Durchleuchtigen Frauenzimmers Erlösung / sich so faul und nachlässig erzeiget / und nicht bald der ersten Stunde ihrer Ankunfft sie der Angst benommen hätte / daher ihnen mehr die Züchtigung und Straffe / als einige Vergeltung nachstünde; hielt hernach bey der GroßFürstin an / sie möchte ihren Unvolkommenheiten zu hülffe kommen / und bey diesen vortreflichen Fräulein ihnen diese Gunst erwerben / daß sie ihre begierigen Dienste nicht nach dem Vermögen / sondern Willen urteilen wollen. Worauff die GroßFürstin zur Antwort gab: Als viel ich merke / währe dieser Streit bald geschlichtet / weil meine Durchll. Oheimbe nur alles vor eine unverdienete Gunst rechnen wollen was von meinen Frll. Schwestern ihnen etwa gutes begegnen möchte. So erklären nun dieselbe sich ohnbeschweret / ob sie diese Bedingung eingehen können / alsdann werden sie ihre Schuld völlig bezahlen / und dannoch vor solche gehalten werden die zubezahlen nicht schuldig sind. Die Fräulein merketen wol / wohin dieser Vortrag zielete / tahten doch nicht deßgleichen /stunden unterdeß und sahen eine die andere an / weil keine gerne hierauff antworten wolte; biß endlich Frl. Sibylla anfing: Durchleuchtigste GroßFürstin / ob gleich dieser Durchll. Fürsten Höfligkeit so groß ist /daß sie ihre mir erzeigete Woltahten so geringe schätzen / muß doch ich so vergessen nicht seyn / dieselbe in den Wind zuschlagen / es währe dann / daß ich etwas über meine Ehre liebete / welche nähest Gott Ihren Durchll. ich einig zudanken habe; erkenne mich deßwegen schuldig / alles mein ehrenwilliges Vermögen / in Erzeigung der höchstschuldigen Dankbarkeit gerne anzuwenden / nicht zweifelnd / weil dieser Last ich nicht allein bestand bin / meine herzgeliebete Frl. Schwester werde einen Teil auff sich nehmen / welches in allen Begebenheiten zuerkennen / ich mich willig erbiete; daß sie aber dieser Durchll. Fürsten Anfoderung hierzu erwarten wil / ist nichts als eine stilschweigende Wegerung; massen sie höret und vernimt / daß unsere Rechnung so weit vonander stimmet / daß dieselben meine Schuld nicht eins wissen noch erkennen wollen. Geliebte Frl. Schwester / sagte Frl. Lukrezie / du legest es über in die länge oder quere /muß ich doch zuvor wissen / ob ich gnugsam bin / dir deine Last tragen zuhelffen / damit mirs nicht gehe wie jenem stolzen Rehe / welches dem Hengste die Bürde ab- und über sich zunehmen wagen durffte /und unter solcher Last erdrücket ward. Du wilt gar zu vorsichtig spielen / antwortete Sibylla / welches allemahl eben so hoch nicht zu loben ist; versprich mir nur auff den fall der gnugsamen Düchtigkeit deinen Beystand / so wird sich das übrige algemach schicken. Du spannest die Pferde hinter den Wagen / antwortete jene; ich muß ja nicht ehe versprechen etwas zuleisten / sondern vorher mich prüfen / obs in meinem Vermögen sey oder nicht; und höre doch deines Anschlages Ungültigkeit aus einer gleichen Anfoderung: versprich mir nur / daß du mich wollest zur Königin in Parthen machen / so wird sich das übrige algemach fein schickẽ. Du bist eine Verdreherin[316] meiner Reden / sagte Frl. Sibylla / und reimet sich dein Einwurff gleich als eine Bradwurst auff dein Näheküssen. Sie wolte weiter reden / aber Fr. Sophia / welche ihrem Gespräch eine zeitlang von ferne zugesehen hatte / und nicht wissen kunte / was dessen Ursach oder Inhalt wahr / trat gleich hin zu ihnen / und ward dieselbe von der GroßFürstin also angeredet: Herzen Fr. Schwester / Eure Liebe / bitte ich sehr / helffen mir den streit dieser beyden allerliebsten Fräulein glüklich beyzulegen / welcher daher entstanden ist /daß Frl. Sibylla an ihrer Frl. Schwester begehret / in Abtragung der Dankbarkeit / womit sie diesen bey den Durchll. Fürsten sich meynet verschuldet seyn /ihr möglichen Beystand zu leisten / dessen sie sich zugleich erbeut und wegert. Daran tuht meine geliebte Frl. Schwester Lukrezie recht und wol / antwortete sie / wann sie dieser Anmuhtung sich beständig entschläget / dann bey meiner Frl. Schwester Sibyllen ist das Vermögen / sich vor ihr Häupt dankbarlich zuerzeigen / insonderheit gegen den Durchl. Fürsten Herrn Siegward / dessen Liebe vornehmlich ihrer Ehren Retter gewesen ist; Weil aber der Durchl. Fürst H. Baldrich sich gleich so hoch umb mich verdienet gemacht /und unter seine schuld mich gebracht aber solches zubezahlen weder Gelegenheit noch Krafft habe / ist mein gänzlich tichten / meine herzgeliebete Frl. Schwester Lukrezien an meinen Plaz hinzustellen /der gewissen Zuversicht / sie werde mir diese Bitte nicht versagen / die nach äusserstem Vermögen ohn einige Bedingung zuersetzen / ich mich hiemit wil verpflichtet haben. O wie klungen die ersten Worte so wol vor mich / antwortete Frl. Lukrezie / und hielt ich mich schon gar vor eine loßgesprochene / befinde aber / daß durch die folgenden ich aus der Bach ins Meer gejaget werde / weil ich dorten selb andere / hier aber ganz allein zahlen sol. Nun muß zwar meiner Frau Schwester ich billich zu gehorsam stehen / und ihr gebieten über mich nehmen / ob ich gleich darunter gar erliegen solte / nur werde ich gezwungen / bey hochgedachten Fürsten demühtige Ansuchung zutuhn / daß er mein Unvermögen übersehen / und nit grössere Erstaltung von mir fodern wolle / als meine schwachen Kräffte zulassen. Nicht ist meine Frl. Schwester mir schuldig / sagte Fr. Sophia / aber mir genüget an diesem erbieten / und bitte sehr / sie wollen ihren Tanz länger nicht auffschieben / nachdem ich verhoffe / die wichtige Streitigkeit sey nunmehr beygelegt. Noch eines nur / Fr. Schwester / sagte Frl. Lukrezie /daß ich wissen möge / wie hoch dem Durchl. Fürsten ihretwegen ich müsse verpflichtet seyn. Sie lachete der Frage / und gab zur Antwort: Weil meine Frl. Schwester mir solches abfodert / ist sie dem Fürsten so hoch verschuldet / daß sie ihm volkommene Gewalt zustelle / von ihr nach belieben zufodern / und sie ihm keine Bitte versage / weil dessen Liebe weder ungebührliche noch unmögliche Dinge von ihr begehren wird. Meine Fr. Schwester bedenket es kaum halb / sagte sie / was sie jezt redet / welches ich ihr nach diesem weitläuftiger auslegen werde. Also setzeten sie ihren Tanz in guter Zierligkeit fort / nachgehends liessen die Fürsten sich bey dem Fräulein sitzend nider /und wageten sich / allerhand verliebete Reden vorzutragen / insonderheit Siegward / als welcher in guter Hoffnung stund / noch diesen Abend von seinem Fräulein das unbedingete Jawort zuerhalten; weil aber solches von ihr nicht zuerzwingen wahr / sondern sie auff ihrer heutigen Antwort fest bestund / und ihn zugleich freundlich erinnerte / er möchte alle unständige Eile aus seinem Herzen verbannen / damit alles fein erbar zugehen möchte; machte er sich zu Fr. Sophien /erinnerte sie des in[317] der Höhle getahnen versprechens /daß nach anlangung zu Padua / sie ihr seine Sache bestes vermögens wolte lassen angelegen seyn; dessen möchte sie sich gnädig erinnern / und die Befoderung tuhn / daß die langwierige Brunst ihm das Blut nicht gar austroknete; zwar er befünde das allerliebste Fräulein ihm nicht allerdinge abhold / nur daß sie alles auf ihrer Eltern und Anverwanten Bewilligung aussetzete / welches den Zweifel in seiner Seele immerzu vermehrete; Weil ihm dann nicht unwissend währe / daß Ihre Liebe ihm sein suchen bey hochgedachten Eltern hernähst wol würde erhalten können /welches er aus der ihm gemacheten Hoffnung schliessen müste / bähte er instendig / ihm zufoderst der Fräulein volständige Einwilligung zuerwerbẽ / damit er aller furchtsamen Angst entnommen / seinen Geistern ruhe und sicherheit erteilen könte. Sie antwortete ihm; daß sie nicht allein ihrer Zusage / sondern auch ihrer schuldigkeit sich wol erinnerte / daher sie schon heut früh mit ihrem Herr Vater alles verabscheidet hätte / dessen gutwilligkeit sie in der Taht verspüret /in dem derselbe alsbald einen reitenden Bohten nach Rom an der Fräulein Eltern / ihren Willen einzuhohlen / abgefärtiget / der mit abgewechselten Pferdẽ Tag uñ Nacht eilen würde; weil aber das meiste bey dem Fräulein selbst stünde / wolte sie hinte ihr Schlasgeselle seyn / und versuchen / wie weit sie es gegen Morgen früh fortsetzen könte / und er sich eine kurze Zeit gerne gedulden würde. Aber saget mir /bitte ich / (taht sie hinzu) / wessen mag der liebe Fürst Baldrich gesinnet seyn? ich hoffe ja nicht / daß er willen trage / uns so bald zuverlassen / und genehmere örter zu suchen / welches ich aus seiner angenommenen schwermuht argwohnen muß. Siegward verstund diesen Possen nicht / welcher nur angeleget wahr / Baldrichs Liebe gegen Fräulein Lukrezien außzuforschen / antwortete deßwegen in aller einfalt: Er währe versichert / daß sein lieber Freund die allergröste Vergnügung an diesem Orte hätte / und nichts so sehr befürchtete / als daß er denselben gar zu zeitig würde verlassen müssen / sintemahl er in Frl. Lukrezien sich dergestalt verliebet befünde / daß er sein selbst darüber vergässe / uñ doch wegen ihrer ernsthaftigkeit / deren sie sich gegen ihn gebrauchete / und daß er ihr keine Dienste geleistet / sein heftiges anliegen nicht loßdrücken dürfte; gäbe vor / er merkete in ihren Augelein einen scharffen Nebenblik / den sie auff ihn schösse / wann von seiner verliebung er zu reden anfinge / und weil er denselben nicht ertragen könte / würde er aus furcht / sie zubeleidigen / in seinen begierden lieber vergehen / als einer so grossen Wagniß sich unternehmen; und ist dieses / sagte er /nicht der geringsten Ursachen eine / daß ich mein Vorhaben so eilends fort treibe / damit ich meinem Liebsten Freunde desto besser zu hülffe treten möge. Ist dieses die Ursach seiner Traurigkeit / antwortete sie / so wird euer Liebe gebühren / ihn zu trösten /und ihn auff meine träue zuversichern / daß den Stoß /welchen er dem Räuber Fannius gab / ich zuvergelten / und dieser Fräulein gewogenheit ihm zuerwerben /mich äusserst bemühen wil; nur reize eure Liebe ihn an / daß er sich etwas freier gegen sie gebrauche / und nicht unterlasse / auff gute gelegenheit ihr seine Liebe zu offenbahren / auch ungeachtet aller wiedrigen Antwort / nicht ablasse / dann ihre Art und eigenschaften sind mit Frl. Sibyllen nicht einerley / sondern gehen viel frischer / bewäglicher und spizfindiger; und ob sie gleich sich weit werffen wolte / wird der liebe Fürst doch allemahl etliche eingemischete Reden hören / die ihr ertichtetes wegern und wiedersprechen selbst gnug wiederlegen werden. Siegwarb ward ihres erbietens sehr froh / verließ sich zwar auff ihr[318] versprechen / und wolte doch selbst versuchen / wie weit ers bringen könte. Vor erst aber machte er sich zu Baldrichen / ließ ihn alles wissen / und stärkete ihn / seine Anwerbung ungescheuhet anzubringen. Die GroßFürstin hatte unterdessen mit Arbianes einen Tanz gehalten / und ihn erinnert / mit Baldrichen gute Kundschaft zu machen / welches ihm zu seinem Vorhaben sehr dienlich seyn würde; gab ihm auch an die Hand /sein Vermögen an den Tag zu legen / und ein Frei-rennen auff seine Kosten anzustellen / auch nichts zu sparen / ob gleich alle seine Schätze (welches doch unmöglich) drauff gehen solten / damit er ihm einen Nahmen erwürbe. Er bedankete sich wegen des geträuen Rahts / trat vor den Stathalter / und redete ihn also an: Hochmögender HerrStathalter / nachdem der gütige Himmel meine Gnn. Herrn und Brüderliche Freunde / König Ladisla / GroßFürst Herkules und Herrn Kajus Fabius glüklich und gesund wieder hieselbst angelangen lassen / bin ich willens / hierüber etliche Freuden Tage anzustellen / und dabey ein Freistechen zu halten / da alle ankommende Ritter von mir sollen aus den Herbergen frey außgelöset werden / so viel deren sich bey dieser ritterlicher Ubung wirklich gebrauchen / bitte demnach eure Gn. wollen hierin gnädig gehehlen / und mir zu diesem Vorhaben den Plaz gönnen / auff welchem König Ladisla sein allerliebstes Gemahl aus Räuber Händen erlöset hat. Dem Stathalter wahr nicht unbewust / daß er grosse baarschaften bey sich führete / willigte deßwegen nit allein gerne ein / sondern bedankete sich zugleich /daß er seiner gegenwart eine so wirdige und ritterliche Gedächtnis hinterlassen wolte. Baldrich hatte durch seines Gesellen einrahten sich nicht wenig gestarket /nam ihm vor alle mögligkeit anzuwenden / ob er seinem Vorhaben einen beständigen Fuß setzen möchte /und weil er sein liebes Fräulein allein sitzen fand /nam er nach gebehtener erläubniß den nähesten Siz bey ihr / und bedankete sich / in niderträchtiger Demuht / daß auff der Durchl. Fr. Königin in Böhmen anmuhten / sie sich erbohten hätte / derselben Stelle zuvertreten. Nun hätte er aber von höchstgedachter seiner Fr. Schwägerin so hohe woltahten empfangen /daß er solches nicht anders / als mit darbietung seiner selbst zuersetzen wüste / würde demnach das hochgebohrne Fräulein an ihrer Fr. Wasen stat ihn vor einen Knecht und Diener annehmen / und sich der Gewalt über ihn gebrauchen / daß sie ihm völlig und ohn einige bedingung beföhle / alsdann wolte er mit darstreckung seines Blutes und äussersten vermögens sich bereit halten / ihren gebohten entweder genüge zu tuhn / oder einen willigen Tod anzutreten. Worauff sie also antwortete: Ich getraue nicht / Durchl. Fürst / es vor meiner Fr. Schwester verantworten zu können /wann sein gar zu hohes erbieten ich annehmen würde / massen von derselben ich außgefodert bin / nicht in noch tieffere Schulden mich zusetzen / sondern die ihre nach vermögen abzutragen; wiewol sein getahnes hohes erbieten ich billich erkenne / und wie daraus seine gute gewogenheit ich zur genüge verspüre / also werde ich gelegenheit suchen / mich dankbar finden zu lassen / als gegen einen / der mich schon gewirdiget hat / sich mir ritterlicher Weise zuverbinden / welcher ehren ich mich doch / wie schon heut erwähnet /unwirdig halte / und dürfte ohn zweifel schier heut oder morgen euer Liebe Gemahl mirs zum Hochmuht auslegen / daß ich einen solchen hohen Fürsten vor meinen Ritter anzunehmen / mich nicht gescheuhet. Baldrich merkete aus dieser Antwort / daß sie sein ansuchen nicht verstehen wolte / daher er auff Siegwards anmahnung sich steurend / seine runde meynung dergestalt vorbrachte.[319] Hochgebohrnes Fräulein / wie kan doch eure vortrefligkeit von ihrem dienstergebenen Knechte diese Gedanken fassen / ob würde er irgend einer andern als ihr / sein Herz zuwenden / oder ausser sie ein Gemahl suchen? eine solche unteutsche Seele hat mir der Himmel nicht eingegossen / müste auch billich verfluchet seyn / wañ gegen ihres gleichen ich anders reden als gedenken würde. Wolle demnach ihre Liebe bey meinen Ritter- und Fürstlichen ehren / die ich nimmermehr zu schänden bedacht bin / sich versichern lassen / daß meine Seele nichts anders suchet noch sehnet / als von deroselben vor einen künftigen Gemahl angenommen zu werden /welches da ichs erhalten kan / mir die allerhöchste Vergnügung geben wird / im widrigẽ / werde ich nichts so emsig suchen / als meinem Fräulein durch die allerkräftigste bewährung darzutuhn / daß mein Herz niemand anders als ihrer vortrefligkeit könne ergeben seyn. Das Fräulein hielt diese Anwerbung vor gar zu dürre uñ kühn / stellete sich etwas erschrocken / und gab zur Antwort: Durchl. Fürst / dieses euer Liebe Ziel habe aus dero vorigen reden wegen meiner einfalt ich nicht absehen noch mir volstellẽ können /als die ich dergleichen anmuhtungen bißdaher allerdinge ungewohnet bin; bedanke mich zwar der hohen gewogenheit gebührlich / aber weil einem Römischen Fräulein / die ihren lieben Eltern und Anverwanden unterworffen und zum gehorsam verbunden ist / in dergleichen teidungen sich einzulassen / keines weges geziemen wil / wird eure Liebe fernere erklärung von mir nicht gewärtig seyn / deren sonsten geträue freundschaft biß an mein Ende zuerzeigen ich mich nicht wegern wil / uñ da ich mich selbst rühmen darff / leiste eben hiedurch euer Liebe ich schon eine wirkliche Freundschaft / wann dieselbe ich von solchem vornehmen und ihr selbst gar zu schädlichen Gedanken abrahte / weil ich weiß / daß da ihre Liebe dieses fortsetzen und erhalten würde / dieselbe sich ihrer lieben Eltern und aller Fürstlichen Erbschaft ewig verzeihen müste. Baldrich gedachte nicht anders / als das Fräulein suchete nur ertichtete außflüchte / sich seiner zuentbrechen / ließ deßwegen einen tieffen Seuffzer aus dem innersten seines Herzen / und sagte mit gebrochener Stimme: Nun meine Seele / so bitte dieses mehr als irdische Fräulein demühtig umb verzeihung /wegen deines unbesonnenen frevels / nim auch / ob gleich peinlich / dannoch willig an / was durch diese Frecheit du dir selbst auffgebürdet hast; ihr aber / trefliches Fräulein / gedenket ja nicht / daß ich deren außdrükliche wegerung unter einer ertichteten Furcht mir vorgehalten / vor unrecht außgeben oder anklagen wolle; nein / der Gehorsam euer Liebe versprochen /erfodert viel ein anders; sondern weil ich mir unternehmen dürffen / ihre Ohren durch meine verwägene Anwerbung zubeleidigen / wil ich der Straffe mich willig unterwerffen / nur allein wünsche ich / daß diese allerliebste Hand (die ihre drückend) die volstreckung der billichen Rache über sich nehmen / und mein gar zu freches Herz abstossen wolte. O du glükseliger Baldrich / daß du diese so trefliche volkommenheit gesehen hast! aber O du unglüklich-verwäge ner / daß du derselben dich hast dürffen fähig schätzen! So bestätiget nun / hochgebohrnes Fräulein /meine getahne verpflichtung / wodurch ich mich verbunden / niemand als nur ihr zu leben und zu sterben; und weil ich des ersten unwerd bin / mich auch nunmehr selbst vor einen solchen halten muß / weil ihre Urtel so gehet / wil ich das andere ja so bestendig volstrecken / als ich die Schuld des Todes über mich mutwillig gezogen habe; nur lasset diese meine willigkeit ein Zeichen meiner geschwornen träue seyn. Hiemit stund er auff / und wolte abscheid[320] von ihr nehmen / des gänzlichen vorhabens / noch diesen Abend hinaus in einen Wald zu reiten / und daselbst sein Leben durch Hunger zuendigen. Aber das Fräulein befürchtete noch ein schwerers / fassete ihn bey der Hand / und da er auffstund weg zugehen / sagte sie mit ganz verworrenem Gemühte zu ihm: Durchl. Fürst / und mein Ritter / wohin gedenket eure Liebe so eilig? Nach dem Ende meines Unglüks / antwortete er: Wo meinet aber eure Liebe solches anzutreffen? fuhr sie fort; ist es in der nähe / so nehmet mich mit /dann ich wolte des Unglüks auch gerne entladen seyn. Diesen Wunsch / sagte er / wird eure vortrefligkeit alsbald nach meinem Abwich erhalten / wann die Ursach ihres Unglüks wird aus dem Wege geräumet seyn. Daß sind dunkele Reden / antwortete sie / deren Verstand ich nicht begreiffen kan / bitte demnach /mich dessen klärern bericht zu tuhn / oder ich muß billich an seiner mir so teur versprochenen gewogenheit zweiffeln. Eben diese Gewogenheit / sagte er /weil sie mich gar zu verwägen gemacht / sol davor mögliche Busse angehen / und bitte die Götter / eure vortrefligkeit in stetem Schuz zu halten / mir aber zuverzeihen / daß ich habe lieben dürffen / welches ich nur solte angebehtet habẽ. Eure Durchl. leget mir grosse beschimpfung an / sagte sie / in dem sie mich über gebühr erhebet / dessen ich dann zu seiner Zeit gebührlichen abtrag fodern werde; nur bitte ich dißmahl / mich eigentlich zuberichten / wo des Unglüks endschaft anzutreffen sey / auff daß ich zugleich mit ihm dahin gelangen könne. Da werde ichs finden / antwortete er / da es keine Gewalt mehr über mich hat; ihre Liebe aber hat hieran keinen teil / weil sie keines verbrechens kan beschuldiget werden; bitte demnach mein Fräulein wolle ihren unwirdigen Knecht gnädig beurlauben / einen kurzen abtrit zunehmen. Ich habe über eure Durchl. mich höchst zubeschweren / antwortete sie / daß dieselbe sich vor unwirdig schelten /und mir einige Gnade über ihre Fürstliche Hocheit zulegen darff / und sol trauen alles auff ein Kläuel gewunden werden; sonsten willige in euer Liebe abtrit ich gar gerne / dafern dieselbe mir angeloben wird /auffs schleunigste sich wieder einzustellen. Dafern dir Götter mir solches gönnen / sagte er / gehorsame ich auch in diesem / wie in allen andern; aber was ist euer Liebe mit dessen Wiederkunft gedienet / der wegen begangenen frevels seine Augen nicht auffschlagen darf / uñ daher sich unwirdig achtet / den Himmel anzuschlagen / weil er dessen allervortreflichstes Geschöpff zu hart beleidiget hat? Das Fräulein zweiffelte an seinem wütigen Vorhaben nicht mehr / wuste aber vor Angst nicht / wessen sie sich erklären solte; dann sie merkete / daß er auch ohn ihre Bewilligung aufstehen wolte / davon zugehen / welches zuverhindern sie ihr gänzlich vornam / und zu ihm sagete: Durchl. Fürst / ich trage sehr hohe begierde / mit euer Liebe Frl. Schwester / Frl. Klaren in Kundschaft zugerahten / und derselben gehorsamlich aufzuwarten / nachdem deren vortrefliche Schönheit und Tugend mir von Fr. Libussen hoch gerühmet ist; da ich dann von deren Durchl. auch einen gedächtnis Ring zu überkommen hoffe. Alsdann wolle eure Liebe / antwortete Baldrich / meiner Frl. Schwester meinen Gruß anmelden / und zum Wahrzeichen unbeschweret andeuten / ich habe ihr begehren in Schweden geträulich verrichtet / aber die erhaltung sey mir erst über ein Jahr versprochen /alsdann sie alles nach belieben werde abfodern können. Wie? sagte sie / wil dann eure Liebe nicht mit uns in ihr Vaterland reisen? daß währe trauen ein schlechter Ritterdienst / dessen zu euer Liebe ich mich nit versehen hätte. O eure Liebe kränke doch meine Seele weiter nicht mehr / antwortete er /[321] weil dieselbe ja willig und bereit ist / den Sold / welchen sie verdienet / zuempfahen; man gebrauchet sich ja gegen arme Sünder wol der Folter / aber nicht / wann sie gutwillig alle Schuld bekennen / und ja so fertig sind / die Straffen auszustehen / als der Richter ist / sie anzulegen. Das Fräulein kunte so Herztreffende Reden nicht länger anhören / sagte deswegen zu ihm: Durchleuchtigster Fürst / ist einige ungetichtete Liebe in seiner Seele gegen meine Wenigkeit / so wolle er sich in dergleichen vorbringen mässigen / damit ich nicht ursach habe / mich seiner Unbilligkeit zubeklagen. Daß Eure Liebe ich vor meinen wahren Freund halte / habe ich schon heute nicht schlechten Beweißtuhm dargelegt /es wäre dañ / daß man über züchtiger Fräulein gebühr von mir fodern wolte / welches / wie ich weiß / eure Redligkeit nicht begehren kan. Mein Freund vernimt ja von mir / wie träulich ich es mit ihm meyne / indem ich ihm so auffrichtig vorstelle / was vor Unglük ihn wegen meiner Heyraht zustossen würde; nennet er dann solches eine Folter? hält er das vor eine Peinigung? Baldrich ergriff sich in etwas durch diese Reden / wuste doch nicht / wie ers verstehen solte /daß ihm diese höchstgewünschete Heyraht so schweres Unheil erwecken könte / und antwortete ihr: Durchl. Fräulein / was könte mir doch ein so glükseliges Engelchen vor Unglük bringen? oder meynet Eure Liebe / daß meine liebe Eltern uñ mein Teutsches Vaterland / solche Tugend und Schönheit hassen / die an ihr in solcher Volkommenheit hervor leuchten? Wolte der Himmel / daß ich sonst kein widerwärtiges in dieser Welt zugewarten hätte / würde ich dieses mit gutem Willen ertragen. Ja mein Durchl. Fürst / sagte sie / eben durch diese Reden gibt er an den Tag / daß er die meinen nicht recht verstehe / erachte mich demnach schuldig / ihm solche zuerklären; Anfangs aber ersuche ich Eure Liebe / meine Geringfügigkeit nicht über ihren Wert zuloben / damit vor derselben ich nicht schamroht stehen dürffe; Hernach erinnere ich dieselbe / daß ihr nicht unbewust ist /was gestalt sein Herr Bruder / GroßFürst Herkules /unangesehen seines gleichen an Ehre / Frömmigkeit und Tugend in der Welt schwerlich zufinden / dannoch von seinem Herr Vater und dem ganzen Vaterlande / bloß wegen seines Christentuhms und gottseligen Lebens angefeindet wird / daß man auch damit umgehet / ihn des Reichs nicht allein zuenterben /sondern noch darzu als einen Feind der Teutschen Götter in die ewige Acht zuerklären. Nun kan Euer Liebe aus auffrichtigem Herzen ich nicht verhehlen /daß nicht allein ich und meine liebe Eltern Christen sind / sondern überdas ich meinen Leib lieber zu Aschen verbrennen lassen / als denselben allein seligmachenden Glauben verleugnen / oder einen UnChristen an meiner Seite warm werden lassen wolte; und weil dieser mein Vorsaz weder durch Macht noch Güte / ja weder durch Pein noch Tod kan gebrochen werden / so sihet und verstehet Eure Liebe / wie grosse Ursach ich gehabt / dieselbe von ihren verliebeten Gedanken abzuzihen / die mir sonsten nicht unangenehm seyn könten / angesehen deren hohẽ Fürstlichen Stand / doch vielmehr deren Tugend und Frömmigkeit / und daß dieselbe mit meinem grösten Freunde GroßFürst Herkules in so naher Blutfreundschafft stehet. Au weh! antwortete Baldrich; nehmen dann so vortrefliche Fräulein auch diesen neuen Glauben an /welcher von aller weltlichen Obrigkeit mit höchster Straffe verfolget wird? Je warumb nicht? sagte sie /warum solten nicht so wol Weibes- als Mannesbilder ihrer ewigen Seligkeit acht haben? und zweifelt eure Liebe hieran? oder meynet sie / daß die GroßFürstin Fr. Valiska / und Fr.[322] Sophia / ja auch meine Wase und Schwester Frl. Sibylla / neben König Ladisla und vielen anderen unser Geselschafft eines anderen Glaubens leben? Ey mein Fräulein / antwortete er / so kan ich / was sie mir auch sagen mag / weder sie noch jeztgedachte Tugendergebene Herzen vor unkeusch und viehisch halten / und daher sie des unzüchtigen Christentuhms mit nichten beschuldigen; und ob der übrigen Art und Sitten mir gleich unbekant sind /weiß ich doch ungezweifelt / daß weder König Ladisla / noch mein Bruder Herkules mit unzüchtigen Gemahlen sich schleppen können / noch meine Wase Frau Valiska einigem Menschen in ungebühr zuwillen seyn. Das Fräulein entsetzete sich vor dieser Rede /und gab ihm mit zimlicher Ungestüm zur Antwort: So hält Eure Liebe unser Christentuhm und die viehische Unzucht vor ein Ding? O der grundgütige GOtt verzeihe euch ja diese schwere Gotteslästerung / weil sie verhoffentlich nicht aus Boßheit / sondern blosser Unwissenheit entspringet; Aber was muß doch vor ein abgeseimeter Bube seyn / der solche Abscheuhligkeiten von den unschuldigen Christen aussprengen darff / da keine heiligere noch keuschere Gesetzte / als eben der Christen / können gefunden werden / nachdem dieselben nicht allein äusserliche Unreinigkeit sondern auch die innerliche unzimliche Gedanken und Bewägungen vor Sünde halten / und davon abmahnen. Baldrich antwortete hierauf: Wird mein erzähletes von den Christen mit Unwarheit ausgegeben / so müssen alle unsere Pfaffen die gottlosesten Schelmen unter der Sonne seyn; dann ein solches bilden sie täglich grossen und kleinen / hohen und nidrigen ein / und erwecken dadurch einen solchen unversöhnlichen Haß in aller Menschen Herzen / daß wann einziger sich in meinem Vaterlande solte finden lassen / der sich vor einen Christen angäbe / oder nur ihren Glauben / wañ dessen gedacht wird / ungeschändet liesse / würde er ohn einige Gnade unsern Göttern / als das angenehmeste Opffer abgeschlachtet. So gebet ihr nun / Durchl. Fürst / selber zuverstehen /sagte sie / was grosse Gefahr Euer Liebe auff meiner Heiraht stehen würde / und er daher meiner auffrichtigen Träue sich wol versichern kan / weil ich ihn von diesem Vorsatze so herzlich abrahte / massen eine lautere Unmögligkeit ist / daß umb seinet / oder einiges Menschen willen / wer der immer seyn mag / ich meinen Glauben verlassen / und einem andern zugefallen zum Teuffel fahren wolte / sondern vielmehr willig und bereit bin / umb meines Gottes willen mein zeitliches Leben herzlich gerne einzubüssen / wans von mir solte gefodert werden / worzu auch ein jeder rechtschaffener Christ sich gefasset hält und haltẽ muß; Und ob zwar zwischen Heyden und Christen die Heiraht zugelassen ist / wie dann Euer Liebe ich vertraulich offenbahre / daß die Frau Stathalterin meine Fr. Wase / den Christlichẽ Glauben mit ihres Gemahls Zulassung stets bekennet hat / so habe ich doch in meinem Herzen es meinem Gott äidlich angelobet /daß nimmermehr kein UnChrist mein Bräutigam oder Gemahls seyn sol; Wolle demnach mein Fürst und Ritter erkennen und erwägen / daß unsere Ehe durch seine gar zu grosse Gefahr und durch meine lautere Unmögligkeit gehindert wird / massen ich gar nicht zweifele / er werde dieses bey ihm gelten lassen / daß ich schuldig bin / mehr meinen Gott / als einigen Menschen zulieben. Ach mein außerwähltes Fräulein /antwortete er / ich bitte sie durch ihren Gott / dem sie so fest anhanget / sie wolle ihre Liebe mir nicht so gar vor der Faust abschlagen / und mir diese Frage beantworten; daß wann ich ihrem Gott mich auch ergeben /und denselben unter die meinen auffnehmen[323] würde /ob dann nicht die Unmögligkeit an ihrer seiten zerginge. Nein / Durchl. Fürst / antwortete sie; eine solche Beschaffenheit hat es gar nicht mit unserm Glauben /daß man zugleich unsern Gott / welcher der einige wahre Gott ist / bekennen / und nebest demselben andere Götter / die alle übern hauffen falsch und ertichtet sind / verehren könte; sondern der allererste Grund unser Christlicher Lehre ist dieser / daß wir allein allein unsern einigẽ wahren GOtt / als einen Gott fürchten / lieben / ehren / und alle andere falsche / betriegliche / ohmächtige und nichtige Götter verachten /verwerffen / und aus unserm Herzen verbannen müssen; und weil wir krafft unser Lehre / und bey Verlust der ewigen Seligkeit / nicht anders können / so ist diß die vornehmste Ursach / daß die Heyden uns so hart verfolgen / und mit grossen Hauffen tödten. Es ist ein hartes / sagte Baldrich / daß in diesem stük euer Gott von euch erfodert. Ach nein / sagte das Fräulein lächelnd / es ist nichts als die höchste Billigkeit; dann sehet / mein Fürst / wann jemand von euch erfodern wolte / ihr soltet nicht allein die Tapfferkeit / sondern auch die Furchtsamkeit; nicht allein die Gerechtigkeit / sondern auch die Ungerchtigkeit; nicht allein die Keuscheit / sondern auch die Unzucht und Ehebruch; nicht allein die Warheit / sondern auch die Lügen vor herliche Tugenden und vor gut halten; woltet ihr ihm auch folge leisten? So währe ich nicht wert / daß mich der Erdbodem trüge / antwortete er / wañ ich nicht lieber tausend Tödte über mich nähme / als dieses einwilligte. Und so müste ich / sagte das Fräulein / lieber tausendmahl tausend Töde über mich nehmen / als dasselbe vor meinen Gott halten / was falsch / errichtet / nicht und teuflisch ist; dann Gott ist mehr als Tugend. Mein Fräulein redet recht und wol / sagte er /aber woher wil man erweisen / daß euer einiger Gott nur der wahre / und alle andere falsch und nichtig sind? Dessen bin ich so gewiß und versichert / antwortete sie / daß ich allen übrigen Göttern / meinen einigen ausgenommen / Troz biete / ob einer so mächtig sey / dz er mir ein einziges Häärlein kränke; und wann wir diese ganz unfehlbahre Gewißheit nicht hätten / so währen wir die allerelendesten und unwitzigsten Menschen; und was könte uns doch so beständig im Glauben / und so willig zum Tode machen / wann wir diese Gewißheit nicht hätten: O nein mein Fürst /wir sind Gott Lob unserer Sinnen nicht beraubet /noch der Vernunfft entlauffen / sondern unser Glaube ist das allergewisseste Vertrauen / welches durch keinen Teuffel noch Menschen kan gebrochen werden /wann wirs nicht selbst boßhaffter weise tuhn; Und dafern Euer Liebe dereins gefallen könte / sich dessen berichten zu lassen / wird sein Herr Bruder / oder dessen Gemahl (die eine ausbündig-gelehrte Christin ist) ihm ein solches nicht versagen. Gnädiges Fräulein /sagte er hierauff / darf ich noch um einer einzigen Frage Beantwortung anhalten? Nicht nur um eine /antwortete sie / sondern umb alle. Ich traue ihrem versprechen / sagte er / sonst würde ich mich nimmermehr so weit erkühnen; möchte demnach herzlich gerne wissen / ob dann / im falle ich ein Christ würde / mein voriges ansuchen stat finden könne; und damit Ihre Liebe desto gewissern fuß habe / verspreche ich hiemit und kraft dieses festiglich / daß wann nichts schändliches in ihrer Christlichen Lehre enthalten wird / wie ich solches nunmehr schon vor gewiß halte / ich morgen umb diese Zeit schon verhoffe ihres Glaubens zuseyn. Das Fräulein / weil sie ihn herzlich liebete / ward dieses erbietens überaus froh / ließ sich doch nichts sonderliches merken / und gab zur Antwort: Durchl. Fürst / währe ich bedachtsam verfahren / hätte unter allen[324] Fragen / die mir können vorgestellet werden / ich diese einzige billich sollen außnehmen /weil einem Fräulein nicht geziemet / ein solches zubeantworten / ehe und bevor sie dessen von ihren Eltern / oder die ihnen an Eltern stat gesetzet sind /außdrüklichen Befehl hat / wie dann solches unsere Christliche Lehre im Munde führet; Weil ich aber durch mein Versprechẽ zu einer Antwort mich habe verbindlich gemacht / wil ich leisten / so viel mir der Wolstand gönnet / und Ihrer Durchl. verheissen / daß derselben ich frey stelle / bey meiner Gn. GroßFürstin hierumb zuwerben / welche von meinen lieben Eltern Volmacht hat / mich zuverheirahten / so hoch halten sie dieselbe; inzwischen gebet / bitte ich / eurem inständigen ansuchen bey mir selbst / einen geringen Auffschub / und lasset / als ein vernünfftiger Fürst und Tugendhaffter Ritter die güldene Mässigkeit in eurem Herzen nicht ersterben; Ich lauffe ja diesen Abend nicht hinweg / habe auch Euer Liebe schon mehr anlaß gegeben / als mir geziemet; doch ehe etwas weiters gesucht und vorgenommen wird / muß Eure Liebe zuvor bessern Unterricht wegen des Christentuhms einnehmen / welches aber vor morgen früh nicht geschehen kan; Wolle demnach dieselbe alle Schwermühtigkeit beyseite legen / und sich frölich erzeigen / dafern ich dieselbe vor meinen Ritter und wahren Freund halten sol; Vor allen dingen aber muß sie noch zur zeit unsere Unterredung keinen Menschen wissen lassen / es währe dann / daß sein lieber Geselle seiner innigsten Heimligkeiten in wahrer verschwiegenheit dürffte teilhafftig seyn / als welcher / wie mich dünket / mit meiner herzlieben und vertraueten Schwester Frl. Sibyllen gleiche Handlung fortzusetzen bemühet ist / daß ich fast argwohnen muß / sie seyn dessen beyde eins worden / uns unwitzige schwache Töchter mit solchem hefftigen Liebessturm zuüberwältigen; welches sie mit einem freundlichen lachen beschloß. Baldrich richtete hierdurch seine fast nidergeschlagene Geister wieder auf / hatte aber keine gelegenheit es zubeantworten / weil er von Fr. Ursulen zum Tanze aufgefordert ward. Siegward fand unterdessen viel eine volkommenere Vergnügung; dañ wie er seine harte Ansprengungen abermahl ergehen / und seiner grossen Liebesangst sich vernehmen ließ / nebest dem hochbeteureten erbieten / wie inbrünstig er zeit seines Lebens ihr dienen wolte / gab sein Fräulein ihm dieses zur Antwort: Vor dieses hohe Versprechẽ bedanke ich mich billich und von herzen / sol auch zu seiner Zeit / da ich dessen grössere freiheit haben werde / unvergolten nicht bleiben; daß aber Eure Liebe sich über mich noch beklagen /und ein mehres / als ihm schon heut versprochen und gewilfahret / suchen darff / befremdet mich nicht wenig. Kan ich mehr / als schon geschehen ist? oder begehret mein Herr Bruder / daß seine Schwester die Zuchtbahn überschreiten sol / dessen sie von ihm dereins hohẽ Verweiß einnehmen müste? Welches Fräulein hat einem Mannesbilde mehr freihet gegönnet /als Euer Liebe ich heut übersehen müssen? dessen ich mich mehr als keines Dinges schäme / und die Augen vor ihm kaum auffschlagen darff. Also gelebe zu meinem vertraueten Freunde ich der festen Zuversicht / er werde sich am geschehenen biß dahin vergnügen lassen / und das übrige bey meiner Fr. Schwester suchen / damit ich nicht ursach habe / ihn einiger Unbescheidenheit anzuklagen / dessen ich von herzen gerne möchte geübriget seyn / würde mich auch sehr schmerzen / wann mein Erlöser sich geringer Mässigkeit in dieser Stad / und in meines H. Vettern Behausung / als in der Wüsteney und Räuberhöhle gebrauchen wolte / und er / wann ichs sagen sol / meine Fr. Schwester dergestalt an seiner seiten[325] hat / daß er wenig ursach hat / sich groß zufürchten. Es kunte Siegward in seinem herzen nicht leugnen / daß er dem Fräulein durch etliche gar zu kühne Reden / gnug ursach gegeben hatte / ihm den eingemischeten Verweißzupredigen / baht deßwegen demühtig umb Verzeihung / und erboht sich / hinfüro der gebührlichen Bescheidenheit zugebrauchen. Es machte sich aber Frl. Lukrezie hin zu der GroßFürstin / und erzählete ihr / was vor abscheuliche Meynungen Fürst Baldrich von dem Christentuhm führete / und nachdem sie ihn eines andern berichtet hätte / er außführlichere Erklärung alles dessen begehrete / worin eigentlich solcher Glaube bestünde / auch was Gesetze zuhalten den Christen vorgeschrieben währen / damit er seinen Herrn Bruder bey seinen Eltern entschuldigen / und ihm freyen Zutrit zu sein ErbFürstentuhm machen könte. Die GroßFürstin ließ solches alsbald an Herkules und Ladisla gelangen / denen hierzu so liebe wahr / daß sie ihre freude nicht kunten verbergen / insonderheit / da Frl. Sibylla ihnen daneben anzeigete /daß Fürst Siegward ihr schon verheissen / den Christlichen Glauben anzunehmen; welche doch nur Schamröhte davon zum Botenlohne trug / dann Herkules sagte zu ihr: Ich dürffte aus dieser Schickung fast vor gewiß schliessen / meine Frl. Schwester habe den Fürsten durch ihre Schönheit darzu anlaß gegeben; und dafern dem also; wünsche ich meiner Frl. Schwester zu dieser Heiraht Gottes Segen / und alles gedeiliche Fürstliche Wolergehẽ / dieselbe zugleich versichernd / dz in der Welt ich ihr keinen zum Gemahl lieber / als eben diesen Fürsten wünsche. Ach mein Durchl. GroßFürst / antwortete sie / verdiene ich dann durch meine Einfalt dermassen beschimpffet zu werden? gewißlich / da ich solches hätte wissen sollen /würde ich einen andern außgeschicket haben / euer Liebe dieses zuvermelden. Vertrauete Frl. Schwester /sagete er / habe ich dann nicht macht / ihr meines herzen Wunsch und Meynung zu offenbahren / nachdem sie ja meine ihr zugetahne Seele wol erkennet? nam hiemit ihre Hand / küssete ihr dieselbe / und fuhr also fort: Eure Liebe wolle mich dann berichten / ob sie so grossen Wiederwillen gegen meinen Oheim und nähesten Anverwanten träget / daß sie meinet / durch dessen ahnung beschimpfet zu werden / alsdañ wil ich mich schon hüten / daß ich nicht allein seinen Nahmẽ nicht mehr nenne / sondern werde allen fleiß anwenden / ihn zubereden / daß er gleich Morgen alsofort davon reite / umb durch seine gegenwart eure Liebe keine wiederwertigkeit zuverursachen. Frl. Sibylla wuste nicht / ob sie dieses vor Schimpf oder Ernst annehmen solte / biß Ladisla mit darzu redete / und also anfing: Hochgebohrne Frl. Wase und Schwester / sie wolle sich / bitte ich sehr / an meines lieben Bruders Reden nicht ärgern / massen derselbe allemahl im brauche hat / die verliebeten Herzen umzutreiben. Ach nein / antwortete sie / hohe Zeit ist es / daß ich gehe / damit ich nicht gar zum Spotte werde; jedoch versichert euch / König Ladisla / daß ich mich an euch beyden rächen wil / dafern mir nicht diesen Abend abtrag geschiehet; kehrete sich hiemit umb /und ging hin zu Fr. Sophien / ihr diesen Spott zu klagen / von welcher sie noch kurzweiliger empfangen ward / massen dieselbe fragete / auff welchen Tag sie dann das Beylager bestimmet hätten; worauff sie zur Antwort gab: Nun erfahre ich des alten Sprichworts unleugbahre Warheit; Gute Freunde in der Noht /gehen wol hundert auff ein Loht; Ich habe eures rahts nie mehr / als eben jezt von nöhten / und muß nur euren Spott in mich fressen; ich bitte euch aber von herzen /machet daß vor schlaffen gehens ich mit euch allein reden möge; wo nicht / und ihr mich[326] ferner umbzutreiben gesonnen seid / schwöre ich / daß ich morgen nach Rom fahren / uñ mich meiner Eltern Rahts gebrauchen wil. Gebet euch zu frieden / mein Schwesterchen / sagte sie / Ihr und Frl. Lukrezie sollet hinte meine Schlaffgesellen seyn / da wir uns Schwesterlich zubereden Zeit genug haben werden. Unter diesem Liebes-getrieb (den fast alle Anwesende merketen /und schon ein mehres als wahr / urteileten) hatte Arbianes sein Gespräch mit Frl. Helenen / die in ihrem Herzen den beyden Fräulein sehr neidig wahr / daß ihnen von den Teutschen Fürsten so wol auffgedienet ward / und sie bey dem Meden sitzen muste / welcher ihr von keiner Liebe schwätzete / suchete auch gelegenheit / abscheid zu nehmen / wie sie dann unbegrüsset alles Frauenzimmers davon ging / nur daß sie bey Fr. Sophien sich einer Unpäßligkeit annam / und mit einem bitteren Lachen sie erinnerte / bald darzu zutuhn / daß den Verliebeten zu ihrem Zwegk verholffen würde. Welche aber sich mit ihr einzulassen nicht gemeinet wahr / sondern sie auff ihr begehren willig erließ; und bekam hiedurch Arbianes gelegenheit / hin zu Baldrich und Siegward zu rücken / mit denen er diesen Abend vertrauliche Brüderschaft machete /welche biß an ihr Ende steiff und fest wehrete. Als die Zeit wahr / schlaffen zu gehen / meldete Fr. Sophia ihrem Ladisla an / sie hätte sich diese Nacht einem andern Schlaffgesellen versprochen / würde deßwegen nit ungeduldig seyn / massen die beyden Fräulein ihres rahts und trostes begehreten / könte leicht muhtmassen / daß sie von den beyden Fürsten zimliche anfechtung erleiden müssen. Ladisla ermahnete sie /allen fleiß anzuwenden / daß solche Heyrahten vor sich gingen / woraus viel gutes entstehen könte / er wolte diese Nacht bey Herkules bleiben / und möchten sie seine Fr. Schwester mit sich nehmen; dessen sie hoch erfreuet ward / weil sie nur immerzu suchete / bey und umb ihr zu seyn / welche auch nicht minder freundlich sich gegen sie anstellete / ward dieses vorhabens von ihrem Herkules bald berichtet / deßwegen sie sich zu Frl. Lukrezien machete / und zu ihr sagete: Herzen Schwesterchen / ihr werdet hinte mein Schlaffgeselle seyn / weil mein Gemahl und Bruder beysammen bleiben werden / und hätten wir so ein raumes Lager / wolten wir unsere beyden Schwestern zu uns nehmen. Fr. Sophia kam gleich darzu gangen /und sagete: Daran sols nicht fehlen / wann nur ihre Liebe uns bey sich dulden kam. Geschahe auch kurz hernach ein algemeiner Auffbruch / und wurden die beyden Fräulein von den verliebeten Fürsten biß vor ihre Schlaffkammer begleitet / woselbst auff bitliches ansuchen ihnen ein ehrliebender Kuß gegönnet ward /doch mit dem bedinge / wie Frl. Lukrezie vorgab /daß dessen Morgen nicht gedacht / viel weniger es wiederhohlet würde / welches Baldrich mit anwünschung einer seligen Nachtruhe beantwortete; Fr. Sophia aber Siegwarden erinnerte / daß wann sie ihrer Liebe glüklichen fortgang haben wolten / müste es durchaus zu vor wegen des Christentuhms seine richtigkeit haben / sonst währe alles vergebens und umsonst; würde demnach er mit seinem Gesellen abrede nehmen und Morgen früh gar zeitig vor diesem Gemache sich finden lassen / alsdann wolten die Fürsten und sie deßwegen mit ihnen fernere unterredung pflegen / und nachgehends das übrige zuverrichten ihnen lassen angelegen seyn. Siegward versprach demselben nachzukommen / und schied mit seinem Gesellen wolvergnüget davon / wie auch das Frauenzimmer nach abgelegter Kleidung sich zur Ruhe legeten; jedoch nam Fr. Sophia zuvor Frl. Sibyllen absonderlich vor / mit bitte / ihre Liebesheimligkeit ihr nicht zuverschweigen / damit man den Sachen einen gewünscheten[327] außschlag geben könte / nachdem ja billich währe / und die Dankbarkeit wegen geleisteter sehr hohen verdienste erfoderte / daß man einen solchen Königlichen Fürsten nicht mit vergeblichen Worten hinhielte / ihm eine solche Hoffnung zu machen / und wann es an den Schluß gehẽ solte / ihn schimpflich abzuweisen worzu ich doch euer Gemüt / sagte sie / viel zu redlich weiß; zwar mir ist wol bekant / setzete sie hinzu / wie schwer es einem Fräulein eingehet / dasselbe andern zu offenbahren / was von einem Mannesbilde mit ihr in Heyrahtsachẽ gehandelt wird / weil ihr aber mein Schwester Herz kennet / und daß eure Wolfahrt ja so hoch als meine eigene mir anlieget /werdet ihr kein bedenken tragen / mir zu melden / ob ihr willens seid / den lieben Fürsten zu ehelichen oder nicht. Das Fräulein antwortete hierauff: Herzallerliebste Fr. Schwester / ich gläube nicht / daß einiges Fräulein in so kurzer Zeit mehr bestürmung ausgestanden / als ich gestern und heut / sehe auch nicht /wie ich mich sein endlich erwehren sol; zwar wann wegen beschehener Rettung / ich ihm nicht Ehren-und dankbarkeit halben so viel übersehen müste /hätte er wol etliche gute auswischer verdienet / nicht daß er mir ungebührliche sachen angemuhtet hätte /sondern daß in den zulässigen er das Ziel der mässigkeit überschreitet. Mein geliebtes Kind / sagte sie /wann unsere Buhler / die uns herzlich und in ehren meinen / nicht aus den Schranken der Erbarkeit weichen / müssen wir ihnen einen kleinen muhtwillen übersehen / insonderheit / wann die erste Liebe / die am hefftigsten fähret / sie antreibet / dann sie können ihren willen nicht so wol hinterhalten / als die Fräulein / sintemahl alles ihr beginnen zu Schimpf und Ernst feurig und begierig ist / so daß sie mehr mit bescheidenheit als hartem verweiß sich lenken lassen; aber ihr habt mir meine Frage noch nicht beantwortet / ob ihr des lieben Fürsten ansuchen stat zugeben gesonnen seid. Ach ach! antwortete das Fräulein / ich bin noch viel zu blöde / diese erklärung abzustatten /sonsten da mir Gott diesen Fürsten zum Gemahl versehen hätte / und meinen lieben Eltern es nicht zu wieder währe / könte ich mit ihm sehr wol friedlich seyn / würde auch nicht minder an ihm / als eure Liebe an König Ladisla einen ergebenen Gemahl haben / wo sonst seinen reden einiger Glaube beyzumässen ist. Wollet ihr dann / sagete Fr. Sophia / es in meine Hand stellen / nach belieben zuverfahren / wie vor euren Eltern ichs werde verantworten können? so wil euer blödigkeit ich dergestalt zu hülffe kommen /daß ihr meine träue daher spüren sollet. Und wessen solte ich mich hierin lieber gebrauchen / antwortete sie / als eben der ich meine himlische glükseligkeit allein zu danken habe / dann ich bin gewiß / daß dieselbe mir weder böses rahten noch mich verrahten wird; aber wir müssen von unsern Eltern uns keine grössere einwilligung einbilden / als etwa erfolgen möchte /daher michs nöhtig däucht / daß man deren Erklärung erwarte. An deren bewilligung / sagte Fr. Sophia /trage ich nicht den allergeringsten zweiffel / und hat mein H. Vater volko ene gewalt von euren Eltern /euch nach gutdünken außzusteuren / wie ihr dann wol wisset daß sie euch als einer verständigen und züchtigen Tochter den freien Willen gegeben / und überdas euch bekant ist / daß sie nicht willens sind / euch zu Rom zuverheyrahten / weil an keinem Orte der Welt redlicher Weiber Ehre mehr angefochten wird / als eben daselbst / insonderheit / wañ die frechen neuen Käyser die Herschaft antreten / und ihren Lieblingen und andern Gewalthabern allen muhtwillen verstatten. Woldann / sagte hierauff das Fräulein / wann meiner Fr. Schwester es also gut und rahtsam deucht / verfahre dieselbe ihres gefallens / jedoch daß[328] unser Beylager nicht so schleunig fortgesetzet werde / wie ihrs jenesmahls mit Fr. Libussen und Brelen triebet. Ich wil ihm schon wissen recht zu tuhn / sagte sie / deß solt ihr euch zu mir Schwesterlich verlassen; nam sie damit bey der Hand / und führete sie an den Ort / wo die GroßFürstin mit Frl. Lukrezien von gleicher teidung schwätzete / die sich aber sehr weit zu werffen wuste; es hätte der Fürst zwar seine gute Gewogenheit mit nicht unzierlichen Reden ihr zuverstehen gegeben / daß sie aber solche als unter dem schein einer Heyraht solte angenommen haben / hätte gar keine Gefahr; so währe sie auch der Freyheit nicht / in solchen sachen vor sich selbst zu handeln / weil sie sich wol erinnerte / daß sie der GroßFürstin angelobet / ohn ihr vorwissen und willen dessen nichts zubeginnen / massen ihr in stätem Gedächtnis läge / daß ihr H. Vater /ihr ernstlich befohlen / ihrer Liebe nicht anders als einer Mutter zugehorsamen. Die GroßFürstin hätte der Reden gerne gelachet / hörete aus ihren Worten /wie saur es ihr ward / den eingeschlucketen Angel zuverbergen / stellete sich doch allerdinge einfältig / und sagte: O du geliebter Bruder / Fürst Baldrich / an was unseligen Ort hastu dein Herz gewendet / nehmlich zu dieser unbarmherzigen Fräulein / die in der nähe deine bittere Seufzen nicht hat hören können / die ich von ferne so klar erkennete / als hättestu sie mir in die Ohren geruffen; wie ists aber möglich / meine allerliebste Frl. Schwester / daß eure Seele so rauch und hart seyn / und die wachende auffmerkende Sinnen allerdinge unempfindlich machen kan? Ich wil anjezt nicht streiten / ob mein BruderBaldrich wirdigkeit halben sich bey euer Liebe angeben dürffe / nur führe ich ihr dieses zugemühte / er ist eures ergebenen Bruders Herkules leiblicher und einiger Bruder / ihm weder am verstande noch Tugend so gar ungleich. Nun erinnert sich eure Liebe gleichwol billich / wie hoch sie sich demselben verbunden / und möget sein Fleisch und Blut so verächtlich halten. Mir zweifelt nicht / er müsse diesen Tag von euer Liebe mannichen herben Trunk eingenommen haben / dann ich sahe eigendlich / wie ihm nach empfangener saursichtigen Antwort / die Augen vol Wassers stunden / daß ich etlichemahl willens wahr / ihn von euer Seiten hinweg zuführen / damit ihm die Augen wegen gar zu grosser Angst nicht brechen möchten. Nun erkenne ich ja euer Liebe gewöhnliche Sanftmuht gar wol / daher ich schliessen muß / er werde aus gar zu inbrünstiger Liebe sich gegen dieselbe etwas verhauen haben; aber / mein Schwesterchen / es köñen die jungen Mäñer nicht eben die Worte auff der Goldwage führen / insonderheit / wann sie durch Schönheit zur Liebe angedrungen werden / dañ können sie nicht umhin / durch Worte an den Tag zugeben / was sie im Herzen wünschen. Jedoch wil ich ihn eben nicht entschuldigen /nur eine Vorbitte vor ihn als meinen nähestẽ Anverwanten anzulegen / bemühe ich mich / ob ich so glükselig seyn / und ihm dieses Fehlers Verzeihung erhalten könte. Das Fräulein wuste hierauff nichts ertichtetes vorzubringẽ / das einigen Schein der Warheit hätte / wolte sich doch selber nicht verrahten / sondern gab zur Antwort; Ob der Fürst so traurig und bestürzt solte gewesen seyn / hätte sie nicht merken können viel weniger hätte sie ihn einiger Unhöfligkeit oder ungebührlicher Reden zu beschuldigen; nachdem aber ihre Liebe so genaue acht auff ihre Unterredung gehabt / müste sie bekennen / daß er sehr inständig auff eine ihr unmögliche Erklärung gedrungen / währe aber von ihr beantwortet / daß Jungfräuliche Zucht nicht wüste / solcher gestalt sich heraus zulassen /welches er ihr nicht verargen würde / nachdem sie unter ihrer lieben Eltern[329] Gewalt sich befünde; Daß aber Eure Liebe / sagte sie ferner / mir einigen Unwillen gegen diesen Fürsten zuleget / so antworte ich hierauff wol bedächtlich / daß ich ihn vielmehr ehre und züchtig liebe / auch durchaus keine Ursach habe /ihn anzufeinden; Wolle demnach meine Gn. Groß Fürstin dieses Verdachts mich gnädig erlassen / massen ich dieselbe hoch und teur versichere / daß ich lieber sterben / als einigem von den ihrigen widrige Gedanken zuwenden wolte. O wie hoch erfreuet mich dieses / antwortete die Groß Fürstin / ja viel höher als ich ausreden kan / und solches nicht allein meinet /sondern auch ihrer lieben Eltern wegen / dann mein Schwesterchen weiß / wie hoch dieselben auff meinen Gemahl halten / bin auch versichert / daß ihnen die angenehmeste Zeitung seyn würde / wann sie vernehmen solten / Eure Liebe währe mit meines Herkules Bruder verheirahtet. So bitte ich nun schwesterlich /sie wolle mir den Grund ihres Herzen entdecken / ob sie mir volle Macht geben könne / hierin zuhandeln /damit eure Seele beyderseits / und hiedurch zugleich die meine vergnüget werde. Das verliebete Fräulein kunte die ertichtete Stellung weiters nicht fortsetzen /küssete der Groß Fürstin die Hand / und gab diese Antwort: Durchleuchtigste Groß-Fürstin / womit hat ihre unwirdige Dienerin doch verdienet / dermassen inniglich von ihr geliebet zuwerden / da doch einige Wirdigkeit an ihr nicht ist noch entstehen kan; meine Seele hat nie hefftigers in dieser Sterbligkeit gewünschet / als ungetrennet bey ihrer Liebe zuseyn / und an dero Holdseligkeit sich zuergetzen / und spüre anjezt /daß meine Groß Fürstin damit schon umgehet / dessen einen unbewäglichen Grund zulegen. Als mir nun unmöglich ist / derselben zuwiderstreben / auch neben meinen lieben Eltern die Gewißheit habe / Eure Liebe werde ausser meiner Wolfahrt durchaus nichts mit mir vornehmen / so untergebe derselben ich mich in dieser Sache / wie in allen andern / ganz und gar / mit Bitte /meiner lieben Eltern stat neben Groß Fürst Herkules zuvertreten / und nach ihrem gutachten zuverfahren. Sie wolte weiter reden / aber Valiska umbfing sie freundlich / küssete ihren Mund zu unterschiedenen mahlen / und sagte zu ihr: Herzallerliebstes Schwesterchen / also wird mein Wunsch erfüllet / daß wir ungetrennet mögen bleiben; und O möchte ich diese Erklärung vor einer halben Stunde gewust haben / alsdann solte der liebe Fürst nit mit solchem Unmut von uns geschieden seyn; aber seyd gebehten / uñ verleihet Fürst Siegwarden ein gut Wort bey Frl. Sibyllen /damit er gleiche Erklärung von ihrer Liebe erhalten möge. Das würde ein lauter überfluß seyn / antwortete sie / massen ich schon weiß / daß ihre Zusage biß an der Eltern Bewilligung sich heraus gelassen hat / so sind sie auch einem andern zimlich geheim / daß mich wundert / woher sie diese Kühnheit genommen / angesehen der grossen Scham / deren sie bißher sich allemahl gebrauchet hat. Gleich traten Frau Sophia und das Fräulein zu ihnen hin / und nach Erzählung / wz jedwede verrichtet / entstund allerseits grosse freude; jedoch bahten die Fräulein / daß den Fürsten ihre Erklärung nicht alsbald möchte zuwissen gemacht werden / hielten mit einander ihr andächtiges Abendgebeht / und legten sich alle viere auff ein Lager. Die Fürsten erzähleten gleicher gestalt einander / wie es mit ihren liebsten Fräulein ihnen ergangẽ währe / insonderheit hielt Siegward seinem Gesellen vor / daß ihrer Liebe Niessung keines weges erfolgen würde /dafern sie nit den Christlichen Glauben annähmen /den sie biß daher so abscheuhlich gehalten / er aber schon so viel von seinem Fräulein verstanden / daß nichts heiligers könte erdacht noch gefunden[330] werden. Ja / sagte Baldrich / unsere Pfaffen müssen gewißlich selbst von andern hintergangen / oder die abgefeimdesten Buben seyn / und in Errichtung solcher Schandlügen nur ihren Nutzen suchen; Dann vorerst geben sie vor / es trete niemand zu dieser Lehre / als offentliche übeltähter / und die von allen Tugendergebenen gehasset werden; ja / keinerley art der Unzucht werde von ihnen / so wol Weibes- als Mannesbildern unterlassen; bey ihren Zusammenkunfften werden so abscheuhliche Laster begangen / wovor ich mich entsetzet / und es nicht anhören mögen. Wer wolte aber von meinem Bruder und Oheim / ja von ihren züchtigen Gemahlen und den Tugendliebenden Fräulein ein solches gedenkẽ / geschweige gläuben können? Dieses alles / antwortete Siegward / ist mir von meiner herzgeliebten Fräulein heut früh auf der Gutsche zu voller gnüge benommen / und dagegen angezeiget /alle ihre Gesetze bestehen in der Ehre des wahren Gottes / des nähesten Liebediensten / und Enthaltung von allen Lastern. Ja nicht allein böse Tahten / sondern auch unzimliche Gedanken / werden ihnen allerdinge verbohten; Sihe Bruder / wer kan solches tadeln? können auch die Götter selbst heiliger leben? Zwar dieses gestund mein Fräulein / dz sie alle unsere Götter vor nichts achten / schalt sie vor ertichtete und allerdinge ohmächtige / und bestätigte / es währe nur ein einziger wahrer Gott / der Himmel und Erden erschaffen / und von Ewigkeit allemahl gewesen sey. Hievon müssen wir nun bessern Bericht einnehmen alsdann können wir uns erklären / was wir tuhn oder lassen wollen. Das allerhärteste in dieser Sache ist dieses / sagte Baldrich / daß ihr Gott keinen andern neben sich leiden wil; ich wolte der Christen Gott gerne ehren / wann ich nur auch die unsern nicht schändẽ dürffte / denen ich mich gleichwol bey den Opfern ehemahl äidlich verbunden habe. Bistu der Meynung sagte Siegward / so mustu dich fertig halten / deiner Götter Gottheit zubeweisen / deßwegen suche hervor / was du irgend weist oder gehöret hast / die Irmen Säul oder den Krodo oder deine Göttin Freia ausgerichtet zuhaben / das der unfehlbaren Gottheit wert sey. Dessen könte noch wol etwas auff die Bahn gebracht werden / antwortete er / wann ichs alles genau überlegen wolte; aber meynestu dann / daß deine Schwedische uñ Gothische Götter / der Thorr /Othin / Methon Wagnost / Haddig / Wodan / Fricko /Rostioff / und Rostar / wie auch deine Göttin Frigga /allerdinge nichtig und errichtet seyn? trauen was man so lange Zeit her vor Gott gehaltẽ uñ verehret hat /muß gleichwol nit vor gar nichts geachtet werden. Doch wir werden uns zur Ruhe legen / und morgen zuvernehmen haben / was uns davon vorgetragen werden sol. Diese Nacht brachten Herkules und Ladisla mehrenteils mit behten zu / daß Gott diese beyden Fürsten erleuchten / und zur Erkäntniß der Warheit möchte kommen lassen / und erwarteten des Morgens mit verlangẽ. Baldrich aber und Siegward hatten wol eine rechte Angst Nacht; dann kurz nach Mitternacht /da sie im tieffen Schlaffe lagen / kahmen ihnen zwölff feurige Götzenbilder vor / unter denen die eine schien ein Weibesbild seyn; In ihren Händen hielten sie teils grosse Kriegsfahnen; andere / blutige Schwerter; etliche Korn und Milch; etliche breñende Kerzen; die Göttin aber einen Liebes Bogen mit zierlichen Pfeilen / und auff der Schulder ein zartes Knäbelein. Sie sahen alle mit einander anfangs sehr grimmig aus /und hinter ihnen wahr ein schwefelbrennendes Feur angezündet. Die beyde Fürsten empfunden daher im Schlaffe ein grosses grausen / und wahr ihnen nicht anders zumuhte / als wolte ihnen[331] das Herz aus dem Leibe steigen / insonderheit Baldrichen / als welchen sie am grimmigsten ansahen / und zwar anfangs ohn einiges Wortsprechen / biß endlich Irmen Seul also zu den andern Gespensten anfing: Was dünket euch ihr lieben Brüder und Mit-Götter / insonderheit Bruder Krodo und Schwester Freia / was dünket euch dieselben verschuldet zu haben / welche undankbahrer meinäidiger weise sich unterstehen dürffen / nicht allein von uns abzutreten / sondern unsere Gottheit als ein Geticht und nichtige Erfindung zuverachten und zulästern? Uns dreyen haben es die Teutschen zudanken /daß sie von der Römer Joch frey blieben / daß sie ihr altes Vaterland bewohnen / und darinnen in gutem Friede und Wolstande leben; Wir haben das alte Königliche Geschlecht bey ihnen erhalten / uñ alles Verderben von ihnen abgekehret. Ihr anderen Mit-Götter habt das freye Schweden und Gothen-Volk unter eurem Schuz gehabt / und ihnen gleiche Träue und Hülffe erzeiget; und nun wird uns von ihren jungen frechen und Gottschåndigten Fürsten der Dank davor / daß sie unsere Gottheit gar zu nichte machen / und in ein Getichte verkehren wollen. Wollen wir aber solches gedulden / und diesen Frevel an ihnen ungestraffet lassen? je so währen wir alle mit einander nicht eines Hellers wert. Krodo gab ihm zur Antwort: Wañ ein Untertahn seinen König oder Fürsten beleidiget / muß er die Straffe des Lasters der beleidigten Hocheit ausstehen; warumb solten dann dieselben frey ausgehen / welche ihren Göttern alles gebrante Herzleid anfügen / und von deren Gehorsam sich aushalstern wollen? Nein / wir müssen unsere Göttliche Macht und Ansehen vor ihrer Boßheit schützen / solten sie auch mit allen ihren Helffern und Helffers-Helffern zu grund und bodem gehen; Und dieser Meynung werden unsere Mit-Götter die Schwedischen und Gothischen auch seyn. Ja warumb nicht / fing das Gespenste Thorr an / hat man uns doch eben den Schimpff und Spot erwiesen / welcher euch angelegt ist / darumb wollen wir alle vor einen stehen / und den neuen Gottes-Feinden und Himmels-Stürmern ihren verdienten Lohn geben. Hierauff gedauchte die beyde Fürsten im Schlaff / es hätten die Gespenster einen runden Kreiß geschlagen / und untereinander ein langes heimliches Gespräch gehalten / biß Krodo diese Urtel außgesprochen: Demnach es billich und nöhtig ist / daß die höchste Obrigkeit ihr Ansehen und von undenklicher Zeit hergebrachte Macht und Gewalt gegen jedermänniglich schütze / welcher ihnen Eintrag zutuhn / sich unterstehen darff; und aber dieser unsinniger meinäidiger Teutsche Baldrich / neben seinen frechen Gesellen den Schwedischen Siegward / sich nicht scheuhen / ihre allerhöchste und himlische Obrigkeit / von denen sie und ihre Vorfahren alles gutes haben / zuverachten / zuschänden / zuverleugnen / und deren Gottheit zum Gerichte zumachen / als erkennen wir Teutsche und Schwedische Götter vor Recht / daß jeztgedachte beyde Freveler /andern ihres gleichen zum Beyspiel / mit harter und ansehnlicher Straffe beleget werden / damit unsere göttliche Ehre gerettet / und ihr ganzes Vaterland vor unserm verderblichen Zorn erhalten werde. Hierauff wolte er gleich den Stab über die verurteileten brechen / aber das weibliche Gespenst die Freia trat hinzu / und sagte: Halt ein mein Bruder Krodo / wir wollen ihnen zuvor den Zweifel benehmen / welcher ihnen wegen unser Gottheit von den verführischen Römerinnen beygebracht ist. Ganz Teutschland und Schweden hat seine Pfaffen / unter denen ihrer viel mit dem Geist der Weissagung begabet sind / zukünfftige Dinge zuoffenbahren; Woher[332] haben sie aber solches / als durch Eingebung ihrer Götter? oder kan ein ertichtetes / das da nichts ist / auch wol wirken /und einem andern künfftige Dinge offenbahren? Da verrichten die Teutschen und Schweden / wie andere Völker / ihren Göttern die gebührliche angenehme Opffer / aus deren Eingeweide und anderen Zeichen sie ihre künfftigen Glückes- und Unglüks fälle erkennen. Woher kompt solches anders / als aus ihrer Götter Schik- und Versehung / welche ihnen solche Opfer lassen gefallen / und dieselben durch diese Gnade vergelten; massen ja die Tihre solche Zeichen von sich selbst nicht haben können. Kan aber ein ertichtetes /das da nichts ist / auch wol wirken / und den Tihren diese Glückes-Zeichen verleihen? Man weiß / wie offt wir Götter ingesamt einen und anderen Lästerer mit abscheuhlicher Straffe haben beleget / daß jeder man hat erkennen müssen / unsere göttliche Krafft habe sich an solchen unsern Verächtern gerochen; kan aber ein ertichtetes / das da nichts ist / solche Rache anstellen? oder wird eine andere Krafft / welche uns neben sich nicht leiden wil / durch solche Straffen unser ansehen bey den Menschen erhalten? Daß ich nicht sage / wie unsere Wachsamkeit es allein ist /welche Teutschland und Schweden vor ihren Feinden schützet / ihren Kriegsvölkern den Sieg verleihet /ihnen Brod und Milch giebet / ihre Freiheit (O ein ädles Kleinot) erhält / und der Inwohner Zahl vermehret; welcher Vernünfftiger wolte dann an unser Gottheit zweifeln können? Daß ich aber zu dem Zwegk meines Vorhabens gelange / so bin ich vor dißmahl bloß zu dem ende aufgetreten / eurer aller göttlichen und gerechten Zorn zumiltern / und die außgesprochene Urtel von diesen beyden unbesonnenen Fürsten abzulehnen / oder zum wenigsten ihnen Zeit zur Busse und besseren Gedanken zuerhalten / weil sie nicht auß Boßheit / sondern durch Weiberlist / sich zu dieser Sünde haben verleiten lassen. Hierauff kehrete sie sich zu den beyben Fürstẽ / und redete sie also an: Ihr meine lieben Söhne / was haben ich und eure andere Götter euch doch zu leide getahn / daß ihr unser in so kurzer Zeit müde worden / und andere unbekante anzunehmen gewilliget seyd? treibet euch die Liebe gegen die beyden schönen Römischen Fräulein darzu? O bleibet beständig in meinem Dienste / ich wil euch wol andere zuführen / denen diese das Wasser nicht reichen; oder meinet ihr / unserer eurer alten Götter Vermögen sey nicht kräfftig genug / euch weiter zuschützen? Ich versichere euch / daß bey unserm Dienste euch die allerhöchste Glükseligkeit begegnen sol. So gehet nun in euch / betrachtet eure Pflicht / damit ihr euren Land Göttern verbunden seyd / und lasset ab von eurem jetzigen Vorhaben / alsdann wil ich euch alle eure Götter wieder zu Freunde machen; Werdet ihr aber auff eurem Unsinne verharren / so schreibets eurem Muhtwillen zu / wann die von Gott Krodo jezt ausgesprochene Urtel an euch erfüllet wird / welche euch jenes Feur vorstellet / und nichts anders bedeutet / als Unglük / Verachtung / Schande und Verderben. Als sie dieses ausgeredet hatte / fingen die teuflischen Gespenste ein unerhörtes Gepölter an / als ob sie alles über einander geworffen hätten / daß auch die beyden Fürsten darüber erwacheten / und weil sie schon im Angstschweisse lagen / sich die Furcht noch mehr einnehmen liessen / daß sie schier nicht zu bleiben wusten. Es hielt aber das Gepolter bey einer Stunde an /biß die erste Morgenröhte sich sehen ließ / welche zeit über die Fürsten stille hinlagen / biß endlich Siegward sich ermannete / und seinen Leibdiener /welcher bey ihnen auff der Ka erschlieff / auffzuwecken / ihm mit harter Stimme[333] rieff / kunte ihn aber nicht ermuntern / biß es zimlich helle wahr. Baldrich /nachdem es stille worden wahr / redete seinen Gesellen an / und sagete zu ihm: Bruder was habe ich hinkte eine elende Angstnacht gehabt / uñ wundert mich /daß mir dz Herz vor furcht und schrecken nicht gar zersprungen ist. So bin ichs nicht allein gewesen /antwortete Siegward / der sich von den erzörneten Landgöttern hat müssen rechtschaffen ängsten lassen. Daß währe wunder / sagte jener / dañ eben diß hat mich so heftig gepeiniget. Sie macheten / daß die beyden Leibdiener zuvor auffstehen und einen Abtrit nehmen munsten / hernach gabs ihre erzählung / daß beyden ein gleichmässiges begegnet wahr / und sie es daher vor keine Träumerey / sondern warhafte begebniß hielten / welches die Furcht in ihnen vermehrte /daß sie nicht wusten wessen sie sich verhalten solten. Der abscheid wahr / daß sie gar früh sich bey der Groß Fürstin solten anfinden / umb den Inhalt des Christlichen Glaubens von ihr zuvernehmen; aber solches wolte die Furcht vor den erzürneten Göttern ihnen nicht zulassen; und gleichwol wolten sie an ihrer verheissung nicht gerne fehlen; endlich wurden sie eins / sich dessen bey der Groß Fürstin durch ein Brieflein zu entschuldigen / welches Siegward auffsetzete / und ihr solches bey seinem Diener zusendete. Dieser begegnete Frl. Sibyllen ihrer Leibmagd / und baht / die Groß Fürstin zuvermögen / daß sie dieses Schreiben nebest Fr. Sophien in geheim lesen möchte; welches diese Dienerin wol bestellete / und die Groß-Fürstin nicht ohn verwundern zu sich nam / trat mit Fr. Sophien in ein Nebengemach / und lasen folgendes mit höchster bestürzung.

Durchleuchtigste Groß Fürstin / Gn Fr. Wase; ob zwar einem jeden redlichen Ritter / die Schuldigkeit / sein Versprechen zu leisten / oblieget / und wir beyde zu ends benante uns gleich jetzo einstellen solten / den Inhalt des Christlichen Glaubens zuvernehmen / so fället uns doch eine so wichtige Verhinderung darzwischen / welche zu unser entschuldigung uns dünket gnug seyn; weil aber selbiges der Feder zu weitläufftig fallen würde / es umbständlich anzuführen / möchten wir wünschen / die Gelegenheit zu haben / euren Liebden es mündlich zu erzählen / und zugleich ihres rahts uns zugebrauchen / als erschrockene Leute / welchen der Götter dräuung diese Nacht kaum das Leben übrig gelassen hat; wie solches anmelden werden / euer Liebden untertähnigst-gehor samste; Siegward uñ Baldrich.

Da wird der lose Teuffel sein Spiel diese Nacht wol rechtschaffen gehabt haben / sagte die Groß Fürstin; ließ den beyden Fürsten mündlich sagen / sie wolte nach ihrem begehren bald bey ihnen seyn / ging doch zuvor hin zu ihrem Gemahl und Bruder / und gab ihnen den Brieff zuverlesen / welche darüber nicht wenig erschraken / es mit ihr überlegeten / und ihre meynung ihr zuverstehen gaben; worauff sie zu den beyden Fürsten auff ihr Gemach sich verfügete / und Fr. Sophien mit sich nam. Als sie zu ihnen hinein traten / entsetzeten sie sich über ihrer bleichen todten Farbe / und traurigen Gestalt / und nach wünschung eines glükseligen morgens / fragete die Groß Fürstin /was vor anfechtung sie gehabt hätten. Es hatten sich die Fürsten in etwas erhohlet / zweifelten doch / ob durch erzählung der Begebnis sie ihre Götter nicht beleidigen würden / massen die begierde nach dem Christentuhm ihnen gar vergangen wahr; endlich fing Baldrich also an: Durchleuchtigste Frr. Wasen; daß nicht ohn wichtige Ursachen wir unser Versprechen zuleisten unterlassen haben / mögen sie uns wol sicherlich trauen / und ob wir uns zwar fürchten / durch die erzählung unser Abenteur noch in eine schlimmere zu fallen / können wir doch nicht umbhin / ihren Liebden es zu offenbahren; sagte also alles her was sich begeben hatte / uñ verwunderte sich über alle masse /[334] daß die beyde Fürstinnen sich darüber nicht allein gar nicht bewägeten / sondern mit zimlichem Gelächter es anhöreten / so daß Siegward sich nicht enthalten kunte / sie zuerinnern / sie möchten es nicht als ein Mährlein annehmen / sondern sich versichern lassen / daß sichs in der Warheit also begeben hätte /weil ihnen beyden zugleich solches begegnet wäre. Welches die Groß Fürstin beantwortete: Durchll. Herren Oheime und Brüder; nehmet / bitte ich / unser beyden Gelächter nicht also auff / als ob wir euch Lügen zumässen wolten / sondern vernehmet die wahre Ursach / die uns hierzu bewäget; Es hat der leidige böse Teuffel aus der Hölle / ingestalt dieser zwölff ertichteten Götter euch ein Blärspiel angerichtet / bloß daß er euch von dem Christentuhm abschrecken / und in dem eitelen Heidnischen Wahn stärken und erhalten möge / und weil er kein füglicher Mittel darzu gewust hat / als eben dieses / so hat er diesen Schrek-pelz umbhången / und unter diesem ohnmächtigen Gespenst euch ängstigen wollen / welches ihm dann leicht zu tuhn wahr / weil ihr keinen Gott kennet / an dem man sich in solchen fällen halten kan. Ich versichere euch aber / daß wie dieses dz erstemal ist / also sol es auch das leztemahl seyn / und wollen wir ihm durch beystand und hülffe meines Gottes / dieses Mittel / euch ferner zuerschrecken /schon benehmen. Ihr müsset aber zuvor ein Herz er greiffen / diesen Auffzug verlachen / und euer vertrauen auff den wahren Gott setzen / alsdann sollet ihr ob Gott wil eben so leicht über diß Gespenste lachen /wie ich getahn habe. Jedoch / weil eure Gemühter zimlich verwirret sind / wollen wir diesen Tag so hingehen lassen / uñ werdet ihr auff mein wolgemeintes gutdünken euch heut diesen Tag aller frölichen Geselschaft enthalten / so wollen wir wils Gott / morgen früh vornehmẽ was wir heut zu tuhn willens waren. Damit ihr gleichwol aber nicht allein seyd / sollen euch Leches und Klodius auff diesem Gemache geselschaft leisten / mit euch Speise nehmen / und allerhand heilige Gespräche in euer gegenwart haltẽ / ich wil eure abwesenheit bey der ganzen Geselschaft schon gebührlich zuentschuldigen wissen. Sie liessen sich dieses nicht allein wolgefallen / sondern auch den Schrecken algemach aus ihrem Herzen vergehen; da dann die Groß Fürstin alles mit Leches abredete / wie er nebest Klodius sich bey den Fürsten bezeigen solte; die solches auch wol in acht nahmen / und den Fürsten ein solches Herz macheten / daß ihnen nach der Nacht verlangete; Als der späte Abend da wahr / legten die beyden Fürsten sich wieder zusammen / Leches und Klodius aber auff das Nebenbette / hiessen jene in Gottes Nahmen sicher schlaffen / und blieben sie inzwischen die ganze Nacht im andächtigen Gebeht zu Gott. Den beyden Fräulein ward die rechte Ursach ihrer abwesenheit von von der Groß Fürstin kund getahn / denen ihre außgestandene Angst sehr zu Herzen ging / und sie in ihr andächtiges Gebeht nahmen / dessen die vier nahe Anverwanten auch unvergessen wahren. Die beyden Fürsten schlieffen die ganze Nacht hindurch sehr wol / und so bald die annoch hinter der Erden versteckete Sonnenstrahlen den Himmel begunten anzuröhten / fing die Nachtigal unfern von ihrer Schlaffkammer auff einem lustigen Baume ihr angebohrnes Stimlein sehr krauß und bund durcheinander zu zwitzern / daß Siegward da er erwachete / eine sonderliche Lust darob empfand / stieß auch seinen Gesellen an / und fragete / ob er nicht schier außgeschlaffen hätte. Leches / als er sie wache seyn vermerkete / fragete er nach getahnem Morgenwunsch / wie ihre Durchll. geruhet hätten. Sehr wol und nach allem Wunsche / antwortete Siegward / und so bald euchs geliebet / wollet ihr der Durchl.[335] Groß Fürstin andeuten / daß wir verlangen tragen bey ihrer Liebe uns anzufinden / und unser vorhaben unerschrocken fortzusetzen. Ja sagte Baldrich / eben biß ist auch meine Meynung / und könnet solches erster mögligkeit bestellen. Jene beyden nahmen hieraus ab / daß die Fürsten gerne allein seyn wolten / deßwegen sie alsbald auffstunden (dann sie hatten sich in ihren Kleidern nidergelegt) und davon gingen. Bald darauff sagte Baldrich zu Siegwarden; Mein Bruder / nun habe ich Gott lob eigentlich erfahren / daß das gestrige Geblärre ein lauter Gespenst gewesen ist des schwachen Teuffels / welcher wieder der Christen Gott weniger dann nichts vermag / und ich demnach kein bedenken mehr trage / alle deine und meine teuflische ertichtete Götter zuverlassen und zuverachten; aber höre doch / wie mirs gangen ist; als ich in sanfter Ruhe und tiesem Schlaffe lag / ließ mein ehmaliger Gott Krodo sich abermahl vor mir findẽ / aber mehr saursichtig als erschreklich / taht doch so viel / wie mich dauchte / daß er meines Herzen mächtig ward /und mir dasselbe aus dem Leibe risse / da dann kein Vermögen bey mir wahr / ihm solches zu wehren; als ers nun zu sich gerissen hatte / und es in eine schwarze Lade einschliessen wolte / trat die Groß Fürstin in begleitung meiner geliebten Fräulein ihm unerschrocken entgegen / setzete mit einem helblitzenden Schwerte auff ihn zu / und ängstete ihn dermassen /daß wie ungerne gleich / er ihr doch mein Herz überlassen muste / und lieff er heulend davon als einer dem kein herzhaftiges åderchen mehr übrig ist / daher ich ihm nachschrihe; O du elender Tropff / bistu der starke Gott / und kanst dich eines schwachen Weibesbildes nicht erwehren? Inzwischen nam die Groß Fürstin mein Herz mit lachendem Munde zu sich / und hielt es einer schneweissen Täubelein zu / die mit ihrem güldenen Schnabel es hin uñ wieder fleissig reinigte / auch viel Unflahts heraus zog; endlich wischete es die Groß Fürstin mit einer zarten Linnewand /gab es Frl. Lukrezien hin / und sagete: Sehet da Frl. Schwester / von nun an lasset euch dieses Herz stets anbefohlen seyn / weil in seiner vorigen unreinigkeit es euch nicht gefallen kunte. Diese wegerte sich dessen gar nicht / sondern / nachdem sie es zu unterschiedenenmahlẽ geküsset / öffnete sie ihre Brust / steckete es in ihre linke Seite / zog ihr eigen Herz wieder heraus / drückete es in meinen Leib hinein / und sagte: Dieser Tausch wird unser keinen gereuen. Zeit dieser begebnis aber sahe ich König Ladisla und meinen Bruder Herkules von ferne stehen / die mit auffgehobenen Händen vor unser beyder Wolfahrt zu Gott im Himmel fleissig behteten / und gedauchte mich / als wann die vorige weisse Taube sich oben auff ihre Finger setzete / uñ nachgehends gen Himmel flöge. Geliebter Bruder antwortete Siegward / hieraus schliesse ich / daß nicht allein durch der Groß Fürstin bemühung / die ich vor sehr heilig halte / wir zum Christentuhm gebracht werden sollen / sondern du auch deiner Fråulein volkommene hulde durch eben ihren vorschub erhalten werdest / Gott gebe / wie es mit meiner Liebe kömt / an welcher ich doch nicht verzweiffeln wil. Betreffend sonst meine Nachtruhe /ist dieselbe auch ungestöret blieben / nur kurz zuvor ehe ich erwachete / sahe ich der Christen Gott mit einem rohten Kreuz / welcher alle meine nichtigen Götter mit einem einzigen Augenwink zur Erden niderschlug / nicht anders / als ob sie durch den Donner währen gerühret worden / dz ich demnach derselben unvermögen schon ja so hoch verlache / als gestriges tages die Groß-Fürstin. Sie macheten sich mit dem Tage von dem Lager auff / legeten Schneweisse seidene Kleider an / mit güldenen Blumen durchwirket /und gingen hin / vor dem bezeichneten[336] Gemache auffzuwarten / biß ihnen geruffen würde. Die Groß Fürstin wahr von Euphrosynen des wolstandes der beyden Fürsten nach Leches begehren schon berichtet /dann sie schlieff diese Nacht abermahl bey Fr. Sophien und den beyden Fräulein / welche sie in ihrer Ruhe liegen ließ / und mit Fr. Sophien hinging in das näheste Gemach / führete die beyden Fürsten mit sich / und fragete kürzlich nach ihrem zustande / und als sie den eigentlichen bericht (ohn was Frl. Lukrezien betraff / welches ihr verschwigen ward) eingenommen hatte / fing sie diese Christliche Rede an: Durchleuchtigste Fürsten / hochgeliebte Herren Oheime und Brüderliche Freunde; ich zweiffele durchaus nicht / es müsse Gottes sonderbahre schickung seyn / welche uns an diesen Ort zusammen geführet hat / umb / eure Seligkeit / welche das höchste Gut ist / und zugleich eure zeitliche Vergnügung / durch gewünschete heyrahten zubefodern / auch hiedurch uns andere / eure näheste Anverwanten höchlich zuerfreuen. Nun weiß ich zwar wol / wie hart es unserm Fleisch und Blute eingehet / wann wir den Glauben / in welchem wir gebohren und aufferzogen sind / fahren lassen / und dagegen einen neuen / entweder zuvor unbekanten / oder doch bey den unsern verhasseten und verflucheten annehmen sollen. Wann wir aber dagegen bedenken /wie eine hohe wichtigkeit diesem oblieget / daß man den wahren Almächtigen Gott recht erkenne / dann so pfleget sich unser Sinn schon in etwas besser zihen zu lassen / insonderheit / wann wir vorerst zu dieser Erkäntnis gelangen / daß nach diesem zeitlichen kurzen Leben unsere Seele nicht verschwindet / sondern entweder zur ewigen Straffe wegen begangener boßheit behalten / oder mit unaufhörlicher Himmels Lust von Gott beseliget werden sol; alsdann wil unser Verstand gerne nachsinnen / wie mans anfahen müsse / daß man der Verdamnis entrissen / und der göttlichen Geselschaft einverleibet werde; aber ohn leit- und führung der himlischen Taube / nehmlich Gottes des Heiligen Geistes / arbeitet man alhie vergebens und umbsonst; dann nachdem der Mensch aus dem Stande der heiligen volkommenheit in die boßhafte Sünde gerahten ist / kan ihm der Weg zur Himmelstühr ohn Gottes gnädige offenbahrung nicht gezeiget werden; massen bloß allein sein heiliges Wort der Brunnen ist /aus dem wir das seligmachende Wasser der geistlichen erkäntnis schöpffen / so dz unsere blinde vernunft hie selbst nicht herschen / sondern sich demühtig vor Gott erzeigen / und demselben sich untergeben / auch gewiß gläuben muß / wessen wir in seinem Worte unterrichtet werden. Wer nun anfangs diese erste Gnade von Gott dem Heiligen Geiste überkommen hat / daß er ihm vornimt / den Christlichen Glauben anzutreten / derselbe muß vorerst solches nicht nur zum schein / oder andern zugefallen tuhn / sondern sein Herz muß sich bloß wegen der Ehre Gottes /und umb seiner eigenen Seligkeit willen darzu schicken / sonst ists nur eine Heucheley / und währe tausend mahl besser / man liesse es gar bleiben; gestaltsam solche vorsezliche Gottes Verächter nach diesem Leben hundert tausendfach mehr und hårter / als die ärgesten Mörder / Räuber und Diebe gestraffet werden. Vors ander muß ihm keiner durch Annehmung des Christentuhms Hoffnung zu zeitlicher Glükseligkeit und Leibes Wollust machẽ / daß er gedenken wolte / Gott würde ihm wegen dieses Glaubens in diesem Leben allerhand Lust und Freude gönnen und geben / oder er dürffte alsdann schalten und walten /wie es seinem mutwilligen Fleische am besten däuchte. O nein! Unser Gott hat uns wissen lassen / und selbst angedeutet / je lieber ihm ein Kind in dieser Welt sey / je mehr wolle ers unter seiner[337] Straff Ruhte halten / damit er ihn zähme / und von Sünden ableite /in welche wir gemeiniglich durch zeitliches Glük gestürzet werden. Uberdas ist unserm Christentuhm die üppigkeit dermassen zuwider / daß ob gleich jemand die Erkäntniß unsers Gottes erlanget hat / und aber nicht daneben die Laster und Untugend meidet / sihet Gott solche Erkäntniß gar nicht an / sondern straffet ihn nach diesem Leben viel härter / als die unwissenden Heyden / weil ihnen der Wille Gottes bekand ist und sie nur aus Vorsaz dagegen handeln. Sehet ihr meine geliebete Herren Oheimbe und Brüder / dieses habe Euren Liebden ich anfangs vorhalten wollen /worauff sie sich zubedenken haben / ob unter diesen Bedingungen ihnen geliebe / zu der allein seligmachenden Warheit unsers Christlichen Glaubens zu treten / oder ihnen besser gefalle / in ihrem vorigen Heydentuhm zuverbleiben / auff welchen fall ich mich weiter heraus lassen werde; dann ob man zwar billich die Unwissenden zur Erkäntniß der Warheit anmahnet / so muß doch niemand zu dem Glauben gezwungen werden / sondern man muß dem Allerhöchsten ein ungezwungenes freywilliges Herz aufopffern / weil es unmöglich ist / daß bey dem Zwange solte können ein Beyfal und Glaube seyn. Baldrich gab hierauff zur Antwort: Durchleuchtigste Groß Fürstin / gnädige Fr. Schwester / Euer Liebe andächtige und gottfürchtige Reden haben mein Herz dergestalt durchdrungen und zur Begierde der Erkäntniß des wahren Gottes / auch zur Niessung der kůnfftigen ewigen Seligkeit hingerissen / daß / ungeachtet aller Widerwertigkeit /Feindschafft / Hasses / Verfolgung / ja des zeitlichen Todes selbst / ich durch des wahren GOttes Beystand bey mir entschlossen bin / mein Häupt nicht sanffte zulegen / noch einiger Händel mich zuunterfangen /biß ich darzu gelanget / uñ den Namen eines Christen empfangen habe; bitte demnach / von wegen unser nahen Blutfreundschafft / Eure Liebe wolle mir hierzu ungeseumet behülflich seyn / gestaltsam auch mein geliebter Bruder Siegward eben den gottseligen Vorsaz hat; Dann nachdem wir unsere verführische Kroden und Irmen-Psaffen auff dieser öffentlichen lügenhafften Verleumdung ertappen / ob solte der ganze Christliche Glaube auff lauter Schande / Unzucht /und viehische Vermischung hinleitẽ / wie sie solches ungescheuhet vorgeben dürffen / und wir dagegen ein widriges handgreiflich befinden / können wir nicht anders schliessen / die Buben ertichten solche Abscheuhligkeiten / nur das Volk dadurch abzuschrecken / damit ihnen ihr Nuz und Vortel nicht entzogen werde; Daß ich nicht einführe / was gestalt wir Gott Lob diese Nacht in Erfahrung gebracht / daß unsere falsche Teuflische Götter gegen der Christen Gott nichts vermögen / sondern dessen Almacht und Straffe unterworffen sind. Also ist nun unser Herz geschikt und begierig / von Euer Liebe zuvernehmen / was ein Christ sey und heisse / was derselbe wissen und gläuben / und wie er sich beydes gegen Gott und Menschen verhalten müsse. Siegward bezeugete auch mit wenigem / dz eben dieses sein herzlicher Wunsch und steiffer Vorsaz währe / und baht umb klare und einfältige Unterrichtung. Worauff die Groß Fürstin also fortfuhr: Nun wolan / geliebte Herren Brüder / so verleihe uns der grundgütige Gott seine Gnade / und erleuchte eure Herzen / daß ihr mein folgendes Vorbringen nicht allein verstehen und fassen / sondern mit uns euer ganzes Leben darnach richten / und mit allen Außerwählten Gottes nach dieser Sterbligkeit / Kinder und Erben der ewigen Seligkeit werden möget; worzu Fr. Sophia mit trähnenden Augen aus wahrer Andacht ein herzliches[338] Amen sprach. Die Groß Fürstin aber fuhr fort / und wie sie die Häupt Stücke des Christlichen Glaubens sehr wol gefasset hatte / fing sie an zuerzählen / wie der wahre Gott nur ein einiger Gott / und ausser dem kein ander Gott mehr währe /sondern die übrigen Götzen / wie sie immer Nahmen haben möchten / währen durch des Teuffels eingeben und getrieb von vorwitzigen Menschen ertichtet; da dann derselbe Feind Gottes und der Warheit / solche Abgötterey zustärken / durch Gottes Verhängniß /sich zuzeiten in einer gestalt solcher Abgötter hätte sehen lassen / auch wol durch dieselben geredet / geweissaget / uñ wunderbahre Dinge verrichtet / so daß daher die ohndas unwissende Menschen in ihrem Irtuhm währen gestärket worden. Der einige wahre Gott aber währe von Ewigkeit her / ohn Anfang / ohn Ende / unbegreiflich / unermäßlich / Almächtig / Gerecht / ein Geist / der allenthalben / im Himmel / auff Erden und in allen Tieffen gegenwärtig / sähe und erkennete aller Menschen Tuhn / Tichten / und innerste Gedanken / und hätte er ohngefehr / wie mans rechnete / vor 4175 Jahren / Himmel / Erde und Meer aus nichts erschaffen / da vor derselben Zeit nichts ausser Gott gewesen. Auch hätte derselbe Gott eine unzahlbare menge Geister oder Engel erschaffen / alle zu seinem Dienste und Gehorsam / deren doch etliche viel tausend tausend von Gott abgefallen / zu Teuffel worden / und deswegen in die ewige Verdamniß gestürzet währen. Das allerlezte Geschöpff Gottes währen die ersten Menschen / Adam und Eva / jener aus einem Erdenkloß / diese aber aus Adams Rieben einer von Gott gemacht / welcher ihnen eine unsterbliche vernünftige Seele eingeblasen / auch dieselbe mit seinem Geistlichen Ebenbilde / nehmlich / mit volkommenem Verstande / Krafft / heiliger folge Gottes und gerechtem Willen ausgeschmücket / welches Ebenbilde ihnen von den Teufeln mißgönnet worden / welche sie zum Abfall gereizet / und sie durch solchen ihren ungehorsam des jeztgedachten treflichen Seelen Schatzes beraubet hätten. Hier erzählete sie allen Verlauff der ersten Menschen im Paradeiß / und daß GOtt wegen solcher übertretung über sie erzürnet / auch willens gewesen wäre / sie mit samt den Teuffeln zuverdammen; aber endlich durch Barmherzigkeit bewogen / hätte er sich ihrer erbarmet. Saget mir nun /geliebte Herren Bruder / fing sie darauff an / ob ihr dieses alles wol begriffen habet; Und als sie es mit einem Ja gestunden / fuhr sie fort: Nun müsset ihr ferner wissen / dz zwar schlechter dinge nur ein einiges göttliches Wesen ist / aber nicht desto weniger ist in dem einigen Wesen eine dreyfache Unterschiedligkeit / oder wie die Gelehrten reden / sind drey unterschiedene Personen in dem einigen göttlichen Wesen / und heissen / Vater / Sohn / und Heiliger Geist. Diese drey aber sind nicht drey unterschiedliche Götter /sondern nur ein einiger Gott in einem unzertrenneten Wesen / und dannoch sind diese drey unter sich /nicht nach dem Wesen / sondern nach dem Selbstande / oder nach der Persönligkeit / wie man redet / warhafftig unterschieden / so daß der Vater nicht der Sohn / der Sohn nicht der Heilige Geist der Heilige Geist nicht der Vater noch der Sohn / sondern eine Person von der andern nach ihrer Persönligkeit / auch inner- und äusserlichen Eigenschafften unterschieden /und gleichwol ein einiges / nicht zusammen gesetzetes / sondern schlechtes Wesen / und der einige wahre Gott sind. Eure Liebden sollen sich nicht verwundern / daß ich ihnen ein solches vortrage / welches das allerhöchste Geheimniß unsers Glaubens ist / uñ von keinem Menschen recht mag verstanden werdẽ; wir müssen alhier unsere blinde Vernunft[339] gefangen nehmen / und was wir durch den Verstand nicht ausgrüblen können / muß ein einfältiger schlechter Glaube fassen / und durchaus nicht daran zweifeln / weil unser GOtt sich uns Menschen also in seinem heiligen Worte / welches nicht liegen kan / offenbahret hat. Eines muß ich nur hinzu setzen / das zu wissen nöhtig ist / nehmlich / daß Vater / Sohn / und Heiliger Geist in dem einigen göttlichen Wesen durchaus gleicher Ehre / Krafft und Herligkeit sind / keiner grösser oder geringer / keiner ehe oder später als der ander / sondern schlechter dinge gleich. Die erste Person wird darumb Vater genennet / weil sie den Sohn von Ewigkeit her aus ihrem göttlichen Wesen gezeuget hat; und weil die andere also ohn Anfang und ohn Ende gezeuget wird / heisset sie der Sohn. Der Heilige Geist aber / die dritte Person / hat den Namen daher / daß sie von alle Ewigkeit her vom Vater und Sohn als ein ausgeblasener Geist / wesentlich ausgehet. Und ob eure Vernunft hieselbst viel nachsuchens machen wolte / was vor eigentliche Beschaffenheit es hiemit håtte / so wehret ihr ja / und heisset sie ruhen / weil solches nicht allein alles vergeblich / sondern auch wider Gottes Willen ist / welcher dieses von uns nur schlechter dinge wil gegläubet haben. Nach Fest-legung dieses ersten Hauptgrundes der Christlichen Lehre / erzählete sie vor dißmahl nur Inhaltsweise /was gestalt Gott der Sohn sich des zur Hellen-Straffe verurteileten menschlichen Geschlechtes aus sonderlicher Barmherzigkeit und Liebe angenommen / in der fülle der Zeit Mensch worden / und durch seine gnugtuhung / Leiden und Sterben vor unsere Sünde gebüsset / wodurch er den Zorn Gottes und die hellischen Straffen von uns abgewendet / und die Seligkeit uns wieder verdienet und zuwegen bracht / welche uns auch dermahleins nach diesem Leben wirklich würde zugelegt werdẽ / wañ wir mit festem Glauben uns auff solches Verdienst unsers Heylandes verlassen / uns von aller Boßheit enthalten / und die Werke der Christlichen Liebe und wahren Gottseligkeit nach Erheischung der Heiligen zehn Gebohten ernstlich fortsetzen. Nachgehends sagte sie ihnen den algemeinen Christlichen Glauben vor / und erklärete ihnen denselben nach allen nöhtigen Umständen gar einfältig /welches alles sie anderthalb Stunde lang in höchster Andacht anhöretẽ / und sich über der holdseligen Rede verwunderten / die aus ihrem Munde ging / dann sie wahr als verzukt anzusehen / die Augen stunden ihr gen Himmel / und erschien eine solche Freudigkeit in ihrem Angesichte / als währe sie ein Engel Gottes gewesen. Auff ihre geendigte Reden aber fing Baldrich also an: Hocherleuchtete und in göttlicher Weißheit wolerfahrne Groß Fürstin; billich halte ich diesen Tag vor meinen Geburts Tag / an dem mir so über hohe Gnade und Barmherzigkeit wiederfahren ist /daß davor dem gütigen Gott und Euer Liebe ich nimmermehr gnug danken kan. Mein Herz ist durch ihre Unterrichtung erleuchtet / meine Seele getröstet / mein Muht gestärket / mein Geist wider die Teuflischen Gespenster / die mich gestern verunruheten / gewapnet / und mein Wille unterwiesen / daß er nunmehr tugendhafft und gottselig fahren kan / weil mir der Verstand geöffnet ist / und ich / Gott Lob / nunmehr weiß / woran ich mich in Anfechtung halten / und wohin ich in meinem anliegen mich wenden sol; unmöglich aber ist mirs / meine iñigliche Vergnügung auszusprechen. Die Teufelin Freia / der Teufel Krodo und Irmen Seul / und wie sie sonst Nahmen haben mögen / sollen mich durch Gottes gnade nicht mehr schrecken /weil ich den wahren ewigen und einigen Gott / ihm sey Lob / erkenne und im Herzen habe; derselbe Gott /[340] der mich erschaffen und erlöset hat / wolle seine gnade in mir vermehren / daß ich ohn wanken mich an ihm steifhalte / und durch keine Wiederwertigkeit von ihm getrennet werde. Siegward gab gleichmässige Erklärung von sich / welches die Groß Fürstin mit sonderlicher Freude vernam / sie zur Dankbarkeit gegen Gott vermahnete / und mit ihnen niderkniend folgen des Gebeht sprach: O du grundgütiger Gott / wir danken dir von herzen / daß du uns nach deiner väterlichen Güte aus dem verdamlichen Unglauben hervor gerissen / und zur heilsamen Erkäntniß deines lieben Sohns / auch zur Erbschafft des ewigen Lebens gebracht hast; Wir bitten dich herzlich / erhalte uns in solcher Gnade / stärke unser neuen annoch schwachen Glauben / vermehre in uns die Hoffnung und Liebe /und setze uns fest in Christlichen guten Werken und heiligem Wandel / daß wir dir O Gott gefallen / und nach dieser Sterbligkeit mit dir ewig leben mögen /Amen.

Hierauff behtete sie mit ihnen abermahl den Christlichen Glauben und das Vater Unser so offt / biß sie es ohn Anstoß nachsagen kunten / erklärete es auch gar einfältig / und erinnerte sie / daß sie etliche Tage aneinander früh morgens sich bey ihr einstellen / und den nöhtigẽ Unterricht so offt mit ihr wiederhohlen solten / biß sie denselben zur gnüge würden gefasset haben. Solte sich aber / sagte sie / der Teuffel noch weiters wollen gelüsten lassen / euch bey Nachtzeiten (wie er dann nicht ein Geist des Lichtes / sondern der Finsterniß ist) zuverunruhen / und mit seinem Gepölter zuerschrecken / so verachtet ihn nur mit alle seinem Wesen / und sprechet in wahrer Andacht den Christlichen Glauben und das Heilige Vater Unser /alsdann werdet ihr sehen / wie schimpflich er abzihen / und eurem Glauben den Sieg wird lassen müssen /dann es wird in der Heiligen Schrifft unser Glaube an den Sohn Gottes ein Schild genennet / nebest der Versicherung / daß wir damit alle feurigen Pfeile dieses Bösewichts auslöschen können. Nach Endigung dieser Rede umfing sie beyde Fürsten / und nach gebotenẽ Kusse sagte sie: Nun werde ich mich erst recht vor Eurer Liebden Schwester / und dieselben vor meine Brüder halten / nachdem wir an Gott einen Vater / und an der Christlichen Kirche eine Mutter haben / daß wir also nicht allein leibliche oder fleischliche / sondern auch geistliche Brüder und Schwestern sind. Sie nam aber Baldrichen / und Fr. Sophia Siegwarden bey der Hand / und gingen mit ihnen nach Herkules Gemache / der mit Ladisia schon auffgestanden wahr / und ihr Morgengebeht in einer Andacht verrichteten / kunten auch leicht gedenken /was die ursach ihrer Ankunfft wahr / wiewol sie dessen sich nichts merken liessen. Die Groß Fürstin aber ließ sie nicht zu Worten kommen / sondern fing also an: Der glükseligste Tag nach meiner Bekehrung ist mir der heutige gewesen / an welchem durch Gottes gnade ich diese beyde Durchll. Fürsten / meine geliebte Herren Oheime und Brüder aus des leidigen Teuffels Rachen loßgerissen / und zur Gemeinschafft der Christlichen Kirchen gebracht habe / wovon ich zu gelegener Zeit ein mehres erzählen werde. O mein allerliebstes Herz / antwortete Herkules / der Tag müsse gesegnet seyn / an welchem mein geliebter Bruder und Oheim zur Erkäntniß GOttes sind gebracht worden; ist mir auch insonderheit lieb / daß solches ohn mein zutuhn und vorwissen verrichtet ist /damit mein Herr Vater nicht dereins mir beymässe /ich hätte meinen Bruder verleitet / und die künfftige Beherschung des Vaterlandes ihm mißgönnet / wovon er dieses Glaubens wegen mich zuenterben sol gesinnet seyn; Im übrigen wünsche ich den beyden neuen Christen Gottes beharliche gnade / und des Heiligen Geistes Inwohnung /[341] der in ihnen den Glauben vermehre / und sie zugleich neben uns dereins in die ewige Herligkeit auffnehme. Geliebter Herr Bruder /antwortete Baldrich; wegen des Christlichen Wunsches bedanke ich mich herzlich; was aber meinen Herr Vater und dessen Vorhaben wegen deiner Enterbung betrifft so ist Gott mein Zeuge / wie hart mir solches zuwider gewesen ist / daß ich nicht allein unserm Herr Vater geschworen / viel lieber zusterben /als in deine Enterbung zugehehlen / oder dir als dem ältern vorzugreiffen / sondern da mich ein bübischer Pfaffe hierzu anmahnen wollen / und sich unternehmen durffte / deiner in ungleichen zugedenken / umb /bey dem Vater dich noch weiters verhasset zumachen / habe ich aus brüderlichem Eifer ihn mit meinem Seitengewehr durchstossen / und hiedurch meinen H. Vater so hoch erzürnet / daß wenig fehlete / er hätte mich gefänglich einziehen lassen / wann meine Fr. Mutter mich nicht vor seinem Zorn etliche Tage verborgen gehalten hätte. Geliebter Herr Bruder / sagte Herkules / mir ist dein Gemüt schon gnug bekant /aber hiedurch hastu es so viel klärer zuverstehen geben / und verheisse ich dir deswegen / daß ich nicht lassen wil / meines Herrn Vaters Groß Fürstentuhm entweder mit dir zuteilen / oder dir helffen ein Reich zugewinnen / welches deinem Stande gnug sey. Es wahr überaus grosse freude unter ihnen / welche auch Ladisla mit vielfältigem glükwünschen und erbieten zuerkennen gab / biß endlich Siegward in ihrer beyder Namen also anfing: Großmächtigster König / auch Durchleuchtigster Groß Fürst / gnädige Herren Oheime und Brüder; Nachdem der Algütige Gott meinem lieben Freunde und mir die allerhöchste geistliche Glükseligkeit zugewendet / da wir am wenigsten darauff bedacht wahren / haben wir das Vertrauen zu seiner Barmherzigkeit / er werde uns in derselben biß an unser Ende / ja biß in alle Ewigkeit erhalten; Wann wir dann hieneben wünschen / daß auch die lieblichste irdische Glükseligkeit / welche in Erhalt- und Besitzung eines tugendreichen frommen und gottseligen Ehegemahls bestehet / uns von Gott möge mitgeteilet werden / und wir dieselben an den beyden Hochgebohrnen Römischen Fräulein / Frl. Lukrezien Pompejen / und Frl. Sibyllen Fabtin uns gänzlich eingebildet haben / und demnach willens sind / umb dieselben gebührlich zuwerben / geleben wir der ungezweifelten Hoffnung und Zuversicht / Eure Liebden werden uns hierin / ihrem gutem Wolvermögen nach / alle befoderung leisten / welches mit unserm Blute zuersetzen wir stets willig und bereit seyn wollen. Herkules fing schon an / seine Antwort zugeben / aber die Groß Fürstin fiel ihm in das Wort / und sagte: Nicht also /Durchl. Fürst Siegward / meine Fr. Schwester und ich haben dieses biß daher träufleissig unterbauet / und da es solte ausgeführet und glüklich geendiget werden / wolten andere herzu treten / und den Dank verdienen? Wir wollen unserer Gemahlen Mit Arbeit in diesem Werke mit nichten zulassen / sondern Eure Liebden sollen gleich jetzo mit uns gehen / uñ vernehmen /wie weit durch unsere Bemühung es schon fortgesetzet sey. In Gottes Nahmen / sagte Herkules / ich weiß ohn das wol / daß ihr in Heirahtsachen nicht allein euch gerne gebrauchen lasset / sondern auch zuzeiten gut glük damit habet; und weil ich meinem lieben Herrn Oheim / wie auch Bruder keine liebere Fräulein wünschen kan / nachdem beyder Zucht / Tugend und Frömmigkeit mir insonderheit wol bekant ist / so seyd erinnert / mein Schatz / und leget allen möglichen Fleiß an / daß ich dessen bald genehme Zeitung erfahren möge. Nun hatten dannoch diese beyde Fürstinnen des vorigen ganzen Tages[342] nicht unterlassen / den beyden verliebeten Fräulein ihre Buhler noch immerzu angenehmer zumachen / welche / weil sie ihr Herz schon allerdinge darzu geneiget hatten / so viel desto leichter konten eingenommen werden / und dauchte ihnen der vorige Tag sehr lang und unlustig / weil ihrer Augen bester gegenwurf sich nicht wolte finden lassen / daß auch Frl. Lukrezie sich nicht einhalten kunte / zu Frl. Sibyllen / wiewol als im Scherze zu sagen: Herzen Schwesterchen / mich deucht du fingest heut früh eine Fröligkeit an / die da scheinet / sich bald geendet zu haben / und wann ich meinem fragenden Herzen solte eigentliche Antwort geben / würde ich gestehen müssen / daß ich gleiches anliegen habe welches / wann ichs recht täuffen sol / halte ichs vor ein Fieber / weil mir bald heiß bald kalt ist; nun habe ich solches gleichwol nicht über Meer mit mir gebracht / dessen mir mein Gewissen und meine ganze Geselschaft Zeugnis gibt / und ich demnach nicht anders schliessen kan / ich muß die erste Nacht / da ich bey dir geschlaffen / es von dir geerbet haben. Frl. Sibylla lachete der Rede / und gab ihr zur Antwort: Gewißlich mein Schwesterchen / du beichtest fein heraus mit deinem Liebes-Fieber / aber die wahre Ursach dessen triefstu gar nicht. Ey sagte jene / bistu dann eine von denen / welche der Dinge Ursachen zuerkennen wissen / und daher die glükselige genennet wer den / so laß mich doch deine Gedanken vernehmen /aber trifstu nicht recht / werde ich dich über laut außzischen. Ists dann wahr / antwortete diese / daß du ein solches vor so ein grosses Geheimnis hältest? so frage nur in dieser ganzen Geselschaft / welchen du wilt /auch allerdinge die geringesten Auffwarter / es wird keiner seyn / der dieses Ziel nicht leicht treffen solte. Bin ich dañ allein so but uñ unwissend / sagte jene /daß ich den Ursprung meines Fiebers nicht finden kan / so benim mir doch solchen Unverstand. Was man liebet / antwortete ihre Freundin / ob mans gleich nicht sihet / höret man doch gerne davon reden / daher werde ich dir kein mißfallen erzeigen / wann ich vorbringe / was du selbst besser weissest als ich; erinnere dich / wer es wahr / dem du des Abends deiner Ankunft bey der Mahlzeit so nahe rücketest / derselbe hatte das Fieber / wie es seine veränderung außwieß /und ist also gar kein Wunder / daß du von demselben damit angestecket bist; O Schwester Schwester sagte Frl. Lukrezie / wie übel und unschwesterlich hastu dann bey mir gehandelt / daß du mich nicht bey zeiten gewarnet hast; dann bey meiner träue / hätte ich wissen sollen / daß ich bey einem Fieberkranken sässe /würde ich mich balde von ihm hinweg gemacht haben; aber diese Reue und Klage dürffte nun schier zu späte seyn / deßwegen biß gebehten / und gib mir guten Raht und heilsame Arzney zu dieser Krankheit vertreibung / weil deiner Meynung nach / du deren Ursach so wol und eigen erkennest. Verwägen gnug vor ein junges Mädchen / antwortete die andere; wisse aber / daß ich keine Liebes-Arztin bin / habe gleichwol heut früh ohngefehr aus unserer Frr. Schwesteren Gespräch verstanden / das dein Fieber deren Art sey /welche durch eben dasselbe müssen vertrieben werden / durch welches sie entstandẽ sind. O du Erzverschlagene / sagte jene / ich merke schon / daß deine Arztin dir vor dein Fieber was geordnet hat / und wilt mir solches nicht offenbahren; doch wann ich sehen werde / daß du diese Arzney einnimst / wil ichs auch wagen / aber ohn einen Vorgänger tuhe ichs nicht / weil die Arzney gar zu gefährlich ist. Du soltest dich vom Galgen loßschwätzen / antwortete diese; aber daß du wissest / wie weit du fehlest / so bezeuge ich dir / daß ich von keinem Fieber / noch von einiger anderen Krankheit getroffen bin. O Schwester / wieder antwortete jene / daß[343] sind schlimme Kranken / welche ihre Krankheit verleugnen / man hält sie vor unwitzig /und verzagen alle Arzte an deren wiederstattung; lege deßwegen diesen Unsin ab / und laß dir helffen; sihe ich weiß daß dein Fieber ungleich gefährlicher ist als meines / dañ du hast dich eine geraume Zeit unter dem Gewölbe der Räuberhöhle auffgehalten / da du den ersten Anstoß bekommen / welches uber alle masse schädlich seyn sol; du bist über Wasser gangen / welches auch die heftigkeit des Fiebers vermehret /ja ich merke daß es ein stetsanhaltendes Fieber ist /welches entweder kurze wendung machet / oder gar zu beschwerliches viertägiges verursachet / damit man sich etliche Jahr schleppen muß; Nein nein / so töricht wil ich nicht seyn / mich in solche Lebensgefahr zu stürzen / sondern so bald meine Arztin mir die Arzney darbieten wird / wil ich sie begierig annehmen / und mich hernach im Bette fein stille halten / damit dem übel bey zeiten gerahten werde; und wo sonst guter Raht bey dir haften kan / so tuhe du ihm auch also /was gilts / du wirst deines beschwerlichen und feurhitzigen Fiebers alsdann auch entlediget werden. Ich schätze es vor eine Kunst und Woltaht / sagte Fräulein Sibylla hierauff / wann man kranke gesund machet / aber daß du so bemühet bist / mich gesunde krank zu machen / muß ich zum wenigsten vor eine Tohrheit halten; ist dir aber die Arztney so nöhtig /wil ich aus getrieb unser Freundschaft die Groß Fürstin erbitten / daß sie dir beyzeiten rahte / damit nicht das ganze ådle Frauenzimmer durch dich beschimpfet werde. Mit solchen und dergleichen auffzügen / trieben diese Fräulein sich diesen Tag umb / welches sie des folgenden Morgens wieder anfingen / als die Groß Fürstin von ihnen auffgestanden und mit den Fürsten in dem Bekehrungswerke wahr / daß sie darüber zimlich lange in den Federn blieben / und sie kaum die nöhtigsten unter-Kleider angelegt hatten / als die beyden Fürsten mit ihren Begleiterinnen zu ihnen hinein traten; dessen dann die Fräulein nicht wenig erschracken / kehreten ihnen den Rücken zu / und bahten die Groß Fürstin sehr / einen gar geringen Abtrit zunehmen / biß sie sich völlig würden bekleidet haben. Aber sie gab ihnen zur Antwort; nicht also meine herzgeliebete Schwesterchen / ihr sollet diesen beyden Fürsten Glük wünschen / wegen ihres angenommenen Christentuhms / und die unzeitige Scham bey seit legen / nachdem ihr guten Freunden schon gnug bekleidet seid; jedoch warff sie selbst ihnen kurze Nacht- oder Halsmäntelchen von klarer Linnewad über die Schultern / und führete Frl. Lukrezien hin zu Baldrich / da inzwischen Fr. Sophia sich mit Siegwarden nach Frl. Sibyllen verfügete / welche ihn gar schamhaftig empfing / weil sie wol wuste / daß es nunmehr zum völligen Schlusse angesehen wahr. Die Groß Fürstin aber / da sie ihre beyde verliebeten zusammen führete / lies sie ihnen nicht so viel Zeit /sich untereinander zu grüssen / sondern redete das Fräulein also an: Herzgeliebete Frl. Schwester / dafern das feste Band unserer verknüpfeten Freundschaft in eurem Herzen nicht zubrochen ist / wird eure Liebe sich erinnern / wie offt wir gewünschet haben / von Gott zuerlangen / daß wir nimmermehr voneinander möchten getrennet werden / weder in dieser noch in jener Welt. Diesen Wunsch ins Werk zu richten /habe ich täglich nachgesonnen / aber vergebens / biß dieser Durchleuchtigster Fürst / ein gebohrner Groß Fürst und uhraltes Königliches Geblüts aus Teutschland / meines herzgeliebeten Gemahls einiger Bruder /mir vertraulich zuverstehen gegebẽ / was gestalt euer Liebe Zucht / Tugend / Gottesfurcht uñ Schönheit ihm sein Herz dermassen eingenommen / daß in dieser Welt er nichts anders suchet / als[344] euer Liebe zu dienen / und deren gegen. Liebe in unzertrenlicher Ehe gottselig zugeniessen / wodurch er gezwungen sey /mir als seiner nähesten Blutsverwantin solches zu offenbahren / und meiner hülffe in erwerbung eurer Gunst und guten willens zugebrauchen; wann ich dann nicht zweiffele / mein geliebter Oheim und Bruder suche dieses von Herzen / so hoffe ich zugleich /eure Liebe werde sein inbrünstiges ansuchen nicht ausschlagen / sondern auff meine unterhandlung ihn vor ihren Schaz und künftigen Gemahl annehmen; hingegen versichere ich dieselbe hinwiederumb / daß eure Liebe er Zeit seines Lebens ehren / lieben und schützen / auch dieselbe auff ein solches Leibgedinge setzen sol / dessen kein Fräulein sich wird schämen dürffen; und ob etwa eure Liebe durch vorschützung der Nohtwendigkeit eurer Eltern gutheissen einzuhohlen / die endliche Erklärung auffschieben wolte / so erinnere ich dieselbe / was massen ihre Eltern mir volkommene Gewalt / sie zuverheirahten / auffgetragẽ /und sie daher an derselben einwilligung nicht zweiffeln darff. Das Fräulein gab zur Antwort: Durchleuchtigste Groß Fürstin / daß dieser auch Durchleuchtigster Fürst und gebohrner Groß Fürst aus Teutschland zu mir unwirdigen so hohe Gunst und Liebe gefasset /und zu seinem Gemahl mich in seinem Herzen erkiesen wollen / erkenne ich billich mit gebührlicher Dankbarkeit; nachdem aber euer Liebe Vortrag mir so schleunig und allerdinge unvermuhtlich vorkomt / als bitte untertähnig / mir etliche Monat bedenkfrist zu göñen / damit ich nicht durch unvorsichtige Antwort mich übereile / wie dann ein Fräulein in solchen teidungen bedachtsam fahren sol und muß. Der Groß Fürstin wahren ihre Schwänke wol bekant / lachete deswegen / und fragete / wie viel Monat sie dann bedenkzeit soderte. Ich stelle es in euer Liebe bestimmung / antwortete sie / wanns nur nicht unter sieben oder acht Monat seyn wird / wie dann gut Ding weile haben wil; bey welcher vorbringung sie selbst das Lachen nicht allerdinge einbeissenkunte. Wolan / sagte die Groß Fürstin / ich gebe euer Liebe nicht allein acht / sondern achtzehn Monat meines Jahrbuchs / in welchem jeder Monat einen Augenblik hält / und länger nicht; und ob ihr bedacht währet / weitere Ausflucht zusuchen / schlage ich diesen Kreiß umb euch beyde / bey Straffe meiner höchsten Ungnade / und Auffkündigung aller Freundschafft und Hulde / wo euer einer den Fuß drüber setzet / biß ihr einer dem andern diese Ringe auff schierkünftige Heiraht /wechselsweise eingeliefert habet; steckete hiemit ihnen beyden überaus köstliche Ringe auff die Finger / gab dem Fräulein einen herzlichen Kuß / und trat damit aus dem Kreise. Das Fräulein stellete sich etwas ungeduldig / und gab vor / sie hätte sich über gewalt zubeklagen / indem sie in diesen Kreiß ungleich fester / als in das allerwolverwahreteste Gefängniß versperret währe / auch keines weges daraus zubrechen wüste / als entweder durch ihre gnädige Auflösung / welche sie hoffete / oder gänzliche Erfüllung des Befehls / welches ihr unmöglich däuchte; worauff aber die Groß Fürstin kein Wort antworten wolte. Hingegen wuste Fr. Sophia ihrem Fräulein dergestalt zubegegnen / daß dieselbe sich bald darauff mit dieser Antwort heraus ließ: Nach dem ihre Fr. Schwester sie versicherte / daß ihre herzgeliebete Eltern mit dieser Heiraht würden friedlich seyn / und es ihr also gefiele / daß diesem Durchl. Fürsten sie sich zu ehelicher Träue versprechen solte / erinnerte sie sich billich / daß anfangs sie gehalten währe / ihr hierinnen zugehorsamen / dann auch / daß sie diesem Fürsten mehr als niemand anders sich verbunden seyn wüste / als ohn dessen Hülffe und Rettung ihre Ehre[345] nicht hätte mögen erhalten werden; In Betrachtung dessen / wolte sie hiemit demselben sich in aller Demuht ergeben / unter der festen Zuversicht / was ihrer Unvolkommenheit abginge / würde dessen Durchl. geduldig übersehen / und mit seinem reichen überflusse erstatten. Gleich am Ende dieser Erklärung / da die Groß Fürstin sich eben auch von Frl. Lukrezien hinweg wendete / kam Euphrosyne geschwinde herzu gelauffen / und baht sehr / ob die Groß Fürstin und Fr. Sophia nicht belieben möchten / alsbald mit nach Libussen und Brelen zugehen / denen zugleich die Kindesweh angestossen währen. Diese beyden wurden froh / daß sie gelegenheit bekahmen / die Verliebeten allein zulassen; dagegen schämeten sich die Fräulein nicht ein geringes / mit ihren Fürsten in so unvolkommener dünnen Kleidung allein zuseyn; bahten demnach Fr. Sophien / die Befoderung zutuhn / daß von ihren Leibdienerinnen ihnen ihre weisse Seidene Oberkleider herzugebracht würden; welches aber unbeantwortet blieb nur daß die Groß Fürstin ihre beyden nochmahl erinnerte / alles einwendens (von dem Fräulein geschehen) ungeachtet / den Kreiß vor ihres begehrens Erfüllung nicht zuverlassen. Da dann nach ihrem Abscheide Fürst Baldrich sich erkühnete / und bitlich anhielt / das Fräulein möchte an seiner bißher erlittenen Liebespein ein genüge tragen / und ihn nicht weiter mit Verzweifelungsgedanken ringen lassen; versprach hingegen / sie zeit seines Lebens der gestalt zubedienen / daß sie in der Taht spüren solte /wie ihm in der Welt nichts angenehmers seyn würde /als in ihrer Auffwartung zusterben. Worauff sie dann ihn nicht länger auffhalten wolte / sondern ihm diese vergnügliche Antwort gab: Durchleuchtigster Fürst /Euer Liebe bißher geschehenes Erbieten gegen mich Unwerte / ist viel zu hoch / und kan mein Unvermögen in Ewigkeit daran nicht reichen / ob gleich zeit meines Lebens ich mich hierzu bemühen würde; Verspreche demnach auf geheiß meiner gebietenden Groß Fürstin / die mir an Eltern stat zubefehlen hat / daß Euer Durchl. ich in aller gebührlichen Demuht schuldigen gehorsam / und solche unbrüchige Träue leisten wil / die von einem künfftigen Gemahl erfodert wird /zugleich bittend / Ihre Liebe wollen nit schier heut oder morgen mir verweißlich auffrücken / daß deren nicht gleich anfangs mich genehm erkläret / nach dem ich ja billich der Jungfräulichen Scham und Zucht eingedente seyn müssen. Der Alwaltige Gott aber stärke Eure Liebe in dem wol angefangenen Christentuhm /und lasse Ihr an mir alle Lust und geziemliche Freude finden / die mein hochgeliebeter Fürst sich von mir je einbilden mag / wiewol meiner Unvolkommenheit ich mir gar wol bewust bin; jedoch / was an Tähtligkeit bey mir abgehet / wolle Eure Liebe durch einen inbrünstigen Willen ersetzen lassen. Baldrich hatte sich solcher Erklärung nicht versehen / daher ihm nicht an ders als einem verzucketen zu muhte wahr / stund und besan sich / ob er auch warhafftig solche Worte gehöret / oder in einer Einbildung sie ihm selber gerichtet hätte; welches das Fräulein merkend / und daß sein stilleschweigen aus zu übermässiger Freude herrührete / fassete sie ihn bey der Hand / und sagte: Wie nun mein Durchl. Fürst / kan er mit solcher Erklärung noch nicht vergnüget werden? Ich meyne ja / nachdem ich mich ihm ergeben / alles das geleistet zuhaben /was sein ehmahliges hefftiges ansuchen begehret /und meine gebietende Groß Fürstin mir ernstlich aufferleget hat. Hiedurch begrif er sich / setzete mit ihrem höchsten Unwillen sich vor ihr auff ein Knie /fassetete ihr die Hand / und nach vielfältigem küssen derselben / da er von ihr aufzustehen / eiferig angefodert ward /[346] redete er auf vorgeleisteten gehorsam sie also an: Ach mein auserwähltes Fräulein woher sol ich immermehr wirdige Antwort nehmen / ihrer hohen Gunst gebührlich zudankẽ? Ich erkenne mein Unvermögen / und bitte sehr mir es nicht zur Grobheit auszudeuten daß ich weder meine gedanken recht zufassen / noch meine Schuldigkeit abzulegen bestand bin; jedoch verspreche ich / als lange ich leben werde /diese mir erzeigete höchsterquikliche und genügliche gunst in meiner Seele steiff und unverrücket zuverwahren. So nehmet nun / O mein teurester Schaz /mich euren Diener mit beharlicher gewogenheit an /und übersehet freundlich / was ich nicht aus Verachtung / sondern blosser Unmögligkeit unterlasse; Ich wil stets unter der Bemühung mich bearbeiten / daß mein ihr durchhin ergebenes Herz in der Taht erzeige / wie hoch eure Vortrefligkeit ich liebe und ehre. Nam hierauff den Ring von seinem Finger / steckete ihr denselben an / und sagete: Hiemit überliefere ich meiner herzgeliebeten Fräulein mein Herz und alle meine Lebenskräffte zueigen / so daß meine begierden an keine andere als allein an sie gedenken oder hangen sollen / und da mein Fräulein (welches Gott gnädig abwende) mir durch Todesfal frühzeitig solte entrissen werden / daß ich nimmermehr einer andern schuldig werden wil. Bey Leibe nicht / Durchl. Fürst /sagte sie so hohe Verpflichtung nehme ich keines weges an / daß Eure Liebe nach meinem Tode nicht Macht haben solte / eine neue Heyraht zuergreiffen /sondern es ist mir gnug und übrig gnug / daß bey Lebenszeit euer Träue und Schutzes ich versichert bin; zähle demnach Eure Liebe von solchem Versprechen loß und ledig / und verbinde mich hingegen / daß in Ewigkeit kein ander Mannesbilde eheliche Versprechung von mir haben oder bekommen sol; nam zugleich den von der Groß Fürstin ihr gelieferten Ring /steckete ihm denselben an / uñ sagete weiter: Von nun an bin ich nicht mehr mein eigen / sondern dem ich diesen Ring mit gutem Wolbedacht überliefere / zum Zeichen / dz mein Wille demselben nach Priesterlicher Einsegnung in allem untergeben ist. Baldrich umfing nach getahner Danksagung seine Braut / wiewol mit etwas ihrer Wegerung / und erteilete ihr mannichen Liebeskuß / daß endlich das Fräulein ihn erinnerte / die Mässigkeit nicht zuüberschreiten / dann sie währe gesinnet / biß an des Priesters Hand ihre Freiheit zuhandhaben; werde auch / sagte sie / nunmehr ohn meiner Fr. Schwester der Groß Fürstin Ungnade aus diesem Kreisse tretẽ dürffen / nachdem ihren Willen ich halte erfüllet seyn. Ja mein herzgeliebtes Fräulein / antwortete er / nur daß sie meiner inniglichen Freude nicht so gar zeitig abbrechen / und mich alsbald verlassen wolle; nam sie bey der Hand / und setzete sich mit ihr auff die näheste Bank / höchlich wünschend / daß ihr Beylager nicht lange möchte auffgeschoben werden. Das liebe Fräulein taht ihm auff sein bitliches ansuchen gerne geselschafft / und hatte mit ihm manniche Unterredung / wiewol er gemeiniglich gar ungereimet antwortete / welches sie ihm nicht vor übel hielt / weil sie sahe und spürete /daß es aus hefftiger Liebe herrührete. Siegward genoß nicht mindere Gunst von seinem Sibyllichen / als die wegen Blödig- uñ Offenherzigkeit sich weniger als Lukrezie zuwegern wuste / auch auff ihres liebsten Fürsten anhalten ihm frey stellete / das Beylager nach belieben zubefodern / so bald ihrer Eltern bewilligung zur Heiraht einkommen würde. Nach zweystündigem Gespräch und ehrliebender Buhlerey erinnerten die Fräulein ihre Liebsten / es würde zeit seyn / abzuweichen / damit sie nicht von andern dergestalt beyeinander angetroffen würden / dann sie wünscheten / daß[347] ihre Verlobung noch etliche Tage in geheim verbleiben möchte. Ich werde mich aber / sagte Frl. Lukrezie / an meiner Fr. Schwester / Fr. Sophien zurächen wissen / dann ich bin dessen gewiß / daß sie uns zum Schimpff / und unsern Fürsten zur Behägligkeit uns die Kleider so lange hinterhält / zweifele auch nicht /da es nur in ihrem Vermögen gewesen / sie hätte unsere Fürsten uns gar vor das Bette zugeführet / welches ich ihr in Ewigkeit nicht hätte verzeihen können. Die Fürsten gedauchte selber Zeit zum Abscheide seyn / nahmen demnach auff erhaltene Umfahungs-vergünstigung von ihren Fräulein Abtrit / und begaben sich hin auff ihr Gemach / da kurz hernach Fr. Sophia mit den begehreten Kleidern ankam / und die Zeitung brachte / Libussa währe zweer wolgestalter junger Söhne / Brela aber einer schönen Tochter genesen / und wiewol die Müttere sich beiderseits zimlich schwach befünden / hoffete man doch gute Besserung; Aber / sagte sie / habt ihr Herzen Kinderchen eure Fürsten dann so unwürsch gehalten / daß sie euch gar entlauffen sind? Ich hoffete als gewiß / euch zubeschleichen umb zuerfahren / welche ihrem Liebsten die gewogenste Gunst würde widerfahren lassen. Sehr gut / antwortete Frl. Lukrezie / daß die Fr. Schwester so unbarmherzig mit uns verfähret / und unsere Kleider uns vorenthält / dann die lieben Fürsten sind einig nur deswegen von uns geschieden /daß sie so dünne besponnen nicht länger anschauen mochten. Gebet euch zu frieden / ihr lieben Herzchen / sagte sie / habe diesen Morgen ich mich etwas verspätet / und ihre Liebsten ihnen nicht zeitig gnug zugeführet / hat einig nur die Unterweisung im Christentuhm verursachet / daher ich dieses Verbrechens Verzeihung von euch noch wol verhoffe / insonderheit / da ich mich erbiete / bey meinem H. Vater zuverschaffen / daß ihr Beilager diesen Tag gehalten werde. Daran trage ich keinen Zweifel / sagte Frl. Lukrezie aus scherz / weil ich mit meinem Liebsten dessen schon einig bin / und ein solches nicht länger auffschieben werde. Aber Frl. Sibilla / die solches vor wahr hielt / erschrak dessen nicht wenig /und bedingete sich hefftig / ob ihre Schwester Frl. Lukrezie des Jungfern-Standes so müde währe / möchte sie immerhin beyliegen / welches ihr doch wenig Ruhm nachtragen würde; sie vor ihr Häupt wolte hiemit angelobet haben / untere 14 Tagen keines weges in den Ehestand zutreten / dann sie hoffete unterdessen Antwort von ihren lieben Eltern. Hernach verwieß sie es derselben / daß sie so leichtsinnig währe / und ohn der Groß Fürstin Vorwissen das Beilager so frühzeitig bestimmen dürffte. Welches ernstes diese bey sich selbst lachete / und aus begierde sie etwas besser aufzutreibẽ / sagete sie: Je Herzen Kind / warum hastu dich dann mit deinem Fürsten versprochen wañ du nicht gedenkest mit ihm in den Ehestand zutreten? Ich bitte dich sehr / beschimpfe dich und mich nicht so hoch / daß ich auffs wenigste 14 Tage vor dir her /Beylager halten solte; doch wil ich deinen Liebesten noch wol dahin bereden / daß er dich auf eine andere Meinung bringen sol. Je so währestu das leichtfartigste Tihr / antwortete Frl. Sibylla / wann du solches vorzunehmen dich unterstehen würdest. O du leichtgläubige Einfalt / sagte jene / kanst du dann so gar keinen Scherz vom Ernste unterscheiden? oder gedenkestu / ich werde ohn genommene Unterredung mit dir und anderen dessen meinen Fürsten gewehren? O nein / solche Eile hats noch trauen nicht; gelebe auch der gänzlichen Zuversicht zu meiner Frau Schwester Fr. Sophien / ihre Reden seyn nur zum Scherze gemeynet / dann sonst würde sie mir ursach geben / ihr zum ersten mahle etwas zuversagen / weil ich eben so wenig als du[348] willens bin / nach art der gemeinen Knechte und Mägde nach dem Beilager zueilen / da weder meiner Eltern Befehl / dem man billich gehorsamen muß / noch einige instehende Nohtwendigkeit mich darzu anstränget; werde es also mit dir rechtschaffen zutuhn habẽ / daß du mich ohn alle ursach der Leichtfertigkeit / und zwar in unser Fr. Schwester Gegenwart zeihen darffst. Ja wie schön wirstu mir kommen /antwortete Sibylla / sahe nur an / was dich gelüstet /ich wil dir zu rechte stehen / vor was Richter du auch treten magst / und ist mir sonderlich liebe / daß ich so gültige Zeugen führen kan / welche mit ihren Ohren es angehöret / wie du ohn einiges Schimpflachen es selbst gestanden und ungefraget ausgebeichtet hast; daß du aber / nach dem du eine widrige Meynung an meiner Seiten vernimst / numehr einen Scherz daraus machen wilt / sol dir ohn Zweifel mißlingen / sondern ich wil unsere Fr. Schwester / wie auch die Groß Fürstin selbst und ihren Gemahl bitlich ersuchen / und auffs härteste anliegen / daß deinem so hohen begehren ein genügen geschehe. Billich das / sagte Fr. Sophia / umb ihren Streit zu unterhalten / dann wer wolte verliebete Herzen von einander trennen / die ohn Verletzung der Erbarkeit ehelich leben können /und dessen bereit eines sind? Ihr werdet ja nicht übern hauffen närrisch seyn / sagte Frl. Lukrezie / und fangen etwas an / da ihr alle miteinander nur mit Schimpf bestehen müstet / massen mein Vertraueter / wie ich schon weiß / wider meinen Willen sich hierzu von keinem Menschen wird bereden lassen; jedoch /wanns ja geschehen solte / weiß ich in Warheit untriegliche Mittel / daß Fürst Siegward sich nicht sol abweisen lassen; deswegen so gib mir nur bald auffrichtige Erklärung wessen du dich verhalten wilt /alsdann weiß ich mich desto besser darnach zurichten; dann gehe ich unser Fr. Schwester Vortrag ein / so geschihets bloß / dz ich entweder dich befriedigen / oder mich an dir rächen wil. Du soltest fünff Zungen-Dröscher übertäuben / antwortete sie / und inzwischen Zucht und Scham in die Rappuse geben / daher lasse ich mich mit dir weiter nicht ein / und magstu immerhin nach deinem Fürsten senden / und den Kirchen Lehrer herzu ruffen lassen / daß er euch zusammen gebe / noch ehe einiger Mensch der Verlobung inne wird; Ich vor mein Häupt zweifele an meines Fürstẽ ehrliebendem Sinne gar nicht / der mein begehren mir schon eingewilliget / und sein Versprechen Fürstlich halten wird. Aber wie schön wird es nun stehen /wann Frl. Lukrezia Pompejin hin zu dem Herrn Stathalter und anderen hohen Häuptern treten / und dieselben bitlich ersuchen wird / ihren Bräutigam dahin zubereden / daß er das Beilager ferner nicht auffschieben / sondern noch vor angezündeter Kerze mit ihr zu Bette zugehen unbeschweret seyn wolle. Ja warumb nicht? sagte die lustige Lukrezie / wann ichs allein durch meine Bitte nicht würde erhalten können / wirstu / in betrachtung unser Freundschafft / mir dein gültiges Wort verleihen / dann ich habe mir vorgenommen / nicht abzulassen / biß ich werde erhöret seyn; dich aber betreffend / weiß ich schon wol / daß du gerne wilt genöhtiget seyn / doch sol dirs so gut nicht werden / sondern ich wil verschaffen / daß du deinen Liebsten noch selbst darumb bitten solt / daß er das Beilager nicht auff die lange Bank schiebe. Leere Bäume sind es / da nichts drauffsitzet / antwortete Sibylla / und möchte sich noch wol zutragen / daß du vor Abends auff gelinderen Seiten spieletest / und mich säuberlich gnug bähtest / diese deine Reden nicht weiter zubringen. Darumb ists auch alhier unter der Rose geredet / sagete jene. Ja ja / fiel Sophia ein /so dürffte mein Anschlag zu Wasser werden;[349] Wollen sich demnach meine Frll. Schwestere ohn verweilen kleiden / weil es schon hoher Tag ist / und wir den heutigen im Garten zubringen / morgen aber nach der Mördergrube fahren / und sie verstören wollen. Die Groß Fürstin kam darzu gangen / hatte von den Fürsten alle Begebniß eingenommen / und wünschete den Fräulein Glük und Segen / dabey andeutend / sie hätte Schneider bestellet / die von den besten gülden und silbern Stücken ihrem Gemahl / Bruder und beyden Oheimben eine zimliche Anzahl Kleider machen sohẽ / und wolten sie (das gesamte ihnen zubehörige hohe Frauenzimmer) auf gleiche art mit jenen gekleidet seyn / damit Zeit des Beylagers ihre Brüder- und Schwesterliche Einigkeit etlicher massen daher gespüret würde. So bald die Fräulein angelegt wahren / gingen sie mit einander in den Garten / da die Fürsten und andere ihrer warteten / nahmen allerhand kurzweilige Spiele und Ergezligkeit vor / wobey die Fräulein von Frau Sophien mannichen Stich ihrer Verliebung bekahmen / und der Stathalter daher an ihrer Verlobung nicht mehr zweifelte / welches ihm von herzen angenehm wahr / auch die Gleichheit der Kleidung / die vorgestern und heut sich an ihnen sehen ließ / zum unfehlbaren Zeichen nam / und zu den Fräulein sagete: Herzliebe Kinder / billich seyd ihr bedacht / diese treffliche Fürsten gebührlich zuehren /massen dieselben in Rettung der einen / sich um alle beyde gnug verdienet gemacht haben / und gefället mir insonderheit wol / daß meine Töchtere ihnẽ sich in der Kleidung so åhnlich halten / daher ich ihrer Gemühter Einigkeit fast urteilen dürffte / wie sie dann billich mit ihren Woltähtern einig sind. Frl. Lukrezie gab zur Antwort: Gn. Herr Vater / ich bekenne / diesen beyden Fürsten / wegen rettung meiner Wasen mich mehr verschuldet seyn / als mit alle meinem vermögen ich nicht werde bezahlen können, bin deswegen neben ihnen billich darauff bedacht / wie hierzu ich meine Gutwilligkeit erzeige. Die gleicheit aber unser Kleidung träget entweder sich ohngefehr zu /oder meine Frau Schwester Fr. Sophia wird davor stehen / welche uns beyden diese Röcke nach ihrem gefallen hat zustellen lassen. Diese wolte alhie eine Kurzweil machen / und sagete: Je mein Frl. Schwester / wer hatte ihnen dann vorgestern die blauen Röcke angelegt? mus ich dann allemahl die Schuld tragen /wann etwas gutes geschiehet? gewislich dünket mich /meine Frll. Schwestere haben mit den beyden Fürsten eine gewisse Kleiderordnung gemacht. Die schamhafte Sibylla erröhtete hierüber dergestalt / dz jederman ihrer lachen muste; aber Lukrezie achtete dessen wenig / und fing also an: Gewislich Fr. Schwester /wer sich / wie unsere Schwester Frl. Sibylla / leicht schrecken liesse / müste mit ihr kein Gespräch oder Kurzweil antreten; weil ich aber ihrer lustigen Schwänke wol gewohnet bin / und allen Anwesenden solche bekand sind / fürchte ich mich vor keinem Verdacht; jedoch / wann wir diesen Fürsten zugefallen etwas tähten / daß wir einem andern nicht tuhn wurden / unsere Ehr uñ Zucht gleichwol verwahret / solte ein solches uns schimpflich in dieser Geselschaft /und der Durchl. Fürsten gegenwart auffgerücket werden / und zwar von ihr selbst / als deren es mit zugefallen geschehen würde? Ey daß wird sich schwer verantworten lassen; uñ ihr Durchleuchtigster Groß Fürst / sagte sie zu Herkules / Eure Liebe wähle ich zum Richter / ob nicht unsere Fr. Schwester wieder gebühr und Freundschaft gehandelt / und deswegen mit einer harten Busse zubelegen sey? So recht so recht / sagte der Stathalter zu seiner Tochter / da hastu dereins deinen Meister bekommen / dann meine liebe Tochter Sibylla ist dir zu[350] from; und dafern meine Tochter Lukrezie mich nicht vorbey gangen währe / solte sie eine genehme Urtel angehöret haben / die Groß Fürst Herkules vielleicht so scharff nicht sprechẽ wird. Durchaus nicht / Herr Vater / sagte Lukrezie / daß ich denselben solte vorbey gangen seyn / sondern weil ich mich befahre / noch eines Ober Richters zubedürffen /habe ich mir denselben vorbehalten / und ihm mit meiner Klage nicht verdrieslich seyn wollen / dafern der wichtige Streit durch Groß Fürst Herkules könte beygelegt werden. Herr Fabius verwunderte sich ihrer leichtbesinlichen schlauheit / und sagte zu ihr: Bey glauben / geliebete Tochter / es ist immer schade /daß sie zum Fräulein / und nicht zum Sohn gedien ist. Wie so mein Herr Vater? antwortete sie / darff ich auch in dieser Sache einen Richter wählen? Und als er nun seine bewilligung gab / sagte sie zu Baldrich: Durchl. Fürst / ich bitte eure Liebe freundlich / hierin zu urteilen / ob ich besser ein Fräulein oder junger Herr bin. Nein meine Tochter / antwortete der Stathalter mit einem Gelächter / ich erwarte dieser Urtel nicht / und wil lieber gewonnen geben / dann dieser Durchl. Fürst dürfte den Ausspruch aus einem andern Grunde hervor suchen / daß ichs mit ihm wol müste einig seyn; aber wie wenig sich die Warheit bergen lässet / ist hiedurch schon erwiesen / und zweiffelt unser keinem / währe diese Sache dem Durchl. Fürsten nicht in etwas bekant / oder zum wenigsten derselben ungewogen / meine Tochter würde dessen Liebe nicht so kühnlich zum Richter erkieset haben. Das gute Fräulein hatte sich verhauen / wolte sich doch so offentlich nicht schuldig geben / sondern antwortete also: Daß diesen Durchl. Fürsten ich zum Richter erwählet / ist die Ursach / daß dessen auffrichtiges Herz meine Fr. Schwester Sophia mir diese Tage so treflich gerühmet hat; und weil ich meiner guten Sache traue / welche auff diesem grunde beruhet / daß ich weder blosse Schwerter / noch vergossenes Menschen-Blut sehen mag / dessen dieser Durchl. Fürst bey der Räuber abstraffung inne worden / habe dessen Liebe ich vor andern zum Richteramt ersuchet / und solches umb so viel mehr / weil er als ein mir unbekanter nicht kan in verdacht gezogen werden / ob würde er wegen Kund- oder verwandschaft / oder aber aus Unwissenheit eine ungerechte Urtel sprechen. Es sey aber diesem / wie ihm wolle / so habe nicht ich /sondern dieser unschuldige Fürst sich dessen zubeschweren / daß man ihn ohn alle Ursach in Verdacht zihet. Der Stathalter wuste nicht / was er ihr vor eine Antwort geben wolte / trat hin zu ihr / und nach einem väterlichen Kusse sagete er: Herzgeliebte Tochter /der Himmel gebe eurem guten verstande ein gleichmässiges Glük / dann werdet ihr über Unfal euch nicht zubeschweren haben. Ach mein hochwerter Herr Vater / antwortete sie / ich bitte demühtig / meine gar zu bäurische Kühnheit mir zuverzeihen / demnach ich meine fehler willig erkenne / und damit mein Herr Vater seiner ergebenen Tochter gehorsames Herz desto eigentlicher erfahre / wolle er mit mir auff ein kurzes absonderliches Gespräch einen geringen Abtrit nehmen. Dieses redete sie mit sanfter Stimme / daß kein Anwesender es verstehen kunte. Er aber wahr ihr gerne zu willen / und da sie allein von den andern abgesondert stunden / redete sie ihn also an: Mein Herr Vater / ich gestehe gegen ihn nunmehr gerne / daß der Durchl. junge Fürst aus Teutschland / bey mir umb eheliche Liebe sehr inständig angehalten / und weil die Groß Fürstin es daneben treibet / die von meinen lieben Eltern ungemässene Volmacht hat / mich wirdig zuverheirahten / weil sie doch nicht willens sind /mich einem andern als Christen zuvermählen. Wie? verwundert[351] sich mein Herr Vater hierüber? ich versichere ihn als einen vertraueten so nahen Blutsverwanten zugleich / daß nicht allein ich / sondern meine herzliebe Eltern getaufte Christen sind / und viel lieber alles verlassen / ja Leib und Leben verlieren / als diesen Glauben wieder ablegen wollen. So sihet nun mein Herr Vater / ob mir / diese Heyraht auszuschlagen / rahtsam sey / nachdem ich diesen Fürsten schon dahin beredet habe / daß er neben seinen Gesellen unsern Glauben angenommen hat. Der Stathalter antwortete: Liebes Kind / ihr saget mir sehr unvermuhtliche Zeitung / die einem andern ich nicht gläuben würde / nicht sage ich solches wegen eurer Heyraht /die ich nicht zuverbessern wüste / sondern daß mein Oheim und Brüderlicher Freund euer Vater den Römischen Glauben abgeleget hat / wovon auff erste zusa enkunft ich mit ihm weiter reden werde. Aber berichtet mich / wie Fürst Siegward mit meiner Tochter Sibyllen stehe; Gleich also / antwortete sie / als Fürst Baldrich mit mir / und erwartet sie nur ihrer lieben Eltern einwilligung / wovon Fr. Sophia dem Herr Vater schon berichten wird. Wie aber? fuhr er fort; wil dann dieser Fürst eine heirahten / die nicht seines Glaubens ist? O nein sagte sie / dann eben durch ihr getrieb hat er sich zum Christentuhm begeben. So höre ich wol /antwortete er / mein Haus ist voller Christen. Ja Herr Vater / sagte sie / ist euch solches unbewust? eure Tochter / euer Sohn / euer Eiden / eure Schnuhr / Klodius / Markus und die übrigen mit ihren Eheliebsten sind alle aus freiem willen unsers Glaubens worden /weil die himlische Weisheit sie überschattet und erleuchtet hat / daß sie gesehen und erkennet / wie bloß allein hierinnen ihre ewige Seligkeit besteht / deren wir über alle dinge nachtrachten müssen; kan nun mein Herr Vater solche Leute nicht bey sich leiden /wolan / Teutschland / Schweden / Böhmen stehen uns offen / wir begeben uns gerne unsers Vaterlandes /nur daß uns der Himmel bleiben möge. Nicht also geliebetes Kind / antwortete er / habe ich so lange Jahr eine Christin im Ehebette leiden / und mit ihr mich wol begehen können / so werde ich umb des Glaubens willen meine Kinder nicht verstossen. Ich wil euch aber träulich rahten / daß ihr diese Heyrahten ja nit ausschlaget / und meine Tochter Sibylla sich nicht wegere dem Schwedischen Fürsten dz Jawort zugeben / ihrer Eltern Wille wird da seyn insonderheit / wann sie vernehmen werden daß sie eine Christin ist. Fr. Sophia trat zu ihnen hin / und nach gebehtener verzeihung meldete sie an / daß ihrer Beaten Eltern mit ihren Kindern ankommen währen / gingen demnach miteinander nach dem grossen Saal / und ward der gute alte Opimius wol empfangen / welcher sich gegen den Stathalter und Fr. Sophien aller geschehenen befoderung bedankete. Gallus und Leches wahren diesen Morgen miteinander auff die Jagt geritten; als er nun wieder heim kam / uñ seines künftigen Schwiegervaters ankunft berichtet ward / ging er in den Saal / ihn zuempfangen / wobey sich nicht geringe verwirrung zutrug; dann so bald ihn Opimius sahe zu sich nahen / kennete er ihn / ward auch von ihm wieder erkennet / verwandelten sich beyderseits / und fing jener mit sonderlichem Eifer an: Hochmögender Herr Stathalter / da sehe ich einen schändlichen Räuber / mei nen ärgesten Feind / der mich leider in meinen bißher geführeten elenden Stand gesetzet hat / und ich schon lange bemühet bin / ihn auszuspehen / damit ihm nach verdienste gelohnet werden möchte / weil dann der gerechte Gott mir denselben alhier ohngefehr in die Hände liefert / als dessen Rache ohn zweiffel hinter ihm her ist / und seinen schandbösen Muhtwillen länger nicht dulden kan / als[352] begehre und bitte ich demühtig / und als ein Römischer Untertahn / daß der gottlose Bube fest gemacht werde / damit ihm nach seinem Verdienst als einem schändlichen Räuber und Strassendiebe gelohnet werde. Gallus bestürzete dergestalt über dieser Anklage / daß er anfangs kein Wort machen kunte / und bildete der junge Fabius ihm gänzlich ein / er würde an ihm irren / deswegen er zu ihm sagete: Mein Herr / er führet eine sehr harte und ehrenrürige Klage wieder diesen Ritter / der in grosser Herren bestallung und wirklichen diensten ist / wolle sich demnach wol bedenken / und zuvor sich fleissig erkündigen / ob er auch den rechtschuldigen angetroffen habe. Gnädiger Herr / antwortete Opimius / ob gleich zuzeiten ein Mensch dem andern sehr ähnlich ist / erkenne ich doch an meinem unfehlbaren Abzeichen daß ich meinen allerboßhaftigsten beleidiger angetroffen habe. Gallus hatte sich inzwischen etwas erhohlet / trat näher zu Opimius / und mit demühtiger neigung und traurigen geberden sagte er zu ihm: Mein hochgeehrter Herr / ich bekenne vor diesen hohen Häuptern / daß er an mir den rechtschuldigen angetroffen / welcher vor diesem ein solcher Ungenanter gewesen ist / wie ihr mich genennet und ausgescholten habet / erinnere mich auch des gottlosen verbrechens wodurch ich mich an euch / einen frommen unschuldigen Herrn sehr versündiget habe / aber ich bitte denselben durch Gott und durch seine eigene frömmigkeit / mein Herr wolle mir meine grobe Missetaht und verübete Bosheit vergeben / weil mir dieselbe von herzen leid ist / und ich davor abtrag zu machen / mich solchergestalt anerbiete / daß ich vor jedwede abgenommene Krone / hundert erstatten /und vor die angelegte Schmach eine gleichmässige anzahl Gelder erlegen wil. Herkules kunte leicht ermässen / was es antreffen würde / redete deßwegen ins mittel / und sagete: Herr Opimius / hat dieser mein lieber geträuer etwa sich ehmahls an euch vergriffen / wollet ihr solches der Vergeb- und vergessung anbefehlen / nachdem er nicht allein seine vorige Untugend abgelegt / und aller auffrichtigen redligkeit sich befleissiget / sondern / welches euch etwa mag unwissend seyn / mit eurer geliebeten Tochter ehelich versprochen ist. Er erblassete von neuen über dieser Zeitung / und antwortete: Durchl. Groß Fürst / ich bin gar zu hart von diesem euren Diener beleidiget / und sehe nicht / wie ich mich dergestalt überwinden / und ihm mein liebstes Kind gönnen sol, zwar er hat mir vorgestern durch überschickung grosser Gelder und anderer kostbahren sachen / ein gutwilliges Herz sehen lassen / welches ich auch mit gebührlichem dank angenommen / unter diesem Vorsaz / ihn vor meinen lieben Schwiegersohn auffzunehmen / aber so wenig ich gewust / wer der Geber ist / so wenig ists ihm kund gewesen wem er gutes getahn hat. Und wann ihre Durchl. wissen solte / nicht allein was vor Schaden und Spot er mir angefüget / sondern auch /was vor Elend / Armut und Mangel mir dadurch verursachet worden / so daß ich in diesem meinen unbehülflichen Alter mich meiner Hände Arbeit / die dessen nit unterrichtet wahren / kümmerlich ernähren uñ das Brod des trübsaals mit meinem Weibe und Kindern essen müssen / würden meine anwesende Gnn. Herren mir meinen unwillen nicht verübeln. Ladisla wolte des verlaufs gerne ausführlichen bericht haben /und sagete zu Gallus: Lieber erzählet uns / was vor Ursach ihr diesem guten Herrn zu so hefftigem Zorn gegeben habt / alsdann werde ich mich bemühen /euren Span beyzulegen. Ja gnädigster K \nig / antwortete er / ich habe mich dermassen schwer an diesem Herrn vergriffen / daß er Ursach gnug hat / nicht allein mich anzufeinden / sondern auch peinlich anzuklagen;[353] dann ohngefehr vor drey Jahren und etwas drüber / ba ich annoch unter der verfluchten Räuber Rotte wahr / bin ich selb sechse diesem Herrn auffgestossen / habe ihm drey Pferde vor dem Wagen abgespannet / 3000 Kronen Baarschafft geraubet / und ihn neben seinen Sohn und Fuhrman in harter Kälte fast nacket an einen Baum gebunden / damit sie uns nicht verfolgen und den Raub wie der abjagen möchten; erinnere mich überdas / wie etliche meiner Gesellen ihm und seinem Sohn grossen Schimpff und Beleidigung angeleget / welches ich als ihr Häupt und Führer wol hätte ablehnen können / da mirs Ernst wäre gewesen. Unter diesen Reden drungen dem alten Opimius die Trähnen aus den Augẽ / und taht hinzu: Er hätte solche Gelder von etlichen guten Freunden / auff alle seine übrigẽ Pfandeentlehnet / einen sehr harten und ungestümen Gläubiger damit zubefriedigen / auff daß er von seinen Gütern nicht gar vertrieben würde / und als er wegen dieses Verlustes nicht hätte bezahlen können / währen ihm alle seine Landgüter / ausgenommen ein einziges Bauren Hütlein / abgedrungen /in welchem er sider dem sehr kü erlich sich behelffen müssen; Die Anfesselung währe nach seiner Erzählung ergangen / da er mit den seinen biß in den dritten Tag gestanden / und wegen Anlauffs der wilden Tihre sich des Lebens erwogen hätte / biß endlich ein Betler sich durch Gottes sonderliche Schickung des Weges verirret / und sie abgelöset / hätten aber vor Frost /Hunger und Durst weder gehen noch stehen können /endlich noch aus der Noht eine Tugend gemacht / auff allen vieren davon gekrochen / und zulezt bey einem bekanten / geringe Kleider und Speise überkommen. Die Groß-Fürstin antwortete ihm hierauff: Mein Freund / ich muß bekennen / daß ers grob genug gemacht / und euch sehr hart beleidiget hat / aber zur unversöhnlichen Feindschaft ist es viel zu wenig. Dañ vernehmet; eben dieser Gallus hat mich / ein Königliches Fräulein mit gewaltsamer Hand und Vergiessung vieles unschuldigen Blutes geraubet / und ursach gegeben / daß ich über Meer geführet / verschencket /und in äusserste Ehren- und Lebensgefahr und Armut gerahten bin; Was unsägliche Mühe und Gefahr hat deswegen mein Herr Bruder / mein Gemahl / und andere Freunde angehen müssen / sind unter Henkers Hände gerahten / und in höchste Beschimpffung und Schande; noch dannoch haben wir ihm nicht allein gnädig verzihen / sondern zum vertrauetesten Diener angenommen / daß er unserer verborgensten Heimligkeiten Wissenschafft gehabt; haben ihn endlich zu grossem Reichtuhm verholffen / in den Adel Stand gesezt / und alle Gnade erzeiget / nicht daß er solches hätte verdienen können / sondern bloß / weil wir gesehen / daß nach geschehener Busse er sich gebessert /und alle Boßheit abgeleget / so daß er jezt billich unter die redlichsten und frömmesten gezählet / und daher von Fürsten und Herren geliebet wird; So lasset nun / mein Freund Opimius / allen Zorn und Wiederwillen fahren / und nehmet von mir seinetwegen zum Abtrag 10000 Kronen an / die ich nach geendigter Mahlzeit euch baar auszählen lassen wil. Gallus selbst hielt nochmahls sehr umb Verzeihung an / und verpflichtete sich / die Beleidigung nach Mögligkeit zuverbessern / auch ihm / seiner Eheliebsten und acht übrigen Kindern die versprochenen 300000 Kronen redlich einzuliefern / und in zehn gleiche Teile auszuteilen. Worauff Opimius sich erklärete / weil so gewaltige Fürsten und Herren ihm das Zeugniß seiner Besserung gäben / er selbst auch durch übermildes erbieten seine Reue gnugsam an den Tag legete / wolte er das ergangene der Vergessenheit befehlẽ[354] und ihn hinführo als einen lieben Freund und künfftigen Schwieger Sohn halten / unter der Hoffnung / er würde sich gegen sein liebes Kind gebührlich / und als ein geträuer Ehegatte bezeigen. Herkules bedankete sich seines Dieners wegen / setzete Opimius zum Verweser aller seiner im Paduanischen Gebiet geschenketen Landgüter / und daß er deren Aufkünffte ein Jahr frey geniessen / auch die neugebauete Burg daselbst / bewohnen solte. Die Groß Fürstin erboht sich / alle seine versetzen Güter und Pfande ihm einzulösen / und Ladisla sagte zu Gallus: Ich wil euch die Mantuanischen Güter mit gleicher Bedingung eintuhn / daß ihr in der nähe bey euren Schwieger Eltern wohnen könnet; welcher hohen Gnade er sich zwar untertähnigst bedankete / wendete aber ein / er håtte seinem gnådigsten Groß Fürsten sich zu untrenlichen Diensten verbunden / auch von dessen Durchl. gnädigste Zusage erhalten / ihn nimmermehr / als lange er sich redlich halten würde / abzuschaffen. Es ist also / sagte Herkules / bin auch willens / euch zu meinem Schaz- und Ober Waffenmeister zusetzen /nachdem ich vernehme / daß ihr bey mir zubleiben Lust habet. Also wahr nun diese Fehde geschlichtet /und beredete man sich / folgendes Tages das Raub Nest zu verstören / zu dessen Behuef 400 Bauren mit Hacken und anderm nöhtigen Werkzeuge auffgemahnet wurden. Die Verliebeten brachten diesen Tag in aller Fröligkeit zu / und erhielten die beyden Fürsten bey ihren Fräulein / daß das Beylager auff Gallus Hochzeitfest solte angestellet werden / welches auff den 14 den Tag bestimmet ward. Des nähstfolgenden Tages wahren sie frühzeitig auff / ihr Vorhaben ins Wert zurichten. Das Fürstliche Frauenzimmer setzete sich zusammen auff eine weite Gutsche / die Fürsten und Herren mit ihrer Ritterschafft legeten ihre Waffen an / und ritten mit 100 Pferden hinaus / kahmen anfangs an die Stelle / woselbst die Brüder und Oheimbe ihren Kampff mit einander gehalten / da sie ihrer zerhacketen Schilde noch etliche Stücke antraffen; nachgehends erreicheten sie der erschlagenen Räuber Leichnam / die von den wilden Tihren schon zurissen / uñ biß auffs blosse Gerippe verzehret wahren; Von darab macheten sie sich durch das Gestäude nach der Höhle / liessen die Bauren alles zuschlagen und abbrechen / und funden noch zimlichen Vorraht an Speisen und Gewehr; dann die Gelder und Kleider wahren schon alles hinweg geführet / und den beyden Fürsten als ihr Eigentuhm eingehändiget. Weil nun keine Feindseligkeit daselbst verspüret ward / legeten die Fürsten ihre Waffen ab / führeten ihre Gemahlen und versprochene Fräulein hie und da in dem lustigen dicken Gehölz umher / und suchete ein jedweder mit seiner Liebesten allein zuseyn. Baldrich mit seinem Fräulein wahr einen zimlichen Weg in seinen Liebes Gedanken zum Walde hinein gangen / und ersahen einen lustigen dicken Baum / unter welchen sie sich nidersetzeten / etwz Ruhe zunehmen. Als sie nun in ihrem Liebes Gespräch auff nichts anders bedacht wahrẽ / als wie sie einander in aller Zucht die anmuhtigsten Liebeszeichen erweisen möchten / da sahe das Fräulein ohngefehr zween starke Bähren zu ihnen heran eilen / und mit erschreklichen Sprüngen ihrer zubegehren / daher sie aus grossem Schrecken rieff: O mein Schaz / nun sind wir beyde des Todes! Das wende Gott ab / antwortete er / sprang auff / entblössete sein gutes Schwert / und stellete das vor Angst bebende Fräulein hinter sich an den Baum / daß sie Schuz und Sicherheit hätte. Die Bähren scheuheten sich vor ihm nicht / sondern lieffen zugleich daher /welches Baldrich ersehend / und seines Gewehrs sich tröstend /[355] zu ihnen eintrat / und in dem sie zu ihm naheten / dem einẽ straks angesichts das Maul und die rechte Vörder Tatze in einem Hiebe dergestalt zurichtete / daß er mit greulichem Geheule sich hinweg stahl. Der andere verließ ihn auch / und lief gerade nach dem Baum auff das Fräulein zu / welche den gewissen Tod vor sich zusehen meynend / ihrem Gott die Seele schon befahl; und zwar / hätte Baldrich sich umb ein Augenblik geseumet / würde er ihrer Liebe nimmermehr genossen haben; weil sie ihm aber tausendmahl lieber als sein Lebẽ wahr / setzete er dem Bähren mit vollen Sprüngen nach / und gleich da derselbe das Fräulein mit der linken Tatze angriff / und ihr den Rok an der Seite gar zuriß / hieb er ihm dieselbe Tatze reine hinweg / jedoch mit einem so unglüklichen Streiche / daß er zugleich seinem Fräulein eine zimliche Wunde oben ins Bein schlug / daß wann er einer guten Hand breit höher getroffen / er ihr das Gedärm im Leibe würde beschädiget haben; der Bähre aber wolte nicht weichen / sondern setzete auff Baldrich an / traff ihn auch mit der Rechten Tatze an den linken Arm dermassen / daß ihm das klare Blut heraus drang / wiewol er ihm davor geschwinde lohnete / und den Kopff vor die Füsse legete / gleich da das Fräulein sich nieder auff die Erde setzete / und zu ihm sagete: Ach mein Herzen Schaz / mich deucht /ich bin hart verwundet. Bald lief er hinzu / den Schaden zubesichtigen / dessen sie anfangs sich aus Scham wegerte / aber wegen Todesfurcht / und weil sie das Blut häuffig sahe herablaufsen / endlich zuließ; Da er nun sahe / daß er sie mit dem Schwerte verwundet hatte / fehlete wenig / er hätte sich selbst entleibet / wo das Fräulein ihm nicht frisch zugesprochen hätte / da sie zu ihm sagete: Mein allerliebstes Herz / dafern ihr euch einiges Leid antuht / sollet ihr aller meiner Hulde ewig entsetzet seyn. Ich danke meinem Gott / daß er unser Leben gefristet hat / und ihr wollet euch selbst schaden? O du unbesonnene Faust / uñ schandloses Schwert / sagte er; fassete es grimmig / und schlug es wider den Baum / in Meynung / es zuzerbrechẽ / welches ihm aber wegen seiner güte unmöglich wahr. Das Fräulein redete ihm freundlich zu / stellete sich / als empfünde sie des Schmerzen wenig / und baht / er möchte ihr sein Schnupftuch reichen / damit sie die Wunde verbinden könte; nahm ihren köstlichen Blutstein hervor / und stillete damit das Blut / wischete das vergossene Blut rein abe / und durch Baldrichs Hülffe / dem seine Trauer-Trähnen flossen / verband sie die Wunde /nicht ohn grosse Schahm / daß sie dergestalt sich vor ihm entblössen muste; Er aber legete sich vor ihr in die Knie / und baht lauter umb Gottes willen / ihm diesen unvorsichtigen groben Fehler hochgünstig zuverzerhen / weil es ohn allen Vorsaz geschehen / und ihr Leben zuretten fast nicht anders hätte seyn können. Das Fräulein umfing ihn freundlich / mit Bitte /sich der Verwundung halben keine Gedanken zumachen; es währe Gott ihr Zeuge / daß ihr seine Angst und Wehmuht tausendmahl hefftiger / als eben die Wunde schmerzete; Ihrer notwendigen Entblössung aber trüge sie die allergröste Schahm / welches sie doch / weil er ihr versprochener Gemahl währe / noch endlich verschmerzen wolte; umfing ihn darauff zum andern mahle / und entsetzete sich nicht ein geringes /da sie seines hartblutenden Armes gewahr ward / welchen er alsbald er entblössen / und von ihr verbinden lassen muste. Nun sorgete er vor nichts so sehr / als wie er sie ohn sonderliche Bewägung nach der Geselschaft bringen könte / leitete sie anfangs mit langsamen Tritten fort / sahe aber / daß ihr weiter zugehen unmöglich wahr / hieb geschwinde einen zimlichen Teil Sträucher / band dieselben zusammen /[356] setzete sie drauff / und zog sie als auff einem Schlitten daher / wurden auch eins / vorzugeben / der Bähr hätte ihr das Bein verletzet. Der andern Geselschafft kam verdächtig vor / daß diese so lange ausblieben / und begunten sich zuverteilen / ihnen nachzusuchen / aber die Groß Fürstin und Frl. Sibylla sahen sie endlich daher zihen und lacheten des vermeineten Auffzuges /daß diese sich von dem Fürsten also schleppen ließ; wiewol die Groß Fürstin bald ein schlimmers muhtmassete / und zu dem Fräulein sagete: Ohn zweifel ist unser Frl. Schwester ein Unfal zugestossen; mit welchem Worte sie von der rechten Seite her noch zween grimmige Bähren herzu lauffen sahe / nam ihr Schwert zur Hand / welches sie auff Reisen selten von sich legete / und sagte zu ihrer Gefärtin: Stellet euch dort hinter jenen Baum / mein Fräulein / biß diese Räuber werden gebendiget seyn; Sie aber lief geschwinde Baldrichen zu / welcher gleich der Un Tihre gewahr ward / und ihnen / weil er die Groß Fürstin mit blossem Schwerte muhtig herzu eilen sahe / herzhafft entgegen sprang / das Fräulein bittend / nur ein gutes Herz zuhaben. Sie gelangeten fast zugleich bey den wütigen Bähren an / welche sich teileten / und jeder seinem nähesten Raub suchete / aber die Groß Fürstin taht auff den ihren einen dreyfachen doppelten Hieb / wodurch derselbe zu grunde gerichtet wahr. Baldrich verwunderte sich dessen zum höchsten /wolte seine Erfahrenheit auch sehen lassen / und hieb den Bähren den Leib auff / daß er das Ingeweide ausschüttete. Der Kampff ist wol gerahten / sagte Valiska / aber so viel ich merke / hat mein Herr Bruder schon mit dergleichen Ansprengern zuschaffen gehabt / und gebe nur GOtt / daß das Fräulein unbeschädiget blieben sey. Ich wünschete solches von herzen / antwortete er / aber sie hat leider eine Wunde davon getragen /welche doch mit Gottes Hülffe keine gefahr haben sol. Also gingen sie alsbald dem Fråulein zu / deren blutige Kleider der Groß-Fürstin nicht geringen Schrecken macheten / jedoch sich zufrieden gab / weil ihr die Farbe in etwas wieder kommen / und zimlich frisch redete. Ihre Leibdienerin Lektoria gehuhb sich / sehr übel / bestellete alsobald / daß etliche Reuter sie fein sanfft nach der Gutsche tragen / und sie gestrekt darauff legen musten; Baldrich aber geleitete die Geselschafft nach dem Orte des beschehenen Anfalles /traffen auff dem Wege den entlauffenen ersten Bähren an / welcher wegen schmerzens nicht weiter kommen kunte / und von Baldrich vollend hingerichtet ward. Die anwesende verwunderten sich der ungeheuren grossen Tihre / und bekennetẽ / daß diese kühne glükliche Taht wol unter die vortreflichsten zurechnen währe. Als sie bey der Gutsche wieder anlangeten /und das Raubnest gänzlich verstöret wahr / machten sie sich auff die Heimreise / uñ setzete sich Baldrich zu dem Fräulein / deren verwundetes Bein er stets auff seiner Schoß hielt / biß sie zu Padua anlangeten / und eine vernünftige Aerztin sie verband / welche / weil ihr Baldrich 500 Kronen versprach / allen fleiß anwendete / daß sie am achten Tage ganz heile wahr. Diese Zeit über / weich Baldrich nicht weit von ihr /und nam Siegward daher Gelegenheit / seinem Fräulein gleichmässige Beywohnung zuleisten / weil diese ihre geliebte Schwester nicht verlassen wolte. Nach wieder erlangeter Gesundheit muste das gute Fräulein zimliche Auffzüge über sich nehmen; dañ weil Frr. Valiska und Sophia die Wundezeit ihrer Schwacheit etliche mahl besichtiget / und befundẽ hatten / daß sie mit dem Schwert geschlagen wahr / gab es Gelegenheit zu allerhand kurzweiliger Ausdeutung; woran sie sich doch wenig kehrete / sondern beteurete / sie hätte sieder[357] dieser Verwundung zehnfache Liebe zu dem Fürsten bekommen / weil sie wüste / daß es nicht vorsezlich / sondern ohngefehr / und zu ihres Lebens Erhaltung geschehẽ währe. Also ward nun diese Zeit in aller ehrliebenden Kurzweil verzehret / biß der angesezte Tag zu Gallus Hochzeit herzu nahete / da ein Christlicher Lehrer gefodert ward / der anfangs die Fürsten mit ihren Fräulein / hernach Gallus wie seiner Beaten nach damahligem Kirchen Gebrauche einsegnete; aber die Fürstliche Hochzeit ward auff etliche Wochen ausgesetzet / damit der Fräulein Eltern dabey erscheinen könten. Die Groß Fürstin richtete Gallus Hochzeit auff ihrem neuerbaueten Hofe statlich aus /und wurden der ganze Raht und vornehmste Adel der Stad darauff geladen. Des späten Abends führeten die Groß Fürstin und Fr. Sophia den Fürsten ihre geliebeten Fräulein zu / und setzeten sie ihnen auffs Bette /wiewol sie nicht auff einem / sondern unterschiedlichen Gemächern schlieffen. Arbianes hatte inzwischen alles zum Stechen auffs prächtigste versehen lassen; da wahren grosse Hütten vor die Pferde / und trefliche Zelten vor Ritter und Herren auffgeschlagen; Gar-Köche / Weinschenken und Krämer hatten vor sich selbst herliche Buden auffgerichtet / mit deren etlichen der Fürst ein Verding machete / alle ankommende Ritter / so mitstechẽ / und ihre Schilde auffhengen würden / auch deren Leibdiener nach Standesgebühr zuspeisen; Insonderheit wahren unterschiedliche Schaubühnen auffgerichtet / umb und umb mit Gitterwerk verwahret / daß man an denen / die drauff sassen / nichts sehen kunte / es wäre dann / daß sie die Fenster öfneten / und wahren die Stiegen so artig gelegt / daß man weder von oben her / noch in den Schranken jemand auf oder absteigen sahe. Des morgens / ehe die jungen Eheleute auffstunden / kam die Groß Fürstin und Fr. Sophia zu ihnen aufs Schlaffgemach / und frageten / ob nicht bald zeit währe auffzustehen / brachten auch beydes den jungen Fürstinnen und ihren Gemahlen neugemachte Kleider / einerley Gattung wie sie sich mit ihren Gemahlen geputzet hatten / und wahren an denen weder Demanten noch Perlen gesparet. Die neuen Eheleute hättẽ lieber eine gedoppelte Nacht haben mögẽ / mustẽ aber heraus /und sich anlegen / damit sie dem Ritterspiel zeitig gnug beywohnen möchtẽ / dessen Vortrefligkeit daher leicht abzunehmen war / weil sie die Stad Padua mit fremden Rittern angefüllet sahen. Die so bey dem Stechen sich gebrauchẽ wolten / waren schon des Abends zuvor in dẽ aufgeschlagenẽ Zeltẽ angelanget / woselbst sie diesen Abend uñ ihr Geld zehretẽ; Als der Stathalter mit der Fürstlichẽ Geselschaft kam / sties man gewaltig in die Trometen / uñ begab sich derselbe mit Herrn Zezilius Antenor / Kornelius uñ Emilius / auch anderen Paduanischen Herren auff die ihnen zugeordnete Schaubühne. Herkules / Ladisla und der junge Fabius setzeten sich mit ihren Gemahlen auff die allernäheste dabey. Die dritte nahmen Baldrich /Siegward und Arbianes / mit den beyden jungen Fürstinnen ein. Die vierde und grösseste ward mit hem Paduanischen ädlen Frauenzimmer und Rahts-Herren angefüllet. Bald darauff klopffete ein alter Greiser mit einem Stabe zum drittenmahle auff / und redete ein ander folgende Worte: Nachdem auff bewilligung des Römischen Stathalters hieselbst / Herrn Q. Fabius /ber Durchl. Groß Fürst aus Meden / Herr Arbianes /aus Liebe zur Ritterschaft / dieses ansehnliche Speerbrechen angeordnet / sind die gewöhnliche Satzungen und Gebräuche dabey gefüget / daß vor erst niemand als volko ene ädle Ritter / denen keine Untaht mit Warheit könne nachgesaget werden / sich auff der Bahn finden lassen. Zum andern / niemand aus[358] Feindschaft den andern ausfodern; Zum dritten / niemand /da er herabgestochen würde / auf den überwinder einigen Neid oder Haß werffen / oder ihn ferner umb einen Rit begrüssen / und sonsten alles dz tuhn und lassen sol / was Ritters brauch erfodert und bißhergeübet hat / Darauff ward die Bahn frey gelassen und die Schranken geöffnet / zwischen denen etliche hundert Ritter sich setzetẽ / in mancherley ansehnlicher Rustung. Doch hatten alle Zuseher auff drey / welche in Geselschaft ritten / insonderheit die Augen gerichtet / als welche vor andern gar pråchtig auffgezogen kahmen. Der in der mitte hatte einen schwarzglänzenden Schild / in welchem zu oberst eine helleuchtende güldene Sonne stund / und in der mitte ein Silbernes V; nähest darunter wahr die bleich-roht-scheinende Morgenröhte sehr artig entworffen / und zu unterst diese Worte gesetzet. CLARAm Solis Auroram spero. Das ist: Zur hellen Morgenröhte der Sonnen stehet mein hoffen. Aufs dem Helme führete er ein Tiegertihr / in dessen linken Tatze ein Schildlein hing mit dieser Schrifft: Amor absens gravis Entfernete Liebe ist schwer zuerdulden. Der zur rechten führete einen blauen Schild mit eben solcher Soñen und dem Silbern V. nähest darunter stund der schimmernde Morgenstern / mit dieser Unterschrift: LV CIferum Solis gero. Der Sonnen Morgenstern trage ich bey mir. Auff seinem Helme stund eine nackete Jungfer / welche in der Rechten ein Täflein hielt / mit dieser Auffschrift: Amor præsens suavis. Nahe Liebe ist süsse. Der dritte hatte einen rohten Schild mit eben der vorigẽ Sonnen und dem V. In der mitte den helleuchtenden Abendstern mit dieser bezeichnis: SIderis Hesperum sub Sole fero. Des Himmels Abendstern trage ich unter der Soñen bescheinung. Auff dem Helm aber ein Schäflein / an dessen Brust diese schwarze Buchstaben geetzet wahren; Amor savet gnavis. Die Liebe begünstiget die Unverdrossenen. Hinter ihnen her ritten drey ansehnliche frische Ritter in blanker Rustung mit güldenen Blumen sehr artig bestreuet / jeder führete einen rohten Löuen im Schilde mit dieser umbschrift: Pro Lege & Rege. Alles dem Gesez und Könige zu dienste. Auff dem Helme hatten sie lange weisse Federbüsche / und auf einem daran geheftetẽ Schildlein diese Worte: DEO DVCE. Durch Gottes anführung. Diese sechse nahmen die obriste Stelle ein / und foderten eine zimliche anzahl Speere / daß mann leicht urteilete / sie währen nicht willens / ohn stechen abzuzihen; wie dann die drey ersten alsbald sich auff die Bahn setzen / hatten einen zierlich geputzeten lädelknaben /welcher mit heller Stimme also anfing: Hochlöbliche preißwirdige Ritterschaft; demnach gegenwärtige diese drey Ritter Gebrüder / auff ihrer schleunigen Reise nach Griechenland ohngefehr vernommen / daß ein ausländischer Fürst dieses Ritterspiel angeordnet /haben sie etliche wenig Tage abgebrochen / diesem Stechen ein oder zwo Stunden beyzuwohnen / dienst-und freundlich gesinnend / ihnen diese Bahn ein wenig zu gönnen / biß sie durch tapfere Speere /denen sie wolgewogen bleiben wollen / herunter geworffen werden / jedoch mit dem bedinge / daß sie von niemand über den dritten Rit angefodert werden; des erbieten sie sich hinwiederumb / einem jeden nach Standes gebühr und hocheit ihre Freundschaft und Dienste an. Hiemit nam der Knabe abscheid / und ritte aus den Schranken / da seine Herren sich fertig hielten / mit allen / so es begehren würden / ein Treffen zu tuhn; wie sich dann gar bald drey ansehnliche Ritter funden / die sich ihnen entgegen setzeten. Der erste hatte einen Bähren im Schilde / welchen eine schöne Jungfer an der Hand leitete / mit diesem Merkworte: Feritas mansuescit amore. Das Wild wird durch Liebe Zahm. Sein Helm wahr[359] ganz vergüldet / worauff der Hoffnung ihr Bilde stund / und in deren linken Hand ein Täflein / mit diesen Worten: Spes non confundit; Hoffnung lässet nicht zuschanden werden. Dieser hatte sich gleich gegen den mit den Morgenstern gestellet. Der andere führete ein Lamb im Schilde / welches einen Hund in den Schenkel bisse /mit dieser umbschrifft: Furor fit læsa sæpius patientia. Die zu offt beleidigte Geduld wird endlich grimmig. Auff seinem Helme stund ein halber Monde /und nähestdarunter diese drey Buchstaben S.L.S. welche diesen Inhalt hatten: Sors Lunæ Similis. Das Glük endert sich / wie der Monde. Dieser bekam den mit der Morgenröhte zum Gegener. Des dritten Schild wahr sehr künstlich gemahlet / als brennete er von hellen Flammen / die mit einem Dampffe unterhalten wurden / daß sie nicht kunten über sich schlagen / und stunden diese Worte umbher: Flamma sub fumo, Amor adversus Unglükliche Liebe ist wie Feur unter dem Rauche. Sein Helm kam mit dem Schilde nicht über ein / sintemahl oben drauff ein nacketes Knäblein stund / an dessen Vorderleibe dieses Zeichen wahr; Aperta simplicitas fallere nescia. Offenherzige Einfalt ist ohn Betrug. Dieser hatte sein Speer gegen den mit dem Abendstern gerichtet. Sie seumeten sich beyderseits nicht lange / ritten stränge auff einander an / und traffen zu allen seiten wol / so daß niemand wankete; den andern Rit tahten sie mit heftigerm ungestüm / in welchem der mit dem Bähren sich des falles mit mühe enthielt / auch der mit dem Lamb schier die Erde hätte küssen müssen / da doch ihre Gegenstecher nicht umb das geringste sich bewågeten / die beyden mittelsten aber auch noch dißmahl in gleicher wage blieben. Niemand zweiffelte / es würde im dritten Sazschärffer daher gehen / wie sichs dañ bald fand / massen die drey ausgeforderte / wie ungerne sie auch wolten / die Erde suchen musten / und hatte der mit dem Bähren diesen Vortel vor seinen Gesellen / daß ihm sein Pferd im falle Geselschaft leistete / worüber er doch einen Arm verrenkete. Die Obsieger nahmen alsbald die Bahn wieder ein / und warteten / ob sich mehr an sie machen würden / die sich bald funden; aber im ersten Treffen den unwilligen Absprung nahmen; ihnen folgeten drey andere /deren zween gleicherstalt durch ihrer Bestreiter erstes Speer gefellet wurden; aber des mit dem Morgenstern sein wiederstand wagete den andern Saz / in welchen er stürzend den Rücken zubrach / davon er in wenig Stunden verschieden / welches dem Sieger sehr leid wahr. Jedoch kahmen noch drey unterschiedliche drey-par / welche alle miteinander im ersten Treffen den Sattel räumeten. Herkules und Ladisla rühmeten der Uberwinder Wolverhalten / nicht zweiffelnd / da sie also fortfahren würdẽ / dürften sie den Preiß davon tragen / preiseten auch den Vater selig / dem Gott so ritterliche Söhne bescheret hätte. Es stund nicht lange an / da taht sich ein gewaltiger Ritter hervor / voller Hoffnung / den höchsten Gewin davon zutragen / welchen er in 16 Ritterspielen behäuptet hatte. Sein Harnisch wahr blau angelauffen mit güldenen Striemen; die Pferdedecke schneweis mit köstlichen rohten Korallen besticket / und unten herumb mit drey reihen Rubinen. Auff dem Helm steckete eine köstliche Siegesfahne / mit diesen worten: Virtus non latet. Tugend hält sich nicht in Winkeln. Im Schilde schwebete ein Adler / dabey diese Lobschrift: Meruit Laurum. Er hat den Lorberkranz erworben Im Halse hatte er eine grosse güldene Kette / an welcher zu unterst Käysers Alexander Severus Bilde hing. Dieser ritte hin zu den dreyen Obsiegern / und foderte den[360] mit dem Morgenstern mit diesen Worten aus: Mannhafter Ritter / eure Faust hat bißher anzeige getahn / daß es euch eben so wenig an Kraft als erfahrenheit mangelt / welchẽ Preiß ich euren Gesellen zugleich nachrühmen muß /daß ich nicht zweiffele / euer jeder sey geschikt genug dieses zuerwerben / was viel hoffen und wenig erlangen mögen. Vordißmahl aber ist mein gesinnen an euer Speer / das es auff meiner Brust / oder wo es am besten treffen kan / einen Versuch tuhn wolle / wo sonst das meine euch nicht zugeringe deucht; wil mich bemühen / es auff begebenheit zuverschulden /so weit mein Vermögen reichet. Es ist ein unverdientes Lob / mein Herr / antwortete dieser / welches mir seine gewogene Zunge zuleget / und mich ihm sehr verbunden machet / daß zu seinem Willen ich mich schuldig erkennen muß / werde auch unbetrübet meinen Sattel leeren / wann sein Speer solches wirken solte / und hätte Ursach / mich zu rühmen / wann der Unfal mich übersehen wolte / daher ich mich auff allen Fall fertig halte. Mein Herr / antwortete dieser: Es müste ein verwägener Ritter seyn / der ihm selbst vor treffens den Sieg zuschreiben dürfte; lasset uns aber den Speeren anbefehlen / daß sie uns den Ausgang wissend machen; kehrete sich hiemit um / und stellete sich dermassen unerschrocken / daß alle Anwesende die Gedanken fasseten / es würde dieses das gedenkwirdigste Treffen seyn. Sie liessen beyderseits ihr Herz und geschikligkeit sehen / traffen auch dergestalt / daß die Zuseher / solche Püffe zuerdulden können / vor unmöglich hielten; massen sie dann nicht allein die Speere in kurze Stücke zu splitterten / sondern auch mit den Leibern einander dergestalt begegneten / daß die Waffen knarreten / und sie beyde hinter sich bogen; welches Herkules ersehend / zu Ladisla sagete; er håtte dergleichen Treffen wenig gesehen. Sie empfunden beyderseits / daß sie es nicht mit Kindern zu tuhn hatten / hielten sich demnach feste auff den Pferden / und schicketen sich zum andern Satze /welcher mit neuen starken Speeren volführet ward /mid ihrer keiner nicht den allergeringsten Wank taht /ob gleich die Splitter in die Luft fuhren. Im dritten gange aber legete der mit dem Morgenstern alle Macht und geschikligkeit an / empfing auch seinen Mann so tapfer / daß er denselben samt dem Pferde übernhauffen warff / wiewol ihm und seinem Rosse der Fall auch nicht weit wahr / dessen er sich bloß durch seine geschikligkeit entbrach / und sich der Niderlage seines Gegeners höchlich freuete / der sich kümmerlich wieder erhub / uñ zu seinem Obsieger sagete: Teurer Ritter / ich göñe euch den Preiß / den ihr an mir behäuptet / wann ich nur euren Nahmen wissen möchte. Mein Herr / antwortete jener / wir werden einer dem andern wenig angewonnen haben / ohn daß mein Pferd sich ein wenig fester gehalten hat, daß ich aber meinen Nahmen verberge / zwinget mich mein Gelübde / welches der morgende Tag enden / und meinem Herrn mich zuerkennen geben wird. Hiemit muste der Abgestochene sich begnügen lassen / foderte von seinen Leuten ein Pferd / und ritte aus den Schranken hinweg / gleich da ein ander sich auff die Bahn stellete / und des mit dem Abendstern begehrete / ward aber im andern Treffen auff die Erde gelegt. Der mit der Mogenröhte fand auch seinen Bestreiter /der ihm zween harte Stösse aushielt / und im dritten abspringen muste / dessen sich nicht allein der Obsieger / sondern auch seine beyde Gesellen erfreueten /dann im andern gange hätte er schier den kürzern gezogen. Nach erhaltung dieses Sieges neigeten sich diese drey Gesellen gegen die anwesende Ritterschaft / und macheten sich aus den Schranken ins Gehölze hinein / deren Plaz die drey / so mit ihnen den Einzug[361] gehalten / einnahmen / funden auch bald / die ihrer begehreten / so daß ein jeder fünff Ritter niderlegete /und ihrer keiner gefellet ward; weil sie aber nicht gesinnet wahren / an dem Gewin teil zu haben / machten sie sich gleich den ersten hinweg. Hierauff ging das Stechen unter den andern erst recht an / und verdienete mannicher ein gutes Lob / deren wolverhalten von den Richtern fleissig angezeichnet ward. Als nun der Stathalter das Stechen vor dißmahl aufruffen wolte /bließ man mit allen Trometen / und traten die Richter / H. Kornelius / Emilius / und Antenor zusammen /schlossen auch einhellig / die beyden mit dem Morgen- und Abendstern hätten den ersten; der mit der güldenen Kette / und der mit der Morgenröhte den andern; die drey ebengleiche aber den dritten Dank erworben. Die jungen Fürstinnen beyde / solten den ersten Preiß / zwo schwere güldene Ketten mit angehängeten köstlichen Kleinoten / jede zu 5000 Kronen geschåtzet / den beyden obgedachten austeilen / welche aber / wie oft man sie gleich durch den Ausschreier foderte / doch nicht erschienen. Die Groß Fürstin und Fr. Sophia hatten den andern Gewin / zwey par Armbånder / jedes par zu 3500 Kronen; aber auch diese Gewinner wahren nirgend anzutreffen / daher ausgeruffen ward / dafern inwendig sechs Stunden sie sich nicht stellen würden / solte Morgen umb diese vier Gewin auffs neue gestochen werden. Die drey ebengleiche aber wurden durch ungeschichte vor Leches /Neda und Prinsla erkennet / daher sie / ungeachtet alles wegerns von der Stathalterin / Fr. Ursulen / und Frl. Helenen den dritten Preiß / als jeder einen schönen Demant Ring / 2000 Kronen an wert / zu sich nehmen musten. Bald darauff trat Arbianes hervor /und baht / dafern der trefliche Ritter mit der Kette zu gegen währe / er sich günstig anmelden möchte / war umb der Groß Fürst aus Teutschland H. Baldrich / der mit ihm gestochen / und seine Mannheit übrig empfunden hätte / freund- und dienstlich bitten liesse. Dann die beyden nebest Siegward hatten sich in aller stille von ihrer Schaubühne gemacht / und ihre Waffen angelegt / da Baldrich seine Lukrezien dem Morgenstern; Siegward seine Sibyllen dem Abendstern; und Arbianes Frl. Klara aus Teutschland der Morgenröhte verglichen / welche alle drey der Sonnen aller Schönheit Groß Fürstin Valisken sie untergeben hatten. Es wolte aber auff Arbianes anfodern der Ritter sich nit angeben / daher man weitere nachforschung unterließ / und baht Arbianes alle Ritter / die sich in den Schranken hatten finden lassen / sie möchten an Speise und Trank / die ihnen solten vorgetragen werden / neben ihren Leibdienern günst- und freundlich vor lieb nehmen / wie dann alles auffs reichlichste angeordnet wahr / und Herr Fabius etliche Auffseher bestellet hatte / acht zu geben / daß alles richtig herginge. Des folgenden Tages ward das Stechen wieder zeitig angefangen / wo bey unter andern sich ein Ritter fand / der in kurzer Zeit 15 den Sattel räumen machete / und er nur einmahl auff die Weichseite gebracht ward. Herkules und die andern sahen aus seinem verhalten / dz er der gestrige mit der Kette wahr / wiewol er sich gar anders ausgeputzet hatte / dann seine Waffen wahren blank / mit schwarzer geblümeter Etzung. Im Schilde stund ein Schlaffender gemahlet / dem das Bilde der Tugend mit dem Fusse in die Seite sties /und diese Worte dabey: Evigila post somnum. Hastu ausgeschlaffen / so ermuntere dich wieder. Auff dem Helme führete er einen Falken / der übersich nach der Sonnen sahe / und in der rechten Klaue ein Schildlein mit diesen Worten hielt; Radiis impar. Den Sonnen-Strahlen bin ich nicht bestand. Er tummelte sich dergestalt[362] auff dem Platze / daß wenig mehr Lust hatten /sich an ihm zu reiben; und als ihrer zween seiner ohngefehr auff einmahl begehreten / foderte er beyde zugleich / ward auch von ihnen wol getroffen / welches er nicht allein ohn wank aushielt / sondern den einen vom Pferde warff / daß er ohmächtig liegen blieb. Endlich da er sich zimlich abgearbeitet hatte / ritte er an die Seite / und verließ die Bahn / auff welche sich ein treflicher Ritter setzete / der kaum vor einer halben Stunde in Geselschafft sechs anderer in den Schranken ankommen war; In seinem Schilde ließ sich ein heller Strahl sehen / welchen ein Kranker auffzufahen sich vergeblich bemühete / mit dieser Umschrifft: Aut fove, aut occide, Erquicke oder tödte mich. Auff dem Helme hatte er eine gekrönete Schlange / die ihre Zunge in Gestalt eines Pfeils heraus steckete; sein Pferd wahr herlich ausgeputzet / und sehr wol abgerichtet / wobey der Ritter selbst sich gar höflich erzeigete / und der Zuseher gute Gunst erwarb /hielt sich auch im Treffen nicht minder hurtig als kräfftig / so daß Klodius / der bißher grosse Ehre eingelegt hatte / von ihm im dritten Ritte abgestochen ward; welchen Markus zurächen meynete / aber im andern Satze ihm Geselschafft leisten muste. Baldrich wähnete alsbald / es würde eben der seyn / mit welchem er voriges Tages zu allererst gestochen hatte /ward auch in seiner Meynung nicht betrogen. Nach diesem kahmen zween in einerley Rüstung auffgezogen / und tahten ihren Ehren gutes genügen / daß ich der anderen / die jeztgedachten nit gleicheten / geschweige / weil alles zuerzählen viel zuverdrießlich seyn würde / massen das heutige Spiel sich viel länger als das gestrige auff den Tag verzog / ungeachtet es wol anderthalb Stunden zeitiger angangen wahr / biß endlich die Richter ihm Anstand gaben / und obgedachte beyde junge Fürstiñen den mit der Tugend / uñ den mit der gekröneten Schlangen herzufodern liessen / welche gehorsamlich erschienen / und von Fr. Sibyllen alsbald erkennet wurden; dann der erste wahr Herr Q. Skaurus / der ander Herr Kajus Pupienus / des damahligen Bürgemeisters zu Rom leiblicher Bruder /und beyde der jungen Fürstinnen nahe Anverwanten /daher sie sich unter einander grosse Höfligkeit erwiesen / und Sibylla zu Lukrezien sagete: Sehet da / geliebte Schwester / unsere Herren Oheime haben mit eurem Gemahl gestriges Tages unwissend gestochen /und ihre Manheit gnug dargelegt / dero behuef wir dann gevolmächtiget sind / sagte sie zu den Rittern /Euer Liebden das Zeugniß euer Tugend mitzuteilen; nehmet demnach diese Ketten im Nahmen des Durchl. Fürsten Arbianes von unsern Händen / und tuht unsern Fürstlichen Gemahlen / insonderheit dem unvergleichlichen Groß Fürsten Herkules und seinem Königlichen Gemahl / der Krone des ganzen weiblichen Geschlechts / dann auch ihrem Herr Bruder / dem Großmächtigen Könige Ladisla die Ehre eurer Geselschafft / welches sie mit aller möglichen Freundschafft erkennen werden. Diese beyde Ritter danketen sehr wegen beschehener Ehre / hielten sich unwert /so hohen Preiß anzunehmen / nachdem sie des vorigen Tages von dem ritterlichen Helden Groß Fürst Baldrich herunter geworffen währen; jedoch ihnen /als vortreflichen Fürstinnen zugehor samen / müsten sie billich ihres Willens leben; wünscheten ihnen nachgehends zu ihrer Heyraht Glük / und bahten /ihrer bey der Hoch Fürstl. Geselschafft im besten zugedenken. Groß Fürstin Valiska und Frau Sophia stelleten den beyden gleichgewaffneten Rittern den andern Dank zu / und wahren eben die / so des vorigen Tages zu allererst mit Siegward und Arbianes gestochen hatten. Den dritten Preiß /[363] welcher ein grosser weisser Federbusch mit einem angeheffteten Kleinot war / bekamen Klodius und Markus von Fr. Ursulen und Frl. Helenen / dessen sie sich höchlich bedanketen. Als nun Sibylla der sämtlichen Geselschafft zuwissen taht / wie Herr Skaurus und Pupienus ihre nahe Anverwanten währen / wurden dieselben alsbald von Leches und Neda in das Fürstliche Gezelt eingehohlet / dahin sie nach abgelegten Waffen mit ihnen gingen / und anfangs von der Groß Fürstin sehr höflich empfangen wurden / deren Volkommenheit sie vor übermenschlich schätzeten / tahten ihr demnach überaus grosse Ehr / und nach geleistetem Handkusse sagte Skaurus: Durchleuchtigste Groß Fürstin; das Lob ihrer hohen Volkommenheit / nachdem es die weiten Morgenländer erfüllet / und ganz Asten durchstrichen / kan in diesen Orten sich so wenig als die Sonne selbst verbergen; mein Geselle und ich schätzen uns sehr glükselig / wegen der Ehre / die wir haben / ihre Hände zuküssen / dienstlich bittend / Ihre Durchl. wolle durch ihr gebieten uns wirdigen / in die Zahl ihrer Diener auffzunehmen. Ihr meine hochwerte Herren / antwortete sie; das Lob meiner Wenigkeit muß sehr dunkel seyn / nachdem der Nebel der Unvolkommenheit meine Kräfte allerdinge überzogen hat / da hingegen Eurer Liebe tapffere Tahten sich überal hören lassen / deren meine Fr. Schwester / Fürstin Sibylla mir schon etliche gnug denkwirdige erzählet hat; werde demnach auff gebührliche Dankbarkeit bedacht seyn müssen / daß Ihre Liebden mir ihre Kundschafft gönnen. Der Stathalter kam mit den gesamten Fürsten darzu / da es überal viel Höfligkeiten abgabe / gestaltsam den unsern nicht unbewust wahr /in wz grossem Ansehen diese beyde am Käyserl. Hofe wahren / daher auch Skaurus bey der Mahlzeit zwischen die Groß Fürstin und Fr. Sophien; Pupienus zwischen Frr. Lukrezien und Sibyllen den Siz wider ihren Willen nehmen musten / da allerhand lustige Gespräche vorgingen und diese Römer insonderheit gute Kundschafft mit ihrem Obsieger macheten / der seiner überwindung ursach bloß nur dem Glük zulegete / und durch seine Höfligkeit sich ihnen sehr beliebt machete. Sonst redete Pupienus die Mahlzeit über gar wenig / saß als in tieffen Gedanken / und betrachtete nach emsiger beschauung der Groß Fürstin /ihre vortrefliche Schönheit; dann fing er zwar etwas an / mit Fürstin Lukrezien zusprachen / hatte aber so gar keinen Schmak / daß sie leicht merkete / seine Gedanken währen nicht bey dem Gespräch; und weil sie seiner Blicke nach der Groß Fürstin acht hatte / geriet sie in argwöhnische Gedanken / einer unzimlichen Begierde / welches / weil Herkules es ohngefehr sahe / selbst besorgete; wahr aber ein blosser Irtuhm; dann er befand sich gegen ein treffliches Römisches Fräulein hefftig verliebet / und bildete ihm ein / die Groß Fürstin währe derselben fast ähnlich / deshalben er sich ihres anschauens nicht enthalten kunte. Sibylla wuste etwas von seiner Liebe / hatte auch dieser Fräulein sehr geheime Kundschafft / daher fragete sie ihn /wie es ihrer Wase und Schwester Frl. Virginien erginge; worüber er dermassen bestürzete / daß ihm das Feur unter die Augen schoß / und eine geraume Zeit es unbeantwortet ließ / endlich zu ihr sagete: Er wüste nicht anders / als daß sie annoch in des Käysers Mutter ihrem Frauenzimmer sich fast wider ihrer Eltern Willen auffhielte / weil dieselbe so hohe Gunst ihr zugelegt / daß sie ohn ihre Geselschafft nicht gerne seyn wolte; ginge ihr sonst annoch wol / verharrete aber steiff in ihrer Unbarmherzigkeit gegen ihn / so daß er nit zweifelte / sie würde in kurzem seines Untergangs ursach seyn. Fürstin Sibylla tröstete ihn[364] bester massen / mit dem versprechen / erster Gelegenheit an sie zuschreiben / und ihr solches zum höchsten auffzurücken / auch zugleich sie eines bessern zuunterrichten /der guten Zuversicht / dafern sie annoch frey und unversagt / ihm ihre Gunst zur förderlichsten Heiraht zu erwerben; auff welche Zusage er sich zimlich erhohlete / und der angenommenen Schwermühtigkeit Urlaub gab. Herkules ließ sich auch mit ihm ein / und fragete nach Keyserl. Hocheit Wolergehen; empfing darauff Bericht / es währe dieselbe annoch wol auff / würde auch erster Gelegenheit hieselbst zu Padua anlangen /und die Teutschen und Pannonischen Grenzen besichtigen; welches er nicht ungerne hörete / und fing an /dieses Käysers löbliche Beherschung zupreisen / auch daß er zeit seiner Dienstbarkeit zu Rom mit Verwunderung gesehen / wie ernsthafft und freundlich Käyserl. Hocheit / ungeachtet ihrer Jugend / (massen er mit Herkules gleiches Alters wahr) sich verhalten /und allezeit ansehnliche alte Männer umb sich gehabt / daß seine Herschafft nicht anders als glüklich ausschlagen könte / und wolte er vor sein Häupt sich glükselig schätzen / die Ehre zuhaben / daß er seiner Hocheit auffwarten möchte; wüste sich auch wol zuerinnern / daß er schuldig währe / vor seinem Abzuge dieselbe zubesuchen / dafern Ihre Hocheit nicht alhier zu Padua erscheinen solte. Nach auffgehobenen Speisen ward ein zierlicher Tanz gehalten / und nahete Skaurus sich sehr zu Frl. Helenen / welches Fr. Sophia nach Mögligkeit befoderte / wiewol er sich diesen Abend nicht sonderliches vernehmen ließ. Des folgenden Tages ging das Stechen wieder an / und ward manniches Speer gebrochen. Den ersten Preiß bekam ein vornehmer Sizilischer Herr; den andern ein Paduanischer Ritter; den dritten der junge Ritter Neklam / welche Fr. Euphrosyne / Agatha und Therba austeileten / und wahr Libussen und Brelen leid genug / daß sie des Wochen Bettes hüten musten. Weil dann die sämptliche Geselschafft nicht Lust hatte / länger unter den Zelten zuschlaffen / macheten sie sich nach dem neuerbaueten Hofe / und ließ Arbianes auch noch diesen Abend den anwesenden Rittern nach allem überflusse aufftragen / wobey ihrer etliche sich frischer als bey dem Rennen bezeigeten. Frl. Helena hatte auf Fr. Sophien anhalten sich diesen Tag statlich ausgeputzet / und wahr sie gleichwol ein sehr wolgestaltes Bildichen / die sich adelich gnug zuhalten wuste / hatte auch Skaurus gute Gewogenheit wol gemerket / dem sie durch ihre anmuhtige Freundligkeit je mehr und mehr ursach zur Liebe gab / welche dann dermassen bey ihm wuchs / daß er sich nicht enthalten kunte / ihr diesen Abend etwas näher zutretẽ / und sie umb Liebe zubegrüssen / welches sie aber anfangs mit einem höflichen Scherz beantwortete; es begäbe sich wunderselten / daß die Römische Herren zu Padua Liebe sucheten / und könte sie nicht gläuben / daß er nicht schon zu Rom / oder daselbst in der nähe haben solte / was sein Herz befriedigte / gestaltsam deren ends ein überfluß an schönen Fräulein sich befünde / deren gleichen man zu Padua nicht eins hoffen dürffte. Er hingegen beteurete / daß er bißher an heirahten nicht gedacht hätte / versicherte sie seines dienstergebenen Herzen / und baht umb behägliche Antwort; dessen sie nicht geringe Scham empfing /und es widersetzete; Sie bedankete sich sehr des guten Willen / wüste denselben nicht anders als mit ehrliebendem stilleschweigen zudeantworten / weil sie nicht ihres eigenen willens / sondern unter ihrer Eltern Gewalt lebete / denen sie nach eingepflanzetem und Römischẽ Recht hierin nicht vorgreiffen könte; und würden dieselben schon rahten und schaffen / was ihnen[365] beliebete / und ihr müste gefällig seyn / an welche sie ihn auch freundlich wolte verwiesen haben. Fr. Sophia kam zu ihrem Gespräch / und fragete / ob sie nicht könte mit in den heimlichen Raht auffgenommen werden; bekam auch alsbald von ihm zur Antwort: Seine Seele hätte dieses allerliebste Fräulein erwählet / defern er ihrer Liebe wirdig könte geschätzet werden / würde aber auff sein inbrünstiges Ansuchen schlecht auf ihre Eltern hingewiesen / und müste die Gefahr stehen / daß ob er gleich daselbst gute Erklärung bekähme / er bey ihr nichts behägliches erhalten dürfte /bähte demnach Fr. Sophien / ihm hierin behülflich zuseyn / welches zuerkennen / er zeit seines Lebens sich bemühen wolte. Herr Oheim / antwortete sie; meine Frl. Schwester kan nach Römischen Sitten ja nit anders / als ihre Eltern hierin schaffen lassen; und weil derselbe mich vor eine Anwerberin erwählet / wolle er inzwischen / weil ich solches verrichte / mit dem Fräulein ihm die Zeit nicht lange wehren lassen; Ich weiß schon sehr wol / daß kein Römischer Herr / wer der auch seyn mag / meinem Oheim sein Fräulein versagen wird. Ging damit hin / und ließ Herrn Emilius mit Fr. Julien seinem Gemahl eilig zu sich fodern /trug ihnẽ Skaurus ehrliebende Werbung vor / und bekam von ihnen ungemässene Volmacht / mit ihm zuschliessen / weil sie sich dieses Glüks nicht wenig freuetẽ. Zeit wehrender dieser Unterredung hatte Skaurus das Fräulein so hart genöhtiget / daß sie ihm biß an der Eltern Bewilligung ihre Liebe und Träue verhieß; dann sie zweifelte nicht / sie würden hierin gerne gehehlen / nahm auch den angebohtenen Ring vor Fr. Sophien Wiederkunfft von ihm an / und ließ gerne geschehen / daß er von ihrem Finger wiederum einen zohe / nur daß sie gebührlich bedingete / sie wolte Unhöfligkeit zumeiden / sich ihm nicht widerspenstigen. Fr. Sophia eilete bald wieder zu ihnẽ hin /und redete Skaurus also an: Mein Herr Oheim / begehret ihr meine Frl. Wase und Schwester nach Römischer Träue zum Ehegemahl / so saget mir solches /bitte ich im rechten Ernst / auff daß ich alsdann nach eurem Willen ferner handeln könne. Auf sein innigliches Ja und bitten / fuhr sie nun gegen das Fräulein also fort: Herzgeliebete Frl. Schwester / seyd ihr dann gesonnen / diesen vornehmen Römischen Herrn vor euren liebsten Gemahl anzunehmen / so last michs wissen / daß ich nach habender Volmacht weiter schreiten möge. Diese aber wolte anfangs ein mehrers nicht antworten / ohn daß es bey ihren lieben Eltern stünde / sie zuversprechen / und nicht bey ihr selbst; und weil sie mit denselben noch kein Wort davon geredet hätte / würde ihr weitere Erklärung übel anstehen. Wollet ihr aber dann euren Eltern nicht gehorsamen / sagte Fr. Sophia / wann sie euch diesem Herrn zusagen würden? Meine Fr. Schwester fraget gar zu scharff in dieses Herrn Gegenwart / antwortete sie mit einer Schamröhte / worauff ich weder ja noch nein sagen darff. Wollet ihr dann / fuhr sie fort / wider eurer Eltern Willen wol nein sagen? dessen versehe ich mich trauen nicht zu euch. So wird auch der Himmel mich vor solchem Ungehorsam wol bewahren /antwortete sie / dann ich habe ohn unzeitigen Ruhm zumelden / noch allemahl mich nach ihrem Willen gerichtet / wie die Erbarkeit mir solches befihlet. Nun wolan / sagte sie hierauff / so verspreche ich euch /Herr Skaurus / dieses Fräulein zu eurem Gemahl / nebest 10 Tonnen Goldes Brautschaz / nach der mir von ihren Eltern erteileten Volmacht / und gefället es euch / könnet ihr die Zeit eures Beilagers mit einander abreden. Skaurus bedankete sich der genehmen Antwort / umfing das Fräulein mit höflichem Kusse / und versprach[366] sich ihr zu aller Liebe und Träue; welches nicht allein von ihr gebührlich angenommen ward /sondern sie gönnete ihm auch auff sein anhalten / daß er sie nach ihres Vaters Hofe geleiten möchte; ließ ihren Eltern solches andeuten / und ward er von denselben nit allein wol empfangen / sondern auffs neue mit seiner Liebsten versprochen / erhielt auch / daß bald des nähstfolgenden Tages das Beilager eingewilliget ward.

Diesen Abend kam die Groß Fürstin bey Sibyllen zu sitzen / von welcher sie überaus herzlich geliebet ward / und sie hinwiederumb nicht geringe neigung zu ihr trug / welches zubezeugen / sie mit den Armen sich umbschränket hielten / und fing Sibylla also an: Durchl. Fr. Schwester / ich bin ganz unwirdig der Ehren / die von ihrer Liebe mir angetahn wird; doch wie dem allen / so beteure ich bey meinem teil des Himmels / daß meine inbrünstige Liebe und neigung mich dergestalt gegen sie entzündet hat / daß mich unmöglich däucht / deren trennung erdulden können. Ach daß ich doch nicht über Meer mit meinem liebsten Fürsten fahren dürfte / damit ihrer Liebe gegenwart ich stets geniessen möchte. Aber Durchl. Fr. Schwester / ich habe schon erfahren / daß man derselben hat vorbringen dürffen / als währen zwischen dem Durchl. Groß Fürsten Herkules und meiner wenigkeit einige Heyrahtsgedanken vorgangen / welches zwar in des Pöfels / und vielleicht auch wol anderer Leute Wahn / aber in mein Herz niemahls kommen ist / gestaltsam ich mich dessen allemahl unfähig erkennet habe / ungeachtet von ihrer beyder Liebe mir durchaus nichts bewust gewesen / biß des allerliebsten Fürsten Ohmacht und Klagereden / wegen damahligen verlustes eurer Liebe / mich davon in etwas berichteten / wiewol auch dazumahl noch / König Ladisla davon nicht das geringste weder gestehen noch wissen wolte; wie ich auch davor halte / ihm solche Liebe verborgen gewesen sey; möchten demnach meine Fr. Schwester Sophia und ich / herzlich gerne wissen /wie doch ihre Durchl. eine so volkommene Liebe in solcher Jugend dermassen bedachtsam führen und heimlich halten können / daß weder ihre Eltern noch ihr Bruder deren inne worden; solten wir überdas auch können gewirdiget seyn / den Anfang und die beharligkeit ihrer beyder Liebe zuerfahren / würde es uns die aller angenehmste Geschichte seyn / die uns könte vorgetragen werden; jedoch wann wir hierin zuviel wünschen / hoffe ich bey meiner Fr. Schwester dessen noch wol vergebung zuerlangẽ. Die Groß Fürstin låchelte hierauff / küssete sie inniglich / und antwortete ihr also: Mein auserwähltes Schwesterchen /sie erinnert mich einer Sache / daran ich lieber gedenke / als viel Worte davon mache / wiewol in ansehung unser vertrauligkeit ich euer Liebe solches nicht verschweigen kan / und mag sie demnach sich wol versichern / daß sie / meine einige Libussen / als meines Herzen erkennerin ausgenommen / die erste ist / die es aus meinem Munde erfähret. Ich bedinge mich aber hiebey anfangs / daß eure Liebe mir es nicht zum Hochmuht auslege / wann in erzählung etlicher von meinem allerliebsten Schatze geführeten reden / ich mir unverdienete stolze Ehrennahmen gebe / deren ich mich zwar allerdinge unwirdig weiß / und doch die wahre begebenheit erfodert / daß ichs hinan hänge. Sibylla wolte hier mit vielen behäupten / es währe ihre unvergleichliche volkommenheit also beschaffen / daß sie nicht wirdig gnug möchte benahmet werden; aber die Groß Fürstin verhinderte ihre reden / mit einem Kusse / und fuhr also fort: Es sind nunmehr vier Jahr und zween[367] Tage (so eigen weiß ichs) daß mein teurer Herkules mit meinem H. Bruder aus Schweden zu Prag ankam / da er gleich das neunzehnde Jahr auff wenig Wochen vollendet / und ich dz vierzehnde erst vor sieben Wochen angefangen hatte. Sie schicketen aber einen Reuter voraus / und liessen meinen Eltern ihre Ankunft anmelden / denensolches von herzen lieb und angenehm wahr. Ich bekümmerte mich zu der Zeit mehr umbs reiten / schiessen und umb die Bücher / als umb der Fräulein Zier und Schmuk / welches meinem Herr Vater nicht so gar zu wieder / aber meiner Fr. Mutter fast unerträglich war /welche zu diesemmahle mich erinnerte / ich solte mich gebührlich putzen lassen / damit mein Bruder Ladisla (welchen ich in neun Jahren nicht gesehen hatte) und mein Oheim Herkules (der mir allerdinge unbekant wahr) gleichwol einigen gefallen an mir haben / und zugleich erkennen möchten / daß ich dannoch nicht unter den groben Baurdirnen auffgewachsen währe. Die Schönheit und Tugend meines Herkules wahr von meiner Fr. Mutter Leibdienerin (die etlichemahl mit ihr nach Teutschland gewesen /) mir oft erzählet / wobey sie / mich zuerlustigen / gemeiniglich den Wunsch ergehen lies; O daß mein Fräulein diesem Fürsten vermählet werden solte / weil ohndas euer Gn. er so åhnlich ist / und seines gleichen in aller Welt nicht lebet. Ja ich gestehe gerne / mein Schwesterchen / daß mein zartes Herz / welches von der Liebe noch durchaus nichts wuste / dermassen in reinen keuschen Flammen gegen diesen mir unbekanten Fürsten entzundet ward / daß ich nichts so heftig suchete / als ihn nur einmahl zusehen; daher ich mich überaus hoch erfreuete / als ich dessen ankunft innen ward / meinete auch / da mir einige Schönheit beywohnete / müste ich solche vor dißmahl nicht durch unachtsamkeit verbergen / damit deßwegen von den ankommenden ich nicht beschämet würde. Ich legte ein dünnes sittichgrünes Kleid an / mit Golde durch und durch gewirket / und ließ meinen Busem / mit einem zarten Flohr bedecken / dann ich wahr viel Mañbahrer anzusehen / als mein Alter mit sich brachte. Meine Haar / von ihnen selbst zu allergnüge gekräuselt / ließ ich an beyden seiten zopfsweise über die Schuldern hangen / die übrigen wurden mir als ein erhabenes Krönichen aufs Häupt gelegt / auff welche ein Perlen Kranz gesetzet ward; und ob gleich meine Libussa / die ich etwa zwey Jahr in meinem Zimmer gehabt hatte / mir einbilden wolte / sie hätte mich noch nie keinmahl so schön gesehen / gefiel ich mir doch gar nicht / daß ich auch mit ihr schalt / warumb sie mich eben zur unzeit so unachtsam anlegete. Ich wahr willens / mich gar von neuen auffbinden zulassen; sie aber rieff unterschiedliche des Frauenzimmers herzu / umb mir solche einbildung zubenehmen / welche einhellig bejaheten / es könte nicht zierlicher gemacht werden / daß ichs also muste sitzen lassen /wiewol je länger je mehr ich mir selber mißfiel. Kaum wahr ich völlig angetahn / da hörete ich sechs Trometen / und zwo Heerpauken auffmachen / deren Art und Weise mir unbekant wahr / und ich daher muhtmassete / meine liebsten Freunde würden schon verhanden seyn / wie dann in demselben Augenblicke meine Fr. Mutter zu mir in mein Gemach trat / und mich auffmahnete / mit ihr in den grossen Saal zugehen / und meine beyden Herrn Brüder (so sagte sie) zuempfahen. Ich ging in guter künhnheit mit ihr hin / dann es hatte bißher keine furcht mein Herz eingenommen /und wahr sonderlich erfreuet / weil meine Fr. Mutter /die mich zwar ohn unterlaß herzlich liebete / doch zu diesemmahle mir insonderheit ihre inbrünstige Neigung sehen ließ / in dem sie mich an ihre Brust drückete / und nach etlichen[368] erteileten küssen zu mir sagete: O mein herzliebes Kind / was grosse vergnügung habe ich an dir / wann ich nur den Tag erleben solte /daß du mit einem wirdigen Gemahl soltest versehen seyn. Es dauchte mich diese Rede gar selzam / dergleichen ich nie von ihr gehöret hatte. Sie ist / sagte alhie Fürstin Sibylla / ohn zweiffel mit eurer Liebe und Groß Fürst Herkules Heyraht schon schwanger gangen. Ich kan nicht wissen / antwortete die Groß-Fürstin / mit einem süssen Lachen / aber wir wahren wenige Zeit im Saal gewesen / da traten mein Bruder und Herkules zugleich zur Tühr hinein / weil einer vor dem andern den Vorzug nicht nehmen wolte. Aber O mein herzen Schwesterchen / wann ich daran gedenke / wie mir dazumahl zumuhte wahr / dann gehet mir eine kitzelnde Schauderung über den ganzen Leib / als würde ich mit kleinen håuffigen kühlen Tröpflein besprützet. Ich sahe den allerfreundlichsten Jüngling in seiner unvergleichlichen Blüte daher treten; Er hatte ein graßgrün Seiden / mit Gold durchwebetes Kleid an / und einen langen schneweissen Federbusch (dessen Art ich von der Zeit her hoch gehalten) auf seinem schwarzen Huhte / welchen er unter dem linken Arme trug. Die Augen stunden ihm wie einem Falken / klar und helle / das Goldgelbe Haar hing ihm kraus umb die Achseln / und stund ihm alles so höff-zücht-Fürstlich an / daß mein Herr Vater selbst sich über ihn verwunderte / und ihm die Freudenträhnen in die Augen stiegen. Er stund mitten im Saal (mich däucht / es schwebe mir noch vor Augen / als währe es gestern geschehen) und ließ seine Söhne gegen sich daher treten / welche sich zugleich vor ihm in die Knie setzeten / und jeder eine Hand fassete / welche sie inniglich küsseten / stunden auch ehe nicht auff /biß mein Herr Vater zu ihnen sagete: Seyd mir wilkommen / geliebte Söhne / und erhebet euch / daß eure Fr. Mutter euch empfahen möge / die ohndas mehr als ich / teil an euch zuhaben vermeynet. Bald im Augenblik stunden sie auffrecht / gingen meiner Fr. Mutter entgegen / setzeten sich gleichmässig vor ihr in die Knie / und küsseten ihr die Hände; welche aber vor freuden schier in Ohmacht nidergesunken währe. Sie huhb beyde zugleich auff / fiel ihnen zum offtern umb den Hals mit inniglichen Küssen / und fing endlich an: Ach ihr meine herzallerliebste Kinderchen / ich erfreue mich von Herzen / daß ich euch frisch uñ gesund bey mir habe / werde euch auch so bald nicht von mir lassen / sondern meinem Herr Bruder die Rechnung zumachen wissen / wie lange ich euch ihm habe müssen gönnen. Sie beyde danketen ihr kindlich vor solche mütterliche Gewogenheit; und als mein Bruder mich stehen sahe / fragete er meine Fr. Mutter in geheim / was vor ein fremdes Fräulein ich währe; auch / warumb seine Frl. Schwester sich alhie nicht anfünde; dessen sie lachete / und ihm zur Antwort gab: Wie meynestu dann / geliebter Sohn /daß diese eine andere / als deine geliebte Frl. Schwester sey? Laß dich nicht wundern / daß sie so zeitig auffgeschossen ist / dann das Unkraut reiffet allemahl am ersten. Ja Herzen Schwesterchen / ich muß bekennen / daß diese meiner Frau Mutter Reden mir durchs Herz schnitten / bloß nur / weil ich mich fürchtete /mein schönster Herkules / der schon völlig in meiner Seele wohnete / hätte daher einigen Argwohn meines unverhaltens fassen mögen; fing deswegen an: Gnädige Fr. Mutter / ich erkenne meine Unvolkommenheit /und daß wegen der Jugend Unverstand ich nicht allemahl eurem Willen mich gemäß verhalte; nur allein bitte ich kindlich / mich nicht so gar zeitig vor meinem Herr Bruder und H. Oheim anzuklagen / noch ehe deren Liebde zuempfahen ich gewirdiget bin. Ach[369] mein Herzchen / antwortete sie / du hast mich ja Zeit deines Lebens nie kein mahl erzürnet / warumb solte ich dich dann anklagen? Daß ich dich aber dem Unkraut vergleiche / geschihet nicht deines Unverhaltens wegen / sondern weil man dz weibliche Geschlecht im scherze also zunennen pfleget. Unter dieser Antwort trat mein Bruder zu mir / umfing mich brüderlich /und gab mir unterschiedliche Küsse / die wegen Herkules Gegenwart ich ihm aus Schahm nicht vergelten durffte; endlich sagete er zu mir: Herzgeliebtes Schwesterchen / ich erfreue mich von Herzen deines guten wolergehens / zweifele nicht / du werdest allemahl mit schwesterlicher Liebe mir gewogen bleiben /wie ich dir solches hinwieder festiglich verspreche; aber sihe da meinen teuren Herkules / das rechte Wunder dieser Welt / desgleichẽ der Erdbodem noch nicht gezeuget hat / demselben wil ich dir bester massen befehlen / dz wie du sihest / er von unsern Eltern kindlich / und von mir mehr als brüderlich geliebet wird / du imgleichen ihn als einen wirdigen Bruder ehrest. Ich wahr bedacht / ihm darauff zu seiner guten Vergnügung zuantworten / aber mein allerschönster Herkules / nachdem er mich eine zeitlang / und als erschrocken angesehen hatte / daß ihm auch der mehrerteil seines Rohtes in Milchweiß verkehret ward / setzete sich vor mir auff ein Knie / tüssete mir die Hand sehr ehrerbietig / und mit zimlicher blöder Rede fing er also an: Verzeihet / Durchleuchtigstes Fräulein /eurem unwerten Knechte / der sich erkühnen dürffen /ihre Hände zuküssen / dessen er sich doch unfähig weiß / und seyd / bitte ich / damit hochgünstig zufrieden / daß Eure Königliche Eltern mich / einen solchen unvolkommenen Menschen des Sohns-Namens gewirdiget haben / der ich viel lieber als ein Diener aufwarten würde / wann mirs nur könte gegönnet werden. Im übrigen wil ich nicht unterlassen / ihrer Vortrefligkeit hochverdienten Ruhm / an was Ort und Enden ich auch seyn werde / nach Vermögen auszubreiten / als welche der Himmel selbst mit allen mehr als menschlichen (ach verzeihet mir diese Erzählung / Herzen Schwester Sibylla) Volkommenheiten ausgezieret /und der Welt zum Beyspiel seiner Wunderwirkung vorgestellet hat. Er hat hieran die lautere und eigentliche Warheit geredet / sagte Sibylla. Worauff die Groß Fürstin ihr einen gelinden Backenstreich mit diesen Worten gab: Ich kan meiner Frau Schwester Beschimpffung nicht ungerochen hingehen lassen /werde es auch hernähst schärffer zueifern wissen /aber lasset mich / bitte ich / in meiner Erzählung fortfahren. Min Herr Vater / wie er meinen Herkules also reden hörete / trat in ein Neben Gemach / und sahe ich eigentlich / dz die Freuten Trähnen ihm aus den Augen hervor drungen. Meine Fr. Mutter aber lief herzu / hub ihn auff von der Erden / und sagete: Herkules mein Schaz / warumb stehet ihr nicht auff? oder meynet ihr / daß ich meine Valisken so hochmühtig erzihe / daß sie eures gleichẽ / Groß-Fürstliche Herren / deren Ruhm schon gewaltig auffsteiget / sol vor sich niderknien lassen? Herzallerliebste Fr. Mutter / antwortete er / nachdem er gleichwol auffgestanden wahr; Eure Königl. Hocheit / bitte ich / vergönnen mir / dasselbe in ihrer Frl. Tochter anzubehtẽ / was die günstigen Götter ihr vor allen andern mitgeteilet haben. Ich schäme mich Frau Schwester / sagte sie zu Sibyllen / daß ich solches selbst erzählen sol / aber weil mein Gewissen mir Zeugniß gibt / daß ich niemahls mich vor eine solche gehalten / wie ich auch eine solche nimmermehr werden kan / hoffe ich / Eure Liebe werde mirs zu gute halten / und keinen Argwohn einiges Stolzes daher auff mich werffen / insonderheit / weil schon jens mahl /[370] da ich noch eine blinde Heydin wahr / es mir höchlich mißfiel / und michs doch nicht durffte merken lassen / versuchte gleichwol auff solches angehörete übermässige Lob zuantworten; aber die Zunge blieb mir am Gaumen kleben / daß ich mit höchstem Unwillen / auff mich selbst / schweigen muste; endlich noch erhohlete ich mich auf meiner Fr. Mutter Geheiß / umfing ihn / wie sie mir geboht (doch ohn einiges küssen / weil die Schahm und Zucht meine Begierden hinterhielt) und redete ihn also an: Durchleuchtigster Fürst / hochwerter Oheim / ich weiß nicht / ob über sein niderknien /oder über seine mir gar zu ungenehme Reden ich mich mehr beschweren sol / deren ich so wenig das eine /als das andere zuertragen weiß / und hätte ich dieser Beschimpffung nur den allergeringsten Argwohn haben sollen / würde vor Ihrer Liebe Angesicht ich mich nicht habẽ finden lassen; jedoch wil ich mich dessen nichts begeben / sondern ich fodere Eure Liebe vor den Recht Spruch der unbetrieglichen Billigkeit /daß wegen angefügten Schimpfs sie mir volle Rede und Antwort gebe; Mein geliebter Herr Bruder befihlet mir / und zwar billich / daß Eure Liebe ich gebührlich ehren sol; aber wie kan bey so gestalten Sachen ich ihm schuldigen Gehorsam leisten? Mein Durchl. Fräulein / gab er zur Wiederantwort; wie sol dann ohn äusserste Beleidigung der Götter ich dieses ungeehret lassen / welches sie als ein Wunder uns zur Verwunderung vorgestellet haben? meynet etwa eure Vortrefligkeit / Herkules habe von ihrer unvergleichlichen Tugend so gar keine Wissenschafft / welche doch bereit über Meer gesetzet / und die weit abgelegenen Reiche erfüllet hat? Ach meine Fr. Schwester / sagte sie alhie abermahl zu Fürstin Sibyllen / höret doch /bitte ich / mit geduldigen Ohren an / was ich hie vorbringe / wie ichs dazumahl anhören müssen / was mein Herkules aus gar zu überflüssige: Höfligkeit vorbrachte. Warum entschuldiget sich meine Fr. Schwester so hoch / antwortete Sibylla; ich darff ihren Zorn wider mich zureizen / mich nicht erkühnen /sonst wolte ich leicht dartuhn / wie grosse Ursach Groß Fürst Herkules gehabt / dasselbe zuehren / wessen sich alle Welt verwundert; bitte aber sehr / Eure Liebe wolle ihre so angenehme Erzählung förder nicht mit dergleichen unnöhtigen Entschuldigungen stören /damit mir die Zeit / das Ende zuerfahren / nicht geraubet werde; dañ mein Schlaf würde diese ganze Nacht nichts seyn / wann ich ohn volkommene Wissenschafft von ihr scheiden solte. Ich solte meine Fr. Schwester wegen des übermässigen Ruhms abermahl billich züchtigen / sagte die Groß-Fürstin / aber mit Vorbehalt wil ich in meiner Erzählung fortfahrẽ. Ich war jensmahls bereit / meinem Herkules das so gar unverdiente Lob zubeantworten / aber meine Fr. Mutter redete ihm ernstlich ein: Herzlieber Sohn / sagte sie / dafern ihr nicht wollet / daß ich unwillig auff euch werde / und mein liebes Kind nicht gar von euch hinweg führen sol / müsset ihr dergleichen unnöhtige und unzimliche Höfligkeiten beyseit setzen; dann ihr seyd nicht bey fremden / sondern bey nähesten Blutverwanten; sehet / dieses mein Kind ist eures Herr Vaters Schwester Tochter / darumb sollet ihr sie als eine Schwester lieben / und ihr nach diesem nimmermehr höhere Ehre leisten / als welche unter Brüder und Schwestern stat finden kan; wegert ihr euch aber dessen / so handelt ihr meinem mütterlichen Geboht und Willen schnurgleich zuwider. Was meine gnädigste Fr. Mutter mir befihlet / antwortete er / dem muß ich aus Pflicht gehorsamst nach setzen / nur habe bey meiner Durchl. Frl. Wasenich demühtig anzuhalten /ihre Liebe werde mir nicht zur Unhöfligkeit ausdeuten / was[371] aus Kindlichem Gehorsam zuleisten ich gezwungen werde. Hier kam mein Herr Vater wieder zu uns / und redete mit Herkules von allerley neues / was in Schweden sich zugetragen / biß die Mahlzeit angerichtet ward / da ich gleich gegen meinen Herkules überzusitzen kam / auff welchen ich etlicher massen einen Unwillen / wegẽ mir angelegter Beschämung /geworffen hatte / der sich aber von ihm selber verlohr / uñ hatte nach dem ich niemahls das Herz / ihm solches verweißlich vorzuhalten. Bey der Mahlzeit redeten wir beyderseits gar wenig / sondern weideten die Augen fast immerzu einer an dem andern / daß ich als blind mich nicht begreiffen kunte / was mir wol oder übel anstünde. Wie aber mein Herkules sich seiner Vernunfft allemahl so bescheidentlich zugebrauchẽ weiß / also besan er sich auch bald / nam eine andere Art und seine gewöhnliche Freidigkeit an / und ergetzete mit seinem holdseligen Gespräch meine Eltern /daß ich mir einbildete / er achtete meiner wenig / oder wol gar nicht; dann so offt sichs begab / daß er mit mir in Gegenwart anderer redete / machte er wenig Worte / und sahe mich fast nicht an / daß ich drüber in die Gedanken geriet / ob ich ihn etwa unwissend beleidiget hätte / oder er vielleicht etwas an mir sähe /welches sein Gemüht von mir abwendete; aber wañ er allein mit mir zureden kam / ward ich der furcht bald entladen, dann nachdem (allen unvermerkt / das wahr seine Gewohnheit) er mir die Hand geküsset hatte /baht er bald darauff umb Verzeihung / massen seine Mässigkeit und Zucht / deren er sich noch diese Stunde gebrauchet / ich über alle seine andere Tugenden erhebe; wiewol er nicht unterließ mir täglich zubeteuren / daß seine Seele mir allein verbunden währe /wann sie nur dessen könte gewirdiget seyn. O wie offt nam ich mir vor / ihm solches mit behäglicher Antwort zuersetzen; dann (warumb solte ichs meiner Fr. Schwester verschweigen?) mein Herz wahr ihm so gar ergeben / daß ich Tag und Nacht an nichts / als nur an seine Holdseligkeit gedenken kunte; und gleichwol verzohe sichs etliche Tage / ehe ich die Kühnheit ergreiffen kunte / ihm meine ehrenliebende Gutwilligkeit zubekennen biß ich endlich mich selbst überwand / und da er sehr inständig umb Gewogenheit bey mir anhielt / ihm dieses zur Antwort gab: Durchl. Fürst; warumb wolte Eure Liebe an meinem guten Willen zweifeln / da sie / meines wissens dessen ja die allergeringste Ursach nicht haben? dann in Betrachtung unsers herkommens und Standes / sind wir allerdinge einander gleich und zwinget uns ja die nahe Verwandschafft zur vertraulichen guten Gewogenheit; bitte demnach / mich hinfüro des Verdachts freundlich zuentheben / als ob zu Euer Liebe ich ein anders / als in Ehren hochgewogenes Herztragen solte / nachdemmahl ich dieselbe wol versichern kan / daß sie an mir keine andere Freundin / als an meinem Herr Bruder einen ergebenen Freund haben sol; welches so kühn auszureden ich mich nicht scheuhe weil seine Tugend mich / seine nahe Blutfreundin / ihm umb so viel mehr verbindlich gemacht hat. Dieser Erklärung erfreuete sich Herkules / wie ich eigentlich sahe / von Herzen mit vorgeben / sein Gemüht währe nicht verständig gnug / eine Antwort abzufassen / durch welche er seine Vergnügung an den Tag legen könte /und als er sahe / daß meine Fr. Mutter sich zu uns nahete / sagte er zum Beschluß; Sein Herz solte nun und nimmermehr einer andern Fräulein / als mir zur Liebe und Bewohnung offen stehen / dasern es nur wirdig währe / einen so treflichen Schaz in sich zufassen /wolte auch meinem hochgünstigen Erbieten gerne Glauben zumässen / wann ich nur sein geschehenes ansuchen noch zur[372] zeit vor jedermänniglich möchte verborgen halten; welche Erinnerung aber gar unnötig wahr; dann hätte einiger Mensch ausser meiner geträuen Libussen dieser meiner Liebe iñe werden sollen / würde mirs unerträglicher als der Tod selbst gewesen seyn. Jedoch halte ich wol / daß mein Bruder unser Vorhaben in etwaßgespüret / weil er aber gemerket / daß dessen Meldung zutuhn / meinem Herkules zwider wahr / halte ichs gänzlich davor / er habe seinem Herzen selbst gebohten / es nicht zuwissen /damit er ihm ja nicht möchte zuwider handeln. Ich wahr willens / das obgeahnete ihm zubeantworten /aber meine Fr. Mutter trat zu uns / und fragete /wovon wir mit einander Unterredung hielten; da ich ihr zur Antwort gab: Ich erkündigte mich / wie meine Frl. Wase / Frl. Schulda in Schweden lebete / und wie es beydes meinem Bruder und Oheim bißher daselbst ergangen währe. Deinem Bruder und deinem Oheim? sagte sie; warumb nennestu Fürst Herkules nicht auch deinẽ Bruder? nachdemmahl du ja weist / daß er und Ladisla mir gleiche liebe Söhne sind / und ich zwischen ihnen durchaus keinen Unterscheid mache; darumb soltu ihn forthin nit anders als deinen Bruder halten / auch gleich jetzo solches mit einem züchtigen wolzugelassenen Kusse und schwesterlichen umfahen bestätigen. Auff welchen Befehl ich mich darzu erkühnete / welches ohn ihre Gegenwart zutuhn / ich das Herz nicht hätte haben können; aber hier kunte ich ehrenhalben nicht anders / da ich meinen Herkules also anredete: Weil die Erbarkeit mir gebeut / meinen Eltern zugehorsamen / als wird mein Herr Oheim mir nach diesem die Kühnheit nicht verargen / wann ich ihm den Bruder-Nahmen zulegen werde / da hinwiederumb ich von ihm des Schwester Nahmens gewärtig bin. Mein Herkules wahr fast nicht bey ihm selber /so durchging ihn die Vergnügung / und weil ihm ehrenhalben anders nicht gebühren wolte / nahm er mich wieder zur Vergeltung in seine Arme / da er dañ nach geliefertem züchtigen Kusse zu mir sagete: Vortrefliches Fräulein; O wolte der Hi el / ich hätte einige Wirdigkeit an mir / den süssen Bruder Namen von ihrer Liebe anzunehmẽ; nun weiß ich aber schon vorhin wol / daß dieser mein Wunsch weiter als mein vermögen reichet / es währe dañ / dz dieselbe den Abgang meiner Geringfügigkeit mit dem Reichtuhm ihres überflusses ersetzen wolte; jedoch werde ich mich nit scheuhẽ / vor dißmahl unverschämt zuseyn /und die mir zugelegte Ehre ihrer schwesterlichen hohen Gewogenheit anzunehmen / insonderheit / weil meine gnädigste Fr. Mutter dessen die Gebieterin ist. Ihr bleibet der ihr seid / sagte sie zu ihm / ungeachtet ihr von mir gnug vernommen habt / wie sehr mir eure unmässige Ehrerbietigkeit gegen mein Kind zu wieder ist / werde auch nit unterlassen / euch erster gelegenheit bey euren Eltern hierüber hart gnug anzuklagen. Ich hoffe gänzlich / antwortete er / meine geliebte Eltern werden mir vielmehr gebieten / meine wirdige Frl. Schwester zu ehren / als sie mich darumb straffen solten; habe aber an eure Hocheit ich mich anderwerts versündiget / wil ich selbst lieber mein Ankläger seyn / als durch verleugnen mich der gebührlichen Straffe entbrechen; wie ich dann nicht zweiffele / ihre Hocheit werde mich erstes Tages gnädigst erlauben / nach meinen Eltern zu reiten / weil sie nach meiner gegenwart verlangen tragen / uñ hoffe ich / mein geliebter Bruder Ladisla werde nunmehr sich nicht wegern /hieselbst zuverbleiben / biß wir etwa unsere Ritterschaft fortsetzen möchten. Je mein herzen Sohn /sagte sie; wollet ihr dann schon umb abscheid anhalten / da ihr kaum mich gegrüsset habet? was ist euch alhie so hart entgegen / daß lasset mich wissen /[373] wissen / auff daß es durch meine vorsorge verbessert werde; eure anwesenheit habe ich euren Eltern schon zuentbohten / welche auch wol zufrieden seyn werden / wann sie eure Gesundheit / und daß ihr wol überkommen seid / vernehmen sollen. Meiner Gn. Fr. Mutter gehorsame ich billich / antwortete er / nur wolle dieselbe ja von mir die Gedanken nicht fassen /als währe mir an diesem Orte ichtwas zu wieder / da ich so wol / als bey meinen leiblichen Eltern bin. Mein Bruder kam auch zu uns gangen / und wurden wir eins / hinunter in den Lustgarten zugehen / da mein Herkules sich abermahl so fremde gegen mich bezeigete / daß ich / muß bekennen / mich in seine stellungen nit zu schicken wuste. Des folgenden morgens sehr frühe / befahl meine Fr. Mutter meiner Libussen / daß sie meinen Brüdern weiß Leinengerähte auff das Bette bringen / und ich ihr solches aus meiner Lade geben solte; dessen ich mich nicht wegerte; aber diese wolte es durchaus nicht hintragen / es währe dann / daß ich mit ihr ginge; worzu ich mich endlich von ihr bereden ließ / als die ohndas mein Herz in ihren Händen hatte. Im hingehen sagte sie zu mir: Ach mein allerliebstes trauten Fräulein / was habe doch eurer Gn. ich einen allerschönsten Bräutigam ausersehen / welcher allein / und sonst niemand in der Welt eurer Schönheit wirdig ist. Meine wirdigkeit /sagte ich / erstrecket sich nicht so gar weit; aber wie hastu solches tuhn köñen / weil du ja nicht von diesem Schlosse kommen bist? und meinestu wol so viel gewalt über mich zu haben / dz du mir nach deinem gutdünken / einen mir vielleicht ungenehmen anfügen woltest? O nein Libussa / so weit erstrecket sich deine Herschaft nicht / du müstest sonst hint diese Nacht eine gar großmächtige Frau und Königl. Gebieterin worden seyn; dieses brachte ich mit solchem Scherzlachen vor / daß sie meine zufriedenheit daher erkennete / und merkete ich schon / wo sie hinaus wolte /lehnete mich auch meiner gewohnheit nach an sie /welches ihr ein Zeichen meines guten willens wahr /daher sie in ihrer Kühnheit also fortfuhr: Ach mein auserwähltes Fräulein / ihr treflichster Weltschaz (so nennete mich die Schmeichlerin) wie meinet dann eure Gn. ich werde derselben etwa einen schlechten unbenahmeten Fürsten zu freien? O nein; er ist der allerschönste / allertugendreichste und allervolkommenste / der jemahl von Menschen erzeuget ist; eben derselbe ist es / von dem alle so ihn kennen / diese Urtel fellen / er werde in kurzem der ganzen Welt ein Wunder seyn; und was schenket ihr mir / mein Fräulein /daß ich seinen Nahmen / seinen Helden-nahmen nenne? Sihe da / sagte ich / was hastu dann wol hinte vor einen wunderstatlichen Menschen im Traum gemachlet / und unter was vor einen Nahmen wiltu ihn springen lassen? Ja freilich ists ein wunderstatlich gemahltes / aber lebendiges Bilde / antwortete sie / aber der Himmel selbst hat ihn an die Welt gestellet. Hierauff nahm sie Kreide / und schrieb diese Buchstaben H.R.K.L.S. an die Wand / mit bitte / ich möchte diese stu en durch etliche selbstlautende lebendig machen; Und als ich sagete / ich wüste mich in ein so schweres Rätzel gar nicht zu findẽn / brach sie also loß: Ach was ist doch der GroßFürstliche junge Herr und nähester Erbe des allermächtigsten Teutschen Reiches ein vortreflicher erkenner / eurer Durchl. Schönheit / welche ihm sein Herz dergestalt bestricket / daß er seine Begierden an nichts / als an euren liebreichesten Augelein weidet. Schweige du Närrin / antwortete ich /daß ja kein Mensch deine Reden vernehme / du müstest sonst aller meiner Hulde in ewigkeit entsetzet seyn / und an mir deine grausamste Feindin haben; und hastu mich zu dem Ende mit auffgesprochen /werde ich dir[374] keinen Fuß weiter folgen. Dieses brachte ich mit solchem ertichteten Ernste vor / daß sie höchlich erschrak / und mit wehemühtigen Worten umb verzeihung baht / vorwendend / es währe ihr Scherz / und hätte sie nicht gemeinet / daß sie mich damit so hart erzürnen köñen / sonst wolte sie es wol haben stecken lassen / da es niemand als die Götter finden könten; wodurch ich mich dann begütigen lies / ihr alle verzeihung versprach / als ob es nicht geschehen währe / und mit ihr / biß an meiner Brüder Kammertühr ging / welche sie so leise aufzumachen wuste / daß niemand dessen inne ward; und weil sie beyde noch fest schlieffen / legte sie ihnen das Gerähte unvermerkt zu ihren Füssen / trat leise wieder zu mir heraus / und berichtete / daß sie noch im harten Schlaffe lägen; daher ich auff ihr anhalten mich erkühnete / mit ihr vor das Bette zu treten / da mein Herkules vorne an schlieff / hatte den linken / biß über den Ellenbogen entblösseten Arm heraus gelegt /und war nicht anders als ein Gemahleter Engel in sehr freundlicher Gestalt anzusehen. Ich bekenne euch /meine Fr. Schwester / daß seine dazumahl verschlossene Augen mein Herz mit spitzigern Stralen durchschossen / als seine in liebe brennende noch nie getahn hatten / und dauchte mir unmöglich seyn / lange zu leben / wo ich seiner Liebe nicht bald vergewissert würde / daher ich als in der Liebe entzücket vor ihm stehen blieb / und mit unverwendetem Gesicht ihn anschauete / endlich wieder meinen Willen einen tieffen Seufzer aus dem innersten meiner Seele gehen ließ /daß mir leide wahr / sie würden davon erwachet seyn. Die verschlagene Libussa merkete wol / wo mich der Schuch drückete / wolte mich doch in meiner Betrachtung nicht stören / aber als sie meinen Seufzer hörete /winkete sie mir / und gingen wir ihnen unvermerket wieder davon / zwar ich meines teils / nur mit dem Leibe / dann die Seele blieb bey meinem Herkules. Auff dem rükwege / da Libussa meine vorige gewogenheit sahe / baht sie mich sehr bewåglich / ihr zu offenbahren / warumb ich mich doch über ihre vorige Rede so sehr geeiffert hätte; die Götter währen ihre Zeugen / daß es nicht aus böser meynung geschehen /könte auch mit ihrem einfältigen verstande nicht absehen / daß solches meiner Ehr und standes Hocheit im geringsten abbrüchig währe; verdrösse michs aber vielleicht / daß sie den allerschönsten liebreichstẽ Fürsten so hoch rühmete / möchte ich nur gnädigst bedenken / daß er mein so naher Anverwanter währe /den ich über dz / nach eigenwilliger geheimer anvertrauung / zum lieben Bruder auffgenommen hätte. Ich merkete sehr wol / was vor Ränke das verschlagene Taußes hatte / und sie hiedurch nur forschete / mir hinter die Künste / oder daß ichs eigentlich sage / hinter meine allerheimlichste Heimligkeit zukommen /dessen ich mich aber nicht merken ließ / sondern ohn alle bewägung zu ihr sagete; Vielleicht erfährestu die Ursach in kurzem / welche dir und allen Menschen noch zur Zeit verborgen ist und seyn muß; darumb hüte dich / daß du mir hievon nichts sagest / biß ich selbst anheben möchte / dann wirstu mir schon recht geben müssen. Worauff sie dieses Faß wol zuzuschlagen wuste. Mein Herkules aber / wie fremde er sich gleich in beyseyn andrer stellete / begunte doch etwas kühner zu werden / und schwätzete mir unter allerhand verdecketen reden so viel vor / daß ich daher seine verliebeten Geister wol abnehmen kunte / und mich doch als eine Unverständige merken ließ / biß er sich etwas deutlicher erklärete / da zohe ichs alles auff eine Brüderliche Gewogenheit / und versicherte ihn hinwieder meiner Schwesterlichen Träue / wodurch er alsbald abgeschrecket ward / mir sein Gemüht weiter zueröffnen / biß er einsmahls mit mir allein im Garten herumb[375] ging; O ich weiß noch den Ort / den Tag und die Stunde so gar eben / ist mir auch kein Wörtlein seines vorbringens entwischet. Er stund eine zeitlang in Gedanken / und als mit Furcht beladen / seine Farbe enderte sich zu unterschiedlichen mahlen /brach doch endlich sein schweigen / und nachdem er mir die Hand nicht ohn Seuffzen sehr inbrünstig geküsset hatte / ließ er diese Reden an mich abgehen: Durchleuchtigstes Fräulein / verzeihet / bitte ich /eurem an Leib und Seel zueigen ergebenen Knechte /daß er vor euch dißmahl sein Herz auszuschütten /durch die allerhitzigsten / jedoch nit minder keuschen Flammen / gezwungen wird; Meine Seele / wie unwirdig sie auch seyn mag / hat dannoch in eure unvergleichliche Schönheit sich dergestalt verliebet / daß mir tausendmal erträglicher ist / den Tod und alle Pein anzugehen / als die sehnlichen Begierden in mir zudämpffen; Ich rede von nichts anders / mein Fräulein / als was Zucht und Ehre zum Grunde hat / und verfluchet sey mein Herz vor aller Welt / wann es etwz anders suchet / oder begehret. Darumb / O ihr meiner Seelen innigste Wollust / verzeihet doch eurem Knechte / daß er in dieser Jugend auff Liebe gedenken darff / der ihm sonst vorgenommen hatte /wann eure Vortrefligkeit in der Welt nicht währe /sein ganzes Leben ohn eheliche Liebe zuverschliessen / und seine Seele ohn Hinterlassung trauriger Wäysen und Wittib / in den Waffen auffzugeben; aber bloß nur die unvergleichliche Valiska hat diesen Muht in mir gebrochen / vor deren Trefligkeit alles weichen muß. Ich / suche nicht / mein Fräulein / mich in kindlichen Jahren ins Ehebette zusetzẽ / so wenig mir lieb seyn würde / dz einiger Mensch in der Welt / ohn allein sie / wissen oder nur argwohnen solte / daß umb Liebe ich mich schon bemühen dürffte; dann hätte ich die gebührlichen Jahre erlanget / würde ich mich unterstehen / bey Ihrer Liebe Eltern und Bruder selbst zuerhalten / was ich vor mein höchstes Gut in dieser Welt schätze; aber meiner Jugend stehet solches nicht an. Ja mein Fräulein / ich hätte noch diese Gewalt über mich selbst erzwingen wollen / auch ihrer Liebe meine Flammen zu verbergen / wann nicht die furcht mich antriebe / da möglich / vorzubauen / daß nicht einander vor meinen mänlichen Jahren dasselbe erstreitẽ möge / welches schon die näheste Erndte aller Liebligkeit zeiget. Dieses machet mich kühn / O mein Seelichen / dieses macht mich verwägen / O meine Vergnügung / mich selbst zuüberwinden / und die bißher anhaltende Schahm in so weit zurük zulegen /daß Ihre Liebe ich von Grund meiner Seele bitte / mir hochgeneiget anzudeuten / ob meine Unwirdigkeit von ihr könne verdecket / und meine inbrünstige Liebe / als eines künfftigen Bräutigams angenommen werden; als dann verspreche ich derselben an äidesstat / und aus wolbedachtem Muht und Willen /daß ihrer Vortrefligkeit ich Zeit meines Lebens als ergebenster Knecht dienen und auffwarten wil. Solte aber derselben meine Wenigkeit nicht können annehmlich seyn / wolan / so verpflichte ich mich auch hiemit beständigst / daß ihre Liebe ich mit solcher ungenehmen Anmuhtung weiter nicht beschwerlich seyn / sondern nach empfangener Urtel dieser meiner Verwägenheit / mit ja so frölichem Herzen die Volstreckung an mir selbst verrichten wil / als lieb und angenehm ihr die Hintertreibung eines so mutwilligen Frevelers seyn kan und mag. Hiemit schwieg er stille /und erwartete meiner Antwort / die ich so schleunig bey mir nit einrichten kunte; welches er vor ein böses Zeichen annam / und also fortfuhr: Warumb schweiget mein Fräulein so gar stille / und lässet mich ohn einige Antwort? Ist die Urtel über mein[376] Verbrechen in ihrem hochvernünfftigen Gemühte schon abgefasset /so wil ich die Standhafftigkeit nehmen / sie nicht allein anzuhören / sondern ihr ohn auffschieben ein genügen zu leisten / es währe dañ / daß sie von einem Menschen nicht könte verrichtet werden. Ich kunte mich noch nicht begreiffen / wessen ich mich erklären solte / wie wol meine Seele den unbewäglichen Schluß schon vor dieser seiner Anmuhtung abgefasset hatte; endlich sagete ich zu ihm: Durchleuchtigster Fürst / warumb dringet Eure Liebe in dieser meiner kindlichen Jugend so stark in mich / und zwar auff ein Ding / welches ihr nach diesem leicht gereuhen dürffte? gestaltsam ich meine Unvolkommenheit in guter Erkäntniß habe / und mir daher nichts so hart zuwider seyn kan / als das gar zu ungebührliche Lob / welches Eure Liebe nicht ohn meine Beschämung mir aufleget / und ich zu mehr gelegener Zeit davor Abtrag fodern werde. Vor dißmahl erinnere ich nur Eure Liebe / wie leicht sich es zutragen könne / dz sein Herz durch weit grössere Schöne und Volkommenheit an einem andern Orte möchte eingenommen werden / da mein Herr Bruder dann zugleich sich und mich verfluchen würde / daß meinetwegen er aus seiner eigenen Schuld / seines willens nicht leben könte. Jedoch diesen fall ausgesetzet; wie kan in so weit ich mich selbst versprechen / die ich doch nicht mein selbst eigen / sondern unter meiner Eltern Gewalt bin / und es demnach bey ihnen müste gesuchet werden. Aber auch dieses beyseite getahn / weil Eure Liebe / daß sie es noch zur Zeit daselbst nicht suchen könne / mit ihrer jetzigen Jugend zu aller gnüge entschuldiget hat; nur bedenke mein Fürst / ob ein so junges unverständiges Fräulein / welche kaum das 13de Jahr ihres Alters vor sieben Wochen hinter sich gelegt / auf dergleichen ansuchen schahm wegen antworten dürffe; insonderheit / die bißher weder von Liebe weiß / noch von der Liebe ichtwas gehöret hat. Ich erkenne ja Euer Liebe gutes Herz gegen mich; seine Auffrichtigkeit zihe ich nit in zweifel; seine Wirdigkeit lieget noch heller am Tage. Nun ich setze dagegen / was ich im innersten meines Herzen / als das allerverborgenste trage / und nicht gerne wolte / daß einiger Mensch ausser uns beyden es hören solte / nehmlich / ich liebe den Durchleuchtigsten Fürsten Herkules mehr und inniglicher als meinen leiblichen Bruder / und scheinet fast / daß meine Fr. Mutter ein gleiches tuhe / nicht ohn meines Bruders Vergnügung / als der seinen Herkules über sich selbst liebet. Ich erkühne mich noch weiter zubekennen / daß mir unmöglich seyn wird /des Durchl. Fürsten Herkules Abscheid erdulden zu können / welcher mich vor seine Schwester gewirdiget hat / dessen ich mich sonst unwirdig weiß. Die Götter sind meine Zeugen / daß wann der Himmel Eure Liebe mir zum leiblichẽ Bruder gegeben hätte / ich die ewige Jungfrauschafft geloben / und von meinem Bruder nimmermehr / auch nicht in offener Feldschlacht weichen wolte; daher sol kein Mannesbilde in Ewigkeit nicht bey mir erhalten / daß ausser Herkules ich ihn lieben solte. Ich sahe eigen / daß er hiedurch auffs allermerklichste in seiner Seele gerühret ward / welches die Fröligkeit seines Angesichts nicht verbergen kunte / daher ich diese verwägene Kühnheit gebrauchte / daß nach Zulassung eines brüderlichen züchtigẽ Kusses / ich ihn bey der Hand fassete / und dieses Gelübde taht: Du klarer und keuscher Himmel / unter welchem wir in reiner Liebe stehen / höre du selbst meine Reden an / und biß ein unbetrieglicher Zeuge dessen / was ich anjezt diesem Durchl. Fürsten auff sein innigliches ansuchen / umb seine Geister zubefriedigen / verspreche: Kein Mensch in aller Welt /ist mir lieber / als Herkules: kein[377] Mannesbilde sol meinen Willen beherschen / als dieser geborne GroßFürst der Teutschen. Hastu dann / O du göttliche versehung / ihn mir dereins zum Gemahl zugeordnet /und können die meinen / unter welchen ich bin / darein gehehlen / so wil ich diese himlische Verordnung vor meine Vergnügung schätzen; solte ich ihm aber /da er ungeendert auff meiner Liebe beharren würde /nicht zu teile werden können / wie dann die fälle sich wunderlich zutragen / so gelobe ich doch auffs wenigste hiemit an / mich nimmermehr in den Ehestand zubegeben / sondern in dieser heiligen Liebe / und versprochenen Träue beständig zuverharren / so daß weder Furcht noch Angst; weder Zwang noch Geschenke; weder Troz noch liebkosen; weder Noht noch Tod mich davon abwenden sol; und breche ich dieses Gelübde / so straffet mich ihr himlischen und hellischen Götter als einen Fluch / ohn alle Barmherzigkeit; jedoch / unter diesem Bedinge / daß ich dieses zuleisten ungehalten bin / da etwan Fürst Herkules / welches ich ihm nit zugetraue / sich von mir solte lassen abwendig machen / welches die Götter an ihm ungestraffet nit lassen würdẽ. Mein Herkules stund vor mir als entzücket und wolte sich in die Knie setzen / ich aber wehrete ihm / mit dieser Bedräuung /dafern er solches tähte / wolte ich ohn Anhörung seiner Antwort von ihm hinweg gehen / und seine Gegenwart auffs fleissigste meiden; welches dann sein Vornehmen brach / und redete er solcher gestalt: Mein herzallerliebstes Fräulein / es sol der heutige Tag zeit meines Lebens von mir hochfeirlich begangen werden / an welchem ich den grössesten Schaz dieser Welt in Hoffnung empfangen habe / dessen mich zubegeben /keine menschliche Gewalt / Wiz noch Beredsamkeit bey mir erhalten sol. O mein allerholdseligstes Engelchen / wie weit über hoffen bin ich vergnüget; wie weit über Verdienst und Wirdigkeit wede ich geliebet. O ihr gütigen Götter / gebet gebet / bitte ich / daß keine Schlange sich zwischen unsere Seelen eindringe / sondern erhaltet dieses geknüpfte Band / so daß zu rechter Zeit und nach eurer Versehung / unsere Liebe zum wirklichen Genieß kommen und gelangen möge. Ich wünschete dieses mit in meinen Gedanken / aber wer mir damahls gesagt hätte / daß solches zu Charas in Parthen hätte sollen zum ersten mahle erfüllet werden / würde mir sehr traurige Zeitung angemeldet haben. Es fuhr aber mein Herkules also fort in seiner Rede: Mein Fräulein wolle sich nunmehr erinnern /was gestalt ihre Fr. Mutter in unterschiedlichen verdecketen Reden sich hat vernehmen lassen / wie angenehm ihr unsere schierkünfftige Heyraht seyn würde. So gebühret mir ja an meines lieben Bruders Ladisla Bewilligung nicht zuzweifeln; dann was könte / in Betrachtung unser Freundschafft / ihm angenehmer seyn? Unter diesem Vorbringen gingen unsere züchtigen Küsse zimlich durcheinander / und wahr ich schon so kühn / daß ich mirs vor eine Unhöfligkeit auslegete / wann ich ihm einen einzigen solte haben unvergolten gelassen. Endlich lösete er mir ein schwarzes seidenes mit Silber durchwirketes Band von meinem Leibe ab / und als ich fragete / aus was Ursachen solches geschähe; antwortete er: Dieses allerliebste Band sol mir / als lange ich ausser meiner Fräulein Ehe lebe / ein tägliches Denkzeichen der jetzigen teuren Verheissung seyn / wil ihr auch solches nicht wieder einhändigen / biß ich die Hoffnung habe / sie erstes Tages zuehelichen. Ich gab zur Wiederantwort: Das elende Band währe viel zu unwirdig / den Nahmen solcher Gedächtniß zutragen / baht demnach / mir es wieder zuzustellen / vielleicht könte vor seinem Abzuge ich ihm noch wol ein besseres einreichen. Ach[378] mein Fräulein / sagte er / lasset mir / bitte ich / dieses liebe Band / weil es wirdig gewesen ist /ihren allerschönsten Leib zuumfassen / und nehmet von mir dieses Ringelein zum Gegengedächtniß an /welches meine geliebte Fr. Mutter mir angestecket /da ich von ihr schiede; jedoch bitte ich / es hinzulegen / daß es von meinem Ladisla nicht gesehen werde /dann ich habe höchstwichtige Ursachen / ihm unsere Liebe noch zur Zeit zuverbergen. Eben diese Verschwiegenheit / sagete ich / ist mein einiger Wunsch; nam den Ring mit einer Schamröhte / ließ ihm das Band ohn fernere Einrede / und verhieß / bey künfftiger glüklicher Einlieferung es mit einer gewissen Anzahl Küsse einzulösen / steckete ihm auch einen Ring an / uñ sagete: Dabey gedenke mein Fürst und Bruder seiner Valisken / ja der seinen / sage ich / dafern es durch der Götter Almacht und unserer Eltern Widerspenstigkeit (dessen ich keines hoffen wil) nicht gehindert wird. Also wahr unser Ehe Verlöbniß fester geschlossen / als ich mir selber einbilden kunte / wiewol ich sie viel fester wünschete; und lebeten wir in solcher teuschen Zucht beyeinander / sonderlich wann wir allein wahren / daß je länger wir mit einander umgingen / je mehr sich einer vor dem andern schämete. Fürstin Sibylla baht umb Verzeihung / und fragete /ob dann GroßFürst Herkules ihr das Leib Band auch wieder zugestellet hätte. Ja / sagete sie / zu Charas auff meinem Schlosse habe ichs von seinen Händen empfangen / so weit hat er mirs nachgeschleppet / bin daher auch / vermöge meiner Zusage / gehalten gewesen / ihm bald darauff das eheliche Beylager zugönnen / dessen ich an diesem meinem allerliebsten Herkuliskus (welchen sie auff der Schoß hielt) Beweißtuhms gnug habe; Ich hätte aber schier vergessen / meiner Fr. Schwester zumelden / dz bald darauff meine Libussa das Band an meinem Leibe vermissete / ging stille schweigens hin / holete ein anders / und sagete nach ihrer Verschlagenheit zu mir: Gnädigstes Fräulein / ich bitte untertähnigst / mir zuvergeben /daß ich heut vergessen habe / Ihrer Gn. das Leibband umbzubinden; und ohn weiteres Wortsprechen legete sie mir ein schneeweisses an / mit güldenen Fäden durchzogen / da ich vor freuden nicht unterlassen kunte / mit einem lachen zu ihr zusagen: O du leichtfärtiger Sak / wiewol ist dir bewust / daß du mir schon eines umgebunden hast; nur woltestu gerne wissen / wohin es kommen sey; aber so gut sol dirs nicht werden / es sey dann / daß du auff den Abend es in drey mahlen errahten wirst. Ja / antwortete sie /wann ich nur die Freiheit haben mag / nach Willen zurahten / wil ich den GroßFürstlichen jungen Herrn zuallererst nennen / ob derselbe es etwa ohngefehr möchte abgelös-wolte sagen / gefunden haben. Ich gab ihr darauff einen gelinden Backenschlag / aus welchem sie meine Gewogenheit zuurteilen pflegete /und fing sie darauff an zubitten / ob ich etwa einer geträuen und verschwiegenen Dienerin benöhtiget währe / möchte ich keine andere als sie wählen; redete mir auch den Abend (dann sie muste stets bey mir schlaffen) so bewäglich zu / daß ich meines Herkules ansuchen / aber nicht mein getahnes Versprechen ihr offenbahrete / da sie dann durch allerhand kräfftige Ursachen suchete mich zubereden / daß ich solche Liebe ja nicht ausschlagen vielweniger verachten solte / in betrachtung / daß kein ander Fürst der Welt mit diesem zuvergleichen währe; welches ich zwar mit einem lachen anhörete / aber doch den Angel / welchen ich schon eingeschlukt hatte / nicht verbergen kunte; wie sie dann des morgens mir vorhielt / daß ich im Schlaffe allerhand LiebesReden gepflogen / und unter andern geruffen hätte: O Herkules / Herkules / was vor ein Feur habt[379] ihr in meiner Seele angezündet / welches mich entweder beglükseligen oder verbrennen wird. Und erhielt sie bey mir in kurzer Zeit / daß ich ihr mein ganzes Herz in dieser Liebessache sehen ließ / so gar / daß ich manniches ehrliebendes Liebe-Gespräch mit ihr hielt / da sie Herkules stelle zimlich zuvertreten wuste; muß auch bekennen / daß nach dessen Verlust sie mein einiger Trost und Auffenthalt meines Lebens gewesen ist / so daß nähst Gott ich ihr zu danken habe / daß ich nicht durch Verzweiflung mir selbst Gewalt angeleget; einmahl ist gewiß / daß ohn ihre tägliche Tröstungen ich meines allerwerdesten Schatzes Verlust nicht hätte ertragen können. Es ist aber nunmehr Zeit / meinen unlieblichen Erzählungen die Endschafft zugeben / und mit einander die Nachtruhe einzunehmen / weil diese Zeither das vielfältige Getümmel und die stätige Gästereyen unsern Schlaff sehr gestöret haben; Aber diese Ruhegedanken vergingen ihr bald / weil Euphrosyne ihr die Zeitung brachte / Fr. Therba empfünde die Geburtswehe /bey welcher sie dann die ganze Nacht mit behten zubrachten / weil es ihr schwer ankam / biß sie gegen Morgen eines jungen Söhnleins genase. Desselben Tages ward die öffentliche Verlöbniß mit Herr Skaurus und Frl. Helenen gehalten / wurden auch des Abends ehelich beygeleget / da der Stathalter ein Schreiben von seinem Bruder aus Rom / dieses Inhalts bekam:

Freundlicher geliebter Bruder; daß es dir samt den lieben deinen nicht allein wolgehet / sondern auch dein teurer SchwiegerSohn mit seinem unvergleichlichen Gesellen GroßFürst Herkules / nach wolverrichteter Erlösung ihrer Schwester und Gemahl frisch und gesund wiederumb bey dir angelanget / erfreuet mich sehr. Die Gefahr und Besreyung meiner lieben Tochter / hat mir Angst uñ Freude erwecket; erkenne dem streitbahren Schwedi schen Fürsten mich davor verbunden; da auch hochgedachter Königlicher Fürst eheliche Liebe bey meinem Kinde / wie gemeldet wird / suchet / und du es vor gut und rahtsam achtest / sol sie ihm zu ehren unversaget seyn; wollest mir demnach weiter schreiben / was vorgehen wird / damit ich der Vermählung / wo möglich /selbst beywohnen / und meine Tochter nach Standesgebühr aussteuren möge. Käyserl. Hocheit dürffte ehist auffbrechen / die Pannonischen Grenzen zubesichtigen /und ihren Weg auff Padua zu nehmen / insonderheit / da Ihr der hochgedachten Herren glükliche Wiederkunfft vorkommen solte. Gehabe dich wol / und melde der HochFürstlichen Geselschafft / nebest andern Anverwanten und Freunden meinen Gruß und Dienste an. Ich bin und verbleibe dein geträuer Bruder


Markus Fabius.


Nach Verlesung rief er seine Tochter und Fr. Sibyllen zu sich / und sagete zu ihnen: Lieben Kinder / jezt wird guter Raht sehr teur seyn / und mag den besten geben / der ihn hat; dann mein Bruder / wie ich aus diesem seinen Schreiben vernehme / kan in Fürst Siegwards Heyraht durchaus nicht einwilligen; nicht daß er ihn dessen unwirdig achte / sondern / weil er schon einem andern sein Kind versprochen hat / da Käyserl. Hocheit nicht allein Freywerber gewesen /sondern durch ihn der Schluß geschehen ist / welcher durch kein Mittel kan auffgeruffen werden; und erfreuet mich noch in diesem herben Unglük / daß wenig Menschen Wissenchafft drumb haben / daß meine Tochter Sibylla schon ins Ehebette getreten /kan auch wol vertuschet werden / und muß der Fürst mit der vier oder fünfftägigen Niessung zufrieden seyn / nach dem er euch / geliebtes Kind / doch nicht behaltẽ kan. Der frommen Fürstin wahr nicht anders zumuhte / als hätte man ihr die lezte Todes-Urtel gesprochen / sagte daher zu Fr. Sophien: Ihr wisset /herzliebe Fr. Schwester / wie sehr ich euch gebehten /das Beylager biß auff meiner lieben Eltern Bewilligung auffzuschieben[380] / da hingegen ihr mich deren gutheissen stets versichert habt; nicht rede ich solches /euch etwas vorzuwerffen / sondern mich zuentschuldigen / daß meine Eltern vorbeyzugehen ich nicht willens gewesen bin. Nachdem aber nun meinem werten Fürsten ich durch Priesters Hand einmahl zugeführet /und die Ehe allerdinge volzogen ist / sol mein Gott mich schon davor bewahren / daß ich in Ehebruch einwilligen wolte; sondern weil man GOtt mehr als Menschen gehorchen muß / wil ich entweder meinen Fürsten behalten / oder frölich und wolgemuht sterben. Käyser und Eltern mögen hierunter nach belieben wählen / wann nur mein herzgeliebeter Fürst ausser Noht / und Gefahr bleibet / welchen ich gleich jezt erinnern wil / sich stündlich aus dem Staube zumachen; mit mir schicke es mein Gott nach seinem Willen; eins weiß ich wol / daß ein ander Mannesbilde mich nimmermehr lebendig auff solche weise berühren sol. Unter dieser Rede gab Fabius seiner Tochter durch winken zuverstehen / daß es Scherz wahr / deswegen nam sie die Antwort auff sich / und sagete: Herzliebe Schwester / es ist mir dieses Unglük sehr leid / und weiß nit / wie man demselben begegnen sol; Ich frage aber nur / ob das Beylager schon biß heut währe aufgeschoben / wolte sie auff diese ihres Herrn Vaters Erklärung wol rükfällig werden / und dem Fürsten die Zusage auffruffen? nimmermehr bilde ich mir solches ein / weiß auch versichert / der Fürst würde sich damit nicht haben befriedigen lassen. Ist demnach das ergangene nicht anzuklagen / sondern das künfftige zubetrachten / worin ich doch wenig Raht weiß; dann was wil man gegen den Käyser einwenden? Euer Herr Vater hat es dero Hocheit in die Hände übergeben /und kans nicht wiederruffen; so mag auch solche Heyraht wol ehe als die unsere geschlossen seyn. Ey so last es immerhin so wichtig und gefährlich seyn / antwortete Sibylla / ich kan ja noch mit meinem Blute bezahlen / seyd nur bemühet / meinen liebsten Gemahl in gute Sicherheit zubringen / in Betrachtung /daß vor weniger Zeit er nicht allein euer Leben / sondern auch eure Ehre gerettet hat. Ja meinet ihr / sagte Fr. Sophia / euer Gemahl werde euch verlassen / und seine Sicherheit suchen? das sind alles vergebliche Gedanken; dann was euch begegnet / wird gewißlich ihm auch wiederfahren müssen. Hiemit nam sie das Schreiben aus ihres Vaters Händen / und lase daraus /als währe dieses der Begriff: Geliebter Bruder; ich habe dein Schreiben gelesen / und zwar mit höchstbetrübtem Herzen; muß zwar gestehen / daß wann der Sachen Beschaffenheit es leiden könte / ich diesem wirdigen Fürsten mein Kind fast schuldig währe; weil aber Käyserl. Hocheit bey mir selbst Anwerbung getahn / sie dem vornehmen Römischen Herrn und tapfferen Helden / Ritter Prokulus zuverheirahten.

Als Fr. Sibylla den Nahmen Prokulus hörete / merkete sie den Auffzug alsbald / fassete den Stathalter bey der Hand / welche sie ihm küssete / und sagte zu ihm: Komt Herr Vater / lasset uns wieder nach der Geselschafft gehẽ / daselbst wollen wir Käyserl. Hocheit / und meines Herrn Vaters Gesundheit / uñ des elenden Stümpers Prokulus Ungesundheit trinken; der Auffzug ist schon verrahten / und aller Angstschweiß mir abgewischet; dañ Prokulus ist noch lange der Mann nicht / nach dem meine liebe Eltern sich groß umsehen solten. Aber Fr. Schwester / ich gelobe euch hiemit im rechten Ernste / daß ich mich in kurzem an euch rächen wil / solte ich auch aller meiner guten Freunde Raht darzu gebrauchẽ. Der Stathalter küssete sie freundlich / und sagete: Geliebte Tochter; ich erfreue mich eures[381] guten Verstandes / und gebe euch mit euer Schwester zusammen / wann ich nur ausser Gefahr bleibe; reichete ihr damit das Schreiben zulesen / und erinnerte seine Tochter / dahin zusehen /daß das HochzeitFest gegen des Käysers Ankunfft an gesetzet würde / weil H. Pompejus ohn zweiffel inwendig solcher Zeit auch würde gegenwärtig seyn; gingen hernach wieder zu der Geselschafft / und brachten den Tag frölich zu / weil es einem jeden nach Wunsch erging.

Des folgenden morgens als die Fürstliche Geselschaft aus der Christlichen Versamlung wieder nach des Stathalters Hofe fuhren / und GroßFürstin Valiska im rechten aushange saß / begegnete ihr ein fremder Ritter zu fusse / hinter welchem zween ädle Jünglinge als Diener hertraten / der sie sehr ehrerbietig grüssete / und auff Teutsch zu ihr sagete: Die Götter schützen euch / O schönste der Welt / und seyn einem fro en Fürsten gnädig / der euretwegen im grösten Elende lebet. Es däuchte sie / diesen Ritter ehmahls gesehen zu haben / hieß ihren Gutscher stille halten / und gab ihm zur Antwort: Mein Freund / ich bedanke mich eures guten wunsches / und bitte / er wolle sich kund geben / dann wo ich nicht irre / habe ich ihn vor diesem gesprochen / weis aber nicht wo. Durchl. GroßFürstin / antwortete er; Als Klogio der Sikambrer ihre Durchl. zu Prag begrüssete / bin ich / sein Gefärte Farabert / nicht weit davon gewesen / und würde mir eine sonderliche Gnade seyn / wann bey derselben ich auff ein halb Stündichen Gehör erlangen könte / und zwar in geheim / ohn aller Menschen vorwissen. Der GroßFürstin kam solche Anmuhtung etwas fremde vor / und antwortete ihm: Mein Freund / ich habe noch keinem Menschen Gehör versaget / würde auch ihm solche nicht wegern / wañ ich wüste / wessen ich mich zu ihm zuversehen hätte; aber einem unbekanten und in etwas verdächtigen so gar einsam zu hören /möchte ich leicht bedenken tragen. Durchleuchtigste GroßFürstin / sagte er / ich bin ein ehrlicher auffrichtiger Fränkischer Ritter / und währe billich verflucht /wann mit einiger unbilligkeit ich schwanger ginge /möchte auch wol leiden / daß hundert Menschen bey meiner verhörung umb mich währen / wann sie nur unsere Teutsche Sprache nicht verstünden / wiewol ich nicht bedacht bin / ichtwas vorzubringen / daß eurer Durchl. im wenigsten könte nachteilig seyn. Ich bin willig / antwortete sie / euch zu hören / und werdet ihr auff den Nachmittag umb zwey Uhr auff jenem neuerbaueten Hofe euch anfinden / da ich mich gleichergestalt werde einstellen. Er bedankete sich mit wenigen / und daß er unfehlbar erscheinen wolte. Nun haben wir im andern Buche dieser Geschichte vernommen / was gestalt der Franken- und Sikambrer König / Herr Hilderich diesen Ritter Farabert nach Padua gesendet / sich ingeheim daselbst auffzuhalten / ob er der geraubeten Fräulein Valisken Zustand erfahren könte; welcher dann / solches desto besser zuverrichten / sich in einer Herberge gegen des Stathalters Hofe über auffhielt / uñ sich vor einen Teutschen von Adel Römisches Gebiets ausgab / umb desto sicherer zu seyn. Ladisla ädler Leibknabe Tullius hielt sich stets zu Padua auff bey Fr. Sophien / mit welchem dieses Ritters ädler Jüngling Anther Kundschaft machete / ging viel mit ihm umb / und gerieten dadurch in vertrauliche Freundschaft mit einander / welches alles auff Faraberts getrieb zu dem Ende geschahe / daß er desto besser der unsern Zustand in der fremde erfahren könte / wie dann eben durch dieses mittel er alles dessen innen ward / wz Fr. Sophien von den unsern zukam / so gar / daß ihm die vermuhtliche Heyraht zwischen[382] Herkules und Valisken des andern Tages angemeldet ward / als Leches die Schreiben von den unsern nach Padua brachte / und wie es sonst umb das zu Charas gefangene Fräulein stund / welches alles er seinem Könige Hilderich getråulich zuschrieb / auch bald hernach / was vor Völker aus Teutschland / Böhmen und Italien den unsern in die Morgenländer zugeschicket währen; Aus welchen allen dieser hochverständige König nichts anders / als die gewisse Ehe zwischen Herkules und dem Fräulein schliessen kunte / und es zwar beseufzete / aber doch mit der himlischẽ Versehung friedlich wahr / weil ohndz sein lieber Sohn Markomir noch i erzu als ein Wahnwitziger in Ketten und Gefängnis verwahret ward. So bald nun unsere Helden aus den Morgenländern zu Padua anlangeten / hielt sich Farabert stille und eingezogen in seiner Herberge / aus furcht / er möchte von Fr. Valisken oder von Libussen / (welche ihn zu Prag gesehen hatten) erkennet werden / ließ aber seinen Walther geschwinde nach seinem Könige reiten / und demselben allen Zustand der unsern anmelden / welcher zu seinem Gemahl sagete: Wir müssen mit der Götter schickung zufrieden seyn / und vor gewiß halten / es sey dieses vortreflichste Fräulein der Welt niemand anders / als dem löblichen Fürsten Herkules bescheret gewesen / welches wir zum teil aus unsers wahnwitzigen SohnsReden zuerkennen haben; nur wollen wir die gütigen Götter anflehen / daß sie unserm Sohn gnädig seyn / und seinen Verstand ihm wieder zuwenden wollen / da er noch eine zeitlang leben sol. Es hatte vor zehn Tagen sich ein Gallischer Arzt bey dem Könige anmelden lassen / welcher über die 30 im Häupt verstörete Menschen glüklich geheilet / und zu völliger Vernunft wiedergebracht hatte /begehrete auch den jungen Fürsten zu sehen und seinen mangel recht zubetrachten / welches ihm aber erst vor zween Tagen gegönnet ward / da er dann befand /daß hochnöhtig währe / ihm vernünftige Leute zuzuordnen / welche / wann er etwas ruhig währe / gebührlich mit ihm zureden wüsten / insonderheit solte man ihm vortragen / daß Fürst Herkules todes verblichen / und Fräulein Valiska nicht allein bey den ihren gesund wieder angelanget / sondern ihm auch mit sonderlicher Hulde zugetahn währe; Hierbey gebrauchte er seine Kunst / ließ ihm die Ader springen / gab ihm innerliche Arzney ein / und schmierete ihm eine kräftige Salbe an beyde seiten des Häupts / welches schon zimliche wirkung taht / so daß die rasichte Wuht / die ihn täglich aufftrieb / sich legete / wie wol er in seinen reden keine vernunft spüren ließ. Als nun Walther abgedachte Zeitung von Valisken Heyraht und wiederkunft nach Padua dem Könige anmeldete / kam dieser Arzt gleich darzu / und zeigete an / es würde dem jungen Fürsten zu seines verstandes wiederbringung sehr dienlich seyn / wann man bey dieser GroßFürstin erhalten könte / daß ungemeldet ihrer getahnen Heyraht / sie ihm ein freundliches Brieflein zuschreiben möchte / in welchem sie sich gegen ihn zu aller freundschaft und Schwesterlichen Liebe erböhte. Sein Vater der König ließ solches bey schleunigster Eile an Farabert gelangen / welcher solches zu werben / vor dißmahl bey der GroßFürstin umb verhörung anhielt. Als er sich nun zur ernennten Zeit einstellete / empfing ihn Valiska (welche ihrem Gemahl und Bruder sein begehren schon verständiget hatte) gar freundlich /und in Gallus / Klodius / und Markus gegenwart /welche die Teutsche Sprache nicht verstunden / hies sie ihn seine Werbung ungescheuhet vortragen / welche sie anzuhören bereit und willig währe. Worauff er also anfing: Durchleuchtigste Hochgepreisete Groß Fürstin / gnädigste[383] Frau; unter andern hohen und lobwirdigen Tugenden / welche eure Durchl. in dieser ihrer Jugend schon durch den grösten teil der Welt berühmt gemacht haben / ist nicht die geringste / daß ihren ärgesten Feindẽ zuvergeben / und der Elenden sich anzunehmen / aus getrieb ihrer angebohrnen gütig- und barmherzigkeit / sie so gar willig und bereit ist / wodurch sie dann ihren Stuel den himlischen Göttern schon sehr nahe gesetzet hat. Nun weis ich nit / ob ihrer Durchl. es mag kund getahn seyn / was gestalt meines allergnädigsten Königes Herr Sohn / der Durchleuchtigste / anjetzo leider! allerelendeste Fürst Markomir / bald nach eurer Durchl. gewaltähtige entführung / umb dero Heyraht zum andernmahl anwerbung getahn / und durch die hochbetrübte Zeitung ihres verlustes / in so tieffe und schwermühtige traurigkeit und bekümmernis gerahten / daß er endlich seiner Vernunfft beraubet ist / und in banden muß verwahret werden / woran seine Königliche Eltern ein unaussprechliches Herzleid sehen / und vor grosser betrübnis kaum zubleiben wissen. Es hat sich aber vor weniger Zeit ein berühmter Arzt bey ihnen angemeldet / und zur wiederbringung des jungen Fürsten Gesundheit den trostlosen Eltern gute Hoffnung gemacht / dessen Arzney die himlischen Götter gesegnen wollen; und ist desselben wolmeintlicher Raht und gutdünken / es würde kein Ding in der Welt sei nen Pflastern und anderen Arztneien stärkere Kraft mitteilen / als wann ihre Durchl. gnädigste GroßFürstin / sich dieses elenden wizlosen jungen Fürsten in so weit erbarmen / und durch ein freundliches Brieflein seine zuschlagene uñ nider gedrückete Geister wolte helffen auffrichtẽ; welches wie ihrer Durchl. es weder Schimpff noch Schaden bringen kan / sondern vielmehr zu grösserer ausbreitung ihres Lobes dienen wird / also wird dieselbe dadurch meinen Großmächtigsten König sich dergestalt verbunden machen / daß er mit rechtschaffener väterlicher neigung derselbẽ wird zugetahn und ergeben seyn; daß ich geschweige /was vor Ruhm uñ Ehre derselben zuwachsen wird /wann durch dieses mittel / sie dem jammervollen Fürsten seinen Verstand; den traurigen Eltern ihren Sohn; und dem Franken- und Sikambern Volke ihren künftigen Beherscher wieder geben würde. Dieses / Durchleuchtigste GroßFürstin / habe auff meines Königes begehren / kraft dieses Befehl-brieffes (welchen er der GroßFürstin ehrerbietig einlieferte) vortragen sollen /nicht zweifelnd / eure Durchl. werde solches gnädigst vermerken / und sich nicht wegern / demselben seine Gesundheit und menschlichen Verstand wieder zubefodern / der bloß allein aus gar zuheftiger Liebesbegier nach eurer unvergleichlichen vortrefligkeit / solches ädle Kleinot verlohren / und einem unvernünftigen Vieh fast åhnlich worden ist. Womit er unter traurigen geberden seiner Rede die Endschaft gab. Die GroßFürstin ließ nicht weniger bey seinem vorbringen ihr mitleiden sehen / und nach verlesung des Brieffes antwortete sie also: Mein Freund / Herr Farabert; das unverdienete Lob / welches in seiner Rede er mir zulegen wollen / muß ich billich von mir ablehnen / uñ doch seine gute gewogenheit daraus erkennen; sonst mag er sich wol versichern / daß der leidige Unfal /welcher den Durchleuchtigsten Königlichen Fürsten /Herrn Markomier getroffen / mir nicht weniger zu herzen stosset / als sähe ich denselben gegenwärtig an meinem leiblichẽ Bruder / insonderheit aber schmerzet michs über die masse / daß ich dessen eine Ursach sol gehalten oder genennet werden / daher ich weder Gefahr / noch mühe und kosten sparen wolte / wann ich einiges ehrenbilliches Mittel zubedenken wüste /den lieben Fürsten / dem ich in[384] warheit Schwesterliche Hulde trage / von seinem Unglük zuerledigen; warumb solte ich mich dann wegern / dessen Liebe mit einem Schreiben zubegrüssen. Ich habe aus seinem vornehmen zur gnüge verstanden / daß dieser euer Fürst mir von herzen gewogen gewesen / würde mich auch nicht gewegert haben / seinem ehrliebenden ansuchen stat zugeben / wann ich nicht schon vorhin mich an den Durchleuchtigsten GroßFürsten /Herrn Herkules / meinen jetzigen Gemahl äid-ehelich versprochen gehabt / welches doch dazumahl meine leibliche Fr. Mutter nicht wuste / ich auch lieber hundert tausendmahl hätte sterben / als solches Gelübde brechen wollen / dessen verknüpfung so fest gewesen / daß michs auch / unter der allergrössesten gefahr /von dem grossen Könige Artabanus in Parthen loßgetrieben / und meinem versprochenen Gemahl mich geliefert hat. Ich habe von eures Fürsten / meines grossen und lieben Freundes Unfal etwas in Persen erfahren / und sint der Zeit seine Liebe meinem Almächtigen wahren Gott in meinem täglichen Gebeht vorgetragen / zweiffele auch nicht / derselbe werde meine Seufzer erhören / und die Mittel zu des treflichen Fürsten Gesundheit gnädig verleihen. Ihr solt euch aber /mein Freund / gar nicht scheuhen / meinem Gemahl dieses euer Ansuchen zu offenbahren / sondern versichert seyn / daß derselbe nicht minder als ich / oder als sein geträuester Bruder ihm zu helffen / bemühet seyn / und sich ganz glükselig schätzen werde / wann er darzu einige Gelegenheit haben mag. So werde ich mich nun zu demselben hin machen / ihm euer billiches begehren anzumelden / uñ da derselbe euch etwa zu sich fodern würde / habt ihr ihm zu trauen als eurem Könige selbst. Farabert hörete diese freundwilligkeit mit höchster verwunderung an / küssete ihr die Hand / welche sie ihm darboht / und wolte seine Dankrede kniend verrichten / welches sie ihm doch keines weges gestatten wolte / sagete / es gebührete ihr kein Dank / ehe und bevor sie etwas dankwirdiges geleistet hätte; ging zu ihrem Gemahl und Bruder /zeigete ihnen alles an / und erhielt leicht bey ihnen /daß er zur Abendmahlzeit gebehten / und an den Fürstlichen Tisch / als eines grossen Königs vornehmer Raht uñ Diener gesetzet ward / da dañ Herkules mit solcher freundligkeit ihm begegnete / daß er sich darüber sehr verwunderte / demselben alle elende begebenheit des jungen Frankischen Fürsten erzählete /und daß er willens währe erstes tages wieder nach seinem Könige zu reisen. Des folgenden Tages umb den Nachmittag ward er von Herkules und seinem Gemahl wieder vorgefodert / und von ihm also angeredet: Mein Freund / Herr Farabert; ich kan nit unterlassen /ihm zubezeugen / wie schmerzlich des hochbenahmten ritterlichen Fürsten Herrn Markomirs Unfal mir zu herzen gehet / insonderheit / daß mein liebstes Gemahl / wiewol ganz wieder ihren willen / darzu Ursach geben müssen; wolte Gott / ich wüste mittel und wege zuerdenken / seiner Liebe Gesundheit wieder zuerhalten / ob mirs gleich etliche viel Tonnen Goldes / ja mein Blut kosten solte. Mein Gemahl hat nicht unterlassen wollen / an seine Liebe zuschreiben / Gott helffe / daß es ersprießlich sey. Was sonsten in diesen Wetschern vermacht ist / werdet ihr unbeschweret seyn / meiner Gn. Fr. Mutter / der Fr. Königin / im nahmen meiner Gemahl einzuliefern / und solches als einen aus Asien mitgebrachten Beutpfennig / zum gedächtnis und beweißtuhm alles möglichen Kindlichen gehorsams; zu dessen überbringung euch zween MaulEsel sollen zugestellet werden. Dem Großmächtigsten Könige und Herrn / Herrn Hilderich / wollet ihr meinen Kindlichen und bereitwilligsten gehorsam anmelden / und daß in seinem schweren[385] Haußunglük dessen Königl. Hocheit / ihrem hochweisen und tapfferen Helden-verstande nach / einen muht fassen /dem Almächtigen Gott stille halten / und von demselben unfehlbahre Hülffe gewertig seyn wolle; ich würde es unter meine höchsten glükseligkeiten mit rechnen / wann ihrer Hocheit Angesicht zusehen / ich nach diesem die Ehre haben solte / als deren hoher Nahme durch alle Welt berühmet ist. Solte auch Gottes barmherzigket / wie ich hoffe / über den Durchl. GroßFürsten / Herrn Markomir zur Gesundheit walten / bitte ich / mir solches ehist zuzuschreiben; endete hiemit seine Rede / und schenkete diesem Frankischen Ritter eine schwere güldene Kette / ein par Armbänder und andere ritterliche Kleinot / auf 8000 Kronen wert / nebest 4000 Kronen baar / über welcher Freygebigkeit er sich entsetzete. Die GroßFürstin wiederhohlete schier ein gleichmässiges / uñ fragete ihn / als im scherze / ob er ein Liebste hätte; worüber er erröhtete / und gerade zu mit ja bekennete; da sie also fortfuhr: So müsset ihr derselben ein Zeichen meiner gutẽ gewogenheit überbringen; reichete ihm auch allerhand Kleinot / auff 6000 Kronen wert / und sagete: Wann ihr mir zur guten Zeitung zuschreiben werdet / daß der liebe Fürst Herr Markomir genesen sey / wil ich euch solches mit 10000 Kronen baar ersetzen; stellete ihm endlich den Brief an den jungen Fürsten zu / wobey etliche eingewickelte Kleinot wahren / und im Vorhofe ließ sie ihm ein trefflich geputzetes Schneeweisses Reitpferd zuführen / nebest einen mit güldenen Tüchern beladenen MaulEsel / alles vor den jungen Fürsten / daneben sie anzeigete / daß 2000 Kronen dabey befindlich währen / dem Gallischen Arzt einzuhändigen / nebest dem Versprechen / daß auff künfftige Gesundheit des jungen Fürsten ihm gedoppelt so viel solte übergemacht werden. Da dann Farabert höflichen Abscheid nam / voller Hoffnung zu seines Fürsten Gesundheit.

Sonst brachten die unsern die hinterstelligen 20 Tage biß zu dem angesezten HochzeitFeste / mit aller zulässigen Lust hin / da der junge Sulpitius / nebest Klodius und Markus / auch ihren Eheliebesten nach Rom reiseten / die ihren zubesuchen / bey denen Herkules und Ladisla an Urban den Bischoff daselbst /50000 Kronen / behuef der armen Christen; an ihren alten Wirt Sabihn 4000; an den Arzt Galehn 1000 Kronen / und an Herrn Zinna / sein Gemahl und Tochter / viel Kleinot auff 12000 Kronen wert übermacheten / und unterließ Fürstin Sibylla nicht / an ihre vertrauete Freundin Frl. Virginia / Herrn Aquilius Tochter zuschreiben / da sie ihr dann ihre und Lukrezien Heyraht zuwissen machete / und sie auff das HochzeitFest einladeten / sendete ihr auch sehr schöne Kleinot über. Herkules und Ladisla unterliessen nicht / an Käyserl. Hocheit zuschreiben / und entschuldigten sich zum höchsten / daß ihrem Versprechen nach / sie derselben / wegen eingefallener Entführung ihrer Frl. Schwester / zu Rom nicht hätten auffwarten / noch die schuldige Danksagung vor erzeigete hohe Käyserl. Gnade mündlich ablegen können / erbohten sich danebẽ / vor ihrem Abzuge solches zuleisten / und verpflichteten sich zu ihrer Hocheit Diensten / übersendeten auch des Käysers Mutter Fr. Mammeen sehr köstliche Kleinot / und allerhand Persische Seidene / silberne und güldene Tücher / daneben vier Tonnen Schaz / gemünzetes Parthisches Goldes. Dem Käyser aber 20 Parthische Handpferde mit köstlichem Zeuge geputzet / welches über 4 Tonnen Goldes austrug / wahr auch bey jedem Pferde ein Parthischer Leibeigener / von den leztgefangenen Werbern / in gülden Stük gekleidet. Klodius[386] und Markus nahmen alles zu sich / und unter der Begleitung von 300 Reutern zogen sie geschwinde fort / biß sie zu Rom glüklich anlangete / da man sie anfangs nicht einlassen wolte / und gleichwol wahren sie nicht willens / ihre Herren zumelden / darumb gaben sie sich bey der Wache an / sie währen von dem Stathalter zu Padua an dessen Bruder Herrn M. Fabius abgeschicket / kahmen auch unter diesem Schein fein durch / kehreten bey T. Bellizius ein / welcher Klodius Schwester Mann wahr / und wurden von den ihrẽ sehr wol und freundlich empfangen. Bey Herr Fabius gaben sie sich noch desselben Tages an / welcher mit seinem Gemahl sich schon zu der Reise fertig gemacht hatte / hörete auch mit Freuden die löblichen Tahten und Fürstlichen Tugenden ihres geliebten Schwieger-Sohns. Er wahr ein überaus reicher Herr /wolte auch solches vor dißmahl erscheinen lassen /indem er seiner Tochter Schmuk gegen künfftige Hochzeit auff Königlich zurichtẽ ließ / der sich auff 6 Tonnen Goldes belief. Er hielt aber vor dißmahl dienlich / daß Klodius und Markus sich noch desselben Tages bey dem Käyser und seiner Fr. Mutter angeben liessen / weil das Geschrey von der Helden Wiederkunfft vor wenig Tagen ausgebrochen währe / machte sich auch selbst nach dem Käyserl. Hofe / und gab an; es hätten die Teutschen Fürsten / König Ladisla und GroßFürst Herkules ihre Leute von Padua hergesand /welche umb allergnädigstes Verhör bey Ihrer Käyserl. Hocheit und dero Fr. Mutter / alleruntertähnigst anhielten. Der Käyser vernam dieses gerne / ließ seine Mutter zu sich bitten / und befahl / daß die Gesanten alsbald vorgeführet würden / da Klodius diese Rede hielt: Allergroßmächtigster Unüberwindlichster Käyser / Allergnädigster Herr; wie auch Großmächtige Durchleuchtigste / gnädigste Frau; Meine gnädigste Herren / die Durchleuchtigste Großmächtige / Herr Ladisla / König in Böhmen / und Herr Herkules /GroßFürst und nähester Erbe Teutschlandes / auch erwähleter Fürst des Landes Susiana / entbieten Eurer Käyserl. Hocheit und HochFürstl. Würde / ihren untertähnigen Gruß / und bereitwilligste Dienste; entschuldigen sich mit dem Unfal ihrer Fr. Schwester und Gemahls / wegen ihrer ehmahligen Nicht-einstellung / wie ihre Schuldigkeit sonst hätte erfodern wollen / und übersenden Ihrer Hocheit dieses Schreiben. Der Käyser bedankete sich des geschehenen Grusses und freundlicher Anerbietung seiner lieben und wirdigen Herrẽ Brüder und Freunde / hielte die getahne Entschuldigung vor überflüssig / erfreuete sich ihrer glüklichen Wiederkunfft / und hoffete sie vor ihrem Abzuge zusprechen / und bessere Kund- und Freundschafft mit ihnen zumachen; brach das Schreiben /und nach Verlesung sagte er; Er möchte wünschen /daß sie die Mühe auff sich genommen hätten / uñ selbst überkommen währen / alsdann würde er ihnen das Geleite von Rom ab / biß an ihre Grenzen gegeben haben; nun aber möchte sichs vielleicht zutragen /daß er sie vorher zu Padua besuchete. Klodius antwortete: es würde ihren Gnn. Herren solches zuvernehmen / die allergröste Vergnügung und Freude seyn. Nun hörete der Käyser die auff den innern Plaz gestellete Handpferde / und fragete seine anwesende Diener / was solches bedeutete / dz man die Pferde daher geführet hätte? worauff Klodius zur Antwort gab: Unüberwindlichster Käyser; meine obhochgedachte Gnädigste Herren übersenden Ihrer Hocheit etliche aus Parthen / Meden / Persen / Hirkanien / und andern Asiatischen Fürstentuhmen mitgebrachte Pferde / und Parthische ädelgebohrne gefangene Leibeigene / untertähnig[387] bittend / Ihre K. Hocheit wolle dieselben als ein Zeichen ihrer durch GottesGnade daselbst erlangeten Ehr und Beute / mit hochgeneigetem Herzen von ihrer Hand annehmen / und allezeit ihr hochgewogener Käyser verbleiben. Es hat den teuren Helden nicht so wol ergehen können / antwortete der Käyser / daß ichs ihnen nicht besser wünschen und gönnen solte / und haben unsere Beamten in Syrien schon schrifftliche Meldung getahn / was gestalt der Persische Fürst Artaxerxes bloß durch dieser Helden Raht uñ unüberwindliche Faust / des Parthers Artabanus Macht gebrochen / dessen eigentlichen Verlauff wir von ihnen in kurzem einzunehmen verhoffen. Ging hin / und besahe die köstlich geputzeten muhtigen Pferde / unter denen insonderheit zwey Skytische schneeweisse vorne an stunden / mit güldenen Huefeisen und Gebiß / auch so überaus statlichen Decken /mit den außerlesensten Indischen Perlen reichlich besticket / an denen Sattel und Zeug von lauter Demanten glänzete / daß der Käyser anfing: In Warheit / dieses ist gar zu ein grosser Beutpfennig / dessen Vergeltung wir noch nicht absehen können. Befahl den Leibeigenen auffzusitzen / und die Pferde zu tummeln / an deren sehr guter Abrichtung er ein grosses Wolgefallen hatte. Der Käyserlichen Mutter überschikte Wagen / deren Pferde mit köstlichen güldenen Zeuge beleget waren / kamen auch herzu / welche Markus also einlieferte: Großmächtige / Durchleuchtigste /Gnädigste Frau; Meine Gnädigste Frauen / die Durchleuchtigste GroßFürstin Fr. Valiska / GroßFürst Herkules Gemahl / und die auch Durchleuchtigste Fr. Sophia / des Böhmischen Königes / Herrn Ladisla Gemahl / haben Ihrer HochFürstl. Würde ein geringes Gedächtniß ihres untertähnigen / gehorsamen und kindlichergebenen Willens / von der Parthischen eroberten Beute übersenden wollen / untertähnig bittend / solches von ihren bereitwilligsten Händen hochgeneigt und gnädig anzunehmen / und ihre hochgeneigete und gnädige Frau und Mutter stets zubleiben. Es ist des verehrens schon zu viel an dem gemacht / antwortete sie / daß nicht allein die teure Fürsten kurz nach Eroberung des Raubnestes mir übergeschicket / sondern auch meine herzgeliebete Fr. Tochter / Fr. Sophia mir unlängst selbst eingeliefert hat / und muß nun zum dritten mahl durch Annehmung so grosser Geschenken mich wider meinen Willen unhöflich erzeigen; jedoch / weil die Wegerung meinen hochgeliebeten Freundinnen und Töchtern ungenehm und widrig seyn würde / wil ich ihnen gehorsamen; bedanke mich der Ehren freundlich / und hoffe in meiner bißher unbekantẽ Fr. Tochter der treflichen GroßFürstin Kundschaft schier zukommen. Als die Güter abgeladen wurden / und sie so grosse Schätze an Kleinotẽ /Gold und Tüchern funden / ward der Käyser fast unwillig / daß er auch zusagen sich nit enthalten kunte; Diese Fürsten wollen uns mit Gewalt zum unhöflichen machen; dann womit sollen so grosse Schätze doch vergolten werden? Nachdem aber er vernam /was vor grossen Reichtuhm sie mit sich gebracht hatten / gab er sich zufrieden / uñ befahl Anordnung auff seine Reise zumachen / dann er wolte am dritten Tage hernach auffbrechen. Herr M. Fabius stund ihm zur seiten / berichtete / was gestalt sein SchwiegerSohn der Königliche Schwedische Fürst Siegward / innerhalb 12 Tagen das HochzeitFest mit seiner lieben Tochter / auch GroßFürst Herkules einiger Bruder /Fürst Baldrich / mit Herr K. Pompejus Tochter / zu Padua halten würden / und baht untertähnigst / Ihre Käyserl. Hocheit / und dero Fr. Mutter möchten allergnädigst geruhen / diesem Ehrenwerke beyzuwohnen.[388] Dem der Käyser zur freundlichen Antwort gab: Ja mein lieber Geträuer / es sol euch versprochen seyn; machet nur Anordnung / daß alles zur Reise verfertiget werde / wie es unser Hocheit gebühret; Wir werden diesen Fürsten zuehren uns über unsere Gewohnheit kleiden (dann dieser Käyser stets in schlechten Kleidern auffgezogen kam) zweifeln auch nit / unsere Fr. Mutter werde die Mühe zur Reise gerne / über sich nehmen. Wie sie dann sich willig darzu erboht. Diesen Abend musten Klodius und Markus bey dem Käyser Mahlzeit nehmen / die nicht unterliessen /ihrer Herren Ruhm und Tahten zuerzählen / insonderheit was von ihnen in Schlachten und absonderlichen Kämpffen vorgangen wahr; da alle anwesende wünscheten / Herkules möchte den ungeheuren Gamaxus zum schauen mit übergebracht haben. Des folgenden Morgens legten sie ihre Werbungen und übergebrachte Sachen / anfangs bey dem damahligen Römischen Bischoff Urban ab / nachgehends bey Sabihn und Galehn / endlich auch bey Herrn Zinna / welcher sich zugleich freuete und schämete / daß der hochberühmte Herkules sein ehemaliger Oedemeier und Leibeigener währe; wie nicht weniger sein Gemahl und Tochter /welche die übergeschikte köstliche Sachen mit grossem Dank annahmen / wiewol die gute Frau sich sehr unmuhtig befand / daß Herkules geheirahtet / und vor diesem sie mit Vorschützung seiner Unmögligkeit abgespeiset hätte / daher ihr unmöglich wahr / sich bereden zulassen / daß sie mit ihrem Gemahl und StiefTochter nach Padua auff die Hochzeit gezogen währe / sondern wendete eine ertichtete Leibesschwacheit ein / uñ blieb daheim. Nun hätte Klodius mit seinen Freunden und Anverwanten / denen seine Eheliebste große Verehrungen taht / sich gerne noch eine zeitlang ergetzet / aber seinen Herren die gebührliche Träne zuerweisen / nam er des andern Morgens nach seiner Ankunfft von ihnen Abscheid / und verließ / daß sie mit seiner Liebesten und mit Markus nach Padua überkommen solten; machte sich mit 12 Reutern geschwinde fort / umb zuberichten / daß Käyserl. Hocheit mit einer grossen Geselschaft sich bey der Hochzeit würde finden lassen. Gleich da er zu Padua in der Morgenstunde ankam / ward dem Stathalter daselbst die Zeitung gebracht / Herr K. Pompejus Stathalter von Elia oder Jerusalem / währe ausgestiegen / und kähme mit Gutschen und beladenen Wagen an; dessen Fr. Lukrezie sich herzlich erfreuete / erhielt auch leicht / daß die gesamte Fürstliche Geselschafft sich in einerley trefliche Kleidung ausputzeten / und ihm entgegen zogen. Herkules und Ladisla macheten das erste; Baldrich und Siegward das andere; Arbianes und der junge Fabius (der schon abwesend in den Römischen Raht erkohren wahr; das dritte; Skaurus und Pupienus das vierdte Glied. Ihnen folgten vier kleine statliche ReitGutschen; In der ersten wahr die GroßFürstin und Lukrezie; In der andern Fr. Sophia und Sibylla; In der dritten Fr. Ursul und Helehn; In der vierden Beata / Gallus EheLiebste und Lektoria / Lukrezie ädle LeibJungfern / mit den beyden jungen Herrlein / Herkuliskus und HerkuLadisla. Ihnen folgeten 50 Teutsche und Böhmische Reuter in treflicher Zierde / welche von Leches und Neda geführet wurden. Da sie eine grosse Teutsche Meile von Padua wahren / sahen sie den Stathalter von ferne daher fahren / stiegen von ihren Pferden und Gutschen / und nahmen ihre Gemahlen bey der Hand /mit denen sie sanfftmühtig fortgingen; welches Fr. Terenzia ersehend / zu ihrem Gemahl sagete: Ach mein Gott / dort kommen unsere Kinderchen her; stiegen auch herunter / und begegneten[389] ihnen zu fusse. Als sie aneinander gerieten / umfing Herr Pompejus zu anfangs Herkules und dessen Gemahl; hernach Ladisla und Frau Sophien / ihres Wolergehens sich hoch erfreuend; als er aber an Baldrich und seine liebe einige Tochter kam / ergriff ihm sein SchwiegerSohn die Hand / küssete dieselbe mit grosser Ehrerbietung /und sagete: Hochansehnlicher Herr Stathalter / Gn. Herr Vater; nachdem der Almächtige GOtt nach seiner gnädigen Vesehung / Euer Liebe wolerzogene Tochter / mein geliebtes Gemahl mir zugeführet hat /als bitte ich sehr und kindlich / Eure Liebe wollen vor ihren Sohn mich annehmen / und dabey sich versichern / daß mit kindlichem Gehorsam meinen hochwirdigen SchwiegerEltern / und herzlicher Träue gegen meinen teuresten EheSchaz / ich Zeit meines Lebens mich werde finden lassen. Herr Pompejus umfing ihn freundlich / bedankete sich des hohen erbietens / und gab ihm seine Tochter an die Hand mit diesen Worten: Ich habe meiner Fr. Tochter / der Durchl. GroßFürstin dieses mein liebes einiges Kind über geben / welche dann freilich sie an keinen unwirdigen hat verheyrahten wollen; und was vor einen angenehmern SchwiegerSohn könte mir Gott zuschicken / als eben den / der mit dem teuren GroßFürsten Herrn Herkules unter einem Herzen geruhet hat / und daher nicht anders seyn kan / er muß in ansehung dessen /nichts als alles löbliches an sich haben / wie er dañ solches in errettung meiner geliebten Wasen überflüssig erwiesen hat. Lukrezie setzete sich vor ihrem Vater in die Knie / bedankete sich Kindlich dieser väterlichen einwilligung / küssete ihn hernach / und sagete: Gn. herzallerliebster Herr Vater; nachdem die Durchl. GroßFürstin von mir begehret hat / diesem werten Fürsten vor meiner lieben Eltern ankunft mich ehelich zuergeben / hoffe ich / sie werden keinen unwillen deßwegen auff mich werffen. Meine Fr. Tochter / die Durchl. GroßFürstin hat es sehr wol geordnet / sagte der Vater; weil nach der Gemühter vereinigung nichts heilsamers noch sicherers / als die Heyraht ist /und merke ich wol / nachdem dirs mit GroßFürst Herkules gefehlet / hat es gleichwol niemand anders als dessen Herr Bruder seyn sollen. Der barmherzige Gott verleihe dir seine Gnade / daß du dich gebührlich gegen ihn zu halten wissest / und gönne mir den Tag /an welchem ich meine hochgewünschete Kindeskinder sehen möge. Hierauff empfing er die übrigen auch /da inzwischen Fr. Terenzia von der GroßFürstin und den andern sehr freundlich gewilkommet ward / welche / da sie an ihre liebste Tochter geriet / die Trähnen häuffig vergoß / ihr umb den Hals fiel / und aus mütterlicher neigung sagete: Mein allerliebstes Kind /es gehet mir zwar sehr nahe / daß ich dich so weit von mir hinweg schicken mus; jedoch ist mirs eine sonderliche herzens freude / daß du in die Verwandschaft deren auffgenommen bist / welche dir die allerliebsten in der Welt sind. Herzgeliebete Fr. Mutter / antwortete sie / es ist ebenwol auch meine grösseste bekümmernis / daß ich euch so ferne seyn mus / doch können wir ja noch zu zeiten beyeinander seyn; vordißmahl aber wollen wir solche traurige Gedanken bey seit legen / und unsere Freude durch die Trähnen nicht stören / sondern zu meinem liebsten Fürsten und Gemahl treten / damit er euch seine Fr. Mutter auch kennen und sprechen möge. Baldrich trat gleich herzu / setzete sich auff ein Knie vor ihr nieder / welches aber weder sie noch Lukrezie gedulden wolte / und ihn wieder auffhuben / da die Mutter ihn in die Arme nam / und aller mütterlichen Liebe und Träue sich erboht. Er hingegen wuste ihr dergestalt mit lieblichen reden zu[390] begegnen / daß sie ihre Tochter wegen dieser Heyraht glükselig schätzete. Nach geendigtem umbfangen / setzeten sie sich wieder auff / und muste H. Pompejus zwischen Ladisla und Herkules reiten / Lukrezie aber vergeselschaftete sich mit ihrer Mutter /und berichtete sie alles dessen / was bißher vorgangen wahr / zeigete ihr auch die Beinnarbe / welche ich /sagte sie / zum stetswehrenden Zeichen und unablöschlichem Gedächtnis meines herzliebsten Gemahls und seiner ungefärbeten Liebe tragen wil. Also zogen sie auff Padua zu / uñ wurden daselbst von neuen wol empfangen / woselbst sie des Käysers ankunft erwarteten / und alles Königlich anordnen liessen / dann sie wolten das Hochzeitfest in dem neuerbaueten Hofe halten / dessen Gemächer mit den kostbahresten Persischen Tüchern behänget wurden / und bestellete der Stathalter auff Herkules ersuchen / daß in allen Flecken und Städten eine Tagereise nach Rom hin / reitende Diener heimlich befehlichet wurden / des Käysers ankunft mit schnellen Pferden nach Padua zuberichten. Zween Tage vor der angesezten Hochzeit kam Zeitung / der Käyser in Geselschaft 30 Gutschen und 300 Pferde / würde drey grosser Meilen von Padua das Nachtlager halten / daher macheten sich Herkules und Ladisla mit den dreyen Fürsten zu rechter Zeit auff / ihm eine gute Meile von der Stad zubegegnen /da sie eine Reuterey von 150 Mann mit sich nahmen. Herkules und Ladisla ritten vorne an / ihnen folgeten die drey Fürsten / und zwar Arbianes in Medischer Kleidung / denen Klodius und Prinsla in vollem köstlichen Reitharnisch nachritten; aller nähest hinter denen / 150 Bömische ädelknaben / in ihren rohten Scharlaken Manteln mit Golde reichlich verbremet; zulezt wahren Leches und Neda / welche obgedachte wolbewapnete Reuterey führeten / und auff ihren Helmen allemiteinander die allerschönsten langen schneweissen Federbüsche aufgestecket trugen. Die vier Fürsten wahren gleich gekleidet in Persischem Gülden Stük / mit herlichen ädelgesteinen besetzet / die einen grossen Schein von sich gaben. Auff ihren Hüten hatten sie weisse Federbüsche / an welchen trefliche Kleinot geheftet wahren. Der Käyser wahr der Hofnung / seine ankunft würde zu Padua ungemeldet seyn / doch auff wiedrigen fall hatte er sich über seine Gewohnheit herlich angelegt / und in eine verdeckete Gutsche sich gesetzet / vor welcher 50 Mann her ritten / und 250 hinten nach folgeten. Nun wurden die Vorreuter der unsern in ihrer schi ernden Kleidung von ferne gewahr / jedoch unwissend / wer sie seyn möchten / meldeten es dem Käyser an / und führeten ihm seinen hochmuhtigen Hengst zu / auff welchen er sich setzete / und zween Hoffjungkern an die unsern abschickete / mit freundlicher Frage / ob sie von Padua kähmen; denen Herkules zur Antwort gab; Ja /sie als fremde / die sich zu Padua eine Zeitlang auffgehalten / währen ihrer Käyserlichen Hocheit ankunft inne worden / hätten demnach / ihre Schuldigkeit abzulegen / deroselben auffwärtig entgegen reiten wollen. Diese jageten schleunig zurük / und überbrachten solche Antwort / daneben vermeldend / es sähen die vier ersten den Göttern ähnlicher als den Menschen /insonderheit der / so ihnen die Antwort gegeben. Also zweifelte der Käyser nicht mehr an der Warheit / ritte sanftmühtig fort / und sahe mit grosser verwunderung an / was gestalt Herkules seinen Blänken tummelte /und wie artige Sprünge das Pferd sehen lies; biß sie etwa auff 50 Schritte beysa en wahren / da sprungen unsere Fürsten ab von ihren Pferden / entblösseten die Häupter / und erzeigeten dem Käyser sehr grosse Ehrerbietung; und als sie so nahe kamen / fasseten sie seinen Stegrieff an / welches er ihnen[391] doch nicht zulassen wolte / sondern einem nach dem andern die Hand sehr freundlich boht / die von ihnen höflich geküsset ward. Nach solcher verrichtung traten sie etliche Schritte zurük / und fing Herkules diese Rede an: Großmächtigster unüberwindligster Käyser / gnädigster Herr; niemahls ist von meinem Gesellen Ladisla und mir / grössere Undankbarkeit begangen / als die eurer Käyserl. Hocheit wir leider haben sehen lassen müssen / in dem vor die hohe unverdienete Gnade und Ehre / uns vor zweien Jahren angetahn / eurer Hocheit wir uns zu Rom nicht dargestellt / umb / den höchst schuldigen Dank in etwas blicken zulassen / welchen gänzlich abzulegen / unser vermögen viel zu unvermögen ist. Wann wir dañ dieses unser verbrechen billich und willig erkennen / auch ihrer Hocheit höchstruhmwirdige Sanftmuht und Gütigkeit uns wol bewust ist / als bitten wir untertähnigst / diesen unsern groben Fehler uns gnädigst zu übersehen / insonderheit / weil zwar unser Herz hierzu ganz willig und bereit wahr / und nur durch den unvermuhtlichen Verlust meiner Frl. Wasen / jetzigem Gemahl hintertrieben / und biß auff diese unsere Wiederkunft auffgeschoben seyn müssen. Da wir gleichwol nicht willens gewesen sind / diese eurer Käyserl. Hocheit eigentühmliche Länder zuverlassen / ehe und bevor wegen empfangener hohen Käyserl. Gnade / vor eurer Hocheit / wir uns zu Rom würden eingestellet / uñ nach äusserstem / wiewol schwachen vermögen / unsere untertåhnig- dankbegierige herzen ausgeschüttet haben. Weil aber solches anjezo hieselbst geschehen kan; sey eurer Käyserl. Hocheit vor die unerhörte höchst milde Käyserliche Gnade und Güte von uns untertähnig Dank gesaget; und ob solche wir gleich nimmermehr ersetzen können / wollen dannoch eurer Käyserl. Hocheit / wir / uñ gegenwärtige / mein Oheim Siegward und Bruder Baldrich / Fürst- und träulich angeloben / daß wir Zeit unsers Lebens seyn und bleiben wollen / vor unser Häupt / eurer Käyserl. Hocheit ergebene Knechte / und in künftiger Herschung / Freunde des Römischen Reichs / dergestalt /daß wir alles / was Teutsche / Bömische und Schwedische Freiheit nicht bricht / dem Römischen Reich zugefallen tuhn / gegen deren Feinde (die nicht unsere eigene Landsleute oder Bundgenossen seyn möchten) auff begehren hülffe leisten / und Zeit unsers Lebens alle Teutschen / Böhmen und Schweden / von aller feindseligkeit wieder den Römischen Nahmen / nach vermögen abhalten wollen; solten auch in unsern Königreichen / Fürstentühmern und Herschaften einige Römische Leibeigene und Gefangene sich befinden /wollen wir dieselben entweder ohn entgelt / oder doch durch unsere Kosten loßmachen / und biß an die Römischen Grenzen sicher geleiten lassen / auch im übrigen uns dergestalt bezeigen / daß eure Käyserl. Hocheit unsere willige begierde zur dankbarkeit / ob Gott wil / spüren wird. Nach geendeter Rede / traten sie wieder hin zu dem Käyser / uñ küsseten ihm die Hände demühtig. Der Käyser saß als ein Verzücketer auff seinem Rosse; bald betrachtete er Herkules Schönheit / bald seine süsse beredsamkeit / bald das hohe Lob seiner herlichen Tahten in dieser Jugend /da ihm der Bart erst zu wachsen anfing; bald erwog er ihre sämtliche Fürstliche Geberden / frische unerschrockene Angesichter / und anmuhtige funkelnde Augẽ / und antwortete endlich mit sanftmühtiger Stimme: Ihr Durchleuchtige Fürsten und hochgepreisete Helden / die ihr der ganzen Weltscheinet zu dienste gebohren seyn; was gebrauchen eure Liebdẽ vor entschuldigung? ja was klagen sie sich einiger undankbarkeit an mit Worten / und erzeigen nicht desto minder in der Taht viel grösseren Dank / da sie gar[392] keinen schuldig sind? Eure Dienste und Woltahten /durch preißwirdige tapfere bestreit- und vertilgung der verschwornen Räuber / dem Römischen Reiche erzeiget / deren auch eurer Liebden Herrn Bruder und Oheim neulich teilhafftig worden sind / haben Ehre und vergeltung verdienet / und zwar ein mehres / als bißher geschehen ist; und dannoch müssen wir uns noch durch schwere lasten / eurer in Asien erstrittenen Schätze überladen lassen / dessen unsere Fr. Mutter und wir / uns nicht unbillich beschweren; welches auff bessere gelegenheit sol ausgesetzet seyn. Die angebohtene Freundschaft und Verbündnis nimt dz Römische Reich willig und mit auffrichtigem Herzen an / erkläret euch / eure Königreiche / Fürstentümer und Herschaften nochmahl vor freie Freunde / und beut euch wieder eure Feinde / die nicht unter Römischen Schuz gehören / Hülffe und beystand an / insonderheit / weil eure Liebden durch Römische heyrahten / wozu wir Glük / Heyl und Segen wünschẽ / ihre Freundes-Gemühter gegen das Römische Reich zur gnüge erscheinen lassen. Wir werdẽ uns aber in dieser unser Beredung unter dem freien Himmel mässigen / und nach Padua uns erheben / das hinterstellige daselbst zuverrichten. Begehrete hierauff / daß unsere Fürsten sich wieder zu Pferde setzen möchten / mit Vorwendung / es unvonnöhten gewest währe / daß sie davon abgestiegen. Ladisla winkete ihren Pferdeknechten /da zween starke Teutschen Herkules Blänken leiteten / der sich überaus unbändig stellete / daß der Käyser fürchtete / er würde seinen Reuter nicht auffsteigen lassen; welcher aber hinzu trat / und ihm einen Streich mit der Geissel über die Lenden gab / welches das Pferd geduldig litte / und sich wie ein Lamb oder Hund von ihm streicheln ließ. Der Käyser fragete Ladisla / was art dieses Pferd währe; dem er zur Antwort gab: Der GroßFürst aus Meden / des gegenwärtigen Fürst Arbianes Herr Vater hätte es eine zeitlang im Stalle gehabt / aber wegen seiner halsstarrigen Unbendigkeit nie gebrauchen können / biß seine Frl. Schwester / dazumahl unter 16 Jahren ihres Alters / es gebendiget und zuerst beritten; nach deren Abschied es vorige Wildheit wieder angenommen / biß sein Bruder Herkules es zum sonderlichen Geschenke von hochgedachtem GroßFürsten bekommen / und es unter dẽ Sattel gebracht / wiewol es noch diese Stunde keinen Menschen / als diese beyden seine ersten Reuter auffsitzen liesse. Der Käyser hörete solches mit Verwunderung an sahe unterdessen fleissig zu wie artig Herkules hinauff sprang; da das Pferd wegen seines ädlen Reuters mit solchẽ Stolze die Füsse warff /sich richtete / und zierliche Sprünge verrichtete / an denen doch das allergeringste nicht zutadeln wahr. Es wolten zwar unsere Helden hinter dem Käyser herreiten / aber sie musten ihm zur Seite bleiben / und ihn zwischen sich nehmen / und folgeten die drey Fürsten allernähest nach / da es allerhand freundliche Gespräch unter ihnen gab / und ihnen der Käyser sein Verlangen nach ihrer Kundschafft wissen ließ / mit dem erbieten / er wolte ihnen aus seinen Landschafften gerne ein Heer von 50000 und mehr / in Persen zugeschikt haben / da er nur ihre Meynung hätte wissen mögen. Eine halbe Meile von der Stad kahmen die beyden Stathalter / Fabius und Pompejus mit dem treflichsten Paduanischen Adel ihm entgegen / und geleiteten ihn biß vor den neuen Hoff / weil unsere Fürsten ihn umb solche Ehre sehr hart anlagen / und er viel lieber sie alsbald mit sich auff das daselbst in der Stad belegene Käyserliche Schloß geführet hätte. Die GroßFürstin Valiska mit ihrer Fürstlichen Geselschafft / stunden haussen vor des Hofes Tohr in prächtiger[393] Kleidung / den Käyser daselbst zuempfahen / welcher sie ersehend / zu Herkules sagete: Geliebter Herr Bruder / die Götter haben in Warheit Euer Liebe ein wirdiges Gemahl zugeführet; Und als er merkete / daß sie ihm entgegen trat / stieg er vom Pferde / ging zu ihr hin / und empfing sie sehr höflich; Wir erfreuen uns / sagte er / wegen Euer Liebe glüklichen Errettung heissen sie hieselbst freundlich wilkommen / und erbieten uns zu aller angenehmen Freundschafft. Die GroßFürstin neigete sich sehr tieff vor ihm / und antwortete: Eure Käyserl. Hocheit ich unwirdige Dienerin / bedanke mich dieser gar zu hohen Gnade in Untertähnigkeit / verbleibe derselben in Ehren gehorsamste / demütig bittend / dieselbe wollen meinem Bruder / Gemahl und Oheimben mit Käyserl. Hulde allezeit gewogen verbleiben. Der Käyser erboht sich abermahl zu aller brüderlichen Freundschafft / und geleitete die GroßFürstin in den Hoff auff den grossen GastSaal / dem Herkules mit Frau Sophien / Ladisla mit Fr. Lukrezien / und Baldrich mit Fr. Sibyllen folgeten. Jedoch baht das Fürstliche Frauenzimmer umb gnädigsten Urlaub / wieder hinunter zutreten / und die Käyserliche Fr. Mutter zuempfahen / welches er auff vielfältiges anhalten ihnen endlich erläubete. Diese ansehnliche Frau hatte sich über Herkules höchlich verwundert / und in offenem Felde ihn zu aller gnüge beschauet; aber da sie die GroßFürstin sahe / fing sie zu ihrem Frauenzimmer an: Ich habe nimmermehr gegläubet / daß solche Volkommenheit unter der Sonnen anzutreffen währe / und ist das gröste Wunder / daß dieser Schönheit eine so ungläubliche Herzhafftigkeit und Liebe zu den Waffen beywohnet. Sie stieg ab von ihrer Gutsche / und ging ihr entgegen / da die GroßFürstin sie mit dieser Rede empfing: Großmächtige Frau / gnädigste Fr. Mutter; Woher hat ihre unwirdige Dienerin diese hohe Gnade verdienet / daß von ihrer Vortrefligkeit sie dieses Orts besuchet wird? viel billicher hätte mir gebühren wollen / Ihrer Hocheit zu Rom auffzuwarten / und daselbst zu ihrem Dienste mich einzustellen; weil aber meiner gnädigsten Fr. Mutter es gefallen / der angesezten Hochzeit mit ihrer höchstansehnlichen Gegenwart / die treflichste Zierde zuerteilen / bedanken wir anwesende uns davor untertähnig / mit demühtiger Bitte / dieselbe wolle uns kühnlich anbefehlen /worin unsere Dienste können angenehm und behäglich seyn. Durchleuchtigste GroßFürstin / antwortete Fr. Mammea / ich habe nie längere Zeit / als auff dieser Reise zwischen Rom und Padua gehabt / wegen des grossen verlangens / welches nach ihrer Liebe Kundschafft mich hat sehnen gemacht / erfreue mich sehr / daß ich ihr Angesicht gegenwärtig sehe; bedanke mich wegen gar zu grosser übermachten Geschenken / deren ich mit gutem fuge mich zubeschweren hätte / und erbiete mich zu allen möglichen und mütterlichen LiebeDiensten / höchlich bittend / Ihre Liebe wollen hinfort mit dergleichen gar zu niderträchtigen Bezeigungen mich nicht mehr beschimpffen / dafern sie mir sonst nicht verargen wil / daß ich ihr den lieben TochterNahmen gebe. Umfing sie hierauff gar freundlich / wie imgleichen die übrigen drey Fürstinnen / und ging mit ihnen auff den Saal / woselbst der Käyser ihr Sohn sich mit den Fürsten besprachete /von denen sie daselbst sehr höflich empfangen ward. Fürst Siegward und der junge Fabius empfingen die übrigen Römische Herren; der erste wahr M. Klodius Pupienus Maximus / dazumahl sitzender Bürgemeister zu Rom; der ander Herr Kassius Dio / Römischer FeldHerr. Ihm folgete Herr M. Fabius / welcher Siegwarden von dem jungen Fabius gezeiget ward; daher diese[394] beyden sich väter- und kindlich empfingen / und einer an dem andern gutes genügen hatten. Nach ihm kam Herr Aquilius / Frl. Virginien Vater / ein mächtiger Römer / und nach ihm noch 16 andere Römische Herren / unter denen auch Zinna / Herkules ehmahliger Herr wahr. Zulezt kahmen Klodius Schwäger mit Markus / und endlich Sabinus mit Galehn / welche beyde / Herkules und Ladisla Bildnissen am Halse trugen / die ihnẽ neulich geschicket wahren. Hierauff folgete das Römische Frauenzimmer; die Fräulein zuerst / unter denen Frl. Kordula / des Römischen Bürgemeisters Pupienus Tochter / und Frl. Virginia / H. Aquilius Tochter den Vorgang hatten; hernach Frl. Felizitas / des anwesenden Herrn Lollianus Tochter /und Frl. Benigna / des jungen Sulpitius Braut; nach ihnen noch 14 hochädle Römische Fräulein / unter denen auch Frl. Zezilia / Herrn Zinna Tochter wahr. Hinter ihnen her gingen die Römische Frauen / unter welchen die dritte Fr. Plazida wahr / Herr M. Fabius Gemahl / die mit ihrem lieben SchwiegerSohn unter dem empfangen auch die erste Kundschafft machete. Sonsten ward dieses sämtliche Frauenzimmer auff dem Saal von unsern Fürstinnen auffs neue gewilko et / da Sibylla von ihrer Mutter mit Freuden Trähnen umfangen ward. Noch ehe man sich zum essen setzete / begab sichs / dz Herr Dio mit Ladisla zum absonderlichen Gespräche kam / welcher zu ihm sagete: Hochwerter Herr / Euer Liebe Diener / der ehmalige Winnibald / erinnert sich billich der hohen Befoderung ihm in Erlösung seines lieben Freundes des Oedemeiers erzeiget / und verpflichtet sich zu ihrer Liebe angenehmen freundschafft. Dio sahe ihn an / erkennete auff solche Erinnerung ihn alsbald / und fing an: Wie dann / Großmächtiger König / ist dann Eure Hocheit selbst der Manfeste Ritter und Sieger Winnibald / dem auch unter diesem Nahmen das Römische Reich / wegen Erlegung des Pannonischen Trotzers schuldig ist? gewißlich hat Eure Durchl. ihr selbst groß unrecht getahn / daß dieselbe ihren Königlichẽ Stand uns allen verborgen gehalten / uñ von einem schlechten Reuter Häuptman sich befehlichen lassen. Ladisla gab zur Antwort; seines liebsten Freundes Oedemeiers / gegenwärtiges GroßFürsten Herkules damahliger knechtischer Zustand hätte es nicht anders leiden wollen. Der Käyser hörete diese Reden / und gewan Lust / es ausführlich zuvernehmen; weil aber die Tische mit Speise schon besetzet wahren / machte man sich hinzu / so daß bey dem ersten niemand als Fr. Mammea / Valiska / Sophia / der Käyser / Herkules / Ladisla / Bürgemeister Pupienus / und der Feld Herr Dio gesetzet wurden. Den andern nahmen Lukrezie und ihre Mutter; Sibylla und ihre Mutter; Baldrich und Siegward mit ihren SchwiegerVätern ein. Bey dem dritten funden sich Arbianes und Kordula; Skaurus und Helena; Pupienus und Virginia; der junge Fabius und Fr. Ursula. Darauff folgeten vier lange Tische / deren zween mit Frauenzimmer / und zween mit Herren besetzet wurden. Bey den übrigen Tischen ward keine sonderliche Ordnung in acht genommen. Vor dem obersten Tische warteten Klodius und Leches nebest Euphrosynen und Agathen auff /und hatten Böhmische ädelknaben hinter sich stehẽ /welche das Geschir von ihnen nahmen. Zeitwehrender Mahlzeit erschallete allerhand Seitenspiel; da etliche wol abgerichtete Knaben mit drein sungen. Nach abgetragenen Speisen hielt Herr Pompejus eine trefliche Rede an Käyserl. Hocheit / und deren Frau Mutter / in welcher er sich vor ihre allergnädigste Gegenwart im Nahmen der jungen Eheleute[395] und sämtlichen Anverwanten untertähnigst bedankete; wie imgleichen hernach M. Fabius an die Römische und andere anwesende Herren und Frauenzimmer ein gleiches verrichtete; Nach dessen Endigung die GroßFürstin dem Käyser Fürstin Lukrezien zuführete / den ersten EhrenTanz mit ihr zuhalten; wobey der Käyser ihr eine freye Bitte gab; worzu nach geschehener Danksagung / sie 24 Stunden Bedenkzeit baht. Den andern Tanz hielt Herkules mit Sibyllen; den dritten Ladisla mit Helenen; den vierden Baldrich mit Frl. Kordula; den fünfften Siegward mit Frl. Virginia; den sechsten Skaurus mit Frl. Luzilla Atenoria; den siebenden der junge Pupienus mit Frl. Felizitas; den achten Sulpitius mit seiner Benigna. Es wahr aber Kordula mit einem Römischen Ritter / nahmens M. Zelius Balbinus / des Römischen Bürgemeisters / D. Zelius Balbinus Bruder ehelich versprochen / welcher erst folgendes Tages sich einstellete / und ritte Prokulus der Römer in seiner Geselschafft unerbehten mit / des Vorsatzes / sich an Baldrich und Siegward zurächen /daß sie ihm die beiden Fräulein so stilschweigens vor der Nase / wie er vorgab / hinweg gefreiet hätten /deren eine nach freier Wahl er gesinnet gewesen zu heyrahten. Unter dem Tanzen saß der Käyser bey Ladisla / und hatten ihre Unterredung von Herkules / insonderheit von seiner Knechtschafft zu Rom / da der Käyser sich nicht müde hören kunte / dann er wahr unserm Herkules dermassen gewogen / daß er mit den Gedanken umging / ihn vor einen Neben-Käyser zuerklären / welches er ihm noch desselben Abends durch den Stathalter zu Padua antragen ließ; Er aber lehnete solches demütig ab / vorgebend / er befünde solche Wirdigkeit und Vermögen bey ihm gar nicht / hätte auch kein belieben einige Herschafft anzutreten / sondern / wo möglich / sein Leben in stiller Ruhe zuzubringen; dessen der Käyser sich zum höchsten verwunderte. Fürstin Sibylla wahr diesen Abend sehr bemühet / wie sie ihrem Oheim Pupienus Frl. Virginien guten Willen erwürbe / führete ihr sein trefliches Herkommen / adeliche Sitten / hochberümte Tapfferkeit und grossen Reichtuhm zu gemühte / beklagete sein Elend / in welchem er wegen ihrer Härtigkeit sein Leben führete / rühmete seine geträue Liebe gegen sie / uñ baht durch ihre Schwesterliche Vertrauligkeit /ihm die wolwirdige Gunst mitzuteilen. Das Fräulein gab ihr alles gerne nach / ohn das lezte / sagte sie /währe ihr ungläublich / daß er einige Liebe zu ihr tragen solte / nachdem alle mahl / wann er mit ihr redete / seine Worte so kalt und unzierlich sich vermerken liessen / als ob er mit einer unwertẽ sprachete / oder auff eine andere gedächte. Ach herzliebe Schwester /antwortete sie / wie fälschlich urteilestu von der Liebe; massen eben diese ungereimete Reden vielmehr sein verliebetes Herz als abgekehreten Siñ anzeigen / wie ich an meinem herzgeliebeten Gemahl mehr als einmahl erfahren habe; vornehmlich / ehe und bevor er meiner Gegenliebe völlig versichert wahr. Erzählete hiemit / wie schwermühtig er diese Tage zugebracht / und alle lustige Kurzweile gemieden / auch im Baumgarten hin und wieder an die jungen Bäume den Nahmen Virginia mit verdecketen Zügen eingeschnitten / und manniches Geticht ihr zuehren und Liebe auffgesetzet hätte; dessen ich dir /sagte sie / einen guten Beweißtuhm auffzulegen habe /weil ich deren unterschiedliche ihm heimlich abgenommen / und wo mir recht ist / noch eines bey mir habe / welches ich gestern Abend auff seinem Gemache fand; zohe hiemit dasselbe hervor / und gabs ihr zulesen / dessen Inhalt dieser wahr:
[396]

Virginia! O mässiget die Strahlen /

Den hellen Glanz / dem keiner sonstẽ gleicht;

Vor welchem selbst des Himmels Schein erbleicht /

Wie feurig ihn gleich Sonn und Sternen mahlẽ.

Ich muß ohndas den Frevel teur bezahlen /

Den Frevel / der verwägen nach euch streicht /

Und dannoch als unwirdig sich verkreucht /


Wie hoch er bey sich selber auch mag pralen.

Ach ädles Bild / wie offters nam ich mir

Die Kühnheit / euch mein Leid zuklagen / für;

Und habe doch vor Furcht und scheuh nicht können

Ein einzig Wort aus meines Herzen Schrein

Loßdrücken / dann die klaren Augelein

Verblenden mir Vernunfft und alle Sinnen / etc.


Nach Verlesung sagte sie: Ach meine HerzenSchwester / es ist gewißlich eine andere Virginia als ich /deren Augen er alhie so heftig anklagete; dann versichere dich / daß ich ihm die meinen niemahls recht gegeben / sondern sie allezeit niedergeschlagen /wann er mit mir gesprachet hat. Nicht also meine Schwester / antwortete Sibylla / rede nicht so verächtlich von diesem vornehmen Herrn; es verdienet solches weder sein Adel / nach welchem er dir gleich ist /noch sein aufrichtiges Gemüht / welches ihn dir ganz unterwirffet; und kan ich wol schwören / dz so ein hartverliebeter mir zeit meines lebens nit vorkommen ist. Schaue doch / bitte ich / wie er dorten sitzet / uñ sich mit Grillen schläget / da er vor diesem ein so freier lustiger Mensch wahr / der ganze Geselchaften frölich machen kunte. Verzeihe mir Frau Schwester /gab sie zur Wiederantwort / da meine Worte zu weit gangen sind; die warheit aber ohn Scherz zu reden /kan ich die Einbildung nicht fassen / daß er auf mich solte ein sonderliches absehen haben; aber das weiß ich wol / daß vor diesem das gute Fräulein Perilla seinet wegen manniche heisse Trähnen vergossen / und ihn doch zu keiner Liebe hat bewägen können / biß sie endlich des bittern Todes drüber seyn müssen. Hierumb habe ich gute Wissenschaft / sagte Sibylla /aber wie kanstu / geliebete Schwester / ihm solches so verkehrt auslegen / da er bloß umb deiner Liebe willen dieses Fräulein verachtet hat? Vielmehr soltestu daher ein unfehlbares Kennezeichen seiner aufrichtigen Träue nehmen / und ihm solches hinwiederumb geniessen lassen. Fr. Schwester / antwortete sie / es hätte Herr Pupienus einẽ bessern Vorsprach in ganz Rom nicht angetroffen / als eben dich / so dz ich fast zweifeln muß / ob ich dir auch meines Herzen Gedanken offenbahren darf. Zweifelstu an meiner Träue /sagte Sibylla / so handelstu wider Schwesterliche Aufrichtigkeit; Was bißher ich vorgebracht / ist nicht mehr ihm als dir zum besten geschehen; dann wer ist in Rom deiner mehr wirdig / als eben Herr Pupienus? daher ich nicht absehen kan / auß was ursachen du ihm so gar ungnädig bist. Die Ursach kan ich dir leicht sagen / antwortete sie: Ich habe mich berichten lassen / er habe anfangs das gute Frl. Perilla mit süssen Worten zu seiner Liebe gereizet / und sie hernach gehasset / da sie sich nach seinen Willen nicht hat wollen auffs Eyß leiten lassen. Daß mirs nun nicht eben also wiederfahre / habe ich vor sicherer gehalten / ihn zu meiden / als mich in Gefahr zu setzen / dann du weist / wie leicht zu Rom ein Fräulein antüchtig werden kan. Wie aber? sagte Sibylla / wann ich meinen Glauben vor ihn setze / nit allein / daß er dir nimmermehr unträu werden sol / sondern auch / daß er mit dergleichen gedanken niemahls umgangen ist; Ja versichere dich / HerzenSchwester / daß ich ihn viel zu scharf auf die bewehrung gesetzet habe / in dem ich ihm zu unterschiedenen mahlen die trefflichsten Fräulein vorgeschlagen / aber mit so grossem seinen Unwillen / daß er daher meines Gesprächs sich zuentäussern angefangen; sagte mir auch dürre in die Augen / eine einzige nur lebete in seinem Herzen / die übrigen währen ihm alle tod. Solches betrachte doch /[397] bitte ich freundlich / uñ lasse ihn meiner Vorbitte geniessen. Das Fräulein lächelte hierauf / und antwortete: Ich gläube schier / Herzen Fr. Schwester / du dürfftest mich gar bereden wollen / daß ich hin zu ihm lieffe / und ihm meine Liebe und Hulde anböte; hastu es dañ mit deinem Fürsten auch so gemacht / so muß das Paduanische Brod dein Gemüht gar verendert /und auß einer schamhaften die allerverwägenste gemacht haben. Uber das kan ich ja Herrn Pupienus nicht ins Herz sehen / oder aus seinem stilleschweigen vernehmen / wie er mir gewogen sey; befinde ich aber dereins seine Anwerbung also beschaffen / daß ich verwahret bin / werde ich wissen mich zu erklären /daß du mit mir guten Frieden haben solt; dann meine Eltern haben mir freie Wahl gegeben / einen Bräutigam zukiesen / und weiß schon wol / daß ihnen keiner so angenehm / als eben dieser sein würde. Hieraus vernam Sibylla / daß das Herz schon gewonnen wahr / baht demnach / sie möchte bey diesem Vorsaz bestendig bleiben; es würde Pupienus / dafern er Ehrerbietung halben nur könte / sein ganzes Herz vor ihr außschütten. Sie suchete darauf gelegenheit / mit ihm zureden / und erinnerte ihn / wie sehr er geirret hätte /in dem er ihm so wiedrige Gedanken von dem Fräulein eingebildet; der ganze mangel läge an ihm selbst /weil er gar zu blöde mit ihr ümgangen / und sich gar zu sehr gedemütiget hätte; solte demnach mit vernünftiger und bescheidener Herzhaftigkeit sich zu ihr machen / und am glüklichen Fortgange nicht zweifen. Pupienus ging auf solche Rede in sich selber / erkennete den Sachen zu wenig und zu viel getahn haben /und bedachte sich in kurzer frist / was gestalt er forthin sich verhalten wolte. Hierzu ward ihm nun gute anlaß an die Hand gegeben / dann Fr. Sophia foderte ihn auff mit dem Fräulein zu tanzen / welches er sehr wol verrichtete / nachgehends sie wieder an ihren Ort führete / und sich / weil Raum gnug da wahr / zu ihr niedersetzete / suchete auch gelegenheit / auff seine Liebe zukommen / wozu sie selbst ihm gute Anleitung gab / indem sie ihn fragete / wie ihm die Paduanischen Fräulein gefielen / welche ihrer Urtel nach /den Römerinnen in vielen stücken es zuvor tähten; und ob er seinem Oheim Herrn Skaurus nicht folgen wolte / dem / wie der Ausgang bezeugete / kein Römisches Fräulein gut gnug gewesen / und daher seine Liebe bey dem vortreflichen Fräulein / Frl. Helenẽ nidergelassen hätte / als welcher / müste sie gestehẽ /nicht bald eine Römerin an Schönheit uñ höflichen geberden gleich wäre. Pupienus antwortete ihr: Hochgebornes Fräulein / ich habe mich wegen meines Oheims Skaurus umb zweyerley hoch zuverwundern; als vor erst um seine schleunige Erklärung / dz / da er nie der Liebe sich angeno en / er so geschwinde uñ in eines Tagesfrist sich seinẽ Fräulein ergebẽ hat. Virginia fiel ihm in die Rede / und antwortete; Solches währe höchlich an ihm zu loben / massen ihrer viel etliche Jahr lang mit der Wahl zubrächten / und dannoch unter tausenden ihnen nicht eine gerecht währe; diese / sagte sie / ist ihnen zu lang; jene zu kurz; diese zu feist; jene zu mager; diese zu roht / jene zu bleich; diese zu freundlich / jene zu saur; diese lachet zu viel / jene mutzet zu sehr; ja es mags leicht ein Härlein an ihr versehen / welches sie der Liebe unwert machet; aber diese Wahl-Hansen trift doch zu lezt die bahre bezahlung / daß sie dem Glüke noch darzu danken /wann sich eine über sie erbarmet / und die eheliche Liebe ihnen nit versaget. Seid aber gebehten / Herr Pupienus / sagte sie / und lasset mich das andere auch wissen / dessen ihr euch wegen Herr Skaurus so hoch verwundert. Gar willig mein Fräulein / antwortete er; nur daß ich zuvor ihre Urtel bestätige / und allen solchen Wählern das[398] zeitliche und ewige Ach und Weh wünsche. Was ich nun weiter an meinem Oheim in verwunderung zihe / ist noch das vornehmste / nehmlich die unbegreifliche Glükseligkeit / die in dem heyrahten ihm zugestossen; gestaltsam sein ansuchen so schleunig stat gefunden / daß wie er des späten Abends umb Liebe anhielt / er des folgenden Tages des Beylagers gewehret ward. Solches hat sein geträues Herz verdienet / antwortete sie; dann wie hätte sein Fräulein ehrenhalben anders gekunt / als einem solchen auffrichtigen Liebhaber sich gerne zu gönnen / deren es in der Welt zu dieser Zeit sehr wenig gibt; ja sie sind ohnzweifel selzamer als die Feurrohte Schwanen und graßgrüne Raben. Pupienus ließ über solche Reden einen tieffen Seufzer aus / und sagete: O ihr Götter! wie fähret das Glük auff dieser Welt so gar wunderlich! Skaurus muß vor einen volkommenen Liebhaber ausgeruffen werden / und hat seinem Fräulein seine Liebe zu offenbahren kaum Zeit gehabt /ehe er ins Ehebette getreten ist. Hingegen / wie mannichen vergeblichen gang habe ich unseliger tuhn müssen / und nicht eins einen gütigen Anblik erhalten können. Ich weiß nicht / mein Fräulein / warumb dieselbe ihres ergebenen Dieners bißher so wenig geachtet / oder nur nicht wahrgenommen hat / welcher doch bereit und willig ist / ihretwegen den Tod mit frölichem Herzen anzutreten. Zwar seine unwirdigkeit ist ihm wol bewust / aber wo wil dann mein Fräulein noch endlich denselben antreffen / der sich ihrer wirdig schätzen darf? ich sage noch mehr / und kan bey meinen ritterlichen ehren dartuhn / daß nie keines Menschen Liebe mein Herz berühret / ich geschweige / beherschet hat / als deren ich mich einmahl ergeben. Kan nun deren zuneigung von mir durchaus nicht gewonnen werden / so wil und muß ich auch zufrieden seyn; nur ist auff solchen Fall mein einiger Wunsch /daß sie mir eine schleunige Urtel sprechen wolle /damit ich wisse / ob hinfüro das Leben oder der Tod mich beherschen sol. Erhöret solches / bitte ich / mein Fräulein / und gebet nicht zu / daß ein Knecht deßwegen sterben muß / daß er seinem Herrn gar zu träulich gedienet hat. Hiemit schwieg er / und sahe sie inniglich an / daß sie seine Stralen nicht ertragen kunte /daher sie anfangs zu ihm sagete: Ich bitte euch / Herr Pupienus / mässiget euch in anschauung meines blöden Angesichts / damit die Anwesenden nicht gereizet werden / nur allein nach uns umzusehen. Eure beschwerung betreffend / weis ich solche nicht zubeantworten / weil dieselbe mir Bömische Dörffer sind / und mir dieses Fräulein ganz unbekant ist /deren unbarmherzigkeit ihr so heftig anklaget. Solte ich aber meine meynung anzuzeigen Freyheit haben /halte ich davor / Frl. Perilla suche ihre billiche Rache / als deren Liebe ihr so gar verschmähet / daß sie den Tod drüber leiden müssen. Dafern nun dem also ist /ey so lasset euch dieses nicht befremdẽ / daß es euch zu Hause gebracht wird; seid aber nicht so einfältig /wie dieses gute Fräulein / sondern gebrauchet euch guter Freunde. Sehet da / ich wil mich gerne bemühen / euren Schaz zubereden / daß sie forthin nicht so stränge mit euch verfahren / noch Frl. Perillẽ Tod råchen sol. Der gute Pupienus meinete nicht anders / als sein Herz müste ihm wegen solcher Rede zuspringen /lies etliche tieffe Seuffzer / und sagete: O so sey es dem Himmel geklaget / daß wegen meiner auffrichtigen Träue ich heut muß gerechtfertiget werden. Gläubet mir doch / mein Fräulein / daß kein Ding in der Welt meine Liebe zu Perillen gehindert hat / als daß mein Herz ich schon einer andern geschenket / und darüber durchaus nichts mehr zubefehlen hatte / so gar / daß wann 100000 Perillen gewesen währen /und hätten[399] mich in 1000000 Stücke zerleget / würde doch ihrer keine ein Sonnen Stäublein davon zu ihrer Liebe erhalten haben / nachdem ich mit Leib und Seel einem Fräulein ergeben bin / die ich ungleich höher /als hundert tausend Perillen schätze; ja bey der ich viellieber Tod als bey jener lebendig zu seyn begehre. So verzeihet mir nun / mein Fräulein / daß ich der Perillen / wann sie neigung zu mir solte getragen haben /nicht gehorsamen / noch ein gleiches darbieten können / weil einer viel grösseren Gewalt ich mich schon unterworffen hatte / und derselben zuwiederstehen /viel zu schwach und unvermögen wahr / die ich dannoch lieber / als einiges in der Welt über mich genommen / welches mich dann nit gereuen sol / ob ich gleich gar darunter ersticken müste. Ich weis dieses nicht zubeantworten / sagte Virginia / weil solches /dermassen bey euch gültige Fräulein mir gar unbekant ist / ich auch von solcher begebenheit allerdinge unberichtet bin / wie mir dann nicht geziemet nach der verliebeten Zustande zu forschen / und daher nicht weis / ob dieses Fräulein euch trost und vergnügung ab- oder zugesaget habe. Pupienus / auff Sibyllen Rede sich steurend / wolte nicht länger unterm Hütlein spielen / und fuhr also fort: Hochwertes Fräulein; ich ihr geträuester Diener bitte von grund meiner Seele / sie wolle doch dereins die auffrichtigkeit ihres ganz ergebenen Pupienus erkennen / welche er zu ihrer vortrefligkeit bißher ohn einiges wanken getragen. Und warumb verstellet sie mir ihre wissenschaft so gar / als ob sie davon biß an diese Stunde keine nachricht hätte? gläubet doch / auserwählete Seele /daß sie / ja allein sie / in mein Herz geheftet ist /deren allergeringstes Häärlein der jezgedachten Perillen kein einiges stellichen hat einräumen können oder wollen / obs gleich ohn ihrer Liebe bewust oder einwilligung solte geschehen seyn. O viel zu ein stumpfer Stachel ist Perilla / daß derselbe den teuren und werten Nahmen Virginia aus meiner Seele kratzen solte. Ist es nun möglich / auserwähltes Fräulein / daß mit ihrem guten Willen dieser süsse Nahme in meinem herzen wohnen kan / ey so erfreuet und vergnüget doch endlich euren ergebenen Diener mit so angenehmer Zeittung. Wo nicht / so lasset ihn doch auffs wenigste eure unüberwindliche ungewogenheit anhören /auff daß er daraus das Werkzeug hervor suche / welches den gar zu grossen Frevel abstraffe / der mein Herz so verwägen gemacht hat / sich zur Wohnung deren zubereiten / die nach ihrer wirdigkeit zuurteilen / viel ein wirdigers verdienet uñ heischet. Scheuhet euch nur nicht / mich alsdann die Urtel hören zulassen / die ich weder vor unrecht erkennen / noch ihr mich entzihen wil. Als er diese Rede geendiget / und das Fräulein sich in ihrem Herzen schon erkläret hatte /wie sie diese Werbung beantworten wolte / kam Sibylla darzu / und fragete / was ihres langweiligen /ihrem bedünken nach / schwermühtigen Gesprächs Inhalt doch währe. Worauff das Fräulein zur Antwort gab: Herzgeliebete Fr. Schwester; du weist / wie vertraulich wir von Kindesbeinen auff miteinander umbgangẽ sind / und ich nichts unter meinem Herzen haben können / daß dir hätte müssen verschwiegen bleiben; warumb solte ich dann einiges Gespräch mit diesem oder jenem halten / davon ich dich ausschliessen könte? viel weniger werde ich unser leichten beredung / in welchem nur kurzweilige Auffzüge enthalten sind / das allergeringste verbergen? und weil dich gelüstet es zu wissen / so hat Herr Pupienus dein Oheim mich anjezt mit einem Römischen Herrn geschossen / da ich ihm dann mit etwa einem Paduanischen Fräulein wieder zutreffen / mich[400] unterstehen wil; wuste es aber nicht gewünschter auszuführen /als wann du mir dieselbe zeigen woltest / mit welcher seine Liebe diese Zeit über / die langeweile hingebracht hat; und wird ja dieselbe ohn allen zweiffel hieselbst ihm zugefallen eingeladen und erschienen seyn / ob er gleich umb verdacht zu meiden / sich ihr nicht nahen wil. Die unbetriegliche Sibylla hielt dieses vor wahr / und schickete sich schon / ihren Oheim zuentschuldigen / ward aber von Fr. Sophien abgefodert / nach ihrer Fr. Mutter zukommen / die auff der Steige ohngefehr einen Fuß verrenket hatte / welcher ihr doch bald wieder eingerichtet ward / wiewol sie noch grosse schmerzen daran empfand. So wolte nun Virginia dem hülfbegierigen Pupienus den Trost länger nicht versagen / uñ gab ihm diese Antwort: Mein Herr / sagte sie / ich schätze mich unwirdig der Ehren / die in seiner / wie ich hoffe / ehrliebenden Anwerbung er mir zugeleget / bin auch zu diesem unverantwortlichen Stolze von meinen lieben Eltern nicht angewiesen / daß ich hohen Römischen Herrn ohn einrede / sich vor meine Diener anzugeben / gönnen oder zulassen solte. Eurer Liebe hoher Adel und beschriehene Tugend ist mir ja nicht unbekant / und daß er in beyden / keinem Römer bevor gibt; so vernehme ich nun meines Herrn begehren an mich / wie auch sein getahnes erbieten / zu aller auffrichtigen geträuen Liebe / welchem mit hochmühtigem Undank zubegegnen ich keine Ursach habe / viel weniger daß ich mich unterstehen solte / ihm eine oder andere eingeführete Urtel zusprechen / nachdemmahl ich über ihn nicht zugebieten habe. Hat nun die gute Perilla meinetwegen / wie ich anjezt vernehme / umbsonst lieben / und daß mehr ist / sterben müssen / ist mir zwar von herzen leid / jedoch eurer Liebe zuvergelten / daß sie mich unwirdige allen anderen vorzeuhet / achte ich mich schuldig / und gebe demnach eurer Liebe volkommene Gewalt / mit meinen lieben Eltern deßwegen zu handeln / was vor mein Häupt ich biß an derselben einwilligung annehme / unter der gebührlichen Danksagung / daß eure Liebe mich vor andere hat zu seinem künftigen Gemahl wählen und erkiesen wollen; gelebe auch der Hoffnung / dieselbe werde hinfort sich über meine härtigkeit zubeklagen auffhören / auch ein weiteres an mich nicht begehren / inbetrachtung / daß ich ein Fräulein / und dem Willen und Geboht meiner lieben Eltern unterworffen bin. O wie eine unversehene Freude entstund hiedurch in dem Herzen dieses Verliebeten. Er hätte ihr gerne die Hände zur Dankbarkeit geküsset / aber wegen der Anwesenden muste er einhalten / entschuldigte sich demnach bey ihr / daß ihm die Gelegenheit benommen währe / sein dankbahres und mit freuden angefülletes Herz sehen zu lassen; versprach ihr auffs neue alle auffrichtige Liebe biß an sein Ende / und brachte ihr unvermerket ein Ringelein an ihren Finger / welchen zubehalten sie sich doch wegerte / mit höflicher Zucht einwendend / sie hätte fast schon über Jungfräuliche Gebühr sich heraus gelassen / und müste ihre Beruffung auf ihre Eltern nur ein lehrer Schein seyn / wann sie durch Ringe-nehmen sich ihm ganz verpflichtet machete; wil aber mein Herr sein Vorhaben beschleunigen / sagte sie / kan er leicht Gelegenheit finden /meinen Herr Vater deswegen anzureden / dessen Erklärung mich diesen Ring entweder zunehmen oder auszuschlagen heissen wird. Der gute Pupienus baht seiner Unbedachtsamkeit Verzeihung / wolte in so gutem Anfange keine Zeit verspillen / und suchete Gelegenheit / mit Herrn Aquilius zureden. Sein guter vertraueter Freund Skaurus wuste sein anliegen sehr wol / und trug Mitleiden mit ihm / weil er sich befürchtete / es möchte endlich seine gar zu[401] hefftige Liebes-Einbildung zur Vernunfft-losen Raserey ausschlagen; welchem übel vorzubauen er gleich diese Stunde ihm vorgenommen hatte / wo möglich / die Heyraht bey der Fräulein Eltern zubefodern / redete damnach mit Herr Aquilius auff diese weise: Es fünde ein vornehmer tapfferer Römischer Herr / sehr hohes Adels und grosser Güter / sich gegen seine Frl. Tochter in allen Ehren auffs hefftigste verliebet / so gar / daß /wo ihm diese Heyraht nicht gelingen würde / derselbe in Lebensgefahr stünde / wolte demnach vor sein Häupt Herrn Aquilius hiemit freund und gebührlich ersucht haben / daß wann derselbe verliebete sich bey ihm angäbe / er ihm gewierige Antwort wiederfahren lassen möchte / dañ er wolte hieselbst seine Ehre und Redligkeit verbürgen / daß derselbe solcher Gunst und Heiraht wirdig währe. Nun wahr zu Rom ein vornehmer junger Herr / Nahmens Kajus Julius Silanus /dem Aquilius über die masse gewogen wahr / uñ ihn gerne zum Tochter-Mann gehabt hätte / und weil derselbe mit Skaurus zimlich nahe befreundet / stund dieser ganz in den Gedanken er redete von niemand anders / als von diesem; daher er Skaurus diese Antwort gab: Mein Herr und wahrer Freund / weil ich keines weges zweifele / er suche nicht weniger meines lieben Kindes / als seines guten Freundes beste / so wil ich ihm hiemit die Verheissung getahn haben / daß wann derselbe / wer es auch seyn mag / sich gebührlich melden wird / ich mich dergestalt heraus lassen werde / daß er damit wird können friedlich seyn. Gingen hierauff von einander / und wahr Skaurus bedacht /seinem lieben Freunde Pupienus folgenden Morgens die angenehme Zeitung vorzutragen. Derselbe nun geriet bald darauff an Herrn Aquilius / und gab ihm mit ehrerbietigen Worten zu vernehmen / was gestalt seine Seele sich in seine herzgeliebete einzige Frl. Tochter ehrengebührlich verliebet hätte / und sein höchster Wunsch / ja alle seine Glükseligkeit auff dieser Heiraht bestünde / bähte demnach / er wolle ihn wirdigen / vor einen SchwiegerSohn anzunehmen /des wolte er hinwiederumb sich in allem möglichen Gehorsam finden lassen. Herr Aquilius entsetzete sich der ganz unvermuhtlichen Anwerbung / und ob ihm gleich der eingebildete Silanus sehr angenehm wahr /schätzete er doch Pupienus (wie ers auch war) viel höher / so daß ihn der Zusage schon gereuete / welche er Skaurus getahn hatte / und als er so schleunig sich nicht zubesinnen wuste / gab er ihm zur Antwort / er möchte von Herzen wünschen / daß vor einer halben Stunde er diesen seinen Vorsaz gewust hätte / damit er ihn deswegen gebührlich hätte können befriedigen /welches nunmehr schwerlich würde geschehen können nachdem gleich jetzo Herr Skaurus vor einen andern Anwerbung getahn / und das Jawort von ihm erhalten hätte. Dieser meinete solcher Antwort wegen / teils vor betrübniß / teils vor Eifer in die Erde zusinken /nam ihm auch vor / sich an Skaurus zurächẽ / oder darüber zusterben; welches bald ins Werk zurichten /er den jungen Fabius ersuchete / seine / wegen mit Skaurus zureden / und ihm anzumelden / daß weil er ihm durch vorsezliche Ab penstigung dessen / das ihm am liebsten in der Welt währe / gar zu grob beleidiget hätte / müste er solches alsbald durch einen Kampff auff Leib und Leben mit ihm austragẽ. Fabius hörete solches ungerne / und baht / ihm der Sachen etwas bessern Bericht mitzuteilen; kunte aber ein mehres nicht aus ihm kriegen / als daß Skaurus es am besten würde anzeigen können; ging auch hiemit gleich hin zu dem Fräulein / und sagete: Mein allerteurester Lebens- und SeelenSchaz; nachdem das neidische Glük gleich diese Stunde durch[402] Getrieb eines falschen Freundes mich aller Hoffnung / sie von ihren Eltern zuerlangen / entsetzet hat / so wil durch Auffopfferung meines Blutes ich ein unfehlbahres Zeichen meiner unbrüchigen redlichen Träue hinter mir verlassen / welches entweder durch des Verrähters / oder durch mein einiges Schwert muß verrichtet werden /und quälet dieses meine Seele am allerhefftigsten /daß nach meinem Tode ein ander eingeschlichener dessen geniessen sol / wessen er nicht wirdig ist. Das Fräulein entsetzete sich dieser Rede / erhohlete sich doch so best sie kunte / und gab ihm zur Antwort: Mein Herr; er überschnelle sich nit / sondern stelle seine Geister in Ruhe / und versichere sich / daß meine ihm getahne Zusage ich so fest halte / als währe die Heiraht schon volzogen; dafern er mich auch wissen lassen kan / was es eigentlich ist / daß ihn solcher gestalt verwirret / werde ich mich bemühen / sein ungenehmes zuhintertreiben. Ach mein Fräulein / antwortete er / wie kan ich immermehr dieses erbieten und ihre Redligkeit vergelten / deren ich nicht wirdig bin? Zeigete ihr hierauff ihres Vaters Rede an / worüber sie sich dergestalt bewägete / daß sie sich nicht enthalten kunte also zuantworten. Ich hoffe ja nicht /daß mein Vater durch ZauberKunst eingenommen sey / mich / bloß auff Skaurus ansuchen / wider meinen Willen zuversprechen. Seyd ihr aber getrost mein Herr / und zugleich versichert / daß ich eurer geträuen Liebe die schuldige Vergeltung leisten wil / solte gleich mein Herr Vater zu einem andern Vornehmen /welches ich doch schwerlich gläuben kan / verleitet seyn / dann ich verlasse mich in diesem Stük auff meiner gnädigsten Frauen Fr. Ma een Hulde / welche an mir keinen Zwang wird verüben lassen / wann gleich 20 Skaurussen darhinter stecketen. Werdet ihr mir nun versprechen / ruhig zuseyn und vor meiner Wiederkunfft nichts tähtliches vorzunehmen / wil ich gleich hingehen / und meines Vaters Vorhaben eigentlich ausforschen. Der junge Fabius wolte die Ausfoderung an Skaurus so bald nicht gelangẽ lassen / ging aber doch zu ihm / und suchte Gelegenheit nachzufragen / ob er mit Herr Pupienus in Unwillen gerahten währe / wie man ihm solches gleich jezt hätte wollen einbilden. Welches er mit einem lachen beantwortete: Ihre Freundschafft währe fester gegründet / als daß sie könte getrennet werden. Wie aber / sagte Fabius /wann etwa LügenMäuler euch suchten aneinander zuhetzen? Die müsten drüber zu schanden werden / antwortete er. Wol wol / mein Bruder / sagte Fabius / so vernehme ich schon / daß er an aller Beleidigung seines Freundes unschuldig ist / die ihm etwa mag eingebildet seyn / und bitte sehr / er wolte sich nichts irren lassen / ob Herr Pupienus aus Unwissenheit einigẽ Zorn würde merken lassen. Skaurus erschrak dessen /und baht ihn / sich nach Gewißheit zubemühen /damit allerhand Ungelegenheit vermieden würde. Als das Fräulein ihrem Vater durch ihre Leibdienerin sagen ließ / sie hätte nohtwendig mit ihm zureden /kam er alsbald zu ihr in ein NebenGemach / dahin sie Fürstin Sibyllen mit sich geführet hatte / und trug dem Vater ohn alle furchtsame Bezeigung dieses vor: Geliebter Herr und Vater / ob ich gleich schuldig bin /euch allen kindlichen Gehorsam zuerzeigen / so wil euch doch nicht geziemen / meine Wolfahrt und Freiheit in Skaurus Hände zustellen / worzu ich denselben viel zu wenig schätze; solte euch aber einige Neigung darzu verleittet haben / so beruffe ich mich auff meine gnädigste Frau Mutter / Fr. Mammeen; welche meine freiheit gebührlich schützen und handhaben wird. Der Vater hätte sie gerne mit harten Worten angegriffen /aber der Käyserlichen Frau[403] Mutter Gewalt und bekanter harte Zorn schreckete ihn abe / daß er sich eines andern bedachte / und ihr zur Antwort gab: Mein Kind / was ich getahn habe / ist zu deinem besten geschehen / kanstu nun solches nicht erkennen / und wilt dich meiner väterlichen Gewalt entzihen / muß ichs dahin lassen gestellet seyn / wiewol ich ein solches umb dich nicht verschuldet habe. Herzlieber Herr und Vater / antwortete sie; ich unterwerffe mich euremGehorsam / in aller Mögligkeit / aber dem stolzen Skaurus meine freiheit zuübergebe / ist mir ungleich beschwerlicher als der Tod. Ich bitte aber kindlich /mir zuoffenbahren / was vor einen Gemahl mir derselbe zugedacht habe. Hier stutzete ihr Vater / und antwortete: Die reine Warheit zusagen / hat er mir denselben nicht genennet / jedoch mir denselben also beschrieben / dz ich gänzlich muhtmasse / er habe alles sein absehen auf den jungen Herrn Silanus. Das Fräulein stund und sahe Sibyllen starre an / welche gleich muhtmassete / sie würde mit Pupienus ihres Dinges schon eins worden seyn; mischete sich deswegen mit in ihr Gespräch / und sagte zu Aquilius: Mein Herr Vetter / es ist zumahl kühn gehandelt (verzeihet mir diese meine Kühnheit) eine Tochter / ja seine eigene wolgerahtene zuversprechen / ehe der Freyer genennet wird. Das Fräulein fing hierauff an zuweinen / und sagte:Mein Herr Vater / seyd ihr meiner dann so müde und überdrüssig / so hättet ihr michs billich wissen lassen / als dann wolte ich diese Reise wol gesparet haben. Ey was könte es schaden / sagte Sibylla / wann ich mich mit einmengete / und meinen Oheim Skaurus darzu hielte / mir den Freyer zunennen / und seiner empfangenen Volmacht sich zubegeben. Es stehet dir solches frey Herzen Fr. Schwester / sagte das Fräulein / und das erste zu Skaurus gefallen / das andere sol ihm schon abgezwungen werden. Sibylla wolte nicht seumen / ging hin zubaht / und jenen also anredete:Mein Herr Oheim / ihr habt (zweifels ohn aus Unwissenheit) ein schlimmes und gefährliches Unglük gestifftet / welches doch in eurer Macht stehet / wieder gut zumachen. Dieser erblassete hierüber / nebest hochbeteureter Entschuldigung / daß ihm solches allerdinge unbewust währe / wo es ihm wol nicht gar zur ungebühr auffgeleget würde / und seine Fr. Wase mit Unwarheit hintergangen währe. Habt ihr nicht /mein Oheim / fragete sie / dem jungen Silanus meine Frl. Schwester / Frl. Virginien zufreyen wollen / an welcher eures Freundes Pupienus Seele und Leben hanget / wie euch gar wol bewust ist? Der müste mir ein hartes Recht stehen / antwortete er / der mir dessen wolte zeihen / massen ich glelch diese Stunde bemühet gewesen bin / eben dieses Fräulein meinem besten Freunde und Bruder Pupienus zuerhalten / wiewol ich seinen Nahmen noch nicht genennet / und dannoch von ihrem Herr Vater schon so viel Zusage habe / daß ichs heut oder morgen hoffe zum gewünschten Ende auszuführen / solte ich mich auch meiner gnädigsten Frauen / Fr. Mammeen Beystandes gebrauchen. Sibylla umfing ihn mit einem Kusse /und sagte: O ihr redlicher Freund / wie hält man euch in so schlimmen Verdacht / welcher gar leicht zur Blutstürzung ausschlagen solte. Ja mein Bruder /sagte Fabius / es hat sich Pupienus schon erkläret / du müssest ihm / oder er dir den Tod antuhn / und zwar aus diesem Verdacht. Ich währe auch eines schändlichen Todes wert / sagte Skaurus / wann ich so schelmisch gehandelt hätte; mein Bruder aber wolle hingehen / ihm den Argwohn zubenehmen / ich werde inzwischen nicht seumen / ihn zubefriedigen. Machte sich[404] mit Sibyllen alsbald hin zu Aquilius / da die Tochter noch bey ihm wahr / und fing also an: Mein Herr / er wolte sich / bitte ich / meiner heutigen Anwerbung erinnern / in dem ich einem vornehmen Herrn und redlichen Freunde zum besten / umb das hochgebohrne / und mit allen Tugenden begabte Fräulein / Frl. Virginien / inständig angehalten. Hieselbst wolte ihn das Fräulein in die Rede fallen / aber Sibylla hielt sie davon mit Hand und Mund ab / welches Skaurus zwar merkete / aber sich nichts dran kehrete /sondern also fort fuhr: Nun hat zwar mein Herr Vetter mir grosse Macht und Freyheit zugestellet / in solcher Heyrahtsache nach willen zuverfahren / weil ich aber dessen mich nicht habe auch noch zur Zeit meinen Freund nicht nahmhaftig gemacht / welches ich aber nunmehr verrichten / und meinen Herrn versichern werde / dz ich keines andern Menschen / als meines herzlieben Freundes und Bruders / Herrn Pupienus sein Wort geredet habe / da ich dann nicht ruhen werde / ich habe dann zuvor solches mein vorhaben auffgute und gewisse Wege gerichtet / und bin willens gleichstehendes fusses hinzugehen / und meine gnägigste Fr. Mammea untertähnigst zuersuchen / daß sie meiner Frl.Wasen guten willen zu dieser wolgemeineten Heyraht erwerben helffe. Durch diese Rede ward das Fräulein so voller Scham / daß ihr die Sprache stehen blieb / und Sibylla sie also aufffrischete: Geliebte Frl. Schwester / es ist kein Mensch alhie zugegen / vor welchen du dich zuschämen Ursach habest /deßwegen erkläre dich ohn scheuh. Der Vater fing darauff also an: HerrSkaurus / ich hatte mir auff einen andern Freier gedanken gemacht / daher ich Herrn Pupienus / der gleich nach eurem abscheide umb eben dieses bey mir angehalten / abschlägige Antwort erteilet / unter diesem vorwenden / daß Herr Skaurus vor einen andern das Jawort gleich diese Stunde erhalten hätte. Es muß dem redlichen Pupienus dieser Wahn benommen werden / sagte Skaurus / und bitte sehr /meine Frl. Wase wolle denselben ihr zu aller ehrliebenden Gewogenheit lassen anbefohlen seyn. Diese hatte sich nunmehr erhohlet / und allen unwillen gegen Skaurus fallen lassen / gab ihm auch diese Antwort: Ich kan euch nicht verübeln / mein Oheim / daß ihr euch eures guten Freundes annehmet / und bedanke mich zugleich / daß ihr mich so wol zuversorgen bedacht seid; weil es mir aber nicht zustehet / einen Ehegemahl zuwählen / sondern mein Herr Vater gewalt über mir hat / wird derselbe sich erklären / und mir befehlen was ich hierin tuhn oder lassen sol. Mein liebes Kind / antwortete Aquilius; wiltu meinem Willen folge leisten / so gönne ich dich niemand lieber als Herrn Pupienus zum Gemahl. Ich gelebe meines Gn. Herrn Vaters Willen / antwortete sie / und wann mein Oheim Herr Skaurus / seinem versprechen nach / meiner gnädigsten Fr. Mutter / Fr. Mammeen einwilligung erhalten wird / wird nichts übrig seyn / als daß man vernehme / ob Herr Pupienus auch guten Willen zu mir trage; welches lezte sie mit einem Schmuzerlachen vorbrachte. Nun hatte Pupienus ohngefehr gesehen / daß Skaurus zu Aquilius in das Nebengemach gangen wahr / meinete nicht anders / als daß er würde bemühet seyn seine Liebe zuhintertreiben; welches ihn als halb-wütig auffmahnete / sich auch dahin zuverfügen / öffnete die Tühr / und trat mit einer solchen bleichen Zornfarbe hinein / daß sie ingesamt leicht urteileten / er würde mit einem schlimmen Vorsatze kommen / insonderheit / weil er die Hand schon an das Seitengewehr gelegt hatte / und das Fräulein meinete / jezt würde er[405] auff Skaurus einstürmen / wie dann ungezweifelt geschehen währe / wann sie / durch furcht getrieben / nicht also angefangen hätte: Herr Pupienus / versündiget euch nicht an euren allerbesten und geträuesten Freund Herrn Skaurus / ihr und mein Herr Vater seid durch einen blossen oder vielmehr stummen Irtuhm betrogen / und hat Herr Skaurus niemande anders als bloß allein euch das Wort geredet /zu erlangung meiner Heyraht. Ja mein Bruder / sagte Skaurus zu ihm; hätte ich bey dir gehandelt / wie deine einbildung ist / alsdann währe ich nicht deines /sondern des Henkers Schwerts wirdig / ich hätte aber gehoffet / du würdest deinem Freunde ein bessers zugetrauet haben. Habe ich geirret / antwortete Pupienus / so verzeihe mir mein Bruder / und fodere von mir abtrag biß an mein Blut; ihr aber Herr Aquilius / seid gebehten und lasset euch diese meine Liebe nicht zuwieder seyn / welche mich eurer Frl. Tochter so gar eigen gemacht hat / daß ohn sie / ich ohn allen zweifel verderben muß. Ich bedanke mich gegen euch mein Oheim / antwortete er / daß ihr mein liebes Kind zu ehren euch erwählet habt / und damit ihr wissen möget / wie ich darzu gewilliget sey / so übergebe ich euch alles Recht / das ich an meiner Tochter habe /und zur ersten aussteuer ihrer Seel. Frau Mutter ganze verlassenschaft. Da wahr nun allenthalben grosse freude / welche niemand besser / als das Fräulein zu unterdrücken wuste; welche also anfing: Ich erkenne mich schuldig / meinem Herr Vater zugehorsamen /halte aber allerdinge nöhtig seyn / daß Herr Skaurus bey meiner Gn. Fr. Mutter Fr. Mammeen umb mich anwerbung tuhe / und zwar unter dem schein / als wann dessen zwischen uns nichts vorgangen währe /damit wir in ihrer guten Gnade verbleiben mögen. Sie hielten solches alle vor gut / ward auch alsbald ins werk gerichtet / und bekam zur gnädigen Antwort /sie währe selbst schon etliche Zeit her auff diese Heyraht bedacht gewesen / nur daß sie Pupienus Willen nicht gewust hätte. Fürstin Sibylla ging mit dem Fräulein wieder hin nach ihrer Geselschaft / und fragete sie / was vor eine gute Luft sie angewähet / daß sie dem guten Pupienus sich so bald ergeben. Worauff sie antwortete: Es ist sehr gut mit dir Fr. Schwester; aber meinestu / daß ich nicht rieche / wie dein Blasebalg einen so heftigen Geist in Herr Pupienus gebracht /daß er seine meinung mir so gar ohn allen umschweiff hat vortragen dürfen / und hätte ich mich ja billich vor dir hüten sollen / inbetrachtung / daß die neulich verheirahtete / ihren vertrauesten Schwestern den allerlieblichsten Jungfernstand allemahl mißgönnen. Ey wie unrecht bistu daran / sagte sie: Gute Freunde gönnen einander so viel gutes als ihnen selbst / welches mich auch bewäget hat / deine Wolfahrt zubefodern /deren dich ob Gott wil nimmermehr gereuen wird; daß verleihe mir der Himmel / antwortete sie / aber schaue dort / bitte ich / wie eine ernstliche Unterredung Herr Skaurus mit der Käyserlichen / Fr. Mutter hält / welche / wie ich weis ihm vor weniger Zeit etwas ungnädig worden ist / hoffe doch er werde durch diese Anwerbung wieder Gnade erlangen; zwar ich danke den Göttern daß in ihrer steten Gewogenheit ich geblieben bin / aber ich habe nicht anders gelebet / als ein Mensch über dessen Häupt ein Schwert an einem dünnen Häärlein hanget / weil ihre Gnade sehr unbeständig / und ihr Zorn schier unversöhnlich ist; und kan man in ihrer Gnade nicht besser bleiben /als wann man sie offt beschenket / und selten sihet. Es stund nicht lange an / daß Skaurus wieder nach dem Nebengemache ging / und das Fräulein dahin fahren liß / woselbst ihr Vater und Pupienus annoch bey einander wahren / und einen[406] festen Grund zur unbewäglichen Freundschaft legeten. So bald das Fräulein mit Sibyllen sich einstellete / trug Skaurus der Käyserlichen Mutter einwilligung vor / und ließ ihre Frl. Tochter vermahnen / sich ihrem Willen nicht zuwiedersetzen; welche aus Ehrerbietigkeit hin zu ihr ging /und ihr untertähnigst vor ihre hohe Mutterliche Vorsorge dankete / auch von ihr einen köstlichen Ring empfing / welchen sie ihrem Bräutigam schenken solte. Sie machte sich bald wieder hin nach dem Nebengemache / da die Glükwünschung von den wenigen Anwesenden verrichtet ward / und baht Sibylla umb volmacht / das Beylager zubestimmen / nach deren erhaltung sie den verliebeten aufflegete / daß nähst folgenden Tages damit fortzufahren; wo gegen das Fräulein sich hefftig sträubete; ihr Vater aber erklärete sich / sie möchten sich deßwegen untereinander selbst vergleichen; ging mit Skaurus und Sibyllen davon / und ließ sie beyde beyeinander / da dann Pupienus bey seinem geliebeten Fräulein sich so zutähtig machete / auch mit allerhand köstlichen verheissungen anhielt / daß sie endlich in die bestimmete Zeit einwilligte / und ward das übrige dieses Tages in aller zulässigen Lust verzehret. Des folgenden Morgens kam der ädle Römer M. Zelius Balbinus an /vernam mit freuden / daß sein brüderlicher Freund Pupienus den Zweg seiner mühseligen Liebe erlanget / und diesen Abend das Beylager angesetzet währe /machte sich zu ihm / und nach abgelegter Glükwünschung hielt er bey ihm an / seinen Herr Bruder den Römischen Bürgemeister zuerbitten / daß in dieser hochansehnlichen Geselschafft ihm mit seiner schon versprochenen Kordula ein gleiches begegnen möchte. Der junge Pupienus durffte seinem Bruder dieses nicht vortragen / weil wegen seines frühzeitigen Beylagers er etliche stachelreden hatte fliegen lassen / machete sich deßwegen an Sibyllen / und gab ihr den Einraht / GrosFürst Herkules zubewägen / daß er solches nach seinem Wolvermögen zu werk richten möchte. Welcher dann diesem Römischen Herrn solchen Dienst gerne leisten wolte / wie er auch von dem Bürgemeister nicht allein dessen herzlich gewehret ward / sondern derselbe sich überdas bedankete / daß er seiner Tochter eingedencke seyn / und auff so HochFürstlichem HochzeitFeste deren Beylager befodern wollen. Es hatte des vorigen Abends ein junger frischer Aedelman von Mantua / Namens K. Perpeña /bey Frl. Zezilien sich mit Liebe angetragen / und durch Fr. Euphrosynen es fleissig getrieben / wozu er nicht allein durch ihre gute Gestalt bewogen ward /sondern weil er sahe / daß Herkules und die GroßFürstin sich so freundlich gegen sie bezeigeten / so gar /daß sie auch deßwegen von den vornehmen Römischen Fräulein geneidet ward; dann Valiska hatte sie nicht allein ihrem Gemahl zum Tanze zugeführet /sondern auch in des Frauenzimmers Gegenwart / nach beschehener Danksagung / daß sie ihrem Herkules so hohe freundschafft zeit seines Elendes erwiesen / ihr sehr köstliche Kleinot eingereichet. Jedoch bekam dieser Buhler nicht die gewünschete Erklärung von ihr / sondern ward hiemit abgespeiset: Ihr wolte nicht gebühren / dergleichen Teidungen anzutreten; Ihr Herr Vater würde schon bey sich beschliessen / welchen vor einen Eidam anzunehmen er beliebung trüge / unter dessen Macht und Willen sie noch allemahl sich gehalten hätte. Perpenna ward dieser Antwort sehr betrübet / daß er kaum die Macht bey sich befand bey ihr seines ungenehmen ansuchens wegen umb Verzeihung anzuhalten / klagete seiner Schwester /Jungfer Rosinen sein Unglük / und baht / ihm mit geträuem Raht beyzuspringẽ; welche ihn hieß gutes muhts[407] seyn / machte samt Euphrosynen sich alsbald nach Fr. Sophien / und hielt demühtig an / bey der GroßFürstin es dahin zurichten / daß Ihre Durchl. ihrem Bruder das Fräulein gewogen machen wolte. Perpenna war sehr hohes Adels von ansehnlicher Freundschaft / dem Fr. Sophia gerne einen Dienst leisten wolte / nam es willig auff sich / und neben der GroßFürstin legete sie es mit Herkules an / daß Zinna sich gerne finden ließ / und diese also das dritte Par macheten / welche diesen Abend solte Beylager halten.

Der rasende Prokulus hielt sich in einer Herberge heimlich auff / und lies bey Käyserl. Hocheit durch Skaurus umb allergnädigstes gehör anhalten / erlangete sein begehren / und gab dem Käyser untertänigst zu verstehen / Er währe von einem und andern Ritter unverschuldet sehr hart beleidiget / welches in ansehung seines Ritterstandes er nicht verschmerzen könte /baht umb allergnädigste erlaubung / sich nach Ritters Brauch zu rächen / und seine Ehre zu handhaben. Der Käyser wahr ihm alsobald zuwillen / sonder einige nachfrage / mit wem ers zutuhn hätte / und stellete ihm frey / sich Ritterlich zuverantworten; wovor er gebührlich dankete / und nach seiner Herberge sich verfügete. Fürstin Sibylla sahe ihn von dem Käyser hinweg gehen / und nam sie wunder / was dieser Mensch hieselbst suchen möchte / ging hin zu Fürstin Lukrezien / und sagte zu ihr; HerzenKind / ich habe gleich jezt deinen alten Schatz gesehen / und tuht mir leid / daß ich ihn dir nicht zeigen können. Was vor einen Schaz / mein Herzchen / antwortete sie; ich wüste mich ja keines zuersinnen / wann es nicht dein Schatz Prokulus währe? Ja dein Schatz sagte Sibylla /du hast es in warheit errahten; aber was mag er bey Käyserl. Hocheit zu verrichten haben? Er ging neben mir hin / und als ich mich zur neigung an die seite stellete / trat er vorüber / als hätte er mich nicht gesehen. Er hat auch weinig Ursach / dich zu grüssen /sagte Lukrezia / nachdem du ihm so einen ungebodenten Korb gegeben / dessen er vielleicht bey dem Käyser sich wird beklaget haben. Also trieben diese ihren Schertz / und hätten den Handel schier errahten sollen. Vber eine gute halbe stunde / da der Käyser mit der Fürstlichen Geselschaft im grossen Saal freundliche Unterredung hielt / ließ sich ein Ritter bey Baldrich und Siegward angeben / er hätte wegen eines Römischen Herren mit ihnen zu reden; worauff sie antworteten / dafern es nicht heimliche Sachen währen /möchte er sichs gefallen lassen / zu ihnen auff den Saal zu kommen. Dieser wahr darzu willig / grüssete alle anwesende gebührlich / und überreichete beiden Fürsten / jedem ein Schreiben gleiches Inhalts:

Nachdem du Baldrich aus Teutschland (Siegward aus Schweden) wider Recht und Billigkeit mich höchlich beleidiget und beschimpffet / und mein geliebtes Fräulein Lukrezien Pompejin (Sibyllen Fabiin) mir und meiner herzinniglichen Liebe entzogen hast / wodurch an meinem Ritterlichen Ansehen und Stande ich mich allerhöchst beleidiget befinde / und daher solcher Schimpf ohn Rache nicht kan ausgetragen werden / als fodere auff Erlaubniß meines allergnädigsten Käysers ich dich Baldrich aus Teutschland (Siegward aus Schweden) nach Rittersbrauch / daß du mit dem Speer und Schwerte zu Roß / an was Ort und Ende dichs gelüstet / erscheinest / und wegen obgedachtes Schimpfs mir Rede und Antwort gebest / wo du sonst des Ritterstandes nicht unwirdig wilt gescholten seyn.


Prokulus der Römer.


Die Fürsten beide erröhteten über solcher unvermuhtlichen Ausfoderung / und empfundenshoch / dz der Käyserlichen erlaubnis dabey gedacht wahr / traten anfangs zusammm / und zeigeten einander das Schreiben; und als sie sahẽ / daß einziger sie beide foderte /[408] rechneten sie sichs nit zum geringen Schimpf /beredeten es auch mit Herkules und Ladisla / die sich darüber bestürtzt befunden / und ihnen / was vor Erklärung sie vor gut hielten / anzeigeten; traten darauff wieder an ihre stelle / und als der Käyser und andere Anwesende mit Schmerzen erwarteten / was ihre Verenderung verursachen möchte / gab Baldrich diese antwort: Mein Geselle Siegward / Königlicher Fürst aus Schweden / ein ehrlicher Ritter; und ich / geborner Fürst aus Teutschland / haben mit wissen niemahls wieder Recht uñ Billigkeit gehandelt / sondern der blosse muhtwille treibet den Ausfoderer / uns solches aufzubürden; und weil er sich auff allergnädigste Käyserliche Erläubniß beruffet / welche wir untertähnig ehren und billichen / mag er uns die stelle zum Kampf stündlich ernennen; obs dann zu erst mir wieder ihn mißlingen solte / wird mein lieber Geselle sein bestes hernach auch tuhn; wiewol es uns beiden sehr lächerlich vorkömpt / daß er umb unsere Gemahlinnen mit uns fechten wil / die wir nicht allein mit ihrer Eltern guter Bewilligung geheirahtet / sondern auch mit ihrem belieben schon im Ehebette besitzen. Den anwesenden kam diese rede sehr fremde vor / insonderheit dem Käyser / welcher den Briefebringer mit zornigen Geberden fragete / wer ihn abgeschikt hätte; und als dieser den Prokulus nennete / begehrete der Käyser beide Schreiben zusehen / redete nachgehends Pompejus und M. Fabius an / sie fragend / ob sie dem Prokulus ihre Töchter versprochen hätten. Diese gaben zur antwort: Er hätte zwar deswegen teils schrift- teils mündliche Anwerbung gethan / aber gar keine antwort erhalten / und währe ihnen trauen zumahl selzam dabey / daß sie ihre einzige Töchter ihm hätten erzihen sollen; stünde auch fast aberwitzig /daß er sich beider zugleich anmassete / da ihm / Römischen sitten nach / nur eine hätte zu teil werden können. Das Fürstliche und Römische Frauenzimmer kam auch darzu / und vernahmen Prokulus beginnen /worüber Fürstin Sibylla sich über ihre gewohnheit eiferte / und Käyserl. Hocheit untertänigst baht / solche unbilligkeit zustraffẽ / nachdem wed' sie noch ihre Wase / nie kein wort / so wenig mündlich als schriftlich / oder durch einen andern mit ihm gewechselt hätten / auch grosses bedenken würden getragen haben /nach Prokulus oder seines gleichen sich umzusehen. Wolan / antwortete der Käyser / sie geben sich allerseits zufrieden / wir werden dem Prokulus seine Buhlerey (dann Proculus heisset zu teutsch ein Buhlerchen oder kleiner Buhler) besalzen. Befahl darauff / ihn straks angesichts / frey / oder gebunden herzuholen. Baldrich aber und Siegward bahten Käyserl. Hocheit demühtig / diesem Römischen Ritter gnädig zu erscheinen / damit man sie nicht schier heut oder morgen beschüldigen möchte / daß umb ihret willen einigem Römer etwas hartes zugestanden währe; und könte vielleicht sein / daß er seines Gehirns Verrückung / wegen heftiger eingebildeter Liebe empfünde; sie verzihen ihm von Herzen / wolten auch im Kampfe dergestalt mit ihm verfahren / daß ihre gutwilligkeit daher solte zuspüren sein: Herkules und Ladisla halfen den Käyser erbitten; welcher endlich einwilligte /der Tohrheit lachete / und ihnen erzählete / was gestalt Prokulus ohn einiges meldung / sich beschimpfet zusein beklaget / und des Kampfs freiheit begehret hätte / weil ohn solchen der Streit nit könte geschlichtet werden. Eure Käyserl. Hocheit wissen / sagte Herkules / daß die Liebe oft zugleich der vernunft und den Augen Sand einsträuet / daher diesem Ritter meines erachtens zuverzeihen ist: gelebe auch der tröstlichen Zuversicht / Eure Käyserl. Hocheit werde ihm unser aller vorbitte[409] gnädigst geniessen lassen. Prokulus wahr gleich bemühet / seine Rüstung anzulegen /als ein Käyserlicher Hellebarter ihn abfoderte / und zu gleich warnete / er möchte sich wol schicken / des Käysers Ungnade abzulehnen. Er aber meynete sein Vorhaben leicht und aus gutem Grunde zubehaupten /und ging verwägen gnug fort / wie er dann ein fester starkgesetzeter Ritter wahr / der mir Skaurus und andern sich ehemahls versuchet / und ihnen gnug zuschaffen gegeben hatte. Als er nun vor die sämtliche Geselschafft trat / und sich bedingete / sein Gruß und untertähnige Dienste würden allen / ohn seinen beyden Wiedersachern / nach Standesgebühr angebohten; redete der Käyser ihn also an: Wie ist dir heut geschehen / du Gehirnloser Mensch? hastu etwa von einer tollen Sau / oder wol gar vom Narren gefressen / daß du so tölpische Sachen vornehmen darffst? da stehen die beyde Fürstinnen; da stehen ihre Väter Pompejus und Fabius; ihre Müttere sind auch nicht aus der ferne zuhohlen. Darumb sage geschwinde an / ist dir dieser Fräulein halber einige Zusage geschehen? zwar zu beyden kanstu ja keinen Anspruch haben / du möchtest dann etwa Römische Satzungen und Sitten /durch Verlierung deines Kopffes aufzuheben bedacht seyn. Dieser baht anfangs / Ihre Käyserl. Hocheit möchten einige Ungnade auff ihn nicht werffen; taht auch hinzu / er hätte gebührliche Anwerbung an beyden Orten getahn / unter der ungezweifelten Hoffnung / ihm würde ja an einem / gewierige Antwort werden. Inzwischen hätten der Teutsche und Schwede / so bißher vor Feinde des Römischen Reichs gehalten worden / ohn der Eltern wissen sich an die Fräulein gewaget / uñ durch listige Hintergehung / wo nicht wol gar durch Nohtzwang / sie ihm abspenstig gemacht / massen ja beständig berichtet würde / es währe Frl. Lukrezie von dem Teutschen durch Verwundung / im Walde geschehen / sich ihm zuergeben / gezwungen worden. Was hastu Lügener / sagte der Käyser / von Römischen Feinden zuschmähen? doch setzẽ wir dieses vor dißmahl aus. Aber wie getrauestu dir zubehaupten / daß diese Heyrahten ohne der Eltern wissen geschehen seyn? und wollen wir anjezt hören / was ihre Väter darzu sagen werden. Pompejus / nach gebehtener verzeihung / fing also an: Höret Prokulus /welcher Wahnwiz treibet euch / mich meines tuhns und lassens zubesprechen / und sonderlich in dem /was euch im geringsten nicht angehet? Zwar ich weiß schon / daß ich euch wegen keines einzigen Dinges Rechenschafft zugeben habe / dann ich unterwerffe mich bloß allein Gotte / meinem allergnädigsten Käyser / und dem Vaterlande; doch höchstgedachter Käyserl. Hocheit zuuntertähnigstem schuldigen Gehorsam / rede ich mehr als mir nöhtig ist / und beruffe mich auff mein Gewissen / daß gegen Fürst Baldrichs und meiner Tochter Heyraht ich nicht das geringste /weder gedacht noch geredet habe / welches ohndas wol wahr bleiben wird / es währe dann / daß ihr ein anders erweisen würdet; euch Prokulus aber mein Kind zugebẽ / ist nie in mein Herz kommen. Hastu aber / sagte er zu seiner Tochter / ihm etwa einige Zusage aus Schimpff oder Ernst getahn / das zeige mir an / weil ohn das wider meinen Willen es nicht hätte mögen bündig seyn. Diese lächelte dem Vater zu /und gab zur Antwort: Ich habe diesen Menschen in vier Jahren nicht gesehen / und bin heut etwa 16 Jahr alt; so wird er vielweniger die Unterhändler od' Kupler zeigen können / die zwischen uns gangẽ währen /und müste mir von herzen leid seyn / ja tausend mahl unerträglicher als der Tod / daß ich ihm zu gute leben solte / nachdem ich Gott Lob / den Unterscheid zwischen Tugend[410] und Tohrheit gelernet habe / womit ich gleichwol seinen Ehren nichts ungebührliches anwerffen wil. Unter diesem Vorbringen erröhtete Prokulus von Zorn / suchte aus seinem SchiebSak zwey Brieflein hervor / in rohtem Taffet eingewickelt / und wolte darauff seine Antwort tuhn; aber der Käyser hieß ihn schweigen / und M. Fabius reden; Welcher dieses vorbrachte: Er erinnerte sich etlicher massen / daß Prokulus ihm mit seinem ungenehmen ansuchen beschwerlich gnug gewesen / hätte ihm doch / Unhöfligkeit zumeiden / mit dürrem Nein / nicht wollen vor den Kopff stossen / sondern ihn ermahnet / sitsam zuverfahren; sein Kind währe jung / hätte keine Lust schon zuheyrahten / und währe über das nicht einheimisch / daß er ihren Willen nicht wissen könte. Hierauf zwar hätte Prokulus gerühmet / wann er nur seinen Willen haben würde / solte es ihm an der Tochter Neigung nicht ermangeln; welches er aber nicht ohn ursach vor eine nichtige Einbildung gehalten / und ihn ernstlich ermahnet / er solte sich in Rom oder ausserhalb besser umsehen / alsdann würde er anderwerts sein Glük schon antreffen; welches sein Kind auch tuhn solte. Woraus dann dieser Freyer leicht vernehmen mögen / sagte Fabius / daß ich nicht gewilliget wahr / ihm mein Kind zuverrahten / wolte sagen / zuverheirahten; jedoch wil ich von meiner Tochter auch vernehmen / ob sie etwa hinter meinem Rücken mit ihm sich eingelassen habe. Hochgeliebter Herr Vater /antwortete Sibylla; ich weiß nit / ob ich mir so hohe Gedanken / als biß an Herrn Prokulus Heyraht hätte machen dürffen / welches ich vor dißmahl aussetzen wil; kan er aber dartuhn / daß zeit meines Lebens ich ein Wörtlein mit ihm gewechselt habe / wil ich euer Straffe mich gerne unterwerffen. Wolan Prokulus /sagte der Käyser / so ist nun die Ordnung an dir / deinen gültigen Gegenbeweiß zuführen / nachdem allemahl / nach der gesunden Vernunft Ausspruch / dem Bejaher einer Taht / solches oblieget; hernach sol nach scharffem Recht gesprochen werden. Daß Eure Käyserl. Hocheit mir Recht und Gerechtigkeit wiederfahren lassen wil / bedanke ich mich untertähnigst /antwortete er; da ich dann anfangs bey den beiden gewesenen Fräulein anzuhalten habe / daß meines / bey Ritters Ehr und Glauben geschehenen Versprechens sie mich erlassen mögẽ / weil ich sonst mein gutes Recht nicht darstellen darff. Die beiden Fürstinnen fingen an zu lachen / und sagte Lukrezie: Mein guter Herr Prokulus / ich habe ja niemahls einige Versprechung / weder mündlich noch schrifftlich von euch empfangen / vielweniger begehret; solte es aber eurer Einbildung nach geschehen seyn / wil ich dieselbe hiemit auffgeruffen / und ganz abgetahn haben. Und als Sibylla nicht ohn Gelächter sich ein gleichmässiges erboht / fing Prokulus / in beiden Händen etliche Schreiben haltend / also an: Allergnädigster Käyser /und andere anwesende Herren; was man im gemeinen Sprichwort saget: Mannes List ist behende / aber Weiber List hat kein Ende / davor habe ich mich stets wol vorgesehen / und bester massen verwahret / daß ich dessen Warheit nicht mit meinem Spot und Schaden erfahren möchte / und bin doch nicht desto weniger in ihr Nez gefallen; wie aber / und auf was weise / werden sie allerseits aus meinem allerkräfftigsten Beweißtuhm zuvernehmen haben. Nachdem mir von einer guten Freundin ist gesagt worden / wie daß Herr Pompejus / und Herr Fabius / jeder eine einzige / sehr schöne wolgezogene Tochter hätte / und mir nicht bald fehlen würde / eine oder andere zum Gemahl zuerhalten / habe ich nach Römischen Sitten meine Anwerbung an Herr Pompejus schriftlich über Meer an Herr[411] Fabius aber mündlich abgelegt / und von jenem gar keine / von diesem aber zum ersten mahle diese Antwort erhalten / daß sein Kind nicht einheimisch /darzu jung / und vielleicht schon einem andern zugedacht währe. Worauff ich etwas in Ruhe gestanden /und nach Verlauff etlicher Wochen von Frl. Lukrezien dieses angenehme Brieflein (welches er loßwickelte und zeigete) beko en. Von mir ein Brieflein? sagte Lukrezie mit einem Gelächter. Wollet ihr solches /und eure eigene Hand leugnen? sagte Prokulus. So müste ichs acht Tage vor meiner Geburt geschrieben haben / antwortete sie / biß dahin ich dann nicht gedenken kan. Ihr Vater aber redete ihr ein / sie solte ihn zuvor ausreden lassen. Also fuhr jener weiter also fort: Fünff Tage nach Empfahung dieses / ist mir ein anders (welches er auch zeigete) von Padua aus / von Frl. Sibyllen zugeschrieben worden. Ey behüte Gott /sagte dieselbe / was wil endlich aus diesen Lügen werden? Ein freies Affenspiel / antwortete Lukrezie mit einem untergedrukten Lachen; Jene aber fuhr fort: Schämet ihr euch nicht / Prokulus / euren Käyser /und andere anwesende grosse Herren dergestalt umzutreiben? Weil aber ihr Vater sie schweigen hieß / setzete jener sein Vorbringen also fort; Es gebühret sich nicht / das geschehene zuleugnen / wo man ehrlich ist / insonderheit / wann es mit eigenhändiger Schrifft kan erwiesen werden / halte auch davor / dafern der Teutsche und Schwede nicht ZauberKünste gebraucht hätten / würden sie dieser beyder Fräulein guten und ergebenen Willen gegen mich / mit keinem Wasser abgespület habet. Du vermissest dich ein grosses auff deine Briefe / sagte der Käyser zu ihm / und wann es niemand von den Anwesenden zuwider seyn würde /müsten sie öffentlich verlesen werdẽ. Alle gegenwärtige / insonderheit die beyden Fürstinnen / bahten sehr / daß es geschehen möchte. Worauff der Käyser den ersten von Prokulus nahm / und es seinem geheimen Schreiber reichete / da Prokulus die Fürstinnen umb Verzeihung baht / daß durch ihre Unträue er gezwungen würde / ihre Heimligkeiten zuoffenbahren; worüber diese beyde sich schier zum Schiefer gelachet hätten. Der Diener aber fing zuerst an die stolze Auffschrifft zulesen / welche auff diese Art eingerichtet wahr:

Dem Wolgebohrnen Herrn und Ritterlichen Helden /Herrn Sextus Marzius Prokulus / Römischer Käyserl. Hocheit gewirdigtem Ritter / Hof- und KriegsRaht / etc. meinem hochgeneigeten Herrn / und in Ehren herzangenehmen allerliebsten Freunde.

Wir lassen diesen Streich jetzo hingehen / sagte der Käyser / nur möchten wir gerne berichtet seyn / von welchem ehemahligen Käyser du magst zu solchem Raht bestellet seyn? Allergnädigster Käyser / antwortete er; ich habe niemahls mir unwirdigen diese Ehrenbenennung zugelegt / und bin in den Gedanken gestanden / das liebe Fräulein würde durch ein falsches Gerüchte betrogen seyn. Ja mein / sagte Lukrezie /wann ihr nur nicht selbst gar zu heßlich beschmissen währet. Der Diener falzete inzwischen den Brief von einander / und lase folgenden Inhalt:

Wolgebohrner Herr / und durch diesen Weltkreiß hochgepreiseter Ritterlicher Held. Was gestalt Eure Liebe mein Herr / bey meinem Herr Vater umb meine Heyraht ganz ehrerbietige und wolständige Ansuchung getahn haben solle / bin ich von meiner herzlieben Fr. Mutter in höchster geheim berichtet worden / auch daß mein harter Vater nicht willens sey / Eurer Liebe einige Antwort zu erteilen / unter der Hoffnung / Euer Liebe gute Neigung gegen mich / durch solches stilschweigen in eurem Herzen zuersticken / weil er willens seyn sol / mich mit einem Ravennischen reichen Witwer zuverheyrahten[412] welcher auff seinem höckerichten Puckel mehr dann 65 Jahr träget. Nachdem aber meinem zarten Herzen allerdinge eine Unmögligkeit ist / einen solchen ekelhafften unvermögenden Greisen und Leisen / an der Seiten zuerdulden / und meinen schönen Leib den abgelebeten dürren Knochen unterwürffig zumachen / insonderheit da ich einen solchen gewünscheten Buhler an Euer Liebe habe; Als gelanget an dieselbe mein ehrendienst- und herzfreundliches ersuchen / mich dieses ausgeborreten Unglüks zubenehmen / und durch seine blühende grüne Krafft mich zuerfreuen; das ist / mit seiner Werbung fleissig anzuhalten / oder / wo möglich / mich gar aus meines Vaters Gewalt hinweg zuhohlen / als seine ganz ergebene; jedoch mit dem ausdrüklichen bedinge / daß /dafern seine Liebe diesen Brief und dessen Inhalt einigem Menschen der Welt offenbahren wird / er von aller meiner Hulde in Ewigkeit sol entsetzet seyn / werde auch auff solchen fall mir einen andern Buhlen und Retter erkiesen; sonsten aber bin und verbleibe ich meines herzgeliebeten Herrn und allerangenehmesten Freundes / weil ich lebe / ganz ergebene gehorsame Lukrezie Pompejin.

Fr. Lukrezia muste Zeit des lesens ihren Mund mit einem Wischtuche zuhalten / damit sie sich des lachens erwehrete / nachgehends sagte sie zu Prokulus: Tapfer Ritter / wer mag doch immermehr des Narren mit euch so ungescheuhet und handgreiflich gespielet haben? Mein Herr Vater aber wolle doch den Brief besehen / ob er die Hand kenne / dann daß es meine nicht sein wird / bin ich gnug versichert. Aber der Käyser baht / ein wenig / iñe zu halten / biß daß übrige auch verlesen währe. Welches dann dem elenden Prokulus sehr angenehm wahr / und zu Lukrezien sagete: Ja eben dieses komt mit eures Bohten rede über ein / welcher mir mündlich anzeigete / dafern ich diesen Brief lautbahr machen würde / wolte sie alles /auch ihre eigene Hand verleugnen. Es ist gut / antwortete sie; man pfleget den geheimen Bohten wol so viel in den Mund zulegen; sonst zweifele ich nicht / wann der Schau-Spiel-Schreiber Plautus oder Terentius wieder aus der Asche hervor kähmen / würden sie an euch zeuges gnug haben / woraus sie ein gaukel- volles Spiel tichten könten. Er aber kehrete sich daran wenig / baht nur / der hönischen zunge ein Gebiß anzulegen / und reichete den andern Brief hin / welcher also verlesen ward / daß vor erst die Ausschrift mit dem ersten nach allen worten überein kahm / da doch der eine zu Jerusalem / der ander zu Padua solte geschrieben sein; und alle anwesende daher die Auftreiberey leicht merketen; darauf folgete nun dieser Inhalt:

Wann die liebe Sonne durch ihre glänzende Strahlen so wol meines Herzen Lust und Freude / als den klaren Tag hervor bringen / und dieselbe euch mein Herr / zeigen könte / würdet ihr / höchstwerther Schaz erkennen mögen die Herligkeit / in welche ich durch Euer Liebe Anwerbung nach meiner Heyraht gesetzet bin; hingegen muß ich mich dannoch plagen und grämen / daß meine unbedachtsame Eltern (wie ich aus deren Schreiben mit höchstem Unwillen vernehme) bedenken tragen / Euer Liebe mich alsbald zuversprechen. Ach mein Seelen-Freund / wie herzlich danke ich euch vor solche Gunst und Liebe / kan auch nicht absehen / warumb meine Eltern dieses Glük nicht mit mir zugleich mit beyden Händen ergreiffen / es währe dann / daß sie dem hinkenden einäugigen Nummius Lelianus noch weiters zuhöretẽ /welcher ihnen grosse güldene Berge von seiner Liebe gegen mich vorschwätzen sol / von dessen unglüklicher Ehe mich doch entweder Herrn Prokulus kundbare Tapfferkeit und geträue Gegenliebe / oder zum wenigsten mein eigenes Brodmesser frey sprechen wird. Euer Liebe der Verschwiegenheit dieses meines Schreibens zuerinnern / achte ich vor unnöhtig / massen dessen hoher Verstand leicht zuermässen hat / daß durch ein widriges er mich in das tieffste Unglük / ja in den Tod selbst stürzen würde; und zwar die ihm zu aller Liebe und Träue ganz ergeben ist / auch in alle Ewigkeit eine solche verbleiben wird / Sibylla Fabiin.[413]

Geliebete Fr. Schwester / sagte Lukrezia zu dieser; du kanst anmuhtigere uñ zierlichere Liebes Briefe tichten / als ich / welches sie mit einem grossen Gelächter vorbrachte; diese aber begunte Ernst daraus zumachen / und gab zur antwort: Herzen Fr. Schwester / du und ich müssen zuvor des schändlichen verdachts allerdinge enthoben sein / ehe du schimpfen wilt. Mein Gewissen / sagte jene / hat mich schon loßgesprochen / und müste mir leid sein / daß meinen Allergnädigsten Käyser und andere gegenwärtige Fürsten und Herren ich so stumpf schätzen solte / daß sie diese Auftreiberey und kurtzweiligen Aufzug / wer ihn auch muß angelegt haben nicht merken und erkennen solten. Niemand antwortete darauf / wiewol sie alle gnug sehen liessen / daß sie ihrer meinung währen. Der Käyser aber fragete Prokulus schon mit gelindern worten / was die Briefe in seiner andern Hand bedeuteten / und ob sie zum weitern Beweißtuhm dienetẽ könte er sich deren gebrauchen. Ja allergnädigster Käyser / sagte er / diese Briefe / ungeachtet diese junge Frauen sich mit gnug hönischen worten suchen auszuwickeln / werden der Sache den endlichen außschlag geben. Das wird niemand lieber sein / als eben mir und meiner Fr. Schwester / sagte Lukrezie / drum so lasset hörẽ / was ihr noch weiters vor aufgeschriebene Getichte zur Ergäntzung dieses Affenspiels mit euch gebracht habet / hernach wollen wir mit einem Handklopfen und Freuden Geschrey Anzeige tuhn /wie uns diese Handlung gefallen habe. Es wahren aber zwey Antwort-Schreiben / welche er auf der beyden Fräulein empfangene Briefe hatte auffgesezt und vermeintlich übergeschicket / deren der erste nach Jerusalem also lautete:

Wolgebohrnes Fräulein / herzgeliebete und einig-vertrauete. Euer Liebe angenehmes Brieflein ist mir wol eingeliefert / zweifele nicht / sie werde in der gefasseten LiebesGunst bestandigst verharren / und den alten Teuge-nicht-mehr in den bodemlosen Korb setzen / dem ich / da ich ihn kennen solte / mit wenigem zuschreiben wolte / er möchte sich mit weichem Brey speisen / weil die Milchzähne ihm ausgefallen seyn. Euren Herr Vater noch weiters mit Schreiben zuersuchen / achte ich vor einen überfluß / werde inwendig ViertelJahres Gelegenheit suchen /mich selbst zustellen / und wann Briefe oder mündliche Ansuchung unsern Vorsaz nicht heben kan / ihren getahnen Vorschlag ins werk zurichten beherzt gnug seyn. Inzwischen lebet wol mein Herz / und versichert euch aller Träue von eurem ergebenen S.M. Prokulus / dem Römer.

Der Herr hat seine Sache nicht allein durch sein selbsteigenes Schreiben sehr wol behauptet / sagte Lukrezie lachend / sondern über das sich sehr wol verantwortet. Aber was vor Zähne / meynet er wol /ihm mein alter Greiser und Leiser nunmehr zuschreiben werde? WindZähne / sagte Sibylla. Es gab ein gemeines Gelächter / aber der Diener lase den andern Brief an Fr. Sibyllen / wie folget:

Mich wundert sehr / mein Fräulein / daß meine Geister mir ihre grosse Liebe gegen mich / nicht vor ihrem AntwortSchreiben geoffenbahret haben; versichere sie hin wiederumb / daß die Lust / Freude und Herligkeit / welche sie noch zur Zeit nur in der Hoffnung hat / gar bald in der Taht erfolgen solle; und weil mir an der Niessung eurer vortreflichen Schönheit sonsten nichts / als der elende Lelianus hinderlich ist / wird seine Seele schier auf der Spitze meines Rauffdegens tanzẽ müssen; werde gleichwol auff Gelegenheit bedacht seyn / ihren Herrn Vater noch einmahl zubegrüssen / und nachdem die Antwort fallen wird / mich weiters wissen zuverhalten / dessen sie versichert Ihrer Liebe ganz ergebener und beständiger Liebhaber S.M. Prokulus.

Nach verlesung fürchtete sich Prokulus / man würde ihn nicht zu Worten kommen lassen / daher er alsbald also anfing: Weil ich dann nun / allergnädigster Käyser dieser beyden[414] Römerinnen / eigenhändigen Beweißtuhm hervor gebracht habe / in welchem sie Sonnenklar zuerkennen gegeben / daß ich mehr von ihnen / als sie von mir zur ehelichen Liebe ersuchet bin / wird und kann nichts mehr übrig seyn / als daß mein gerechtester Richter in dieser Sache die Urtel felle / welche / angesehen der bestendigen Käyserlichen Gerechtigkeit / nit anders / als vor mich und meine auffrichtige träue / wieder die Falscheit dieser beyden Römerinnen stehen mus. Allergerechtester Käyser / fing darauff Fürstin Sibylla an; daß gegenwärtiger Prokulus von etwa einem Schalke oder einer Schälkin frey auffgezogen / und mit abgelesenen ersten Brieffen / welche unser keine nie gesehen / tapffer bey der Nase umbgeführet sey / liegt mehr als zu helle am Tage / massen so wenig ich von dem Lelianus / als meine Fr. Schwester von dem alten Greisen leisen ungeneñeten Buhler ichtwas weis / oder jemahls gehöret habe. Ob nun Prokulus die ertichteten Brieffe beantwortet habe oder nicht / kan uns weder Schaden noch Vortel geben / und müste er ja beständig erweisen / daß ihm die Brieffe von uns zugeschrieben und übergeschicket / auch seine Antwort /davon wir nie etwas gehöret oder gesehen / uns eingelieffert währen. Er bringe die Brieffeträger an den Tag / und lasse sie scharff fragen / dann wird sichs finden / wie weit sein Beweißtuhm reiche. Weil ihm aber vielleicht solches unmöglig seyn wird / und durch diesen possierlichen Auffzug meiner Fr. Schwester und mir durchaus keine böse Nachrede erwachsen kan /wiewol / wann der Anstifter uns kund währe / wir ihn aufs wenigste darüber zurede stellen würden / überdas auch Herr Prokulus durch seines Gehirns blödigkeit mag überschnellet und zur leichtgläubigkeit angetrieben seyn / als gelanget an ihre Käyserl. Hocheit meiner Fr. Schwester und mein demühtigst-untertähnigstes bitten / dieselbe wollen allen ungnädigen Willen gegen Herrn Prokulus fallen lassen / und von dessen Wiz ein mehres nicht fodern als der ungütige Himmel ihm verlihen hat. Daß währe wol eine wunderliche Sache / sagte Prokulus / wann in diesem Gerichte ich unterliegen und den kürzern zihen solte; und dafern diese Schreiben von irgend einem andern / als von den beyden Fräulein herkommen währe / würde ich solches eifern biß an mein Ende. Der Käyser fiel ihm hieselbst ein / und sagete: Ohn allen zweiffel hättestu verdienet / das dein unbesonnenes Vornehmen nicht mit Waffen / sondern mit Hundepeitschen gestraffet würde / und hätten wir solche grobe Narrey nimmermehr hinter dir gesuchet. Es mus aber dieser teuren Fürsten und Fürstinnen vorbitte dir zum besten kommen / mit denen / wegen angelegten Schimpffes abtrag zu machen / befleissige dich ja bald / oder du dürfftest nicht gar lange mehr Prokulus heissen. Dieser kam zur erkäntnis / taht vor dem Käyser einen Fußfall / und baht seiner unbesonnenheit allergnädigste verzeihung; und weil er nicht wuste / wer Baldrich und Siegward wahren / ließ er sich dieselbe zeigen /da ihm Baldrich näher trat / und zu ihm sagete: Ritter / daß ihr meinem geliebten Gemahl in ehren nicht abhold gewesen seid / kan ich euch wol gönnen / wie auch / daß mit den ertichteten Liebes-Brieffen ihr euch bißher erlustiget; aber nunmehr müsset ihr solcher Gedanken müssig gehen / würde auch unritterlich gehandelt seyn / wañ ihr einem andern sein Gemahl zuentwenden euch unterfangen woltet; ich vor mein Häupt möchte euch noch viel eine schönere gönnen; aber daß ihr gleichwol mich habt unter dem Schein einer guten Sache / nicht ohn meine Beschimpfung ausfodern dürffen / müste euch so leicht nicht geschenket seyn / wann es euch nicht leid währe. Jedoch / wie jung ich bin / habe[415] ich doch meines wissens nie keine ausfoderung umbsonst und ohn darstellung angenommen / und mus deßwegen der Kampf durchaus / zum wenigsten mit dem Speer vor sich gehen / um darzutuhn / wer unter uns beyden meiner Lukrezien glüklichster Liebhaber sey. Prokulus sahe ihn so schwank und jung in dünner Kleidung vor sich stehen / und wahr ihm sehr lieb / daß der Streit seinen fortgang gewinnen solte / nahm ihn gerne auff sich /und gab zur Antwort: Ritter / ob ich gleich / mus bekennen / der glüklichste Liebhaber dieser Fräulein nit bin / hoffe ich doch mit dem Speer leicht zuerhalten /daß ich der erste unter uns beyden / und nicht unträu gewesen bin. Nicht unträu? sagte Baldrich; Je was ist daß dann vor eine Träue / daß ihr zugleich umb meine Fr. Schwester / Fürstin Sibyllen habt anwerben durfen? sehet guter Freund / was ihr redet / und kämpfet unter so augenscheinlicher bösen Sache nicht / es dürfte sonst die Träue selbst suchen / sich an euch zu rächen. Meine Träue ist dadurch nicht gebrochen /antwortete er / sondern im fall dieses Fräulein dieselbe nicht hätte erkennen wollen / wahr mein Anschlag auff Frl. Sibyllen hingerichtet. Ey sehet da / ein schöner Anschlag / sagte Sibylla / und mus ich alhie noch schamroht stehen / weil mir ins Gesichte gesaget wird / daß ich habe Noht-bedarff seyn sollen. Das Gelächter hierüber wahr nicht geringe / da der Käyser den beyden Fürstinnen ihre vermeineten Liebes-Brieffe zum lächerlichen angedenken einhändigte / auch auff Baldrichs anhalten den Kampf einwilligte / welcher inwendig der Käyserlichen Burg / da es eine gute Rennebahn gab / solte gehalten werden / weil man ohndas daselbst speisen wolte; machten sich also beyde Kämpfer fertig / welches Baldrich bloß taht /umb eine Kurzweil zu machen. Ihren wurden gleichmässige / aber auff des Käysers befehl / stumpfe Speer gegeben / da Lukrezie ihrem Gemahl ein köstliches Fähnlein dran heftete / worüber sein gutes Herz treflich zunam. So durfte Prokulus nicht weniger sich des Sieges getrösten / und mangelte ihm weder an guten Waffen noch starkem wolgewanten Pferde. Sie schicketen sich beyderseits zum Treffen / und ranten aus allen kräften zusammen; doch hielt Prokulus diesen ersten Stoß aus / wiewol er dem falle sehr nahe wahr / und Baldrich hingegen unbewäget vorüber ging / da er sagte; Hiemit mag Prokulus erwiesen haben / daß er der erste Liebhaber unter uns beyden gewesen sey. Der Käyser sahe daß Prokulus gezwungen ward sich an seines Pferdes Mähne zu halten /weil er Stegreiff-loß gemacht wahr / und wunderte sich nicht wenig / weil ihm dessen Leibeskräfte nicht unbewust wahren; welcher dann des Stosses wol empfand / auch des Schimpfs zu bersten meinete / verwandelte die Herzhaftigkeit in raserey / und ging zum andernmahle loß / unter der Hoffnung / es wieder einzubringen / nach dem sie beyderseits mit neuen Speeren versehen wahren; aber es ging ihm unglüklicher weder vorhin; dann ob er gleich sein Speer auff Baldrichen zum andernmahle brach / vermochte er ihn doch nicht wankend zu machen; da hingegen er nicht allein den Sattel räumen muste / sondern es fuhr ihm auch ein Splitter von seines Gegeners Speer unter dem Helm durch den Hals / daß ihm das Blut über den Harnisch herab lieff / und er als Tod auff dem Platze liegen blieb / welches Baldrichen sehr leid wahr / sprang vom Pferde / lösete ihm den Helm ab /und zog ihm den Splitter aus der Wunde; und als er sahe / daß er sich erhohlete / tröstete er ihn / er solte gutes muhts seyn / die unvermuhtliche Unglüks-wunde währe ihm leid / möchte des Arztes gebrauchen / uñ sich versichern / daß er bemühet sein wolte /ihm einen gnädigen Kåyser[416] zu machen. Dieser empfand der Schmerzen / bedankete sich gleichwol des guten willen / und baht / wegen des ergangenen umb günstige verzeihung / lies sich von der Burg leiten /und verbinden / wiewol er sein lebelang einen schiefen Kopff tragen muste / weil ihm eine Sehnader gelähmet wahr. Der Käyser sahe dieses Treffen mit verwunderung an / dann er wuste daß Prokulus nicht so leicht abzustechen wahr / und weil H. Dio neben ihm stund / sagete er zu ihm: Was wird dieser junge Fürst dereins vermögen / wann er die stehenden Jahre erreichen sol? Lukrezie freuete sich des Sieges am meisten / ging ihrem Gemahl auff dem Platze entgegen / und halff ihm daselbst die Rüstung abzihen / welches dem Käyser dermassen gefiel / daß er sie öffentlich die andere Römische Lukrezie nennete / und sie vor sich foderte / sie fragend / ob wegen ihrer anfoderung sie sich schier bedacht hätte. Worauff sie antwortete: Großmächtigster unüberwindlichster Käyser / allergnädigster Herr; Euer Käyserl. Hocheit ich unwirdigste Magd / erkenne mich so hoher Käyserl. Gnade und Hulde unfähig / würde auch so weit mich nicht erkůhnen dürffen / wann die kindliche Begierde / meinen lieben Eltern nahe zu seyn / mich nicht antriebe; unter welcher Zuversicht an ihre Käyserl. Hocheit ich mein untertähnigstes Ansuchen abgehen lasse / umb zuvernehmen / ob mein herzlieber Vater des Syrischen Stathalter Amtes nicht könne erlassen / und etwa zu einer Römischen Bedienung in Teutschland / zu Köllen oder der Ends befodert werden / woselbst er vielleicht seinem allergnädigsten Käyser und geliebten Vaterlande der Stad Rom zu dienste auch noch etwas gutes schaffen möchte. Der Käyser wunderte sich dieser Bitte / meinete auch nicht / daß ihr Vater damit friedlich seyn würde / uñ antwortete ihr: Geliebte Freundin; sie bittet / meinen wir / mehr ihre kindliche Liebe sehen zu lassen / als ihres nutzen wahr zunehmen /halten auch nicht / daß ihr Vater darein gehehlen werde / inbetrachtung / er sich aus der Sicherheit in Gefahr / aus friedlichem Stande in Unruhe versetzen würde; wollen nicht sagen / daß die jährlichen Einkommen gegen einander nicht zu rechnen sind. Ihrer Käyserl. Hocheit zuwiedersprechen / wil mir nicht gebühren / sagte Lukrezie; wann aber deroselben allergnädigst gefallen könte / meinen Vater darüber selbst zu hören / würde er seine meinung anzeigen. Ja / warumb nicht / antwortete er; rieff ihn selbst herzu / und taht ihm seiner Tochter Bitte zu wissen. Worauff er diese Antwort gab; Allergnädigster Käyser; wann mirs umb meinen eigen nutzen zu tuhn währe / würde ich mein Kind dieser bitte wegen anfeinden; weil aber alles mein tichten und trachten dahin stehet / wie euer Hocheit und dem lieben Vaterlande ich nüzliche uñ ersprießliche dienste leisten möge / habe ich meiner Tochter dieses selbst an die Hand gegeben / weil ich davor halte / die Freundschaft zwischen diesen Teutschen Fürsten und mir / sey so fest gelegt und unterbauet / daß meine nahe Anwesenheit / sie und die ihren in Römischer Freundschaft zu unterhalten /mehr / als etliche tausend Kriegsknechte wirken sol; bitte diesem nach untertähnigst / ihre Käyserl. Hocheit wolle meines Kindes anwerbung nicht ungnädig vermerken / und nach ihrer freien Wahl und Macht darin ordnen und schaffen / auch mir allergnädigst verzeihen / wann ihrer Käyserl. Hocheit diese Bitte solte zuwieder seyn. Woldann mein Pompejus / sagte der Käyser / dieser Redligkeit und auffrichtigen Träue müsset ihr geniessen. Foderte den Bürgemeister Pupienus und andere Römische Rahts Herren zu sich / gab ihnen dieses bewäglich zuverstehen / und ward der Schluß gemacht / ihm hinfüro eine sonderliche Mildigkeit zuerweisen.[417] Wie ihm dann nicht allein das Stathalter Amt zu Köllen geliefert ward / sondern empfing jährlich aus des ReichsSchazkammer 30000 Kronen über das ordentliche vermachte Einkommen /und gab ihm der Käyser und die Stad Rom den Zunahmen PIVS, das ist / der Gottfürchtige.

Nun suchete GroßFürstin Valiska alle Gelegenheit / wie sie dem Käyser eine Belüstigung machen / und ihre ritterliche Erfahrenheit sehen lassen möchte /daher sie mit Herkules redete / ob ihr könte zugelassen seyn / etliche verdeckete Auffzüge anzulegen; und nach guter bewilligung muste Gallus mit etlichen Reutern schleunigst nach dem Walde reiten / in welchen sie vor zwey Jahren geführet wahr / auff daß er das übrige des Kunstpulvers überbrächte / dessen er noch über verhoffen einen guten Anteil fand / und neben Herkules Schwert / welches er jensmahl mit dem Stabe verwechselt hatte / zu sich nam / da er fast den ganzen Rükweg / sich seiner vorigen Sünden erinnernd / mit gebeht und flehen zubrachte. Gegen den Abend streich Valiska einen Bömischen ädelknaben /der mit ihr gleicher Leibes grösse wahr / das Gesichte an / machte ihm ein falsches Haar / gab ihm ein Amazonisch Kleid anzuzihen / und ordnete ihm Timokles mit verstelletem Angesicht vor einen Dolmetscher zu /nebest völligen unterricht / wessen sie sich verhalten solten. Diese / wie ihnen befohlẽ wahr / liessen sich desselben Abends angeben / dafern sie von Käyserl. Hocheit und den anwesenden Fürsten und Herren /gnädigst / gnädig und freundlich könten gehöret werden; traten nach Erlaubniß in den Saal / neigeten sich höflich wiewol auff fremde Art / und redete Timokles also: Unüberwindlichster Käyser / Durchleuchtige Fürsten und Herren / Fürstinnen / Frauen und Fräulein; gegenwärtige mein gnädigstes Fräulein / Frl. Minithea / der Großmächtigsten Fürstin Thalestris / herschender Königin der Amazonen leibliche Schwester /die nach Afrika zusägeln willens / hieher verschlagen ist / hat die höchstansehnliche Versamlung Käyserl. Hocheit mit so vielen Fürsten und Herren / auch Fürstinnen / Frauen und Fräulein / ohngefehr in Erfahrung gebracht / und der ursach halben sich hieher begeben / daß sie möchte sehen lassen / ob nicht auch ihre weibliche ritterliche übungen sich bey dieser Landesart Rittern angenehm / und in etwas beliebt machen könten; bittet demnach untertähnigst und freundlich / daß ihr möge vergönnet seyn / morgen vor essens ein vierfaches Ritterspiel zur kurzweiligen Lust anzustellen als nehmlich eine ReitSchuele / ein Ringelrennen / eine Fechtschuele und ein Freyschiessen; stellet auch Ihrer Käyserl. Hocheit untertähnigst anheim / ob dieselbe die Gewin setzen / oder ihr solches daneben erläuben wolle. Da nun dieses ihr Ansuchen stat finden wird / wil sie solches an ihrem orte dereins höchst zu rühmen haben Der Käyser und alle anwesende verwunderten sich dieses vorbringens zum höchsten / macheten anfangs ein Gelächter drůber /weil allen und jeden gnug bewust wahr / daß die Amazonischen Weiber vorlängst schon gedämpfet und ausgerottet währen / und kunte doch niemand /ohn Ladisla und Arbianes außsinnen / wer dieses Aufzugs Meister sein möchte. Nicht destoweniger blieb die ertichtete Amazonin stehen / und erwartete der genehmen Antwort / mit vorwendung / sie wolte nicht hoffen / daß Käyserl. Hocheit und den Anwesenden Fürsten und Herren ihr ritterliches Ansuchen einiges mißfallen erweckẽ solte; im widrigen bähte sie umb gnädigste und freundliche Vergebung ihrer gebrauchten Kühnheit. Als nun der Käyser ihr beharliches Ansuchen sahe / gab er Dion Volmacht /[418] ihr als einer Amazonischen Fürstin zuantworten / und alles nach ihrem begehren einzuwilligen; daher dieser also anfing: Durchleuchtiges ritterliches Fräulein / tapffere Amazonin; die sonderliche Ehre / welche Käyserl. Hocheit / auch den anwesenden Durchll. Fürsten und Herren / Fürstinnen / Frauen und Fräulein durch diesen Vortrag wiederfähret / wird von allerhöchstgedachter Ihrer Käyserl. Hocheit und anderen anwesenden gnädigst und freundlich auffgenommen / und wie Euer Durchl. dieses tapffere Vornehmen zu allem Ruhm ausschlagen muß / also wird man nit unterlassen / ihren ritterlichen übungen / teils als Mitübende /teils als Zuseher beyzuwohnen / da dann Käyserl. Hocheit gnädigst geruhen wird / allen obgedachten übungen dreifache gedoppelte Gewin zusetzen / so daß je zween den ersten / andern und dritten in allen vier Ritterspielen zugewarten haben sollen: und wird endlich Ihre Durchl. gnädigst und freundlich ersuchet / gegenwärtige Geselschafft mit ihrer Gegenwart diesen Abend zuvermehrẽ. Die Amazonin bedanke sich durch ihren Dolmetscher der gnädigst- und günstigen Wilfahrung / hätte diesen Abend annoch nöhtige Geschäffte zuverrichten / wolte aber morgen frühzeitig gnug im Schloßplatze sich finden lassen; nam hiermit Abscheid / und verließ die Geselschafft in wundersamen nachdenken / was sich morgen begeben würde. Es stund der Amazonin alles weiblich gnug an / das Angesicht wahr auch unbekant / weder Teutsch noch Italiänisch. Ihrer viel stunden in den Gedanken / der Käyser selbst würde es also geordnet haben / nur daß er unserer Fürstlichen Helden ritterliche Erfahrenheit sehen und prüfen möchte. Hingegen gab der Käyser es auff Herkules oder Ladisla / oder Arbianes. Die GroßFürstin / welche zwischen Fr. Mammeen und dem Käyser saß / wuste sich so wol in die Possen zuschicken / daß kein Römer auff sie argwohnete / auch die unsern selbst / ausser Herkules / zweifelten; dann sie fing mit dem Käyser ein Gespräch an von den Amazonischen Heldinnen / ob man auch trauen dürfte / daß dergleichen / wie man schriebe / je gewesen währen; etliche gäben vor / sie währen von Herkules dem beruffenen Griechischen Heldẽ gedämpft; andere dagegen hielten mit dem Homerus / sie hätten sich noch nach Herkules Tode mit vor Troja wider die Griechen gebrauchen lassen; ja man dürffte bejahen /daß sie annoch zur Zeit des grossen Alexanders gewesen währen. Worauff der Käyser zur Antwort gab: Weil nicht allein die Geschicht-Schreiber einhellig es bejaheten / sondern man auch noch auff diesen Tag etliche trefliche Gebäu zeigete / die von ihnen solten gerichtet seyn; ja über das ihrer vornehmsten Königinnen Nahmen und Nachfolge verhanden wåhren / hätte man seines erachtens nicht groß dran zuzweifeln. Ward also dieses Gespräch auffgehoben / und der Abend mit tanzen und kurzweilen hingebracht. Des folgenden Morgens stellete der AmazoninDolmetscher sich wieder ein / und ließ bey Käyserl. Hocheit und den Fürsten anhalten / eine gute Anzahl wol abgerichteter muhtiger Pferde / teils gesattelt / teils nur schlecht gezäumet auff den Reitplaz führen zulassen; auch ein Gestelle zum Ringelrennen auffzurichten /und etliche stumpfe Schwerter nebest unterschiedlichen Bogen und Pfeilen dabey zuordnen / welches alles zur gnüge verrichtet ward. Der Käyser und die alten Römischen und Paduanischen Herren stunden auf einem absonderlichen Gemache Ostenwerts. Das fremde / Römische und Paduanische ädle Frauenzimmer / hatten allernähest dabey ihren Stand. Gleich gegen über wahren die Fürstinnen alle mit einander /nebest Fr. Kordula / Virginia und Helena.[419] Die GroßFürstin ließ sich anfangs an ihrer stelle öffentlich sehen / grüssete auch insonderheit den Käyser durch ihr GukFenster / umb allen Argwohn abzulehnen /und mustẽ hernach alle ihre Geselschafft die Angesichter mit schwarzem Flohr behängen / da sie ihre Euphrosynen an ihren Plaz stellete / Haar / Angesicht / Hände und Arme braunschwarz anstrich / und ein Amazonisch Kleid anlegete; hatte zween Böhmische mit gleicher Kleidung verstellete ädelknaben bey sich / welche ihr einen köstlichen Bogen / ElffenbeinenKöcher mit Pfeilen / und ein stumpffes Schwert nachtrugen. Als sie in den Plaz trat / erzeigete sie allen Zusehern / und die zur ritterlichen ůbung sich eingestellet hatten / nach StandesGebühr / h \fliche Ehr / und ließ darauff durch ihren Dolmetscher folgende Werbung vortragen: Durchleuchtigste Fürsten / Hochgebohrne Herren und hochädle tapffere Ritter; gegenwärtige mein gnädigstes Fräulein bedinget sich ausdrüklich / daß sie weder aus hochmühtiger Einbildung / noch schändlichem Ehrgeiz diese übung angestellet /vielweniger ihr die Gedanken machet / ob solte sie so treflichen Helden etwas angewinnen können / deren höchste rühmliche Ritterschafft so weit erschollen /daß sie auch den Amazonischen Ritterinnen nit verborgen bleiben mögen / sondern bloß nur die Ehre und das Glük zuhaben / sich in ihrer Geselschafft mit zuüben / hat sie diese RitterSpiele mit antreten wollen / unter der ungezweifelten Zuversicht / sie werde hiedurch niemand einige Verdrießligkeit erzeigen oder zum Widerwillen anreizen. Bittet daneben dienst- und freundlich / einer unter ihrer Hoch-Fürstlichen Geselschafft wolle den Anfang mit dem Pferde bereiten machen. Ladisla / welcher nunmehr seine Schwester gar aus dem Verdacht gelassen / weil er sie niemahls mit verstelletem Angesicht gesehen hatte / gab ihr diese Antwort: Durchleuchtigstes Fräulein / tapffere Amazonin / wie solte einiger Ritter an diesem hochlöblichen beginnen Verdruß tragen / oder deren ritterliches Vornehmen einiger Ungleicheit beschuldigen? Vielmehr erkennen wir ingesamt und jeder insonderheit /Euer Liebe uns davor zu Dienst verbundẽ / nachdem sie uns gewirdiget / daß in ihren ritterlichen übungen wir uns zugebrauchen gelegenheit haben k \nnen; und weil ihre Liebe dieses vierfachen Ritterspiels Uhrheberin ist / wird sie unbeschweret seyn / in allen nach ihrem guten belieben den Anfang zumachen / damit aus ihrem vorgehen wir lernen mögen / wie wir folgen sollen. Die Amazonin neigete sich abermahl / sahe frisch umher / erblickete ein gesatteltes hohes und muhtiges Pferd unter dem Hauffen / und ließ die Diener / die es hielten / es auff die Bahn zihen. Der Käyser / dem es zustund / und es über alle seine LeibRosse schätzete / wiewol ers selber zureiten nicht getrauete / und schon bedacht wahr / Gelegenheit zusuchen /daß Herkules es tu eln möchte / sahe dieses nicht ungerne / dann er meinete / sie wůrde mit Schimpff bestehen / und das übermühtige Tihr nicht zwingen können; aber sie lief mit vollem Sprunge darauff zu /schwang sich als im Augenblik in den Sattel / fassete den Zügel / und beritte es so artig / daß alle Zuseher zweifelten / ob ihr jemand solches nachtuhn wůrde; anfangs sprengete sie damit hinter und vor sich / und zu beyden Seiten aus; hernach ließ sie es im einfachen und gedoppelten Kreisse lauffen / und trieb es zu so hohen gewaltigen Sprüngen an / daß jederman meynete / sie würde den Hals zubrechen / saß doch nicht destoweniger dermassen fest im Sattel / als währe sie darauff geleimet / daß auch der Käyser zu seinen Beystehern anfing: Ich habe dieser verstelleten Amazonin in meinem Herzen sehr unrecht getahn / daß ich dieses[420] Pferd ihr nicht zugetrauet / da sie es doch ungleich tapfferer und witziger als alle meine Bereiter / getummelt hat. Gleich da sahe er / daß sie im vollen rennen herunter sprang / und sich gegen die anwesende höflich neigete. Herkules nam eben dasselbe Pferd / und machte ihr alles genaue nach was sie hatte sehen lassen / ließ auch einsmahls seinen Huet mit gutem Willen auff die Erde fallen / und hueb ihn mit seinem Stäblein in vollem rennen auff. Ladisla und die drey Fůrsten tahten auch ihr bestes / aber an die Amazonin und Herkules kahmen sie nicht. Die R \mischen Ritter verzageten alsbald / hieselbst Ehre zugewinnen / håtten viel lieber weit davon seyn mögen; aber ehrenhalben musten sie mit machen / da der junge Pupienus sich vor andern wol hielt. Als der junge Sulpitius in seiner übung war / sihet die Amazonin Herkules ädlen Blänken stehen / der von vier Dienern gehalten ward /bedachte sich / ob Verdacht zumeiden / sie ihn unbeschritten solte lassen / und ließ sich endlich durch Begierde reizen / daß sie hinzu trat / den Zaum ergrif /und sehr gerade hinauf sprang. Das Pferd seinen ersten Reuter kennend / hielt sich zahm und gehorsam /ließ sich lenken uñ kehren nach allem Wink / und rante sie wie ein Pfeil auff demselben hin und wieder /biß es zimlich ermüdet war / daher Ladisla von neuen gedachte / es müste ohn zweifel seine Schwester seyn / Gott gäbe / wie sie auch unvermerket von der Schau bühne kommen währe / und mit der ihm wolbekanten Farbe sich verstellet hätte. Arbianes wankete auch /und hätte sich schier erkühnet / GroßFürsten Herkules seine Meinung zuentdecken / hielt aber doch inne /aus furcht / sie zubeleidigen / da sie es währe. Endlich ergriff sie ein ungesatteltes doch gezäumetes sehr unbendiges Pferd / sprengete damit hin und her / und tummelte sich rechtschaffen / klemmete sich auch mit den Beinen so feste darauff / daß sie keinen Wank taht / ungeachtet das Pferd nur immer sich bemühete /sie abzuwerffen; welches dem Käyser und andern Römern / als eine unbekante übung fremd vorkam / und sehr zweifelten / ob auch ihrer Leute einer solches wagen dürffte; wie sie dann in Warheit sich dessen alle enthielten; aber die Fürsten ingesamt braucheten sich in dieser ungesattelten RenneSchule sehr wol /daß keiner dem andern nachgab. Nach Vollendung dieser übung / welche anderthalb stunden wehrete /nam die Amazonin ein Speer zum Ringelrennen / taht den ersten Rit auff ihrem Schecken / und nam den Ring artig hinweg. Herkules Ladisla tahten desgleichẽ; Baldrich stach ein wenig zu hoch. Siegward traff Arbianes und die übrigen alle fehleten zum ersten mahl / ohn Skaurus brachte ihn davon. Nach diesem ward noch 20 mahl umgestochen / da die Amazonin und Herkules kein mahl; Ladisla einmahl; Baldrich und Arbianes viermahl; Siegward dreymahl / wie auch Skaurus; die übrigen offter fehl stachẽ. Sie hätten gerne noch etliche Ritte getahn / aber weil die Sonne schon hochstund / ward auch diese übung aufgeruffen; daher nam die Amazonin ihr stumpfes Schwert zur hand / und foderte anfangs Herrn Skaurus aus / mit dem sie drey zierliche Gänge hielt / ihm auch eines über die linke Schulter und das rechte Bein anbrachte / da er sie doch nicht treffen kunte. O nun verzweifele ich an allen übrigen Römern fing der Käyser an /nachdem mein Skaurus / der seines gleichen in Rom nicht hat / den kůrzererzihen muß; kan auch nimmermehr nicht gläuben / daß sein Gegener ein Weibesbild sey; aber was vor ein treflicher Achilles muß doch immermehr unter diesem Amazonischen Kleide verborgen liegen? Der Teutschen Fürsten ist es ja keiner /als die ich alle vor mir in der übung sehe; ist demnach nit[421] anders / es muß etwa GroßFũrst Herkules diesen seinen lieben Diener also abgerichtet haben. Nach Skaurus Abtrit / der sich nicht wenig schämete / weil er seine gröste Hoffnung auff die Fechter Kunst gesetzet hatte / trat des Käysers OberFechtmeister hervor /und begehrete der Amazonin; die ihm gerne zu willen wahr / seinen ersten ungestümen Doppelhieben und Stössen auswiche / doch dabey ihren Vortel ersahe /und ihm eins übers Maul versetzete / daß die rohte Suppe folgete / und er mit Schimpff das Gewehr niderlegen muste. Nachgehends übeten sich die sämtliche Fürsten mit den Römern / und erlangeten hohen Preiß wegen ihrer treflichen Erfahrenheit / wiewol Skaurus und Pupienus ihnen wenig nachgaben. Nun wahr ein grosser Fechter unter den Umstehern / der seine Fechtterkunst zurůhmen anfing / und wie manniche Schuele er ohn einigen empfangenẽ Schlag gehalten hätte / möchte sich auch gerne mit der Amazonin versuchen / wann er dessen könte gewirdiget seyn. Der eine Böhmische ädelknabe hörete solches / hinterbrachte es der Amazonin / die ihm ein Schwert in die Hand gab / welches er dem Fechter einreichen /und ihn herzu führen solte. Dieser war hierzu willig /uñ gedachte sonderliche Ehre einzulegen; hielt sich nach seiner grobẽ Art zimlich / machte sein Aufheben / mit neigẽ / Handstellung in die seite / Schränkung der Füsse uñ Beinschnitten / so gut ers gelernet hatte /welches doch von der Ritterschafft als eine unnütze Gåukeley verlachet ward / uñ die Amazonin durch ihren Dolmetscher zu ihm sagete: Guter Freund / es ist kramantschens gnug / und habt eure Auffhebe Kunst durch Anbehtung eures Schwerts zur gnüge sehen lassen / so kommet nun her / dz ich der Streiche auch empfinden möge. Ja wol / antwortete dieser Ungeschliffene / gar zu früh werde ich euch kommen /hoffe auch / mir werde vergönnet seyn / meine Kunststreiche anzubringen. Darumb sind wir hie / sagte sie / trat ihm entgegen / und befand daß er in der güldenen Kunst sehr gut wahr / und sich im gestrekten Lager mit guter Vorsichtigkeit zu halten wuste / daß ihm so leicht nicht beyzukommen wahr; deswegen sie anfangs sich auch eines langen / bald aber darauff eines kurzen Lagers gebrauchete / ließ ihm sein Spiegelfechten ein wenig antreiben / trat ihm endlich ein /und versetzete ihm eins über die Stirn / daß ihm das Gesichte verging; wiederhohlete den Streich / und schlug ihm die Vörderzähne aus dem Maule / führete alsbald darauff einen starken Unterhieb / und richtete ihm das linke Schienebein also zu / daß er in die Knie niderschoß / und ein starkes Geschrey ausließ. Da erhub sich nun ein solches Gelächter unter den Anwesenden / daß niemand sein eigen Wort h \ren kunte. Die Amazonin aber ließ ihm durch ihren Dolmetscher eine Hand vol Kronen zu seiner Schmerzen linderung einreichen / welche er vor lieb nahm / und als währe alles wol verrichtet / davon ging. Herkules war anfangs nicht willens mit ihr zu fechten / endlich kam ihn eine Lust an / sie zuversuchen / da dann ein so überaus zierlicher und künstlicher Kampff von ihnen gehalten ward / daß alle Anwesende darüber Augen und Mund auffsperreten; doch bekam die Amazonin im dritten gange einen sanften Schlag über den Arm /und ward damit auch das Gefechte geendiget. Das Schiessen wahr noch übrig / worin Herkules sich selbst fürchtete überwunden zu werden. Die Amazonin ergriff ihren Bogen / und begehrete von der Geselschaft / sie möchten nach belieben das Ziel stecken und ordnen. Worauff Skaurus den Pfahl schlug; Pupienus aber einen schwarzen Flecken eines Reichstahlers in der mitte der Scheibẽ mahlete / welches der Amazonin gar zu groß dauchte;[422] daher sie hinzu trat /ein weisses Fleklein einer Haselnus groß in das Schwarze machete / hernach einen schwarzen Quehrstreich mitten über die Scheibe zohe / und durch den Dolmetscher anmelden ließ / sie wolte den gemahleten Strich von der Rechten nach der Linken zu / biß an das weisse Fleklein vor sich nehmen / und voller Pfeile schiessen / die andern möchten von der Linken nach der Rechten zu / ihren Schuß nehmen / und den Strich mit Pfeilen fũllen / hernach solte das Weisse den Meisterschuß geben. Die Anwesende hielten solches vor eine Unmögligkeit / und sahen ihrem beginnen fleissig zu / da sie einen Pfeil nach dem andern /dem geraden Zuge nach / in die Scheibe schoß / als währẽ sie nach der Schnuhr hinein gestecket; und da sie den achten abdrücken wolte / flog ein Geier hoch in lüften über ihr her / welchen sie ohngefehr sahe /und ihn alsbald herunter schoß / daß er Skaurus auff die Achsel fiel; volführete darauff ihr Vorhaben / biß 19 Pfeile in der Reihe stecketen / und drey Daumen breit von dem weissen Flek übrig wahr. Der Käyser sahe diesem mit höchster verwunderung zu / und sagte zu Dio: Ich wahr schier halb willens / das Schiessen mit zu halten (wie er dann ein guter Schütze wahr) aber nun ist mirs Lieb / daß ich mich des Bogen geäussert; dann dieser vermummeten Amazonin gleichen lebet nicht. Es ließ sich niemand im Platze finden / der lust hatte dieses Schiessen mit anzutreten / biß die Amazonin sie anreden ließ / wer in vorigen übungen sich mit gewaget hätte / würde ihr auch in der lezten Geselschaft leisten. Also trat Ladisla zu erst hin / schoß seinen Pfeil ans äusserste der Linken in den Strich / doch daß er nicht gar in die mitte kam /sondern ein wenig zu hoch steckete / weil er aber den Strich über die Halbscheid rührete / ließ man ihn steckẽ. Herkules folgete / und schoß den seinen recht nach gebühr. Baldrich kam etwas zu niedrig / deßwegen ward er ausgezogen. Siegward hoffete es besser zu machen / aber er traff nicht allein zu hoch / sondern auch zu weit nach der Rechten. Arbianes hatte das Glük / daß seyn Pfeil / gleich Ladislaen stecken blieb. Pupienus schoß gar fein / aber er beteurete daß es ein blosser Glückesschuß währe; die übrigen alle schossen gröblich fehl. Also kam die Ordnung wieder an Ladisla / der traff dißmahl recht. Herkules im gleichen; die übrigen fehleten alle. Zum drittenmahl fehlete Ladisla des Streichs / auch alle anderen / ohn Herkules / und machte es Pupienus am schlimmesten /daher sich niemand mehr wolte gebrauchen lassen /ohn allein Herkules füllete die Zeile / wiewol nicht so gar gleich als die Amazonin / wolte doch nit desto weniger den Meisterschuß mit halten / da ihm dann der Vorschuß gegönnet ward / welcher so wol geriet daß er mitten auff das Weisse zustecken kam; dessen die Amazonin sich herzlich erfreuete / ließ das Löchlein nach ausgezogenem Pfeile zupflöcken / legete an / und schoß in eben dasselbe Loch / welches Herkules gemacht hatte / wie es dann von allen / die sich mit ũbeten / besichtiget ward. Arbianes wolte nicht mehr zweiffeln / es müste die unvergleichliche Schützin Valiska seyn / trat zu ihr hin / und sagete auff Medisch: Fr. Schwester / sie ist es und keine andere; welche ihm dann lachend antwortete: Ein Freund verräht den andern nicht; legte ihren Bogen nider / setzete sich auff ein gerades Pferd / und ließ ihr das Geschoß wieder reichen; bald kahmen nach ihrem geheiß etliche Hasen hergelauffen / denen sie nachsetzete / und alle / die sich nicht unter die Leute und Pferde verstecketen / im vollen rennen / zu bodem schoß / daß der Käyser überlaut sagete: O wunder der volkommenheit / wiltu nicht schier auffhören zu wundern! sie taht hierauff noch etliche zierliche ritte / schoß einen Pfeil[423] gerade übersich in die Höhe / daß es zischete /schwang sich sehr artig vom Pferde / und hielt durch ihren Dolmetscher folgende Rede: Großmächtigster unüberwindlichster Käyser; auch Durchleuchtigste Hochgebohrne Fürsten und Herren; Fürstinnen / Frauen und Fräulein; es bedanket sich mein gnädigstes Fräulein / Frl. Minithea untertähnigst / dienst- und freundlich / daß man ihr diese Ubung nicht allein gönnen / sondern auch ihren unvolkommenheiten gnädig und günstig übersehen wollen; den ritterlichen Mitübern erkennet sie sich zu ehrliebender Freundschaft schuldig / wie sie auch uhrbötig ist / allen Anwesenden nach Standes gebühr auffzuwarten / und behägliche angenehmligkeiten zuerweisen. Endlich muste ihr Dolmetscher anzeigen / es möchte der unglũkliche Fechter des folgenden Tages sich bey ihr anmelden /welchen sie noch weiter ergetzen wolte / nachdem sie nicht gerne einigen ungewogenen in dieser Landschaft verlassen möchte. Hiemit nam sie einen Abtrit in ein Untergemach / ließ den Bömischen ädelknaben / der des vorigen Tages sich angegeben hatte / unvermerket an ihre Stelle treten / stieg durch ein Nebentůhrlein auf ihre Schaubũhne / da Gallus ihr aufs schleunigste die Farbe weg nam / und legte sie ihre Kleider an /des verfolgs erwartend. Der Käyser sendete hin nach dem Fürstlichen Frauenzimmer / mit begehren / es möchten ihrer sechse unbeschwert herzu treten / und die Gewin nach der Richter Urtel austeilen. Also gingen Valiska / Sophia / Lukrezie / Sibilla / Ursula und Kordula hin / solches zuverrichten. Den höchsten Preiß von allen vier Spielen empfing die Amazonin von Sophien / und Herkules von seinem Gemahl; als wegen des Bereitens ein par güldener PferdeStangen mit einem Gebiß von ädlen Steinen; wegen des Ringelrennens einen treflichen Kranz von den kostbahrestẽ Perlen; wegen des Fechtens ein Schwert / dessen Gefäß von Demanten schi erte; und wegen des Schiessens ein Kleinot in gestalt eines Handbogen zugerichtet. Der ander Gewin ward Ladisla und Skaurus eingereichet / wegen des Fechtens; Ladisla und Baldrich wegen des Reitens; Ladisla und Siegward wegen des Ringelrennens; Ladisla und Arbianes wegen des Schiessens; welches ihnen Lukrezie uñ Sibylla lieferten; nehmlich jedem wegen des Reitens ein par güldener Sporn mit Rubinen ausgesezt; wegen des Ringelrennens / auch einen Perlen Kranz; wegen des Fechtens ein Kleinot in gestalt eines Adlers; und wegen des Schiessens des KäysersBilde umb und umb mit Saphiren versetzet. Den dritten und lezten Preiß teileten Ursula uñ Kordula aus; Siegwarden und Arbianes wegen des Reitens / ein par güldener Sporn /etwas geringer als die vorigen; Baldrich und Skaurus einen Perlen Kranz wegen des Ringelrennens; Baldrich und Siegward ein par güldener Armbänder wegen des Fechtens; wie auch eben diesen beyden wegen des Schiessens eine güldene Kette; und belieff sich der sämtliche erste Gewin auff 100000 Kronen; der ander auff 60000; der dritte auff 35000 Kronen. Es hatte sich der Tag zimlich schon auff die Späte gezogen /und wahren so wol Zuseher als Ubende noch nüchtern / dz jeden nach der Spise verlangete. Die GroßFürstin machete hieselbst noch einen blinden Auffzug / in dem sie die Amazonin baht / mit ihr zu Tische zu gehen / welche sich aber höflich entschuldigte / mit einwendung / sie hätte annoch sehr nöhtige Sachen zuverrichten / bähte umb verzeihung / und wolte nach verlauff wenig Stunden sich unfehlbar einstellen /Käyserl. Hocheit untertähnigst / und der Hoch Fürstl.[424] Geselschaft dienstlich auffzuwarten; mit welchem erbieten dann der Käyser und die anderen alle / zu frieden seyn musten / weil sie ja noch das Glük haben würden / diesen so treflich fertigen Menschen zuerkennen. Zeit wehrender Mahlzeit ũber / wahr alles Gespräch von Herkules und dieser Amazonin / daß auch der Käyser sagete: Ihn verlangete sehr / diesen wunder geübeten Menschen zukennen / und wer er auch seyn möche / könte er ihn doch vor kein Weibesbild halten. Fr. Söphia antwortete: Es liesse diese Amazonin sich anmelden / daß ihrer Käyserl. Hocheit sie sich gerne untertähnig darstellen wolte / im falle sie bey derselben eines Frevels gnädigste Vergebung erhaltẽ könte / welchen an ihrer Hocheit sie einsmahls / doch nicht aus bösem willen verübet hätte / und wolte sie vor ihr Haupt ihre Hochheit wol versichern /dz die verstellete Amazonin / so die ritterliche Ubung verrichtet / ein wahres Weibsbild währe. Ist sie eine solche / sagte der Käyser / so ist sie die volkommenste in ritterlichen Ubungen; jedoch beteuren wir / daß wir uns durchaus nicht erinnern können / von einigem Weibsbilde einen Frevel eingenommen zuhaben / und ob solches gleich geschehen währe / müste ihr doch willig verzihen seyn / insonderheit / weil es nicht aus boßheit / sondern vielleicht aus blossem Irtuhm wird geschehen seyn. Dieser gnädigen verzeihung / antwortete Fr. Sophia / bedanke wegen meiner Fr. Schwester der Teutschen GroßFürstin / ich mich untertähnigst /und wil ihrer Käyserl. Hocheit nicht långer verschweigen / daß die ritterliche Amazonin keine andere gewesen / als die Durchleuchtigste GroßFürstin / Fr. Valiska / die ihrer Hocheit an der Seite sitzet. Der Käyser entsetzete sich fast / wegen dieses vorbringens / wuste nicht / wovor er sie haltẽ solte / wendete ihr sein Angesicht zu / und sagete: Wie ist es dann möglich / daß eure Liebe auff einmahl und an einem Orte in zween durch Angesicht / Leben und Kleidung unterschiedliche Menschen sich verstellen kan? Nun habe ja ihre Liebe ich nicht allein auff der Schaubühne gesehen /sondern ihr auch die Gewin auszuteilen selbst in die Hand gegeben; überdas mit leiblichen Augen angesehen / daß Fr. Sophia der Amazonin die wolgewonnenen Kleinot zugestellet. Die GroßFürstin erröhtete in etwas / und gab zur Antwort: Unüberwindlichster Käyser; nachdem allergnädigste verzeihung dieses meinen kühnen Frevels ich schon erhalten / wil ihrer Käyserl. Hochheit ich untertähnig berichten / daß ich zwar die Amazonin in den RitterSpielen / aber weder die gestrige / so sich angab / noch die heutige so den Gewin empfing / gewesen bin. Dañ nachdem ich nach vollendung der Spielen einen geschwinden Abtrit nam / habe ich jene zum betrug in bereitschaft gehabt / und ist mir solches so wol gelungen / daß keiner / so nicht zuvor es gewust / mich ungezweifelt erkennet / ohn FürstArbianes hätte mir das Spiel schier verderbet /als welcher mich beim Schiessen / dessen er mehr von mir gesehen / aushohlete / und da meine warnung nicht gewesen / mich vielleicht verrahten / uñ in offentlichen Spot gesetzet hätte. Alle anwesende Römer und Römerinnen kunten sich der GroßFürstin nicht gnug verwundern / so daß ihrer unterschiedliche sie vor eine himlische Göttin zuhalten anfingen / uñ der gänzlichen Meynung wurden / sie můste entweder die algebietende Juno / oder die streitbare Pallas / oder das Schön-Muster die Venus seyn. Ja man fand folgendes Tages unterschiedliche Zettel ausgesträuet /auff welchen dieses Heidnische Verßgeticht geschrieben stund.


[425] 1

Ihr Römer nehmt des Glückes wahr;

Jezt habt ihr das versprochne Jahr /

Da euch die Götter selbst besuchen;

Wie könt ihr dann dem Glücke fluchen?

Erkennet doch die Seligkeit /

Womit euch Jupiter erfreuet;

O der genehmen lieben Zeit /

Die über uns diß Glük ausstreuet!


2

Hilff Juno! deine Himmelspracht /

Hastu zu uns hernieder bracht.

Hilff Pallas! dein ungläublich reiten /

Dein Ringelrennen / Schiessen / Streiten /

Hab ich mit Augen angesehn.

Hilff Venus! deiner Schönheit prangen /

In welchem deine Glieder stehn /

Kan nicht an Menschen Schwacheit langen.


3

Vor diesem wahr der Weisen Schluß;

Die Juno / Pallas und Venus

Bestünden nicht in einem Wesen.

Sie haben warlich falsch gelesen.

Hilff Juno! du bist Pallas mit;

Du / du bist Venus gleicher massen;

Und fehl' ich hie umb einen Trit /

Wil ich mich wol verbrennen lassen.


4

O du dreyfacher Gottheit-Sin /

Bistu nun ein' Amazonin?

Und läst dich fast Barbarisch nennen?

Daß nicht die Welt dich mög' erkennen.

Valiska muß sehr heilig seyn!

Ihr Römer schreibt den hohen Nahmen

In die Stat-Bücher fleissig ein /

Zum guten Nachricht eurem Saamen.


5

Nicht weiß ich / ob auch Phöbus sich

Hier bey uns findet sichtbarlich

In Herkules Gestalt und Leibe.

Recht / wann vor Ladisla ich schreibe /

Gott Merkur / oder Mars vielleicht.

Doch / weil wir sie nicht dürffen ehren /

Und mein Spruch ihrer Hocheit weicht /

Wil ich mich nur zur Göttin kehren.


6

Dreyfache Göttin! ich dein Knecht

Begehre keines Menschen Recht /

Noch Gnade / dich wil ich besingen /

Und mein LobOpffer willig bringen.

O schütze du diß unser Land;

Wend' ab Krieg / Seuchen / teure Zeiten /

Durch deine Krafft und starke Hand /

Und laß die Feind' unglüklich streiten.


Noch kunte der Käyser sich in die Sache nicht schicken / wie sie dann ihr Angesicht / und gleich als im Augenblicke hätte verstellen k \nnen / und gar in eine als von der Sonnen angebrante Farbe verendern; welches sie nur mit einem sittigen Lachen beantwortete /und umb vergünstigung eines kurzen Abtrittes anhielt / damit sie ihrer K. Hochheit diesen zweifel benehmen möchte; machte sich auff Bewilligung mit allen Fürstinnen und neulich verheirahteten Römischen Fräulein in den Garten / und strich ihnen sämtlich das Gesicht / Haar und Hände an; kehreten hernach wieder miteinander nach dem Saal / und stelleten sich in die Reihe vor dem Tische her / da sie so gar unkentlich wahren / daß ihre Eltern selbst an der Warheit / daß sie ihre Kinder währen / zweifeln musten / meineten auch nicht anders / es müste diese verenderung durch eine heimliche ZauberKunst verrichtet werden. Aber Herkules benahm ihnen diesen Wahn bald / und berichtete sie kürzlich / durch was mittel diese Farbe angestrichen und wieder abgetahn würde; lies auch dem Käyser ein weinig reichen und zeigete ihm / wie mans damit machen müste. Nun dürfte ich schweren / sagte der Käyser / das Frauenzimmer anschauend / daß Prokulus sich aller Ansprache willig begeben / und keines streits begehren würde / wann er Fürstin Lukrezien und Sibyllen in dieser Gestalt sehen solte. Allergnädigster Käyser / antwortete Lukrezia / so müste er mir dannoch zum Eheliebsten viel zu schlim sein /wann mir gleich eine zehnmahl heßlichere Gestalt angebohren währe; nicht daß ich ihn wegen seines Standes oder Herkommens verachte / sondern weil die blödigkeit seines Gehirns und sein Tugend-mangel noch wol hundert mahl heslicher als mein jetziges Angesicht erscheinen würde / wann mans sehen könte.[426] Ich gebe diesem recht / sagte der Käyser; aber wisset ihr nicht / fragete er Gallus / wie dieses Kunstpulver zugerichtet wird? Nein / aller gnädigster Käyser /sagte er; Mein Obrister / da ich noch ein Räuber wahr / hatte diese Kunst vor sich allein / und gab vor / es währe seine eigene erfindung / die er noch keinem einigen Menschen mitgeteilet hätte; erboht sich gleichwol / mich dieselbe zulehren / welches aber seine Niederlage im Walde / und meine glükliche Bekehrung verhindert hat. Der Käyser hörete solches ungerne /lies ihm einen teil geben / und verwahrete es fleissig /im Nohtfalle zugebrauchen / da ihm Valiska an dem Frauenzimmer sehen lies / wie mans wieder abreiben könte Er richtete diesen Abend eine vertrauliche freundschaft mit Herkules und seinem Gemahl auff /so daß er ihn invictissimum Heroa, optimumque Imperatoris fratrem; Einen unüberwindlichen Held / und des Käysers allerbesten Bruder. Sie aber / Incomparabilem Heroinam, optimamque Imperatoris sororem; Eine unvergleichliche Heldin / und des Käysers allerbeste Schwester nennete; sich auch erboht / mit ihnen alle seine Hocheit zuteilen und gemein zu haben; dessen sie doch beiderseits sich unwirdig nenneten / und vor die hohe gewogenheit sich untertähnig bedanketen. Des folgenden Tages kahmen der Grosfürstin die obgesetzete Reimen zur Hand / über welche sie sehr unwillig ward / dem Tichter / dafern sie ihn ausforschen könte / schwere Rache dräuete / zureiß die schrift in kleine stücken und sagete; es müste ihr ewig leid sein / die Stad Padua jemals gesehen zuhaben / wann zu solcher Abgötterey sie Ursach und Anlaß geben solte; ja sie gelobete 2000 Kronen aus / wann man ihr den Uhrschreiber anmelden würde. Ach du mein Gott /sagte sie überlaut bey der Mahlzeit / sol man die wahre aller höchstheilige Gottheit so schimpflich halten / daß man sie einem schwachen Menschen Kinde /um etwa eines Rittes oder Schusses willen zuleget? ja solte ich elende vor eine Göttin angesehen sein / die ich doch so grossem Vnglůck unterworfen gewesen /und über Meer und Land mich habe müssẽ schleppen lassen? Mein Gefängnis ist ja in ganz Asien bekant; meine Unfälle wissen die kleinen Kinder daselbst zu erzåhlen. O was vor unbesonnenheit treibet doch die Menschen an / daß wann Gott etwa einem eine geringe LeibesZierligkeit verleihet / solches alsbald vor himlisch und göttlich sol gehalten und ausgeruffen sein. Narren sind es / und unverständige grobe Klozhölzer / die dem götlichen wesen schwache menschliche Leiber / Fleisch / Blut und Knochen zulegen. Die verständige Weltgelehrte habens viel besser / als die Wahnwitzige Tichter / so man Poeten nennet / gewust; dann sie verstehen und bekennen /daß Gott ein Geist / nicht ein Mensch; eine Kraft und unbegreifliches Wesen / nicht ein kleines ũmschriebe nes Geschöpf sein müsse; und währe sehr gut / daß man auß deren schriften die jugend etwas fleissiger in der Erkäntnis Gottes unterrichtete / und der Tichter Lügen Bücher im Feur gen Himmel schickete / so lange ein Mensch dadurch geärgert und verführet werden kan. Ich möchte den jetzigen Tohren gerne fragen / warumb er nicht mit einer Göttin friedlich ist / und auß mir eine dreifache / als eine hochmühtige / blutgierige und Unzüchtige zu machen gedenket / und kan mir doch in alle Ewigkeit nicht beweisen / daß auch nur eine einzige Göttin im Himmel oder auf Erden oder unter der Erden sey. Dann worzu solte sie doch sein? oder wie solte ich gläuben / daß Gott ein Weib habe? dann lieber worzu hat er sie doch? ein Geist suchet ja keine fleischliche Wollust; so zeuget er auch ja keine Kinder oder Geisterlein mit ihr; dann wer lachet des OvidianischenMehrleins nicht / daß er den Höchsten[427] Gott / welchen er Jupiter nennet / zum Ochsen umb Frl. Europen willen machet? O du blinde Vernunft / lerne doch erkennen / daß Gott ein reines keusches unverendertes ewiges Wesen sey / dem kein Abzug kein Zufal / kein Muhtwille / keine Frecheit /aber auch keine Schwach- und Unvolkommenheit kan noch muß zugeleget werden; dann wie könte Gott alle dinge ordnen / schaffen und erhalten / wann einiger Gebrech an ihm währe? wie könte er das höchste Gut sein / wann einige zuneigung zum Bösen bey ihm währe? Ich rede kühnlich / weil ich einen gnädigsten Käyser habe / und umb so viel kühner / weil ich dem wahren Gott nichts unbilliches / nichts vorwerfliches /nichts gebrechliches antichte; weiß auch / daß die Grosmächtige Käyserliche Fr. Mutter mit mir allerdinge einig ist. Dann warumb solte ich leugnen / daß ich eine Christin bin? so weiß ich ja auch / daß mannicher Christ bey meinem Gnädigsten Käyser wol gelitten ist / und dessen Hocheit meinem HErrn und Heiland Jesus Christ selbst nicht verachtet (dieses sagte sie / weil der Käyser denselbẽ auch mit unter seine andere HausGötter rechnete). Weil dann die Christen / fuhr sie fort / den Tichtungen von den falschen Göttern und Göttinnen hertzlich feind sind / hat der heutige schändliche Lůgen Tichter keine andere Belohnung bey mir zu hoffen / als verachtung / Feindschaft / Haß / Schmach und Straffe / dafern ich seiner nur mächtig werden kan. Alle Anwesende höreten ihr fleissig zu / sahen ihr die Augen im Kopfe vor Zorn fünkeln / und sprach der Käyser sie zufrieden; sie möchte diesen Närrischen Tichter ihres ädlen Eifers unwirdig halten; könte er ihn in erfahrung bringen /solte es ihm ungestraffet nicht hingehẽ. Worauf sie sich dann zufrieden gab / und bey dem Kåyser bitlich erhielt / daß aufgeruffen ward / da iemand dergleichen Zettel gefunden / solte er sie straks Angesichts einliefern / derẽ 25 eines Inhalts herzugebracht und mit Feur verbrennet wurden. Es wahr dieses der Sechste Tag der Hochzeit / an welchem Herkules und Ladisla allen Römischen Herren / Frauen und Fräulein köstliche Kleinot und Ringe / teils aus der Räuber Höhle /teils aus Asten mitgebracht / austeileten / ihrer Freund- und Kundschaft dabey zudenken; insonderheit bestelleten sie bey Herr M. Fabius / daß dem Käyser in der Stad Rom / nicht weit von ihren aufgerichteten Bildnissen / ein Siegesbogen / und eine hohe Spitze solte aufgebauet werden / dero behuef sie ihm dann 4 Tonnen Goldes einlieferten; Welches er dem Käyser unangezeigt nicht lassen durfte / der ihre Gewogenheit daraus erkennend / hinwiederum jedem einen güldenen KönigsStab / als freien Bundgenossen / und des Römischen Reichs Freunden / schenkete.

Des nähstfolgenden Tages zimlich früh / ward dem Käyser angemeldet; es hielte ein sehr grosser starker Ritter / scheußliches Angesichts mit 12 Gewapneten /und 10 Leibdienern vor dem StadTohr / gäbe sich an vor einen Pannonischen Herren und Gesanten seines Königes / und begehrete vor den Römischen Käyser gelassen zuwerden / als welchen er wegen seines Königes und des Pañonischen Reichs etwas vorzutragen hätte. Vielleicht / antwortete Dio / wil Pañonien sich dereins bequemen / nachdem es uns etliche Jahr aneinander manniche Ungelegenheit verursachet hat /und verlanget mich zuwissen / was dieser guts neues bringen wird. Der Käyser befahl / man solte ihn neben den seinen in die Stad lassen / und in eine gute Herberge legen / biß er nach gehaltenem Frühstücke (dann sie wahren willens auf die Jagt zureiten / welches hiedurch auffgeschoben ward) vorgefodert[428] wůrde; Wie dann nach verlauf einer guten Stunde geschahe / und der Käyser mit Herkules / Ladisla / und den gesamten Römischen Herren sich in ein grosses Gemach begab / da Herkules ihm zur Rechten / Ladisla zur Linken / und die Römer gegen ůber sitzen musten. Bald trat dieses erschrökliche Ungeheur /welches einem wilden / als vernünfftigen Menschen ähnlicher sahe / mit ungewischeten Stiefeln und Sporen hinein / und ohn einige Ehrerbietung hielt er diese Rede mit grausamer Stimme; Es ist durch die Welt bekant / daß der bißher zwischen euch Römern und uns Pannoniern geführte Krieg an beyden seiten gute Stösse und wenig Nutzen abgeben hat / uñ wir allerseits lieber den Frieden als Krieg haben möchten. Wer unter uns die wichtigste ursach habe / das Schwert zugebrauchen / wird ein unverdächtiger Richter leicht finden / weil wir unsere Freiheit / in welcher wir ehmahls gelebet / wieder suchen / ihr aber ein unbefugtes Joch uns anzuwerffen bemühet seid. Doch habe ich keinen Befehl / mich hierüber zuzanken / sondern dem Römischen Käyser oder seinen Gevolmächtigten anzusagen / daß mein König zum Frieden wol geneigt sey; weil er aber nicht absihet / was vor Mittel zum schleunigen Vergleich möchten vorgeschlagen werden können / oder ablanglich seyn / und dannoch durch Wũrffel oder Kartenspiel sichs weder gewinnen noch verlieren lassen wil / als meynet seine Königl. Hocheit / den sachen nicht besser abgeholffen werden möge / als daß auff eines Mannes Spitze das ganze Hauptwerk gestellet werde / da sonst eine solche tapffere Erklärung von euch Römern angenommen werden darff. Jedoch / warumb woltet ihr euch dessen wegern / die ihr euch ja vor die Ritterlichsten und Streitbahresten der Welt haltet / auch durch überwindung vieler Länder und Städte gnug erzeiget / daß euch die Fäuste nicht schlaffen / noch die Waffen verrosten. So höret dann nun meines Königes Vortrag /worin sein ganzes Reich eingewilliget hat; Ich wil im Nahmen meines Königes und des Pannonischen Reichs (dessen ich satte schrifftliche Volmacht auffzulegen habe) euch einen Kämpffer stellen / mit Schild / Helm / Speer und Schwert / auch gnugsame Versicherung tuhn / daß / dafern derselbe von eurem Gegenkämpffer solte gefellet / das ist / erschlagen oder lebendig gefangen werden / der Pannonier König und sein Reich dem Römischen Käyser jährlich die angemuhtete Schatzung / zehn Jahr lang aneinander unwegerlich geben und entrichten sollen und wollen. Hingegen wann der unsere über eurem Kämpffer die Oberhand / wie er hoffet / erlangen würde / wil der Pannonische König und sein Reich von euch zehn Jahr lang aller Ansprache entlediget und benommen seyn / auch wehrender Zeit über sich aller Tähtligkeit (da ihm sonst nicht Ursach gegeben wird) enthalten. Sehet da eine billiche Rachtung / weder euch schimpflich noch uns verweißlich / und kan vielleicht in einer Viertelstunde aller Span geschlichtet / und der Krieg vertragen werden / wann ein solches euch nur anstehet / dessen ich gerne bald möchte verständiget seyn. Der Käyser hieß ihn nach geendigter Rede einen Abtrit nehmen / und beredete sich mit den anwesenden; da die Römer ingesamt Herrn Dions Meinung beypflichteten / man solte diesen Vorschlag nicht eingehen; massen die Pannonier in solchen absonderlichen Streiten sehr verwägen und doch glũklich währen /und mannichen streitbahren Römer auff solche weise oft schimpflich gnug erlegt hätten. Wolte man ihnen die Schatzung erlassen / könte solches aus freier Mildigkeit geschehen / so bliebe man ausser furcht der Beschimpffung. Es träffe ohn das nicht so[429] gar ein übermässiges an / und währe zu dieser Zeit nicht undienlich / daß man einen Stillstand mit ihnen machete / damit das Reich in etwas ausruhen / und sich erhohlen könte. Ehre gnug / daß sie umb Friede anhielten /und stünde Römischer Hocheit nicht unrühmlich an /einem so mächtigen Feinde denselben auff ersuchen mitzuteilen. Als die Römer dieses Schlusses fast einig wahren / baht der Käyser unsern Herkules / seine meinung hierüber zuentdecken; welcher nun ihren Schluß nicht tadeln wolte / und diese Antwort gab: Ich bin zu geringe / Unüberwindlichster Käyser / so vieler hochweiser Herren Raht zuverwerffen / oder vor undüchtig zuhalten / angesehen mir überdas des Römischen Reichs Notturfft ganz unbewust ist / würde mir auch unbesoñen anstehen / mich in fremde Händel einzumischen; nur / da mirs nicht solte verarget werden / gebe ich ihnen vernünftig zubetrachten / ob diese ohndas tölpische Pannonier es den Römern nicht vor eine Zagheit auslegen werden / daß man ihnen die Schatzung erlässet / und doch des angebohrenen Kampffs sich entbricht. Freilich werden sie sich rühmen / und in ihren Zechen davon fingen / ein einiger Ritter habe dem Römischen Käyser diesen Vertrag abgetrotzet /und ganz Rom dermassen in Furcht gesetzet / daß man wegen Erlassung des Kampffs Gott noch darzu gedanket habe. Versichert euch / meine Herren / es wird nicht anders ergehen; Ihr angebohrner Stolz und eingesenkte Ruhmrätigkeit pfleget nicht anders zuverfahren; Dürffte demnach ich schier der unvorgreiflichen Meinung seyn / im falle man den unnöhtigen Kampff nicht annehmen wolte / bey der Anfoderung der Schatzung zuverharren / aufs wenigste noch eine zeitlang / als ihnen solche alsbald nachzulassen. Ich vor mein Häupt / nachdem ich vor einen Römischen Bůrger auffgenommen / und in ihren höchsten Adel eingeschrieben bin / habe Römischer Käyserl. Hocheit noch kein Zeichen der tiefschuldigen Dankbarkeit /viel weniger dem Römischen Reich einigen Dienst erweisen können; möchte wünschen / daß ich könte gewirdiget werden / diesen Kampff auff mich zunehmen / wolte ich durch Gottes Hülffe und Beystand an der überwindung nicht gar verzweifeln / ungeachtet ich schon merke / daß dieser Unhold selbst der Kämpffer seyn werde. Der Käyser umfing ihn hierauf mit brüderlicher Gewogenheit / und antwortete ihm: Mein allerliebster Freund und bester Bruder; Euer Liebe erbieten ist zu groß / und kan von uns und dem Römischen Reiche nit ersetzet werden; müste uns auch ewig leid seyn / dafern Eure Liebe hiedurch in Lebensgefahr gerahten solte; und dannoch dessen Ehre und Ruhms Auffnahme zuhindern / wil uns gleich wol nicht gebũhren; stellen demnach Eurer Liebe heim /hierin nach gutdůnken zuverfahren. Bũrgemeister Pupienus bedankete sich imgleichen gegen ihn / wegen des Römischen Rahts / vor solches erbieten / welches nach Vermögen zuersetzen / nebest Kåyserlicher Hocheit sie alle wolten gefliessen seyn. Diese Volmacht nahm Herkules mit Danksagung an; ward also der Pannonier wieder hinein gefodert / welchen Herkules also anredete: Höret ihr Gesanter; nicht unbillich verwundert sich unser allerseits gnädigster Käyser uñ Herr / eures unhöflichen / Ehrerbietungs-losen und frevelmůhtigen Vorbringens / und dz eure Anfoderung ihr vor Darlegung schrifftlicher Volmacht so dürre und verwägen habt vortragen dürffen; jedoch sey dieses verhalten eurer Unbedachtsamkeit zugeschrieben / wodurch ihr uns zuerkennen gebet / daß mit hohen gewaltigẽ Fůrsten zuhandeln eures Handwerks nicht sey. Meinet aber euer K \nig / Römischer Wiz und bedachtsame Vernunfft[430] fahre so unvernünfftig / und stelle des ganzen Reichs Wolfahrt auff eines MenschenFaust / oder wie ihr vielleicht gerne sehen m \chtet / auff Wůrffel und Kartenspiel / wie die Hollunken ihre Diebespfennige? Die Verzweifelung gibt solche Vorschläge an die Hand / nicht verständige Herzhafftigkeit und Stärke; dann solte dieses allemahl gůltig seyn / wie wolte dann der Schwächere sein Recht behäupten? Es möchte sich vielleicht ein verwägener Wagehalß unter euch finden / welcher nit durch Tugend / sondern aus Raserey und Wahnwiz angetrieben / sein viehisches wüten suchte anzubringen / wie ich dessen vor vier Jahren ein Beyspiel in meiner blũhenden Jugend am Böhmischen Hofe erlebet habe / da ich ehrenhalben nicht umhin kunte /mich mit einem euch nicht unähnlichen frechen Pannonier nacket zuschlagen / worzu ihn bloß seine Unbescheidenheit brachte / und darüber mir zur Busse den Kopff lassen muste. Daß ich aber auff mein voriges komme / hält man nicht allein unnöhtig / sondern auch unverantwortlich / dergleichen Vortrag einzugehen / es währe dann / daß ein Ritter sich von freien stücken anmeldete / Pannonischen Hochmuht abzustraffen / und euch mit seiner Faust erkennen zugeben / wie wenig Römische Tapfferkeit euren unvernünfftigen Frevel achtet. Könnet demnach euren so gutwilligen Kämpfer melden / alsdann dürffte sich etwa einer finden / welcher Römischer Käyserl. Hocheit zu untertähnigen Ehren einen oder etliche Ritte mit wagete. Der Pannonier stund und bisse die Zähne im Kopffe zusammen / daß es ein starkes Geknirre gab / sagte auch bald darauff zu Herkules: Seid ihr wol derselbe /der meinen Bruder den ritterlichen Bato sol erschlagẽ haben? dem ich nun so manniche Zeit vergeblich nachgefraget / uñ nicht anders gemeinet / er währe mir aus der Welt entlauffen. Ich hoffe / die Götter werden uns Gelegenheit geben / dereins bessere Kundschafft mit einander zumachen / wornach ich mich äusserst bemühen wil. Vor dißmahl habe ich auff getahnẽ Verweiß zu antworten / daß wir Pannonier nicht absehen können / warumb ein ritterliches ausfodern vor unbillich oder unvernünftig solte geachtet werden /zumahl wann solches Mann an Mann / Ritter an Ritter geschihet; ja wann hiedurch dem algemeinen lieben Vaterlande kan gedienet / und grösserem Unheil und blutstůrzen abgeholffen werden. Ob wir dann gleich so zärtlich geschikt nit sind / noch weibisch-höfliche Sprüche gelernet haben / führen wir dannoch unsere Schwerter mit guter Vorsichtigkeit / und geben wol acht / daß wir uns an des Feindes seinem selber nit spiessen. Daß aber mein K \nig diesen Vorschlag tuhn wollen / stehet zu meiner Verantwortung nicht; nur allein hoffe ich / das lezte erbieten werde nicht nur zum schein geredet seyn / und ist mir gleich / was der künftige Kämpfer vor bedenken haben mag / sich in den Streit zuwagen / wann nur die Bedingung / die Schatzung betreffend / eingegangen wird / ohn welche an unser Seiten der Kampf nicht kan angetreten werden. Die schrifftliche Volmacht aufzulegen / hat mich noch Zeit genug gedaucht / massen ich ja nicht entlauffen wil; und wer sie zusehen begehret / kan sie hie von mir nehmen; werde mich schließlich nicht scheuhen / den Kåmpfer nahmhafft zumachen / dann derselbe bin ich / wann nur der Gegener sich findet / und meiner Geselschafft schrifftliche Versicherung geschihet / daß auff getahnen Vorschlag der Kampff angenommen sey / alsdann werden wir hernach umb den Sieg fein zierlich zuspielen haben. Herkules lachete des Hochmuhts / und indem Dio seine schrifftliche Volmacht durchlase / sagete er zu ihm: Mein Kerl /ihr werdet nach diesem[431] in Käyserl. Hocheit Gegenwart etwas bescheidener verfahren / oder uns darlegen / ob solchen Hochmuht sehen zulassen / von eurem Könige euch ausdrüklich befohlen sey; und wañ es an diesem ermangeln würde / hätte man euch vor keinẽ Gesanten zuhaltẽ; solte sichs aber findẽ / so muß euer König wissen / dz man nit ursach habe / solchẽ Troz zudulden / viel weniger sich davor zufürchten / massen ihr ja mit keinen überwundenen handelt / sond'n als von denẽ ihr den Frieden gerne habẽ wollet. Im übrigẽ / dz ihr euch eures Spiels so hoch rühmet / so komt ihr mir ohndz als ein zierlicher Spieler vor /welches ich auf seinẽ wert ersitzẽ lasse; nur möchte ich gerne wissen / wie ihr so nach meiner besseren Kundschaft trachtet / und ihr doch unberichtet seid /ob sie mir angenehm seyn würde; dañ ist gleich jener von mir erlegte Pannonier euer leiblicher Bruder gewesen / werdet ihr ja deßwegen keine Rache üben wollen / inbetrachtung / er mir durch seine Unhöfligkeit / deren er sich beydes wieder den Bömischen König höchstsel. andenkens / und wieder mich gebrauchete / grosse Ursach darzu gab. Ich handele alhier auff Pannonisch / antwortete dieser / und bringe die Sache ritterlich vor / habe auch schon angezeiget /daß ich keine zierliche Sprüche gelernet habe. Was ich aber vor ein Spieler bin / sol sich ausfündig machen / wann mirs nur gegönnet wird / wil auch nicht zweiffeln / da ich euch nur an Ort uñ Ende haben kan / ihr mir eure bessere Kundschaft wol gönnen sollet /es benehme mir dann ein solches euer schnellauffendes Pferd / dem ich etwa nicht würde folgen können Gut mein Pannonier / sagte Herkules / daß ihr mich so träulich warnet; werde mich demnach meiner Haut versicheren müssen / wann mir vor euch grauet; doch trüge ich schier belieben / diese Stunde solche Kundschaft mit euch zu machen. Weil aber das gemeine Wesen dem eigenen vorzuzihen ist / wird mein gnädigster Käyser in eure ausfoderung / nicht aus pflicht /sondern eurẽ muhtwillen zu dämpfen / schon gehehlen / und die begehrete Versicherung alsobald ausfertigen lassen. Wann ich dann etwas eigentlicher vernehmen werde / mit was bedingung ihr den Streit zu führen gesoñen seid / wil ich einen meiner guten Freunde vermögen / daß er euch Fuß halten sol. Der Pannonier ward dieser Erklärung froh / und erboht sich / zu Roß und Fuß in vollem Reitharnische unter Schild und Helm mit Speer und Schwert nach ehrlichem Ritters brauch zu kämpfen / mit bedingung / daß sein Bestreiter Zeit seines lebens sein Leibeigener seyn müste / da er ihn im Kampf lebendig fahen könte / und erhöhte er sich hinwiederumb zu gleichmässigem. Herkules ließ hierüber ein Gelächter aus / und sagete: Als viel ich h \re / mein Pannonier / suchet ihr auch euren eigenen nutzen hierunter / ob ihr etwa die Zahl eurer leibeigenen Knechte vermehren möchtet. Wie aber /wann ich euer Gegener währe / und ihr mich griffet /würdet ihr euch meiner wenig zuerfreuen haben / dañ ich bin zimlich steiff von sinnen / und lasse mich nicht gerne peitschen. Daß ich euch aber nicht zu lange auffhalte / so gehet hin und wapnet euch aufs beste; ich nehme nicht allein den Kampf / sondern auch dessen bedingung an / meinem gnädigsten Käyser zu ehren / weil der Sinn mirs noch nicht zuträget /daß ihr der erste seyn werdet / der einen gebohrnen GroßFürsten der Teutschen aus offentlichem Kampfe zum Leibeigenen hinweg führen solte / ob gleich eure Landsleute als Räuber mir ehmahls die Dienstkette angeleget haben; doch wo ihr von der Reise noch müde seid / so ruhet aus biß Morgen / länger werde ich euch nicht Zeit geben. Der Pannonier wahr voller freuden / lachete ůber laut und gab zur Antwort: Ich danke den Göttern /[432] daß sie mir heut einen gedoppelten Sieg in die Hand spielen wollen / auff einmahl mein Vaterland zubefreien / und meinen Bruder zu rächen. Der Reise beschwerligkeit hat mich gar nicht müde gemacht / wann ihr nur bald gnug erscheinen möchtet; und wann ihr nun mein Leibeigener seyn werdet / dann habe ich schon mittel / steiffe Siñen zu beugen / und verwähnete Gedanken einzurichten. Daß ich aber bey dem Römischen Käyser einen gebohrnen GroßFürsten der Teutschen zum Verfechter Römischer Ehre antreffe / ist mir sehr fremde / weil dieselben bißdaher nicht gut Römisch gewesen sind. Nahm hiemit seinen Abscheid / und verließ Herkules in grossem Zorn / welchen Ladisla also anredete: Mein Bruder / biß gebehten / und laß mich deine stelle vertreten / dañ dieser Hund ist deines Schwerts unwirdig. So ist er auch gewislich nimmermehr der Ehren / antwortete Herkules / das eines herschenden Königes Gewehr über ihn solte gezücket werden; und weil ich weis /daß du allemahl meiner ehren Befoderer bist / hoffe ich / du werdest dich hierin nicht sperren. Alle Anwesende verwunderten sich ihrer Herzhaftigkeit und geträuen Freundschaft / hatten auch nebest dem Käyser gute Hoffnung zum Siege. Wie sie nun nach der Geselschaft gingen / und ihnen den verhandelten Kampf zu wissen macheten / verenderte die GroßFürstin in etwas ihre Farbe / gab sich doch bald zu frieden / da sie hörete / daß er ehrenhalben nicht anders kunte /ließ seine festesten Waffen herzubringen / und halff ihm dieselben auffs fleissigste anlegen / neben der erinnerung / seiner gewöhnlichen Vorsichtigkeit eingedenke zu seyn / und einen Vortel / den ihm Gott zeigen würde / nicht auszuschlagen; dann sagte sie / ich halte es vor eine Verwägenheit / wann man sich des Feindes Unfal nicht gebrauchen wil / welchen Gott allemahl uns zum besten schicket; ich wil Zeit wehrendes Kampfes euch in meinem andächtigen Gebeht der Barmherzigkeit und schuznehmung unsers Gottes und Heylandes befehlen. Als er allerdinge gewapnet wahr / ließ der Käyser einen köstlichẽ Helm von dem reinesten und festesten Stahl herbringen / setzete ihm denselben mit eigenen Händen auff / und sagete: Mein werter Herr Bruder; Gott verleihe euch Glük uñ Sieg zu steter aufnahme eures unsterblichen Preises. Besahe hernach sein Schwert / und dauchte ihn solches nicht stark gnug seyn; stellete ihm ein anders zu / dessen Klinge der erste Käyser Julius / seinem vorgeben nach / solte geführet haben. Er besan sich / was vor ein Pferd er nehmen wolte; aber auff seines Gemahls und Ladisla anhalten muste er sich seines ädlen Blänken gebrauchen. Die anwesende Fürsten und Ritter wapneten sich auch / und hielt insonderheit Baldrich bey seinem Bruder inständig an / daß er an seine stat den Kampff antreten möchte / welches er ihm mit sittigen Worten abschlug. Die Streitbahn wahr bestimmet / wo Ladisla vor diesem seinen Feind Fulvius erleget hatte / dahin sie ingesamt ritten / und Herkules von dem Käyser und Bürgemeister Pupienus in der mitte begleitet ward. Er ritte sehr freudig / führete einen güldenen Römischen Adler auff dem Helme /der eine Siegsfahne in der rechten Klauen fũhrete; in seinem Schilde wahr ein strahlender Hi el / GottesReinigkeit zubedeuten / angemahlet / unter welchẽ ein Ritter in vollem Harnische auff den Knien mit erhobenen Händen sein Gebeht verrichtete / mit dieser umschrift: Clypeus omnibus in te sperantibus tu DEVS es. Du Gott bist ein Schild allen die auf dich hoffen. Das Frauenzimmer setzete sich mit der GroßFürstin auff ihren Elefanten / dem sie ein neues kostbahres Zeug hatte machen lassen / und muste Arbianes wieder seinen Willen ihr darauff[433] Geselschaft leisten. Der ungeschliffene Pannonier / nahmens Pines / hatte mit seinen wolgewapneten handfesten Rittern / auch allen Dienern sich schon hinaus gemacht; welchen Ladisla ersehend / alsbald seinen Leches zu ihm abfertigte /und ihn fragen ließ / was er so viel gewapneter mit sich führete; sie solten sich entweder erklären / ob sie lust zum Streit hätten / weil die Pannonier seine Feinde währen / oder da sie sich dessen wegerten / solten sie sich von der Bahn packen / oder auffs wenigste alle Rustung / gleich den andern ihren Dienern ablegen. Diese verdroß solche Anmuhtung / und gaben zur Antwort: So einer oder ander auff sie zu sprechen hätte / währen sie ja so willig als fertig / einen ritterlichen Saz zu wagen; ihre Waffen trügen sie mit ehren /und wolten sie schützen als lange sie warm dariñen währen. Ladisla entboht ihnen darauff; so solten sie sich dann bereit halten / unter der Bedingung (das gemeine Wesen ausgesezt) zu kämpffen wie ihr Fůhrer /es wũrden sich Ritter finden / die ihnen zeigen solten /wie man in Feindes Lande die Waffen zu rücke lasen müste / wann man umb Frieden ansuchete; und als die Pannonier sich abermahl erkläreten / seines willens /so weit den Kampff beträffe / unter der angemuhteten Bedingung zugeleben; sagte Ladisla zu seiner Geselschaft: Ey so wil uns das Glük noch so wol / daß wir uns neben unsern Freund mit wagen können. Foderte darauff Baldrich / Siegward / Leches / Neda uñ Prinsla zu sich / und sagete: Komt ihr geliebte Brüder und Ritter / das Glük / nach Gottes schickung / suchet uns auch zu ehren. Der junge Fabius und Skaurus höreten solches / und fingen an: Wie dann? Durchleuchtigster Fürst / wil dann eure Durchl. uns ihrer Geselschaft nit auch wirdigen / da wir doch noch zween Feinde vor uns übrig sehen? warumb nicht? antwortete er / wir wollen ob Gott wil ritterlich gewinnen / oder rühmlich sterben. Setzeten sich hiemit neben einander auff den Plaz / uñ höreten frölich an / wie so freundlich ihnen der Käyser zuredete / und ihre Tapferkeit rühmete. Ladisla / Baldrich und Siegward erhielten durch viel bitten / daß ihnen der Anfang zu streiten gegönnet ward / liessen auch die drey ansehnlichsten Pannonier alsbald fodern; aber deren Führen Pines wolte es durchaus nicht gestatten / er hätte dann zuvor seinen Kampff geendiget. Ja sagte er / fürchtet sich etwa mein zarter Kämpffer / dem ich so unhöflich vorko e / und sihet mich nur von ferne; was wird es abgeben /wann er das Gewicht meiner unhöflichen Arme empfinden mus? Du unbehöfelter Kloz antwortete Leches / legestu dieses meinem gnädigstẽ Herrn zur Furcht aus / bistu in Warheit heßlich betrogen / und gedenke ich noch heut dich dessen zuerinnern. Je du nichtwerter Tropf / sagte Pines / was hastu mich zu schelten? Siehe da / ich schwere dir bey Pannonischer Ritterehre / daß / so bald dein Gnädigster Herr / wie du ihn nennest / von mir wird gezähmet seyn / welches in einer viertelstunde geschehen sol / ich dich schon finden / und nach verdienst abstraffen werde. Grober Büffels Ochse / antwortete Leches / es gehören ihrer zween zu einen Kauffe / und důrfte ich meinem Gn. Herrn vorgreiffen / müstestu mir zeigen / wie fein du die Leute zuzähmen weist; bin aber versichert / daß dir ein solcher aufwarten wird / nach dessen Abtrit du des andern Bestreiters nicht begehren solt / es währe dann / daß du als ein ungehorsamer Knecht mit Peitschen und Ruhten müstest bestritten werden. Rante hiemit zurük / und hinterbrachte das ergangene Gespräch; wodurch Herkules Zorn nicht umb ein geringes vermehret ward / schikte auch den Pannoniern alsbald eine zimliche Anzahl fester Speere / darunter er ihnen die erste Wahl gab /[434] nam hernach die ihn gut dauchten / befahl sich seinem Gott / und erwartete freudig / wann sein Feind loßgehen würde. Sein Pferd hielt sich so unbendig unter ihm / daß dem Käyser nicht wol dabey wahr / und sich fürchtete / es möchte ihm am Siege hinderlich seyn; da hingegen ihm solches als ein gewisses Zeichen seines guten Muhts gar angenehm wahr. Der Pannonier nam ihm vor / alle Vorsichtigkeit anzuwenden / dann er sahe und vernam / daß sein Feind gutes Herzens wahr / und als er innen ward / daß Herkules nicht allein sein wartete / sondern durch Speerwinken und schwänken zuverstehen gab / daß er sein begehrete / gab er seinem grossen Hengste die Sporen / legte ein / und rante mit grimmigem Eifer auff ihn zu; aber sein Pferd wahr kaum 10 Schritte gelauffen / da fiel es im Augenblicke tod unter ihm nieder / daß seine Diener ihn loßreissen und auffheben musten. Herkules wahr schon auff dem Wege / ihm zubegegnen / sahe diesen Unfall / kehrete wieder umb / und hielt es vor ein gewisses Zeichen seines künfftigen herlichen Sieges; wie dann alle anwesende darüber nicht wenig frohlocketen. Hingegen rasete der Pannonier so hefftig / daß er das schon todte Pferd mit einem Streiche fast halb in der mitte von ander hieb / und die unsern sich des ungeheuren Schlages entsetzeten. Doch muste der vornehmste Pannonier absteigen / und ihm sein Pferd ůberlassen /welches er beschritte / und zum andern mahl loßbrach. Herkules seumete sich auch nicht dann sein Blänke flog daher wie ein Pfeil / da sie dann dermassen heftig traffen / daß sie beyderseits hinter sich bogen / und doch keinen Stegreiff verlohren / trabeten also dieses mahl mit aller Zuseher und ihrer selbst eigenen Verwunderung neben einander her / da der Käyser hoch beteurete / er hätte nicht allein zeit seines Lebens ein solches Treffen nicht gesehen / sondern ihm desgleichen nie einbilden köñen. Der Pannonier empfand des Puffes wol / dann er wahr auff die Oberbrust getroffen / daß ihm das Gerippe knackete / und er dessen nicht wenig erschrak / massen ihm nie kein Mensch (auch sein Bruder Bato nit / mit dem er einsmals unwissend gestochen) einen so schmerzlichen Stoß beygebracht hatte. Die Speere wahren zersplittert / und scheuheten sie sich fast beyde / den andern Rit zutuhn / hätten es lieber zum Schwertstreit kommen lassen; doch gedachte Herkules zuversuchen / ob er ihn fellen könte; ließ neue Speer austeilen / und begegnete dem Pannonier zum andern mahle / da er sich im Sattel drehete / daß Pines neben hin stechen muste / und hingegen er seinen Feind so kräfftig fassete /daß er auf seines Pferdes Hals zuliegen kam / und mit grosser Mühe sich des Falles enthielt. O du teurer Held / sagte der Käyser / der du billich vor die außerlesenste Kron aller Ritterschafft gepreiset wirst! Es gab Herkules ein grosses Vergnügen / dz er diese Ehre eingelegt hatte / warff sein Pferd schnelle umb /ehe er den ganzẽ Lauff volbrachte / und machte sich mit entblössetem Schwerte an seinen Mann / der sich seiner nicht so bald vermuhten wahr / sich auch noch nicht recht wieder eingerichtet hatte / daher er etliche schwere Hiebe / die doch ohne Wunden abgingẽ /empfing / ehe er zur Gegenwehr kam / ward endlich seines Schwertes auch mächtig / und ging darauff ein überaus herber Kampff an daß die Schilde in kurzer frist sehr schadhaft wurden. Nun hatte Herkules einen grossen Vortel wegen seines wolgewanten Pferdes /welches mit schlagen und beissen dem Pannonier sehr zusetzete / daß es auch endlich dessen Pferd die Nase und OberLippen hinweg bisse / wodurch es in eine Wuht geriet / und seinen Auffsitzer wider seinen Willen davon trug. Dieser erzürnete sich hierüber hefftig /daß er[435] vor einen Feldflüchtigen solte angesehen werden / sprang herunter / und begegnete unserm Herkules zu fusse / welcher zwar lieber den Pferdestreit fortgesetzet hätte; aber weil er sich fürchtete / es möchte Pines ihm den Blänken beschädigen / stieg er ab / und trat ihm freudig entgegen / da sein Feind ihm schon die gewisse Rechnung des Sieges machete / nachdem er meinete / es würde unserm Herkules unmöglich seyn / ihm zu fusse auszuhalten / hätte auch dürffen grosse Gefahr abgeben / wann Gottes Schuz nicht gewesen / und Herkules durch Ringfertigkeit nicht zuersetzen gewust / was ihm an Leibesschwere abging; dann es tobete der Pannonier mit seinen Hieben so kräfftig / daß kein Stahl vor ihm hart genug wahr. Der ädle Blänke kunte seinen lieben Herrn nicht verlassen / rante hinzu / und schlug nicht allein den Pannonier auff den linken Arm / daß ihm der Schild entfiel / sondern zerrete ihm den Helm auff dem Kopffe / daß er sich endlich auflösete. Dieser vermeynete des Unfals rasend zuwerden / fassete das Schwert / und gedachte ihm das Häupt herunter zuschlagen / traf aber zu kurz / und gab ihm gleichwol eine zimliche Halßwunde /daß es endlich wiche / und auf Herkules Abtreibung sich hinweg machete / auch alsbald verbunden ward. Als der Pannonier dieses Unfals enthoben wahr / ergreif er wieder frischen Muht / dann ihm wahr noch wenig an Kräfften abgangen / ohn daß ihm der linke Arm sehr schmerzete / uñ verdroß ihn hefftig / daß ihm der Schild entfallen wahr / legete sich deswegen in ein gestrektes Lager / daß ihm nicht beyzukommen wahr / růckete vorerst den Helm wieder gleich / und bůckete sich unter seines Schwertes Beschirmung zur Erden / den Schild auffzuheben. Herkules verschief diese Gelegenheit nicht / sondern trat ihm zur Seiten /und gab ihm unter dem Helm mit einem Schnitte eine zimliche Halßwunde / mit diesen Worten: Du wütiges Tihr / hiemit bezahle ich dir an stat meines Pferdes. Der Pannonier achtete des Schaden wenig / nur der Spot taht ihm weh / welcher ihm diese Schmachrede austrieb: O du elender Wurm / daß du annoch lebest /hastu deinem Pferde zudanken / dann nachdem du dessen Hülffe beraubet bist / so schicke dich willig zum knechtischen Joche / welches dich hart gnug drũcken sol. Je du tu er Kloz / antwortete er / beste hestu dann noch auff diesem Vorsatze? Ich gelobe dir bey meiner Redligkeit / dz du schwehr abtrag machen solt. Fingen hiemit aufs neue einen grausahmen Streit an / daß die Funken auß ihren Helmen und Waffen sprungen auch Herkules nachgehends bekennete / daß nach Gamaxus seines gleichen ihm nicht vorkommen währe. Der Pannonier wahr am Halse und in der Rechten Seiten wund; Herkules hatte einen Hieb oben an das Rechte Bein bekommen / und vergossen beiderseits zimlich viel Blut / wiewol Pines am meisten /welcher noch endlich seines Schildes wieder mächtig ward / da sie sich zum andernmale verpausteten. Nun merkete der Pannonier gleichwol / daß der Abgang seines Blutes ihm die Kräfte umb ein grosses verringerte / wolte sich deswegen der annoch übrigen recht und mit vortel gebrauchen / und ging zum drittenmahl grimmig loß / fand aber solche gegenwehr / daß er sich verwunderte / wie ihm dieser junge Ritter aushalten möchte; fassete endlich den Schild / und warf damit Herkules wieder die Brust / daß er drey Schritte zurük prallete / trat ihm nach / und wahr des ganzen vorhabens ihn zugreiffen / und vor leibeigen anzunehmen / hatte ihm auch den Arm schon ümb den Hals geleget / worũber Ladisla / die GrosFürstin / und andere / höchlich erschraken: Er aber drehete sich ringfertig loß / und versetzete ihm einen Schnitt über die[436] Linke Hand / daß drey Finger davon zur Erde fielen. Noch dannoch wolte der Unhold nicht gewonnen geben / hieb ihm den Schild mitten voneinander / mit einem Streich / daß er zur Erde fiel / und also ein jeder sich mit dem Schwerte schützen / und den Feind angreiffen muste; worin aber Herkules dem Pannonier zu fertig und erfahren wahr / hatte etlichemahl Gelegenheit / ihn niderzustossen / suchte aber nur / wie er ihn lebendig in seine Gewalt bringen möchte / welches ihm folgender Gestalt glückete: Er gebrauchete sich eines kurzen Lagers daß ihn Pines sehr nahe treten muste / welcher einen starkẽ Streich auff ihn führend / sich verhieb / daher Herkules ihm die Rechte Hand verwundete / daß er sein Schwert nicht mehr führen kunte / dessen er über die masse traurig ward /und doch sein schandsüchtiges Maul nicht zu zähmen wuste / sondern zu Herkules sagete: O du unwerder nichtiger Tropf / du Verläuffer deines Vaterlandes; haben die Götter mich zu dem Ende durch meine Kraft in so mannicher Gefahr geschützet / daß ich unter deinem kindischen Schwert erliegen sol? Sihe da / du leichter Bube / vollende an mir den Sieg / dessen du unwirdig bist. Warf hiemit das Schwert von sich / und erwartete unerschrocken / wann Herkules ihn niderstossen würde; der sich aber durch diese Schmachrede nicht zu übermässigem Zorn bewägen lies / sondern zu ihm hintrat / den Helm herunter risse / und mit dem Schwertknauffe ihm eins wieder die Stirn versetzete / daß er taumlich zur Erden stürzete; also rief Herkules seinen Gallus und Neklam herzu /welche ihm Hände und Füsse binden / und wie ein Vieh hinweg schleppen mustẽ / dessen er sich als ein Rasender gehuhb. Die Grosfürstin und alle andere /wurden dieses Sieges höchlich erfreuet / dz sie vor freudẽ jauchzeten; doch ging Herkules mit grosser Unmacht in das näheste Lusthauß / ließ sich daselbst abzihen / und die Beinwunde verbinden / über welcher er noch drey andere / wie wol geringere empfangen hatte / da sein Gemahl mit Frr. Lukrezien und Sibyllen hin zulief / ümb seine verwundung zubesichtigen; und nach dem sich gar keine Todesgefahr noch Lähmung befand / sondern Galehn sie einer schleunigen Heilung versicherte / lacheten und weineten sie zugleich vor Freuden / gingen hin / uñ brachten den andern diese fröliche Zeitung / deren der Käyser sich nicht minder als Ladisla und Baldrich erfreuete / lies auch den gefangenen Pannonier laben und das Blut stillen / damit er von mattikeit nicht verginge. Die andern Pannonier hatten sich ũber ihres Führers Gefängnis so heftig entsetzet / daß ihnen Herz und Muht entfallen wahr / und weinig Lust hatten / den Kampf anzutreten / biß der vornehmeste unter ihnen sie ermunterte / und diese Rede hielt: Es ist viel zuspät / ihr redlichen Brüder / den Streit abzuschlagen / und viel zu früh / das Herz sinken zulassen / dann sehet / unser Häupt ist überwunden / und mit ihm leider das ganze Königreich auff 10 Jahr lang / welches aber doch leidlicher ist / als daß wir ihn solten in der Noht und knechtschaft stecken lassen. Ich halte die an uns getahne ausfoderung vor eine sonderliche Schickung der gütigen Pannonischen Götter; lasset uns nur zur gewöhnlichẽ Herzhaftigkeit greiffen / und unsern Feinden die Spitze bieten / alsdann zweifelt mir nicht / wir wollen ihrer etliche lebendig fahen / und unsern Führer / welcher dem Vaterlande noch trefliche Dienste leisten / und uns großmachen kan / gegen sie auswechseln. Ladisla eiferte sich über ihrem lange stille halten / und lies sie fragen / ob sie ihr versprechen aus Schrecken vergessen / und allen Muht verlohren hätten. Nein sagte dieser / wir erwarten des Angrifs von den Auffoderern. Also gieng das[437] Spiel von neuen an /da Ladisla / Baldrich / Siegward / und Fabius sich auff die Bahn setzeten / und ihrer Feinde wahrnahmen. Ladisla traf mit seinem Manne sehr glüklich /dann er rennete ihn im erstenmahle daß er mit samt dem Pferde übern Hauffen fiel / und den linken Schenkel ganz entzwey brach: Dieser / da er deß Schmerzen empfand / und daß er zum weitern Gefechte undůchtig wahr / zog sein Schwert aus / in willens sich damit zuentleiben; aber Ladisla wahr ihm zugeschwinde aufm dache / risse ihm das Schwert aus der Faust / und sagte; wie nun du frecher Hund / wiltu wieder dich selbst wüten / nachdem dirs wieder mich nicht hat wollen gelingen? zog ihm den Helm ab / und lies ihn gebunden vom Platze schleppen / setzete sich wieder auff / und dankete Gott inniglich / daß er ihm diesen herlichen Sieg ohn alle mühe bescheret hatte. Der Käyser ritte ihm frölich entgegen / wünschete ihm Glück / und umfing ihn als seinen geliebeten Bruder. Baldrichs Gegener hielt festeren Stand / ward erst im dritten Treffen zur Erden geworffen / welches so ungestüm zu gieng / daß er auffs Genicke stůrzete / und den Hals zubrach; da hingegen auch Baldrich mit dem Speer am linken Beine verwundet ward. Siegward /nach dem sein Feind ihm zween stösse aufgehalten /wolte des dritten nicht abwarten / sondern machete sich mit dem Schwerte fertig / und hielten diese gar ein ernstliches Gefechte zu Roß / in welchem dieser Schwedische Held beides sein tapfferes Herz / und Erfahrenheit zu kämpffen zur gnüge sehen lies / und ein hohes Lob davon trug / biß der Pannonier an mannichem Orte verwundet / fast alle Kraft verlohr / und doch mit schändlichen Schmäheworten den Fürsten immerzu reizete / schärffer anzusetzen / damit er durch einen schleunigen Tod die ungenehme Leibeigenschafft abwenden möchte / welches ihm aber fehlete / massen Siegward endlich Gelegenheit bekam /daß er ihm das Schwert aus der Hand risse / und ihn zu bodem warff / auch bald darauff ihn von der Bahn in gewahrsam bringen lies; jedoch hatte er auch drey zimliche Wunden davon getragen. Fabius brachte mit seinem Manne am längsten zu / welchen er zwar im dritten Treffen auff die Erde geworffen hatte / fiel aber wegen grosser Bemühung mit seinem Pferde selbst über und über; und weil der Pannonier zeitiger als er /auff die Füsse kam / fehlete gar weinig / er wåhre von ihm erschlagen worden / so daß ers bloß der Barmherzigkeit Gottes zudanken hatte / daß er noch den Sieg erhielt; dann als sein Feind ohn unterlaß auff ihn zuschlug / und ihm keine zeit gönnete auff zustehen /begab sichs / daß derselbe hinten aus glitschete / und rüklings einen schweren Fal taht / da er mit dem Häupte auff einen Stein schlug / daß ihm eine Ohmacht zusties. Fabius wahr schon hart verwundet /hatte sich auch deß Lebens bereit erwogen / aber wie er seinen Feind in diesem Stande ersahe / ermannete er sich auffs beste / riß ihm Schwerd und Schild aus der Hand / und lösete ihm den Helm gar vom Häupte / wodurch dieser zu sich selber kam / und in dieser Noht sich befindend / nach Fabius griff / ihm den linken Schenkel fassete / und bey nahe ihn gar zur Erden gerissen hätte / weil er wegen verlust seines Blutes gar machtloß wahr; aber in dem der Pannonier ihn also nach sich zohe / lähmete er ihm den Arm mit einem Hiebe / daß er ablassen muste / verwundete ihm auch den rechten Schenkel / daß er darauff nicht treten kunte / und lies ihn hinweg tragen / sich aber von Galehn verbinden. Wahren also diese vier ersten durch herliche Siege niedergelegt. Die vier übrigen gerietẽ hiedurch in eine grimmige Wuht / und begehreten alsbald zu treffen / welches ihnen von[438] Skaurus und seinen dreien Bömischen Gesellen nicht versaget ward. Es wahr ein kurzer unansehnlicher / aber untersezter Baumstarker Mañ / mit dem Leches es zutuhn hatte / welcher auch drey Ritte ohn enigen Wank aufhielt / so daß im dritten der Unfal Leches schier getroffen hätte / welcher im vierden Gange es auff die Spitze setzete / und einen so gewaltigẽ Rit taht / daß sie beide übern Hauffen purzelten; doch schikte es Gott / daß Leches der erste wieder zu Beinen wahr /und auff seinen Feind frisch angieng / welcher sich unter seinem Pferde hefftig bemũhete / hervorzukriechen / und vermehrete ihm Angst und Zorn seine ohn das starken Kråfte dermassen / daß er sein gelähmetes Pferd vom Leibe abwalzete; durch welche Bemühung ihm der Krebsriemen zubrach. Er hatte sich gleich auff alle viere gesetzet / da Leches ihm nahete / und sich über seine starke Gliedmassen sehr verwunderte /auch äusserst darnach trachtete / wie er ihm das aufstehen verbieten möchte / stieß ihn mit einem Fusse /daß er auff den Rücken zu liegen kam / und nachdem er nicht gesinnet wahr / diesen Vortel aus den Händen zugeben / schlug und stach er gewaltig auff ihn zu /worüber der Pannonier meynete vor Eifer zubersten /lag und brüllete als ein wilder Ochse / daß ihm der Dampff zum Helm Gesichte ausging; woraus Leches die unfehlbaren Zeichen nam / mit wem ers zutuhn hätte; und ob er gleich sich stets bemühete / ihm das auffrichten zuverbietẽ / kunte er doch endlich nicht verwehren / daß er auff den Hindern zusitzen kam /und seines Schwerts mächtig ward / womit er so grausam von sich hieb und stach / daß ihm Leches nit zu nahe treten durffte / der sich dann gewaltig schämete /daß ihn ein sitzender so lange abhalten solte; dann Neda und Prinsla wahren mit ihren Feinden schon fertig / dergestalt / daß sie sie beyde im andern Treffen zu boden warffen / und im Fußstreite nach hefftiger Verwundung lebendig gefangen nahmen; welches Leches ersehend / zu seinem Gegener sagete: Ey so müste ich nicht eines faulen Apffels wert seyn / wann ich deine viehische Verwägenheit nicht endlich legen solte. O du nichtiger Tropf / antwortete dieser; hätte mich der Unfal nicht getroffen / du würdest schon längst in meiner Gewalt seyn / dann ich getraue mich /deiner viere zubestehen / und auf einmahl lebendig davon zutragen; und bistu ein redlicher Ritter / so laß mich zun Beinen kommen / dann wil ich es ohn Schild mit dir austragen. Ich habe dich einmahl nidergeworffen / sagte Leches / und sol auch das lezte mahl seyn; fing darauf an / eiferiger als vorhin auf ihn zuschlagen / dann er fürchtete sich / alles sein Ansehen würde ihm verschwinden / gab auch gar genaue acht /an was orten er ihn am besten verwunden möchte /und ward gewahr / daß sein Krebs sich in der Seite von ander zog / so offt er von sich hieb; nam deßwegen den Schild / und warff ihn damit vors Gesichte /trat bald darauf ein / und hieb ihm die Faust lahm / in welcher er das Schwert führete / trat ihm auff den Halß / und durchstach ihm den linken Arm / daß er denselben auch nicht gebrauchẽ kunte; worüber er ein so erschrekliches Geschrey führete / dz es über die Maur in die Stad erscholle / fing an seinen Göttern zufluchen / und schalt Leches überaus schändlich /daß er ihn ja vollends hinrichten solte. Aber da Gallus und Neklam diese überwindung sahen / traten sie mit etlichen Stecken Knechten herzu / welche ihm anfangs beyde Beine zusammen fesselten / dessen er sich hefftig sträubete / aber doch endlich gebendiget ward; doch kam Leches nicht ohn Wunde davon / sondern es hatte ihm dieser sitzend das rechte Bein an der Wade zimlich verletzet. Skaurus und sein Gegener wahren dazumahl noch in voller Arbeit;[439] dann weil sie mit den Speeren sich nicht hatten fellen können / wahren sie mit den Schwertern zu Roß aneinander gerahten / biß der Pañonier aus Unvorsichtigkeit Skaurus Pferd am rechten Vörderbug lähmete / daß sein Reuter absteigen muste / und sein Feind sich auch herunter machete / fingen auffs neue zu fusse einen ganz herben Streit an / daß sie fast gleiche Wunden davon trugen; triebens auch so lange / biß dem Pannonier das Schwert vor der Faust absprang / welcher doch deswegen den Muht nicht fallen ließ / sondern seinem Feinde glüklich unterlief / und nach hingeworffenem Schilde mit ihm zuringen anfing worin er schier solte des Römers Meister worden seyn / wann dieser nicht beyzeiten sich seines Dolches erinnert hätte / welchen er hervor suchete / und mit dreyen Stichen ihm das Lebẽ nam: ward aber Mattigkeit wegen durch Neda und Prinsla von der Bahn geleitet. Der Käyser und alle anwesende erfreueten sich des völligen Sieges von ganzem Herzen / wünschetẽ den Uberwindern Glük / liessen die annoch unverbundene fleissig versehen / die beyden erschlagenen Pannonier entwapnen und in die Erde verscharren / und musten die 10 unbewapnete Diener der Käyserlichen Geselschafft folgen /deren viere wegen ihrer Herren Unfal sehr leidig und betrübt wahren / die übrigen 6 aber sich darüber freueten / und auf bitliches ansuchen von dem Käyser frey gelassen wurden / da sie sich in Ladislaen Dienste begaben / dann sie zeigeten an / wie sie in ihrer zarten Jugend aus Böhmen hinweg geraubet / und in diesen Stand gerahten wåhren. Die sieben Gefangene /wie mat und verwundet sie wahren / wolten sich nicht lassen verbinden / sondern stelleten sich als währen sie rasend / und hielten mit schänden und schmähen stets an / insonderheit Pines meinete mit schelten es dahin zubringen / daß man ihn vollend hinrichten solte; aber Herkules machte es mit ihm / wie ehemals mit Gamaxus / ließ ihn auff ein Bret binden / daß er sich nicht rühren kunte / hernach muste der Arzt ihm die Arzney aufflegen / und allen Fleiß zur Heilung anwenden; welchen Ernst die übrigen sehend / sich endlich drein gaben / und die Verbindung annahmen. Die vier Pannonische Diener wurden des Abens wolgehalten / und folgendẽ Morgens in beiseyn Neda und Neklam / welche Pannonisch verstunden / auff ihr inständiges ansuchen zu den Gefangenen gelassen / die von ihnen begehreten / mit dem Könige und Landständen / insonderheit mit Herr Dropion Pannonischen Stathalter / Pines Bruder zureden / daß / in betrachtung ihrer geträuen Dienste / sie auf ihre Erlösung bedacht seyn möchten. Der Kåyser ließ hernach diese Diener äydlich belegen / daß sie ihrem Könige und allen andern / die reine ungefälschte Warheit wegen alles Verlauffs anzeigen wolten / gab ihnen ein ehrliches Geschenke / ließ alle an den Pannonischen König schrifftlich gelangẽ / und erinnerte ihn / sein erbieten redlich zuhalten / alsdann solte der begehrete zehnjährige Anstand ihm zugelassen seyn. Es wahr überal grosse Freude in Padua / wegen dieses glüklichen Sieges / und schrieb der Käyser allen Verlauff an den Römischen Raht / rühmete vornehmlich Herkules Tapfferkeit / und taht ihnen zuwissen / wie er solches zuerkennen bedacht währe. Nun musten gleichwol unsere ritterliche Helden / ausserhalb Ladisla / etliche Tage des Bettes hüten / bey denen Galehn grossen Fleiß anwendete / daß Herkules und Baldrich des sechsten Tages auffstunden. Mit Prinsla / Neda und Leches besserte sichs noch zeitiger. Siegward / Fabius und Skaurus wahren am härtesten verwundet / daher es mit ihrer Besserung langsamer zuging. So wahr den Gefangenen nichts so sehr / als[440] die Heilung zuwider / daß sie auch gesinnet waren / sich durch Hunger zutödten; dann weil sie alle Herren Standes /Hochådles Geschlechtes / und von grossen Mitteln waren / kuntẽ sie in knechtische Dienstbarkeit sich nit schicken / welche sie doch muhtwillig erwählet hattẽ. Ja ihr Führer hörete noch nit auf / allerhand Schmachreden über Herkules auszuschüttẽ / in meinung / hiedurch den Tod zuerhalten / welches Gallus anzeigete /aber zur Antwort bekam / er solte ihn mit Hofnung speisen / dz neben seinen Gesellen er durch wichtiges Lösegeld sich wol würde köñen frey käuffen / als warum es seinen Herren eigentlich zutuhn währe; welcher Trost sie in gute Ruhe setzete / dz sie Speise namen / die Ketten willig trugen / uñ die Gesundheit wieder erlangeten; da dann der Käyser mit den Fürsten hinging / sie zu sehen / und zuvernehmen / wie sie sich doch bezeigen würden / verwunderten sich sehr über Pines verwägenheit / der hochmuhtig gnug fragen durfte / was man vor ihre Erlösung foderte; Herkules aber ihm zur Antwort gab: Je du frechstolzer Kerl; deucht dichs noch nicht Zeit seyn / daß du vor Käyserl. Hocheit / vor einem herschenden Bömischen König / und vor mir einem gebohrnen GroßFũrsten /der überdas dein Herr ist / dich endlich demühtigest /deinen elenden Zustand erkennest und umb Gnade und Barmherzigkeit anhaltest? du must ja ohn zweifel bißher mit lauter Baurflegeln umbgangen seyn / daß du gedenkest / auch die höchsten in der Welt seyn deiner Ehrerbietung nicht wirdig. Und was hastu zu fragen / was man vor Lösegelder von dir fodere? wiltu es wissen? durchaus nichts fodert man / so wenig vor die andere als vor dich / sondern nachdem du dich deiner eigenen Urtel erinnern kanst / hastu nichts gewisses /als die ewige Ketten der schnödesten Dienstbarkeit zutragen / worzu dir die liebe Geduld wird von nöhten seyn. Jedoch hättestu alsbald nach der Uberwindung die Demuht ergreiffen können / würdestu einen gnädigen Herrn an mir gehabt haben / der / inbetrachtung deiner guten Fäuste / mit dir viel anders würde umbgangen seyn. Nun aber ist die Gnadenzeit vorbey / insonderheit / weil du diese Zeit deiner Knecht- und Leibeigenschaft dich des schändens nicht hast enthalten wollen. Drumb gläube mir / wann du gleich vor dein Häupt mir hundert tausend TonnenGoldes liefern köntest / würde ichs weniger als diesen Stab achten. Als Pines dieses hörete / speiete er ihn an / schalt ihn aus vor einen Zäuberer / Verrähter / Landläuffer / und des KäysersSchmarotzer; daß er ihn ja zum Zorn reizen möchte; wie dann die anderen alle es ihm also nachmacheten. Aber Herkules lachete dessen nur /und sagete ihnen. Je ihr ehrvergessene Buben / wisset ihr dann nicht / daß ihr Gefangene / ja daß ihr Leibeigene Knechte seid / und durch euch selbst darzu verurteilet / und dũrffet solche Schmachrede wieder mich ausstossen? Ja du Unhold / sagte er zu Pines / scheuhestu dich nicht / mich gar anzuspeien? Ich erinnere dich deiner ehemahligen dräuung / wie du mittel wüstest / meinen steiffen Sinn zu lenken; deren werde ich mich nun auch gebrauchen müssen / umb zu versuchen / ob ich dein teuflisches Lästermaul nicht zähmen und zåumen könne / wie dann wol ehe einem stårkeren / als du / wiederfahren ist. Ließ hierauf sechs Steckenknechte mit scharffen Ruhten fodern /jeden gefangenen an eine Säule binden / entkleiden /und von oben an biß unten aus rechtschaffen streichen; welcher Schimpff ihnen dermassen zu Herzen ging / daß sie allen ihren Göttern flucheten / auch durchaus umb keine Erlassung noch Gnade anhielten; daher Herkules sagete: Man mus die halsstarrigen Schelmen noch besser antasten; ließ Salzwasser herzu bringen / den volgestriemeten[441] Hinterleib damit abwaschen / und sie ein viertelstündichen zappeln / da sie zwar ein elendes Geheule trieben / aber keine Gnade sucheten. Es muste ihnen hernach das Salzwasser abgespület / und an dessen stat heilsames Oel darüber geschmieret werden / welches ihnen grosse linderung gab / und sie nicht anders gedachten / es würde hiemit seine Endschaft haben. Aber Herkules ließ sie an den Pfälen umbkehren / mit befehl / es solte ihnen der ganze Vorderleib gleich also zergeisselt werden / welches sie aber noch nicht zur helfte ausgestanden hatten / da sie anfingen umb Gnade zu bitten / ohn allein Pines meinete durch raserey zu überwinden / deswegen man an ihm mit der Geisselung tapffer fortfuhr /biß gar an den Unterleib / da rieff er endlich: Ich mus meinen steiffen Sinn brechen / und umb erlassung anhalten. Deine Demuht mus grösser seyn / sagte Herkules / hies doch die Geisselung einstellen / aber viel ein schärffer Salzwasser / als das vorige auff die frischen Striemen giessen; wovor er erzitterte / und sagete: Gnade mein Herr / Gnade / und erinnert euch /daß ihr auch unter der Götter gewalt feid. Des erinnere ich mich täglich ohn dein erinnern / daß ich unter Gottes gewalt bin / sagte Herkules / und ist dieses bloß darumb geschehen / daß du auch nunmehr anfahen mögest zuerkennen / du seist unter Gottes und deines jetzigen leiblichen Herrn gewalt dem du Ehre /Demuht und Gehorsam schuldig bist; und können diese erste Ruhten dich zu solcher Schuldleistung nicht antreiben habe ich deren noch mehr im vorbehalt / ja / spitzige hölzerne Keilichen / welche dir an Händen und Füssen unter die Nagel sollen eingedrükt werdẽ / biß du tuhst was dir oblieget. Bey meinen Göttern / antwortete er / mir geschihet endlich recht /weil ich mir ein gleiches auff den verhoffeten Glückesfall vorgenommen hatte; aber diese meine Gesellen sind unschuldig in die Leibeigenschaft gerahten / und von mir verleitet / deswegen lasset sie durch ein ansehnliches Lösegeld sich frey käuffen. Kein einziger mache ihm die Hoffnung zur Freyheit / sagte Herkules; zu späte zu späte! der Stab ist gebrochen / drumb gebet euch nur willig drein / weil ihrs nicht anders habt wollen haben; erkennet aber dabey / daß Gott ein gerechter Richter ist / und allen Hochmuht stürzet /dessen wir ein Sonnen-klares Beyspiel an euch sehen /dann sonst würde noch wol einer unter euch den Sieg davon gebracht haben. Diese scharffe Urtel ging ihnen sehr zu herzen / doch weil sie es nicht endern kunten /musten sie sich endlich darein geben / und die wenige Zeit über / weil unsere Helden sich daselbst auffhielten / täglich acht Stundenlang im Karren zihen / und den Unflaht von den Gassen abführen / wiewol sie sich noch Hofnung machten / nach etlicher Zeit Gnade und Freyheit zuerlangen.

Als die Verwundeten alle ihre Gesundheit erhalten / erinnerte Valiska ihren Gemahl und Bruder / es wũrde Zeit seyn / ihrer herzgeliebeten Fr. Mutter dereins die Klageträhnen abzuwischen / und währe ihr fast leid / daß sie solches nicht durch Botschaft verrichtet hätte / weil über verhoffen sie so manniche Paduanische Nacht machen müssen / und ihre Reise so lange auffschieben. Herkules gab ihr recht / und erinnerte doch zugleich / daß er dem Keyser verheissen /die Wiederkunft seiner Botschaft biß auff den 16den Tag nach deren hinreisen zuerwarten / wohin nur noch zween Tage ausstünden / und möchte sie neben Fr. Sophien / durch Leches / Klodius und andere / alles zum Auffbruch verfertigen lassen; was an Wagen und Pferden annoch zuverschaffen währe / würden Gallus und Neklam schon von etlicher Zeit her wol in acht genommen haben; der vierde Tag / von diesem anzurechnen /[442] solte hiemit zum unfehlbaren Auffbruch bestimmet seyn. Fr. Sophia taht solches ihren Eltern zu wissen / die sich zwar betrübeten / daß ihr liebes Kind von ihnen scheiden würde; weil sie ihnen aber jährliche Besuchung versprachen / gaben sie sich zu frieden / und legeten ihr die Heimsteur zurechte. Herr M. Fabius gab seiner Tochter Sibyllen 15 Tonnen Goldes in baarschaft / und acht Tonnen an Kleinot und Kleidern. Pompejus stellete seinem SchwiegerSohn 20 Tonnen gemünztes Goldes zu / und 10 Toñen an Kleinot und Kleidern / daneben vermachte er ihm die vom Käyser jährlich versprochene 30000 Kronen aus der Rentkammer. Valiska und Sophia vermehreten dieser beyden Brautschaz / jedweder mit 10 Tonnen baarschaft / und sechs Toñen an Geschmuk /welches sie wieder ihren willen nehmen musten. So kam die Botschaft von Rom zur bestimmeten Zeit an /und brachte daß vom Kåyser begehrete / teils mit /teils aber folgete nach. Als vor erst vier Königliche Kronen / welche der Käyser unsern beyden Helden und ihren Gemahlen auffsetzete / sie invictissimos, Unüberwindlichste; Decus equestre, Zier der Ritterschaft; carissimos Imperatoris Fratres des Käysers allerliebste Brüder; und endlich Herkules einen Freien König der Teutschen; Ladisla einen Freien König der Böhmen und darzu gehörigen Völker; auch beyde des Römischen Reichs liebe angenehme Bundgenossen nennete; Valisken aber Miraculum Orbis, das Wunder der Welt; incomparabilem pietate, virtute, forma Heroinam: Die unvergleichliche Heldin an Gottesfurcht / Tugend und Schönheit; dilectissimam Imperatoris sororem; Des Käysers allerliebste Schwester; Exemplar fidelitatis conjugalis; Das Muster ehelicher Träue / Und schließlich / eine Königin der freien Teutschen. Fr. Sophien bestätigte er ihren alten Ehren-Nahmen: Romanarum mulierum decus. Aller Römischen Weiber Zierde; gab ihr überdas diesen Nahmen; Vinculum & Origo amicitiæ Bohemicæ-Germanicæ-Romanæ. Das Band uñ der Anfang der Bömisch- Teutsch-Römischen Freundschaft; und nante sie eine Königin der Böhmen und darzu gehörigen Völker. Fürst Baldrichen und Siegwarden stellete er trefliche / mit Demanten ausgesetzete Reitharnische / samt allem darzu gehörigen PferdeZeuge zu / reichete ihnen Speere mit güldenen Spießlein / an denen trefliche Siegesfahnen hingen / gürtete ihnen köstliche Schwerter an / warff ihnen grosse schwere güldene Ketten mit seinem Brustbilde umb den Hals / und nennete sie Imperij Romani amicos & Impertoris Consangvineos Des Römischen Reichs Freunde / und des Käysers Blutverwantẽ; nachdem er sie schon vor Römische Bürger des höchsten Adels erkläret und auffgenommen hatte. Schließlich wählete er auch Leches / Neda und Prinsla in den Römischen Adelstand / gab ihnen schöne / mit Golde eingeschmelzete Reitharnische / auch trefliche Speer und Schwerter / und nante sie Imperij filios & Imperatoris dilectos. Des Römischen Reichs Söhne / und des Käysers geliebete Als alles geschehen wahr / nöhtigete sie der Käyser mit sich in den Schloßplaz zu gehen / da er Herkules und Ladisla jedem 100 Handpferde / mit Purpur-Decken behänget / und bey jedem Pferde zween freygelassene Teutsche Leibeigene in statlicher Kleidung / verehrete; daneben jedem 100 Gutschpferde / mit nöhtigem zierlichen Zeuge / welche von 50 Teutschen Leibeigenen gewartet wurden. Hierüber 400 Fuder der besten Griechischen und Italianischen Weine / ingesamt / wobey die Wagen und Pferde / sie biß Prage zuführen / schon bestellet wahren. Den beyden Königinnen / jeden eine von güldenem Stücke mit Perlen gezierete Gutsche /und vor jeder acht schneweisse Pferde mit güldenem Zeuge[443] und vier leibeigenen Gutschern. Königin Valisken aber absonderlich ein überaus wol abgerichtetes Klöpperchen / sehr bund und zierlich geschecket; und ein grosses Kleinot / ihrem Elefanten vor die Stirn zuhängen. Den beyden Fürsten / jedem 20 Handpferde /und bey jedem zween Teutsche Freygelassene; Ihren Gemahlen aber jeden eine Gutsche von silbern Stük mit Perlen gesticket / und vor jede 6 schneeweisse Pferde mit silbern Zeuge / und dreyen Gutschern. Schließlich bekahmen Leches / Neda und Prinsla jeder 5 Hand-Pferde / und bey jedem einen freygelassenen Teutschen; Ihre Eheliebsten / jede eine braune Sammete Gutsche mit silbern Schnũren verbremet /und vor jeder 4 weisse Pferde mit zween leibeigenen Gutschern. Herkules wahr unwillig wegen der gar zu grossen Schenkungen / welche doch nit durfften ausgeschlagen werden; hielt darauff eine zierliche Dankrede an den Käyser und Römischen Raht / strich des Käysers löbliche Tugenden herlich aus / und preisete die Römer glükselig / daß ihnen Gott diesen löblichen Käyser gegeben / vor dessen Gesundheit und langes Leben sie zubitten wol befuget währen. Die Römer verwunderten sich über seine Beredsamkeit mehr / als über seine andere Volkommenheiten / und bekenneten öffentlich / daß in ganz Rom schwerlich einer auffzubringen währe / der in zierlichem Latein und wolgestelleter Rede es ihm gleich thun solte. Valiska / als er sein Vorbringen geendiget hatte / fing auffs neue an /mit solcher Anmuhtigkeit / daß männiglich darüber bestürzet ward / indem sie den Käyser wegen seiner Gerechtigkeit / Weißheit und Gütigkeit biß an die Wolken erhuhb / auch vor die ihr und den ihren gar zu grosse angelegete Ehre höchlich dankete / wobey sie einführete / es hätte Käyserl. Hocheit heut diesen Tag ihren ehmahligen Traum erfüllet / welcher ihr wenige Zeit vor ihrer unglüklichẽ Reise nach Padua vorkommen währe; wie sie in dieser Stad aus einem Pusche eine schöne Königliche Kron / gleich der empfangenen hervor gezogen / ungeachtet die Dornen sie anfangs sehr verhindert / und die gifftigen Schlangen ihr hefftig gedräuet hätten. Worauff der Käyser antwortete; Es währe ohn zweifel die Erfüllung / wie sie wähnete / geschehen / weil dieses sein Schloß ohndas Dumus, das ist / Dornhecke genennet würde. Arbianes wolte des nähstfolgenden Tages dem Käyser seine Freygebigkeit auch sehen lassen / und lud ihn nebest den Römischen und vornehmsten Paduanischen Herren auff eine zweytägige Gasterey / worauff er schon etliche Zeit hatte zurichten lassen / und alles Königlich in grossem ůberflusse verschaffet ward / da er dem ganzen anwesenden Frauenzimmer zierliche GedenkRinge 50 Stük ingesamt / jedes 150 Kronen wert / schenkete; dem Käyser aber lieferte er einen Medischen Säbel / dessen Gefäß von klarem gegossenen Golde / mit teuren Demanten eingelegt wahr / steckete in einer Elffenbeinen Scheide künstlicher Arbeit / und hing an einer schweren güldenen Kette. Bey der Einlieferung bedankete er sich aller Käyserlichen Gnade /so ihm diese Zeit begegnet / und erboht sich zu allen untertähnigsten Diensten. Der Käyser nam alles mit freundlicher Danksagung an / und schenkete ihm hinwiederum eine DemantKette / an welcher sein Brustbilde hing / und zuunterst ein köstlich Kleinot.

Weil dieses also vorging / kam Libussa auff den Saal / und zeigete Königin Valisken an / es währen 12 von ihren Parthischen Leibeigenen in dem innersten Hofe / und bähten mit überaus bewäglichen Geberden / daß sie vor Ihre Königl. Hocheit / deroselben etliche wenig Worte anzumelden / allergnädigst möchten gelassen werden. Sie werden gewißlich[444] umb eine Gnade anhalten wollen / sagte sie / machte es ihrem Gemahl zuwissen / und ging auff dessen Erlaubniß zu ihnen hin in den Vorhof. Diese / so bald sie der Königin Ankunft von ferne vernahmen / tahten einen demũhtigen Fußfall / stunden bald wieder auff /gingen etwas näher hinzu und fielen abermahl nieder auff die Erde; stunden endlich auff / und als sie noch fünff Schritte von ihr wahren / legten sie sich zum dritten mahl nider ohn einiges Wort sprechen / biß die Königin sie auffstehen hieß / und daß sie ihr begehren ohn furcht anzeigen solten. Worauff sie sich alle auf die Knie setzeten / ihre Häupter niderbogen / und der vornehmste unter ihnen einen Brief in der Hand hielt /welcher diese Rede vorbrachte: Großmächtigste unüberwindlichste Königin / allergnädigste Frau; Was hohe und übermilde Gnade unsere gnädigste Herren /König Herkules und König Ladisla uns unwirdigen ihren Leibeigenen schon jenseit des Meers haben wiederfahren lassen / indem Ihre Königll. Hocheiten uns die schierkünfftige Freiheit / gegen des Durchleuchtigsten GroßFürsten Arbianes Rükreise / oder noch wol ehe / gnädigst versprochen / wissen wir samt und sonders uns wol zuerinnern / werden überdas mit Kleidung / Speise / und anderer Notturfft so reichlich versehen / daß wir in der Warheit solche übermässige Woltahten zuerkennen / viel zuwenig sind. Nicht desto weniger haben wir ingesamt uns vorgenommen /noch umb eine Gnade zubitten / welche in diesem Bitte-Schreiben enthalten ist / und ersuchen Eure Königl. Hocheit alleruntertähnigst / dieselbe wolle es wirdigen allergnädigst anzunehmẽ / und wo möglich dessen Inhalt den unsern allergnädigsten Königen und Herren / durch ihre kräfftige und volgültige Vorbitte uns zuerlangen; davor wir bereitwilligst seyn wollen /alles unser Vermögen / Blut und Leben ungesparet /vor ihre Wolfahrt uñ zu ihren Diensten auffzuopffern. Die Königin hieß sie auffstehen / nam das Schreiben zu sich / und befahl / daß morgen früh / drey Stunden nach der Sonnen Auffgang sie sich wieder bey ihr solten melden lassen / alsdann sie ihnen / dafern sie nichts ungebůhrliches sucheten / gnädigste Einwilligung erhalten und mitteilen wolte. Ging mit unerbrochenem Briefe zu ihrem Gemahl und Bruder / und nach Erzählung alles Vorbringens der Leibeigenen /lasen sie ingesamt diesen Inhalt:

Großmächtigste unüberwindlichste Könige / allergnädigste Herren; was vor sonderliches hohe Glük der Himmel uns armen gefangenen Parthern vor andern unsers gleichen zugeschikt / in dem / daß in ihrer Königll. Hochheiten Gewalt und Leibeigenschaft wir gerahten sind / ist niemand unter uns / der es nicht erkennen / und sich darob allerhöchst erfreuen solte / nachdem wir ganz nicht zweiffeln / die aus lauter Gnade uns erteilete Königl. Zusage der künftigen Freylassung auff GroßFürst Arbianes Durchl. Heimreise werde uns nicht unmilder gehalten werden. Wann wir dann bißdaher eiferigst nachgesonnen haben / auff was Weise wir unsere schuldige Dankbarkeit hinwiederumb möchten sehen lassen / und bey uns befinden / daß solches in den Pferdeställen und bey Wagen und MaulEseln nicht geschehen kan; nicht daß solcher Arbeit wir uns zuentbrechen suchen / ungeachtet wir fast alle gebohrne von Adel / und von Jugend auff unter den Waffen uns geübet haben / sondern bloß nur der Gelegenheit nachstreben / unsern allergnädigsten mildreichesten Herren / welche wir als unsere eigene Seele lieben /etwa behäglichere und nützlichere Dienste zu leisten. Als gelanget an unsere allergnädigste Herrn unser untertähnigstes bitten / dero Königliche Hocheiten ihnen unsern herzlichen Wunsch nicht ungnädig wollen mißfallen lassen / welcher in diesem bestehet / daß / wo möglich / zu ihrer Hocheiten Diensten wir mit ritterlichen Waffen möchten versehen werden / auff daß wir auff begebenheit unser dankwilligstes Herz könten sehen lassen; wiewol nach ihrer Königll. Hocheiten allergnädigstem[445] belieben /wir bereit sind / in unserm jetzigen Stande / auch biß an unsers LebenEnde gehorsamst zuverbleiben / als eurer Königll. Hocheiten alleruntertähnigste und allergehorsamste Knechte und Leibeigene / sonst alle ehmahls freygebohrne Parther.

Die Auffschrift des Brieffes wahr: Denen Großmächtigsten unüberwindlichsten Fürsten und Herren /Herrn Herkules / Könige der Teutschen; und Herrn Ladisla / Könige der Böhmen / unsern allergnädigsten Königen und allermildesten Woltähtern.

Als sie den Brieff zum Ende gelesen hatten / sagte Ladisla: mir zweifelt nicht / es ist mannicher geherzter Ritter und Kriegesmann unter diesen Parthen / die uns freilich im Harnische und mit dem Schwerte viel nüzlicher / als bey der Mistgabel sein könten; so haben wie auff unser schierkünfftigen Reise geträuer Völker von nöhten / wañ uns etwa das Pannonische oder ander Räuber Gesindle auß Hoffnung grosser Beute auffwarten soltẽ / bin auch dessen versichert /daß wegen gemachter Hoffnung der Freiheit / und weil sie von ihrem Vaterlande so weit abgefernet sind / sie uns keine Unträue beweisen / viel weiniger die Flucht vor sich nehmen werden. Herkules schwieg ein weinig stille / in meinung / er solte sich weiter heraus lassen / wessen er zutuhn gesinnet währe; weil er aber damit abbrach / und also beide nichts redeten; fing Valiska an; ich sehe wol / eure Lieb den wollen einer dem andern nicht vorgreiffen / und gleichwol merke ich schon / wessen sie beiderseits willens sind; meine unvorgreiffliche Meinung dabey zusetzen / muß ich bekennen / daß dieser Leute Leibeigenschafft und verächtliche Dienstleistungen mir sehr zu Herzen gangen / in Betrachtung daß sie weder wegen Ubeltaht noch Standes-art darzu verdammet sind / sondern bloß allein / daß sie vor ihr Vaterland redlich gestritten / und ihrem Herrn und ungezweifelt wahrem Könige geträulich gedienet haben / dahero ich mir ein Gewissen drüber gemacht / daß man sie nicht ohn jhr bitten in freyen Stand gesetzet / insonderheit / weil von der Zeit her der getahnen Vertröstung / sie ihnen weder Mühe noch Arbeit haben verdriessen lassen. Herkules lächelte hierauff ein weinig / und kurzweilhalben sagte er zu ihr; mein Schaz / ich erinnere mich des alten Sprichworts; Alte Liebe rustet nicht; und kan sie nicht wol bergen / wie gewogen sie des guten Artabanus Leuten ist. Verzeihe es euch Gott / mein Schatz /antwortete sie / daß ihr hierüber scherzet / und mich noch darzu wol einiger Liebe gegen Artabanus zeihen könnet; jedoch gestehe ich / daß ich Ursach habe ihn zulieben / weil er meine alte Liebe / wie er wol durch Gewalt hätte tuhn können / ungestöret gelassen hat. Damit ich aber wegẽ dieses Unrechts Abtrag haben möge / wil ich / daß ihr euch meinem Willen vor dißmahl gemäß bezeiget / und diesen Parthern ihr begehren leistet / da ich dann meinen Herr Bruder Schwesterlich ersuchen wil / daß er mit gleich stimmen möge. Ja herzen Fr. Schwester / sagte Ladisla / wann du mir nur zuvor versprechen wirst / daß du meinen Herkules nimmermehr wegen der Liebe zu Artabanus übergeben wilt. Hierauff bedarff es eine gute weile Bedenkzeit / antwortete Valiska / und wer weiß / ob ich nicht bald verlangen bekommen möchte / mein prächtiges Schloß zu Charas wieder zusehen. Diese Begierde und Reise ab zuwenden / sagte Herkules /wil ich meinem Schaz in Teutschland gleich ein solches Schloß auffbauen lassen / und zwar daß die kosten mit lauter Parthischen Geldern abgetragen werden / wovon wir aber zur andern zeit mit bessern Mues werden zuscherzen habẽ / und daß vorgenommene vor dißmahl abhandeln / da dann / die Warheit zubekennen / ich schon vor etlichen Wochen mir vorgenommen gehabt / diese guten unschuldigẽ Leute durch[446] die zustellung der Freyheit zuergetzen / bin aber allemal durch andere Einfälle daran verhindert worden / und zweiffele nicht / mein Bruder Ladisla wird dessen mit mir einig seyn. Derselbe wahr nun wol zufrieden / und muste Gallus vernehmen / wie viel Ritter /ädle / und Kriegsbeamten unter ihnen währen / auch wie groß eigentlich ihre Anzahl sich befünde. Welcher zur Nachricht brachte / ihrer währen annoch 2496 Mann überal / unter denen 50 geschlagene Ritter / 1584 ädle / und die übrigen 862 sonst nahmhaffte Männer und Kriegsleute / so daß sie alle / ausser etwa 200 Befehlichshaber gewesen. Leches und Klodius bekahmen darauff befehl / daß sie 50 ganze Ritterharnische 2000 volständige Oberharnische / und 446 blosse Bruststük oder Krebse auß ihrer Rüstkammer / welche sie auß der Räuberhöhle erobert hervornehmen / das übrige Gewehr alles auff Kamehl und Wagen laden / und gnugsahme Fuhrleute / Eseltreiber / und Pferdeleiter ümbs Gelt biß nach Prag mietẽ solten / welches Markus und andere verrichteten / und solche auß der Stad Padua Gebiet inwendig 24 stunden zusammen brachten / da dann die 565 ihnen von dem Käyser geschenkete Teutsche leibeigene / gleicher Gestalt bewafnet wurden. Diesen Abend ließ Herkules seine innigliche Bitte an den Käyser abgehen / daß ihm sein Abzug gnädigst möchte zugelassen werden / da dann sein Gemahl sehr bitten halff / so daß der Käyser ihren Ernst merkend / ihr Begehren nach Willen zuließ / wie wol er sie gerne noch etliche Wochen auffgehalten / und sie gar mit sich nach Rom genommen hätte / durffte ihnen aber solches nicht anmuhten / insonderheit / weil ein halbstündichen hernach der alte Wenzesla mit einem Königlichen Schreiben an Königin Sophien ankam / welcher eine Tagreise von Padua unserer Helden Wiederkunfft berichtet wahr / und es doch schwerlich gläuben wolte /biß er unter dem Tohr daselbst seines Zweifels benommen ward / ritte auch gleich hin nach dem Neuerbaueten Hofe / woselbst Arbianes das Gastmahl hielt / und ließ sich bey Königin Valisken angeben / es währe einer von ihren alten Dienern von Prag ankommen / welcher ihre Königl. Hocheit untertähnigst zusprechen begehrete. Sie ging alsobald zu ihm hinauß /unwissend wer erwähre; welcher / da er sie in ihrem Königlichen und trefflichẽ Pracht sahe / ward er darüber so vol Freuden / daß er vor Ohmacht niedersank: Sie ließ ihn aber bald erquicken / und sagte zu ihm: Mein Geträuer Frommer Wenzesla / wie geberdet ihr euch so kläglich? bringet ihr uns etwa traurige Zeitung von Hause? O nein / antwortete er; wann ich nur eigentlich wissen solte / wovor ihre Durchl. ich anreden muß. Vor eure Gnädigste Frau / und König Herkules Gemahl / antwortete sie / welche eure ehmalige geträue Dienste schier belohnen wird. Vor König Herkules Gemahl? sagte er; O wie hat dann eure Hocheit ihre glükliche Erlösung und Ankunfft an diesen Ort / ihrer höchstbetrübten Fr. Mutter verhehlen können? als die wegen ihrer Kinder Verlust täglich weinet und zu weinen nicht auffhören kan. Gebet euch zufrieden / sagte sie / wir wollen ob Gott wil / sie gar bald mit unser Gegenwart erfreuen; fassete ihn bey der Hand / führete ihn mit auff den Saal / und sagte zu Herkules: Herzgeliebter Schaz / hier bringe ich unsern geträuen alten Wenzesla mit mir / welchen meine Fr. Mutter in ihrer Bekümmerniß abgeschicket hat. Herkules und Ladisla nebest Königin Sophien sprungen in ihren königlichen Kronen auff / liessen ihn mit Speise und Trank laben / und hatte er kaum Zeit zu essẽ / weil er hie und da nach der Königin Wolstande befraget ward / dessen sich zuentbrechen /[447] er sein Schreiben an Königin Sophien hervornam / und es mit diesen Worten einreichete: Allergnädigste Königin / meine auch allergnädigste Königin entbeut ihrer Hocheit mütterlichen Gruß und liebe / und übersendet deroselben dieses Schreiben / worauff ihre Hocheit /wie ich getröstlich hoffe / nunmehr die Antwort selbst můndlich überbringen wird. Das sol ob Gott wil geschehen / antwortete sie; brach den Brief / und lase ihn zugleich mit Königin Valisken / welcher also lautete;

Hedewieg / verwittibte Königin in Böhmen / entbeut ihrer herzgeliebten Fr. Tochter / Königin Sophien / Mütterliche Liebe und Träue; Herzallerliebste Fr. Tochter; es müssen ja noch leider meine unanffhörliche Trähnen /wegen des verlustes meiner allerliebsten Kinder / mein Angesicht und ganzen Leib Tag und Nacht befruchten /weil von deren Zustande mir in so langer Zeit keine einige Nachricht zukommen ist. Ach ihr Götter; wie hart habet ihr mich angetastet / und aller der meinen ohn alle barmherzigkeit mich beraubet! Mein einiger Trost und Hoffnung ist das allerliebste Söhnlein Herkuladiska (ach des lieben doppelnahmens / der mich meiner Söhne so offt erinnern wird) welchen zu sehen mein Herz so gar entzündet ist / daß / dafern eure Liebe sich noch länger wegert / mit ihm herüber zukommen / ich die Reise auff Padua / ungeachtet meiner Leibes-unvermögenheit / alsbald nach dieses meines Dieners Wiederkunft auff mich zu nehmen / gänzlich entschlossen bin; welches meiner Fr. Tochter zuzuschreiben ich nicht umbhin können /Mütterlich bittend / ihre herzgeliebete Eltern meinetwegen Schwesterlich zu grüssen / und was vor Zeitung sie von den unsern haben mag / mich ehist wissen zu lassen. Inzwischen bin und verbleibe ich meiner herzgeliebten Frau Tochter Mütterlich ergebene Hedewieg.

Valiska küssete den Brieff / und stiegen ihr die Freuden Tränen aus den Augen / fing endlich an und sagte; ich danke dem Almächtigen Gott von Herzen /daß meine allerliebste Fr. Mutter annoch beim Leben und Gesundheit ist / und hoffe vor Ausgang dreier Wochẽ sie zu ümfahen / und ihr die TrauerTränen abzuwischen. Aber mein Wenzesla / ich habe euch schier zu lange mit dem verdienten Bohtenlohn auffgehalten / welches ich mit guten Zinsen verdoppeln wil; hielt auch bey ihrem Bruder an / er möchte ihn in den Böhmischen Adelstand auffnehmen / sie wolte ihm schon ein Gut in Böhmen kauffen / und ihn mit ihrer alten Hoffmeisterin verheirahten / daß er nach diesem nicht mehr dienen / sondern als ein Herr leben solte; welches der gute alte anfangs vor scherz annam / doch als er den Ernst sahe / mit demühtigstem niederknien sich untertähnigst bedankete / da ihm Herkules 6000 /Ladisla auch so viel / und Sophia 2000 Kronen versprachen. Des folgenden morgens / wahr der andere und lezte Tag der Fürstlichen Medischen Gästerey /und der näheste vor dem Auffbruch / stelleten die 12 Parther sich wieder ein / denen befohlen ward / daß sie alle ihre Mitgesellen inwendig drey Stunden mit sich herzuführen solten; welche / da sie zugegen wahren / König Herkules / in beiseyn des Käysers und aller Fürsten und Fürstinnen also anredete: Durch was vor Unglüksfal ihre Parther in den unseligen Stand der leibeigenen Dienstbarkeit gerahten seid / ist unvonnöhten / euch weitläufftig vor zuhalten; ihr wisset daß durch Feindes Macht ihr überwunden / und von dem Persischen Könige / dem Großmächtigsten Fürsten / Herrn Artaxerxes darzu verurteilet seid / daß weil ihr gegen seine Völker die Waffen gebraucht /und darüber den kũrzern gezogen / ihr biß an eures Lebens Ende die knechtischen Ketten tragen / und zu schnöder Arbeit soltet verdammet seyn / wie dann dero behuef ihr mir und Könige Ladisla / auch andern Rittern geschenket und zugestellet worden seyd; Weil wir aber eure Demuht / Gehorsam und guten Fleiß gesehen /[448] und mein liebes Gemahl bey Einlieferung eures untertähnigsten Bitte-Briefes mich und ihren Herr Bruder fleissig ersuchet / daß ihretwegen wir euch ingesamt eine sonderliche Gnade erzeigen möchten / haben wir uns lassen euer Unglük zu herzen gehen / sind auch gewilliget / euch dieselbe alsbald wiederfahren zulassen / wann ihr uns zuvor äidlich versprechen werdet / Zeit eures lebens es mit redlicher unbrůchiger Träue zuerkennen / uñ bey dem Durchleuchtigsten GroßFũrsten Arbianes / als seine Leibschaar / so lange dessen Liebe ausser Persischem /Medischem und Parthischem Gebiet sich befinden wird / ungesparet Leib und lebens / Gutes und Blutes euch gebrauchen zulassen / auch ohn dessen geheiß oder einwilligung euch nicht von ihm zu scheiden; worauff ihr euch alsobald werdet zubereden und zuerklären haben. Der meisteteil fing an / vor freuden die Trähnen zuvergiessen / und hielt der vornehmste unter ihnen / ein Ritter von 44 Jahren diese Rede: Großmächtigste Unüberwindlichste Könige / allergnädigste Herrn; was vor ungläubliche Heldentahten von euren Königll. Hocheiten wir in den Morgenländischen Schlachten mit Augen angesehen / werden wir wol Zeit unsers lebens aus unserm Gedächtnis nicht kommen lassen. Aber die Heldentaht / anjetzo uns erzeiget / erheben wir billich über alle die vorigen / da eure Hocheiten aus recht Königlichem erbarmen uns eine solche allergnädigste Verheissung getahn / welche wir nimmermehr bestand seyn werden / zuerkennen; wir geloben hiemit alle und jede äidlich an / das selbe alles nach ungefärbeter Auffrichtigkeit und höchstem vermögen zu leisten / was eure K \nigll. Hocheiten dißmahl an uns allergnädigst begehret /und was dieselbe hernähst von uns erfodern werden /so gar / daß wir auff erlangete lebens und standes Freyheit / bereitsind / unser Leben und Blut als ein Zeichen der Dankbarkeit gleich dieses Augenblik mit unsern eigenen Händen auff die Erde zu schütten; solten wir aber noch überdas in ritterlichen Kriegsdiensten gebraucht werdẽ / wollen wir uns dergestalt bezeigen / daß verhoffentlich unsere altergnädigste Herren erkennen werden / sie haben ihre barmherzigkeit an solche Männer gelegt / welche tausendmahl lieber sterben / als einmahl undankbar wollen erfunden werden. Unseren Helden gefiel diese Erklärung so wol /daß sie dieselben des wirklichen Aids erliessen / und mit dem Handschlage zu frieden wahren. Worauff die Ritter an einen besondern Ort; die ädlen an einen andern / und die unädlen allein treten musten / woselbst ihnen die Waffen ausgeteilet / und sie in 20 Geschwader gesetzet / auch alle Ritter / und andere mehr unter ihnen / zu Befehlichshaber geordnet wurden / nachdem sie schon zuvor hohe Kriegsämter bedienet hatten. Ihnen wurden 20 schöne Reuterfähnlein ausgeteilet / in welchen zween Löuen (wie sie es selbst wähleten) stunden / und unter denen diese Worte: Vitam pro libertate. solte so viel heissen; Wir opffern unser Leben vor die geschenkte Freyheit. Und haben nach gehends diese Parther in dem Wendischen und Panonischen Kriege / davon im siebenden und achten Buche folgen wird / sich so ritterlich gehalten / daß sie fast ja so grossen Ruhm in Teutschland und Böhmen / als die Teutschen und Böhmen in Persen erworben. Dem Käyser gefiel diese Freylassung so wol /daß er unter diesen Parthen 20000 Kronen zum Gnadenpfennige austeilen ließ / nebest dem versprechen /so bald er zu Rom wieder anlangẽ würde / wolte er seine ihm geschenkete 20 Parther frey geben / und sie nach Böhmen wolberitten fortschicken. Vor welche Gnade die gesamten Parther einen untertähnigsten Fußfal tahten / und wegen ihrer wenigen[449] Gesellen sich herzlich freueten. Weil dañ nun des nähst folgenden Tages die scheidung geschehen solte / hielten die Paduanische / Mantuanische und Ravennische Abgeordenten bey König Herkules und Ladisla fleissig an /daß sie ihren neuerbaueten Höfen und Landgütern gewisse Verwalter und Bewohner verordnen wolten; da dann Herrn Opimius der Hoff samt dem zugehörigen Gute zu Padua; Herrn Perpenna Fr. Zezilien Gemahl der zu Mantua; und Sabihn von Rom der zu Ravenna eingetahn ward / die nach Abzug ihrer jährigen Bestallung / wegen des ũbrigen dem Paduanischen Stathalter Rechnung einlieffern solten. Auch bestelleten sie Galehn vor ihren Leibarzt / umb 3000 Kronen jähriges Soldes / wogegen er sich vier Jahr verpflichten muste / und daß in solcher Zeit er 20 Teutschen / und so viel Böhmen in der Arzneykunst fleissig und geträulichst unterrichten solte / wovor ihm nach verlauff solcher Zeit 8000 Kronen versprochen wurden. Sie hatten ihm wegen heilung der Verwundeten Fürsten /Ritter und gefangenen Pannonier 5000 Kronen zugestellet / und daneben 9000 Kronen / wovor er allerhand Arzney einkauffen und mit übernehmen solte. Weil auch Ladisla sich eines harten Krieges von den Pannoniern zubefahren hatte / ließ er vor etliche tausend Reuter und Fußvolk zu Padua und in den nähesten Städten Waffen einkäuffen / welches ihm nicht allein wol zugelassen wahr / sondern der Käyser verehrete ihm aus der Städte Rustkammer 1600 Reuterharnische / Schwerter und Schilde / 3000 Speereisen /und auff 6000 Fußknechte gute Rustung / nebest dem versprechen / daß da der Pannonier seinem Reiche den Krieg anmuhten würde / wolte er ihm nach belieben Rustung gnug ausfolgen lassen / und ob er gleich wegen des geschlossenẽ zehnjährigen Stillestandes ihm keine Reichshülffe mit Völkern leisten dũrfte /solte doch allen seinen Leuten frey stehen / ihm in solchem Kriege zu dienen / massen ihm hiemit alsdañ freie Werbung im ganzen Römischen Reiche solte erläubet seyn. Es ward diesen Abend ein sehr herliches Seitenspielwerk angestellet / da Königin Valiska dem Käyser zu ehren / ihre Laute und süsses Stimlein hören ließ / wiewol er des Gesanges Inhalt nicht verstund / weil es folgender Teutscher / von ihr selbst gesetzeter Abendsegen wahr.


1

HErr GOtt / laß es gnädig walten /

Vater / Sohn / und heilger Geist!

Dir Herr dank ich allermeist /

Daß du mich hast heut erhalten.

Du hast deiner Engel Schaaren /

Mich vor unfal zu bewahren /

Umb mich rings umbher gesezt.

Du hast mich vor Satans wüten

Wollen diesen Tag behüten /

Der sein Schwert auff mich gewezt.


2

Dich mein Helffer wil ich preisen

Vor so hohe Gnaden-gunst;

Gib daß ich aus rechter Brunst

Dir mag Lob und Dank beweisen.

Ich bin schlim und voller Sünden /

Und muß deinen Schuz empfinden /

Dem kein ander gleichen mag.

Ich bin unwert des erbarmen /

Welches du O Gott mir armen

Hast erzeiget diesen Tag.


3

Herr / vergib mir meine Schulden;

Was ich böses außgericht /

Ruffe vor Gerichte nicht /

Sieh mich an nach Vaters Hulden.

Ich bin ja von Staub und Erden /

Und muß solches wieder werden;

Kein Mensch ist vor dir gerecht.

Sol ich meine Schwacheit klagen /

Und dir / was ich bin / ansagen?

Herr ich bin ein schlimmer Knecht!


4

Du hast Gutes mir befohlen /

Böses hab ich nur getahn /[450]

Ich bin sündlich umb und an /

Und bekenn' es unverhohlen.

Liebster Vater / laß verschwinden /

Was an mir böß ist zu finden /

Dann mein Heyland JEsus Christ

Hat vor mich den Tod gelitten /

Dessen Leyden und verbitten

Mein Erlösung worden ist.


5

JEsus hat vor mich bezahlet /

Meine Schulden gut gemacht /

Er hat alles wiederbracht /

Da sein Blut ihn roht gemahlet.

Seine Striemen / seine Wunden

Haben mich der Last entbunden /

Sein unschazbar teures Blut

Hat mir Sünder Heyl und Leben

Und das Himmelreich gegeben /

Und macht alles wieder gut.


6

Jedoch / daß ich Gottes Willen

Nach rechtschaffner Glaubensart /

Aller Kräfften ungespart

Auch sol embsiglich erfüllen.

Sol vom übeltuhn abstehen /

Und auff Gottes Wegen gehen /

Brechen Fleisches üppigkeit;

Sol die Heiligkeit anzihen /

Glaubens-Früchte lassen blühen /

Und Gott dienen allezeit.


7

Heilger Gott / gib Krafft und Stärke /

Führe mich zum guten an.

Dein Geist / welcher alles kan /

Mehr' in mir die Glaubenswerke.

Dir befehl ich Leib und Leben /

Und was du mir sonst gegeben;

Laß mich deinen Geist / O Gott /

Auff den guten Wegen leiten /

So werd ich zu allen Zeiten

Halten dein Recht und Gebot.


8

Laß mich deinen Engel schützen /

Weil ich schlaff' in dieser Nacht /

Daß ich frey von Satans Macht /

Unter deiner Huht mag sitzen.

Laß mich deine Flügel decken /

Laß mich kein Gespenst erschrecken /

Treibe von mir Angst und Noht.

Laß mich friedlich schlaffen gehen /

Und frisch wiederumb auffstehen.

Amen / Amen / hilff O Gott!


Unter dem singen brachen ihr zu unterschiedlichen mahlen die Andachts-Trähnen loß / und begehrete des Käysers Mutter vor ihr / sie möchte ihr den Inhalt dieses Teutschen Gesanges in die Lateinische Sprache übersetzen; worauff sie zur Antwort gab: Ja von Herzen gerne / Gn. Fr. Mutter / massen Euer Liebe als einer Christin ich nicht verhehlen wil / daß es mein Abendsegen-Gesang ist / welchen nach meiner schlechten Einfalt ich mir selber auffgesetzet habe; ging in ein NebenGemach / und brachte es von Wort zu Wort ins Lateinische / so viel die Art derselben Sprache es gönnen wolte / welches dann Fr. Mammeen so wol gefiel / daß sie hernach es durch einen Christlichen Kunst-Tichter in gleichmässige Lateinische Verse bringen ließ. Die weil / daß Königin Valiska im abschreiben begriffen wahr / baht Königin Sophia Herkules / er möchte auch eines in die Laute zusingen ihm gefallen lassen / welches / weil Fürstin Lukrezie und Sibylla ihr mit bitten zu hülffe kahmen /er nicht abschlagen kunte / nahm die Laute / und nach etlichen Vorspielen / stimmete er folgendes Lied /über den kräfftigen / heilsamen und süssen Nahmen JEsus / von ihm selbst in Teutscher Sprache auffgesetzet / mit ganz bewäglicher und anmuhtiger Stimme an:


1

Süsser JEsus! meine Freude /

Meine Seel- und Augenweide.

Süsser JEsus! meiner Brust

Allerangenehmste Lust.

JEsus / du mein Trost und Leben /

Dem ich mich zueigen geben;

Du in Glük und Unglüksfal

Mein Heil und mein ganzes-Al.


2

JEsus / deines Nahmens prangen /

Wil ich / was ich kan ablangen /

Jezt besingen mit Gebühr.

Defne du die Sinnen mir /

Daß ich möge Worte finden /

Die in Andacht uns entzünden /

Und zu deinem Ehren-Schein

Nicht zu schlecht noch irdisch seyn.


[451] 3

JEsus Nahm' ist groß und prächtig

Uberal geehrt und mächtig /

Als den Gott ja selber führt.

Grosser JEsus / dir gebührt

Alles was die Engel können /

Die zu deinem Dienste rennen;

Ihr unzählig-grosses Heer

Rufft dir zu Lob / Preiß und Ehr.


4

Vor dir zittert und erschricket

Was von Gott zum Argen rücket.

Teuffels Wuht und Hellen-Brand

Scheuhet sich vor deiner Hand.

Und wann sie sich regen wieder /

Legt dein Donner sie bald nieder.

Ihr Zorn / ist er noch so heiß /

Wird er doch durch dich zu Eiß.


5

Vor dir muß der Himmel biegen /

Und die Erde sich einschmiegen;

Das Meer sinket wie ein Stein /

Und die Berge fallen ein.

Die zum argen sich verschworen /

Gehen alzumahl verlohren /

Und der Tod hat kein Enthalt /

Wo der Nahme JEsus schalt.


6

Vor dem Nahmen JEsus müssen

Groß und klein die Erde küssen /

Und sich beugen alle Knie /

So dort oben als auch hie.

Dann der Nahme JEsus führet

Alle Macht / so man je spüret;

Alles was man wissen kan /

Ist ihm gänzlich untertahn.


7

Doch diß tröstet unsre Herzen /

Und vertreibet allen Schmerzen /

Daß der Nahme JEsus Christ

Uber alles heilsam ist.

Wann der Gottes Zorn herdringet /

Wann Gesetzes-Fluch erklinget /

Und macht seinen Donner groß /

Reisst uns JEsus Nahme loß.


8

Wann des Teuffels scharffe Klauen

Unser Mark und Bein durchhauen;

Wann die Sünd uns nagt und beisst /

Und GewissensRuh zureist.

Wann Tod und der HellenRachen

Uns vor Angst Blut schwitzen machen;

Macht uns JEsus Nahme frey

Von al solcher Wůterey.


9

JEsus Nahm' hat alle Schätze /

Dran ich einig mich ergetze;

Er bringt Gottes Huld und Gunst /

Defnet seine Liebes-Brunst.

JEsus läst uns nicht verderben /

Er vertreibet Angst und sterben;

JEsus wendet Noht und Leid /

Und schenkt alle Seligkeit.


10

JEsus Nahm' im Gnaden-Bunde /

Ist wie Honigseim im Munde;

In den Ohren klingt sein Hal

Lieblicher dann Lautenschal;

Und dem Herzen / das erschrocken /

Bringt er lustiges frohlocken;

Er vergnüget Sin und Muht

Mehr als Wollust selber tuht.


11

Wer den Nahmen JEsus liebet /

Bleibt wol ewig unbetrübet /

Nichts ist / das ihm schaden kan;

Läufft ihn alle Welt gleich an.

JEsus bringet Muht im Trauren /

Lässet Furcht nicht bey uns tauren;

JEsus Nahm ist Schild und Schuz /

Und beut allen Feinden Truz.


12

JEsus Nahm' heilt allen Schaden /

Und wann wir in Schwermuht baden /

Jaget er sie von uns hin /

Und befriedigt Herz und Sin.

JEsus ist im Hunger Speise /

Und ein Trank auff Durstes Reise /

Kůhlung in der Hitzespein /

Und erwärmt im Froste fein.


13

JEsus ist ein Arzt der Kranken /

Bricht unzimliche Gedanken;

JEsus ist der Armen Schaz /

Der Gefangnen freyer Plaz.

Er ist der Verlaßnen Segen /

Helffer unter Zwang und Schlägen

Ist in Ohmacht feste Krafft /

Und im sterben LebensSafft.


14

JEsus zahlt vor alle Schulden;

Und die strängen Frevel dulden

Setzet er in Sicherheit.

JEsus wendet alles Leid.[452]

Er bricht aller Teuffel wüten /

Und wil wiederumb vergüten /

Was der erste Mensch zuvor

Durch den Sünden-fall verlohr.


15

Vor wem solt' uns dann wol grauen /

Wann wir hin auff JEsus trauen?

Allerliebster JEsus Christ /

Bin ich gleich sehr schwach; du bist

Kräfftig gnug; steck' ich vol Sünden;

Du wilt mich der Schuld entbinden.

Bin ich der Untugend Knecht;

Du bist heilig und gerecht.


16

Ich wil nichts von mir angeben;

Ich bin tod / du bist das Leben;

Ich bin nichtig umb und an /

Und du bist der alles kan.

Solt' ich dann nicht frölich sprechen?

Liebster JEsus mein Verbrechen

Schadet meiner Seelen nicht /

Dann du bist mein Heil und Liecht.


17

Jedoch muß ich nach Vermögen /

Wie die Kinder Gottes pflegen /

Nicht der Sünden Dienst' hinfort

Leisten / sondern HErr / dein Wort

Mir zur Lebens-Richtschnuhr wählen /

Und würd' ich aus Schwacheit fehlen /

Muß ich büssend in mich gehn /

Und vom Sündenfall auffstehn.


18

Alsdann kan ich Gnade finden /

Und du wilt mich fort entbinden

Von der Hellen Pein und Noht /

JEsus du mein Heil und Gott.

O laß weder Glük noch Leiden

Mich von dir ja nimmer scheiden /

Sondern deines Nahmens Schein

In mein Herz gedrücket seyn. Amen.


Baldrich und Siegward höreten den Geistreichen worten / die andern / so kein Teutsch verstunden / der lieblichen Gesangsweise zu. Aber Königin Sophia /welche wol wuste / daß ihr Eheschaz nicht allein die Laute wol spielete / sondern auch eine reine und artige Stimme drein sang / hielt bey denselben bitlich an /der hohen Geselschafft zuehren auch eines anzustimmen / welcher ihr dieses nicht abschlagen wolte / und weil es gleich ümb die heilige Osterzeit wahr / da man in der werten Christenheit die Gedächtnis der Siegreichen Auferstehung unsers Heilandes hielte /ließ er dieses Osterlied aus andächtigem Herzen erschallẽ:


1

DIe Leidensangst ist nun vorbey /

Der HErr ist aufferstanden!

Und wir Gefangne sind schon frey

Von schweren Hellen-Banden.

JEsus hat durch seine Macht

Uns Leben / Heil und Segen bracht /

KeinLeid ist mehr verhanden. Lobt den HErrẽ.

KeinLeid ist mehr verhanden. Alleluja.


2

Des Vaters Zorn fiel auff uns zu;

Den hat der Sohn gestillet

Gesetzes Fluch brach uns die Ruh /

Das JEsus nun erfüllet /

Und bezahlt der Sünden Schuld /

Daß unsers Gottes Gnad und Huld

Nun reichlich wieder quillet. Lobt den HErren.


3

Die Schlang hatt' uns zu falle bracht;

Der Heyland hats gerochen;

Wir lagen in der HellenAcht;

Christ hat uns loßgesprochen.

Satan legt uns Ketten an /

Die Menschen Hand nicht lösen kan /

Gott selbst hat sie zubrochen. Lobt den HErren.


4

Verdamniß wahr der Sünden lohn;

Christ bringt uns Heil und Leben /

Durch seine Schmerzen / Angst und Hohn

Hat er uns Friede geben /

Und daß wir nach dieser Zeit

Bey Gott in steter Seligkeit

(O Freude!) solten schweben. Lobet den HErrẽ.


5

Du süsser Heyland JEsus Christ;

Was grosse Himmels Gaben

Sind es / die wir zu dieser frist

Durch dein' Erstehung haben.

Dein Grab ist so gnaden-reich /

Daß alle Welt sich kan zugleich

An solchem völlig laben. Lobt den HErren.


6

Wie freudig must' Israel seyn /

Als Mose sie ausführte!

Du JEsus hast der Hellenpein /

Sie unser Herz schon spürte /

Von uns Menschen abgewand /

Und frey gemacht von Satans Hand /

Die uns ganz grimmig rührte. Lobt den HErrẽ.


[453] 7

Wer wolte dann sich freuen nicht

In diesen Oster-Tagen?

Da uns Gott frey von Sünden spricht /

Und wendet alles klagen.

Freue dich du Christen-Schaar /

Du bist befreyet von Gefahr /

Und loß von Hellenplagen. Lobt den HErren.


8

Drumb müssen wir diß OsterFest

Im süssen Teige feiren /

Das unser Gott erscheinen läst /

Dem Sauerteige steuren /

Und in voller SeelenZier

Zu Gottes Lobe gehn herfür /

Das heisset sich erneuren. Lobt den HErren.


9

Hilff Heyland / daß wir deine Gunst

Nach Wirdigkeit erkennen /

Und in rechtschaffner GlaubensBrunst

Beständig dich anrennen;

Daß auch unser Muht und Sin

Von heisser Andacht immer hin

Und Liebe möge brennen. Lobt den HErren.


10

Und weil du die Verdamniß hast

Durch deinen Sieg vernichtet /

Son nim die schwere Zornes-Last /

Die dein Tod hat geschlichtet /

Liebster Heiland / von uns ab /

Dann haben wir den Trostes-Stab /

Der unsern Geist auffrichtet. Lobt den HErren.


11

Laß endlich auch die Friedes-Lust

In unsern Herzen wohnen /

Daß / wie du deinen Feinden tuhst /

Wir auch der unsern schonen /

Und ohn Zorn versöhnlich seyn /

Auff daß dein süsser Gnaden-Schein

Uns ewig möge lohnen. Lobt den HErren.


Der Käyser und andere anwesende Heiden merketen leicht / daß alle diese Gesänge nichts anders als Christgläubige Lieder währen / welches sie ihnen doch nicht liessen zuwieder sein / weil die Sänger bey ihnen so angenehm wahren.

Die gefangenen Pannonier hatten den herannahen den Auffbruch unserer Geselschafft in Erfahrung bracht / und wahren biß daher immerzu in Hoffnung gestanden / man würde sie mit nach Böhmen oder Teutschland nehmen / welches dann ihr einiger Wunsch wahr / nachdem sie hoffeten / dereins Gelegenheit der Erlösung oder deß außreissens zubekommen; aber sie wahren dem Käyser schon vor eigẽ geschenket / der sie diesen Tag auß dem Karren spannen / und ihnen ansagen ließ / sie solten sich gefasset halten / daß sie des nächstfolgenden Tages nach dem Tyrrhenischen Meer geführet würden / woselbst man sie auff unterschiedliche Schiffe an die Ruder schmieden solte / weil man ihnen keine unleidlichere Knechtschafft als diese / wüste / und ihnen recht geschähe /als die auß lauterm Mutwillen sich in dieses Unglük gestůrzet hätten; insonderheit solte der vornehmste unter ihnẽ täglich zweymahl vor essens / wegen der außgestossenen frechen schmachreden wie der König Herkules / rechtschaffen abgestriegelt werden. Welche Urtel ihnen dermassen hart vorkam / daß sie wünscheten / ihrer Hände nur ein halb viertelstündichen mächtig zusein / ümb ihr mühseliges Leben zuendigen /wusten auch ihre Zunge nicht zuzähmen / daß sie nicht auffs neue allerhand Lästerung außgegossen hätten.

Leches und andere Bedienete / wahren diese Zeit über sehr geschäftig / daß alle annoch ungeladene Güter und Waffen auff Wagen gebracht wurden / welche des nähstfolgenden Tages mit dem Tage loßbrachen / an der Zahl 1075 / vor denen 6000 Pferde gingen; ihnẽ folgeten 40 Gutschen / welche weil sie ledig wahren / von 80 Pferden gezogen wurden. Darnach gingen die Wagen mit Wein / und endlich die Maulesel / Kamehl und Reitpferde / den Fürsten und Rittern zuständig / an der Zahl 800 / dann die ũbrigen wahren unter die Freigelassene Parther (welche in lauter Freuden Sprüngen gingen) außgeteilet / und[454] hatte man die vom Käyser freigelassene Teutschen / an der Zahl 565 / auch beritten gemacht. Der Käyser gab ihnen 1200 Römische Reuter und 4000 Fußknechte zur begleitung zu / biß an die Bömischen Grenzen /da das Fußvolk vorne und zu beiden Seiten der Wagen außgeteilet daher zogen; nähest hinter den Wagen folgeten 600 Römische Reuter / welche Klodius führete; nach den ledigen Handpferden gingen 200 Römische Reuter / deren Führer ein tapfer Römischer Ritter war / nahmens K. Sempronius Valens. Der Elefant zohe diesen nach / und ward von den übrigen 400 Römischen begleitet / deren Führer Markus wahr. Unsere Fürstliche Geselschafft muste mit dem Käyser vor ihrem Abzuge noch früstücken / welches an die drittehalb stunden wehrete / da nahmen sie freundlichen Abscheid / und ritte der Käyser mit ihnen biß vor das Tohr / unsere Helden versicherend / daß er nie unwilliger von einigen Menschen sich geschieden hätte. Haussen vor der Stad hielten ihre Reuter als 615 Teutschen / 350 Bömen (dann die 300 ädel Knaben wahren wehrhafftig gemacht / und mit ritterlichen Waffen versehen) / und 200 Meden; diese hielten zur rechten in dreyen unterschiedlichen Hauffen. Zur linken hatten sich die freigelassene Parther in zierliche Ordnung gestellet / denen Leches zum Obersten gegeben wahr. Diese rieffen den unsern Glük / Gesundheit und langes Leben zu. Sie nahmen ihren Weg auff den unseligen Flecken zu / woselbst sie das erste Nachtlager halten wolten. Die vorgedachte zur rechten haltende Reuter nahmen den vorzug unter Neda und Prinsla; darauf ritten unser Fůrsten und Herren in folgender Ordnung: König Herkules und Herr Pompejus (dann dieser und folgende Römische Herren wolten diese Nacht bey ihnẽ im Flecken bleiben) König Ladisla und Herr M. Fabius von Rom / Fürst Baldrich / und Q. Fabius der Stathalter zu Padua; Fũrst Siegward /und der junge K. Fabius (welcher samt seinem Gemahl gar mit biß nach Prag zog); Fürst Arbianes und Herr Kornelius; denen Gallus und sein Schwäher Opimius folgeten / und zulezt Neklam / nebest Baldrichs und Siegwards zwölff ritterlichen Dienern. Ihnen folgete das gesamte Frauenzimmer in schönen Gutschen; Königin Valiska / Fũrstin Lukrezie / samt deren Fr. Mutter / und Libussa / welche den kleinen Herkuliskus auff der Schoß hielt / sassen in der ersten. In der andern Königin Sophia / und Fürstin Sibylla mit ihren Müttern. Auff der dritten / Fr. Ursul mit ihrer Mutter /samt Euphrosynen und Brelen. Auff der vierden Fr. Agatha / Fr. Therba / nebest GallusEheliebsten und Lukrezien gewesenen Leibdienerin Lektoria. Auff der fünften / sechsten und siebenden wahren der Fürstinnen und Frauen Dienerinnen samt den SäugeMüttern und Kinderwarterinnen. Auff dem achten zween alte gelehrte ChristlicheLehrer; auff der neunden und lezten Gutsche wahr der Arzt Galehn mit seinen fünf Gesellen / und folgete ihm ein leichter Rüstwage / auff welchen er allerhand Arzneien auff den Nohtfal hatte. Die Parther unter ihren 20 Fåhnlein zogen hinten nach / in solcher Vergnügung / daß sie sich ihrer außgestandenen Dienstbahrkeit glükselig schätzeten / ohn welche sie nicht würden Gelegenheit gehabt haben /einen solchen Zug zutuhn / wünscheten auch öffentlich erstes TagesGelegenheit zuhaben / durch eine tapfere Taht ihrẽ Herren ein dankbares Herz sehen zulassen. Auff diesem Wege fing das Christliche Frauenzimmer an / ihre andächtigen Danklieder mit heller Stimme zusingen / als / den 3 / 23 / und 121 Psalm /des Königes David / welche Herkules in lateinische Reimen gebracht hatte / und zu Teutsch also lauten:


Der III Psalm.

[455] 1

ACh HErr du Herscher aller Welt /

Wie viel ist meiner Feinde!

Wie trüglich wird mir nachgestelt /

Und finde keine Freunde.

Es setzen sich

Viel wider mich /

Und sagen meiner Seelen /

Es wolle Gott

In Noht und Spot

Sie immer lassen quälen.


2

Doch bistu HErr vor mich der Schild /

Ob man mich gleich vernichtet;

Zu Ehren du mich setzen wilt /

Hast mein Häupt auffgerichtet.

Wann mein Geschrey

Ich bring herbey /

Und zu dem HErren flehe;

So höret er /

Und kehrt sich her

Von seiner heilgen Höhe.


3

Ich lieg und schlaff in guter Ruh /

Hernach erwach' ich wieder /

Und sehe / daß Gott immerzu

Komt über mich hernieder;

Drumb fürcht ich nicht /

Was man mir spricht

Von hundert tausend Schaaren /

Die mich so gar

Bald hier / bald dar

Zufressen sich nicht sparen.


4

Auf Helffer auf! du starker Gott /

Triff meiner Feinde Backen

Im Grim / und mache sie zu spot /

Die mich so bößlich zwacken;

Greiff hefftig an

Den frechen Zahn /

Zuschmetter' ihr Gebeine /

Dann bey dir hat

Schutz / Hülff und Raht /

Wer spricht / ich bin der deine.


Der XXIII Psalm.

1

DEr grosse Gott

HErr Zebaoht /

Dem ich mich hab ergeben;

Der ist mein Hirt /

Drumb er mich wird

In meinem ganzen Leben

Gleich wie ein Schaf ohn irren führen /

Daß ich nicht werde Mangel spüren.


2

Er weidet mich

Ganz sicherlich

Auff einer grünen Aueñ

Alwo ich muß

Den überfluß

Der reichen Güter schauen;

Er führt mich hin zum kühlen Brunnen /

Da nie frisch Wasser ist zerrunnen.


3

Er richtet zu

Trost / Lust und Ruh /

Zum Labsaal meiner Seelen;

Ich tret' heran

Auff rechter Bahn /

Da muß mein Fuß nicht fehlen.

So wil mich Gott mit Trost erfüllen

Nur bloß umb seines Nehmens willen.


4

Geh' ich zumahl

Im finstern Tahl /

Da Tod und Teuffel wüten /

Acht' ich Gefahr

Nicht umb ein Haar /

Weil mich Gott wil behüten /

Und mit dem Stab' und HirtenStecken

Bey mir den FreudenTrost erwecken.


5

Zum vollen Tisch

Hastu mich risch

Und prächtig hingeführet /

Weil mich der Feind

Zudämpfen meint /

Mein Häupt hastu gezieret

Mit Oel / und mir frisch eingegossen

Den Becher / des ich wol genossen.


6

Barmherzigkeit

Und gute Zeit

Die werden mich begleiten /

So daß mir nicht

An dem gebricht /

Was Lust kan zubereiten.

Ich werde / Gottes Wort zutreiben /

In seiner Kirchen immer bleiben.


Der CXXI Psalm.

[456] 1

ICh habe mein Gesicht

Hin zu der Berge Spitzen

Andächtig hingericht /

Die mich so wol beschützen;

Da ich sonder Grauß und Grämen

Rettung pflege herzunehmen.


2

Mein hoffen bistu Gott /

Bey dem ich Schuz empfinde;

Ich fürchte keine Noht /

Dann der hilfft mir geschwinde /

Der den Himmel hat bereitet /

Und die Erden ausgebreitet.


3

Er leitet meinen Fuß

Zu diesen bösen Zeiten /

Daß er fest treten muß

Ohn Anstoß und ohn gleiten /

Dann der dein zuhüten pfleget

Hat sich nie zur Ruh geleget.


4

Sich diesen Hüter an /

Auff den Israel trauet /

Er ist kein solcher Mann /

Daß ihm vor wachen grauet /

Hat man ihn doch nie gesehen

Schlummern oder schlaffen gehen.


5

Der HErr von grosser Macht /

Der dich so sicher leitet /

Hat dich an örter bracht /

Da keiner dich bestreitet;

Er gibt deiner Rechten Schatten /

Drumb geht alles dir von statten.


6

Der heisse Sonnenstrahl /

Den wir des Tages fühlen /

Macht dir gar keine quahl /

Er muß vielmehr dich kühlen;

Wil der Mond zu Nachte schaden /

Bleibstu dessen doch entladen.


7

Der HErr / der alles kan /

Behüte dich vor bösen /

Der wolle dich fortan

Durch starke Hand erlösen /

Vor des bösen Teuffels wüten

Woll' er deinen Geist behüten.


8

Gott wolle bey dir seyn /

Und mächtig dich bewahren /

Wann du kömst wieder ein /

Wann du hinaus wirst fahren /

Wolle dich der HErr geleiten /

Jetz und und zu allen Zeiten.


Sie blieben in solcher Andacht / biß sie in den Flecken kahmen / da Valiska mit Libussen abstieg / nach ihrer bekanten Herberge ging / und den Wirt / welcher vor der Tühr stund / also anredete: Guter Freund /habt ihr nicht Zeitung von dem Jünglinge gehabt /welcher vor ohngefehr zweien Jahren / nebest zwo Jungfern aus diesem Hause entführet worden? Ja /Durchleuchtigste Königin / antwortete er; Eure Konigl. Hocheit ist mir wol bekand / welche diese Zeit her zu Padua ich oft gesehen / auch wol weiß / daß dieselbe eben der Jüngling ist / und bitte untertähnigst / mit dieser geringen Hütten / wie es bey mir bestellet ist / gnädigst vor lieb zu nehmen Sie boht ihm die Hand / stieg die Leiter hinan auff ihre ehmahlige Schlaffkammer / und hielt ihr Dankgebeht daselbst eine halbe Stunde nicht ohn Trähnẽ / vor die gnädige Beschützung ihrer Ehr und Lebens. Hernach nahmen sie die mitgebrachte kalte Küche hervor / hielten frölich Mahlzeit / und wiederhohleten daselbst durch erzählung ihre vielfältige Mühseligkeit. Klaudius der Räuber / welchen Herkules jensmahl im Walde unter den andern Erschlagenen hart verwundet angetroffen /wohnete in demselben Flecken / dann er hatte vor die Gelder / so ihm von Ladisla auff Herkules begehren zum Bohtenlohn zugestellet wahren / ein Bauren Gütchen gekauft / auff welchem er sich mit seinem jungen Weibe saurer Arbeit nehrete. Dieser sahe Gallus ohngefehr auff der Gassen in seiner köstlichen Kleidung stehen / ging zu ihm / demühtigte sich sehr / uñ erfreuete sich hoch wegen seines glüklichen wolergehens. Gallus kennete ihn gleich / führete ihn bey der Hand in die Stube / und sagte zu Herkules: Gnädigster Herr / hier stelle ich unsern ehmahligen geträuen[457] Bohten / welchen wir unter den erschlagenen Räubern antraffen / und sind also wir beyden von der gottlosen Geselschaft noch allem übrig / welche so hohen Häuptern so unsägliche Mühe und Gefahr erwecket haben; auff welche Worte ihm die Trähnen hervordrungen. Herkules antwortete ihm; wie oft habe ich euch erinnert / daß ihr euch deßwegen nicht anklagen oder betrüben sollet / und könnet dannoch nicht unterlassen / mich dadurch zu beleidigen. Du aber / sagte er zu Klaudius; hastu dein Leben auch gebessert? Dieser setzete sich auff die Knie / baht untertähnigst umb Gnade / und berieff sich auff das Zeugnis aller Inwohner; da ihn der Wirt offentlich rühmete / daß kein fleissiger Ackerman in der ganzen Gegend währe / lebete mit seinen Nachbarn friedlich / und beklagete täglich seine ehmahlige Boßheit. Ladisla und Fabius lobeten im gleichen / wie geträulich er dazumahl die Werbung verrichtet / ungeachtet er mattigkeit wegen kaum reden können. Königin Valiska kennete ihn auch / und sagete zu ihm: Wie da mein Kerl / treffen wir uns hier an? gestehe mir nur / ob du nicht eben derselbe bist / welcher mir den alten lumpigten Rok um den Kopf schlug / da ich mich im Felde aufs Pferd setzen muste. Dieser erschrak der Erinnerung / und gereute ihn sehr / daß er sich gegen Gallus kund gegeben hatte / fiel abermahl nieder / baht um Gnade / und berieff sich darauff / daß Herkules im Walde ihm Leben und Freyheit versprochen hatte. Die Königin aber sagte zu ihm: Fürchte dich nit / ich habe dir schon vor längst verzihen / stehe nur auff / und vernim / was dir mein Gemahl vortragen wird. Der erschrockene Mensch kam hiedurch wieder zu sich selbst / und als ihn Herkules fragete / ob er in der Jugend irgend ein Handwerk gelernet / oder sonst mit Pferden umbzugehen wüste; gab er zur Antwort; er hätte zwar in der Jugend bey einem Rademacher gelernet / währe aber / ehe er die Lerne-jahr gar aus gehalten / von böser Geselschaft verführet / und endlich in die Räuberzunft gerahten. Herkules sagte Gallussen auff Medisch / er solte ihn in bestallung nehmen /daß er als ein Wagenmeister fleissige Auffsicht hätte /uñ da etwas zubrochen würde / er solches bey zeiten wieder machen liesse. Gallus trug ihm nach genommenem Abtrit solches vor; welcher aber einwendete /er hätte vorm halben Jahr sich in den Ehestand begeben / auch ein geringes Gütlein gekauft / welches durch seinen grossen fleiß und Arbeit sehr gut und geschlacht worden / würde aber in grund wieder verderben / wann er nicht selbst dabey währe: Weil nun Gallus seine Einfalt bekant wahr / lachete er der Entschuldigung / wolte sich nicht lange vergeblich bey ihm bemühen sondern befahl ihm / sein junges Weib herzuhohlen. Diese hatte sich etliche Jahr bey adelichem Frauenzimmer in Dienste auffgehalten / und wuste einem jeden nach gebühr zimlich zubegegnen /wahr ihres alters von 28 Jahren / und von geringer ankunft / dann ihr Vater wahr im Flecken Kühhirte. Da sie ankam / neigete sie sich züchtig vor Gallus / und sagete: Ihr Eheman hätte ihr angezeiget / daß ihre Gestr. sie unwirdige zusprechen begehrete; hätte sich gehorsamst einstellen sollen / umb zuvernehmen / was ihr Herr seiner Magd zubefehlen hätte. Frau / sagte Gallus / seid ihr Klaudius Ehegatte? und auff bejahung gab er ihr zuvernehmen / was vor ein Glük ihnen bevorstünde; da ihr dann bey meiner Eheliebsten / setzete er hinzu / als eine Schäfnerin seyn / und alles wessen ihr bedürfet / haben sollet. Sie bedankete sich dessen sehr / und baht um befoderung; worauff er mit ihrem Manne wieder zu Herkules ging / des Weibes Höfligkeit rühmete / und daß er Dienste zunehmen willig währe. Wem wiltu aber dein Hauß uñ[458] Gut vertrauen? fragete Herkules. Meinem Schwiegervater / antwortete er / wann er nur seines tragenden Kühhirten dienstes wegen es gebũhrlich bestellen könte; zwar er hat die Mittel nicht / meine acht Morgen Acker in gutem Bau zuerhalten / drumb mag er sie austuhn / und die Pacht davon nehmen; dann meine zwey Pferde muß ich nun wol verkäuffen / und mich samt meinem Weibe etwas höfischer kleiden. Die Geselschaft lachete des ernstlichen vorbringens / und sagte Herkules: Wie hoch hältestu dann deine Pferde? Ich habe sie / antwortete er / mit 15 Kronen bezahlet /aber diesen Frühling sie sehr abgetrieben / dz sie über 12 Kronen nicht gelten werden. Daß werden keine sonderliche muhtige Hengste seyn / sagte Herkules; befahl Gallus in fremder Sprache / er solte ihm und seinem Weibe ihrer bestallung nach / Kleider geben /und 300 Kronen herbringen; welches alsbald geschahe / da Klaudius ein gutes Ledernkoller / graue Hosen uñ Reitrok mit einer silbern Schnuhr / Stiefeln / Sporn und ein gutes Pferd mit allem Reitzeuge; sein Weib des gleichen ein ehrbares Kleid bekam / welches sie beyderseits anlegen / und zu Herkules hinein treten musten / der ihm 100 Kronen Anreitsgelder / und noch andere 100 Kronen gab / die er seinem Schwiegervater zustellen solte / daß er den Ackerbau recht in acht nehmen könte; seinem Weibe gab er die dritten 100 Kronen / sie ihrer Mutter zum Geschenke zu bringen. Wovor sie dankete / mit dem Wunsch / der allerhöchste wahre Gott möchte ihrer Königl. Hocheit solches hier zeitlich uñ dort ewiglich vergelten. Daß ist ein feiner Wunsch / gute Frau / antwortete er; aber kennet ihr auch denselben Gott / von welchem ihr redet? sie stutzete hierauf / und erröhtete drüber; welches Herkules sehend / zu ihr sagete: Antwortet mir nur frey und scheuhet euch in geistlichen Sachen vor keinem Menschen. Daß wil ich auch nicht tuhn / gnädigster Herr / sagte sie / demnach mein Gott ernstlich erfodert / daß man ihn aus Furcht nicht verleugnen sol / dann ich bin eine Christin / und gläube festiglich /daß ich den almächten wahren Gott / und seinen lieben Sohn JEsus Christ / so viel meine einfalt zulässet / erkenne. Umb so viel angenehmer werdet ihr mir und meiner Geselschaft seyn / sagte Herkules; aber von wem habt ihr diese allein seligmachende Lehre gelernet? Von meinem lieben alten Vater / antwortete sie / welcher Gott lob in diesem Glauben unter mannichen Verfolgungen beständig verharret ist / und sein herliches Landgut in seiner Jugend verlassen / damit er bey seinem Heylande bleiben könte; daher sich Gott auch sein erbarmet / und ihm das tägliche Brod bescheret hat / ob ers gleich saurlich verdienen müssen. Meine Mutter aber ist RömischesGlaubens / und weil sie zu der Christlichen Lehr gar kein belieben träget / noch davon hören mag / lässet sie mein Vater so hingehen / Gott wolle sie erleuchten / und zu sich zihen / daß sie der hellischen Verdamnis entrinnen möge. Was gläubet dañ euer Klaudius? fragete er weiter. Antwortet vor euch selbst / sagte sie zu ihm /damit euer gnädigster Herr wisse / wie ihr mit Gott stehet; derselbe fing nun an: Ich bin leider in der Jugend nicht unterrichtet / was man von den Göttern wissen sol; aber dieses bilde ich mir gänzlich ein /daß dieselben von uns das böse wollen gelassen und das gute getahn haben. Warumb aber lässestu dich nicht von deinem Schwäher und von deinem Weibe unterrichten was du nicht weist? sagte Herkules. Ich habs ihnen nicht zugetrauet / antwortete er / daß sie von so hohen Sachen gewißheit haben solten; wann aber ihre Gn. mir solches befehlen / wil ichs gerne tuhn. Herkules trug es Gallus auff / er möchte gefliessen seyn diese arme Seele[459] zu retten; und begehrete an Klaudius Frau / daß sie hinginge und ihre Eltern herzuhohlete / ihnen aber noch zur Zeit von der getahnen Verehrung nichts sagete. Sie ging frölich hin / zeigete ihnen kürzlich an / wie es ihr sonst ergangen währe /und hies den Vater gutes muhts seyn / weil sie gänzlich davor hielte ihr Gn. Herr währe ein Christ. Der gute alte / nahmens Dametas / wahr ungewohnt mit solchen hohen Leuten umbzugehen / und durfte sich doch nicht wegern / hatte aber mit seinem Weibe viel zu tuhn / ehe er sie / mit zu gehen / bereden kunte. Er entsetzete sich / als er die Fürstliche Versamlung sahe; aber Herkules machte ihn beherzt / als er ihn also anredete: Mein guter Alter / ihr habt eure Tochter in diesem euren armseligen Zustande fein erzogen /und insonderheit wol bey ihr getahn / daß ihr dieselbe in der Christlichen Lehre unterrichtet; möchte aber wol wissen / wie ihr unter den Verfolgungen euch habt retten können. Gnädiger Herr / antwortete er: Weil ich gehalten bin / zu antworten / wolle ihre Gn. mir verzeihẽ / wann ich mit derselben nicht würde nach gebühr reden / weil ich nie in solche Geselschaft kommen bin / noch dergleichen je mit Augen gesehen habe. Betreffend mein Christentuhm / würde ich lange Zeit haben müssen / da ich alles erzählen solte / dann ich bin schon 74 Jahr alt / und habe umb meines Glaubens willen / ohn ruhm zu melden / viel erlitten. Saget nur her alter / antwortete Herkules / ich wil euch gerne zu hören. Darauff fuhr Dametas also fort; Mein lieber Vater Seel. hatte ein feines Landgut nicht gar weit von Rom / und wahr dem Christlichen Glauben eiferig ergeben / wiewol meine Mutter eine Heidin wahr und blieb. Im neunden Jahre meines alters entstund unter dem damahligen Römischen Käyser Marcus Aurelius Antoninus Philosophus, wie er genennet ward / eine heftige Verfolgung wieder die Christen /in welcher des folgenden Jahrs der trefliche Kirchenlehrer Justinus der Märterer genand / mit Ruhten gestrichen und enthäuptet ward; und vier Jahr hernach muste der alte Lehrer Polykarpus / des Evangelisten Johannis sein Jünger oder Schüler / auch umb des nahmens JEsus willen sein Leben zu setzen in der Stad Smyrna / in klein Asien gelegen / da man ihn anfangs auff einen Holzhauffen gesezt / und lebendig verbrennen wollen / weil aber das Feur nicht wolte wirken / ist er mit dem Schwert erstochen worden. Zeit dieser Verfolgung / welche 18 Jahr lang anhielt /hatte mein Vater mich anfangs zu einem Christen in Rom getahn / welcher mich in der seligmachenden Lehre fleissig unterrichtete / ward aber mit andern Christen getödtet / und entran ich heimlich / kam zu meinem Vater / welcher gleich in der Zubereitung zu der Flucht begriffen wahr / weil die Gläubigen hin und wieder ausgespehet wurden. Wir nahmen zimliche Baarschaft zu uns / und als wir in einem abgelegenen Walde eine verfallene Höhle antraffen / richteten wir dariñen unsere Wohnung zu / hatten etwas Brod und Salz mit uns genommen / und lebeten daselbst von den Wurzeln etliche Wochen / nach deren Verlauff wir uns erkühneten / bißweilen auszugehen /und auff den nähesten Dörffern Speise einzukäufen /und ob gleich die wilden Tihre daselbst sich häuffig hielten / lebten wir doch unter Gottes Schuz sicher /und hatten von ihnẽ keinen Anfal. Nach verlauff zehn Jahr (so lange wahren wir Einsideler) begaben wir uns hin nach meines Vaters Gute / und funden / daß meine Mutter schon vor drey Jahren todes verbliechen wahr / und sie ihres Brudern Sohn zum Erben aller Güter eingesezt hatte / bey dem wir uns meldeten / uñ von ihm begehreten / er möchte uns ein stük Geldes heraus geben / alsdann wolten wir ihn[460] in ruhigem Besitze lassen; welcher uns zur Antwort gab: Dafern wir ihm nicht alsbald würden einen leiblichen und unbrüchigen äyd schwören / daß wir in Ewigkeit uns aller Ansprach an solchen Gütern freywillig verzeihen wolten / wüste er schon Mittel / uns anzumelden / daß wir durch den abscheuhlichsten Tod hingerichtet würden /als Erzfeinde der Römischen Götter. Welches uns kürbe machte / daß wir ihm ein genügen tahten / uñ darauff einen geringen Zehrpfennig von ihm bekahmen / wovor wir Speise kaufften / nach unser Höhle gingen / und unserm Gott andächtig dieneten / da dann mein Vater durch den zeitlichen Tod von Gott abgefodert ward / 9 Wochen / nachdem wir seine Güter verschworen hatten. Ich wahr dasmahl im 20sten Jahre meines Alters / kunte mich allein in der Einöde nicht behelffen / machte mich deswegen hinweg / und nachdem ich acht Tagereise mich nach der fremde disseit her begeben hatte / vermietete ich mich bey einem Bauren / dem ich schier als ein Leibeigener dienete 12 Jahr lang / als 6 Jahr unter der Verfolgung / und so lange unter der Freiheit / welche nach vorgedachten Käysers absterben / sein Sohn und Nachfolger im Reich / Käyser Marcus Aurelius Commodus Antoninus, den Christẽ gab; suchete hernach einen andern Herrn bey dem ich des Viehes hütete / und an gegenwärtige meine Haußfrau mich verheirahtete / welche zwar heidnisches Glaubens / aber mir dannoch allemahl geträu verblieben ist / ob ich gleich wenig Jahr hernach von ihr zuzihen gezwungen ward / und solches wegen einer noch hefftigern Verfolgung / so vor 28 Jahren unter dem Käyser Septimius Severus entstund / und überaus hart wahr / so gar / daß hin und wieder Römische Befehl ausgingen / in welchen gebohten ward / daß bey schwerer Straffe sich kein Mensch zum Christlichen Glauben begeben solte. Ich ward von einem gottlosen Buben / dem nach Vermögen ich alles gutes getahn hatte / angegeben / wegen meines Christentuhms / hätte auch müssen das Leben einbüssen / wann ich nicht währe gewarnet / da ich mich auff die Flucht begab / und mein Weib mit schwerem Leibe verlassen muste / hielt mich bey andern Einsiedlern in den Wüsteneien auff / und erlitte grossen Hunger und Ku er drey ganzer Jahr / nach welcher Zeit ich mich wieder nach meinem Weibe machete / die sich und diese ihre Tochter kümmerlich ernehrete / machte mich mit ihnen auff / und liessen uns nieder zu Padua / woselbst wir uns unser Hände fleissiger Arbeit ernehreten / biß nach Verlauff fünff Jahr der grundgütige Gott mir diesen Ort zugewiesen / da ich von solcher Zeit an den Inwohnern ihrer Ochsen und Kühe gehütet / und Gott Lob mein tägliches Auskommen gehabt. Mein liebes Kind unterwieß ich fleissig in der seligmachenden Lehre / brachte sie auch zeitig bey eine ädle Frau / jenseit Padua wohnend / welche eine Christin wahr / und mein Kind zu aller Gottesfurcht gehalten hat / biß mit meinem Willen sie gegenwärtigen Klaudius / als einen fleissigen Hauswirt gefreyet. Ihr seyd bey eurem Gott und Heylande / so viel ich vernehme / beständig verblieben /sagte Herkules / derselbe hat auch euren Glauben angesehen und eurem Elende nunmehr ein Ende machen wollen / indem er euch meine Kundschafft gegönnet /und euch durch mich in eurem Alter vergelten wil /was ihr seinet wegen auszustehen euch nicht gewegert habt. Redete darauff Opimius an / und sagete zu ihm: Ihr solt diesen guten Alten zu euch nehmen auff den euch eingetahnen Hof / ihm daselbst zwo Stuben und so viel Kammern einräumen / und so lange er noch von ziemlicher Leibeskrafft seyn wird / ihm ein Reitpferd und einen Diener halten /[461] daß er nach seiner guten Gelegenheit zuzeiten auff die darzu behörige Landgüter reite / und Auffsicht habe / daß der Ackerbau geträulich in acht genommen werde / und sollet ihm meinet wegen alle Monat 20 Kronen samt gnugsamer Speise / Trank / und Bürgerlicher Kleidung ausfolgen lassen; Und dafern ihr euch aus gutem freien willen auch zum Christlichen Glauben hinbegeben könnet / sagte er zu Dametas seiner Frauen / sollet ihr alles guten mit zugeniessen haben / wo nicht / wil ich euch zwar von eurem Ehegatten nicht abscheiden /aber doch werdet ihr euch selbst Unterhalt schaffen müssen. Der fromme Alte fiel nieder in die Knie / und bedankete sich vor solche hohe Gnade mit weinenden Augen; hernach wendete er sich zu seiner Frauen /und vermahnete sie / daß sie sich ihres offtmahligen Versprechens erinnern / und ihrer Seelen und Leibes Wolfahrt wahrnehmen / ja auch seines Gottes Gnade und Schickung erkennen solte. Welche sich darauff neben ihn auf die Knie setzete / und also anfing: Ihr grosse Fürsten und Fürstinnen gegenwärtig; ich bekenne / daß biß daher mein lieber Mann mich auf keinerley weise hat können zum Christlichen Glauben bewägen / wie hefftig ers ihm gleich hat lassen angelegen seyn; dessen aber meiner meinung nach er selbst mit ursach ist; gestaltsam da ich vor viel Jahren ihm verweißlich vorwarff / wie er doch so albern währe /und umb eines Gottes willen / der seine Gläubigen so verfolgen liesse / alle andere Götter verachtete / und diesem einigen so fest anhinge / daß er um dessen willen alles das seine verliesse; gab er mir zur Antwort: Sein Gott währe so gnädig und reich / daß er seinen Gläubigen alles hundertfältig zuvergelten versprochen hätte / was sie etwa an zeitlichen Gütern umb seinet willen verlassen würden. Nun habe ich bißher auff solche Vergeltung geharret / des steiffen Vorsatzes / daß / so bald selbe sich blicken liesse /ich den Christlichen Glauben annehmen wolte. Und weil dieselbe schon vorhanden ist / so erkenne ich daher / daß der Christen Gott warhafftig sey / und wil forthin bey demselben leben und sterben. Herkules antwortete: Gute Frau / ich wil in eurem schwachẽ Glaubensanfange euch nicht irre machen / wiewol ihr eures Mannes Reden unrecht verstandẽ / und Gottes Vergeltung auff diese zeitlichen Güter hingezogen habt / welche von den künftigen ewigen zuverstehen ist; wie ihr dann nach diesem euch werdet unterrichten lassen. Hieß sie beyde auffstehen / und musten Klaudius und sein Weib ihren Eltern die 200 Kronen zustellen / denen die andere anwesende eine Beysteur tahten / daß sie 800 Kronen baar bekahmen / und sich wegerten alles anzunehmen; erhielten endlich auch durch einen Fußfall gar leicht / daß sie die übrige Zeit ihres Lebens in dem Flecken zubringen möchten; da ihnen dann der Stathalter zu Padua verhieß / ihnen zu ihrem Unterhalt alles gnug zu verschaffen. Nun wohnete ein armer frommer Christ in demselben Flecken /dem Dametas eine Almosen baht / und von Herkules zur Antwort bekam / er solte demselbẽ seines SchwiegerSohns Hauß und Acker schenken / er wolte ihm solches schon wieder ersetzen / gab ihm darzu 50 Kronen / daß er Mittel hätte / den Acker zubestellen. Dem Klaudius aber vermachete er monatlich 60 Kronen Bestallung / und hielt ihm einen reitenden Diener; dagegẽ solte er geträu und fleissig seyn / auff Wagen und Gutschen gute achtung geben / und das baufällige zeitig bessern lassen / dero behuef ihm unterschiedliche Rademacher zu Dienern untergeben wurden. Der einfältige Klaudius wuste nicht / was er vor freuden beginnen solte / bedankete sich in aller Demuht / und versprach möglichsten Fleiß anzuwenden; wozu[462] er dann von dem alten Dametas ernstlich vermahnet ward. Herr Pompejus nam mit seinem SchwiegerSohn Abrede / er wolte mit Gottes Hülffe innerhalb ViertelJahrs alle seine Sachen von Jerusalem abhohlen /seine Güter zu Rom loßschlagen / und alle Baarschafften auf Kölln mit sich nehmen / dann er währe bedacht / mit seinem Gemahl daselbst / oder wol gar in Herkules Gebiet sein Leben zuenden; welches seiner Tochter eine grosse Freude wahr. Siegward hatte vorhin Königin Sophien verheissen müssen / daß er sich etliche Jahr mit seinem Gemahl zu Prag auffhalten wolte / wo er inzwischen nicht zur Schwedischen Kron gefodert würde versprach auch seinen Schwieger Eltern / sie jährlich zubesuchen. Mit diesen Begebnissen und Gesprächen ward der Abend hingebracht / biß man die FeldBetten hervor suchete / da Kinder und Eltern eine gemeine Sträu macheten / so bald das AbendGebeht gehalten wahr / dann die beyde Gebrüdere Fabiussen hatten durch Pompejus Anmahnung den Christlichen Glauben angenommen /in welchem sie biß an ihr Ende beständig verblieben. Des Morgens sehr früh / nahmen Eltern und Kinder trähnenden Abscheid / befohlen sich allerseits dem Schuz Gottes / und nam jeder seinen Weg vor / da dann unsere Helden mit zimlichen TageReisen / so viel der Wagen Menge zuließ / forteileten / die Böhmischen Grenzen zuerreichen / weil Valiska überaus hohes Verlangẽ trug / ihre Fr. Mutter zusehen und zuerfreuen / und nam sie wunder / daß der alte GroßFürst derselben so gar nichts wegen ihrer völligen Erlösung zuentbohten hatte / welches Neklam doch kund genug gemacht; aber die Ursach wahr / daß derselbe wähnete / es währe ihr von den unsern selbst zugeschrieben worden.

Die vier Pannonische Diener hinterbrachten des Gesanten Pines und seiner Gesellen Unfal ihrem Könige gar zeitig / nebest dem Käyserlichen Schreiben /worüber derselbe und seine Land Stände so hefftig erschraken / daß sie in guter Zeit sich nicht begreiffen kunten / was ihnen zutuhn währe / wiewol der gröste teil den verwägenen Pines verfluchete daß er seinen König durch sein großsprechen und vermässenes verheissen darzu beredet hätte / einen solchen Vertrag einzugehen / welcher nicht könte wiederruffen werden. Sein Bruder Dropion / Königlicher Stathalter /der seine beiden Brüder an Boßheit und Stolz übertraff / lag eben dazumahl an einer beschwerlichen unsaubern Krankheit hart danieder / daß er bey der Versamlung nicht erscheinen kunte / und durfte man ihm die unglükliche Zeitung nicht anmelden / damit er nicht durch gar zuhefftigen Eifer ihm selbst schadẽ tähte. Zwar es gingen viel Stimmen dahin weil man dem Käyser / was ihm freiwillig angebohten währe /redlich und unbrüchig halten müste (dann hierin wahren sie einig) solte man nicht seumen / alsbald ein mächtiges Heer zusamlen / dem Bömischen Könige ins Land zufallen / damit man sich an demselben rächete / und von den Böhmen ablangete / was den Römern müste entrichtet werden; welchen Vorschlag der König ihm anfangs wolgefallen lies; aber etliche ansehnliche Reichs- und KriegsRähte führeten mit wichtigen Gründen an / es würde rahtsahm sein / bedachtsam zufahren und den Römischen Frieden fest zusetzen / damit dem Käyser die Hände zu der Böhmen Hülffe gebunden würden; welches auch vor beschlossen angenommen ward / insonderheit / weil die Arzte gute Hoffnung gaben / daß der Stathalter schier genesen würde. Weil aber die vier Diener zugleich anzeige tahten / daß der Bömische uñ Teutsche Fürst in kurzen wieder in ihr Vaterland zihen[463] würden / und einen überauß grossen Schaz mit sich nehmen / die doch nicht über 300 bewerter Mann bey sich hätten / es währe dañ / daß der Käyser sie / wie wol zuvermuhtẽ / mit mehr Völkern sterken würde; so ward vor gut angesehen / daß etwa 6000 handfeste Reuter ihnen auff zuwarten / an die Grenzen solten verlegt werden /mit Befehl alles was sich wiedersehen würde ohn Barmherzigkeit nider zuhauen / und die übrigen gefangen zunehmen; jedoch nicht anders / als wañ sie vor sich selbst Räuber währen / und keinen Königlichen Befehl hätten. Diese Völker hatten die Grenzen schon drey Tage beritten und allenthalben Schildwachten außgesetzet / ehe die unsern daselbst ankahmen. Neklam muste mit 16 Böhmen und 26 Römern /in drey gleiche Hauffen i erzu voraußhauen / ob irgend einige Gefahr sich eräugete / da er dann endlich 6 Schildwachten zu Pferde auff einem Hügel erblickete / und noch 12 auff einem andern zur Seiten auß /welche / sobald sie sein inne wurden / mit verhängetem Zaume davon flohen / welches er Herkules anmelden ließ / der zu Ladisla sagete; gilt Bruder / es werden uns noch heut die Pannonier eine Mummenschanze bringen / sendete auch bald darauff Leches mit 150 Parthern (dann diese hielten inständig darumb an) / sich mit Neklam zusammen zusetzen / und durchaus in kein Handgemenge sich einzulassen / wie sehr man ihn auch darzu nötigen wolte / es währe dann / daß er zurükweichend fechten / und seiner Haut sich nohtwendig erwehren müste. Diese gingen in außgedehneter breite fort / und durchsahen das weite Feld / da sie von ferne einer ReuterSchaar / von ohngefehr 800 Mann gewahr wurden / welche doch mehr schienen hinter sich zuweichen / als vor sich zu zihen. Inzwischen wahren unsere Helden bemühet /wie sie ihre Wagen in solche Ordnung bringen / und mit ihren 4000 Römischen Fußknechten besetzen möchten / daß nicht etwa an einem oder andern Ort die Feinde einen unversehenen Anfal tähten / und eine Beute davon brächten; musten daher die Wagen mit den Schätzen in die mitte gefasset / und zu beiden seiten die mit Waffen beladene hergestellet werden /zwischen denen sich das Fußvolk setzen muste mit ihrem Geschoß / als in eine Wagenburg. Zu hinterst den Wagen blieben die ledigen Handpferde / welche nur mit 80 Reutern versehen wahren weil man sich daher keines Angriffs vermuhten wahr. Vor den Wagen gingen die Reuter in dieser Abteilung; Herkules führete 1200 Parther und 245 Teutschen zur rechten Hand / und hatte bey sich seinen Bruder und Prinsla; Ladisla nam den linken Flügel 1146 Parther 250 Böhmen uñ 135 Teutschen / und war Siegward und Markus bey ihm. Arbianes wurden seine 200 Meden /100 Böhmen / und 235 Teutschen zugestellet / damit er den nohtleidenden entsaz tuhn solte. Aber die Römische Reuterey / welche von Neda / Klodius / Gallus und Valens dem Römer geführet wurden / musten zuhinterst schier den ledigen Pferden zur seite bleiben /und solten dieselben nicht ehe / als wann die höchste Noht es erfodern würde / das Gewehr wieder den Feind gebrauchen. Diese kleine vier ReuterHeere gingen mit solchem Muhte fort / daß sie des gänzlichen Schlusses wahren / dem Feinde / ob er gleich viermahl so stark währe / ritterlich Fuß zuhalten / und wahr ihr sonderliches Glük / daß sie sehr erfahrne Wegweiser bey sich hatten / unter denen der alte Wenzesia nicht der geringste wahr. Als Herkules von Leches obgedachte Zeitung bekam / ließ er ihm sagen / mit seinen Leuten in guter Vorsichtigkeit mit unentblössetem Gewehr / schrit vor schrit fort zugehen /denen endlich die andern nur 50 Reuter entgegen[464] schicketen / und mit guter Freundligkeit fragen liessen / was vor Leute sie währen / wohin sie gedächten /und wessen sich unbekante zu ihnen zuversehen hätten. Leches gab zur antwort; er dienete einem Herrn /welcher nicht wolte genennet seyn / so währe auch ihre Reise also beschaffen / daß man davon nicht viel sagen müste / aber ein jeder der ihnen begegnete / er möchte auch seyn wer er wolte / hätte sich zu ihnen aller Redligkeit und Freundschafft zuversehen. Der Abgeordnete fragete ihn / ob er sichs gefallen lassen könte / etwas deutlichere antwort zugeben. Und als Leches sagete / er hätte nicht weiter Erlaubnis / ritten diese mit freundlichem Grusse davon / es anzudeuten. Die unsern gingen auch fort / als währen sie ohn alle Furcht eines Anfals / und wehrete nicht lange / da sahen sie von einer Seiten in die 1200 / von der andern in die 2000 Reuter herzueilen / die mit obgedachten 800 sich zusammen setzeteten / und in zimlicher Ausdehnung ein ansehnliches Heer macheten /schikten auch dreissig Reuter an Leches / und als ob er noch nicht währe befraget worden / liessen sie ihm obgemeldte dreyfache Frage mit eben den Worten vortragen; als aber Leches bey seiner ersten Antwort verharrete / fing dieser an zu trotzen / er müste sich klärer heraus lassen / oder man würde mittel suchen /ihn darzu zu nöhtigen. Dessen mus man gewärtig seyn sagte Leches / von mir aber werdet ihr ein mehres nicht bringẽ / viel weniger von meinen Leuten /dann dieselbe sind alle sprachloß. Mein Kerl / antwortete dieser / du wirst heut noch müssen anders reden / des wil ich dir meinen Kopff zum Pfande geben. Gib her zum Pfande / antwortete Leches / so wil ich ihn meinem Herrn liefern. Diesen verdroß der Spot / schüttelte den Kopf und die rechte Hand / und ging wieder zu den seinen / welche sich des Trotzes verwunderten / und stund nicht lange an / daß noch 2000 Mañ der Feinde Heer vermehretẽ. Hier wird es noch heut Kappen abgeben / sagte Leches zu Neklam / welcher aufs schnelleste hinter sich gehen / und Herkules das ergangene melden muste / er aber blieb mit seiner Mannschaft stille halten / biß er sahe 600 auff ihn angehen / vor denen er hinter sich / doch in guter Ordnung wiche. Neklam wahr schon wieder auf dem Rükwege nach Leches / sahe solches von ferne / kehrete wieder umb / und brachte 300 Parther mit sich von Herkules / die gleich ankahmen / als die Pannonier Leches seinen Leuten zuschrihen / sie solten halten / weil man gerne wissen wolte / ob so viel stumme Betler in einer Schaar sich unter einem verwägenen Führer versamlet hätten. Leches sahe seinen Entsaz /vermerkete daher / daß ihm erlaubet seyn würde sich zu wehren / schwenkete seine Schaar und ritte den Pannoniern mit entblössetem Gewehr entgegen / weil jene das ihre schon um den Kopf gehen liessen / und als er ohn ferner Wort wechseln angegriffen ward /drengete er sich dergestalt in die Feinde hinein / daß /wie stark sie auch wahren / dannoch zurük weichen musten; doch erhohleten sie sich bald / und suchten Gelegenheit / die unsern zu umringen / ehe Neklam sich mit ihnen zusammen setzete; welches ihnen aber mißriet / dañ dieser ging zu schnelle fort zum beystande / da dann die Parther an beyden Seiten mit solchen Wuht anfielen / daß die Pannonier alsbald zu weichen gedrungen wurden und in diesem Anfal über die helffte sitzen liessen / da hingegen von den unsern nicht ein einziger erschlagen / uñ nur 26 etwas / doch nicht sonderlich verwundet wurden; Leches durfte ihnen nicht nachsetzen / ging ja so schnelle hinter sich als die Feinde / und nam ihn wunder / daß er nicht verfolget ward / welches der Feind bloß aus furcht einer hinterlist unterließ. Unser Heer kam algemach heran / daß sie[465] einander sehen kunten / und ging Leches mit den seinen nach Ladisla / ihm rühmend / wie tapfer seine Leute gefochten / und über 300 ohn einigen verlust auffgerieben hätten. Es kahmen aber noch 3000 Reuter zu dem Feindlichen Hauffen / daß die unsern es sahen / dann ob die Pannonischen Stände gleich im anfange nur 6000 auszusenden geschlossen hatten / vermehreten sie doch solche Zahl biß zur helffte. Herkules hatte alle seine Leute vorhin schon unterrichtet / daß sie beydes tapfer gegen den Feind und behutsam auff sich selbst seyn solten / wolte in Feindes Angesicht sein Heer nicht sonderlich ausbreiten / noch sich alsbald zur Schlacht stellen / sondern sendete Neklam mit 20 Reutern an sie / umb zuvernehmen / aus was ursachen man seine Leute im freien Felde überfallen hätte. Als dieser mit sanftmuht solches vorbrachte / fehlete wenig / er währe mit den seinen nidergehauen worden / dafern es nicht ein einziger Obrister verhindert hätte; jedoch zwang man ihn zu sagen / was vor Leute sie währen / und wohin ihr Weg ginge / welches er dann willig taht / weil er dessen befehl hatte. So bald er nun die beyden Könige genennet / gab man ihm zur Antwort; dafern der erste diese Erklärung würde haben ausgelassen / hätte man mit ihm können friedlich seyn / und solte er hinreiten /seinen beyden Herren anzumelden / es hätte eine tapfere Schaar Pannonier ohngefehr in erfahrung bracht /daß diese fremde Fürsten mit grossen Schätzen auff dem Wege nach Prag währen / welche aus ehrerbietung zubegleiten sie sich stelleten / nachdem sie der Hoffnung gelebeten / man würde sie der Mühe lohnen. Ich kan meinen gnädigsten Fürsten solches leicht vortragen / wegere mich dessen auch nicht / sagte Neklam / tuhe ihnen aber den Vorschlag / daß von ihren Leuten etliche mit reiten / entweder es anzumelden /oder anzuhören / daß ichs redlich hinterbringe / denen ich alle Freyheit verspreche / zureden / was ihnen gefallen wird. Die vornehmsten Obristen ritten zusammen / beredeten sich kürzlich / und machten einen ihres Mittels aus / welcher mit 30 Reutern fortgehen /uñ die Werbung gesagter massen anbringen solte. Herkules hörete solches mit auffgeschlagenem Helme an / und gab zur Antwort: Ja wann man meine Leute nicht so mörderisch- und räuberischer weise überfallen hätte / würde ich dem süssen Pfeischen trauen /nun aber habt ihr schon so viel sehen lassen / daß der Wolff unterm SchafPelze verborgen lieget; Werdet demnach eurer Geselschafft ansagen / daß sie ihren Glauben bey mir verlohren / und ich sie in schwerem Verdacht halte / daher ich mir Sicherheit zuschaffen bedacht bin / und ihnen anzeigen lasse / sie sollen sich denen vor Geleitsleute antragen / die ihrer begehren und bedürffen / ich vor mein Häupt bedürffe ihrer ganz nicht; und wo sie sich wegern würden / alsbald von einander zugehen / und mir den freien Weg zugönnen / müste ich nohtwendig mit Gewalt durchbrechen / dessen ich doch gerne möchte geübriget seyn. Dieser hörete solches geduldig an / und gab zur Antwort: Er verstünde die Erklärung sehr wol / und wann keine andere verhanden währe / wolte er sie gebührlich zuhinterbringen wissen. Keine andere vor dißmahl / sagte Herkules mit einer sonderlichen Herzhafftigkeit / und ließ ihn damit fortgehen / verfolgete doch nicht desto minder seinen Weg in guter Ordnung. Die Pannonier eiferten sich über alle masse wegen der Antwort / und als sie vernahmen / welche grosse Menge der Wagen / und wie schwach ihre Reuter währen / des vermischeten Fußvolkes aber zwischen den Wagen nur etliche hundert Mann (dann es hatten sich diese mit Vorsaz verborgen gehalten); stelleten sie ihre Ordnung / als 6000 / welche fechten /[466] die übrigen aber die Wagen anfallen / sie auffhauen /und die Beute zu sich nehmen solten / die man hernach brüderlich teilen wolte. Jedoch sendeten sie zuvor einen Ritmeister selb sechse an die unsern ab /ihnen vorzutragen; weil man sie so schimpflich abgewiesen hätte / und ihre angebohtene Dienste verachtet / könten sie sich daher nichts anders als Feindseligkeit vermuhten / wolten die Antwort vor eine Absagung gehalten haben / und ihrer keines schonen / es währe dann / daß ihnen die Fürsten / so viel ihrer währen / nebest allem Frauenzimmer gefangen zugestellet / und alle Wagen und Pferde vor freie Beute geliefert würdẽ. Herkules hätte sich der Anmuhtung schier geeifert / und sagte zu ihm: Reite hin du Unverschämter / ich wil dir bald folgen. Das Pannonische Heer diese Antwort vernehmend / gingen nach gemachter Ordnung als die hungerigen Wölfe loß; drey tausend gegen Herkules / und gleich so viel gegen Ladisla / so daß sie gar keine zum Entsaz hinterliessen /und musten die übrigen zugleich sich mit an die Wagen machen. Herkules scheuhete sich nicht / einem solchen Hauffen mit den seinen zubegegnen / dann er sahe / wie muhtig seine Völker wahren / deren 60 mit Speeren sich versehen hatten / daher sie den ersten Angriff tahten / und ein jeder seinen Mann niderwarff. Die Schwerter feireten auch nicht / so daß der kleine Hauffe den grösseren drängete / dann die Parther hatten sich vereiniget / daß sie ihren Plaz entweder lebendig oder tod behäupten wolten. Nun wolte aber Herkules ihrer schonen / daher ließ er Klodius mit 800 Römern zu hülffe ruffen / welche von der seiten her in den Feind brachen / daß sie wie Mücken von den Pferden stürzetẽ; eine Parthische Schaar 400 stark setzete sich zusammen / und schlugen sich mitten durch den Feind hindurch / daß sie hinter sie kahmen /und sie also zwischen sich fasseten / deren Führer Fürst Baldrich wahr / welcher seinem Bruder wolte sehen lassen / daß er auch gelernet hatte / die Faust zugebrauchen / der doch solchen verwägenen Saz doch nicht lobete / nur weil er glüklich geriet / nichts dawider redete. An Ladisla Seiten gings gleich so scharff daher / dann es wolte auch hieselbst Siegward sein Herz und Fausterzeigen / über welchen Ladisla gleichsam eiferte / welcher nach Herkules Beyspiel die übrigen Römer zu sich foderte / und seinen Feinden so gedrange taht / daß sie Mühe halten ihre Ordnung zuerhalten. Herkules sahe / daß an ihrer seiten der Sieg bald folgen würde / und ließ Arbianes anzeigen / er solte dem dritten Hauffen wehren / daß sie den ihren nicht könten zu hülffe kommen. Diese hatten ihnen die ungezweifelte Hoffnung gemacht / es würde wenig Gefahr und Mühe mit Abplünderung der Wagen haben / daher sie als blindling auff dieselben ansetzeten / wurden aber von den Römischen FußSchützen dergestalt gewilkommet / daß ihrer durchs Geschoß über 800 / teils ertödtet / teils zum Gefecht undüchtig gemacht wurden / und nachdem sie so nahe kahmen / daß die Pfeile sie weiters nicht verletzen kunten / musten Spiesse und Schwerter das beste tuhn / daß sie das Herz nicht hatten einen einzigen Wagen anzugreiffen. Ihre Leute / welche gegen Herkules stritten / und nicht mehr stand halten kunten / liessen diese zu ihrem Entsaz abfodern / aber Arbianes griff sie von der Seite an / und ließ den Fußvölkern anzeigen / sie solten sich zwischen den Wagen hinweg begeben / und ins offene Feld treten / damit der Feind desto besser könte angegriffen werden / welches sie nach Wunsch verrichteten / so daß dieser PlunderHauffe am ersten auff die Flucht gebracht ward / welches ihnen doch das Leben nicht fristen mochte / dann die Römischen Fußvölker fielen auff der Erschlagenẽ Pferde /[467] Arbianes aber verlegte ihnen den Weg / daß von dieser FeindeSchaar nicht über 140 Mann davon kahmen / und die übrigen alle das Leben zusetzeten. So bald Herkules dieser Flucht inne ward / samlete er 400 Parther und 50 Teutschen umb sich / hieb damit um den Feind / und setzete sich hinter ihn / daß er nicht Gelegenheit haben kunte auszuweichen / drang auch dergestalt in sie / daß ihre Ordnung endlich getrennet / und sie wie Schafe nidergeschlagen wurden /da dann Baldrich mit 200 Mann auff Ladislaen Feinde ansetzen muste / welche gar eingeschlossen / das Gewehr nicht mehr brauchen kunten / als deren ohndas über 800 nicht übrig wahren. Herkules nam 160 Feinde gefangen / Ladisla 400; die übrigen lagen alle auff dem Platze gestrecket / dergestalt / daß nicht ein einziger Obrister / und nur drey Ritmeister das Leben davon brachten. Nach erhaltenem Siege ward gemeine Plünderung gehalten / und fing man der Erschlagenen Pferde auff; Es wahr zuverwundern / daß von den Parthern nur 16 tod und 30 verwundet wahren; wie dann die Römer auch nur 23; die Teutschen 12; die Böhmen 8; die Meden keinen einzigen misseten / und unter dem ganzen Heer nicht 200 Verwundete wahren / welche alle wieder genasen. Die Gefangene wurden ernstlich befraget / wer sie zu diesem Angriff ausgeschikt hätte / brachten aber einmühtig vor / ihre Obristen hätten ihren Anzug von Padua in Erfahrung bracht / daher sie aus Hoffnung guter Beute sich zu diesem Wagestücke ohn ihres Königes und der LandStände Vorbewust / vereinigt hätten / weil sie dessen von ihrem Könige gute Erlaubniß zuhaben / nicht gezweifelt / nachdem Zeitung erschollen währe / der junge Böhmische uñ Teutsche Fürst hätten die Pannonischen Gesanten zu Padua bestritten. Welches Vorbringen ihnen gegläubet ward / und ließ man sie unbewehret und nacket hinlauffen. Nachgehends hatten die unsern keinen Anfall mehr / sondern gingen glüklich fort / biß sie die Böhmischen Grenzen betraten /da sie mit ihren Gemahlen und Christlichen Rittern abstiegen / und ihr DankGebeht zu Gott eine Stunde kniend verrichteten / Herkules aber anfangs von dẽ andern abgesondert / diese Andacht vor Gott ausschüttete: HErr mein Gott / sagte er / Du Vater aller Gnaden und Barmherzigkeit; wie sol ich erkennen die unaussprechliche Woltahten / die du mir deinem unwirdigen Knechte erzeiget hast? Ich wahr ohn alle Erkäntniß der allein seligmachenden Warheit / als ich von den Räubern dieses Weges geführet ward; ich wahr von aller menschlichen Hülffe verlassen / da ich der Boßheit hieselbst gehorsamen muste / und leicht umb Ehr und Leben / ja auch umb meine Seligkeit hätte kommen mögen; dann ich steckete annoch in der heidnischen Blindheit; Ich wahr O HErr dein Feind / handelte dir zuwider; hielt die Teuflischen Abgötter vor meine Schützer und alles mein Tichten wahr schlim / irdisch und eitel. Aber du mein Gott hast mich aus der Unwissenheit hervor gerissen / und aus der höllischen Verdamniß mich errettet; davor danke ich dir von Herzen / davor preise ich dich mein Heyland! Ja HErr / was sol ich sagen? Ich bin viel zugeringe aller deiner Güte; viel zu unwirdig aller deiner Barmherzigkeit und Träue / die du an deinem Knechte getahn hast; dann ich hatte nichts eigenes / da ich über diese Grenzen geschleppet ward / und nun bin ich durch deinen Segen mit überaus grossen Gütern versehen; Mein liebes Gemahl hastu mir zugeführet / und sie mitten unter der Schande bey Ehren erhalten / sie auch / welches das vornehmste ist / zum Christlichen Glauben gebracht. Nun HErr / ich weiß mich in deiner überschwenglichen Gnade selbst nicht zufinden; Kein Mensch hat desgleichen genossen; kein Mensch hat mehr ursach / deine Güte zu erheben / deinen Ruhm auszubreiten / deiner Gnade zudanken / als ich / HErr / dein Knecht. O so nim von mir an das Opffer meiner Lippen; O so laß dir wolge fallen das Gespräch meines Herzen / HErr mein Gott! Ich schütte vor dir aus meine Seele / mein Heyland; Ich übergebe dir das innerste meiner Sinnen / das wirken meiner Gedanken / und alles was ich gar bin. Mein Helffer / verschmähe solches[468] nicht wegen seiner Undüchtigkeit / sondern weil es bloß auff deine Gnügtuhung sich im festẽ Glauben steuret / so laß es gelten HErr; Ja HErr laß es gelten / und erbarme dich forthin allezeit über deinen armen Knecht; gib ihm HErr deine Gnade / daß er seine blinde Eltern / Schwester und Anverwanten zu dir führen möge; verleihe seinen Worten Anmuhtigteit und Krafft /daß sie angenommen werden / und durchdringen mögẽ; behersche und erweiche der meinigen Herz / daß sie dir folgen / und zur ewigen Seligkeit sich zihẽ lassen. Ist es auch dein gnädiger Wille / so bekehre mein ganzes Vaterland / daß dein Wort möge auffgenommen / und deine Kirche unter ihnen erbauet werden. Dieses mein Gott /wollestu gnädig erhören / umb der blutigen Wunden deines lieben Sohns meines HErrn und Heylandes / Amen /Amen.

Nach dieses Gebehts endigung trat er hin zu den andern / da sie ingesamt den Lobgesang des Mose /aus dessen anderm Buche; hernach den Lobgesang des alten Zacharias; wie auch das herliche Danklied der heiligen Jungfrauen Marien / der Mutter unsers Heylandes / mit andächtiger Stimme sungen / und daneben andere geistreiche Gesänge mehr; nachgehends lase ein Christlicher Lehrer den 84 / 91 / 96 / 100 /103 / 107 / 112 / 118 136 145 / und 147 Psalm des Königes David / beschlossen mit dem heiligen Vater Unser / und hielten darauf eine geringe Mahlzeit unter den grünen Bäumen. Weil sie dann nicht zweiffelten /ihre grosse menge Wagen / Rosse und Völker würden ein grosses Geschrey im Lande erwecken / liessen sie die Römischen Völker wieder zurük gehen / denen sie eine Tonne Schaz austeileten und hatten bereit nicht allein gute Gelder von den Pannoniern zur Beute /sondern auch jeder ein statliches Pferd erhalten. Die Weine wurden ins freie Feld abgelegt / und die Wagen wieder zurücke gesand. Baldrich und Siegward musten mit 30 Reutern vorangehen / und ausgeben / sie hätten etlichen Römischen Kauffleuten viel Waaren vor gute Beute abgenommen / die ihnen nachgeführet würden. Als diese zur ersten Grenzestad kahmen / und die Besatzung ihrer gewahr ward / schicketen sie etliche zu ihnen hinaus / stille zu halten / und der Festung sich nicht zu nähern; denen Baldrich die verabscheidete Antwort gab / welche dem Befehlichshaber verdächtig vorkam; dann wie leicht / sagte er /kan sich einer vor des GroßFürsten Sohn ausgeben. Ward derhalben fleissig nachgefraget / ob nicht jemand in der Stad verhanden / dieses Fürsten Kundschaft hätte. Der alte Pribisla / Leches Vater / hatte einen Rittersiz in dieser Stad vor weniger Zeit von seinem ohn leibes Erben verstorbenen jüngeren Bruder geerbet / auff welchem er sich dazumahl auffhielt; seiner Diener einer wahr eine Zeitlang am Teutschen Hofe gewesen / welcher den jungen Fürsten wolken nete. Pribisla selbst gewan Lust / mit hinaus zuzihen /ließ seine Gutsche anspannen / und fuhr mit seinem Knechte fort. Baldrich sahe den Wagen von ferne kommen / und zohe sich gemehlich wieder zurük nach der geschlagenen grossen Wagenburg / in welcher unterschiedliche grosse Zelte auffgerichtet wahren. So bald Pribisla daselbst ankam / muste sein Diener ihn bey dem jungen Fürsten melden / die einander alsbald kenneten. Valiska wolte vor diesem alten lieben Freunde sich nicht verbergen / ward von etlichen Teutschen nach dem Fürstlichen Zelt gehohlet / und gaben dieselben vor / es währen etliche gute bekanten bey dem Fürsten / die ihn gerne sprechen wolten. Der gute Alte gedachte an nichts wenigers / als an seine Obrigkeit / und ging als in Gedanken / biß er in das Gezelt hinein trat. Als er nun Königin Valisken gleich gegen über erblickete / geschwand ihm vor freuden /daß er zur Erden nidersank / da sein Sohn Leches alsbald hinzutrat / und mit Neda hülffe ihn erquickete[469] zu ihm sagend: Wie nun / geliebter Vater / wollet ihr durch euren Unfall die Fröligkeit unser glüklichen Wiederkunft betraurigen? Pribisla schlug die Augen auff / sahe die Königin starre an / daß er der übrigen keine acht hatte / und sagete: O ihr mein gnädigstes Fräulein / was vor gütige Götter haben eure Gn. wieder zu Lande gebracht? O des glükseligen Tages /welchen mich der Himmel noch hat wollen erleben lassen! Valiska ging zu ihm hin / umbfing ihn freundlich / und antwortete: Mein lieber Freund; ja mein GOtt hat mich gnädig wieder hergeführet; aber sehet ihr euren König Ladisla / uñ mein Gemahl GroßFürst Herkules (also wolte er wieder genennet seyn) nicht dorten sitzen? O du glükseliger Tag! sagte er; stund auff / und wolte seinen König mit vielen Worten wilkommen; aber die Rede blieb ihm stehen / daher fassete ihn Ladisla bey der Hand / hieß ihn nidersitzen /und sagte: Es wäre ihm sehr lieb / daß er solchen geträuen aufrichtigẽ Untertahnen gesund fünde. Hernach fragete er / wie es seiner Fr. Mutter ginge. Sie ist höchlich betrübet / gab er zur Antwort / und beweinet den Tod ihrer lieben Kinder / als hätte sie davon schon gewisse Zeitung; wollen demnach eure Hocheit nicht seumen / sie zu trösten. Libussa wahr hingangen / ihre zwilling Söhnichen herzuhohlen / und den Großvater damit zuerfreuen / nahm sie beyde zugleich auff die Arme / und sagete: Herzlieber Herr Vater /daß ich gleichwol euer väterliches Herz auch mit einem Beutpfeñige erfreuen möge / schenke ich euch zween Söhne auff einmahl / welche uns Gott vor ohngefehr eilff Wochen bescheret hat / und haben wir den ältern Pribisla / den jüngern Leches genennet. Dem alten qual sein Vaterherz im Leibe auff / daß er sich muste halten lassen / daher ihm ein Stuel gesetzet ward / worauff nach gebehtener verzeihung er sich niderließ / die Kinderchen auff seine Schoß nam / und also anfing: Ihr gütigen Götter / mus mir die algemeine Freude noch nicht gnug seyn / daß ich auch ein absonderliches Glük meines Hauses auff meiner Schoß halten sol? O so lasset uns diese Freude ja mit keiner bitterkeit verwermuten; wünschete endlich / daß er nur noch zehn Jahr zurük hätte / und dieses Glüks neben andern länger geniessen könte. Sie beredeten sich aber hieselbst / daß sie alle Wagen / Reuter und Pferde in dieser Stad stehen lassen / und in enger Geselschaft mit ihren Gemahlen und Kindern nach Prag fortrücken wolten / ehe das Geschrey von ihrer Wiederkunft ausbräche; gaben sich auch in der Stad nicht kund / sondern Pribisla muste wieder vorhin fahren /und berichten / daß sichs alles nach geschehener anzeige verhielte / ward ihm auch Wenzesla / umb mehrer begläubigung zugegeben / welcher mit dem Befehlichshaber wol bekant wahr. Also wurden sechs Gutschen mit Frauenzimmer und Kinderchen beladen /und setzeten sich die fünff Fürsten mit fünff Rittern zu Pferde / da auch Pribisla mit ihrer Geselschaft auff Valisken Gutsche fortzohe. So bald sie vor Prag anlangeten / und Pribisla nebest Wenzesla von der Schildwache gesehen wurden / ließ man sie ungewegert in die Stad; aber vor dem Schlosse liessen sie sich angeben / die Fürsten Baldrich und Siegward währen ankommen / und wolten der Königin die Hände küssen. Dieselbe nun saß in ihrem absonderlichen Zi er / da ihr solches angemeldet ward / und erwartete ihres Wenzesla alle Stunden. Ihr wahr aber sehr liebe / daß die jungen Fürsten ankahmen / von denen sie lange keine Zeitung gehabt; ließ sie demnach durch einen ädelknaben zu sich hinauff bitten. Die unsern hatten sich sehr prächtig / und auff einerley Art gekleidet; Herkules und Ladisla setzeten sich mit ihren Gemahlen auff eine Gutsche zusammen /[470] und machten sie rings umbher zu. In die andere musten sich Leches und Neda mit ihren Eheliebsten setzen / und hatten zween Reichsstäbe / und vier Königliche Kronen bey sich. In der dritten wahren die beyden Fürstinnen / mit Euphrosynen und Agathen / welche die beyden jungen Herrichen bey sich hatten. Die drey Fürsten / und hinter ihnen Prinsla und Wenzesla ritten voran (Fabius wahr bey den Völkern blieben) biß sie in den innersten Plaz des Schlosses kahmen /da sie den abgeschikten ädelknaben schon hatten vorhin gehen lasen / mit bericht / sie brächten sehr gute Zeitung mit sich von dem verlohrnen Fräulein und ihrem Herr Bruder; welches sie ihr zu dem Ende sagen liessen / damit durch gar zu schnelle unversehene Freude ihr nicht etwas wiedriges zustossen möchte. Die Besatzung des Schlosses hatte sich mit ihrem Gewehr an beyden Seiten des Platzes gestellet /unter denen Valiska viel bekante Angesichter / auch den Befehlichhaber selbst kennete / und nicht wol wuste / wie sie unerkennet auffs Gemach kommen solte; endlich rieff sie dem Hauptman und sagete: Schweiget / wann ihr uns kennet / uñ gebietet euren Knechten bey lebens straffe / daß sie ein gleiches tuhn. Stiegen darauff ingesamt abe / so daß die Königinnen neben einander voran / Libussa aber und Brela mit den beyden Kronen ihnen zur Seite gingen; hinter ihnen her Ladisla und Herkules / und mit beydẽ Kronen neben ihnen / Leches und Neda. Nähest den Königen / Fürstin Lukrezie / die von Arbianes / und Fürstin Sibylla / die von dem alten Pribisla geleitet ward. Baldrich und Siegward gingen gar voraus / biß vor der Königin Gemach / traten auff erfoderung hinein /und wurden Mütterlich empfangen. Die Königin wunderte sich / daß Baldrich so groß und mänlich worden wahr / dann sie hatte ihn in mehr als vier Jahren nicht gesehen / kunte auch ihr mütterliches Herz nicht lange bergen / und fragete alsbald / was vor Zeitung sie von ihren lieben Kindern brächten / und ob sie von Padua kähmen. Gleich auff dieses Wort öfnete Valiska die Tühr / und trat mit einem lächelnden Angesicht hinein / wodurch sie ehmahls ihr Mutterherz offt gewonnen und ergetzet hatte. Weil dann die alle Königin gegen der Tühr übersaß / ward sie ihrer allerliebsten Tochter alsbald gewahr; worüber sie laut ruffẽ ward: O mein HerzenKind! Hiemit blieb ihr die Rede stehen / und ließ die Hände in ihre Schos sinken / dann die unversehene Freude belief ihr Herz dermassen / daß wenig fehlete / sie währe in der Ohmacht verschieden; welches Valiska ersehend / schleunig hinzu lief / rüttelte und schüttelte sie mit Sophien Hülffe / daß sie endlich die Augen auffschlug / und ihr liebes Kind fest an ihre Brust drückete / aber doch vor Freuden kein Wort sprechen kunte. Valiska küssete sie ohn unterlaß /und sagete: Herzallerliebste Fr. Mutter; darff eure ungehorsame Tochter sich auch wieder vor euren Augen finden lassen / die durch ihr Lustfahren euch so mannich tausend Herzleid gemacht hat? Ach mein HerzenSchaz / antwortete sie / habe ich dich dañ warhafftig in meinen Armen / oder ist es nur eine blosse Einbildung? Allerliebste Fr. Mutter / sagte sie; ja mein gnådiger Gott hat mich wieder hergeführet; und sehet da meine herzliebe Fr. Schwester / Königin Sophia / eure auch ergebene Tochter. Die Mutter erhohlete sich hierauff / kunte aber ihre Valisken so schleunig nicht verlassen / sondern hing fest als eine Klette an ihr / biß sie allerdinge sich besan / da sie ehre Schnuhr auch mit küssen und umfahen wilkommen hieß kehrete sich hernach wieder zu Valisken / und sagete: Ich hoffe ja / daß dein Bruder / und mein Sohn Herkules sich auch werden wieder gestellet haben. Ja /[471] Fr. Mutter / antwortete sie; sie werden beyde bald bey euch seyn. Gleich damit traten sie zur Tühr hinein / und begegnete ihnen die Königin mit offenen Armen / umfing sie zugleich / und küssete einen umb den andern / unter welcher Zeit Libussa und Brela die jungen Herrichen hohleten / da Sophia den ihren seiner Großmutter darboht / welchen sie alsbald zu sich nam / und ihn herzete und küssete. Valiska hielt sich mit ihrem Herkuliskus hinter den andern verborgen / biß sie diesen Herkuladisla wieder von sich gab / trat hernach unvermutlich / zu ihr / und sagete: Sehet da Fr. Mutter / ich wil euch auch meinen und meines Herkules Söhnlein schenken / meinen allerliebsten Herkuliskus / damit ich nicht mit geringerem Beutpfennige komme / als meine Fr. Schwester Königin Sophia. Die Mutter bewägete sich hierüber noch zum allermeisten / daß man ihr einen Stuel setzen muste / geberdete sich auch mit dem schönen Kindichen über alle masse freundlich / und sagte zu ihm; Ach du mein trauten Schaz / bistu schon dar / du schönste Frucht der ehelichen Liebe / welche ich so offt gewünschet habe? welches das Kindlein mit einem lieblichen Lachen anhörete. Hernach sagete sie zu ihnen ingesamt: Ihr allerliebsten Herzen / wie komt ihr mir doch so gar ungemeldet / daß kein einiger Mensch euer Ankunfft Wissenschafft hat? O des glüklichen Tages /den wir jährlich feiren sollen! Valiska halte Brelen schon hinaus geschikt / die beiden Fürstinnen zuhohlen / welche / da sie zur Tühr hinein traten / sagte Ladisla: Gn. Fr. Mutter / ihr habt eure Kinder noch nicht alle gewilkommet; sehet da Fürst Baldrichs und Siegwards Gemahlen / meines EheSchatzes näheste Blutverwanten / welche mit uns kommen sind / euch kindlich zugrüssen. Ey so haben meine geliebte Herren Söhne sich auch verheirahtet? sagte sie; trat ihnen entgegen / und mit einem freundlichen Kusse hieß sie dieselben sehr wilkommen seyn; wie auch zulezt Fürst Arbianes wol empfangen ward. Der Königin Hofmeisterin sahe diesem allen mit Verwunderung zu / lief endlich nach dem Frauenzimmer / und taht ihnen zuwissen / das verlohrne Fräulein mit ihrem Herr Bruder und Gemahl währen wieder zu Hause angelanget / und schon bey der Königin auf ihrem Gemache; wodurch eine neue Freude entstund / da sie ingesamt hinlieffen / ihr umb den Leib / Arm uñ Beine fielen /daß sie sich nicht rühren kunte / und ihnen solche freude doch nicht wehren wolte. Es ist nicht zubeschreiben / wie viel FreudenTrähnen über ihr vergossen wurden / insonderheit wuste die liebe Mutter nicht / wessen sie sich geberden solte / dann die Freude wahr zu groß / welche sich nicht halten ließ / und doch auff einmahl nicht loßbrechen kunte. Doch erzeigete sie sich über niemand anmuhtiger / als wann sie ihre Tochter und den kleinen Herkuliskus im Arme hatte. Ladisla sendete Leches hinunter auff den Plaz /der Besatzung anzudeuten / sie solten sich über ihres Königes und seiner Fr. Schwester glüklicher Wiederkunfft freuen / daher sie ein solches FreudenGeschrey (König Ladisla lebe / Fürstin Valiska lebe) anfingen /daß es durch die ganze Stad erscholle / und alle Inwohner herzu lieffen / um zuvernehmen / was solches frohlocken bedeuten möchte; darum ward Leches zu ihnen hinaus geschickt / der ihnen anmeldete / ihr König mit seinem Gemahl und Frau Schwester währen auff dem Schlosse glüklich angelanget. Da hätte man nur ein Gejauchze und glükwunschen durcheinander hören sollen; dann die Gassen wurden je länger je mehr mit Menschen angefüllet; Die vornehmstẽ Frauen und Jungfern der Stad lieffen in ihren häußlichen Kleidern durch das gemeine Volk hin und her /und wahr alles ihr wünschen[472] und bitten / ihr König und seine Fr. Schwester möchten ihnen doch ihr Angesicht sehen lassen; welche ihnen solches nicht versagen wolten; massen Ladisla mit seinem Gemahl /samt seiner Fr. Schwester und Herkules / stelleten sich auff die Zinnen der Schloßmaur / daß sie von allen kunten gesehen werden / da Herkules / nachdem er mit winken ihnen ein Zeichen / daß er wolte gehöret seyn / gegeben hatte / also anfing: Ihr löblichen Einwohner dieser Stad und des ganzen Königreichs; billich habt ihr Gott hoch zudanken / daß derselbe euren König nach ausgestandener Gefahr und erworbenen grossen Ehren uñ Reichtuhm euch zum besten /frisch und gesund wieder her geführet hat. Ich wil eure vorigen Könige zwar nicht verachten / aber an diesen gegenwärtigen reicht ihrer keiner mit seinen Tahten; dann dieser euer König ist in den weit abgelegenen Asiatischen Königreichen und Herschafften dermassen berühmt / daß auch die kleinen Kinderlein / ihn vor einen Schuz-Gott / und die Feinde vor ihren Verderber besingen. Die Zeichen seiner Königlichen Ehre werdet ihr morgen sehen / nachdem er mehr Gold und Kleinot mit sich gebracht / als das ganze Königreich nicht den zehnden Teil auffzubringen vermögens ist / wann sie gleich alles zusammen raffen. Eures Königes wirdige Gemahl sehet ihr zu seiner Seiten stehen / welche ihm schon einen Erben / und da er leben sol / einen Nachfolger im Reich / an diese Welt gebohren hat. Euer angebohrnes Königliche Fräulein hier an meiner Hand gegenwärtig / hat mir Gott zum EheSchatze bescheret / und wird unvonnöhten seyn / daß ich euch meinẽ Nahmen /Herkules gebohrner GroßFürst aus Teutschland /nenne. So seyd nun frölich über eurem Könige und dessen glüklicher Wiederkunfft / und versehet euch zu demselben aller Gnade / Schutzes und Liebe / worzu seine Königl. Hocheit sich gnådigst anerbeut. Hierauff erhub sich ein neues frolocken von Jungen und Alten / daß es auff den nähesten Dörffern und Flecken gehöret ward; Jederman ließ seine Handtihrung liegen / schlachteten ihren Göttern Opfer (welches man ihnen nicht wehren durffte) und richteten unter einander Freudenmahle an. König Ladisla sendete noch desselben Tages reitende Bohten durch sein ganzes Königreich / die sämtlichen LandStände zuversamlen / damit bald im Anfange alle Irrungen und Streitigkeiten zwischen der Ritterschafft und den Städten auffgehoben und gänzlich abgetahn / gute ReichsSatzungen gestellet / die GrenzeStädte besichtiget / an Graben /Wahl und Mauren gebessert / und die Besatzungen gestärket / auch die junge Manschafft durch das ganze Reich mit Gewehr versehen / und darinnen fleissig geübet würde. Des folgenden Tages gegen Abend / kahmen die beladene Wagen / Kamehle und MaulEsel /samt den vielen Gutschen / HandPferden und dem grossen Elefanten an / neben welchem der Löue in seinem Kefich auff einem eigenen Wagẽ hergeführet ward / über welches alles sich die Inwohner und die Königin selbst verwunderten / und das ungeheure Tihr / des gleichen nie zuvor daselbst gesehen wahr /nicht gnug beschauen kunten. Als die LandStände sich eingestellet hatten / hielt König Ladisla drey Tage offenen Hof / und wurden die vornehmste Herren sehr wol gehalten / so daß in der Zeit 20 Fuder des mitgebrachten köstlichen Weins drauff gingen. Am dritten Tage muste die junge Ritterschafft ein Stechen halten / da sich ausfündig machete / daß deren ein grosser Teil besser gelehret wahr / die grossen Trinkgeschir auszusauffen / als die ritterlichen Waffen zugebrauchen / welches Ladisla ihren Eltern verweißlich vorhielt / und die ädlen ganz ernstlich vermahnete /[473] sich eines nüchtern und mässigen Lebens zubefleissigen / und in allerhand ritterlichen übungen sich täglich zugebrauchen; ob sie nicht wüsten / was vor einen grimmigen Feind sie an dem Pannonischen Volk hätten / welche den Waffen Tag und Nacht oblägen; würden sie nun im Müssiggange die Zeit zubringen / uñ die StreitKunst hindan setzen / würden sie ausser allem Zweifel in kurzer frist den Pannoniern zu Leibeigenen gedeien / da sie dann nicht allein sich selbst / sondern auch ihre Eltern verfluchen würden /daß sie von ihnen nicht zur Ritterschafft währen angehalten worden. Welche Vermahnung dann so grossen Nutzen schaffete / daß sie ingesamt versprachen / sich zubessern / und dessen über wenig Wochen einen Beweißtuhm vor ihrem Könige abzulegen. Die junge Manschafft in Städten und auff den Dörffern ward auch zum Gebrauch der Waffen angeführet / und musten alle WaffenSchmiede fleissig arbeiten / daß deren ein guter Vorraht gemacht würde / dero behuef ihnen Ladisla zwo Tonnen Goldes austeilen / und eine gewisse Anzahl einsetzen ließ / wie viel Schwerter /Spiesse / und andere Waffen sie inwendig zehn Wochen einschaffen solten; endlich ward der Schluß ge macht / daß Ladisla und sein Gemahl des fünfften Tages hernach öffentlich solten gekrönet werden /worzu fleissige Zubereitung gemachet ward.

Des nähst folgenden / als des vierten Tages vor der angesetzeten Krönung / brachtẽ die Jäger Knechte ein abscheuliches WunderTihr mit sich aus dem Walde /welches einẽ Leib hatte wie ein Bähre / zween Köpfe neben einander / der rechte wahr ein gezåumter PferdeKopf mit zween spitzigen Hörnern / fast einer halben Ellen lang; der linke ein grosser Wolffes Kopf mit einer langen außhangenden Zungen; der Leib wahr zottich rauch und Feurroht / und lieff auff zween MenschenFüssen (welche die fördersten) uñ auff zween OchsenFüssen (welche die hintersten wahren) sehr geschwinde / daß die Jäger einen ganzen Tag zu tuhn gehabt hatten / ehe sie es ermüden und fahen können. Unsere Fürstliche Geselschafft muhtmassete daher wenig gutes / und bahten Gott / daß nach seiner Barmherzigkeit er alles Unglük von ihnen und ihren Herschafften gnädig abwenden wolte.

Farabert der Fränkische Ritter eilete auff der Reise nach seinem Könige / gewaltig fort / welchem Herkules üm mehrer sicherheit willen 20 Römische Reuter zur Begleitung zugegeben hatte. So bald er bey seinem Könige anlangete / trug er anfangs kürzlich vor /wie ganz gnädig er beides von der GroßFürstin Valiska / und dem unvergleichlichen GrosFürsten Herkules selbst / gehalten währe / meldete deren anbefohlnen mündlichen Gruß sowol der Königin als dem Könige selbst an / und überlieferte ihr die beiden beladenen MaulEsel / als einen Beutpfennig / von GrosFürstin Valisken auß kindlicher Liebe übergemacht / nebest demühtiger Bitte / solchen gnädig von ihr anzunehmen; welches alles die Königin nicht wenig befremdete / insonderheit da sie die übergeschikten köstlichen Sachen in des Königes Anwesenheit hervor nam / als 12 güldene Ringe von allerhand kostbahren Steinen; 12 Kleinot zum gnugsahmen Königlichen Schmuk; eine Demant-Kette / ein par Armbänder von Demant; 12 Schüsseln / 24 Teller; 4 Leuchter; 4 Schalen von reinem Silber und stark übergüldet; ein grosses Trinkgeschier / in Gestalt eines Schiffes; 12 Becker in einander gestekt; 4 Salzfässer; und 4 Gieskannen; und zwar diese viererley von reinem Golde gegossen; endlich allerhand teurbahre Tücher von Gülden und Silbern Stük; welches alles die Königin mit Verwunderung ansahe / und von Farabert[474] zuwissen begehrete /ob sie gläuben dürffte / daß ihr solches von der jungen Teutschen GrosFürstin auß einem rechten Freundesherzẽ geschicket würde. Worauff er antwortete /daß bey seinen ritterlichen ehren er nicht anders gläuben könte / angesehen der hohen Beteurungen / welche er auß ihrem und ihres Gemahls munde gehöret hätte / zeigete danebẽ an / was grosse Geschenke er vor sich selbst hätte annehmen müssen. Der König fing darauff an; das müssen redliche und sehr ehrliebende Herzen seyn / welche sich dergestalt gegen unserzeigen. Er sahe den Brieff an / und das beigefügte Schächtelchen / welches von Kleinoten zimlich schwehr wahr / und als ihm das prächtig geschmükte Pferd und der beladene MaulEsel darzu gezeiget ward / sagte er; ihr Götter / helfft meinem Sohn zur völligen Gesundheit / wie ich dessen auß dem guten Anfange eine starke Hoffnung habe / und gebet mir Gelegenheit / mich diesen trefflichen wunder Leuten dankbar zuerzeigen. Er hätte seinem Sohn den Brieff gerne ungebrochen eingehändiget / fürchtete sich aber / es möchte ein oder anders darinnen begriffen seyn / welches zu seiner Besserung mehr schädlich als befoderlich währe; ließ den Arzt zu sich fodern / und fragete nach seines Sohnes Zustande / nebest Anmeldung /daß ein Schreiben von der jungen GrosFürstin ankommen währe; Der Arzt gab zur antwort / es liesse sich je länger jemehr zur besserung an / und währe nicht allein die wahnsinnige raserey hinweg / sondern er finge schon an sich fein zubegreiffen / und verständig zureden / wie wol mit wenig Worten. Der König fragete weiter / ob er vor rahtsam hielte / ihm das Schreiben zuzustellen / und was ihm vor Geschenke dabey übermacht währen. Er bedachte sich darauff ein wenig / und gab sein bedenken / dafern das Schreiben nichts Herzenrühriges in sich begreiffen würde / könte es wol geschehen / daher es würde nöhtig seyn / es zubrechen und durchzusehen; welches der König alsbald leistete / und diesen Inhalt fand:

Durchleuchtigster Königlicher GroßFürst / freundlicher in Ehren geliebter Herr Oheim; Wie mannicher Gefahr ich gleich eine zeitlang unterworffen gewesen bin /habe ich dannoch nicht umhin gekunt an Ihre Liebe zugedenken / in betrachtung der hohen Zuneigung / welche dieselbe durch Anwerbung umb mich zu einem Gemahl /Sonnenklar hat sehen lassen; da ich dann mich schuldig gewust / Eurer Liebe begehren in Ehren zuerfüllen / dafern nicht eine lautere Unmögligkeit mich daran verhindert hätte. Weil aber ein jeder Tugendliebender Mensch gehalten ist / redliche und auffrichtige Freundschafft nach allem Vermögen zuvergelten / so versichere Eure Liebe ich hiemit und kraft dieses / beständigst / daß ich zeit meines Lebens seyn und bleiben werde / des treflichen Königlichen GroßFürsten Markomir in ehren ergebene geträue Schwester / bin auch willig und erbötig mit dessen Liebe alle meine Glükseligkeit gemein zuhaben / nichts überal ausgenommen / nachdem ich versichert weiß / dz dieselbe / ihrem Tugendergebenen Herzen nach / nichts als ehrenzulässige Freundschafft an mich und meines gleichen gesinnen kan. Es hat mich zwar eine fliegende Zeitung von Euer Liebe Unpäßligkeit und Gemühts Traurigkeit nicht wenig erschrecket / hoffe aber zu dem Almächtigen wahren GOtt / es werde mein teurer Fürst alle unnütze Bekümmerniß aus seiner Seele verjagen / worzu ich dessen Liebe schwesterlich wil ermahnet haben /auch deren Gewogenheit daher erkennen / wann sie mir hierinnen brüderliche Folge leisten wird. Beigefügtes Per sische Pferd / und andere geringfügige Sachen / wolle mein Herr Bruder von seiner in Ehren ergebenen Schwester Valisken anzunehmen unbeschweret seyn / und beygefügte 2000 Kronen seinem Arzt in meinem Nahmen einreichen / zur Bezeugung / daß denselben ich bey seinem Gewissen erinnerte / allen möglichen Fleiß zu Eurer Liebe Gesundheit anzuwenden / und auff künfftige gute Zeitung Ihrer Liebe völligen Besserung / ein gedoppeltes von mir gewärtig[475] zuseyn. Ich bin und werde seyn (nähst Begrüssung Eurer Liebe Eltern / als meines Gn. Herrn Vaters und Fr. Mutter) meines höchstgeliebeten Herrn Bruders / des teuren Fürsten Markomir ehrenbereitwilligste Schwester


Valiska.


Dem Könige überlieffen die Augen von FreudenTrähnen / und der Arzt freuete sich nicht wenig des übergeschikten Geschenkes / rieht / daß dem jungen Fürsten das Schreiben alsbald gelieffert würde / welches sie / weil das Pitschafft unverletzet wahr / fein und unvermerket zumachten: nahmen die Wetscher und KleinotSchachtel mit sich / und gingen zu dem jungen Fürsten in sein Gemach / welcher auff seinem Lager lag / und allerhand Gedanken in seinem Gehirn herumb schweben ließ / da der Vater ihn also anredete: Geliebter Sohn / wir werden dir Zeitung bringen von grosser Wichtigkeit / und erinnern dich beiderseits / daß du solches ohn sonderliche GemühtsBewägung annehmest. Gn. Herr Vater / antwortete er; was kan einem solchen elenden Menschen / als ich bin / vorgebracht werden / daß ihn sonderlich bewägen solte? Er wolte weiter reden / aber der Vater fiel ihm ins Wort / und sagte: Was nennestu dich einen elenden? ist dir ein Ungemach zugestossẽ / das schlage auß dem Sinne / und danke den gütigen Göttern / daß sie deiner Gesundheit dich wieder vergewissern wollen. Damit wir dich aber nit zulange auffhalten / so wisse / daß deine allerbeste und angenehmste Freundin und Schwester dir diesen Brieff sendet / und andere Sachen mehr; hoffen / du werdest es gerne annehmen / und dich brüderlich gegen dieselbe erklären. Markomir / als auß einem tieffen Schlaffe erwachete /fragete den Vater / was vor eine Freundin er dann hätte? je mein Sohn / antwortete er / eben dieselbe /ümb deret Willen du dich diese ganze Zeit her gehermet hast. Ach mein Herr Vater / sagte er / ist dieselbe meine Schwester und Freundin? ja ist dieselbe annoch im Leben? freilich ist sie noch im leben / antwortete er; und ob sie deine Freundin sey / wird / meinem vermuhten nach / dieser Brieff dir sagen / dafern du ihn nur lesen wirst. O mein Herr Vater / ein Brief? sagte er / ein Brieff von dem unvergleichlichen Fräulein an mich Unwirdigen? rede nicht so verächtlich von dir selbst / antwortete der Vater; du weist ja wer du bist; nim vielmehr dieses Schreiben und liese es fein bedachtsam durch. Er griff mit beiden Händen darnach /besahe das Pitschafft / umb welches der Nahme Valiska gegraben wahr / küssete den Brieff / laß ihn langsam durch mit Trähnen fliessenden Augen / und als er ihn gar zu Ende gebracht hatte / sagte er mit einem Seuffzer: Ihr Götter / O ihr gütigen Götter; euch danke ich von Herzen / daß ihr dieser allerwirdigsten Fräulein Gnade und Gewogenheit mir erworben und zugewendet habet / und mich wirdig gemacht / einen Gruß und Befehl von ihr zuerhalten. O ihr mein lieber Arzt / wendet allen Fleiß an zu meiner Gesundheit / damit ich dieselbe bald sehen möge /welche nach diesem als meine allerwirdigste Frl. Schwester ich ehren wil / weil ich deren ehelicher Liebe mich ganz unwirdig weiß. Der Vater und der Arzt höreten diese Worte mit sonderlicher HerzensFreude an / und öffnete der junge Fürst darauff die Schachtel / auß welcher er sechs köstliche Ringe / so viel mänliche Kleinot und eine DemantKette hervor nam / aber das unterste / welches in einem seidenẽ Tüchlein eingewickelt wahr / erfreuete ihn noch am meisten / nehmlich ein Armband auß ihren Haaren /mit den köstlichsten Perlen durchwickelt / wobey dieses kleine Brieflein lag:

[476] Meinem hochwerten Herrn Bruder / GroßFürst Markomir / zur Bezeugung und Festhaltung Schwesterlicher Träue und Liebe.

Viel zuviel / allerwerteste Fürstin / sagte er nach Verlesung; an dessen Vergeltung ich auch durch auffopferung meines Blutes nicht reichen kan; band es geschwinde umb seinen rechten Arm / und sagte: dieses würde mich vom Tode zum Leben aufferwecken /warumb dann nicht viel leichter von der GehirnsVerwirrung zur völligen Vernunfft? die Wetscher ließ er auch auffschliessen / auß welchem allerhand köstliche Gülden und Silbern Stük zu seiner Kleidung genommen wurden / insonderheit ein grosser schneeweisser Federbusch / welchen er auff seinen Huht zustecken befahl. Und weil die genennete 2000 Kronen sich auch sunden / reichete er sie dem Arzt / und sagete; erinnert euch eurer Schuld / und versichert euch von mir aller Gnade. Endlich legte er seinen Schlaffrok an / und ließ sich auff den Gang leiten / das übergeschikte Pferd zusehen / welches ihm sehr wol gefiel / und wünschete / daß ers bald beschreiten möchte. Der Arzt verwunderte sich seiner Freidigkeit und vernunfftigen Rede / dergleichen er von ihm noch nicht gehöret hatte / bedankete sich untertähnigst wegen des grossen Geschenkes / und ermahnete den Fürsten / er möchte nur bey solcher angenommenen Weise beständig bleiben / aller schwermütigen Traurigkeit Urlaub geben / und seine Arzney fleissig gebrauchen / als dann solte er mit der Götter Hülffe inwendig vier oder funf Wochen seine völlige Gesundheit und Kräffte wieder erlangen. Worauff er antwortete: Mein Freund / alle Ursach meiner Bekümmernis ist verschwunden /warumb solte ich dann meine Seele noch weiters peinigen? der Himmel gönne mir nur das Glük / daß ich dieser Fürstin Angesicht sehen möge / deren schwesterliche Hulde mir ungleich lieber ist als aller Welt Schätze. Seine Fr. Mutter kam auch darzu und weinete vor Freuden über ihres Sohns gutem Zustande /welcher dann von Tage zu Tage an Verstand und Kräfften zunam / biß er inwendig versprochener Zeit zu völliger Gesundheit gelangete.

Unsere Fürstliche Geselschafft zu Prag lebete inzwischen in aller zulässigen Ergetzligkeit / und erwarteten des angesetzten Tages der Königlichen Krönung / wobey Valiska einen sonderlichen Auffzug zumachen / in voller Zubereitung wahr / und nicht desto weniger mit ihrem Herkules täglich überlegte / auff was Mittel und weise er bey seinem Herr Vater völlig möchte können außgesöhnet werden.


Ende des Sechsten Buchs.

Quelle:
Andreas Heinrich Buchholtz: Des Christlichen Teutschen Großfürsten Herkules Und Der Böhmischen Königlichen Fräulein Valiska Wunder-Geschichte. 6 Bücher in 2 Teilen, Teil 2, Braunschweig 1659/60, S. 253-477.
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