Anderes Buch.

[248] Die Böhmischen Gesanten hatten gleich diesen Morgen unter sich abgeredet / ihren Herrn und König umb gnädigste Erlassung zur Heimreise untertähnigst zubegrüssen / und wo möglich / folgendes Tages ihren Rükweg vorzunehmen / der ungezweifelten Hoffnung / es würde ihr König nunmehr seine Gedanken und Vorsaz geendert / und der fernen Reise sich begeben haben / so daß er entweder mit seinem Gemahl eine zeitlang zu Padua verbleiben / oder in kurzen nach Böhmen folgen / und die vollige Beherschung antreten würde. Herkules wahr die Mahlzeit über mit gleichmässigen Gedanken beladen / und wuste nicht /wessen er sich hinfüro zuverhalten hätte. Zwar er kunte ihm nicht einbilden / daß sein lieber Ladisla weiters noch mit ihm zureisen solte gesonnen seyn nachdem er sein herzgeliebtes Fräulein sich hatte trauen und ehelich beylegen lassen; jedoch weil er sahe /daß diese Verenderung ihm nicht das allergeringeste von der alten eingewurzelten Freundschafft benam /kunte er nichts gewisses schliessen / vielweniger ersinnen / auff was weise er sich würde von ihm trennen können / daß es mit seinem guten willen geschähe; dann er wahr des steiffen Vorsatzes / keines weges zu Padua ober in Böhmen seine Jugend zuzubringẽ / ehe er die Welt / insonderheit die beschrihenen Reiche /Griechenland und Asia / auch wo möglich / Egypten besucht / und daselbst Ritterschafft geübet hätte. Weil er aber hierin so bald keinen gewissen Schluß machen kunte / befahl er seinem Gotte die Sache / der ungezweifelten Hoffnung / er würde alles nach seinem gnädigen willen schaffen und zum besten schicken. Als er in diesen Gedanken begriffen wahr / trat sein Leibknabe Publius vor den Tisch / und meldete an /es währe ein verwundeter blutiger Reuter in fremder Kleidung haussen vor dem Hof-Tohr / dessen Reden und Seufzen niemand verstehen könte / ohn daß er die Nahmen Wenzesla und Ladisla offt widerhohlete. Der Stathalter hatte dem Wenzesla die Ehre angetahn /und ihn mit zur Mahlzeit gefodert / und sagte Herkules zu ihm: Lieber gehet doch hin / und vernehmet /obs etwan der Herren Gesanten Diener einer sey; dann ich mache mir die Gedanken / sie werden entweder unter sich selbst / oder mit andern in Zänkerey Wunden gewechselt haben. Der Knabe antwortete: es währen ihm der Herren Gesanten Diener alle miteinander sehr wol bekant / dieser aber währe gar ein fremder /und führete zween zimlich schwer beladene Maul Esel an der Hand. Wenzesla ging eilends hinaus / umb die eigentliche Warheit zuvernehmen / und sahe über alles vermuhten in höchster Verwunderung seines Bruders Sohn Neklam vor dem Tohr halten / ganz blutig / schwach und erschrocken / welchen er alsbald fragete / wie dieses zuginge / und was vor Unglük ihn also zugerichtet hätte. Dieser ließ einen tieffen seufzer aus seinem Herzen / schlug die Hände zusammen /und sagete: O Verlust über Verlust / Elend über Elend! fing hiemit an so bitterlich zu weinen und sich zu geberden / daß er kein Wort aussprechen kunte. Wenzesla erzitterte hierüber / dann es wahr ihm Neklams fester Muht und steiffe Hartnäckigkeit wol bekant / redete ihm dannoch ein / das weibische weinen zumässigen / und den schweren unfall zuerzählen; Welcher darauff diese Worte als mit einer[249] stürmenden Fluht heraus brach: Ach ach! ach des Jammers! unser Fräulein Valißka! ach unser Fräulein Valißka ist diesen Morgen gefangen hinweg geführet / und alle ihre Leute erschlagen. Kein Donnerschlag hätte den Alten härter treffen mögen / als diese elende Zeitung / gestaltsam er im Augenblik auff sein Angesicht zur Erden stürzete / und in harter Ohmacht liegen blieb. Der Thorhüter ersahe dieses hohlete eine Schale mit kaltem Wasser / legte ihn auff den Rücken / und netzete ihn unter dem Angesichte; wodurch er sich wieder ermunterte / stund auff / und fragete Neklam / ob er irgend seinen Wiz verlohren hätte. Ja wol verlohren / lieber Vetter / sagte dieser; was ich leider nicht allein mit meinen Augen angesehen / sondern dabey drey zimliche Wunden empfangen habe / kan ich wol bezeugen; und wolte Gott / ich redete aus Aberwitz. Der Alte wuste nicht / was er vor Traurigkeit und Herzensangst taht oder redete / und fragte weiter / wo dann das Fräulein währe. Ach / sagte er / wann ich wüste / wohin sie von den Räubern geführet worden /könte man umb so viel besser jhnen nachsetzen. Wo aber / und wann ist dieses geschehen? fragete Wenzesla weiter. Heut morgen sehr früh / antwortete er /in einem offenen Flecken / vier Meile von hinnen. Wie komt dann das Fräulein daher? sagte der Alte; und antwortete ihm Neklam: Sie ist im Begleitung XL Reuter herüber gereiset / dem Hochzeit Feste ihres Herrn Bruders beyzuwohnen. O ihr Götter / sagte Wenzesla / warum lasset ihr über die volkommenste Blume dieser Welt ein solches Unglük aus? die euch doch nie mit keinem Worte zuwider gelebet. Befahl hierauf dem Tohrhüter alsbald einen Arzt herzuhohlen / damit dieser Reuter / welcher Herrn Ladisla Diener /verbunden / und mit Speise und Trank gelabet würde; Er aber fassete selbst sein Pferd beym Zügel / führete ihn samt den MaulEseln in den Vorhof / und ließ etliche anwesende Diener die Wetscher abheben und auff den Esse-Saal ihm nachtragen / da er vorhin ging tod-bleich und zitternd / als ein verurteileter Mensch /dem der ScharffRichter das Schwert über dem Kopffe hält. Ladisla sahe ihn hinein treten / und sagte: Was Zeitung bringt ihr Wenzesla? wie sehe ich euer Angesicht so bleich und erschrocken? nimmermehr gehet dieses recht zu. O gnädigster; antwortete er; mit welchem Worte er abermahl in Ohmacht fiel / und alle viere von sich streckete. Die Fråulein und andere anwesende entsetzeten sich über alle masse / hiessen die Diener ihn auffheben / und Erquickung beybringen; welche allen fleiß anwendeten / biß sie jhn wieder zurechte brachten. Herkules empfand unsägliche Angst in seiner Seele / und sagte zu Ladisla in Teutscher Sprache: Mein Herz hat mir ohn zweifel vorher angedeutet / welches wir schier vernehmen werden / und fehlet nicht / es muß sich ein sehr schweres Unglük zugetragen haben / welches eigentlich uns angehet; deßwegen lieber Bruder Ladisla / fasse ein standfestes Herz / und laß deinen Muht nicht sinken. Herzlieber Bruder / antwortete er / ich fürchte sehr böse Zeitung von Hause / wo die unsern nicht wol gar von unvermuhtlichen ReichsFeinden / Pannoniern oder andern gefänglich hinweg geführet / oder erschlagen sind. Wir wollen so gar ein unglükliches nicht hoffen / sagete Herkules / wie wol es nicht viel besser seyn möchte. Wenzesla kam wieder zu sich selbst / wrang die Hände / rauffte das Haar / und rieff alle Götter umb Rettung an. Herkules kunte auff seiner Stelle nicht bleiben / trat hin zu ihm und erinnerte ihn / anzudeuten / aus was Ursachen er sich so kläglich geberdete. O so erbarme es die Götter / sagte er darauff /daß ich dieser leidigen Zeitung anbringer[250] seyn muß; sahe hiemit Herkules sehr traurig an / und auff Teutsch sagte er mit leiser Stimme zu ihm: Ach Fürst Herkules / unser Fräulein Valißka / unser Frl. Valißka! damit verging ihm die Rede und der Odem zugleich. Als Herkules diesen allerliebsten Nahmen hörete / erstarreten alle seine Gliedmassen / das Geblüt aus allen Adern lieff ihm zum Herzen / daß ihm ein kalter Schweiß außbrach / und er nur diese Worte sagte: O du allerliebstes Seelichen! o wo bistu / wo bistu? womit er sanfftiglich zur Erden niderfiel / uñ unbewäglich liegen blieb. Frl. Sibylla stund ihm allernähest / sahe ihn sinken / und ward dadurch so bestürzet / daß ihr gleiche Ohmacht überging / und sie auff ihn dahin fiel. Der Stathalter sahe den grossen Jammer / schlug die Hände zusammen / und wünschete ihm selber den Tod. Ladisla stund wie ein Stein /kunte weder reden noch schweigen / biß ihm der grosse Herzensprast diese Worte heraus drängete: Sol es dann also aus Angst und Trübnis gestorben seyn /werde ich gewißlich nicht der lezte überbleiben. Der junge Fabius tröstete ihn / er solte sich seines unüberwindlichen Gemühts erinnern / dem Unglük geherzt das Häupt bieten / und nicht mit todes Gedanken umbgehen / sondern anordnen helffen / daß sein Freund gelabet würde. Damit trat die Stathalterin hinzu / risse Frl. Sibyllen den Busem auff / und besprützete sie mit kühlem Wasser. Ladisla rüttelte und schüttelte seinen Herkules / wischete ihm den Angstschweiß ab / und bestreich ihn mit Krafftwasser / zu ihm sagend: Mein Bruder / hastu Ursach gnug zusterben / so nim deinen Ladisla mit / der dich nimmermehr überleben wird. Fabius taht ihm geträuen Beystand / daß er endlich zu ihm selber kam / und mit einem tieffen Seuffzer und halb verschlossenen Augen wieder zu Teutsch anfing: O du allerliebstes Seelichen? o du unvergleichlicher Weltschaz! sol ich dich dann in der ewigen Seligkeit nicht sehen? O du allerliebstes Seelichen / o wo bistu? Ladisla trat hin zu Wenzesla / (der wieder zun Füssen kommen wahr /und neben den Gesanten diß grosse Unglük beklagete) und fragete ihn / ob dann seine Frl. Schwester todes verblichen währe. Nein Gn. Herr / antwortete er / aber sie ist gefangen und in Räuber Händen. Nun dann sagete er / so stehet ihr ja noch zu helffen; ging wieder zu Herkules / und sagte zu ihm: Mein allerliebster Bruder / unsere Schwester Valiska lebet. O Bruder o Bruder / antwortete er / ertichtete Hoffnung zergehet bald; und sagte weiter: O du ädle Seele / du außbund menschliches Geschlechts / währestu doch nur vor deinem Ende zur erkåntnis deines Heylandes kommen; o so důrftestu die ewige Verdamnis nit ertragen. Wenzesla trat auch zu ihm / sprechend: Gewißlich Gn. Herr / eure Frl. Swester lebet und ist gesund / nur daß sie von etlichen Räubern gefangen gehalten wird. Hierauff besan er sich / fürchtend / er hätte etwa in dieser Angst sich etlicher Reden vernehmen lassen / wodurch seine Liebe könte geargwohnet werden; stund auff und sagte: Ich bin meiner Frl. Wasen uñ Schwester ohn zweiffel mein Leben schuldig / welches zurächen / sie vor zwey jahren so bereit und willig wahr / da es die Noht erfodert hätte; in betrachtung dessen / muß ihre Gefängnis oder meines Lebensfadem gebrochen werden / welches ich in keinem wirdigern Dienste anzuwenden weiß. Er nahete sich zum Tische / mit einem Trunk Wein seine matten Geister zu laben / sahe aber das Fr. Sophia deren niemand acht hatte / auff ihres H. Vaters Stuele in der tieffsten Ohmacht saß / und kein Lebenszeichen sehen lies / welches vor seinem Ladisla zu verbergen / er ihr den Busem öffnete / und den Wein unter das Angesicht[251] streich / daß sie zur empfindnis kam / und zu ihm sagete: Herzgeliebeter Herr Bruder / ich gedachte / wir währen alle mit einander verschieden; O saget mir doch / was vor eine hellische Unholdin hat uns unschuldige so hefftig erschrecket? Ach meine Fr. Schwester / antwortete er; meine Fräulein Wase und Schwester / Frl. Valißka ist gefangen und in Räuber Hände gerahten. O ihr Götter! o du bitteres Verhängnis! sagte sie; verlohr die lebendigen Geister zum andernmahle / und hatte Fr. Ursul mit ihrer erquickung gnug zu tuhn. Herkules rieff seinem Knaben / befahl sein Pferd und Rustung ungeseumet zubringen / und fragete Wenzesla / woher er doch eigentlich wüste /daß sie noch im Leben / und nur gefangen währe. Der Bohte / sagte er / welcher mir die leidige Zeitung bringet / hat mirs also erzählet. Und wo ist dann dieser unselige Bohte? fragete Herkules. Draussen im Vorhofe / antwortete er / da ihm seine Wunden verbunden werden / die er bey dem grossen Unglük empfangen hat; dann wie ich vernehme / ist er von XL allein übrig blieben. Wie? fragte Herkules / ist es dann in der nähe geschehen? Ja / sagte er / es hat der elende Unglůksfal sich drey oder vier Meile von hinnen in einem Flecken zu getragen. Ladisla fiel ihm in die Rede / und sagte zu ihm: Wie raset ihr etwa Wenzesla / oder habt ihr euch von einem Possenreisser aufftreiben lassen? O daß ich biß an mein Ende immerhin rasete / antwortete er und nur dieses Unglük erlogen währe! Das Fräulein hat euer Gn. auff ihrem hochzeitlichen Ehrenfeste Geselschafft zu leisten / sich herüber gewaget / und ist drüber gefangen / dessen jene Wetscher Zeugnis gnug geben / die mit dem Bömischen Reichswapen bezeichnet sind / uñ vor den Räubern erhalten worden / werden ohn zweiffel mit der Fräulein Schmuk und Kleidern angefüllet seyn. Ey Gott lob / sagte Herkules / daß es dannoch in der nähe geschehen ist / und wir verhoffentlich ihr desto ehe können zu Hülffe kommen.

Die Gesanten stunden in höchster Betrübnis als die ausgehauene Bilder / und wahr ihrer keiner der eines Wörtleins hätte mächtig seyn können; biß endlich Herr Stanisla sagete: Es ist meiner Meinung / ein liderliches beginnen / daß man dem jungen frischen Fräulein diese Reise entweder angemuhtet oder gegönnet hat / da man weiß / daß jhr unterschiedliche mahl solche Unfälle aufgestossen sind / die man vor rauberische Nachstellung hat halten müssen. Der Stathalter lies alle junge Manschafft auffbieten / mit jhrem Gewehr alsbald fertig zu seyn / wohin man sie seinem Schwieger Sohn zu Dienste führen würde; die sich dann hiezu willig finden liessen / und schwuhr Herkules allen Anwesenden / in Padua nicht wieder zukommen / noch seine Seele zu befriedigen / biß das Fräulein erlöset währe / da sie sonst noch lebete; solte sie aber verschieden seyn / wolte er ihren Tod an den Räubern der gestalt rächen / daß die ganze ümliegende Gegend davon solte zu sagen wissen. Die Pferde wahren gesattelt / Herkules / Ladisla und der junge Fabius mit jhren ritterlichen Dienern sassen auf / und liessen dem verwundeten Zeitungs bringer / nachdem er verbunden und gelabet wahr / ein geruhetes Pferd geben / umb jhnen den Weg zu zeigen. Es folgeten jhnen 200 Reuter und 2000 zu Fusse nach / aber weil Herkules die geringe Zahl der annoch übrigen Räuber von Neklam verstund / hieß er die Völker ümkehren /und behielt nur 50 wolberittene / du jhm folgen musten. Sie ranten aus allen Kräften fort / was die Pferde lauffen kunten / biß Fabius zu ihnen sagete; jhr Herren bedenket / bitte ich / daß wir vier Meile vor uns haben / solten wir nun also fort fahren / würdẽ die Pferde zeitig ümfallen;[252] ihr sehet schon wie unsere Reuter dahinden bleiben. Herkules merkete wol / daß jhm alles an der Eile würde gelegen seyn / muste doch den Pferden luft gönnen / damit sie deren länger gebrauchen könten / und rieff Neklam zu sich / daß er ausführlich erzählete / wie es in raubung des Frauleins ergangen währe; welcher darzu willig wahr / und also anfing: Gnädigste Herren / als unser gnädigsten Frauen der Königin / jhres Herrn Sohns Heiraht zu wissen gemacht ward / hielt das Fräulein ganz inständig ümb Erläubnis an / derselben beyzuwohnen / welches doch jhre Hocheit vor jhr Häupt / wie auch die Herren Reichs-Rähte nicht einwilligen wolten / biß endlich die gesamten Landstände mit darzu gezogen /und von dem Fräulein auf jhre Seite gebracht wurden / welche jhr 40 Reuter zur Begleitung mitgaben. Das Fräulein hatte jhre zwo vertrauete ädle Leibjungfern /Libussen und Brelen bey sich in der Gutsche / und etliche Wetscher auff zween MaulEseln / welche ich /ausser einen / gerettet / und zu Padua unversehret überlieffert habe. Unsere Reise ging nach allem Wunsch schnelle und glüklich fort / biß wir in dem unseligen Flecken ankahmen / und in zwey nahe beyeinander gelegene Wirtshäuser einkehreten / die Speise einnahmen / und uns zeitig an die Ruhe legeten /weil das Fräulein Anordnung machete / folgendes Tages sehr früh auffzuseyn. Sie wolte anfangs sich zu Padua ungemeldet auffhalten / und niemand als meinem alten Vetter Wezesla ihre Anwesenheit zuwissen tuhn; hatte einen sonderlichen kurzweiligen Auffzug vor / in welchem ich des Narren spielen solte; Sie mit ihren beyden Jungfrauen wolten die drey Göttinnen der Freundligkeit seyn; ihr angemasseter Name wahr Aglaia / Libussa solte Thalia / Brela aber Euphrosyne heissen / und solte diesen Abend solche Mummenschanze ihrem Herr Bruder und dessen Gemahl gebracht worden seyn / neben einem sonderlichen von ihrer Gn. selbst erfundenem neuen Tanze / in welchem sie sich alle Abend und Morgen auff den Herbergen dieser gantzen Reise fleissig übeten. Ihre Durchl. selbst hatte einen kleinen zierlichen Handbogen mit einem Köcher voll kleiner güldenen Pfeilichen / an denen fornen eine kleberige Salbe geschmieret wahr / daß sie hafften blieben / worauff man sie schoß. Mit diesen / sagte sie / wil ich allem Frauenzimmer auff der Hochzeit eine furcht einjagen / und ihnen die Pfeilichen in den Busem schiessen / da man ein lustiges Schreckgeruffe hören sol; und wer weiß /ob nicht etliche gar schreyen uñ klagen werden / daß sie verwundet seyn; befahl auch ihren beyden Jungfern ihre kleine mit rohter Farbe gefüllete Spritzichen frisch zugebrauchen / und ihnen den Busem damit zu netzen / damit sie in den Wahn gerieten / es währe ihr eigen Blut. Herkules wie betrübt er wahr / muste der lustigen Erfindung lachen / und sagte: Wolte Gott /daß ihr dieser Possen angangen währe / sie solte dessen schleunige Vergebung erhalten haben; Aber wie bezeigete sich das Fräulein sonst auff der Reise? Gnädigster Fürst / antwortete er; Ihr Herz wahr mit freuden erfüllet / weil sie schon alle Gefahr meynete überwunden haben / und hatte / weiß nicht wz vor ein heimliches Gespräch mit Jungfer Libussen / die ihr überaus geheim war / daß sie sich auch mannichmahl mit ihr herzete; sie hatten einen kleinen Brief / welcher kreuzweise zusammen gefalzet wahr / denselben lasen sie offt durch mit sonderlicher Belustigung. Herkules hörete an diesem Zeichen / daß es sein leztgeschriebenes Brieflein wahr / und erkennete daher unfehlbar / sie währe eigentlich durch die herzliche Liebe gegen ihn zu dieser Reise bewogen worden / welches er in seinem Hertzen ängstiglich beklagete. Neklam[253] fuhr inzwischen in seiner Erzählung fort / und sagete: Als wir die letzte Tagesreise nach dem Flecken fortsetzeten / ging es uns etliche mahl gar selzam: Ihre Gutsche schlug auff ebener Erde umb / daß kein Mensch die Ursach solches Unfals ergründen kunte; und ob gleich dz Fräulein samt den beyden Jungfern aus dem Wagen über und über tummelten /bekam doch ihrer keine einigen Schaden. Kaum hatten sie sich mit lachendem Munde wieder auffgesetzet / da wolte unsers Führers Pferd nicht aus der Stelle gehen / und als es rechtschaffen gestriegelt ward / geriet es in ein rasen / daß es mit ihm querfeld einlieff /und ers durchaus nicht zwingen kunte; bald darauff erging es uns ingesamt gleich also / da wir im Felde so wunderlich durch einander hersprengeten / als währen wir alle mit einander toll gewesen / und währete solches ohngefehr eine gute Viertelstunde / da liessen sich die Pferde wieder nach unsern Willen lenken. Das Fräulein ward froh / da sie sahe / daß wir wiederumb eine richtige Ordnung schlossen / und fragete uns / ob wir oder unsere Pferde vom Tolkraut gefressen hätten; aber ein Reuter unsers Mittels rieff überlaut: Ihr Brüder schieket euch auff eine redliche Abendteur / die ohn Blut und Wunden nicht abgehen wird. Wir gedachten ein jeder das seine / und zogen fort / biß wir den Flecken erreicheten / und wie oberwähnet / uns daselbst einlegeten. Es wahr die ganze Nacht zimlich stille / ohn dz die Hunde ein erschrekliches Geheule trieben / wobey sich die Eulen weidlich mit hören liessen / daß auch etliche an das Ka erfenster geflogen kahmen / wo dz Frl. schlief / und war uns trauen hiebey nit so gar wol / dz wir auch die ganze Nacht gewaffnet blieben / uñ die Schildwachtẽ außsetzeten / welche kurz vor Morgens ein Geschrey machtẽ / der Flecken währe erstiegen / uñ voller Feinde. So bald das Frl. dessen gewahr ward / rief sie mir / weil ich auf ihrer Ka er wachen muste / und sagete: Geschwinde auff Neklam / und trage mir diese Wetscher etwa in einen Kühe- oder Schweinstall / verbirge sie unter die Streu oder sonst in heimlichen Winkeln / und wann sichs ja zutragen solte / daß alles über und über ginge / so bemühe dich / diese Sachen nach Padua zu bringen. Gnädigstes Fräulein / antwortete ich / die Götter werden uns behüten / und alle Feindseligkeit von uns abwenden. Nach weniger Zeit höreten wir ein mächtiges gestürme und brechen an der Haußtühr / welche endlich mit Gewalt auffgetreten ward / unterdessen ich empfangenem Befehl nach / die Wetscher hinweg trug / ohn einen sehr schweren / den ich wegen des starken gefechtes im Hause /nicht fortbringen kunte. Es funden sich zu unserm Unglük nur XIIX unser Geselschafft bey dem Fräulein die übrigen wahren in der andern Herberge zur nähesten Wand; noch stritten wir mit den Räubern eine gute Stunde / und erlegten ihrer etliche und zwanzig /biß ich sahe daß meine Geselschafft fast alle erschlagen / und die wenige übrige biß auff den Tod verwundet wahren / empfing auch meine Wunden in diesem Gefechte / und hatte mich erkläret / mit meinen Brüdern ehrlich zusterben / biß mir endlich der Fräulein Befehl zu Gedächtnis kam / da ich aus der Hintertühr in den Hoff sprang / nach dem Kuhstalle (in welchẽ ich mein Pferd und beyde MaulEsel gezogen hatte) mich zu verbergen / eilete / und daselbst alles vernehmen kunte. Unsere Geselschafft in der nähesten Herberge / währen dem Fräulein gerne zu hülffe kommen / wurden aber von den Räubern so warm gehalten /daß ihnen unmöglich wahr durch zubrechen / und hörete ich ein solches gemätsche und Winseln der Sterbendẽ / daß mir die Haar zu berge stunden. Das Fräulein lies ihr anfangs ein Schwert und[254] Schild / neben ihren scharffen Pfeilen und Bogen auff die Kammer reichen / und zohe nachgehends die angesezte Leiter zu sich hinauff. Die ganze Reise hatte sie Mannskleider unter ihrem Rok angeleget / welche sie auch zu Nachtzeit gar selten abzohe. Endlich sahe ich mit grossem Schrecken / daß in solchen Manneskleidern sie mit ihren beyden Jungfern zugleich auff die Gutsche gesetzet und zum Flecken hinaus geführet ward / nach dem die Räuber alle unsere Pferde aus den Ställen gezogen / und mit sich hinweg nahmen. Als ich nun in meiner Gewarsam merkete / daß alles stille wahr / wie sie dann gewaltig hinweg eileten / kroch ich hervor /und hatte mich zimlich verblutet / wagete mich ins Hauß / und sahe den abscheulichen Anblik der Erschlagenen / unter denen die unsern mutternacket außgezogen wahren / welche aber so redlich gefochten hatten / daß die Räuber etliche siebenzig in beyden Häusern eingebüsset / dagegen auch die unsern sämtlich dz Leben zugesetzet hatten. Zu meinem sonderlichen Glücke wahr ein Pannonischer Knecht in unserm Wirtshause / mit welchem ich reden kunte / der zeigete mir an / daß die Räuber über 100 Mann anfangs stark / kaum mit etlichen und zwanzigen wieder abgezogen währen / zu denen ausserhalb des Flecken noch XX gestossen / welche denselben außwendig besetzet gehalten / hätten den Einwohnern kein Leid getahn /noch ihnen einigen Hellerswert entwendet / und vorgeben / Sie hätten ihre und des Reichs Feinde zuerschlagen von der Obrigkeit Befehl / da sie sich nicht gutwillig ergeben würden; währen sehr betrübet /wegen des grossen verlustes der ihrigen / davon gezogen / ohn daß über die Gefangene und einen grossen Wetscher / in dem viel Gold und etliche Kleider gewesen / sie sich höchlich erfreuet hätten. Auff mein fleissiges nachfragen berichtete er mich ferner / daß wie alle die unsern erschlagen / währe das Fräulein in Manneskleidern an die Kammertühr getreten / und mit ihren Pfeilen dermassen von sich geschossen / daß fünffe davon niedergefallen und umbkommen / welche ich auch liegen sahe / und die Pfeile in ihren Leibern stecken. Die Räuber hierdurch höchlich erzürnet / hätten eine Leiter angeschlagen / und zu ihr hinauff klimmen wollen; sie håtte aber dem ersten und andern den Weg mit dem Schwerte dergestalt zurük gewiesen /daß sie Tod hinunter gepurzelt / uñ sich keiner mehr zu ihr machen dürffen; ja es währe eine solche furcht unter ihnen entstanden / da sie die übertrefliche Schönheit dieses vermeyneten Jünglings / und dessen feur brennende Augen erblicket / daß der gröste Teil in dem Wahn gestanden / er währe etwa ein Gott / biß endlich einer unter ihnen geruffen / man solte feur herbringen / und die Kammer anzünden / dafern er sich nicht ergeben würde; wolte er aber mit seiner Geselschafft herunter steigen / solte ihnen sämtlich / Lebens- und ehren- sicherheit äidlich versprochen werden. Hierauff währe der trefliche Jüngling in die Kammertühr getreten / und sie mit herzhafften Worten angeredet; er könte nicht außsinnen / was Feindseligkeit man ihm und den seinen angelegt / und so viel unschuldig Blut vergossen hätte / da er doch keine Ursach oder Anlaß darzugegeben / noch einigen Menschen beleidiget; so währe er ja kein Feind noch verrähter / vielweniger ein verurteileter / sondern ein grosser Herr / und des Römischen Käysers Anverwanter / möchten sich demnach wol versichern / dafern ihm oder dem bey sich habenden ädlen Frauenzimmer Schimpff angeleget wůrde / es an ihnen sehr schwehr würde gerochen werden. Könte es nun seyn / daß man ihn mit den seinen nach Padua frey und ungehindert abzihen liesse / wolte er ihnen hiemit eine hohe Anzahl[255] Geldes äidlich versprechen / und ohn List und gefährde ehistes einliefern lassen; meineten sie aber /hiedurch noch nicht gnug versichert zu seyn / wolte er samt seinen Jungfern sich ihnen ergeben / und mit ihnen in ihre Gewahrsam zihen / biß ihnen die Lösegelder gezählet währen / auch zugleich verheissen /daß es an ihrer keinem solte geeifert noch gerochen werden; jedoch solten sie zuvor ihm einen leiblichen äid schwören / und zuhalten angeloben / dz ihm und den seinen / wie sie sich anjezt erbohten hätten / an Ehr und Leben nichts widriges solte angelegt werden; wo nicht / wåhre er gänzlich entschlossen / sich viel ehe mit Feur verbrennen zulassen; alsdann habt ihr nicht allein unserer euch gar nicht bemächtiget / hatte er gesagt / sondern werdet keinen Heller Lösegeld zugeniessen haben / da ich euch aus freyem Willen hundert tausend Kronen zu geben / mich hiemit anerbiete. Fabius der weder Böhmisch noch Teutsch verstund /hätte auch gerne den Verlauff gewust / deswegen Herkules jhm alles kürzlich erzählete / und darauff von jhm gefraget ward / wie alt dann dieses Fräulein währe; er aber zur Antwort gab: Den Jahren nach kan sie sich keines hohen Alters rühmen / gestaltsam sie vor wenig Monaten ins sechzehnde Jahr jhres Alters getreten ist; jhre Tugend aber leuchtet der Welt schon dergestalt vor / daß wann sie bereit graues Haar trůge / man schwerlich ein mehres von jhr fodern könte. Aber berichtet uns nun weiter / sagte er zu Neklam /ob die Räuber den gefoderten äid auch geleistet haben. Ja gn. Herr / antwortete er / sie sind einträchtig vor die Kammer getreten / und haben solchen äid /wie er jhnen von dem Fräulein vorgesprochen worden / mit ausgerekten Armẽ und erhobenen Fingern nachgesaget / worauf das Frl. ganz beherzt / die beyden Jungfern aber sehr betrübt und mit weinenden Augen herunter gestiegen wahren / und verwunderte ich mich / sagte der Pannonische Knecht zu mir / wie mänlich es dem ertichteten jüngling anstund / welchen ich zwar des vorigen Abends in weiblichen Kleidern und langen schönen Haaren gesehen hatte / die jhr aber jezt als einem jungen Gesellen abgeschnitten wahren. Ich bat den Knecht / daß er mir vergönnete auf die Kammer zusteigen / woselbst ich unter der Bettestet ein zusammen gewickeltes Bündlein jhrer Haar / uñ diese vier guldene Ringe daneben fand / welches alles ich zu mir nam / üm meinem gn. Könige es einzuliefern. Ladisla nam es zu sich / uñ als Fabius das Haar so glänzender Goldfarbe sahe / sagte er: Kömt die übrige schönheit dieser Fräulein mit diesem Haar überein; so muß sie keine gleichen haben. Herkules sahe dasselbe mit betrübten Augen an / und fehlete wenig /er währe vom Pferde gesunken / erhohlete sich doch /und baht Ladisla / jhm des Haars ein wenig zum Gedächtnis zu verehren / der jhm das ganze Bündlein reichete / welches er alsbald von ander machete / und seinen an das Fräulein geschriebenen Brief darinnen fand / den er allen unvermerket zu sich nam / nachgehends das Haar in drey Teile legete / gab deren zween Ladisla und Fabius / den dritten und grösten behielt er vor sich / und mit sonderlichem Eifer sagte er: Gebe mir Gott das Glůk / dieser Schelmen mächtig zu werden / welche das Fräulein in die äusserste Noht / jhr schönstes Haar abzuschneiden / gestürzet haben / sie sollens gewißlich mit dem Halse / und zwar nicht ohn Pein bezahlen. Von den Ringen behielt Ladisla der Fräulein kleines Pitschier / in dessen schwarzen Stein ein Löue mit einem zweyfachen Herzen geschnitten wahr / und umher der Nahme VALISCA. Die übrigen drey überlieferte er Herkules / welcher nach Beschauung alsbald denselben darunter fand / den er ihr bey[256] Wenzesla geschicket hatte. Der ansehnlichste / ihr DaumenRing hatte einen grossen feurrohten Stein /worauff zwo zusammen geschlagene Hände stunden /zwischen deren Fingern ein Pfeil durchflochten war; innerhalb des Ringes lase er diese Buchstaben: HVEARLCIVSLCEAS; die er etliche mahl besahe /und seiner Spizfindigkeit bald innen ward / daß sein und der Fräulein Nahme durch einander versetzet wahr / so daß die ungeraden / HERCVLES, die geraden aber VALISCA musten gelesen werden. Im dritten Ringe wahr ein trefflicher Rubin / und in demselben ein Greif geschnitten / der ein Lämlein zwischen den Klauen führete / mit dieser ümschrifft: LVBENS FEROR. Ich lasse mich gerne also führen. Er hätte sie gerne alle drey behalten / muste aber ehren halben Fabius einen bieten / zu welchem er / den lezten hinreichend / sagete: Mein Herr Bruder / jhr werdet dem Fräulein zu Liebe diesen FingerReiff tragen / und jhn nicht von euch lassen kommen / biß sie selbst jhn wied' abfoderen möchte. Dieser bedankete sich hoch /uñ gelobete / daß kein Mensch / ohn das Fräulein selbst diese allerliebeste Gedächtnis von jhm bekommen solte. Herkules redete Neklam an / und sagete: Guter Geselle / nach dem jhr diese eure Träue erwiesen / und diß Haar neben den Ringen uns eingehändiget / auch sonst als ein redlicher Diener euch in dieser Gefåhrligkeit bezeiget habt / wil ich euch dessen dergestalt zuergetzen wissen / daß jhr euch Armut nicht sollet zu befürchten haben / und wird mein Bruder euer Herr und König Ladisla sich auf meine Vorbitte nicht wegern / euch wegẽ eures wolverhaltens in den Böhmischen Adel- und Ritterstand aufzunehmen. Ladisla antwortete: Sey du nur gefliessen Neklam / daß wir die Räuber antreffen mögen / was ohn meines Bruders Vorbitte / ich die zugedacht habe / sol dir nicht entwischen / dessen du dich wol versichern magst. Dieser wuste nicht / wessen auff so hohe angebohtene Gnade er sich verhalten solte / und antwortete: Ihr meine gnädigste Herren / ich bin ja euer Durchll. gar zu unwirdiger Knecht / habe auch nicht das minste der überflüssigen Gnade Verdienen mögen / und wolte Gott / daß ich die mörderischen Råuber ausspüren könte / wolte ich mein Leben gerne dabey zusetzen / nur daß mein gn. Fräulein gerettet würde, uñ sehet da vor uns den unseligen Flecken dieses so grossen Verlustes. Herkules wallete das Blut in allen Adern auff / hoffete noch / das liebe Fråulein loßzumachen / weil ja fast unmöglich währe / daß man einem so grossen Hauffen zu Pferde nicht solte nachspüren können / und begehrete von Neklam / er solte in seiner Erzählung fort fahren / da ers bey Einlieferung der Ringe gelassen håtte. Ja Gn. Fürst / antwortete er; es berichtete mich der Pannonische Knecht endlich / daß wie unser vermummeter Jüngling samt den Jungfern herunter gestiegen / er die Räuber / als währe er ihr Befehlichshaber gewesen / ermahnet hätte / sich an seinen Jungfern nicht zuvergreiffen /und ihres äides eingedenke zu seyn; welches sie ihm auffs neue versprochen / und mit ihnen also davon gezogen währen. Herkules erseuffzete hierüber / und sagte: Erbarme es Gott / daß diese allerädleste Seele /welche / so viel ihre Vernunfft und Wissenschafft vermag / sich aller Tugend befleissiget / unter den Hånden dieser schnöden Räuber sich muß zwingen lassen! Ladisla sagte: Ich hoffe / es sol ihre Ehr und Leben des Himmels ungezweifelten Schutzes geniessen / insonderheit / weil sie sich vor einen Jüngling ausgibt / und ihren angenommenẽ Stand wol wird zu spielen wissen. Unter diesem Gespräch langeten sie in dem Flecken an / und funden die Inwohner bemühet /Gruben zu machen / in welche sie die Erschlagenen ohn[257] Unterscheid verscharren wolten; aber Fabius /den sie wol kenneten / verboht ihnen solches / hieß die Böhmischen ehrlich begraben / und die Räuber alle an Kreuze hefften. Stiegen von ihren Pferden /denen sie Futter geben liessen / und forscheten fleissig nach / wer diese Räuber seyn möchten / und wohin sie sich gewendet hätten; wovon ihnen anfangs niemand Bericht zugeben wuste / nur daß der Wirt anzeigete /es währe ein fremder unansehnlicher Mann / welcher Würffel und Karten feil trüge / und sich offters bey ihm finden liesse / kurz vor der fremden Ankunfft bey ihm eingekehret / die Nachtherberge zunehmẽ / hätte sich aber / da er diese fremden gesehen / und genaue acht auff alles ihr Tuhn gegeben / fast im Augenblik verlohren / möchte wol seyn / daß er ein Kundschaffer und Verrähter währe / und alles dieses Unglüks Stiffter; würde er sich nun schier heut oder morgen wieder hieselbst finden lassen / solte er handfeste gemacht /und der Obrigkeit eingeliefert werden; vielleicht er führe man von jhm / an was Ort und enden diese böse Rotte sich auffhielte; es musten aber etliche bekante unter diesen Räubern seyn / sagte der Wirt / weil ihrer sechse sich vermummet hatten / und ihre Gesichter nicht wolten sehen lassen; und diese / wie sie gnug zu verstehen gaben / hatten den andern zugebieten / nahmen auch die Beute zu sich / und halte ich gänzlich davor / es müsse zu ihrem Verderben ausschlagen /daß sie so viel Pferde mit genommen haben / dann der Huefschlag wird sie nohtwendig verrahten. Zum gutes glük kam gleich ein Baur in dieses Wirtshaus / und begehrete einen Trunk Wein umb Geld. Herkules sahe ihn / und fragete alsbald / woher er kähme / und was neues er wüste. Dieser antwortete / er kähme von einem Dorffe zwo Meile von hinnen / und währe ihm eine reitende Schaar auffgestossen / welche drey schöne junge Leute / als einen fast Göttlichen Jüngling /und zwo Jungfern mit garstigen Lumpen behänget /zwischen sich auf Pferden geführet / und da ich nicht weit von ihnen gangen wahr / sagte er / fand ich eine gar schöne Gutsche im Felde ledig stehen / welche sie zweifels ohn abgeplündert und verlassen haben; ich meines teils möchte wünschen / daß die Räder davon auff meinem Hofe stünden / und ich sie bezahlet hätte. Die unsern vernahmen aus des Bauren Rede / daß das liebe Fräulein annoch lebete / verspüreten auch der Räuber List / daß sie Argwohn uñ Erkäntniß / oder Nachforschung zu meiden / ihre Gefangene so elendig behänget hatten. Herkules fragete fleissig nach / ob er den Gefangenen nahe gewesen / und ihres tuhns wahr genommen hätte. Ja / sagte dieser / ich hatte einen alten lumpichten Rock an / den kaufften sie mir abe umb IIX Groschen / legtẽ ihn dem Jünglinge über die Schulder / und bedecketen damit in etwas sein Angesicht / desen er sich übel gehuhb / und sich etlicher Dräuworte vernehmen ließ / sahe auch so frisch uñ unverzaget aus / als hätte er sie alle gehöhnet / da hingegen den Jungfern es an Trähnen nicht mangelte /und wahren ihnen die Augen roht von vielem weinen. O du furchtlose Seele / sagte Herkules / der Almächtige Gott bewahre dich / daß dein unüberwindlicher Muht dir ja nicht schaden möge; begehrete darauff weiter zu wissen / ob sie dem Jüngling etwa leid angetahn / und wie bald man sie wol erreichen könte. Der Baur antwortete / ausser daß man ihn mit Lumpen behänget / hätte er nicht gemerket / daß ihm leid solte geschehen seyn; ob man sie auch vor Abends erreichen würde / zweifelte er sehr / massen er verno en / daß die meisten von ihren Pferden abgestiegen /und sich dermassen verteilet hätten / daß nit über fünffe bey einander blieben währen / ohn daß etwa jhrer zehne die gesamten Pferde gekoppelt /[258] und mit der ansehnlichsten Jungfer die Heerstrasse gezogen /der Jüngling und die andere Jungfer aber währen zu fusse mit in das Gehölz geführet; als er ihn nun nachsehẽ wollen / håtten sie ihm zugeruffen / er solte seines weges ohn umsehen fortgehen / ob' der Hals würde ihm gebrochẽ werdẽ. Herkules ward hierüber sehr betrübt / bedachte sich ein wenig / uñ hielt nit vor rahtsam / dz seine ganze Geselschaft mit ritte. Aber Ladisla redete ihm ein / er möchte sie auf allen fall mit zihen lassen / ob man ihrer zugebrauchen hätte; wo nit / köntẽ sie allezeit frühe gnug wieder umbkehren; die Begebnissen währen selzam / und ni er also beschaffen wie man sie ihm selbst einbildete. Also lies sichs Herkules gefallen / hies den Bauren ein geruhetes Pferd auß dem Flecken nehmen /gab ihm zwo Kronen / uñ sagte zu ihm; er würde sich gefallen lassen / mit ihm an den Ort zu reiten / wo er diesen hauffen zulezt gesehẽ / dann er müste wo möglich / den geraubeten Jungling sprechen / woran ihm viel gelegen währe. Der Baur wahr des Geldes froh /und willig mit zu reiten / versprach auch inwendig einer Stunde frist / sie an den Ort zubringen; ritten ingesamt eilig fort / und kahmen vor erst nach des Bauren anßsage an die leere Gutsche / hernach in das Gehölze / da der Baur ihnen anzeigete / diß wåhre die Stelle / da er die Reuter leztmahls gesehen / würden sich demnach bemühen / bey ihnen anzulangen / weil er seinem Versprechen gnug getahn / und ein mehres nicht zu leisten wüste. Herkules hies den Bauren etwas warten / weil er zweiffelte / ob ihm auch zutrauen stünde / sendete Leches / Klodius und Markus mit der meisten Reuterey den geraubeten Pferden nach /mit dem Befehl / alle wiederspenstigen niderzuhauen /und die übrigen gefangen zunehmen / insonderheit sich zu bemühen / daß sie den Führer lebendig bekähmen / welcher nachricht würde geben können / wohin die übrigen sich gewendet hätten. Diese ritten alsbald fort und folgeten dem frischen Hueffschlage / unter der Hoffnung etwas nüzliches außzurichtẽ. Nachgehends ermahnete Herkules den Bauren / er müste etwas besser außbeichten / wie und wo er die Räuber gesehen sich verteilen; welcher aber mit hohen Schwüren bekräfftigte / daß er davon nicht daß geringste zu sagẽ wüste / weil sie ihm gar zu hart verbohten / zuzusehen; jedoch gedäuchte ihn / man hätte den schönen Jüngling samt der Jungfer nach der rechten Hand hingeführet / und dürffte ich schwören /sagte er / eben der Jüngling währe euer leiblicher Bruder / so gar åhnlich ist er euch. Herkules antwortete ihm: Freund / ihr habt vielleicht so gar unrecht nicht gesehen; lies ihn von sich / und hielt mit den andern Raht / wie es forthin anzugreiffen. Diese wahren sehr betrübt und stunden ihnen die Augen vol Wasser /daß Herkules sagete: O wolte Gott daß ich mich mit den Räubern drum schlagen solte / aber mit der Unwissenheit zu kämpffen / daß ist über mein vermögen. Doch ich wil meinem Gott trauen / und nicht zweifeln / er werde mich leiten und führen / daß ich erfahre /und finde / was ich suche. Stieg hiemit vom Pferde /und wolte von Ladisla und Fabius abschied nehmen /umb allein in den Wald zugehen / und zu vernehmen /wohin die Räuber sich gewendet håtten. Aber Ladisla zohe ihn zurük / sprechend: Liebster Bruder / meinestu ich werde dich allein lassen? es ist meine leibliche Schwester / der ich so wol und mehr nachzusuchen schuldig bin / als sonsten niemand. Doch währe mein Raht / wir sendetẽ zuvor unsers mittels etliche durch dẽ Wald / etwas Kundschafft einzuhohlen / und erwarteten alhie Leches Ankunfft / ob er uns Zeitung brächte / worauff wir ohn Irtuhm fortgingen; dann die Zeit unnüzlich verzehren / wird[259] meiner Frl. Schwester am schädlichsten seyn. Fabius sagte; auff euer verbessern ihr Herren / währe meine Meynung daß wir Leches nachfolgeten / das Werk desto glüklicher zubeschleunigen / dann hätten wir nur einen gefangenen von den Räubern / wolten wir schon erfahren / wohin man sich wenden müste. Herkules wahr so verwirret /daß er seiner Vernunfft fast nicht mächtig wahr / hielt endlich diesen Raht vor den besten / und in dem er sich wieder auff das Pferd setzete / sagte er: Nun so lasset uns in dem Nahmen des Almächtigen Gottes reiten und Leches folgen / vielleicht bedürffen sie unsers rahts und Hülffe; ordente doch zuvor zehne aus ihrer Geselschafft / welche den Wald hin uñ wieder durch reiten solten / ob sie etwas außforschen möchten; er mit den übrigen folgete Leches Spuhr / kunten ihn doch nicht erreichen / weil er einen grossen Vorsprung vor ihnen hatte; dann er jagete mit seinen leuten immer fort biß an den späten Abend / da sahe er ein Dörflein vor ihm liegen / worauff die Råuber nach außweisung des Hueffschlages / zugezogen wahren. Er baht Klodius voraus zusetzen / und in der Stille nachzuforschen / ob sie in diesem Dorffe blieben /oder weiter fortgezogen währen; welcher dann schnelle forteilete / und die andern der weil sich hinter einer Hecken verborgen hielten / traff eine erwachsene Bauren Dirne an / welche der Kälber hütete / und fragete sie / ob nicht Reuter mit ledigen Pferden daher geritten währen. Ja sagte sie / es währen Reuter und ledige Pferde dahergezogen / ob sie aber alle geritten / oder etliche zu fusse gangen / hätte sie so eigentlich nicht acht gehabt. Klodius wie betrübt er wahr / muste doch der Einfalt lachen / und fragete ihn die Dirne / ob er zu den andern gehörete / und sie gedächte zuerreichen / müste er nicht lange Gefatternsprache halten / dann sie währen sehr eilig fortgezogen / und hätte sie im vorüber reiten von ihnẽ gehöret / daß sie in dem Flecken / welcher eine Meile von hinnen låge / ihr Nachtlager halten wolten. Klodius winkete seinen Gesellen / welche bald herbey rücketen / nahmen einen Bauren aus dem Dorffe mit sich ums Lohn / ihnen den rechten Weg zuzeigen. Zwischen einer guten Viertelstunde kam Herkules mit den seinen eben bey demselben Dorffe an / rieff einem Bauren zu / ob nicht eine zimliche Schaar Reuter hieselbst durch gezogen währe. Ja / antwortete dieser / sie sind kurz vor euch hinweg /und haben meinen Nachbar gedinget / ihnen den Weg zum nähesten Flecken zuzeigen / vorgebend / sie folgeten ihrer Geselschafft / die vor drittehalb Stunden mit vielen ledigen Pferden hindurch gezogen sind /und daselbst benachten werden. Er ward der Zeitung froh / uñ sagte zu ihm: Mein Freund / da habt ihr eine halbe Krone; lieber seid gebehten / und führet uns auch dahin / daß wir zu unsern Leuten kommen mögen / weil uns daran gelegen ist. Behüte Gott / antwortete der Bauer: solte ich so viel Geld davor nehmen? ich bin euch gerne zu dienst / aber umb die gebührliche Billigkeit / als drey Groschen / ein mehres nehme ich nicht. Lieber Gott / sagte Herkules / daß alle Welt dieser Genügsamkeit möchte ergeben seyn /wie mannicher unnützer Streit würde alsdann unterwegen bleiben; hieß den Bauren ein Pferd hohlen /und vor ihnen her reiten / weil sie eilen müsten; die Belohnung solte ihm nach seinem Willen werden. Sie seumeten sich nicht lange / und traffen Leches mit den seinen an / da sie gleich von den Pferden gestiegen /und den Flecken zuersteigen sich fertig gemacht hatten. Als sie nun der Reuter hinter ihnen gewahr wurden / meyneten sie / es währen Räuber / lieffen ihren Pferden zu / und wolten auffsitzen; welchen Irtuhm Fabius merkend / allein zu ihnen[260] hin ritte / und diese Worte redete: Herkules ist verhanden; Worauff sie alsbald stille wurdẽ. Der Flecken ward außwendig mit XV Mann besetzet / mit den übrigen ging Herkules zu fusse nach dem Tohr / und spürete / daß es inwendig nicht sonderlich fest verriegelt wahr / setzeten deswegen ihre Schuldern ingesamt dagegen / und schoben es auff / gingen hin / und traffen einen alten Mann auff der Gassen an / welchen Herkules mit freundlichen Worten fragete / in was Herberge die Geselschafft mit den ledigẽ Pferden eingekehret währe. Dieser gab zur Antwort: Herr / sie liegen dort gleich vor euch in jenem Hause / da ihr die Liechter scheinen sehet. Ladisla fragete weiter / ob sie alle bey einander in einem Hause währen / auch wie viel ihrer wol seyn möchten. Mich deucht / antwortete er / ich habe ihrer zehne gezählet / haben wol 50 Pferde bey sich / und gar ein schönes Weibesbilde / welche sie ohn zweifel geraubet haben / nachdem sie sich sehr trostloß bezeiget. Ja sagte Herkules / freylich habẽ sie das gute Mensch gewaltsam entführet / welches ihnen übel bekommen sol. Wol wol ihr Herren / sagte er /sie werden reiff seyn zur Straffe / wiewol sie hieran wenig gedenken / sondern mit ihrem Wirte / der nicht umb ein Haar besser seyn mag als sie / sich lustig machen / teilen auch einen treflichen hauffen schönes Goldes unter sich / wie ich jezt gesehen / da ich vor dem Fenster hergangen bin / und gebe euch Gott das Glük / diese Buben zuertappen / welches durch eure Vorsichtigkeit leicht geschehen kan. Gebet euch zu frieden / sagte Herkules / wir sind von dem Römischen Stathalter zu Padua ausgeschikt / sie zu fahen /uñ zur gebührlichen Straffe zu zihen / deßwegen / da sich etwa über vermuhten ein Aufflauff erregen solte /so machet es den Inwohnern zuwissen / daß sie ruhig und ohn furcht seyn / auch sich keines dinges annehmen / damit sie nicht in Ungelegenheit gerahten / dañ haussen vorm Tohr haben wir eine gute Anzahl Völcker stehen. Ging hierauf mit den seinen gerade fort und in aller stille / besetzete das Haus rings umher /trat hernach selb viere hinein / öffnete die Stubentühr / und wünschete der Geselschafft einen glůklichen Abend. Die Räuber sassen am Tische / hatten schon Mahlzeit gehalten / und zecheten weidlich herumb: Der vornehmste unter ihnen / den sie vor ihren Häuptman scholten / saß oben an / hatte die Jungfer neben sich / und suchte durch allerhand freundliche Reden sie zur Fröligkeit zubewägen / welche ihre Zeit mit stetem seuffzen und weinen zubrachte / und ihr nur den Tod wünschete / weil sie wuste / daß sie dieses frechen Räubers boßhafften Willen zuersättigen / vor behalten ward. Herkules sahe die Jungfer / und erkennete sie alsbald vor dieselbe / welche er stets dey dem Fräulein zu Prag gesehen hatte / wolte sich aber ihr nicht alsbald offenbaren / noch die Räuber überfallen / sondern redete sie freundlich an; er såhe / daß eine erbare Geselschaft bey einander währe / uñ weil er samt seinen Gefärten von der Reise ermüdet / uñ unter dem schweren Reuter harnische / welches er zu fusse trüge / etwas matt worden / hätte er lust ein Stündichen frölich und guter dinge mit ihnen zu seyn / insonderheit / weil es hie so schönes Frauenzimmer gäbe. Die Råuber hatten ihr Gewehr neben sich liegen / verwunderten sich ihrer stillen Ankunfft / da sie doch von fuß auff gewapnet wahren / und ungeachtet ihres widrigen vorgebens / ausser Zweifel zu Pferde müsten ankommen seyn; stutzeten daher anfangs /endlich antwortete der vornehmste: er und die seinen hätten in diesem Hause nicht zu gebietẽ / und wann sie dem Wirte wilkommen währen / müsten sie auch friedlich seyn. Der Wirt aber redete alsbald darzwischen / er hätte sein Haus voll Gäste / welche alle reisende Kauffleute[261] währen / und sie umb anderer willen nicht ausweisen könte; wer ehe kähme der mahlete ehe; müsten also nach einer andern Herberge sich umsehen / deren es im Flecken gnug gäbe. Herkules aber sagte zu ihm: Gebet euch zufrieden / guter Freund /ich kan hinte nicht weiter gehen / und wollen wir noch vor schlaffens gut Geschir machen; zeigete ihm hiemit eine Hand vol Kronen / und sagete weiter: Diese müssen verzehret seyn / ehe ich aus dieser Herberge gehe /doch mit dem bedinge / daß mir Raum bey der schönen Jungfer gemacht werde; dann ich sehe schon / ihr Buhler gefället ihr nicht / ob ich mich etwa zutähtiger machen / und ihr Herz besser gewinnen könte. Zu dem Räuber aber sagete er: Guter Freund / stehet nicht mit euch zuhandeln / daß mir die Jungfer zu teil würde / nachdem / wie ich merke / sie euch ihre Gunst nicht geben wil. Dieser merkete unraht / und stellete sich gleichwol zornig; was er ihm die Jungfer anzufodern hätte? dieselbe währe sein / und hätte sonst niemand Ansprache auff sie / hoffete auch vor sich allein Freude mit ihr zu haben. Herkules antwortete: wie aber / meine liebe Jungfer / wollet ihr nicht lieber mir beywohnen? Sehet da / ich versichere euch Ehr und Leben / und alles was ihr wünschet / das in meinen Händen stehet. Die Jungfer ward inniglich seuffzen /empfing doch etwas Hoffnung aus dieser Rede / und durffte gleichwol vor Angst kein Wort sprechen; dann ihr nähester Beysitzer machte sich schon zum Gefechte bereit / greiff zum Degen / und ermahnete die seinen / geherzt und frisch drauff zuschlagen. Aber Herkules zog von Leder samt die bey ihm wahren / und sagte: Ihr meinäidigen ehrvergessenen Bösewichter /bald ergebet euch dem Römischen Stathalter zu Padua / oder ihr sollet alsbald in stücken zerhauen werden; rief auch zur Tühr hinaus: Herein / und packet mir diese leichtfertigen Schelmen an / daß ihrer keiner entrinne. Worauff Leches mit etlichen ungestüm zur Tühr hinein drang / welches die Räuber sehend / sich nach den Fenstern kehreten / in Meynung hinaus zuspringen / sahen aber nach Eröffnung / daß alles mit Bewapneten besetzet wahr. Herkules foderte ihnen die Schwerter ab / welche sie willig von sich gaben / und vor Angst kein Wort sprechen kunten. Leches / so bald er die Jungfer sahe / deren er sein Herz schon etliche Jahr / aber bißher umbsonst angebohten hatte /kunte seine Flammen länger nicht bergen / trat mit entblössetem Häupte vor den Tisch / damit sie ihn kennen möchte / und sagte: Jungfer Libussa / hochgeliebte Wase / wie gehets euch alhier? habt ihr auch irgend Schande und Schmach von diesen Buben erleiden müssen? Die geängstete Jungfer kennete ihn alsbald / und antwortete: O herzlieber Vetter Leches, wie kommet ihr mir zu so gelegener Zeit zuhülffe! sprang hiemit über den Tisch zu ihm / und sagte weiter: Meine Ehre ist GottLob añoch unverletzet / wañ nur unser Gn. Frl. möchte gerettet seyn. Herkules befahl /dz man die Räuber samt dẽ Wirte festbinden solte /zohe den Helm ab / und ümfing die Jungfer gar freundlich / boht jhr auch einen Kuß / und sagte zu jhr: Ich freue mich sehr / daß ich meine geliebete Freundin gesund und ungeschmåhet antreffe / und an jhr einen guten Anfang der Erlösung gemacht habe. O Durchl. Fürst / antwortete sie / hat jhre Gn. üm mich unwirdige so grosse Mühe über sich genommen? Nun nun / die Götter retten nur unser allerliebstes Fräulein; was ich dann zu vergelten zu unvermögen bin /werden andere zuverschulden jhnen lassen angelegen seyn. Wolte jhm hiemit die Hand küssen / welches er doch nicht zugebẽ wolte / sondern zeigete jhr Ladisla / zu dem sie ganz ehrerbietig nahete / und von jhm wol empfangen ward.[262] Inzwischen kehrete Herkules sich zu den Gefangenen / und sagete zu dem Vornehmesten: Geschwinde / und sage mir / wo sind deine Gesellen mit dem gefangenen Junglinge und der andern Jungfer blieben? Dieser antwortete: Mein Herr /schenket mir das Leben / so wil ich euch dahin führen / und den Jüngling wieder liefern / sonst wird euch unmöglich seyn jhn anzutreffen / viel weniger zu erretten. Wissen dann diese deine Mitgesellen auch /sagte Herkules / wo sie sich auffhalten? Ja / antwortete er / wo sie hinte diese Nacht bleiben werden / ist jhnen bewust / aber nicht / wohin man sie morgen führen wird. Nun dann / sagte Herkules zu Fabius / so wird mein Herr Bruder wissen / sie nach Römischen Recht abzustraffen als gewaltsame Räuber und Mörder. Dieser nam sie an / übergab sie seinen Reutern wol zuverwahren / und schwuhr / er wolte sie in dem Flecken lebendig kreuzigen lassen / woselbst sie den Mord und Raub verübet hätten; über welcher Urtel sie dermassen erschracken / daß sie jhre Gesellen glükselig preiseten / die im Streit ümkommen wahren. Der Wirt durfte viel Entschuldigung einwenden / aber die Räuber begunten schon darüber zu murren / und redete Herkules den Vornehmesten unter jhnen / welcher Gallus hies / also an: Ob du wol dein Leben so wol /und vielleicht mehr als diese anderen verwirket hast /sol es dir dannoch geschenket seyn / dessen du mir wol trauen magst / dafern du mich zu dem Jünglinge führest / wo er ist / damit ich denselben meinen geliebten Bruder wieder überkommen möge; aber sage mir ohn einige Falscheit: träget der Wirt auch Wissenschafft ümb diese Taht? Herr / sagte Gallus / die gröste Schuld dieser übeltaht haftet auff jhm / gestaltsam er den Anschlag gemacht / und uns auf getrieb eines fremden unbekanten Ritters / Nahmens Victor /fast wieder unsern Willen darzu verleitet hat / massen unser Frevel vor diesem nie so groß gewesen ist / die Leute in beschlossenen Flecken zu überfallen; ja sein ganzes tuhn ist anders nichts / als daß er uns bißher ausgespüret hat / wo in der nähe ein Raub zuerhaschen ist. Bistu dann derselbe / fragete jhn Herkules /der gestern Abend in jener unseligen Herberge die Würffel und Karten feil getragen hat? Ja eben derselbe ist er / sagte Gallus / welches sich leicht ausfündig machen wird / wañ meine Herren jhn nur werden dahin bringen lassen. Hierauff sagte der Wirt zu jhm; O du meinäidiger Verrähter / ist das mein Dank und Lohn / daß ich dir so mannichen Dienst zu Tag und Nacht geleistet habe? Fabius lachete des / und sagte: Gib dich zu frieden du gotloser Schelm / ich werde dir schon davor lohnen / und in Padua eine solche Rache von dir nehmen / daß andere deines gleichen sich daran zu spiegeln haben. Herkules wahr willens / alsbald wieder auffzusitzen / und sein allerliebstes Fräulein zuretten; weil er aber sahe dz seine Leute mat und müde wahren / überdas auch von Gallus vernam / daß die Eile ihnen zu nichts dienen / und die helle Tageszeit ihnen vorträglicher seyn würde / den Anschlag ins Werk zurichten / hieß er die Wirtin essen aufftragen /so gut sie es zuschaffen wüste / und einen TrunkWein dabey / welches ihr richtig solte bezahlet werden. Die gemachte Beute brachte Gallus alles wieder bey / so wol an Gelde als Kleidern / welches Ladisla geliefert ward / und funden sich an Baarschafft etliche tausend Kronen / auch köstliche Weiberkleider / die dem Fräulein zustunden. Des Goldes teileten sie etwas unter ihre Reuter aus / daß jeder XII Kronen bekam /wodurch sie so gutwillig gemacht wurden / daß sie alle sich erbohten / das Leben vor sie zu lassen. Die Wirtin schaffete Wein gnung / der sehr gut wahr /aber die Speise wolte anfangs nicht zureichen[263] biß sie aus der Nachbarschafft so viel zusammen brachte /daß sie alle gesättiget wurden. Nach gehaltener Mahlzeit begehrete Herkules die Rechnung von der Wirtin / und weil dieselbe gar leidlich gestellet wahr / zahlete er ihr ein übriges; welche Freygebigkeit ihr gar wol gefiel / und sie immerzu fleissig auffwartete. Sie wahr feiner Gestalt / und etwa ihres Alters von XXVI Jahren / taht als bekümmerte sie sich um nichts / so daß sie auch anfangs sich ihres Mannes im wenigsten nicht annam / biß sie mit Herkules etwas Kundschafft gemacht hatte / da fragete sie denselben mit halblachenden Worten: Ob dann nicht gnade vor ihren Mann übrig währe. Er aber antwortete ihr / es währe davon nichts zu reden / weil es in seiner Macht nicht stünde; in andern dingen wolte er ihr gerne zu gefallen seyn. Ey mein Herr / fuhr sie fort / und zwar mit gleichmässigen frölichen Geberden: Ihr köntet gleichwol noch ein gut Wort vor ihn einlegen / weil er selber nicht gemordet oder geraubet hat. Hehler und Stähler sind gleiche gut / antwortete er / und ist diese Taht viel zu böse / welche keines weges ungestraffet hingehen kan / sondern muß mit dem Leben bezahlet und gebüsset werden; ihr aber habt euch nicht zubefürchten / sondern sollet bey dem euren geschützet werden / es sey dann / daß einer oder ander kommen /und sein geraubetes Gut wieder fodern würde. Die Frau wendete sich zu ihrem Manne / und sagte: Da sehet ihr noch mein gutes Herz / welches ich zu euch trage / indem ich vor euer Leben bitte / welches ihr nimmermehr tuhn würdet / da ich in eurer stelle stehen solte. Ja / antwortete ihr Mann / dz mögen die Götter wissen / wie deine Vorbitte von Herzen gehe /welches dein leichtfertiges Lache-Maul schon mehr als zu viel verräht / und behüte mich nur der Himmel /daß ich deiner Gnade oder Vorbitte nicht bedürffe. Diese taht / als hörete sie solches nicht / sondern fragete mit etwas betrübtem Angesicht / ob dann ihr Mann gewißlich sterben müste; und als ihr mit beständigem Ja geantwortet ward / dz sie daran nit mehr zu zweifeln hatte / kehrete sie sich abermal nach demselben um / und fing mit erblassetem Gesicht also an: Nun so gebe Gott / dz dich der Henker vor deinem Ende so peinigen und quälen möge / wie du boßhaffter Mörder / Dieb uñ Ehebrecher mich armes unschuldiges Weib diese zwey Jahr geängstet hast / und ich erfahre / dz dir mit vollem masse gelohnet sey. Dieser beiß vor Eifer die Zähne im Kopfe zusa en / uñ deutete an / er währe ihm gar keine andere Vorbitte bey seinẽ frechen gottlosen Weibe vermuhten gewesen /wolte auch gerne sterben / wañ er ihr nur den Lohn ihres verdienstes geben solte; bekeñete daneben er währe des vorigen tages daran verhindert worden /sonst solte sie sein Unglük nit erlebet haben. Herkules uñ seine Gefärtẽ höreten mit Verwunderung zu /und begehreten von dem Weibe die Ursach ihrer so hefftigen Feindschafft / und unversöhnlichen Widerwillens zu wissen; worauff sie antwortete: Mein Herr / wañ ich mein Unglük und Widerwärtigkeit alles erzählen solte / welches ich von diesem Gottlosen ehrvergessenẽ Buben habe annehmen und außstehen müssen / würde ichs im Sommerlangen Tage nit können zum Ende bringen. Der Mann wolte ihr einreden /und seine entschuldigung tuhn; aber sie sagte zu ihm; schweig du Verrähter / du hast keine Ehre zusprechen. Es merketen die unsern was vor ein Kraut sie vor sich hätten / und liessen sie immerhin waschen / da sie also fortfuhr; Meine Herren; zwey Jahr habe ich mit diesem Laußhunde in der Ehe gelebet / aber keine friedliche noch fröliche Stunde bey ihm gehabt / da er mir doch alle seine Wohlfahrt zu danken hat; er wahr nacket und bloß / und wann[264] ichs ja sagen sol / vol Unziefer / da ich mich sein erbarmete / und ihn zu mir nam. Ach was hatte ich vorhin einen feinen frommen Mann / sagte sie mit erdichteten Trähnen; des Abends brachte er mich zu Bette / und verrichtete noch etliche Stunden die nöhtige Arbeit; des morgens stund er auff und lies mich schlaffen. Dieser leidige böse Schelm ging nach meines Mannes Tode mir so listig nach /daß ich mich sein nicht länger erwehren kunte / und ihm die Ehe versprach; und als ich ihm bald darauff mehr gönnete / als mir jezt lieb ist / muste ich hernach stets seines Willens Leben / welches ich dann taht /umb einen guten Grund zur friedsamen Ehe zulegen; aber ich meine er hat mirs vergolten; er ging mit meinen Gütern umb als die Prasser pflegen; vor muste er mit Wasser und Brod vor lieb nehmen / jezt wahr ihm der Landwein zu herbe / und die Haußspeise zu unverdäulich; doch hätte ichs noch alles verschmerzet /und fünffe gerade seyn lassen / nach Art meiner angebohrnen Frömmigkeit (welches ruhms die ganze Geselschafft lachete) wann er mir nur währe geträu gewesen / aber ungeachtet ich / ohn Ruhm zu melden die schönste Frau des ganzen Flecken bin / mitete er doch allemahl die hübschesten Mägde / die zubekommen wahren / hohlete sie über etliche Meileweges her / hielt mit ihnen als ein Ehebrecher zu / und lies mich armes Weib gehen / als hätte er mich etwa hinter dem Zaune auffgeraffet. Wañ ich mich dann dessen beklagete / und mich an den leichtfärtigen Ehebrecherischen Huren rächen wolte / so muste ich mich so elendig von ihm stossen und prügeln lassen / daß es einen Stein in der Erden hätte erbarmen mögen; aber ich hoffe / es sol ihm schier vergolten werden / dann der Himmel hat mein Elend nicht länger ansehen können /die Erde ist zu müde solchen Unflaht zu tragen / und die Lufft sehnet sich daß er in ihr ehröhet / das Angst-wasser schwitze / und das Angst-feur im Herzen fühle. Kehrete sich hiemit zu ihrem Manne / und sagte: Kanstu noch nicht erkennen / daß die Götter müde sind meinen Jammer zuerdulden / welchen du Wüterich und greulicher Bluthund mir zugefüget hast? fahre hin an den Galgen und an das Rad; ich wil wol einen Kerl haben / wann du schon am Kreuze verdorret bist / der mich besser in ehren halten / und meine Wirdigkeit erkennen sol / als du nacketer Bettelbube nie getahn hast! Sie wolte in ihrer rede fortfahrẽ / aber Ladisla hies sie schweigen / und fragete den Wirt / warumb er sich so hart und undankbar gegen sein Weib verhalten / die Zeit seines elendes ihn auffgenommen hätte. Ach mein Herr / antwortete er / gut ists / daß ihr das schwäzhaffte Weib habt schweigen heissen / es würde ihr sonst unmöglich seyn das Ende ihrer Rede zu finden / und dürffte ihr gehen wie einer Art Vogel / davon man saget / daß sie sich zu tode singen sollen. Sie wolte dieses nicht unbeantwortet lassen / aber Herkules hielt vors beste /daß man sie hinaus schaffete; welches abzuwenden /sie versprach stille zu seyn. Worauff ihr Mann also fortfuhr: Ob ich gleich weiß / daß ich zu einem grausamen Tode behalten werde / gläube ich doch nicht /daß des Henkers Peinigung schwerer seyn könne / als dieses heillosen Weibes. Ich kan wol sagen / daß ich die zweijährige Helle schon an ihr versucht / aber auch mit ihr gebauet habe; Ich habe diese ganze zeit über nicht ein gutes Wort von ihr gehabt / sondern lauter schnarchen / murren uñ schelten / und kunte ichs ihr nimmer zu danke machen / ich griffe es gleich link oder recht / oben oder unten an; trunk ich ein Maaß Wein mit meinem Nachbar / oder einem andern / dabey ich wol fünffe verdienete / so muste ich ihr Verbringer seyn; lag ich bey ihr auff dem Bette / so[265] muste ich ihr fauler Schlüngel seyn; stund ich dann auf / so hieß es / ich schleppete mich mit den Mägden; Dieses stieg mir endlich zu Kopffe / daß ich auff Mittel bedacht wahr / sie zu zwingen / und den bösen Teufel aus ihr zu treiben; und muß bekennen / daß ich sie offt gar übel zugerichtet habe / insonderheit /wann sie die jungen frischen Gåste in ihrer Völlerey durch unzüchtige Schandreden zu allerhand Unzimligkeit reizete / und ohn scheuh sich mit ihnen herzete und zausete / einwendend / die Wirtinnen müsten freundlich seyn / wann die Gäste das Geld bey ihnen verzehren solten; und was mir endlich daran abginge /behielte ich doch alles was ich schon hätte; Ja ich darff vor züchtigen Ohren nicht erzählen / wie sie in Reden und Geberden sich offt erzeiget hat; darauff legete ich dann wol die schwere Hand / aber alles umbsonst und vergebens / daher ich mir endlich vornam /sie im Schlaffe zu erwürgen / und solte mein gröster Trost seyn / wann es nur geschehen währe. Ladisla antwortete: als viel ich aus euer beyden Rede vermerke / ist garstiger Spek umb stinkende Butter vertauschet / und bedürffte ein Richter guter Leute Raht /umb zu entscheiden / wer unter euch mit der grösten Schuld behafftet währe. Die Wirtin sagte: O ihr lieben Herren / helffet ja / dz er nicht wieder loß kömt /sonst müste ich elendes Weib es verlauffen. Herkules verdroß bey so gestalten Sachen dieses langwierige Narrenwerk / geboht der Frauẽ ruhig zu seyn; es würde dieser ihr Mann sie förder nicht weiter belästigen; Er wolte ihr aber diese Lehre geben / wann sie den dritten nehmẽ würde / solte sie sich sein demühtig züchtig und gehorsam gegen ihn verhalten / und nicht ursach zu Zorn und Widerwillen geben. Ja mein Herr / sagte sie / bedenket aber / daß ich gleichwol Frau des Hauses bin / und diesen Schlüngel aus Erbarmung zu mir eingenommen habe / solte ich dann mein Recht und Herschafft so gar abtreten / und mich ihm zur Magd geliefert haben? doch wann diesem die Raben nur erst die Augen möchten ausgehacket / und sein faules Fleisch verzehret habẽ / solte der dritte Bräutigam sich wol bald finden. Herkules sahe / was vor ein Unkraut in ihr steckte / wolte ihr nicht zu fernerem Geschwätze Gelegenheit geben / sondern befahl seinen Leuten / die Ruhe zu nehmen / und gegen frühzeitigen Auffbruch sich gefasset zu halten / vor allen Dingen aber die Gefangenen wol zu verwahren / daß ihrer keiner entwischete / der ihnen den ganzen Handel durch Verraht leicht verderben würde. Den Wirt /sagete Ladisla / wollen wir der Wirtin zu hüten geben / die wird ihn nicht entlauffen lassen. Das Weib hörete es / und sagete: Wol meine Herren / gebet mir Gewalt über ihn / so wil ich ihm die Daumen und grosse Zee kreuzweise zusammen binden / uñ ihn diese Nacht in meiner Kammer auff die blosse Erde legen /mit welcher Peinigung er mich wol zwanzig mahl beleget hat / auff daß er nur empfinden möge / wie mir ein solches bekommen ist / und ich noch zu guter lezt meine Augenweide und Herzenslust an ihm haben möge. Fabius sagte zu Ladisla: behüte der Himmel einen jeden redlichen Mann vor solchen Ehegatten; ich halte nicht / dz dieses Weibes gleichen je gebohren sey. Sie stund nicht weit davon / hörete es / und gab zur Antwort: Ja wol mein Herr / so můsten meine beyde Nachbariñen / oben und unten / nicht seyn /welche mir offt verweißlich gnug vorwerffen / was ich mich von so einem lausichten Hunde dermassen verachten und schmähen lasse; dann ihre Männer / die ungleich grösser / stärker und ansehnlicher sind / als mein Hudler / müssen ihnen in allem Gehorsam seyn /und tanzen / wann sie nur die Pfeiffe stimmen / wollen sie aber nicht / so treiben sie die Esel aus[266] dem Hause / schlagen ihnen die Tühr vor der Nasen zu /und lassen sie lange gnug um schön Wetter bitten; aber dahin habe ichs mit diesem Aur Ochsen nicht bringen können. Herkules sagte zu Fabius: Geliebter Bruder; je mehr man den Zunder bläset / je weiter er glimmet. Freylich mein Herr / sagte das Weib / und hätte ich meinem Kerl nicht bald anfangs so viel Wind gegeben / solte er so stark nicht geglimmet haben; aber geschehene Dinge sind zu beklagen /nicht zu verbessern. Niemand wolte ihr antworten /weil ihr Blasebalg dadurch nur gefüllet ward. Dem Wirte aber taht seine Gefängniß nicht so weh / als die verächtliche Reden seines frechen Weibes / gedachte aber fleissig nach / ob er nicht vor seinem Abscheide sich an ihr rächen könte; sprach sie an umb einen Trunk Wein / sein mattes Herz zu laben / stellete sich auch / als währe ihm herzlich leid / was er ihr bißher zu leide getahn / uñ baht sehr umb Verzeihung / weil er doch nun sterben müste; wünschete ihr langes Leben uñ allen glüklichen Fortgang in ihrer Nahrung / und hielt an / sie möchte alles vergessen / und guten Abscheid von ihm nehmen / auch gedenken / daß sie gleichwol Eheleute mit einander währen. Das Weib nahete sich zu ihm / und begunte sich mitleidig zu stellen / da er sie eriñerte / etwas weiter mit ihm von der Geselschafft zu treten / weil er ihr vertrauen und offenbahren wolte / was vor ansehnliche Schulden er in dem Flecken hin und wieder ausstehen hätte /davon er ihr bißher nichts sagen wollen. Sie wahr ihm gerne zu willen / und ging mit ihm in den Winkel hinter die Tühr stehen / da er sie fein an die Wand drängete / daß sie ihm nicht entweichen kunte / und weil ihm die Hände auff dem Rücken gebunden wahren /drückete er sie mit seinen Knien und dem Leibe fest an die Wand / fiel sie mit den Zähnen an / uñ bisse ihr / Nasen / Ohren und beyde Lippen abe / zureiß ihr auch die Wangen dergestalt / daß sie keinem Menschen ähnlich sahe. Das Weib sträubete sich zwar mit den Händen und schriehe jämmerlich / aber er zauete sich so eilig mit seiner Rache / daß ehe jemand zu ihrer Errettung nahete / er sie schon also zugerichtet hatte / daß ihn selbst dauchte / es könte gnug seyn; ließ auch von ihr ab / und sagte: Nun meine Herren /ich wil nun gerne sterben / nachdem ich den Schimpff etlicher massen ersetzet und gerochen habe / den ich von ihr einnehmẽ müssen / hoffe auch / dieses schandlose Weib sey nunmehr unter ihrem Gesicht dergestalt zugerichtet / dz ihre ehebrecherische Buhler / deren sie nicht wenig hat / forthin so häuffig nach ihr nicht mehr lauffen sollen. Das Weib lag in tieffster Ohmacht / biß ihre Magd sie erquickete / fand sie aber dermassen zerbissen / daß jederman abscheuh daran hatte. Herkules gab Befehl / sie nach dem Arzt zubringen / und straffete den Wirt mit harten Worten wegen des begangenen Frevels; weil aber geschehene Dinge nicht zu endern stunden / mustẽ sie damit zu frieden seyn; dann sie ingesamt bekenneten / es håtte das Weib mit jhrem frechen Maul ihr dieses Unglük selbst muhtwillig zu wege gebracht. Jungfer Libussa hätte mit Herkules gerne allein geredet / und ihm der Fräulein lezten Willen angezeiget / weil es aber sehr späte wahr / und jeder die Ruhe begehrete / muste sie es biß auff näheste bessere Gelegenheit auffschieben.

Die meiste Zeit der Nacht brachte Herkules mit behten zu / und rieff Gottes Barmherzigkeit an / jhm die Gnade zu verleihen / daß er das Fräulein aus der Räuber Händen erlösen möchte / insonderheit / daß Gott jhre Ehr und Zucht in seinen Schuz nehmen /und sie vor allem unfal bewahren wolte; befahl sich endlich selbst seinem Erlöser / und schlieff ruhig[267] ein. Kurz vor Tage erschien jhm im Schlaffe ein Gesichte /nehmlich ein sehr ansehnliches schönes Weibesbilde zeigete jhm eine köstliche güldene Kron / mit dieser ümschrifft: Hoc Emolumentum Redimit Christiana Virtus Labore Et Spe Zu Teutsch: Diesen Nutzen löset die Christliche Tugend durch Arbeit und Hoffnung. In der anderen Hand führete sie eine Fahne / in welcher die Wollust wieder die Gottesfurcht streitend gemahlet wahr / und stunden diese Worte über jhren Häuptern: Volentibus Adest Levamen Jehovæ, Sistit´q; Coronam Aeternitatis. Das ist: Gottes Hülffe stehet den Willigen bey / und stellet jhnen die Kron der Ewigkeit zu. Unten zu den Füssen der Gottesfurcht lase er diese Teutsche Reimen:


1

Laß das Unglük immer wüten /

Laß die Weltergrimmet seyn;

Gott wird Unschuld wol behůten /

Was schafft dir dann Glückes schein?

Wer den bösen wil gefallen /

Hat durchaus nicht festen Fuß /

Er bleibt wol des Glückes Ballen /

Biß er gar verderben muß.


2

Einer ist / der wird dich führen /

Du kennst seinen Nahmen schon;

Dessen Rettung wirstu spüren /

Biß er dir den Gnaden-Lohn

Der Unsterbligkeit wird schenken.

Ey so brich durch Noht und Pein /

JESUS wird an dich gedenken /

Drum mustu gerettet seyn.


An der Gottlosigkeit oder Wollust seite / wahr dieser Reim mit rohten (die vorigen aber mit güldenen) Buchstaben gesetzet:


Fleisches Lust kan Gott nicht ehren

Tügend fält durch Fleisches Lust;


Was die Straffen sol abkehren

Komt aus einer reinen Brust.


Neben der Gottesfurcht stunden diese Worte:


Wann der Teufel noch so wütet /

Wann gleich alles uns gebricht /


Und die Welt nur Unglük brütet /

Läst doch Gott die seinen nicht.


Sonst gedauchte jhn / das trefliche Bilde hätte ihn etlichemahl ganz freundlich angelachet / und diese Worte jhm zum drittenmahl zugeruffen / da sie die beyden vördersten Finger jhrer rechten Hand aufrecht hielt:


Was du suchest soltu finden /

Doch mustu im Glauben fest


Dich auff Gottes Beystand gründen /

Der die seinen nicht verläst.


Als dieses Gesichte hierauff verschwand / erwachete Herkules / empfand einen sonderlichen Trost uñ geistliche Freude in seinem Herzen / und sprach dieses Gebeht zu Gott: O du Schöpfer und Erlöser des menschlichen Geschlechtes / gib mir wahre Beständigkeit / deinem heiligen Willen folge zu leisten / und die schnöde Wollust der üppigen gellen Welt zufliehen / auff daß ich durch wahren Glauben auff dein Verdienst gerechtfärtiget / die himlische Kron der Gerechtigkeit / welche du allen Auserwählten von Ewigkeit bereitet hast / aus deiner Gnaden Hand empfahen / und durch keine Boßheit mich deren verlustig machen möge. Er verrichtete ferner sein gewöhnliches Morgen Gebeht / und so bald die Sonne die hohen Berges-Spitzen der Finsterniß entreiß / befahl er die Pferde zu satteln / und so wol die von den Räubern entführete / als ihre eigene fertig zuhalten / des gewissen Vorsatzes / sein herzgeliebtes Fräulein auffs fleissigste zu suchen / ob jhm gleich Ketten und Bande / ja der Tod selbst drüber zustossen solte. Fabius lies die Gefangenen fest binden und auff Pferde setzen / macheten sich auff und nahmen den Rükweg nach dem Gehölze wieder vor sich / da die Jungfer zwischen Herkules und Ladisla reiten / und ihnen erzählen muste / was sich irgend zu Prag sieder jhrem Abwesen denkwirdiges zugetragen hatte / biß Ladisla wegen enge des Weges hinter sich zu Fabius ritte / und sie Gelegenheit[268] hatte mit Herkules in geheim zureden / an dessen Finger sie ohngefehr den obgedachten Ring mit den eingeschlossenen Händen sahe / und zu jhm sagete: Durchl. Fürst / ich erinnere mich / diesen Ring mehr gesehen haben / und nimt mich wunder woher er euer Durchl. sey zu teil worden. Nach dem sie aber von jhm Bericht empfing /was gestalt Neklam denselben nebest anderen Sachen überbracht hätte / nam sie daraus gute Hoffnung / es würde das Fräulein dieser Gefahr entrinnen / und mit dem Fürsten verehelichet werden; fing demnach an /und sagete zu jhm: Ich habe von gestern Abend her Gelegenheit gesuchet / mit euer Gn. in geheim zu reden / hoffe zuerst dieselbe werden mir gnädigst verzeihen / daß ümb deren heimligkeit ich gute Wissenschafft von anfang her getragen / auch die einige Ursach gewest bin / daß mein gn. Fräulein euer Gn. Brieff bey Wenzesla beantwortet / halte auch / dafern meinem gn. Fräulein ich zu Zeiten mit Trost nicht beygesprungen währe / sie würde schwerlich euer Gn. Verlust lange ůberlebet haben; wolle demnach mein gn. Fůrst sich vor mir nicht verbergen; ich wegen Pflicht und Schuld / damit meinem gn. Fräulein verhafftet bin / kan nicht unterlassen / euer Gn. jhren lezten willen zu eröffnen / nehmlich / als im Geh \lz sie hat müssen von mir scheiden / wahr sie mehr auf jhres allerliebsten Fürsten als auff ihre eigene Wolfahrt bedacht / befahl mir deswegen / alle M \gligkeit anzuwenden / daß jhrer Gn. ich jhren Verlust / durch alle Mittel alsbald zu wissen tähte / und dabey andeutete /daß ja dieselbe sich jhretwegen in keinerley Gefahr einliesse / sie währe dann mit solcher Hülffe versehẽ /daß sie den Räubern bestand gnug seyn könte. Herkules antwortete: es ist mir sehr lieb / ädle Jungfer / daß ich solches alles von jhr vernehme / wil auch / da mir das Leben übrig bleibet / allen Fleiß anwenden / die Dienste / welche sie meinem Fräulein uñ mir getahn /nach Vermögen zuverschuldẽ; betreffend aber deren Warnung / werde nach gestalten Sachen ich mich schicken und verhalten müssen / auch meinem Gott trauen / er werde mir in Unglůk und Gefahr beystehen. Ich möchte aber gerne sehen / daß sie zu Padua verbliebe / und von dannen nicht wieche / biß sie von dem Fräulein oder von mir gewisse Zeitung hätte /müste ich ihr dann in fremde Lånder folgen / dahin sie geführet würde / wie ich doch nicht hoffen wil / werde ich an euch nach Padua zuschreiben / nicht unterlassen; erfahret ihr aber wo ich bin / und gehet etwas /mir nöhtig zu wissen / vor / kan sie bey eigenem Bohten solches verrichtẽ; doch als lange ich meinem Fräulein nachsuche / wird mein Name nicht Herkules /sondern Valikules seyn; sonsten daß unsere Liebe noch zur Zeit gegen jedermännig müsse verschwiegen gehalten werden / wird unnöhtig seyn / euch zu erinnern. Aber lieber saget mir / da ichs wissen darff /was doch mein höchstgeliebetes Fräulein eigentlich bewogen / diese schleunige Reise auff sich zunehmen? Ach mein Durchl. Fürst / antwortete sie / wie hat mein Gn. Fräulein Tag und Nacht auf Gelegenheit getichtet / Eure Gn. zu sehen / und etwa nur ein Stündichen mit derselben zu sprachen / umb zuerfahren /ob dieselbe dann ihre hochlöbliche Art durch den neuen Glauben so gar verendert / wie man in Teutschland hat vorgebẽ dürffen; mag demnach Eure Gn. sich kühnlich versichern / dz weder ihr Herr Bruder noch dessen Gemahl sie von Prag nach Padua würde gelocket haben / wann Eure Durchl. nie daselbst gewesen wäre. Ach ach mein Frl. sagte Herkules / das leidige Glük hat uns biß daher diese Ergezligkeit nicht göñen wollen / dz wir durch mündliche Unterredung unsere Liebe erneuert hätten; einmahl ist es ein Schwert in meinem Herzen / dz ein solches Fräulein[269] meinetwegen in diese Angst und Gefahr gerahten ist; doch / hilfft mir der allmächtige Gott / wil ich nicht ruhen / biß sie gerettet / und die Bosheit gestraffet sey; vor dißmal wil ich euch den Brieff in Verwahrung geben / welchen ich in ihren allerschönsten Haaren funden / ob mein Fråulein ihn wieder fodern würde. Libussa nahm ihn zu sich / mit Erbietung / ihn wol auffzuheben /ungeachtet das Fräulein ihn so offt gelesen hätte / daß sie ihn fertig herzusagẽ wüste. Indem sie also fort ritten / ersahe Herkules etliche Reuter stark auff sie ansetzen / uñ ward bald innen / daß es die außgeschikte Speher wahren / welche Zeitung brachten / daß sie zwar etliche Mäñer mit Holzaxten im Walde hin und wieder zerstreuet angetroffen / welche aber von keinen Räubern zusagen gewust. Gallus zeigete ihnen an /eben diß währen die rechten / und möchte wünschen /daß sie entweder ihr Nachsuchen gar unterlassen /oder deren einen gefangen mit sich gebracht hätten /alsdann würde man einige Nachricht von ihnen haben einnehmen können / welches nun schwer zugehen dürffte / dafern man ihnen nicht biß in ihre heimliche zimlich-abgelegene Schlüpff-winkel nachsuchen würde. Herkules sahe wol / daß ihm kein Mensch als dieser Räuber zu seinem Vorhaben könte behülflich seyn / und fragete ihn / ob er dann ihrer abgelegenen Höhlen Wissenschafft hätte. Ja / bekennete dieser / er währe ihrer vornehmsten Häuptleute einer / und hätte aller Heimligkeiten durchgehende Kundschafft / wolte es auch mit Worten dahin bringen / daß der gefangene Jüngling neben der Jungfer solte loßgelassen werden; zwar die versamlete Herren möchten wol gedenken /er redete solches / sich etwa loßzuwirken / und hernach davon zulauffen; aber seyn Vorsaz währe nicht also beschaffen / welches sie ihm wol trauen möchten. Herkules nam ihn darauff absonderlich vor und redete ihn also an: Höre Gallus / uñ erinnere dich der Gnaden daß ich dich vom Kreuz loßgewirket / an welchem du sonst in grössester Pein sterben müstest /und betrachte / daß du mir davor verhafftest seist; wiltu mir nun träue und redligkeit beweisen / dein Leben hinfüro in besserung stellen / und in meinem Vorhaben mir nach aller mögligkeit beyrähtig seyn /so verspreche ich dir hinwiederumb / bey meinen ritterlichen Ehren / welche zu schänden ich nicht bedacht bin / daß ich dich hernähst dergestalt begütern und erheben wil / mehr als du jemahls hättest hoffen oder dir einbilden können. Gallus antwortete mit einfältigen Geberden: Gn. Herr / der Gott der über alles herschet / ist mein Zeuge / daß aus höchstdringender Noht / und mein Leben zu retten / ich mich in die Räuber Geselschafft begeben / massen ich fünff Jahr ein Römischer Feldwebel gewesen / biß ich beim Trunke wegen eines Spieles / darin mir Unrecht geschahe / meinen Fåhndrich erstochen / und deßwegen außreissen müssen; und weil ich nirgend sicher wahr /habe ich mich drey Jahr in den Wildnissen auffgehalten / und zu Zeiten geraubet / wovon ich das Leben erhalten / biß vor vier Jahren ich in diese Räubergeselschafft gerahten bin; ich gelobe aber ihrer Gn. bey dem höchsten Gott / dz dero getreuester Knecht biß an meines lebens Ende ich seyn und bleiben wil /nicht so viel wegen jeziger gar zu hoher Zusage /deren ich nicht fähig bin / als daß dieselbe mich der Kreuzespein enthoben / und mir dz Leben geschenket / welches durch meine Untahten ich hundertfach verwirket habe. Herkules sagte zu ihm: Nun / du beruffest dich auff den wahren Gott / der würde dich auch mit harter Straff-hand angreiffen / wann denselben zu täuschen du gesinnet währest / welches ich dir doch nicht zutraue / sondern nehme dein Erbieten als fest und redlich gemeinet an /[270] und versichere dich hinwiederumb / daß deine kunfftige Dienste ich dir nach getahnen versprechen vergelten wil; kehrete sich hiemit nach Fabius / und begehrete von ihm / er möchte als ein von dem Römischen Stathalter gevolmächtigter /ihm zu Liebe und Freundschafft diesen seinen neuen Diener Gallus frey und ehrlich / auch aller Straffe loß und ledig sprechen. Dieser wahr hirzu willig / lies ihm die Bande an Händen uñ Armen entzwey schneiden / und erklärete ihn ehrlich / frey / uñ aller Anklage enthoben; worüber der recht büssende Mensch höchst erfreuet / auff seine Knie niderfiel / und mit trähnenden Augen vor beschehene Gnade dankete; sagete; er währe nun reich und glükselig genug / und wolte in ihren Diensten gerne und mit freuden sterben. Sie ritten frisch fort / biß sie endlich an die Stelle kahmen / da die Räuber sich geteilet hatten / woselbst Herkules seine lieben Freunde allein zu sich foderte /umb zu bereden / wie die Sachen am tuhnlichsten anzugreiffen seyn möchten; aber da wahr mancherley und keine beständige Meynung / weil niemand etwas gewisses hatte / darauff er fussen kunte / daher Herkules zu ihnen sagete; Ich merke wol / daß mein Gallus hierin der beste Rahtgeber seyn wird / rieff ihn herzu /und befahl ihm seine Gedanken hierüber frey und ungescheuhet zueröffnen. Dieser aber baht sehr / seine Gñ. Herren wolten doch nach belieben rahten / er wolte alles nach Vermögen ins Werk richten helffen /ob er gleich das äusserste darüber außstehen solte; dann würde ich einen Anschlag machen / sagte er /und es geriete zum ärgesten / wie ich doch nicht hoffen wolte / möchte ich einiger Verrähterey verdacht werden. Mein Gallus / antwortete Herkules / wann ich diese Gedanken von euch hätte / würde ich euch so ledig und loß neben mir nicht reiten lassen / drumb lasset hören was euch dünket. Gn. Herr / sagte er / so bitte ich untertähnig / mir zu verzeihen / wann irgend mein Vorschlag nicht beliebet seyn könte / ausser dem wir aber unser Vorhaben schwerlich erreichen werden / dann die außspehung eurer Reuter hat mir die Sache sehr verwirret / und die Räuber aus der nähe in ihre heimliche Gewahrsam getrieben; dahin /währe ich der Meynung / mich zu begeben / und einen geträuen Menschen eures mittels zu mir zunehmen /welcher sichs nicht würde müssen verdriessen lassen /mit mir durch Hecken und Püsche zu fusse zu krichen / und sich zu stellen / als währe er von mir vor einen Räuber-Landsknecht geworben; solte man dann nach seinem zustande fragen / könte er irgend vorgeben / er hätte einen Todschlag hie oder da begangen / daß er flüchtig seyn müste / und sich im verborgenen zuhalten gezwungen würde; währe uns dann Gott beyständig / wie ich gänzlich hoffe / daß wir den geraubeten Jüngling anträffen / solte er euch Zeit / Ort / und Weise eurer Ankunfft und überfals berichten / wie ichs finden würde / am sichersten und bequemesten zu seyn / im falle ich sie in der Güte nicht bereden könte / die Gefangenen neben der Beute von sich zugeben. Sie hielten diesen Raht alle vor gut / lobeten seine vernünfftigen Anschläge / und reizeten ihn mit grossen verheissungen zur bestendigkeit. Und als man darüber rahtschlagete / wer Gallus zugegeben werden solte / schlug Ladisla seinen Leches vor / Fabius stimmete auff Klodius; Herkules aber baht / man möchte ihm die Wahl gönnen / welchen er darzu würde düchtig erachten / und nach bewilligung stieg er vom Pferde / sprechend: Ich werde mich zu dieser Abenteur selbst gebrauchen lassen / und traue meinem Gott ungezweiffelt / er werde mir Glük und guten fortgang verleyhen. Ladisla und Fabius bahten ihn sehr / von solchem Vorhaben abzustehen / angesehen der[271] grossen Gefahr / wann er erkennet würde. Gallus selbst riet ihn träulich ab / allermeist / daß die andern nicht in ungleiche Gedanken gerahten möchten / ob suchete er an diesem Herren einige Verrähterey zu üben. Herkules aber fragete ihn / ob neulich etliche von den Räubern zu Padua gewesen / und als er dz Wiederspiel vernam / sagte er; so bringet mich niemand als Gottes Gewalt von diesem Vorsatze; legte sein Harnisch abe / ging mit Klodius hinter eine Hecke und nam dessen ledernes Kleid vor sein Scharlaken / suchte die kostbahren Kleinot / die darin vermacht wahren / zusammen / und nach kurz genommener Abrede / lies er sich als einen geworbenen Räuber hinleiten. Ladisla aber kehrete mit der Geselschafft umb nach dem Flecken / da das Unglük sich zugetragen hatte / und erwartete daselbst seines lieben Herkules Wiederkunfft. Derselbe nun eilete geschwinde fort / damit er sein geliebtes Fräulein schier aus Räuberhänden frey machen möchte / so dz Gallus kaum mit ihm fortkommen kunte / welcher ihn aber baht / er möchte gemachsam fahren / es währe das Schlupffloch nicht so nahe / daß mans mit einem lauffe erreichen würde / hielte auch vor sicherer / späte als früh bey ihnen anzulangen / dann sie würden ohn zweiffel sehr verschüchtert seyn / und wegen seiner unvermuhtlichen Ankunfft sich nicht ein geringes verwundern / welches er ihnen doch bald benehmen wolte. Herkules lies sich weisen / befahl sich Gott seinem Erlöser in grosser Andacht / und lies Gallus vorhin gehen / weil er seiner Träue noch nicht aller dinge versichert wahr / ob er ihm gleich zimlichen Glauben zustellete. Sie kahmen an eine Bach / bey welcher ein dickes Gesträuche stund / in welches Gallus ohn Verzug hinein kroch / und bey einer Viertelstunde darinnen verzog / daß Herkules nicht wuste / ob er verrahten oder verlassen wahr; als er nun wieder hervor kam / hatte er sein Angesicht dermassen unkäntlich gemacht / daß Herkules anfangs meynete / es währe ein ander. Gallus merkete solches / und sagte zu ihm: Gnädiger Herr / Eure Gn. kennen mich zweiffels ohn wegen dieser Verstellung nicht mehr. Die Kleider /antwortete er / sind mir neben der Rede nicht unbekant / aber seyd jhr der vorige Gallus / so werdet ihr etwa euren Kopff in diesem Pusche vertauschet haben. Dieses sagte er nicht ohn ursach / dann er wahr ganz anders gestalt als vorhin; Sein Haar und Bart wahren sonst gelbröhtlich / das Angesicht weißroht und wol gebildet; jezt aber wahr sein ganzes Haar schwarzbraun / und sein Gesicht als währe es von der Sonnen schwarzgelb gebrant. Gallus lachete der Rede / und sagte zu ihm: Gnädiger Herr / eben diese Kunst sol ob Gott wil Eure Gn. eben so unkäntlich als mich selbst machen / und wann mir dieses Mittel nicht bewust währe / hätte Eure Gn. ich nimmermehr mit mir genommen / massen euer Angesicht der gewisse Verrähter seyn / und des Jünglings Bruder kund machen würde. Bey leibe / sagte Herkules / lasset diese hohe Ehren Nahmen / mich Eure Gn. zuheissen / unterwegen / und nennet mich bey meinem Nahmen schlecht hin / und ob euch derselbe unwissend ist / so heisse ich Valikules. Unterdessen / als er dieses redete / greiff er ihm nach dem Häupte und Angesicht / dann er meynete gänzlich / er hätte eine Haarhaube und falsches Gesicht angeleget / nachdem er aber die blosse Haut fühlete / entsetzete er sich in etwas / und hielt es vor eine Zäuberey; welches Gallus merkend / ein Wandläplein nahm / und damit sein Angesicht rieb / wie auch Haar und Bart / da ward alles wie vorhin / daß auch nicht das geringste Fleklein übrig blieb; sagete darauff: Mein hochgeehrter Herr / hier offenbare ich ihm die erste Heimligkeit der Räuber /[272] welche nur unser dreyen wissend ist; nam ein Büchslein mit graugelblichem Staube gefüllet /schüttete es in ein Gefäß / und dessen gar wenig / rührete es mit Wasser ümb / netzete jhm damit sein Gesichte / Haar und Hände / und lies es an der Sonnen trocken werden / da bekam er angesichts die schwärzlichte Farbe / und weil er einen alten Spiegel mit aus der Höhle gebracht hatte / hielt er ihm denselben vor /und sagte: Wann meines Herrn seine Gesellen jhn jetzo sehen solten / würden sie ihn schwerlich kennen. Herkules besahe sich selbst mit Verwunderung / und wahr ihm zu dieser Verstellung sehr liebe / begehrete auch an Gallus / wo des Kunst-Staubes mehr verhanden währe / möchte er einen guten Anteil zu sich nehmen / ob sie dieses Weges nicht wieder gehen würden / dann er wolte dessen hernähst zu seiner Lust gebrauchen. Aber / sagte er / lässet sichs nicht mit Wasser oder Lauge abwaschen? Nein / antwortete er / je mehr mans wäschet / je mehr es färbet / aber sonst verleuret sichs innerhalb zwölff Wochen allgemach / kan doch /wie mein Herr gesehẽ / mit einem geringen Läplein /welches mit einem gemeinen Dinge bestrichen wird /und man dessen allenthalben habhafft seyn kan /leicht abgerieben werden / so daß die Haut klärer wird dann vorhin. Kroch darauff zum andern mahl in das Gepüsche / nam des Kunst-Staubes einẽ zimlichen ledern Beutel voll zu sich / brachte auch Brod uñ Käse zum Frühstücke mit / welches sie assen / und einen Trunk aus der klaren Bach darzu tahten. Nach gehaltenem kurzẽ Inbiß begab er sich abermal ins Gesträuche / und hohlete zween unansehnliche zimlich lange Springstecken hervor / deren einen er Herkules mit diesen Worten reichete: Sehet da mein Herr / dieses wird ihm hinfüro eine zeitlang an stat des Schwerts vor ein Gewehr dienen müssen / wollen derweile sein Schwert in diesem Pusche wol verwahren / hilfft uns dann Gott wieder zurük / wie ich hoffe / sol mein Herr dasselbe unversehret wieder nehmen. Herkules wahr nicht bedacht das Schwert von sich zu legen / und sagete: Ich folgete euch zwar gerne / aber womit wehren wir uns / wann wir irgend Anfechtung haben solten /nam gleichwol den angebohtenen Stab zu sich / und dauchte ihn derselbe viel schwerer seyn / als dessen grösse mit sich brachte. Gallus sagte zu ihm: Diese Stäbe werdẽ uns schon Schwert und Spießverschaffen; zohe unten am Stabe ein kleines Häklein loß / da sprang ein vierecketes spitziges Eisen einer Ellen lang hervor / welches einer Hellebarten nicht ungleich sahe. Mein Gott / sagete Herkules / gehet doch die Bosheit heimlich zu schaden / mit mehrer Verschlagenheit umb / als auffrichtige Gegenwehr Klugheit anwenden mag. Ja mein Herr / sagte Gallus / diß ist das erste Gewehr / da man sich frey wenden kan /solte dieses aber unnüzlich zugebranchen seyn / dann werffe ich den ganzen Stab hinweg und behalte nur dẽ obersten Handgriff. Indem er dieses sagete / zohe er ein trefliches Schwert heraus / hatte eine runde Plate bey sich / die er mit aus dem Pusche gebracht / steckete sie an stat eines Gefässes daran / daß die Hand dahinter sicher und beschirmet wahr / und reichete Herkules eine gleichmässige. Der besahe nun seinen Stab eigentlich / fand ihn auff gleiche Art zugerichtet / und legte das Schwert willig ab; Sie gingẽ miteinander die Räuber-Bahn fort / da sie offt durch verwachsene Hecken kriechen musten / welche Zeit über Herkules ohn unterlaß mit seinem Gott redete / und mit vielen Seuffzen baht / ihm die Gnade zu verleihen / dz er sein geliebtes Fräulein zum Christlichen Glauben bringen möchte. Gallus sahe ihm unvermerket fleissig zu / und spürete / daß er in seiner Andacht den Nahmen Jesus offters nennete /[273] woraus er erkennete / daß er ein Christ wahr / seuffzete daher inniglich und sagete: O mein Herr / es stosset mir gleich jezo meine allergröbeste Sünde ans Herz / die ich ehmal begangen / und fürchte sehr / sie werde mir nimmermehr vergeben werden. Herkules antwortete: ist sie euch von Herzen leid / so bittet den wahren Gott um Verzeihung / und hütet euch hinfüro vor dergleichen. Wie gerne tähte ich solches / sagte er / wañ ich nur wüste /wie ichs anfahen solte. Dafern ihr nicht beschweret seyd / mir die Sünde wissen zu lassen / sagte Herkules / wil ich euch meinen geträuen Raht gerne mitteilen. Ach mein Herr / antwortete er / ich bin in der Jugend von meinen Eltern fleissig zur Schuel gehalten /und habe einen frommen Lehrmeister gehabt / der mich träulich in der Gottesfurcht unterwiese / unter andern mich einen Gott anbehten lehrete / welcher JEsus Christus heisset / und vor der Welt Sünde im Judischen Lande sol gestorben seyn; in dem Glauben blieb ich etliche Zeit / biß Käyser Septimius Severus vor XXIV Jahren die grausame Verfolgung wider die Christen anstellete / und alles was diesen Glauben bekennete / peinigen und tödten ließ: Ich wahr dazumahl von ungefehr XIV Jahren / und verrieten mich meine gewesene Mitschüler / daß ich ein Christ währe /ward deßwegen hingeführet / entweder lebendig verbrennet zu werden / oder den heydnischen Göttern zu opffern / und den Christen Gott zu verleugnen. Zwar eines gelindern Todes währe ich umb des Christlichen Glaubens willen gerne gestorben / aber vor des Feuers Hitze erschrak ich so hefftig / daß ich mich durch Fleisch und Blut verführen ließ / den HErrn JEsus verleugnete / und dem heydnischen Gott Jupiter Weyr auch auff die Kohlen schüttete. Dieses halte ich vor die einzige Ursach alles meines Unglüks / und peniget mein erschrockenes Gewissen so hefftig / daß ichs keinem Menschen klagen kan. O wolte Gott / ich hätte meines Heylandes Gnade wieder / welchen ich bößlich verleugnet habe / wie gerne wolte ich mich zehn und mehr mahl verbrennen lassen. Dieses / mein Herr / habe zu offenbahren ich nicht umhin köñ n /weil aus seiner Andacht ich gespüret / daß er ein Christ seyn muß / dann wir elende Heyden haben ein solches Vertrauen nicht zu Gott / daß wir in Nöhten uns solcher gestalt begreiffen / und mit GOttes Barmhertzigkeit uns trösten könten. Herkules sahe ihn freundlich an / und sagte zu ihm: Mein Gallus / ist diese Busse euch ein rechter Ernst / und gedenket ihr euch wieder zu dem Heylande der sůndlichen Welt zubekehren / so danket vor erst Gott / daß ihr anfangs in meine Hafft / hernach in meine Gesellschafft kommen seyd / dann ich bin ein Christ / und gehe gleich jetzo in meiner Andacht / welche ich zu diesem meinem Heylande gerichtet. Ich habe solches dabey vermerket / sagte Gallus / daß mein Herr den süssen Nahmen JEsus so offt nennete / vor welchen ich mich bißher ungleich mehr / als vor alle Waffen gefürchtet habe; dann mein Herr weiß und muß gestehen / daß er der warhafftige Gottes Sohn ist; Was mir nun dasselbe vor eine Seelen-Angst gebieret / so offt ich dran gedenke / ist der Zunge unmöglich auszusprechen. Ja mein Gallus / sagte er / ihr habt in Warheit eine erschrekliche Sünde begangen / nicht allein / in dem ihr euren Heyland verleugnet / welcher euch zu gute Mensch worden / und umb eurer Seligkeit willen sein heiliges unschuldiges Blut am Stamme des Kreuzes vergossen hat / und ihr habt euch gescheuhet / umb seines Nahmens willen das eure wieder zu vergiessen / oder im Feur verzehren zu lassen; Dieses / sage ich /ist nicht allein eine überaus schwere Sünde / sondern daß ihr überdas noch eine so geraume Zeit / XXIV[274] Jahr lang in solcher Gottlosigkeit verblieben / und euch nicht wieder durch herzliche Reu angemeldet /und zur Christlichen Kirchen begeben habt; trauet mir / daß alle eure Boßheit / die ihr mit Stehlen / Rauben /Morden oder sonsten begangen / gegen diese Sünde nicht eins zurechnen sey / dann jenes beleidiget eigentlich die Menschen / dieses aber ist schnuhr gerade wieder GOtt im Himmel selbst gerichtet. Jedoch; ist es euch von Herzen leid / und habt jhr den steifen Vorsaz / diese Sünde der Verleugnung nimmermehr wieder zu begehen / sondern bey eurem Heylande in Schande und Ehre / in Glük uñ Wiederwärtigkeit fest zu halten / so das weder Feur noch Schwert / Wasser noch Strik / Angst noch Pein euch davon scheiden sol; daneben auch aller Boßheit / so viel mensch-uñ möglich / euch hinfüro zuenthalten / und mit wahrem Glauben dem Sohn Gottes anzuhangen / auch ein Christliches Gottseliges Leben zu führen gesonnen seyd / so verspreche ich euch / daß Christus solche und alle andere Sünde / keine ausgenommen / euch gnädig verzihen / und in die tieffe des Meers versenket hat. O wolte Gott / sagte Gallus / daß ich dieses gläuben / und in mein Herz fassen könte / wie gerne wolte ich mich selber bey den Richtern vor einen Christen angeben / und zu aller zeitlichen Pein und Straffe meinen Leib frölich darbieten. Dieses müsset jhr gläuben sagte Herkules / und was hält euch abe /daß jhrs nicht in euer Herz bringen könnet? Gallus antwortete: O der schwere Stein meiner Sünden / welcher mich hinunter biß in die unterste Helle drücket! Eure Sünde? sagte Herkules / wisset jhr nicht / das Jesus in die Welt kommen ist / nicht üm der Frommen oder Gerechten / sondern ümb der Sünder willen? Spricht er nicht selber / er sey kommen / zu suchen was verlohren wahr? Ja / lässet er nicht ümb eines einzigen verlohrnen Schaffes willen die ganze Herde in der Wüsten / und gehet diesem nach / biß ers finde / leget es hernach auff seine Achseln mit Freudẽ / und träget es wieder hin in seinen Schaffstal / da es das Leben uñ volle Gnüge habẽ muß? Was saget jhr mir dañ von euren Sünden? Solte die den Gnadenbrun der Barmherzigkeit Gottes wol ausgetroknet haben? Lasset jhr nur abe vom bösen / bereuet eure übertretung /eure verleugnung und übeltahten / und kehret euch wieder hin zu dem / welchen jhr aus Fleisches Schwacheit / nicht aus frevelmühtiger Boßheit verleugnet habet; Wann dann eure Sünde gleich Blutroht sind / sollen sie doch Schneweis werden / wann sie sind wie Rosinfarbe / sollen sie wie die weisse Wolle werden. Dieses spricht Gott selber / der Mund der unstråflichen Warheit / der nicht liegen kan / und unmöglich ist / daß er liegen solte. Höret höret / wie Christus Jesus euch und eures gleichen ruffet: Kommet her zu mir alle die jhr mühselig uñ beladen seyd /ich wil / nicht allein ich kan / sondern ich wil / ich wil euch erquicken. Zweifelt jhr ferner / ob der Sohn Gottes eine solche Sünde / eine solche Verleugnung euch vergeben wolle? Sehet an die den HErrn selbst gekreuziget haben / wie hart sündigeten die? Noch dannoch vergab er jhnen nicht allein gerne und willig /noch ehe sie jhn darumb ersucheten / sondern er baht auch vor sie zu Gott seinem himlischen Vater. Und deucht euch auch dieses noch nicht gnug? Ey so nehmet vor euch den Apostel und Jünger des HErrn den Petrus: wahr derselbe nicht etliche Jahr mit dem HErrn ümher gereiset? Hatte er nicht seine Zeichen und Wunder gesehen? Ja hatte er nicht bekennet / du bist Christ der Sohn des lebendigen Gottes? Vermaß er endlich sich nicht gar / mit jhm in Gefängnis und in den Tod zu gehen? Gallus sagete: Mein Herr / ich[275] erinnere mich sehr wol / dieses alles in meiner Jugend gehöret zu haben. Je wisset jhr dañ nicht / fuhr Herkules fort / daß eben dieser Petrus seinen HErrn und Meister verleugnete? Nicht aus furcht vor dem Feur /wie jhr getahn / sondern da er durch einer armen Magd stimme vom Feur / dabey er sich wärmete / hinweg getrieben / und nur bloß gefraget ward / ob er deren einer währe / die dem JEsus von Nazareth zu folgen pflegeten; sehet was vor ein Fall wahr dieser. Nicht desto weniger nam jhn der HErr stündlich wieder zu Gnaden an / da er seine Sünde herzlich beweinete; ja noch ehe dann er sie beweinete. O du grundgütiger Gott / sagte hierauff Gallus / so biß doch auch mir armen Sünder / mir boßhaftigen Verleugner / mir Råuber und Mörder / gnädig und barmherzig / und laß meine Beichte und Busse dir zu herzen gehen /wie du des Mörders seine / welcher mit dir gekreuziget ward / dir zu herzen gehen liessest; fing damit an so bitterlich zu weinen / daß Herkules ein grosses Mitleiden mit jhm trug / und zu jhm sagete: Seyd versichert / mein Gallus / daß JEsus der Sohn Gottes diese eure Trähnen durch den heiligen Geist in euch wirket / uñ trauet Ihm nur gewiß / daß Er euch alle eure Sünde aus Gnaden verzihen uñ vergeben hat /laut Seiner teuren Verheissung / Er wolle deren keinen hinaus stossen / die durch wahre Reu und Busse in wahrem Glauben zu Ihm kommen. O ja mein Herr /antwortete er / mein Herz empfindet schon die Gegenwart der Barmherzigkeit Gottes / daher mir eine solche Freudigkeit entstehet / als ob ich von neuen gebohren wåhre / und in der allergrösten Himmels-Freude schon sässe. Dieses / sagte Herkules / ist eben das Zeugnis / daß wir Gottes Kinder sind / wann unser Geist durch den Geist Gottes also auffgerichtet / und aus dem Sumpfe der Verzweifelung hervorgerissen wird / dann ein jeder der wirklich in den Bund Gottes auffgenommen ist / uñ in wahrem Glauben seinem Erlöser anhanget / dessen Herz kan durchaus / auch in der allergrössesten Wiederwertigkeit / der geistlichen Freude nicht beraubet werden / massen alles was die Weltweisen oder Irdisch-Gelehrten von dem höchsten Gute schreiben / und dessen doch das allergeringste nicht geniessen / daß findet sich alles bey eines Christen Seele / die in Gott gestärket ist / welches aber nicht aus unser Krafft und Erwerbung / sondern einzig und allein aus dem Gnadenschaz Gottes herrůhret. O das muß ein überaus gnädiger Gott seyn / sagete Gallus / der die groben mutwilligen Sünder ümsonst wieder zu Gnaden annimt ja antwortete Herkules / wann es an unser seite nicht ümsonst geschähe / so geschähe es nimmermehr; gestaltsam nichts düchtiges an uns ist / welches Gottes Güte erwerben könte; daher meldet auch die Heilige Schrifft / der Sohn Gottes sey vor uns gestorben / da wir noch Sünder / ja da wir noch seine Feinde wahren / anzudeuten / daß das Werk unser Begnadigung ohn alles unser Zutuhn geschehen sey. Gallus sagete; mein Herr / ich habe mich nach meiner Verleugnung allemahl vor Gottes gesträngem Recht gefürchtet / und nicht gewust / daß seine Barmherzigkeit demselben begegnen und selbiges stellẽ könte. Billich furchtet sich ein Mensch vor Gottes Gerechtigkeit / sagete Herkules / als oft er seine unwirdigkeit betrachtet; aber daß jhr euch darein recht zuschicken wisset / so nehmet diesen kurzen Bericht ein / der euch nun in einer kindlichen Furcht stärken / uñ die knechtische schüchternheit abnehmẽ wird; es ist freylich Gott der HErr beydes eingerechter und zugleich ein barmherziger Gott / bleibet auch in alle Ewigkeit so wol gerecht als barmherzig; Und weil wir Menschẽ alle miteinander die Gerechtigkeit Gottes mit unsern Sünden[276] hoch beleidiget und zu Zorn gereizet hatten / muste trauen derselben Gerechtigkeit Gottes ein genügen / und zwar ein völliges Genügen geschehen / sonsten währe Gott nicht gerecht; als aber in keines Menschen Vermögen wahr / diese Gerechtigkeit durch seine Werke zubegütigen / und dannoch die barmherzigkeit Gottes aller Menschen Verdamnis nicht zugeben kunte / da erweckete diese Barmherzigkeit den ewigen Sohn Gottes / die andere Person des einigen ewigen göttlichen Wesens / daß dieselbe sich freywillig erboht / der Gerechtigkeit gnüge zuleisten /und zwar in unserm menschlichen Fleische / als welches dem Zorn unterworffen wahr; solches zuerfüllen / nam dieser ewige Sohn Gottes vor 227 Jahren (nach der wahren Rechnung) unsern menschlichen Leib und Seele in dem Leibe der keuschen Jungfrauen Marien an sich / lag / wie andere Menschen / XL Wochen unter dem gereinigten Herzen seiner lieben Mutter /lies sich hernach von derselben als einander Mensch in armseliger kindlicher Gestalt an diese Welt gebehren / sich mit seiner Mutter Brüsten speisen / mit Essen und Trank aufferzihen / unterwarff sich allen menschlichen Gebrechligkeiten / ausser der Sünde /lebete allerdinge heilig und nach allen Gebohten Gottes unsträfflich / wie es die Gerechtigkeit Gottes schnur gleich und nach der höchsten stränge erfodert /uñ als er das männliche Alter erlanget hatte / trat er in sein Messias- oder Erlösungs Amt / lehrete und predigte / verrichtete allerhand göttliche Wunder / in dem er die Blinden sehen / die Tauben hören / die Lahmen gehen / die Aufsätzigen rein / die Kranken gesund / ja die Todten lebendig machte / biß die Zeit kam / daß er vor unsere Ubertretung leyden uñ sterben muste / da lies er sich von seinem eigenen Volke den Juden /sahen / verspeyen / höhnen / geisseln / kreuzigen uñ tödten. Sehet nun Gallus / alles was der ewige Sohn Gottes in seinem angenommenen Fleische gutes taht und böses litte / daß geschahe einzig und allein zu dem Ende / daß er der Gerechtigkeit Gottes ein Genügen tuhn möchte / damit dieselbe gestillet / der Barmherzigkeit hinfüro über uns die Herschafft und freie Hülffe gönnete. Weil dann nun unser Heyland an unser Stelle Gottes Gerechtigkeit erfüllet / und uns bey derselben außgesöhnet hat / können und dürffen wir getrost und freydig vor seinen Gnadenstuel treten / und auff Christus Gnugtuhung uns verlassend / ja dieselbe Gott dem Vater vorstellend / umb vergebung aller unser Sünde kühnlich und in fester Zuversicht anhalten / dann so wil er / in ansehung dieses völligen Gehorsams uns seine Barmherzigkeit und daß ewige Leben nicht versagen. Ja er ruffet uns selber zu sich /wir sollen durch wahre Busse uns zu ihm bekehren /dann wolle er sich unser erbarmen wie grob wirs auch mit unsern Sůnden gemacht haben. Gedenket deßwegen ja nicht / als fodere Gott etwa einige Gnugtuhung von euch; Nein / nichts mehr als ein williges Herz /daß wir der Wirkung Gottes des Heiligen Geistes nicht wiederstreben / sondern uns von ihm zihen und lenken lassen / und unsere Gerechtigkeit auff Jesus den Sohn Gottesbauen. Daher lehret uns Paulus / daß derselbe schon vor Gott gerecht sey / der an den Sohn Gottes gläubet; ein solcher habe schon das ewige Leben / nemlich in der Hoffnung / zur unfehlbahren künfftigen Erteilung / spricht unser Heyland selber /und er wolle ihm am jüngsten Tage zu desselben volkommener Niessung aufferwecken / dafern er sonst seinem Willen / weil er alhie auff Erden wallet / folge leistet / den Kampff wieder den Teuffel / die Welt /und sein eigen Fleisch und Blut antrit und außführet /so daß er nach der heiligen Lehre in guten[277] Werken der Christlichen Liebe sich fleissig übet. In diesem Vorsatze müsset ihr nun forthin beständig verbleiben /alsdann werdet ihr erfahren / wie gnädig sich Gott wird finden lassen; und ob wegen begangener Sünde er euch etwa hier zeitlich mit dem lieben Kreuz heimsuchen / daß ist / mit seiner väterlichen Zuchtruhte stäupen würde / daß ihr in Krankheit / Gefängnis /Armut / ja in den zeitlichen Tod selbst gerahten soltet / wird euer Herz doch immer freudig bleiben / und alle Pein und Angst dieses Lebens verachten. So komt nun her / setzet euch mit mir auff die Knie / und sprechet mit herzlicher Andacht mir folgendes Gebeht nach. Gallus wahr darzu willig / fiel auff die Erde ganz nider / lehnete sich auff die Arme / und mit gefaltenen Händen und heissen Trähnen sagte er ihm dieses Gebeht nach: O du barmherziger HErr JEsus Christ / du Liebhaber der Menschen / du Erlöser der Sünder / du Bekehrer der Unbußfertigen / du Heyland aller Welt; ich bitte dich durch deine heilsame Menschwerdung und Geburt / durch dein Leyden / Kreuz und Tod /ja durch deine siegreiche Aufferstehung und Himmelfahrt / du wollest mich armen elenden Sünder mit den Augen deiner grundlosen Barmherzigkeit ansehen / wie du angesehen hast die bußfertige grosse Sünderin / den Verleugner Petrus / den Räuber uñ Mörder am Kreuz. HErr mein Gott / ich bin nicht wert / daß ich vor dir erscheine / noch meine Augen und Stimme zu dir erhebe /weil ich dich meinen Heyland mutwillig verleugnet /auch nachgehends in solcher Verleugnung viel Jahr ohn Wiederkehrung zugebracht / da ich unterdessen durch des bösen Feindes Verleitung und meines eigenen Willens Getrieb / mein ganzes Leben in allerhand Sünden und groben Lastern zugebracht habe. Dannoch aber /weil du grundgütiger HErr allen Sündern ohn Unterscheid zur Busse ruffest / und ihnen Vergebung umbsonst / und himlische Freude ohn Entgeltniß anbeutest /O HErr / so halte ich dir dein Wort vor / ich erinnere dich HErr deiner Einladung; komme in solcher Zuversicht zu dir / erkenne und bekenne meine Sünde / und kehre mich zu deiner tröstlichen Gnade und Barmherzigkeit. O Gott Vater / und HErr meines Lebens / biß mir armen elenden Sünder gnädig und barmherzig umb deines lieben Sohns JEsus Christ willen / ach heilige und reinige mich mit deinem Heiligen Geiste in meinem ganzen Leben / mache aus mir ein heilsam und nüzliches Werkzeug zu Lobe deinem Nahmen / und zu meiner Seelen Seligkeit erhalte mich zum ewigen Leben; Dann sihe O Gott mein Heil /ich komme ja zu dir / nicht auff meine Gerechtigkeit /welche auch nichts als Unflaht ist / sondern auff deine grundlose Barmherzigkeit mich verlassend / deßwegen handele doch mit mir nicht nach meiner Sünden / und vergilt mir nicht nach meiner Missetaht / sondern wie sich ein Vater erbarmet über seine Kinder / so erbarme dich HErr über mich / auff daß ich deiner Gnade teilhafftig werde / und so wol hier zeitlich als dort ewig dich davor loben / rühmen und preisen möge / Amẽ.

Nach endigung dieses Gebehts / sprachen sie den Algemeinen Christlichen Glauben und das heilige Vater Unser / stunden hernach von der Erden wieder auff / und rühmete Gallus mit freudigem Angesicht /wie er so einen kräfftigen Trost in seiner Seele empfünde / und Gottes Barmherzigkeit eigentlich spürete. Herkules antwortete / es ist mir sehr lieb / daß ihr durch meine Anleitung / die Gott gewirket hat / wiederumb ein wahres Gliedmaß der algemeinen Christlichen Kirchen worden seid; aber bittet Gott / daß durch seinen guten Geist er euch in diesem wolangefangenen Werke stärke und erhalte; und sehet zu / lasset euch durch Fleisch und Blut ja nicht verführen /daß ihrs wieder anfangen woltet / wo ihrs gelassen habt. Unterrichtete ihn hernach weiter in den Häuptstücken des Christlichen Glaubens / deren er sich alle wieder erinnern kunte / wie er ohn daß einen scharffen Verstand uñ gutes Gedächtnis hatte. Schlißlich ermahnete er ihn / er solte bey des Glaubens Einfalt bleiben / und durch die vorwitzig- Gelehrten sich nicht irre machen lassen / insonderheit[278] müste er der Ketzer Gift meiden / welchen der leidige Teuffel in Simon dem Zäuberer außgehecket / und der Christlichen Kirchen zu grossem Schaden erwecket; als da währen / die des Menander / Zerinthus / Ebions / Basilides / Karpokrates / Zerdon / Marzion / Tazianus /Montanus und dergleichen ungereimten Schwarm in der Kirchen Gottes außzubreiten sich bemüheten. Gallus gelobete träulich an / diesem allen nach vermögen nachzusetzen; und da es meinem Herrn geliebet / sagte er / werden wir etwas stiller gehen / massen wir unsern mühseligen Weg schier zum Ende bracht / und bald daselbst anlangen werden / wo die gottlose Geselschafft ihre verborgene Höhle hat. Wie gar vergeblich aber aller eurer Reuter Nachsuchung würde gewesen seyn / hat mein Herr gnug abzunehmen / weil unmöglich ist / daß ein unbewanderter diesen Weg finden / vielweniger zu Pferde hindurch kommen solte. Herkules erkennete solches wol / und ging in aller stille mit ihm fort / biß sie unter einen grossen Baum kahmen / zwischen dessen dicken Aesten Gallus hinauff in die höhe sahe / und als er niemand darauff sitzen fand / nam ihn solches wunder / und sagte: Mein Herr / es gehet alhie nicht recht zu /sonst sässe eine Schildwache auff diesem Baume. Valikules (also werden wir Herkules eine Zeitlang nennen) fragete / obs dann ein böses oder gutes Zeichen wåhre. Ich kan mich nicht drein schicken / antwortete er / und gläube ja nicht / daß nach empfangener so grosser Schlappe / sie sich von dem vorigen Ritter zu einem andern Wagstücke haben verleiten lassen / welcher uns mit grossen Verheissungen zu dem gestrigen angetrieben hat / unter dem Vorgeben / der Jüngling währe des Römischen Käysers Feind / und hätte statliche Gelder und Kleinot bey sich / welche wir alle zum Raube behalten solten / wann wir nur den Jüngling zu seinen Händen liefern würden. Doch / wahren sie gleich außgezogen / so håtten sie dannoch die Schildwache unbesetzet nicht gelassen. Sie gingen weiter fort / und pfiffe Gallus dreymahl in ein helles Pfeischen die Lose / stund und horchete / vernam aber nichts als eine ungewöhnliche stille; worauff er sagete: Nun weis ich nicht was ich gedenken sol / daß mir nicht geantwortet wird; es muß sich in Warheit etwas sonderliches zugetragen haben / welches wir bald erfahren werden. Sie gingen ein wenig fort / da funden sie drey tode Leichnam in ihrem Blut ligen. Gallus besahe sie und sagete: Diß sind Räuberbursche / wer mag dieses Nest immermehr verstöret haben? Und als sie etwas weiter gingen / sahen sie bald hie bald da /bey die hundert erschlagene zerstreuet liegen / worüber sie sich höchlich entsetzeten / und sagte Gallus; als viel ich merke / muß eine Räuber Zunft über die andere bekommen seyn / dann ich sehe unser Volk und Fremde durch einander liegen. O so sey es Gott geklaget / sagte Valikules mit einem tieffen Seuffzen; ich fürchte sehr / mein geliebter Bruder sey mit erschlagen / oder von andern Räubern gefangen hinweg geschleppet; O wo sol ich dich nun suchen / O du meiner Seelen werdester Freund? O mein Bruder /wolte Gott / ich solte an deine Stat die Ketten und Banden tragen / weil du sie nur meinetwegen tragen must. Gallus stund als ein Verzucketer / wuste nicht was er antworten solte / endlich sagete er: Komt mein Herr / lasset uns die Todten durchgehen / vielleicht finden wir noch einen Lebendigen unter jhnen; pfiffe auch noch einmahl überlaut / da wehrete es nicht lange / daß ein verwundeter aus dem Pusche hervor kroch welcher zu Gallus sagete: O Herr Häuptmann /wo kommet jhr her / dieses grosse Unglük anzusehen? Geschwinde / sagte Gallus / und zeige mir an / was dieses vor[279] eine Niederlage sey? Ach / antwortete dieser / es ist vor ohngefehr acht Stunden eine starke Geselschafft SeeRäuber uns unvermuhtlich über den Hals ko en / welche wir anfangs etwa XX Mann stark schätzeten / funden ihrer aber über hundert; Diese haben unser Volk in die 50 Mann alles niedergehauen / wiewol sie nicht ungerochen gestorben sind. Gallus fragete / wo dann der gestriges Tages gefangene Jüngling währe. Ja sagete er; Dieser / dieser Jůngling / der rechte Wunder-mensch? davon möchte ich euch wunder über wunder erzählen: Als die SeeRäuber mit uns stritten / gedachte dieser anfangs / es wåhren Leute zu seiner Rettung ausgeschicket / saß demnach mit seiner Jungfer stille in der H \hle / uñ nam sich keines dinges an; da er aber eines andern berichtet ward / foderte er Schwert / Schild und Helm /gab sich mit ins Gefechte / und trieb durch seine Behändigkeit solch Wunder / daß / wo seiner zehne bey uns gewesen / der Sieg uns nicht solte entno en seyn. Die SeeRäuber verwunderten sich des schönen streitbaren Jünglings und bohten ihm Leben und Sicherheit an / dafern er sich ergeben würde / im widrigen solte er auffs äusserste gehöhnet werden / und eines grausamen Todes sterben. Als er nun sahe / daß zuentkommen jhm unmöglich wahr / antwortete er jhnen; wann jhr mir euer versprechen redlich zu halten gesiñet seyd / wil ich mich euch ergeben / weil die Götter es also fügen; seyd aber höchlich gebehten / und nehmet meine Wase mit in diesen Schluß / welche neben mir gefangen ist / und durch der Götter Schuz jhre Ehre bißher erhalten hat; dieses alles verhiessen sie jhm /nahmen sie beyde mit sich / und gingen davon. Valikules fragete / ob sie irgend dem Jünglinge Leid angetahn / nachdem er sich ergeben håtte. Nein sagte dieser verwundete Råuber / sie nahmen ihn ungebunden mit sich / weil er äidlich angelobete / nicht von jhnen zuweichen / es währe dann / das Stärkere über sie kåhmen / und jhn zum drittenmahl gefangen nähmen. Gallus wolte wissen / was vor Sprache diese Meer Räuber sich gebraucht hätten; und berichtete jener / es hätte niemand kein einziges Wort von jhnen vernehmen mögen / ohn daß sie einen Dolmetscher bey sich gehabt / der mit dem Jünglinge bald Latein bald Griechisch geredet. Valikules wahr in zwischen in tausend ängsten / welche durch diese Zeitung nur vermehret wurden / weil er nicht wissen kunte / in was Landschafft sein geliebtes Fräulein geführet würde / fragete endlich / welchen Weg dañ diese Räuber vor sich genommen; dessen jhn der Verwundete nicht berichten kunte / ohn daß der Dolmetscher dem Jünglinge gesagt / sie hätten jhr Schiff nicht weit von hinnen stehen / wohin sie mit einander gehen würden / biß sie jhre Wagen anträffen / welche den Raub zusammen fuhreten / worauff er jhn samt der Jungfer setzen / und nach dem Meer bringen wolte. Ach mein Gott / sagte Valikules / iezt habe ich deiner Hülffe mehr von nöhten / als vorhin / deswegen stehe mir gnädig bey / daß ich die Unschuldigen erretten / und zur Erkäntnis deiner Warheit bringen möge; nun nun du mein Gott / wirst mich leiten und führen / ich wil folgen durch Arbeit und Ungemach / und nicht auffhören / biß ich bessere kundschafft habe / solte ich auch graue Haar drüber zeugen. Sagte hernach zu Gallus / dafern jhm der Weg nach dem Meer bekant währe / möchte er jhn dahin bringen / uñ hernach seines gefallens gehen wo er wolte / doch daß er zu Padua bey seinem Freunde Ladisla sich angåbe / und von jhm 6000 Kronen abfoderte / die er jhm unfehlbar auszählen würde / und könte er sich mit solchem Gelde wol ernähren / biß er etwa wiederkähme / dann solte jhm ein[280] mehres gefolget werden. Als Gallus solches hörete / fiel er vor jhm in die Knie / und baht ůmb Christus willen / er m \chte jhn nicht von sich stossen / dann sein höchster Wunsch währe / bey jhm zu leben und zusterben; er wolte sich in seinen Diensten dergestalt verhalten / daß er ob Gott wil / damit könte begnüget seyn. Valikules hatte Zeugnis gnug seiner Träue / weil er ungeachtet des grossen Geldes jhn nicht lassen wolte / uñ sagete zu jhm: Mein Gallus / ich habe gezweiffelt / ob jhr mir über Meer zu folgen bedacht währet / weil ich nun eure Meinung verstanden / sol mir zu dieser Reise kein Mensch lieber seyn als jhr / weil ich euch als einem Christen am sichersten Trauen kan; also wil ich euch nun meiner Heimligkeitẽ mehr vertrauen / als ich meinen allerbesten Freunden nicht tuhn würde / und wisset demnach / daß der gefangene Jüngling inwarheit ein gebohrnes Königliches Fräulein / mir nicht allein mit Blutfreundschafft verwand / sondern auch meine verlobete Braut ist / und Herrn Ladisla / von dem ich heut geschieden bin / leibliche Schwester; die Jungfer welche bey jhr ist / wie auch die erlösete / sind zwar hohes Adels / aber nur jhre Leibdienerinnen; woraus jhr abnehmen möget / ob ich nicht Ursach habe / mich jhrer Erlösung anzunehmen. Gallus erschrak dessen / verstund hieraus / wes Standes sein Herr wahr / und sagte: Durchleuchtigster Fürst / eure Durchl. bitte ich untertähnigst ümb verzeihung / daß derselben die gebührliche Ehre nicht geleistet habe; betreffend die anvertrauete Heimligkeit / sol dieselbe bey mir sterben. Ich bin mit eurem Erbieten gnug zu frieden / antwortete er / sol euch auch in seiner zeit vielfåltig vergolten werden; ich befehle euch aber vor dißmahl / daß jhr mich durchaus nicht höher ehret / als einen schlechten Herrn Standes / und weil es euch gefålt in meinen Diensten zubleiben / werden wir uns im Namen unsers Gottes / uñ dessen Schuz und Anführung auff den Weg begeben. Wie es euer Gn. beliebet / sagte er / wiewol mein geringer Raht währe / wir gingen zuvor in die H \hle / und nähmen etwas Speise zu uns / unsere Kräfte zustärken / ümb / den bevorstehenden Weg desto frischer wanderen zukönnen. Er lies sich hierzu bereden / weil es schon weit nach Mittag wahr / funden etliche gebratene kalte Speisen /davon sie mit guter Begierde assen; hernach durchsuchete Gallus alle bekante Winkel / sahe wol daß sie rechtschaffen ausgeplündert wahren / fand aber doch noch ein verborgẽ Loch / in welchem er 800 Kronen antraff / welches Zehrpfenniges er sich nicht wenig freuete / brachte alles seinem Herrn / und sagte: Er zweiffelte nicht / Gott hätte jhnen dieses auff die bevorstehende Reise bescheret. Herkules aber versicherte jhn / er solte wegen der Zehrungs kosten jhm keine Gedanken machen / sein heimlicher Schaz den er an Kleinoten bey sich führete / währe zehnmal grösser /als dieses gefundene / wiewol es jhnen auch zustatten kommen könte; solte jhnen aber ein mehres nöhtig seyn / könte er durch Wechsel von Padua haben / so viel er wünschete / obs gleich etliche Tonnen Goldes austrüge. Hierauff rief er den verwundeten Räuber zu sich / hieß jhn Speise nehmen / stillete jhm das Blut mit seinem köstlichen Steine / verband jhm seine Wunden / uñ sagte zu jhm: Guter Freund / nim jezt deines Glückes wahr / welches dir blühet / und verrichte mir einen kleinen Dienst / der sol dir zu statten kommen; Laß dich deine Schwacheit nicht aufhalten /und gehe nach dem Flecken / woselbst der Jüngling gestern geraubet ist / da wirstu etliche Herren antreffen / denen bringe Bericht zu / alles was sich hieselbst zugetragen hat / und daß Gallus mit seinem Gefårten alhie wol ankommen / auch albereit nach dem Meer gangen sey / da sie auf ein[281] Schiff sich setzen und den Seeråubern folgen / auch nicht ümkehren werden / biß sie gewisse Kundschafft wegen des Jünglings eingezogen haben. Dem Vornehmsten aber unter ihnen soltu sagen / mein Begehren an ihn sey vor erst / daß /wo er mein Freund ist / er mir nicht folge / biß ich ihm schreibe / welches geliebts Gott / in weniger Zeit geschehen sol; dieses solt du keines weges in Vergeß stellen. Hernach / daß ich dir Leben / Freyheit und so viel Gelder versprochen / als mein ädler Diener Vierteljahrs Bestallung hat / welches er dir alsbald einreichen wird; und sihe da / nim dieses Trinkgeld mit auf den Weg / und laß dich an deiner Mögligkeit nichts irren; doch soltu eben nicht eilen / sondern kömst morgẽ noch zeitig gnug daselbst an. Hiemit reichte er ihm X Kronen / und nam von ihm äidliche Zusage /daß er alles auffs träulichste verrichten wolte. Nach dieses Abfertigung begaben sie sich auff den Weg nach dem Meere zu / und hatten mancherley Gespräch von geistlichen Sachen / gingen fast biß Mitternacht /ehe sie Leute antraffen / weil sie wegen der SeeRäuber ausgewichen wahren; endlich höreten sie ein Gemurmel hinter einem Gehäge / wohin sie sich in aller stille wendeten / und eine zimliche Rotte Bauren ansichtig wurden / welche ihren Verlust höchlich beklageten / daß ihnen alle Speise und Baarschafft samt dem besten keinẽ Gerähte hinweg geraubet währe. Valikules trat hin zu ihnen / grüssete sie freundlich /uñ fragete / warumb sie bey so später Nacht in solcher Versamlung unter dem freyen Himmel lägen? Diese Leute sahen ihn stillschweigens an / und hielten ihn anfangs vor einen Ausspeher und Räubergenossen; welchen Argwohn ihnen zubenehmen / er sich unerschrocken bezeigete / und gab vor / er währe neben diesem seinen Gefärten von dem Römischen Stathalter zu Padua ausgeschicket / umb zuerforschen /wohin die SeeRäuber sich gewendet hätten / von deren Einfall das Geschrey schon erschollen währe /und würde man nicht unterlassen / ihnen nachzusetzen / es geschähe gleich zu Lande oder über Meer. Der älteste unter diesem Hauffen antwortete: Ach ja! so pfleget mans ins gemein zumachen / daß man den Brunnen zuleget / wann das Kind ersoffen ist; Hielte man gebührliche Auffsicht bey dem Meer / so kähmen wir armen Leute nicht so schlimlich umb das unsere. Valikules stellete sich ernsthafftig / und gab zur Antwort: Ey mein Freund kan dann die Obrigkeit von solchen und dergleichen unvermuhtlichen fällen Rechenschafft geben? müsten nicht vielmehr des Meers Anwohner acht haben / nicht zu sicher seyn / sondern der Obrigkeit es andeuten / wann etwa Gefahr zubefürchten währe? Ihr sprechet aber / es sey ohn euer vermuhten geschehen. Aber hats dann die Obrigkeit können riechen? oder kan dieselbe allenthalben gegenwärtig seyn? Sol man aber den ganzen Meerstrand besetzen /und zwar in Friedeszeitẽ? das würde euch guten Leuten erst verdrießlich seyn; dann hie würdet ihr durch so unerträgliche Dienste oder Unkosten gar zu hart belastet werden. Doch hievon haben wir mit einander nicht zu zanken / sondern man muß darauff bedacht seyn / wie man sich an den verwägenen Buben am besten rächen möge; da ihr nun geträue Leute und Untertahnen eurer Obrigkeit seyd / werdet ihr mir unwegerlich zuwissen tuhn / wohin die SeeRäuber sich gewendet / welche zuverfolgen alsbald Anordnung sol gemacht werden. Vorgedachter Baur entschuldigte sich / wegen seiner unvorsichtig-ausgelassenen Reden / und hätte er aus Betrübniß wegen seines nicht geringen Verlustes etwas ungebührliches vorgebracht /möchte es nicht im argen auffgenommen werden. Ein ander frecher Baur redete darzwischen;[282] was er sich viel zuentschuldigen hätte; wer das seine verlieren und zusetzen müste / empfünde des übels / und hätte noch wol so viel Freyheit / daß er sein Unglük beklagete. Und wer weiß / sagete er / ob dieser junge Kerl nebest seinem Gesellen nicht suchet / uns noch weiters Ungelegenheit zumachen? Der mehrerteil begunten mit zu grießgramen / und liessen sich vernehmen /sie solten sich bald packen / oder man würde ihnen Füsse machen. Valikules hielt nicht vor rahtsam / sich mit diesem Lumpengesindle in Handgemenge einzulassen / wo er sich sonst auff andere weise vor ihnen retten könte / sagte demnach zu ihnen: Ihr guten Leute / hütet euch ja vor weitere Ungelegenheit / das rahte ich als ein Freund; es liegen dort im Pusche über 300 bewehreter Mann / denen ich mit einer Pfeiffe bald ein Zeichen geben wolte / euch alle mit einander niderzumachen. Gallus nam bald sein Pfeiffchen hervor / und begunte es schallen zu lassen; worauff die Bauren ingesamt / ausser den ersten Alten / davon lieffen / als hätte ihnen der Kopff gebrant / daß er drüber lachen muste / befahl auch Gallus / alsbald zurücke zulauffen / und der Völcker Auffbruch zu verhindern; wendete sich zu dem Alten / und begehrete von ihm weiteren Bericht wegen des Abzuges der MeerRäuber. Welcher zur Antwort gab: Er håtte es mit Augen angesehen /daß sie mit samt ihrem Raube währen zu Schiffe gangen / und auff das hohe Meer gefahren; hätten ein treflich festgebauetes Schiff gehabt / darauff in die 200 bewehreter Mann sich sehen lassen. Valikules fragete / ob sie auch Menschen geraubet hätten? Ja / antwortete er; sie nahmẽ XII starcke Baurknechte mit sich /an den Rudern zuzihen / führeten auch einen sehr schönen Jüngling nebest einer wolgestalten Jungfer mit sich auff einem Wagen / welche sie ohn zweiffel geraubet hatten / muste ihnen aber Blut gekostet haben / weil nicht allein viel unter ihnen verwundet wahren / sondern über das auch nicht mit so starker Manschafft zurük kahmen / als sie hingezogen wahren. Die Gefangenen / sagete Valikules / werden nicht gelassen werden / weil sie dem Stathalter zu Padua nahe befreundet sind; Aber könnet ihr mir nicht sagen / wohin sie ihren Lauff genommen haben? So gar eigentlich weiß ich davon nicht zuberichten / antwortete er / nur daß sie gewaltig fort ruderten / biß sie unter den Wind kahmen / und man sie in kurzer Zeit nicht mehr sehen kunte; meinem bedünken nach gingẽ sie nach Griechenland / dann ihr Lauff wahr Sud Ost /wiewol ich sie nicht vor Griechen / sondern vor Barbaren halte / aus den Asiatischen Morgenländern; dann ich hörete etliche die Parthische Sprache reden /die mir von XXX Jahren her bekant ist / da ich unter dem Käyser Severus als ein FreyReuter die Parther und Adiabener bestreiten / und unter dz Joch bringen helffen. Valikules wunderte sich / daß solche von dem Mittel Meer so weit abgelegene Völker sich auff SeeRåuberey begeben solten; verstund doch aus diesem Bericht / wie gefährlich es umb sein Fräulein stünde / und wie unmöglich es wåhre / ihr zu helffen /wo nicht Gottes Barmherzigkeit ihm den rechten Weg zeigen würde. Insonderheit bekümmerte er sich hefftig / daß kein Schiff verhanden wahr / worauf er sich setzen und den Räubern folgen könte; Wie er aber in den grösten Gefährligkeiten sich allemahl auf Gottes Hülffe und Beystand verließ / also gelebete er der Christlichen Hoffnung / sein Heyland würde sein Vorhaben noch beseligen / und alles nach seinem gnädigen Willen ordnen und schicken. Weil er dann durch das ungewöhnliche stränge gehen sehr ermüdet wahr /legte er sich unter einen Baum / und ruhete etliche Stunden gar sanffte / biß die helle Sonne über[283] dem Erdboden stund / da inzwischen Gallus immerzu wache blieb / und ein wenig davon mit dem Alten sein Gespräch hielt / welchen Valikules durch verheissung eines Geschenkes darzu vermocht hatte. Nachdem er wieder erwachet wahr / rühmete er / wiewol er geschlaffen hätte / und von der gestrigen Ungelegenheit des gehens ausgeruhet / redete mit dem Alten /und baht ihn / ein Schiff im nähesten Hafen auszuhören / wovor er ihm ein gutes Trinkgeld vergnügen wolte. Der Baur berichtete ihn / er währe vor zween Tagen bey einem Hafen / zwo Meile von hinnen / vorübergangen / da er zwey Kauffmansschiffe gesehen /Wein und andere Waaren einladen / deren das eine zweiffelsohn abgefahren; das andere hätte noch auff Ladung gewartet / und da er nit irrete / würde dasselbe nach Griechenland fahren. Mein Freund / sagete Valikules / dahin müsset ihr mich geleiten; gab ihm VI Kronen / und macheten sich ohn ferner Auffhalten fort / traffen auch das Schiff an / welches schon fertig wahr abzulauffen / da der Schiffherr anzeigete / daß er in unterschiedlichẽ Hafen Griechenlandes anhalten /etliche Waaren ausladen / und dagegen andere wieder einnehmen würde. Weil nun dieses ihm sehr gewündschet fiel / dingete er sich neben Gallus auff das Schiff / und fuhren in Gottes Nahmen davon / der gewissen Hoffnung / jhr Helffer würde seinen Beystand ihnen scheinlich sehen lassen.

Dieses Tages / wiewol gegen den späten Abend /gelangete der verwundete Räuber bey dem unseligen Flecken an / woselbst er eine grosse Menge nacketer Männer an Kreuze gehefftet sahe / deren annoch etliche lebeten / und überaus grossen Jammer trieben /und da er jhnen nåher kam / ward er gewahr / daß sie alle seiner vorigen Geselschaft wahren; dessen er so hart erschrak / daß er nicht wuste / ob er förder gehen / oder zurük weichen solte; endlich wagete ers in seiner Mattigkeit / und ging der Herberge gleich zu. Ladisla und Fabius wahren in grossem Kummer / daß jhnen von Herkules keine Zeitung zukam / und gerieten auff die Gedanken / er möchte von seinem Führer hintergangen / den Räubern überliefert / oder wol gar erschlagen seyn; biß dieser sich angab / uñ alles berichtete was jhm befohlen wahr; dessen sie nicht wenig erschraken / und fleissig nachfrageten / wie zeitig er meinete / daß Herkules bey dem Meer anlangen würde; als sie nun vernahmen / daß er solches schon diesen Morgen würde erreichet haben / ward Ladisla über die masse betrübet / daß jhm die Augen übergingen / und zu sich selber sagete: So hat Herkules ohn seinen Ladisla sich auff das Meer begeben / und jhn verlassen können? O du mein allerbester Freund / O du mein allerliebester Bruder / wo suche ich dich dann nun? Wo finde ich dich wol wieder? Fabius wahr nicht viel anders zu muhte / dann erliebete Herkules mehr als sich selbst / hatte auch bey sich beschlossen / da es möglich währe / seiner Geselschaft sich nimmermehr zu åussern. Ladisla / wie spät es gleich wahr / befahl eilends sein Pferd zusatteln /daher Klodius / Markus und Leches sich auch fertig machten / wiewol es diesem sehr hart einging / daß er Jungfer Libussen so bald lassen solte / nachdem er in Hoffnung stund / die so lange gesuchte Liebe nunmehr zubefestigen / ümb welche er am Bömischen Hofe schon ins dritte Jahr angehalten hatte / aber mit schlechter Hoffnung gespeiset wahr / nicht; daß sie ihm so ungewogen währe / sondn weil sie sich von seiner Schwester durch schimpfliche Reden beleidiget fand / welche diese Heyraht zu hindern / alle Mühe anwendete. Hier in der Fremde aber stellete sie sich geneigter / und nam Leches die Gelegenheit in acht /daß er diesen und vorigen Tag[284] sehr hart an sie setzete / und sich vernehmen lies / dafern sie seine ihr bißher erzeigete Liebe und Träue nicht erkennen wolte / hätte er noch ein Mittel vor sich / wodurch er seinen Wunsch hoffete zuerhalten. Die Jungfer begehrete solches von ihm zu wissen / sagte im Scherz (massen sie jhr schon vorgenommen hatte / sich mit jhm zuversprechen) sie könte nicht ersinnen / was mittel dieses währe / sintemahl sie ja frey und jhres eigenen willens lebete. Leches antwortete: Er gedächte auch auff keinen Zwang / oder was dem ähnlich währe / nur vor erst wüste sie / in was grossen Gnaden sein Vater bey der Fr. Königin stünde; so hätte er auch einen ganz gnädigen Herrn an seinem Könige Ladisla / und gleicher gestalt eine gnädige Frau an dessen Gemahl /welche ihm nach geendigtem Speerbrechen eine güldene Kette / und ein Kleinot auff 6000 Kronen wert geschenket. Libussa hörete schon wo er hinaus wolte /taht doch nicht desgleichen / sondern mit einem Gelächter sagte sie; es währe jhr seinetwegen lieb / daß er in diesen Gnaden stünde; aber sagte sie / was tuht solches bey dieser Sache / die in meinem freyen Wilkühr stehet / so viel das lassen betrift? Ich höre aus dieser eurer Rede / mein Vetter / daß jhr etliche Nachte wenig müsset geschlaffen haben / weil eur Gehirn sich etwas verwirret befindet. Dem guten Leches wahren jhre Schwänke wolbekant / und daß in solchem scherzen jhr am besten beyzukommen wahr / antwortete jhr demnach: Er gestünde gerne / daß er bißher nun etliche Jahr schon / mannicher ungereimter Reden sich gebraucht hätte / die aus Unruhe des Gemühts herrühreten / nicht wegẽn mangel des Schlaffes / sondern daß sein höchstes Gut je länger je mehr vor ihm flöhe / und aller niessung jhn beraubete. Vetter / antwortete sie / jhr gerahtet aus dem Tropfen gar in den Schlagregen; dann wie reimet sich euer vorbringen? Ihr berühmet euch eines höchsten Gutes / welches ihr das eure nennet / und gleichwol klaget ihr / es fliehe vor euch / ja ihr seyd dessen Niessung gar beraubet; kan es aber wol das eure seyn / wann ihrs weder besitzet noch geniesset? Meine höchstgeliebete Jungfer sagte er; es ist mein höchstes Gut im wünschen / aber nicht im geniessen. Auff solche weise / sagte sie /wird es keinem Menschen an seinem höchsten Gute mangeln / weil ein jeder ihm solches wünschet; doch lasse ich euch dieses hingehen / ob ich gleich nicht weiß / von was grossem Gute eure Rede eigentlich zuverstehen sey; aber ich merke wol / ihr suchet ausflüchte / mir auff das vorige bescheid zugeben. Dem guten Leches wahr schon entfallen / was seine vorige Rede wahr / baht auch jhn deren zuerinnern; worüber die Jungfer lachens sich nicht enthalten kunte / und zu ihm sagte: Habe ich nun nicht wol und wahr geredet /daß mein Vetter noch nicht ausgeschlaffen / weil er ohn Verstand und im Schlaffe geredet hat? Wollet ihrs aber ja wissen / so frage ich zum andern mahle /was die großgerühmete Gnade / die ich euch doch gerne gönne / zu dieser Sache tuhn könne. Meine wahre Freundin / antwortete er; die Götter wissen /daß ihre Liebe und deren Niessung / ich nicht gerne einem andern / als ihr allein danken wolte. Die bißher geleistete / sagte sie / ist nicht sonderliches dankens wert; aber antwortet / bitte ich / auff meine Frage; ich werde sonst gedenken müssen / ihr schlaffet noch immerhin. Leches antwortete: Weil ihr mir dann gebietet / daß ichs sagen sol / muß ichs nach gebehtener Verzeihung ausdrücken / daß ich des gänzlichen Vorhabens bin / an meinen Vater zuschreiben / daß er umb unsere Heyraht bey unser gnädigsten Königin anwerben möge; inzwischen werde ich nit schlaffen / bey meinem Könige und dessen Gemahl umb eben dasselbe inständigst anzuhalten.[285] Nun / sagte sie / gehet mein Vetter mit solchen Gedanken schwanger / werden ihm dieselben kein höchstes Gut / wie ers ja tåuffel / zuwege bringen; dann was währe ihm mit einer gezwungenen Liebe gedienet? Gezwungene? sagte er; davor wolte ich eines schnöden Todes sterben; Ich suche ja keinen Zwang / sondern nur eine kräfftige Vorbitte. Ach ja doch / sagte sie; gleich als wann ihr nicht wüstet / daß der Könige Bitte an ihre Untertahnen ein lauter Zwang ist; wil demnach nimmermehr hoffen / daß ihr solcher gestalt / und zwar in der Fremde mit mir verfahren werdet / da ich gar keinen Beystand habe. Hier fing nun Leches an / alle seine Wolredenheit außzuschütten / und ihr so viel liebliches dinges vorzuschwatzen / wie er ihr so träulich dienen / auch niemand als sie in sein Herz auffnehmen wolte; daß sie endlich sich erklärete / er möchte sich gedulden / biß auff ihrer Gn. Fräulein Wiederkunfft; wann dann dieselbe gnädigst darein gehehlen könte /solte ihm seine bißher erzeigete Gewogenheit und Träue ehrengebührlich vergolten werden. Leches nam dieses vor eine unbedingete Erklärung an / bedankete sich höchlich / und steckete ihr einen schönen Ring an den Finger / welchen anzunehmen sie sich anfangs wegerte / und ihn endlich noch behielt / wiewol mit vor angezogenem Bedinge / welches sie doch selbst nit in zweiffel zog / weil das Fråulein / deren Leches Liebe bewust wahr / sie schon etlichemahl vermahnet hatte / diese gute Heyraht nicht außzuschlagen / als wodurch sie in Königliche Verwandschafft auffgenommen würde. Gleich als diese Beredung geschehen wahr / erging Ladisla Befehl zum Auffsatteln; muste also Leches von dem liebes Gespräch abbrechen / und sich umb ander ding bekümmern. Fabius aber redete Ladislaen ein / in dieser Späte nicht so eilig auffzubrechen / sondern zuvor eine kurze Bedenkzeit zu nehmen zu einer beständigen Erklärung; und wohin wollen wir reiten? sagte er / da wir keinen Weg wissen / auch Herr Herkules / in betrachtung seiner eile nach dem Meer / sich zweiffels ohn schon wird auff ein Schiff begeben haben. Ladisla gab zur Antwort; er hoffete nicht / daß einiger Mensch ihm an der Nachfolge seines Freundes würde hinderlich seyn. Eben des sinnes bin ich auch / sagte Fabius; aber die finstere Nacht / der unbekante Weg / und daß ich zum ersten melden sol / die Unbesonnenheit / werden uns zu unserm Vorhaben wenig dienen. Und ob wir den Zeitungsbringer zu uns nehmen wolten / so weis er ja so wenig / wo Herr Herkules zu suchen ist / als wir selbst; zu geschweigen / daß er wegen seiner Wunden und tödlichen Schwacheit auff der Streu lieget / und nicht weiter fort kan. Libussa kam darzu / mit vermeldẽ / der sehr schwache Bote hätte an König Ladisla eine sonderliche Werbung abzulegen; deßwegen er bald zu ihm ging / und fragete / was sein Anliegen währe. Mein Herr / sagte dieser; der so mich hergeschicket / hat mir sehr ernstlich eingebunden /dem Herren anzumelden / daß wo er ihn liebe / er ihm ja nicht folge / biß er Schreiben von ihm haben wird /welches in kurzen geschehen solle / und weil ich leider bekennen muß / daß ich von der Räuber Geselschafft bin / hat euer Freund mir Leben und Freyheit /auch von euch eine Viertel Jahrs Bestallung seines ädlen ritterlichen Dieners versprochen / da ich diese Werbung abzulegen fleiß anwenden würde. Ladisla fragete den Wund Arzt / der ihn gleich verbunden hatte / ob er genesen würde; Und als derselbe guten Trost gab / sagte er weiter zu dem Kranken: Guter Geselle laß dein wolpflegen / wozu ich dir alsbald XXX Kronen einreichen wil; und nach erlangeter Gesundheit gib dich zu Padua bey mir an /[286] da soltu das Versprochene schon finden. Kehrete sich drauff zu Fabius und sagte: Ich werde meinem Herkules müssen gehorsamen / und die Nachfolge etliche Tage einstellen / wil inzwischen mich bedenken / wie ichs best anzugreiffen habe; und halte vor gut / daß wir stündlich uns nach Padua erheben / den unsern Zeitung zubringen. Fabius ließ alsbald den Reutern ansagen /sich fertig zuhalten / dessen sich niemand so sehr freuete als Leches / welcher seiner geliebeten so viel in den Ohren lag / daß sie ihm eine Stelle auff der Fräulein Gutsche neben sich gönnete / und ward sehr geeilet / weil sie gegen Mitternacht zu Padua bey den ihren zu seyn bedacht wahren; woselbst eine überaus grosse Traurigkeit und Angst entstund / so daß wenig fehlete / Fr. Sophia hätte sich selbst umbs Leben gebracht; Dann es ward desselben Tages eine fliegende Zeitung / die aus Irtuhm herrührete / in der Stad außgesprenget / wie eine Reuter Schaar / welche sie meineten aus Padua geritten seyn / in einem Flecken angegriffen / und alle miteinander erschlagen währen /ohn daß ein einziger junger Ritter / mit gelben Haaren und zartem Angesicht / durch seine ungläubliche Mannheit sich so lange gewehret / biß ihm Lebensfreyheit zugesaget wåhre; worauff er endlich sich gefangen hinweg führen lassen. Dieses erzählete Herren Emilius Haußhalter in beysein Frl. Helenen / wie ers auff der Gasse gehöret hatte. Selbe hinterbrachte es ihrem Vater / welcher den Haußhalter eigentlich befragete / und ging bald hernach zu dem Stathalter /ihm anzeigend / es gingen böse Zeitungen umb / und fürchtete / die Außgerittenen hätten einen Anfal erlitten; wolte ihn zwar ungerne betrüben / könte aber nicht umb hin / es zu melden / daß eine SchaarReuter von XI. Pferden in einem Flecken gänzlich / auff einen einzigen nahe / solten erschlagen seyn. Herr Fabius entsetzete sich darüber zum hefftigsten / fragete nach dem Zeitungs-bringer / und sendete alsbald etliche Diener aus / dem Geschrey nachzuforschen; welche bald wieder kahmen / und berichteten / daß die ganze Stad davon redete. Inzwischen ging Frl. Helena hin / ihre Wase Fr. Sophien zu besuchen / und da ihr diese Zeitung zukommen währe / sie in ihrem Unglük zu trösten; fand aber / daß sie dessen noch unberichtet wahr / biß Herr Fabius in das Frauenzimmer trat / und mit gelinder Stimme anfing; lieben Kinder / ich finde / das ein Geschrey in der Stad erschollen / ob solten unsere Leute angegriffen seyn / und etwas Niderlage erlitten haben; wird demnach rahtsam seyn / daß man Reuter außschicke / umb eigentlich nachzuforschen /ob sichs also verhalte oder nicht. O Herzlieber Herr Vater / sagete Fr. Sophia mit zitternden Gliedern; vielleicht sind sie alle miteinander erschlagen. Solches wollen wir nicht hoffen / antwortete er / vielweniger ohn Ursach muhtmassen; dann das Geschrey pfleget solche und dergleichen Lügen offtmahl auff die Beine zusetzen. Ging damit hinweg / und lies stündlich 500 zu Pferde auffbieten / vermochte auch Herren Kornelius / daß er ihr Führer ward / welcher mit seinen Leuten schleunig auffbrach / und die gemeine Landstrasse nach dem Flecken vor sich nam. Fr. Ursula wahr damahls auff ihrem Zimmer allein /und hatte ihre Leibdienerin außgesand / ihr etliche Goldfädem einzukäuffen; diese vernam das Geschrey auff der Gassen / lieff ganz unbesonnen zu ihrer Frauen mit grossem geheule / und sagte; es währe ihr Gemahl samt Herren Ladisla und allen Reutern erschlagen / und Herr Herkules gefangen; worüber sie dermassen erschrak daß sie in starke Ohmacht niderfiel /und weder Hand noch Fuß mehr regete. Die Magd entsetzete sich hierüber / lieff nach Fr. Pompeien /[287] und taht ihr solches zuwissen / welche alsbald kräfftige Sachen zur Hand nam / und mit Fr. Sophien und Frl. Sibyllen zu ihr ging / funden sie als eine Todtenleiche / und bestrichen sie so lange / biß sie wieder zu sich kam / und mit gar schwacher Stimme und trähnenden Augen sagte. Ach warumb lasset ihr mich meinem allerliebsten Fabius nicht folgen! oder gedenket ihr / daß ich nach seinem Tode lust habe länger zu leben? Fr. Sophia ward hierüber ängstig zittern / daß sie sich nieder auff die Erde setzen muste / und sagte: O Herz liebe Schwester / was habt ihr dann neues von meinem Bruder? Ich hoffe ja nimmermehr / daß ihr traurigere Zeitung wisset / als wir alle mit einander; Fr. Ursula aber fuhr fort mit ihrer Klage; Ach mein Fabius! ach Herr Ladisla! was vor grausame Fäuste haben euch erschlagen können? und was vor Gewalt hat den Handfesten unüberwindlichen Herkules gefangen? Als Sophia diß hörete / rieff sie mit hartweinender Stimme, O ist dann mein liebster Ladisla schon dahin? O ist meine einige Freude und Wollust ermordet? Mein Erretter! mein allerbester Schaz! mein einiges-Al? O du allerliebste Seele / warumb bistu nicht alsbald nach deinem Abschiede hieher geflogen / daß du mich auffgemuntert hättest / mit dir zuzihen? Ja warumb kömstu noch nicht / und foderst die meine ab / zu dir / nach dem sie mit dir unaufflößlich verknüpffet ist? Nun nun / unsere Freude ist dahin / unsere Wollust ist zum Ende gelauffen / aber leichter als der Wind / schneller als der Schein eines außgelöscheten Lichtes; geschwinder als die Gedanken selber. O du liebreiche Seele / hastu deine schöne Herberge / den wolgestalten Leib schon außgezogen? Bistu dieses Lebens bereit müde gewesen / und hast mir so offt beteuret / es däuchte dich solches in unser Liebe erst recht angehen? Zwar du hast die Eitelkeit abgelegt /und bist wol ohn zweiffel schon in der Götter Zahl angeschrieben; was solte dich dann bewägen / diese Gebrechligkeit länger zu tragen? Aber biß eingedenke / bitte ich / biß eingedenke der inniglichen Liebe und Gewogenheit / womit meine Geister dir verbunden sind / und laß mich in deinem Himmels Stolze doch nur zu deinen Füssen ruhen / und mich an deiner allerliebsten Gegenwart ergetzen. Bistu noch eine MenschenSeele / so wirstu die meine nicht beschämen /wann sie zu dir nahet; bistu eine göttliche Krafft worden / O so nim die meine als deine geträueste Dienerin an / die dich anzubehten nicht wird unwillig seyn /dann ich kan durchaus nicht von dir geschieden bleiben / so wenig jezt im Tode / als vorhin im Leben /nachdem ich dich einmahl gekennet habe. Schließlich hoffe ich / man werde unsern Leibern diese Freundschafft tuhn / und sie in einen Sarg beyeinander legen. Hiemit nam sie ihr kleines Messerchen von der Seiten / und sties es gleich auff ihre Kehle zu / des gänzlichen Vorsatzes / ihrer Seele daselbst den leichtesten Weg zu öffnen. Aber Frl. Sibylla / welche neben ihr auff der Erden saß / uñ aus ihren Reden ihr Vorhaben leicht abnahm / gab eben acht auff ihre Hände / sahe den Stich / und warff mit einem grossen Geschrey ihre zarte Hand vor / welche sie ihr nicht allein gar durchstach / sondern auch noch ein zimliches Löchlein ihr selbst neben der Kehle machte. Das Fräulein empfand der Wunde / und riß die Hand mit Gewalt zu sich /daß das Messer drinnen stecken blieb. Der Stathalter trat gleich ins Zimmer / sahe ihre blutige Hand / und der Tochter den rohten Schweiß vom Halse die Brust hinab lauffen / auch sie zugleich nebest ihrer Mutter und Fr. Ursulen in tieffer Ohmacht liegen / zog vorerst dem Fräulein das Messer heraus / ließ alsbald einen Wund Arzt hohlen / und fragete / was[288] dieses Unwesen bedeutete. Ach Gott / sagete das Fräulein /ich merkete / daß meine Frau Schwester ihr selbst aus Unmuht die Kehle abstechen wolte / welches Unglük abzuwenden / ich meine Hand vorwarff / und den Stich aufffing / sehe aber leider / daß sie auch noch eine Wunde bekommen hat. Fabius verfluchte sein Unglük / und nachdem Fr. Ursula sich erhohlete /auch Frl. Helena darzu kam / brachten sie die Stathalterin / und endlich Fr. Sophien wieder in etwz zurechte / welche ihres Blutes im Busem / aber keiner tödlichen wunde empfindend / zu dem verwundeten Fräulein sagte: Ihr unbarmherzige Feindin / und Hinderung meines billichen Vorhabens; warum mißgönnet ihr mir meinẽ Ladisla / bey dem meine Seele nun bereit schweben würde / wann eure grausame Hand nicht währe; sahe sich hiemit nach ihrem Messer umb / und gedachte den Mord noch zu vollenden. Aber der Vater setzete ihr mit harter Rede zu; wessen sie sich zeihete / daß sie so unbesonnen wütete / uñ den Tod suchte? man hätte ja noch keine gewisse Zeitung ihrer Niderlage / sondern das blosse lügenhaffte Geschrey währe nur da; jedoch / gesezt / daß ihm also wåhre /solte man dann alsbald Mörder an seinem eigenen Leibe werden? wåhre es aber erlogen / wie ers gänzlich davor hielte / was würde sie dann ihren Eltern und Verwanten / ja ihrem Ladisla selbst vor Herzleid machen; solte sich demnach zur Ruhe begeben / biß man Gewißheit hätte. Fr. Sophia antwortete ihm: O mein herzallerliebster Herr Vater / ohn allen zweifel habt ihr hievon gewissere Zeitung / als euch lieb ist /und gedencket mich nur mit leeren Worten zu unterhalten. Fing darauff an / sich von neuen über den vermeynten Verlust ihres Ladisla so kläglich zustellen /daß sie alle anwesende zu weinen bewägete. O mein allersüssester Schatz / sagte sie / dessen volkommene Zucht und Tugend auszusprechen mir unmöglich ist; mustu dann deinen Lauff so schleunig zum Ende bringen / uñ in der ersten Blüte schon untergehen? Aber weder ich noch die Welt sind deiner reiffen Früchte würdig gewesen; der Himmel der Himmel sucht das seine / und gönnet der undankbaren Welt solche Volkommenheit nicht. Gewißlich wird die klare Seele ein neuer Stern am Hi el seyn / welchen die Sternseher bald spüren werden. O Ladisla Ladisla / sollen wir uns mit deinem Bildniß / dir zu Ehren auffgerichtet /vergnügen lassen? Ja das wird uns nicht schůtzen; Ja das wird uns nicht erfreuen / noch den Räubern erschreklich seyn. Fraget nun nach / was das Gespenst in meines Ladislaen Marstalle bedeutet habe; das Dach ist weg gerissen / die Seele meine ich; das Pflaster ist umgewühlet / den Leib verstehe ich. Die Pferde sind erschlagen / seine Kräffte / O seine Kräffte haben müssen erliegen unter der wütenden Räuber Händen. Fraget nach / was die einige blutrohte Rose unter so vielen weissen bedeutet habe; Ach ihr Götter / schicket es ja / daß niemand anders / als ich / dadurch möge bezeichnet seyn. Drey Nachte hat das Gespenst angehaltẽ / fragestu / wie diese drey Nachte heissen? Fabius / Ladisla / Herkules! O ihr drey klare Lichter / seyd ihr so geschwinde Nacht worden? dann wer wird michs überreden / daß Herkules noch im Leben sey / oder nach Ladislaen Tode noch länger darinnen zubleiben begehre? So seyd ihr nun verschwunden / ihr Lichter; so hat uns nun überfallen eine dreifache Nacht! O du stokfinstere Nacht / wer wil deine Dunkelheit vertreiben? O ihr hellen Lichter / wann wird eures gleichen wieder angezündet werden? Der Vater ließ sie ihre Klage ausführen / und ward Frl. Sibylla inzwischen verbunden / welche nachgehends sich wieder zu ihr setzete / und sie freundlich ermahnete / sie[289] möchte doch gemach tuhn /und ihres Lebens schonen; dann solte es gleich wahr seyn / müste man ja mit den Göttern nicht streiten /welche durchaus ihren Willen haben wolten / wie hart wir uns auch dawider sträuben möchten; währe es aber nicht wahr / wie dann ihr Sinn ihr ein solches allerdinge zutrüge / was stellete sie sich dann einer Unsinnigen ähnlicher als einer Witzigen? Ja ihr habet wol ursach mich zu trösten / sagte Fr. Sophia / da ich bald Mörderin an euch worden bin / daß ihr Zeit eures Lebens bey dieser Narbe an mich gedenken könnet /welches mir doch herzlich leid ist. Und O hättet ihr doch dem Stich seinen Weg gegönnet / so wåhre ich nun aller Pein ab / und ginge meine Seele suchen /wie sie mit ihrem Ladisla entweder umherschweben /oder in Ruhe sitzen möchte. Das Fräulein / ungeachtet der Schmerzen / zeigete ihr mit einem frölichen Angesicht die verbundene Hand / und sagete: O wie sol Herr Ladisla noch dieser meiner Hand danken / daß sie seiner herzgeliebeten Sophien das Leben erhalten hat. Ach mein Schwesterchen / antwortete sie / meynet ihr / daß mein Ladisla noch leben solte? O ihr Götter / wie wol währe mir dann! aber leider leider! die Zeitung gibt es viel anders; dein Leben ist gebrochen / O du unvergleichlicher Held! O du allerfreundlichster Liebhaber! Was vor Unsiñigkeit treibet euch dann / sagte das Fräulein / daß ihr euren Ladisla mit Gewalt tod wollet haben? Ich halte / stünde er hie vor euch / ihr legetet Hand an ihn / daß nur euer widersinniger Kopff recht haben möchte; sehet da / ich gebiete euch im Nahmen und von wegen eures Ladisla / der ohn zweifel noch frisch und gesund lebet / daß ihr nicht allein eure Klage mässiget / sondern euch straks angesichts verbinden lasset; dañ was meynet ihr wol /das er gedenken würde / wann er diese Wunde an eurem Halse / und das geronnene Blut in eurem Busem sehen solte? Rieff hiemit dem Arzte / uñ hieß ihn die wunde besichtigen. Fr. Sophia ward hirüber dermassen bestůrzet / daß sie vor Furcht kein Wort reden kunte / saß nur und sahe sie an / weil der Arzt die Wunde betrachtete / endlich sagte sie zu ihr: O ihr harte Zuchtmeisterin! traget jhr dañ gar kein Mitleiden mit mir elenden? Ich wil euch nicht hören / antwortete sie / biß die wunde verbunden ist / und gebiete euch nochmahl / von wegen Herrn / Ladisla / daß ihr euch verbinden lasset. Ach ja mein Schwesterchen / antwortete sie / ich bin ja gehorsam; hielt auch dem Arzt die Kehle zu / und ließ ihn nach allem Willen machen. Der Stathalter verwunderte sich der Fräulein treflicher Vernunfft / daß sie dieses Mittel / sie zubereden / so klüglich hätte erfinden können. Aber so bald die Verbindung geschehen wahr / da ging der Ja er von neuen wieder an; die Trähnen schossen ihr dermassen häuffig aus den Augen / daß sie in ihre Schoß fielen. O ihr Götter / sagte sie / kan auch der Baum grünen / wañ er die Wurzel verlohren hat? Ja ja / man stellet ihn ins Wasser / und erhält seine Blätter etliche Tage auff mit solcher gewaltsamen Anfeuchtung; aber es bestehet nicht lange / dann fallen sie abe / und vergehen / ehe mans inne wird. Gleich also kan man mich durch falsche Hoffnung auch ein wenig laben / auch ein wenig erhalten; aber unmöglich ist es / daß es lange bestehen solte; dann die Wurzel / auff welche ich gegründet wahr / ist abgehauen; Ach ihr Götter / sie ist abgehauen und dem Stam entzogen /der von ihr allen Safft und das Leben selbst hatte. Frl. Sibylla kunte wegen Mitleiden und Empfindligkeit der Wundenschmerzen / ihr nit zureden / deswegen fing der Vater an zuversuchen / ob er durch Gelindigkeit etwas bey ihr ausrichten könte / und sagte zu ihr: Herzgeliebtes Kind; du weist / mit was grossem fleiß ich[290] und deine Mutter dich aufferzogen / und uns deiner angenommen haben / weil wir deinen Gehorsam gegen uns allemahl gespüret / und du dir sehr wol hast können rahten lassen; Warumb entsagestu mir dann jezt alle folge / und kündigest mir den Gehorsam gar auff / dessen ich mich zu dir nimmermehr versehen håtte? O mein Gn. herzallerliebester Herr und Vater / antwortete sie; mein Unfal ist ungleich schwerer / als daß er von mir schwachem Kinde solte geduldig können ertragen werden; und wann ihr empfinden möchtet / was vor Pein und Angst meine hochbetrübete Seele in ihrem Fleische leidet / nachdem mir derselbe durch den Tod geraubet ist / welcher mein Leben wahr / zweifele ich nicht / ihr würdet mir willig gönnen / mich der Qual loßzumachen / und aus diesem Kummer meine Seele außzuspannen. O Ladisla! O mein Schaz! hätte eure Freundligkeit mir doch unbekant bleibẽ mögen; währe ich dann gleich nimmermehr glükselig worden / so würde ich dannoch zum wenigsten ohn-unglükselig blieben seyn. Mein Kind /sagte der Vater / hastu dann etwa gewisse Zeitung von deines Gemahls Tode / so mache es mir auch kund / ob ich zum wenigsten seinen Tod rächen möchte / wie er dann auff solchen fall ungerochen nicht bleiben würde; trauestu aber nur dem blossen Gerüchte / so höre mich doch in so weit / und enthalte dich aller Tähtligkeit / biß wir unbetriegliche Zeitung haben werden; muß es dann hernach gestorben seyn; wolan / ich wil dir Schwert und Messer selbst in die Hand geben; besinne dich nur inzwischen / wie du es vor den Göttern / ja vor Ladislaen Seele / wann er tod seyn würde / verantworten wollest / daß du mit einem Stiche / dich und deine Eltern zugleich / als eine Erzmörderin umbringest. Diese Worte durchdrungen ihr Herz dermassen / weil sie dabey ihres Vaters Trähnen sahe / welche ihr bißher unbekant wahren / daß sie angelobete / sich einzuhalten / und ihrer Seele Aufflösung anderer gestalt zuerwarten; worüber ihr Vater höchlich erfreuet ward / unter der Hoffnung / die Zeit würde den Schmerzen lindern / wañ nur der erste Sturm in etwas gestillet währe. Ihre Fr. Mutter wahr zeitig hinweg gangẽ in ihr Kä erlein / woselbst sie als eine gottfürchtige Christin ihr andächtiges Gebet zu Gott auf ihren Knien verrichtete / daß derselbe das schwere Unglük in gnaden von ihrẽ Kind'n abwenden / uñ sie nit im Heydentuhm wolte hinsterbẽ lassen; ging hernach in zimlicher Freidigkeit zu ihnen hin /da sie ihre Tochter etwz beruhiget fand / zu welcher sie sagete; vertraue dem wahren Gott / mein Kind / ob du ihn gleich nit keñest / und zweiffele nit / mein Gott wird dich meiner Vorbitte geniessen lassen / uñ in kurzen dein Leid in freude verkehren; dañ mein Herzsaget mirs / ohn zweiffel aus Gottes Wirkung / dz meine Söhne alle drey noch im Leben / und das Gerücht allerdinge falsch sey. Aber der Trost welchen sie daher schöpffete / war sehr geringe / doch versprach sie ihrer Mutter / sie wolte alle mögliche Geduld ergreiffen / biß die Götter dem Leyden wůrden ein Ende machen / und verblieben sie in diesem leidigen Stande / biß umb Mitternacht / daß sie weder an Essen noch Ruhe gedachten. Der Tohrhůter vernam umb diese Zeit ein hartes Geklopffe vor dem äussersten Tohr des Hoffes / und fragete / wer sich so ungestüm erzeigete. Was fragestu viel / antwortete der junge Fabius / bald öffne mir das Tohr. Dieser kennete die Stimme / und sagte; Ach Gn. Herr / seid ihrs selber / oder ists euer Geist? Er aber begunte unwillig zu werden / und dräuete ihn zu prügeln / wo er nicht bald auffmachen würde. Worauff jener sagete; ja wie gerne wolte ich mich biß auff den Tod prügeln lassen / wann nur eure Gn. noch im Leben währen. Ladisla[291] lachete der Rede / und meinete / dieser Mensch währe aberwitzig / redete ihm deßwegen gütlich zu / und sagte; Ja mein guter Pförtner / dein Herr Fabius lebet noch / wie du ja hörest / mache uns nur auff. Helfft ihr Götter / rieff dieser vor freuden / da höre ich ja Herren Ladislaen Stimme auch noch; machete geschwinde auff / und sagete: O ihre Gnn. sein wilkommen; wie hoch und schmerzlich wird deren Tod von dem Frauenzimmer beweinet. Ladisla fragete / was die Ursach währe. Die ganze Stad ist des geschreies vol / antwortete er / als ob sie alle Tod / und Herr Herkules gefangen sey; daß wol keine Gasse oder Hauß in der Stad ist / darinnen euer Tod nicht solte beweinet seyn; aber eure Gn. halten mich länger nicht auff / daß ich die gute Zeitung anmelde / wovor ich ein reiches Botenbrod gewärtig bin. Daß soltu ohn daß wol haben / sagte Ladisla /aber weil es also beschaffen ist / wollen wir uns selbst melden; stieg auch mit Fabius / Leches / und Libussen im Vorhoffe ab / und gingen in allerstille durch den Hoff die Stiege hinauff nach dem EsseSaal / woselbst der Stathalter mit den seinen gar allein wahr /und untereinander allerhand Gespräch führeten; da Fr. Sophia des Kato Tochter Fr. Porzia / Herren Brutus Gemahl hoch rühmete / daß nach ihres Ehe Herren Tode sie nicht långer im Leben bleiben wollen / uñ ob man ihr gleich alle Mittel des Todes aus dem Wege geräumet / hätte sie auff eine zuvor unerhörete Weise durch verschluckung glüender Kohlen / ihre Seele aus dem Leibe getrieben / und sie ihrem allerliebsten Brutus nachgeschicket. Worauff ihre Fr. Mutter antwortete; Ob gleich solche und dergleichen Gewalttähtigkeit an sich selbst begangen / von etlichen Weltgelehrten gebilliget und gerühmet würde / so hätten doch andere aus der Vernunft sehr wol geurteilet / daß solches Unrecht währe / und der wahren Tugend allerdinge zuwieder lieffe / daher auch solche Gesetze gefunden würden / Krafft deren alle so sich selbst ermorden /vor unehrlich erkläret werden / und daß man ihren todten Leichnam mit einem Schandmahle zeichnen solle. Hat dann die keusche Lukrezie des Kollatinus Gemahl auch unrecht gehandelt / sagte Fr. Sophia /als sie von Sextus Tarquinius dem frechen Buben genohtzüchtiget / ihr keusches Gemüht durch einen freywilligen Tod zuerkennen gab? Daß wahr eine andere Sache / antwortete ihre Mutter / welche nach deinem Vernunfft-Glauben etwas scheinlicher kan behäuptet werden / wie wol ichs leicht dartuhn wolte /daß ihre Taht mehr aus verzweiffeltem Unmuht / als rechtschaffener Tugend geleistet ist / dañ ein Mensch hat von Gott nicht Gewalt bekommen über sein eigen Leben / sondern er muß solches so lange behalten /biß Gott dasselbe von ihm fodert. Der Stathalter gab seinem Gemahl recht / und daß er in dieser Frage mehr dem Aristoteles als den Stoischen Lehrern beypflichtete / wolte auch nicht / daß man davon weiters reden solte / daher Frl. Sibylla (welche zum hefftigsten bemühet wahr / ihre Wase zu begütigen) das tieffe ihres verstandes hervorsuchete / mehr als vor nie /und fing an zu reden / von des Glückes unbeständigem Wechsel / und wie man dessen Wütereien begegnen müste / da sie zu Fr. Sophien also anhub: Herzgeliebte Fr. Schwester / ich halte vor ganz gewiß / euch nicht unbewust zu seyn / was vor Beschaffenheit es umb uns Menschen in dieser Welt habe / da das umbwalzige Glük nicht anders / als das Gewitter sich erzeiget. Früh Morgens blicket das allerschönste Himmel-roht nach höchster Lust hervor / und darff der Sonnen selbst troz bieten; dessen der Wandersman wahrnehmend / ihm die Rechnung machet / er wolle noch diesen Tag[292] seine Reise gar leicht enden; ehe aber der Sonnen Rad sich mit allen seinen Speichen ůber der Erde sehen lässet / k \mt ein Sturmwind / und treibet die Wolken zusammen / aus welchen ein grosser Plazregen fället / daß der Wandersman gezwungen wird / unter eine Schamhütte zutreten / und des folgenden Tages zuerwarten; ist er aber so närrisch / und läufft unbesonnen im Regen fort; dann wird er nicht allein durch und durch naß / sondern er geråht an eine Bach / worüber ein schmaler Steg lieget / eilet hinüber / und weil er schlipferig worden ist / glitschet er hinab / fält in daß auffgelauffene wasser / und ersäufft gar drinnen. Was hat dieser Unbesoñener nun vor nutzen / meine Fr. Schwester / als ein muhtwilliges verderben? Ja was hat er vor Ehre davon / als Spot und Hohn vor aller Welt? Sehet / das Ungewitter hat uns leider auch getroffen / wie ihr davor haltet / da doch des Tages Anfang in eurer Heyraht sich nach allem Wunsche sehen lies. O erzeiget euch doch dem närrischen Wandersmanne nicht gleich / damit ihr nicht umb Lob und Leben auff einmahl kommet. Ist diese das Fräulein / würde jederman sprechen / welche wir auff dem Marsplatze zu Rom / als einen Spiegel und Außbund der Weiblichen Klugheit sehen müssen /und kunte das Ungewitter (ja vielleicht nur ein bloßvermeinetes) nicht über sich hinwehen lassen / sondern stürzete sich muhtwillig selbst in den Sumpff des verderbens? wir haben ihren Wiz höher geachtet / als er wert ist. Diesem Ubel vorzubauen / meine Fr. Schwester / lasset uns doch hinte etwas Schirm nehmen; vielleicht wird MorgenSturm und Hagel gelinder / oder verschwindet wol gar. Ein frisches Herz in guten Tagen / kan auch der feigeste erzeigen; ja ich getraue mir / ein Schiff wol zu steuren / wann der Wind mich führet / wohin ich gedenke; und wer könte solches nicht? Wann man aber zwischen Schwertern uñ Spiessen stecket / da hinten und fornen die Pfeile umb uns her fliegen / dañ zeiget sich der Furchtsame schon selber / und stürzet zur Erden ehe er getroffen wird; und ich im Sturme müste als eine unerfahrne gewislich mit samt dem Schiffe verderben. Ey so ergreiffet ein Herz meine Fr. Schwester / und lasset blicken / daß euer Muht nicht nur auff der Zungen /sondern viel tieffer und fester sitze / als daß ein falsches Geschrey ihn stürzen und fellen könne; und trauet mir / daß keine Last so schwer sey / welche durch Vernunfft nicht solte können gehoben und fortgebracht werden. Fr. Sophia antwortete ihr; Herzliebste Schwesterchen; ihr seid bey meiner träue auß der Zunfft dieser KriegsObersten / welche ihren Soldaten zwar einen Muht einsprechen / und des feindes Macht mit Worten zuverkleinern wol abgerichtet sind / aber in die Schlacht kommen sie nicht / sondern stehen nur von ferne / und fechten in Gedanken / da wo ihnen weder Pfeil noch Schwert schaden kan; meinet ihr aber / daß Reden und Tuhn ein Ding sey? O wie wolte ich einem so geherzt zusprechen / wann ich selbst ausser der Gefahr währe! O wie wolte ich einem der aus Kreuz gehefftet ist / die Geduld einpredigen / wann die Schmerzen mich nicht rühreten! Ist dann der Mensch ein unverständiges Tihr / welches ihm nichts zu Gemüht zeuhet? oder ist ein schwaches Weibsbild ein unempfindliches Holz / wann ihr daß geno en wird / welches sie ungleich höher liebet als sich selbst? Ich weiß zwar wol / daß meiner Tapferkeit wegen ich nicht auff den Marsplaz gesetzet bin / sondern auß blosser Gnade; aber versuchet zuvor / was es sey / ein mehres als sich selbst verlieren / ehe ihr mich richtet uñ verdammet; doch die Götter behüten euch davor. Frl. Sibylla wolte ihr nicht zu hart wiedersprechen /[293] sondern dieses schmerzliche Geschwer auffs sanffteste außdrücken / und antwortete also: Meiner Schwacheit / hochgeliebte Fr. Schwester / habe ich sehr gute Kundschafft / und wie leicht mich Unglük niderdrücken kan; weil mir aber eure Großmühtigkeit bekant ist / nimt mich wunder / daß dieselbe so schleunig / und durch ein blosses Geschrey erlieget; habe demnach versuchen wollen / ob mirs glücken würde / daß wie ein kleiner recht angeschlagener Hebebaum einen grossen Block leicht umbwälzet / ich durch mein geringfügiges Einreden euer Herz bewägen möchte / daß sichs an den gewöhnlichen Ort setzete / daraus es getreten ist / und der Wiederwertigkeit troz böhte / welche die Herschafft suchet. Ach mein teures Schwesterchen / sagte jene; meinet ihr dann / daß mein Herz nur aus seiner Stelle gesetzet /uñ noch in mir sey? Ach nein! ich habe es gar verlohrẽ / es ist verschwunden und erloschen wie eine Flamme vom Wasser; dann alles was muhtig in mir wahr /ist mit meinem Ladisla schon Tod und erstorben; ja derselbe wahr mein Muht und mein Herz. Mit welchem Worte ihr eine Ohmacht zustieß / daß man gnug mit ihr zuschaffen hatte / sie wieder zuerquicken; da sie auffs neue anfing / eine solche Trähnenbach zuvergiessẽ / daß allen anwesenden die Augen übergingen; und endlich das Fräulein abermahl anfing: Hilff Gott /was wird dann endlich draus werden? wollet ihr dann dem Lebendigen die Leichbegängniß halten? sehet da / eine närrische Magd hat euch eine ungegründete Zeitung gebracht / und die muß bey euch mehr gelten /als eure Eltern / und alle die es gut mit euch meynen; In Warheit / ihr verdienet hiemit / daß Herr Ladisla auf seine glükliche Wiederkunfft euch hart genug angreiffe / weil ihrs doch nicht besser haben wollet. Ich meyne / ihr hättet uns versprochen / biß auff eingebrachte gewisse Zeitung ruhig zu seyn / und überhäuffet das Klageleid je länger je hefftiger. Nun nun / antwortete sie / ich muß geduldig seyn; aber wie habt ihrs doch mit mir im Sinne? ruhe ich durch Ohmacht (dann anders weiß ich nicht zu ruhen) so rüttelt /schüttelt und begiesset ihr mich so lange / daß ich wieder unruhig werden muß / und also sol ich wider mein Vermögen / und eure Bemühung ruhig seyn; so gönnet mir nun die Ruhe / die meinem elenden Zustande gleichmässig ist / so lasset mich (in der Unruhe / welche ich weder einzwingen noch verjagen kan) wolte sie sagen / aber Ladisla mit seiner Geselschafft trat gleich zur Saal Tühre hinein / gegen welche Fr. Sophia gerade ůber saß / daß sie seiner alsbald gewahr wurde / und mit lauter Stimme rief: O mein Ladisla komt daher! fiel auch vor grosser Freude auff den Tisch mit dem Häupt / und blieb unbewäglich liegen. Die andern stunden alle auff / da Fr. Ursul ihrem Fabius / die Stathalter in ihrem SchwiegerSohn umb den Hals fiel / das Fräulein aber zu Frau Sophien nahete / und ihr einen grossen Becher vol kühles Weins in den Busem schüttete. Ladisla lieff zu ihr hin / und fragete die Anwesenden / warumb sein Gemahl über seiner Ankunft sich dergestalt bewägete / daß ihr alle lebendige Geister entgingen; sie aber erhohlete sich bald / umfing ihn mit beyden Armen / und sagte: O mein trauten Schatz / haben euch die Götter mir vor dißmahl noch wieder gönnen wollen? O ich erkenne meinen grossen Fehler / welchẽ ich begangen / indem ich umb ein Haar durch die Wunde meiner Kehle euch nidergestochẽ hätte. Ladisla verstund diese Rede nicht / biß Fr. Ursul ihn des ergangenen berichtete / uñ das Frl. Sibylla ihr das Leben erhalten / aber auch darüber eine zimliche Wunde beko en håtte. Ladisla hatte biß daher seinem liebẽ Gemahl noch nie hart zugeredet / aber dißmal kunte[294] er sich nicht enthalten / jhr einen zimlichen Filz zu lesen; es stünde trauen zumahl verwågen / daß ein vernünftiger Mensch wegen zufallenden Unglüks jhm selber gewaltsame Hand anzulegen fertig währe / gestaltsam dieses einen frechen Mutwillen wieder die Götter und ihre Versehung anzeigete; dann niemand könte dieses anders auslegen /als suchete man hiedurch / an den Göttern Rache zu üben / uñ wo möglich / sie selbst zuermorden / weil es aus blosser Wiederspenstigkeit gegen jhre Verhängnis vorgenommen würde. Sie hingegen sahe jhn mit etwas Schamhaftigkeit an / mehr willens / ihre untertähnigkeit blicken zu lassen / als weitläuftige Entschuldigung einzuführen; bekennete demnach / daß sie gesündiget / und jhren heftigen Bewägungen die Herschaft über die Vernunfft gegönnet hätte; weil es aber aus Liebe gegen jhn geschehẽ währe / hoffete sie desto leichtere Verzeihung; welche er jhr aber so leicht zu geben nicht willens wahr / damit sie auff einandermahl von dergleichen vornehmen abgeschrecket würde / daher antwortete er ihr: Ob sie dieses so schlecht von der Hand schlagen könte? Sie möchte nur bedenken / was vor eine Wunde sie zumachen vorgehabt / wodurch jhre und seine / vielleicht auch wol jhrer lieben Eltern Seele zugleich ausgangen wäre; er vor sein Häupt hielte es nicht vor eine Liebeswirkung / sondern vor eine verzweifelte Raserey /welches jhre Seele dermassen unwert und abscheuhlich würde gemacht haben / daß die seine in jener Welt sich nimmer zu ihr genahet hätte. Das verliebete Herz empfand diese Züchtigung fast todes masse; gefiel aber den Eltern sehr wol / insonderheit /daß / wie sie sich zu jhm nahete / ihn zu ümfangen /er sich dessen ausdrüklich wegerte / dafern sie jhm nicht an äidesstat versprechen würde / solcher unmenschlichen Gedanken forthin allerdinge müssig zugehen / ob gleich sein ertödteter Leib vor jhren Füssen läge; dann / sagte er / ich bin kein Gott / daß ihr euch mir zum Opfer darstellen woltet; über das seyd jhr mir Tråue und Beywohnung schuldig (wie ich euch im gleichen); aber im Tode sollet ihr mir trauen keine Geselschafft leisten / biß so lange es den Göttern gefält; Und möget ihr wol den Göttern und dieser eurer heutigen Schuz Göttin (auf Frl. Sibyllen zeigend) danken / die ein so grobes Laster uñ unverantwortliche übeltaht von euch abgekehret habẽ. Ists nicht überal leichtsinnig / fuhr er fort / daß man auff ein blosses Geschrey / da kaum ichtwas nichtigers in der Welt seyn kan / man ihm selbst den Todesweg mit dem Messer öfnen wil? In der warheit / wann euch dieser Sinn währe vor dem Kopf geschrieben gewesen / würde es kräftig genug gewesen seyn / mich von eurer Liebe abzuschrecken; dañ / könte mannicher gedenken / wessen solte ein solches erzürnetes Weibsbilde verschonen / die mit ihr selber kein Mitleiden träget? Er wolte weiter fortfahren / sahe aber / daß sie mit thrähnenden Augen sich zum Fußfalle zubereitete / daher er ihr aus einem gelinderen Fasse einschenkete / und nachdem er sie bey der Hand gefasset hatte / zu ihr sagete: Nun ich trage dieses Vertrauen zu euch /ihr werdet meinem Begehren nach / mir eine äidmässige Verheissung tuhn / daß zeit eures Lebens ihr dessen euch nit mehr unternehmẽ wollet / aber wo ich lebe / sollet ihr meiner Frl. Schwester gestochene Handwunde schwer gnug büssen. Sie kam hieselbst erst recht zur Erkäntnis ihres groben Irtuhms / gelobete träulich an sich solcher Untaht hernähst allerdinge zuenthalten / und empfing darauff völlige Vergebung; nach welchem Vergleich er zu dem Fräulein trat / küssete sie freundlich / und baht seines Gemahls wegen ümb Verzeihung / neben dem Versprechen / er wolte es dereins auff ihrem Beilager dergestalt[295] zuerkennen wissen / daß seine Dankbarkeit daher solte gespüret werden. Fr. Sophia selbst fiel ihr üm den Halß / herzete und küssete sie / und schwuhr / diese ihre grosse und überschwesterliche Träue nun und nimmermehr aus jhrem Gedåchtnis kommen zulassen. Inzwischen fragete der Stathalter seinen Sohn / ob nicht Herr Kornelius auff sie gestossen währe; und vernam / daß sie denselben nicht angetroffen / weil sie nicht die Heerstrasse / sondern einen richtigern Nebenweg genommen hätten. Ich danke den Göttern / sagte der Vater weiter / daß eure Niderlage bloß ertichtet ist; aber wer mag doch lust haben / dergleichen schändliche Lügen auszusprengen? Ladisla antwortete; seines Erachtens wåhre es ein Irtuhm / und rührete daher / daß seine Frl. Schwester in Gestalt und Kleidung eines Jünglinges sich håtte lassen gefangen nehmen / welchen etliche vor Herkules möchten gehalten haben. Erst ward Fr. Sophia durch Frl. Helenen anzeige / der fremden Jungfer gewahr / und fragete Ladisla / wer sie währe. Er gab zur Antwort; Sie währe hohes Adels aus seinem Königreiche / und die Vornehmste des Frauenzimmers seiner Frl. Schwester / welche sie vorgestriges Tages aus etlicher Räuber Händen erlöset hätten. Darauff trat sie zu ihr hin / ümbfing sie freundlich /und hieß sie sehr wilkommen seyn / baht auch üm Verzeihung / daß man sie so lange unangeredet stehen lassen; dessen die ergangene Verwirrung Ursach währe. Diese bedankete sich untertåhnigst / wiewol mit etwas anderen Geberden und Leibesneigungen /als in Italien bräuchlich wahr / schätzete sich unfähig der hohen Ehre / die ihr einer unwirdigen angetahn wůrde / sintemahl sie sich bloß vor ihrer Gn. Dienerin erkeñen müste; möchte aber von Herzen wünschen /daß ihr gnädigstes Frl. selber glüklich ankommen /und ihre geliebte Fr. Schwester und Schwägerin küssen und ümfangen mögen; baht hierauff / ümb Verzeihung ihrer ungeschikten Rede / weil sie die lateinische Sprache zureden ungeübet währe / und ihr weniges durch Unterrichtung ihrer gnädigsten Fräulein gefasset hätte. Fr. Sophia bezeugete mit ihren Tränen / wie herzlich leid ihr der Fräulein Verlust währe / hoffete doch zu den Göttern / sie würden sich ihrer gnädig annehmen / und sie vor Lebens- und ehren-Gefahr beschützen. Die Bömischen Gesanten wahren nicht allein wegen der Fräulein Verlust sehr betrůbet / sondern weil ihnen auch die Zeitung von ihres Königes Tode zu Ohren kommen wahr / hielten sie sich nicht anderst als verzweiffelte Leute / und hatten sich kurz vor Ladisla Ankunfft ungessen und ungetrunken zur Ruhe gelegt. Der Stathalter aber lies ihnen andeuten /sie möchten ihren grossen Kummer mässigen / nach dem ihr König gesund und ohn alle zugestossene Gefahr wieder angelanget währe; Worauff Bugesla sagete: Ey Gott lob / so sind wir ja noch nicht gar zu Wäysen worden / weil unser König noch im Lebẽ ist. Die Verwirrung und Freude der Geselschafft war so groß / daß sie nach Herkules zufragen eine gute Zeit vergassen / biß Sibylla ahnete / wo sie ihn gelassen hätten; Und Fabius darauff anzeigete / er währe auff gut Glük mit einem gefangenen Räuber Häuptmann als ein neugeworbener Räuber Bursche von ihnen geschieden / das verlohrne Fräulein außzukundschaffen /und nachdem er vernommen / daß sie schon in ander Räuber Händen / und nach dem Meere auff ein Schiff gebracht währe / hätte er sich mit dem Räuber Häuptmann auch zu Schiffe gesetzet / ihr zu folgen. Alle Anwesende hatten Herkules Liebe gegen das Fräulein aus seinen damahligen Geberden zur Gnüge verspüret / ob sie gleich dessen sich nicht merken liessen. Und als der Stathalter hörete /[296] daß er allein der geraubeten nachgezogen währe / sagete er: es gibt dieser Held gnugsam an den Tag / wie hoch er dieses Fräulein schätze; und weil er in allen stücken so gar volkommen ist / auch nichts unvolkommenes hoch achtet /muß ausser zweiffel dieselbe über viel andere mit treflichen Gaben des günstigen Himmels gezieret seyn. Libussa / aus getrieb übermässiger Liebe gegen ihr Fräulein / kunte nicht umbhin / derselben Ruhm zusprechen / und gab dem Stathalter diese Antwort: Ja Gnädiger Herr; mein gnädigstes Königliches Fräulein / Frl. Valißka / mag ich wol mit höchstem Fuge die treflichste Zucht der Welt nennen / welchen Ehren-Nahmen ihr kein bekanter Mensch mißgönnen wird; dann ihre Tugend / Verstand und Schönheit übersteiget die gemeine Art sehr hoch; ihre Fertigkeit im schiessen hat noch keiner übertroffen; ihr Herz ist so gar ohn Furcht / daß sie lieber stürbe / als dessen einiges Zeichen blicken liesse / da sie doch vor weniger Zeit das funffzehnde Jahr erst hinter sich geleget hat. Mein Herr Fabius wird zeugen / daß sie sieben streitbahre Räuber / teils mit Pfeilen / teils mit dem Schwert erleget hat / uñ jhren ganzen Hauffen getrotzet / als ob sie jhre Gebieterin währe. Mein gnädigster König weiß selber / das Verhalten ihrer kindlichen Jugend / welches nicht kindisch wahr / da sie einen grimmigen Ochsen mit ihrem Brotmesserchen bestanden uñ ertödtet hat; wil aniezt geschweigen / was vor unaussprechliche Gefahr sie neulicher Zeit nach der Herrn Gesanten Abzug ausgestandẽ / und sich aus den Händen vieler Räuber nicht ohn grosses Blutvergiessen und erschrekliche Wassersgefahr loßgearbeitet hat. Das Vornehmste aber / welches alle so sie kennen / am höchsten an ihr lieben und loben /ist jhre überaus demühtige Freundligkeit und keusche Zucht / wodurch sie aller Menschen Herz dermassen an sich zeuhet / daß jederman ihr biß in den Tod muß gewogen seyn; daher auch der Durchl. Fürst Herr Herkules / als ein nähester Blutfreund bewogen ist /sie brůderlich zulieben / wiewol ihre Kundschaft sehr geringe / sie auch in langer Zeit eines von dem andern nichts gewust noch erfahren haben. Allen Anwesenden kamen die lezten Worte fremde vor. Der junge Fabius antwortete darauff: Ich hoffe zu den Göttern /das Glük der Kundschafft dieser Konigl. Fråulein zuerlangen / die ohn allen zweifel ganz unvergleichlich seyn muß; und ist mir schon dieses Glük zugestossen / daß ich ein gedoppeltes Gedechtnis von ihr habe. Zohe damit seinen Anteil Haar hervor / wickelte sie von ander / und im hinreichen sagte er zu seiner Schwester; sihe da / diß allerschönste Haar / desgleichen ich nie gesehen / ist auff dieser Fråulein Häupte gewachsen / welches sie ihr selber abgeschnitten /damit sie vor ein Mannesbilde m \ge angesehen werden; und ist dieses kaum der vierde Teil. Ladisla gab ihr seines darzu / welches sie alle mit Verwunderung besahen / Fr. Sophia es auch küssete / und diesen Wunsch hinzu taht; O ihr Götter / seyd gnädig diesem euren treflichen Geschöpf / und gönnet mir diese Vergnügung / daß ich meine höchstwirdige Frl. Schwester ehist ümfahen / und an ihrer lieben Gegenwart mich ergetzen möge. Sie sassen fast biß an den Morgen beyeinander / liessen ihnen kalte Kůche auftragen / und legten sich darauff zur Ruhe / da Frl. Sibylla Jungfer Libussen zur Schlaffgesellin wählete / welche solches gerne bewilligte. Des folgenden Tages lies der Stathalter die Urtel wider den räuberischen Wirt ergehen / daß er erstlich mit Ruhten solte gestrichen / hernach ans Kreuz gehenket werden; doch ehe solches volzogen ward / trat der alte Fabius mit seinem Schwieger Sohn und Sohn zusammen / umb zubetrachten /[297] wie man in der Fräulein Nachsuchung Herkules am besten beyspringen könte. Ladisla war willens / eine zimliche Schifffart auszurüsten; aber der Stathalter gab sein bedenken / es währe sehr gut /wann man Nachricht haben könte / an was ort uñ enden sie zusuchen währe / dann biß dahin würde alles vergeblich seyn / wie fleissig man auch das Meer durchstriche; zugeschweigen / daß die Räuber nicht seumen würden / sie in Sicherheit zubringen; wüste man nun / sagte er / aus was Landschafft sie währen /als dann hätte man vorerst sich zuerklären / was vor Hafen zubesuchen seyn würden. Ladisla antwortete: Ja wann aber inzwischen mein Herkules selbst in Unglük geriete / und keine Gelegenheit hätte / an uns zu schreiben? Und zwar kenne ich seinen Sinn aus der Erfahrung gar zu wol; massen als vor ohngefehr zwey Jahren und drey Monaten er gefangen / und als ein Leibeigener zu Rom verkaufft ward / hätte er leicht an mich schreiben / und mir seinen Zustand berichten köñen / daß ich mich bemühet hätte / ihn frey zu machen; aber da ließ er sich lieber anderthalb Jahr als ein Sklave halten / daß er seinen Eltern und mir keinen Unmuht machen möchte; wiewol eine andere Neben-ursach darzu kam; daher weiß ich / wann er gleich in Ketten und Banden läge / würde er michs unberichtet lassen / wie gute Gelegenheit er auch haben möchte / an mich zuschreiben / weil er immerzu fürchtet / mich zu hoch zuerschrecken / oder dz seinetwegen ich mich etwa in Gefahr wagen würde. Ja ich mache mir fast die Gedanken / er habe mich / ihm zufolgen / bloß deßwegen abmahnen lassen / damit ich nicht in Ungelegenheit gerahten möge. Mein geliebter Herr Sohn / sagte der Stathalter; es ist nicht ohne / daß / die wenige Zeit ihr bey mir gewesen / ich euer beyder tuhn und lassen zimlich angemerket und erfahren / daß wie ihr euren Herkules lieber und ehret / also lässet er ihm eure Wolfahrt und Vergnügung von Herzen angelegen seyn. Herr Vater / antwortete er; Ich weiß selber nicht / wie ihm eigentlich ist; dann wie geheim und bekant wir gleich einander sind / so treibet mich doch eine innerliche Krafft / ihn zu ehren / ungeachtet er sich dessen täglich gegen mich beschweret. Vor dißmahl fürchte ich / er werde durch diese Gelegenheit / meine Frl. Schwester zu suchen /mich gar verlassen; Dann weil er weiß / daß zeit meines Lebens ich mit willen mich von ihm nicht scheide / und er aber mir nicht gönnen wird / mit ihm umher zureisen / hätte er bessere Gelegenheit nicht haben mögen / sich von mir abzuzihen; Und O wie mag er wol etliche Zeit schon darauff gesinnet haben / wie er sich heimlich hinweg machen könte / wiewol er vor dißmahl nicht unterlassen wird / meiner Frl. Schwester fleissig nachzuforschen. Ausser allem zweiffel wird er alles Vermögen dran strecken / sagte der Stathalter / in Betrachtung seiner hohen Neigung gegen dieses Fräulein / wovon aber zu reden / mir vielleicht nicht gebühren wil. Ladisla lachete deß / und versicherte ihn / daß seines wissens keine andere Gewogenheit zwischen ihnen beyden währe / als die aus der nahen Verwandschafft herrührete / in Betrachtung /sie in zwey Jahren und länger / einander nicht gesehen / und die erste Jugend ihnen jensmahl keine Liebe einbilden mögen / da Herkules mit mir nur VI Wochen zu Prage wahr / sagte er / und mit ihr wenig und selten umging / auch er nur XIX Jahr / sie aber kaum XIII Jahr alt wahr / und mag mein Herr Vater mir wol gläuben / daß mein Herkules erst vor zween Monat in das XXIIste Jahr eingetreten ist. Was saget ihr mir von XXII Jahren? sagte der Stathalter / ist es dann möglich dz bey solcher Jugend ein so treflicher Verstand / eine solche Stärke / Erfahrenheit / Vorsichtig-und[298] Höfligkeit gefunden werde? Und als Ladisla solches bestendig bejahete / mit dem Anhange / daß er drey Jahr weniger vier Wochen und vier Tage älter als Herkules wåhre; sagte Herr Fabius: O ihr Götter / so erhaltet doch dieses Wunder der Welt / daß es nicht in der ersten Blüte vergehen / sondern der Erdbodem seiner herlichen Früchte noch manniche Zeit geniessen möge. Ladisla kam auff sein voriges / und ließ sich heraus / daß er auff Herkules versprochenes Schreiben zum längsten noch zehn Tage warten wolte. Weil solches dieses Orts vorging / wolte Libussa ihrer / Herkules getahnen Zusage nachkommen / welches sie durch Frl. Sibyllen Vorschub hoffete ins Werk zurichten / deren sie sich gar diensthafft und ehrerbietig erzeigete / und aus allen ihren Reden spürete / daß sie eine sonderliche Neigung gegen ihn trug; gab ihr demnach zuvernehmen / wie dieser Fürst es vor gut angesehen / daß sie zu Padua verbliebe / biß sie von seiner Durchl. oder von dem Königl. Fräulein schrifftliche Zeitung hätte; nur wüste sie nicht / ob ihre gnådigste Königin Frau Sophia darein gehehlen würde. Aber diese gab zur Antwort: Machet ihr euch deswegen wol einige Gedanken? ich versichere euch / meine Freundin / daß meiner Frau Schwester nichts angenehmers begegnen wird / als wann sie hören sol / dz sie euch in ihrer Geselschaft mag behalten / umb von der Königl. Fräulein bessern Bericht einzunehmen.

Die Böhmischen Gesanten / als sie desselben Morgens mit ihrem Könige viel und mannicherley geredet hatten / hielten untertähnigst umb Abfertigung an /mit Bitte / ihre Gn. gegen ihre Fr. Mutter sich schrifftlich erklären möchte / wie es mit des Reichs Beherschung ferner solte gehalten werden. Ladisla willigte in ihren Abzug / und berichtete die Königin im Briefe auffs glimpflichste / wz gestalt seine Frl. Schwester durch etliche Räuber entführet währe / denen aber Herkules schon gefolget / sie zu retten; und daß solches um so viel gewisser geschehen möchte / währe er willens / mit einer ansehnlichen Manschafft auch fortzugehen / weil sie gewisse Kundschafft hätten / daß sie nicht allein annoch im Lebẽ / sond'n auch als ein verstelleter Jüngling ausser Gefahr ihrer Ehren währe. Endlich meldete er / daß bey Zeigern Ihren Gesanten er 600000 Kronen überschickete / wovon 400000 Kronen denen / welche aus gutem Herzen die zu seiner Reise verordneten Gelder zusa en geschossen /solten ausgeteilet werden / so daß ein jeder den vierden Pfennig überschuß zugeniessen hätte; dz übrige würde sie zur Besserung der Festungen anzuwenden wissen. Ehe er den Brieff endigte / gaben die Gesanten sich bey ihm an / und brachten vor / was gestalt vor weniger Zeit der junge Königliche Großfürst der Franken und Sikambern in Galliẽ / umb Frl. Valisken Heyraht sehr inständige Anwerbung getahn / worin sie aber durchaus nicht einwilligen / noch einige Geschenke von dem Gesanten annehmen wollen / alles unter dem Vorschutz / sie håtte ihrem Herr Bruder äidliche Verheissung getahn / ohn sein Vorwissen und ausdrükliche Bewilligung sich weder zuverheyrahten noch zuverloben / dz demnach der Gesanter mit solcher Antwort hätte müssen abzihẽ / welcher ohn zweiffel sich bald wieder einstellen würde / umb bessere Erklärung zu hohlen. Ladisla verwunderte sich über dieser Erzählung / und weil das Fräulein solche Verheissung nicht getahn / er sie auch von ihr nie begehret hatte / muhtmassete er daher gänzlich / sie würde mit Herkules in heimlicher Liebe stehen / und sich zu ihm versehen / daß er sie demselben am liebsten göñete; sagete demnach zu den Gesanten: Meine Frl. Schwester hat löblich gehandelt / daß sie ihres mir teurgeleisteten[299] åides eingedenk gewesen / und solcher Heyraht sich noch zur Zeit entbrochẽ hat; solte nun deswegen in ihrer Abwesenheit weitere Anwerbung erfolgen / müste er mit lauter zweifelhafftiger Antwort abgespeiset werden / biß auff seine und der Fräulein Gegenwart zu Prage / massen er gleicher gestalt seiner Frl. Schwester beteurlich verheissen hätte / sie an niemand wider ihren Willen zuverheyrahten. Und daß solches nicht aus der acht gelassen würde /taht er dessen in seinem Briefe an die Königin / Erwähnung. Wahr sonst aus hofnung künfftiger Heyraht zwischen ihr und Herkules so vergnüget / daß er aller Traurigkeit vergaß. Nach Schliessung des Schreibens führete er die Gesanten mit sich zu Tische / uñ da sie im EsseSaal versamlet wahren / sahe Libussa ihrer Fråulein annoch verschlossene Wetscher stehen / und fragete / ob sie nicht währen besichtiget worden. Fr. Sophia antwortete / sie währen zeit wehrender angst wegen der Fräulein Verlust herauff getragen / und hätte sider dem kein Mensch weiter dran gedacht / wie sich dann ohn das nicht gebührete / anderer Leute verschlossene Sachen zuöffnen. Ladisla hieß sie auff Libussen anhalten auffmachen / auch das Seiden Gewand / welches den Räubern wieder abgenommen wahr / herbey bringen / und sunden sie allerhand köstliche Kleinot / damit er beydes sich und sein Gemahl ausschmücken solte. Die güldene und silberne Tücher zur Kleidung wahren gar fremder Art / mit allerhand schönen Blumwerk / auch Bildern mancherley Tihren durchwirket / welches alles er seiner Liebsten mit betrübtem Herzen einreichete / wünschend / dz solches alles nebest den in der Räuber Höhle gefundenen Schätzen in Abgrund des Meers möchte versenket /und hingegen nur das Fräulein gerettet seyn. Fr. Sophia nam es mit weinenden Augen an / und sagete: Ach wer weiß / in was wilder Fluht das allerliebste Herzchen jetzo unter den SeeRäubern daher fähret? Sie fehlete auch hieran gar nicht; dann so bald die Räuber mit ihr zu Schiffe gangen wahren / seumeten sie sich nicht / sondern gebraucheten sich des guten Windes / und segelten Tag und Nacht auff dem Adriatischen Meer Sudost werz / strichen an Griechenland her / und legten zuerst bey dem Eylande Kreta an /welches jezt Candia genennet wird. Sie hielten aber diesen ihrẽ vermeynten Jüngling / welcher sich Herkuliskus nennete / neben Jungfer Brelen sehr wol /und durffte sich niemand an ihnen vergreiffen / meyneten auch / es währe grosser Schade / daß der Himmel nicht ein Weibsbild aus ihm gemacht hätte /nachdem er mit so volkommener Schönheit begabet währe; insonderheit wahr der Dolmetscher den beyden Gefangenen sehr gewogen / hatte sich auch in Brelen hefftig verliebet / uñ hoffete durch Herkuliskus Befoderung sein Vornehmen zum gewůnscheten Ende auszuführen / und sie endlich zu ehelichen. Er wahr ein gebohrner Grieche / hohes Adels von Athen / nahmens Alexander / und hatte in seinem Vaterlande schon unterschiedliche Ehrenämpter bedienet; weil er aber einẽ Rahtsherren daselbst / der ihm den meisten Teil seiner Güter wider Recht vorenthielt / aus Zorn entleibet hatte / muste er die Flucht ergreiffen / da er umb desto mehrer Sicherheit willen in die abgelegenen Morgenländer ausser Römische Grenzen sich begeben / und in Kundschaft dreyer vornehmer streitbahrer Parthischen Herren gerahten war / welche in ihrer Jugend ihr väterliches Erbe unnüzlich verschwendet hatten / daß ihnen an Standes Unterhalt schon begunte abzugehen. Alexander sahe / daß sie beherzt und guter Fäuste waren / deshalben schlug er ihnen beym Trunke ein Mittel vor / daß wann sie etwa eine Tonne Schaz baar[300] wüsten auffzubringen / wovor man ein festes Schiff käuffen / auch Schiffleute und Soldner bestellen könte / wolte er neben ihnen sich auff das Mittelmeer begeben / und in kurzer Zeit einen solchen Schaz erwerben / daß sie forthin sich der Armut nicht zubesorgen håtten; massen des Orts umbher guter Friede wåhre / und die Kauffhandelung stark zur See fortginge / daß wann das Glük es fügete / man offt auff einem Schiffe etliche Tonnen Goldes wert anträffe. Diese drey liessen ihnen den Vorschlag wol gefallen / richteten auch mit ihm einen schrifftlichen Verbündniß-Schluß auff / daß ihm der vierde Teil aller Beute / nach Abzug ihres vorschusses und angewanden Kosten / und was die bestelleten Völker nehmen würden / geträulich solte außgefolget werden; verschwurẽ sich mit einander auffs allerhöchste / brüderliche Träue und einigkeit fest und unbrüchig zuhalten; einer den andern in keiner Noht zuverlassen /noch wegen künfftiger Teilung Streit oder uneinigkeit anzurichten; solte auch niemand unter ihnen macht haben / die Verbündnis oder Geselschafft zuverlassen oder auffzuruffen / biß nach vollendeter Schiffart sie wieder zu Lande getreten / und die Parthischen Grenzen erreichet hätten / es geschehe dann mit ihrer aller guten Bewilligung / und solten hieselbst nicht die meisten Stimmen gelten / sondern ohn arge List alles gehalten werden. Diesem nach richteten sie ihr Vorhaben eiferig ins Werk / kaufften zu Seleuzien in Syrien ein fest-gebauetes Schiff / nahmen bey 300 Boßknechte und Soldaten an / vorgebend / sie währen Kauffleute / und gedächten umb Affrika hin nach dem Indischen reichen Eylande Taprobana zu sägeln / und daselbst ihre Handelung fortzusetzen. Als sie das Fräulein raubeten / hatten sie ihre Seeplackerey schon anderthalb Jahr getrieben und manniches Schiff geplundert / in den Grund gebohret / und einen grossen Schaz zusammen gelegt / daß sie schon auff der Wiederkehr wahren / und nach Parthen zugedachten / weil sie so wol in Afrika als Spanien und der Ends es so grob gemacht hatten / daß man ihnen begunte nachzutrachten. Sie hatten aber beschlossen / unsern Herkuliskus und Brelen wegen ihrer vortreflichen Schönheit dem grossen Parther Könige Artabanus zum sonderlichen Geschenk einzuliefern / als welcher von allenthalben her schöne Jungfern außspüren / und in sein Frauenzimmer versperren ließ / seinen geilen Mutwillen zuersättigen / uñ wurden die schönẽ Knaben nach abscheuhlichem heidnischem Gebrauch / ihrer Mannheit beraubet / und des Frauenzimmers zu hůten abgerichtet / und daß ich mich zumelden scheuhe / zur Sodomitischen Unzucht gebrauchet. Alexander hatte diesen Vorschlag der Verschenkung selber getahn; nachdem er aber seine Liebe auff Brelen geworffen / gereuete ihn solches / trachtete auch nach Gelegenheit /sie entweder mit seiner Gesellen gutem Willen zu erhalten / oder nach gemachter Teilung sie an einem Orte heimlich zuverstecken / da er nur hierzu der Jungfer Willen erhalten könte. Herkuliskus merkete seine gute Zuneigung gegen sie / ließ ihm solches wolgefallen / und hoffete / es solte zu seiner Erlösung guten Vorschub tuhn; massen er gnugsam spürete /daß allein durch seine anordnung ihnen so viel gutes wiederfuhr. Als sie / wie obgemeldet / bey Kreta anlangeten / uñ er merkete / daß sie daselbst außsteigen würden / baht er Alexander umb Urlaub / mit an Land zutreten: er währe des Meeres ganz ungewohnet und befünde sich nicht allerdings wolauff; doch solte er nicht argwohnen / als suchete er Gelegenheit zur Flucht; dañ er wolte sich äidlich verbinden / nicht von ihnen zuweichen noch einige Ungelegenheit zuerwecken / sondern[301] sich etwa ein Stündichen unter dem Schatten jener lustigen Bäume zuerquicken. Alexander wolte ihm solches nicht abschlagen / und warb es bey seiner Geselschafft auffs beste; welche es aber nicht vor rahtsam hielten / angesehen es sich leicht begeben möchte / daß einer seiner bekanten ihnen auffstiesse / worüber sie umb Gut und Leben kommen dürfften. Dieser antwortete; es wåhre diese Furcht vergeblich / massen die Gefangene dieses Orts ganz unbekant / und aus weit abgelegenen Westnordischen Ländern währen; würden auch nur unter den nåhestẽ Bäumen sich ein wenig aufhaltẽ / da man ihnen gnugsame Huht uñ Wache zu geben könte; man můste ihnen ein wenig Willen und Freyheit gönnen / und ihre zarten Leiber betrachten; wie leicht könte es geschehen / daß ihnen wegen Unmuhts und des Meers Ungewohnheit / einige Krankheiten / ja der Tod selber zustiesse; was ihnen alsdañ mit den todten Leichnamben würde gedienet seyn; hielte demnach vor rahtsam / ihnen dieses begehren einzuwilligen. Hiemit bewägete er sie / daß sie endlich zu frieden wahren /und sie mit sich auffs Land führeten; gaben ihnen doch zehn Hüter zu / und liessen sie an der Heerstrasse eine halbe Welsche Meile vom Meer / unter etlichen Nußbäumen ihre Ruhe halten. Herkuliskus sahe der Båume einen am Wege stehen / so noch jung wahr / ging hinzu / und schnitte mit einem kleinen Messer folgende Lateinische Worte mit Böhmischer Schrifft gar zierlich hinein: Valisca, nunc Herculiscus, in Parthiam ducta. Das ist: Valiska / iezt Herkuliskus genennet / ist nach Parthen geführet. Und ob man gleich diese Buchstaben nicht lesen kunte / zweiffelte sie doch nicht / daß sie in wenig Tagen sich öffnen und gnug außwachsen würden. Weil er nun mit Jungfer Brelen allein / und von den Hütern zimlich abgesondert wahr / daß sie ihr Gespräch nicht vernehmen kunten / welches sie ohn daß nit würden verstanden haben / wolte er diese Gelegenheit nicht lassen vorbey gehen / und sagete zu ihr: Herzliebes Kind / ich sehe aus Alexanders beginnen / daß er eine sonderliche Liebe zu euch träget / welches auch die einige Ursach ist / daß man uns so schön tuht; so haltet euch nun nicht unfreundlich oder störrisch gegen ihn / damit uns nicht ärgers wiederfahre. Er hat mir seinen Stand zuwissen gemacht / und ist von gutem Adel; dafern nun seine Liebe gegen euch auff Ehre und Treue gegründer wåhre / wie ich nicht zweiffele / und ihr mit ihm köntet friedlich seyn / würde solches zu unserm besten erspriessen. Ihr habt vernommen / wie man willens ist / uns dem Parther Könige zuzuführen /welches trauen auff Ehre nicht kan angesehen seyn; dann die groben Morgenvölker sind vor anderen der Unkeuscheit ergeben; offenbahret mir derwegen euer Herz und Willen / daß ich wisse / wie ich auff allen Fal mich gegen Alexander zu verhalten habe. Brela wahr eines vornehmen Bömischen Herren Tochter /wiewol Elterlos / und von Jugend auff im Königlichen Frauenzimmer erzogen / hatte nunmehr das XIIXde Jahr erreichet / und wahr eine sitsame schöne Jungfer. Als sie das Fräulein also reden hörete / lachete sie anfangs darüber / und zeigete an; allem muhtmassen nach würden ihre Gn. sich in diesen Gedanken irren /und fürchtete sie gar sehr / Alexander hätte ihre Verstellung etwa gemerket / und in sie selbst sich verliebet / welches daher zuschliessen / daß er sich ungleich mehr ihrer Gn. als ihrer geringfügigkeit nahete. Herkuliskus bedachte sich hierauff ein wenig / uñ bald sagete er zu ihr; Nein mein Kind / du bist ganz unrecht dran / und erinnere ich mich anjezt etlicher Reden / so ich von ihm gehöret / und daraus versichert bin / daß er sein ganzes Absehen allein auff dich hat.[302] Die Jungfer solches hörend / fing an inniglich zu weinen / und gab zur Antwort: Solte diesem also seyn / wolte ich wünschen / ich währe entweder von den ersten Räubern im Fleckẽ / oder von den andern im Walde erschlagen / oder würde noch von ihnen ins Meer gestürzet. Herkuliskus antwortete: O du meine liebe und geträue Brela / du sihest ja / daß weinen und wünschen uns zu nichts helffen kan / sonst wolte ich auch noch wol Trähnen und Worte finden; sondern weil Gott uns in diese Noht hat fallen lassen / müssen wirs gedultig ertragen / und unsern Wiz gebrauchen /insonderheit unsern Willen zwingen / und annehmẽ /was uns werden kan / wann wir nit haben mögen /was wir begehren; ich vor mein Häupt sehe trauen nicht / was an Alexandern zu tadeln währe / ohn daß ihn Unglük zum Seeräuber gemacht hat. Ach mein Fräulein / antwortete sie / ich bitte / mir gn. zuverzeihen / daß derselben ich meine Heimligkeit offenbahre; Es weiß ihre Gn. daß Ritter Neda / Herr Krokus Sohn sich eine zeitlang zu Prag am Königlichen Hofe /wider seine Gewohnheit hat finden lassen; mit demselben bin ich in vertrauliche Freundschafft gerahten /weil ich mich seiner strängen Anläuffe länger nicht erwehren mögen / und endlich / da meine Verwanten und seine Eltern es bewilligen würden / ich ihm eheliche Träue versprochen habe / welche ich nicht werde brechen können. Du hast recht getahn / antwortete sie / dz du dieses geträuẽ Liebhabers Neigung hast erkennet / und ersetzen wollen / uñ bin ich selbst mit dieser Heyraht schon etliche Zeit umgangen; wann es dir nun frey stehet / ihm das verheissene zu halten / tuhstu recht und wol; aber / so viel ich merke / gedenkestu /du sitzest zu Prag in meinem Zimmer; weist du nicht /daß wir gefangene Leute sind? weistu nicht / wohin man uns führet? wird auch der Parther König nach Böhmen senden / und dir deinen Ritter Neda hohlen lassen? oder wird Neda mit zehnmahl hundert tausend Mann kommen / dich abzuhohlen? O nein / dieses ist vor dißmahl die Frage nicht / ob du lieber Ritter Neda als Alexander heyrahten wollest; sondern / ob du / da es dir so gut werden kan / lieber eines Griechischen reichẽ ådelmans eheliches Weib seyn / und mit ihm in Böhmen / oder wo es dir geliebet / ein freyes Leben führen; oder aber des Königes der Parthen Kebsweib /und da er deiner müde / der andern Magd seyn / ja auch wol gar einem unflätigen Stallbuben zum Mißbrauch dich verschenken lassen wollest. Brela antwortete: Ach ihr Götter! jezt sehe ich erst / in was unglük ich gerahten bin; und wolte Gott / dz ich unter diesem Baume mein Leben endẽ solte! O hätte ich doch so viel herzens / mir selbst den Tod anzutuhn! weil aber meiner schwacheit solches unmöglich ist /muß ich aus der Noht eine Tugend machen / und wil Euer Gn. alles heimstellen / nur daß ich mag Gelegenheit haben / mich in euren Diensten gebrauchen zulassen / und eure Freyheit und Erlösung zubefodern. Wolan / sagte das Fräulein / so ist uns schon mehr als halb gerahten; aber eines erinnere ich euch / dz ob wir schon allein beysammen seyn würdẽ / ihr mit mir /auch in unser Sprache / nicht anders reden sollet / als mit einem Mannesbilde / und eures Vaters Bruder Sohne. Brela gelobete solches / und baht / daß wann Alexander sich zu ihr nahete / sie nicht weit von ihr seyn wolte / daß er nicht etwa Gewalt an sie legete /und nachgehends der Ehe vergässe. Davor lasset mich sorgen / sagete Herkuliskus; Er ist eines ehrliebenden freyen Gemühtes / und wird seine Begierden wol in den Schrankẽ der billichẽ Zucht zu halten wissen. Die Seeräuber brachten zimlich lange in der Stad zu / da sie einẽ teil ihrer geraubetẽ Waaren zu gelde machtẽ /nöhtige[303] Speisen uñ viel köstliche Weine einkauften /weil sie im Lande nit raubẽ durften / demnach sie im verwahreten Hafen lagen. Nach verrichtung ihrer geschåfte gingẽ sie wied' zu Schiffe / und segelten gegen Osten nach Zypern zu / da sie auf halbẽ Wege eines Raub Schiffes gewahr wurden / auff welchem in die hundert wolbewehrte Griechen sich mit ihren Waffen sehen liessen. Die unsern machten sich alsbald gute Hoffnung zur Beute / stelleten sich anfangs furchtsam / als wolten sie die Flucht nehmen / die ihnen durch brechung des Steuers gehindert würde; liessen auch niemand oben auff dem Schiffe sehen / als etliche wenige in Kauffmans Kleidung. Den Griechen gefiel das starke grosse Schiff / merketen / daß es schwer geladen wahr / und eileten mit grosser Unsinnigkeit auff dasselbe zu / in meinung / es alsbald zu überwältigen / und die Beute ohn streit zuerhalten; schrihen ihnen demnach zu / sie solten sich ergeben / oder alle in das Meer gestürzet werden. Diese hingegen bahten ü Gnade / wolten ihnen alles gutwillig einliefern / wann jhnen nur Leben und Freyheit übrig bleiben möchte; worffen auch ihre Anker aus / und legten das Schiff feste. Bald wahren die Griechen fertig / hefteten die Schiffe zusammen / legten das Gewehr nider / und wolten das andere besteigen; diese aber / da ihnen Zeit dauchte / drungen wolgewapnet hervor / fielen mit aller Macht in das Griechsche Schiff / und weil sie an Manschafft uñ guter Ordnung ihnen viel überlegen wahren / erhielten sie den Sieg mit leichter Mühe in kurzer Zeit / erschlugen alles was lebendig wahr / und funden so überaus grosse Schätze an ädlen Steinen / Gold / Silber / und köstlichen Kauffmans Waaren / daß sie einen ganzen Tag gnug hatten auszuladen; dann es wahren diese Griechen lange Zeit ausgewesen / und hatten in den reichen Indischen Morgenlåndern allerhand köstliche Sachen / teils durch Handelung / teils durch Raub an sich gebracht. Als das Schiff ganz ausgeleeret wahr / senketen sie es in den Grund / überschlugen den Reichtuhm / und funden / daß er etliche viel Tonnen Goldes austrug /und ihr Geiz völlig ersättiget ward; wolten demnach auff Zypern nicht fahren / daher sie sonst noch den lezten Raub zuhohlen willens wahren / sondern gingen in das Syrische Meer / und lendeten zu Tyrus an /woselbst sie ihr Schiff und Waaren zu Gelde macheten / ihren Knechten doppelten Sold zahleten / und auff Gelegenheit warteten / daß sie in Sicherheit biß an den Eufrat kommen möchten.

Der verliebete Valikules wahr / wie oberwähnet /mit Gallus zu Schiffe getreten / ümb sein verlohrnes Fräulein zusuchen / wuste doch nicht eigentlich /wohin die SeeRåuber ihren Lauff genommen hatten; nur daß er seinem Got vertrauete / welcher ihn leiten /und sein Vornehmen beglükseligen würde. Ihr Schiff ländete in unterschiedliche Hafen Griechenlandes an /aber niemand wuste ihnen von den SeeRäubern einige Nachricht zugeben. Als sie nun nicht weit von Peloponnesus schiffeten / vernam Valikules / daß sie willens wåhren vorüber zusegeln / und den Lauff gerade nach Zypern zunehmẽ / trat zu dem Schiffherrn und fragete / ob ihm nicht gefallen könte / ihn in dem nåhesten Hafen bey Korinth auszusetzen / wovor er ihm gerecht seyn wolte. Der Schiffherr gedachte / er könte daselbst vielleicht Handelung antreffen / ließ sich bereden / und gegen Zahlung XX Kronen wahr er ihm zuwillen. Er wahr dessen froh / massen er wuste / daß die Christliche Lehre daselbst von den Bohten Gottes Paulus fest gepflanzet / und eine herliche Gemeine Gottes anzutreffen währe; stieg in dem nähesten Hafen aus / uñ begab sich mit Gallus in die Stad.[304] Sie kehreten bey einem Wirte ein / welcher sich gar freundlich bezeigete / und ihnen allen guten Willen anboht / fragete auch fleissig nach woher sie kähmen /ob sie hieselbst bekant wåhren / und was vor Geselschafft sie mit sich gebracht håtten. Valikules trauete ihm viel / blieb des ersten Tages zu Hause / und ruhete von der Schiffart ungelegenheit aus. Des andern Morgens zohe er in des Wirts gegenwart ein Kleinot auff 1500 Kronen wert hervor / und gab es Gallus zuverkauffen / welcher bald wieder kam / und die baaren Gelder auff ihre Kammer niedersetzte. Bald vernam er ein Getümmel auff der Steige / trat der Tühr näher /und hörete den Wirt zu seinem Haußknecht sagen; biß lustig / Kallias / der Braten wird hinte statlich trüpfen / wann jhm nur das Feur recht geschüret wird; ich habe diesen Morgen gut Schmehr bey ihm gesehen / welches mir zwar entflossen ist / er aber dessen ohn zweifel mehr bey sich haben muß; erzählete hiemit /was vor ein köstlich Kleinot er heut früh aus seinen Kleidern hervor gezogen håtte. Der Knecht antwortete ihm: Herr es währe immer und ewig schade / daß ein so schöner junger Mensch solte ermordet werdẽ. Was schade / was schade / sagte er; was haben wir von der Schönheit! Das Weib im Keller wahr auch nicht heßlich / und hat doch herhalten müssen. Biß du nur fertig; ümb Mitternacht soltu gute Beute haben / als vor nie. Gallus entsetzete sich über diesen mörderischer Anschlag / und hatte nicht lange nachzudenken / auff wen er eigentlich gerichtet wåhre / ließ sich doch nichts merken / sondern nach des Wirts abtrit machte er sich zu seinem Herrn / und vermeldete ihm / was er gehöret hatte / welcher nicht wenig erschrak / nachgehends sagete: So muß ich des gemeinen Sprichworts gültigkeit gar zeitig erfahren / daß Griechische Träue nicht weit reichet; wir wollen uns aber nichts merken lassen / sondern Mahlzeit mit ihm halten / wie sie dann tähten. Der Wirt wahr sehr geschäfftig / ging seinen Gästen gütlich vor / und baht / vorlieb zunehmen / es solte gegen Abend ein bessers erfolgen. Nach genommenen Speisen ging Valikules mit Gallus hin und kaufte zween gute Reitharnische / glinzend Schwarz / und mit güldenen Striemen eingelegt; auff seinen Helm ließ er einen erzörneten Lönen setzen /und in dessen Tatze ein Schildlein mit diesen Worten; Donec invenero, non conquiescam. das ist; Ehe ich werde wiederfinden / wil ich nicht ruhen. Auff seinem Schilde stunden diese fünff Wort mit silbernen Buchstaben / deren fünff erste Buchstaben gůlden wahren: Inops Est Solatium Virtus Simulata. Ertichtete Tugend ist ein armseliger Trost. Hierzu kaufte er zwey trefliche Pferde zu Agrigent in Sizilien geworffen und abgerichtet / beyde schwarz und gar starkes Leibes; kehrete nachgehends wieder in seine Herberge / und foderte von dem Wirte mit freundlichen Worten die Rechnung / daß er wissen möchte / was er gestern und heut verzehret hätte / wolte auch die bevorstehende Mahlzeit mit eingeschlossen haben. Dieser wolte zum erstenmahle Bescheidenheit gebrauchen / weil er ohn das die Hoffnung hatte / in wenig Stunden aller seiner Gelder Herr zu seyn / da ihm dann Gallus auff Befehl ein übriges zahlete / und ihm anzeigete / sein Herr håtte an einem Orte nöhtig zuverrichten / daß man mit der Mahlzeit auff ihn nicht warten dürfte / wann er etwa nicht zu rechter Zeit sich einstellen würde; welches ihm / als dem das Gewissen drückete / verdächtig vorkam / uñ doch nicht dawieder reden durfte; verdroß ihn gleichwol / daß er die Rechnung nicht höher angeschlagen hatte. Im hingehen begegnete ihm ein alter Erbarer Mann / welchen er nach freundlicher Begrüssung baht / ihm eine gute[305] Herberge zuzeigen / da er um sein baares Geld zehren / und mit zwey Pferden und einem Diener Unterhalt haben könte. Mein Herr /antwortete dieser / ich nehme selber gerne gute Leute ein / wann ich weiß / aus was Landes Art sie sind /und die mit vorlieb nehmen können. Und als Valikules hierauff anzeigete / daß sie Römisch / und etliche Tage sich hieselbst auffzuhalten bedacht währen / sagete er zu ihnen: So kehren die Herren nur kühnlich bey mir ein / und nehmen mit andern Gästen vor gut /da es ihnen beliebet. Führete sie selbst mit sich in sein Hauß / und hieß sie wilkommen seyn. Es wahren zwölff hůbsche Jünglinge alda bey einander / die in köstlichen Kleidern auffzogen / und in Höfligkeit wol abgerichtet wahren; Diese verwunderten sich des fremden Gastes / und woher ein so ůberaus schöner ansehnlicher Jüngling kähme; Daß er kein gebohrner Grieche wahr / gab die Zunge an den Tag; Dann ob er zwar die Sprache fertig und ohn Anstoß redete / nach Art und Renligkeit der Gelehrten / so dauchte sie doch die Ausrede etwas schärffer seyn als des Landes Art mit sich brachte. Aus seinen Sitten urteileten sie bald / daß er nicht unter gemeinen Leuten aufferzogen wahr / wiewol seine Kleider etwz geringer / doch ritterlich schienen; ehreten ihn auch daher nicht umb das geringste minder. Valikules stellete sich gegen sie alle gleiche freundlich; und gewan ihre Herzen / daß ein jeder mit ihm sprachen / und der näheste um ihn seyn wolte. Bey der Mahlzeit huben sie eine gelehrte Unterredung an / massen sie zu Athen etliche Jahr den freyen Künsten obgelegen wahren / und brachte einer diese Frage vor: wie es die Vernunfft-Geister (welche sie intelligentias nenneten) anschlügen / wann sie die grosse Himmels Kugel umtrieben. Bald ließ ein ander hören / ob drey unterschiedliche / oder nur eine einzige Seele in des Menschen Leibe wåhre. Ein ander stieg mit höhern Sachen auf; Worinnen des Menschen höchstes Gut bestünde; Obs in wolzugelassener Seelen Wollust; oder in der Ehre; oder in der Wissenschafft und Fertigkeit / oder Besitz der Tugend; oder aber im Gebrauch der Tugend zu gründen währe; Und hatten sie von solchen Fragen ein weitläufftiges Geplauder; Dieser foderte von seinem Gegener eine gewisse Schlußrede; Jener brachte sie auff die Bahn /und ließ sich verlauten / stünde auff allerdinge gewissen Füssen / so daß sie unhintertrieblich währe. Valikules saß und hörete ihrer Zänkerey geduldig zu /sahe wol / daß sie geschikter wahren von der Tugend zu reden / als nach deren Anweisung zu leben; biß endlich der eine ihn in seiner Streitigkeit zum Scheidsman wählete / und also anfing: Mein Herr /ich bitte freundlich / er wolle sich belieben lassen /unsere Uneinigkeit durch einen Vernunfft-Machtspruch beyzulegen / weil mir nicht zweifelt / er darzu gnugsam gelehret sey. Mein Herr / antwortete er; hierzu befinde ich mich nicht geschikt genug / massen ich meine Jugend in dergleichen Sachen nicht angewendet / sondern / nachdem ich das XVIde Jahr erreichet /habe ich das Pferd beschritten und die Waffen angelegt / auch darinnen schon zimliche Püffe ausgehalten; jedoch währe mirs sehr leid gewesen / daß ich die Bücher solte unter die Bank geworffen haben / ob mir gleich viel Hinderniß vorgefallen ist / dieselbe nach willen zugebrauchen; Wann nun meine Herren leiden können / daß ich als eine Gans unter den Schwanen /oder wie ein Sperling bey den Lerchen mit schnattere oder zwitzere / wil ich / umb die Zeit zuvertreiben /ihnen gerne zu willen seyn. Drey vorgebrachte Fragen habe ich / wo mir recht ist / angehöret; Vorerst / auff was weise die Engel sich mit der Himmelskugel geberden / wann sie dieselbe umzutreiben bemühet[306] sind; Vors ander / ob der Mensch nur eine / oder mehr Seelen habe; schließlich / worinnen des Menschen höchstes Gut in diesem Leben eigentlich bestehe. Betreffend die erste Frage / habe ich mich ehmahls berichten lassen / wie mannicherley Meynungen bey den gelehrten Himmelskündigern hievon gefunden werden. Die so dem Pythagoras und Plato folgen / bilden ihnen einen sonderlichen sehr anmuhtigẽ Klang ein / welchẽ die unterschiedliche HimmelsRäder oder Kreisse durch ihre Bewägung anstimmen sollen; ob ihrer einer nun diese grosse Leir jemahls habe spielen hören /stelle ich dahin / und muß derselbe wol rechtschaffen dünne Ohren gehabe haben. Andere / diesem durchaus zuwider / haben vorgeben dürffen / der Himmel und die sämtliche Sternen bleiben unbewäglich stehen / uñ lauffe hingegen die Erde mit uns geschwinde herumb /wie man etwa einen Keusel umbdrehen möchte; deren Meynung mir gar ungereimet vorkömt. Aristoteles tichtet etwas zierlicher; Er sahe daß der Himmel oder vielmehr die Sternen in gleichlauffender Bewägung bleiben / und ohn unterlaß sich ringsumb drehen; da kunte er ihm nun nicht einbildẽ / daß eine solche Bewägung der Himmel von ihm selbst treiben solte; stellete daher demselben eine vernünfftige Krafft neben zu / welche durch GOttes Ordnung dieses verrichten müste. Aber O wir vermässene Menschen! warumb tichten wir etwas in Sachen / die unser Vernunfft gar zu hoch und entsessen sich? warumb leugnen wir /daß der Himmel sich selbst bewägen solte / als ob dem allmächtigen Gott unmöglich währe / ihm solche Kraft uñ Art einzugiessen? Muß darumb einer stehen und wälzen den Himmel umb / weil Aristoteles nicht glåuben kan / daß Gott durch ein einziges Wortsprechen ihm solches zugebieten hat? Aber ich möchte nur gerne wissen / warumb ein ander / und nicht Gott selbst den Himmel umtreibe? fürchtet man sich etwa /es gebe zu grosse Mühe? das sind elende kindische Gedanken; Oder stehet es der Göttlichen Hocheit besser an / daß er hierzu seine Diener halte? Ey dieses ganze Rund und alles was drinnen schwebet und lebet / dienet ihm ja. So müssen wir auch von Gott nicht solche nichtige Einbildungen fassen / als schlage er Hand an / und arbeite uns Menschen gleich; Nein O nein! sondern mit einem Winke kan er alles verrichten was er wil; Und trauet mir / meine Herren / wann Gott nur språche: Hi el und Erden sollen einen zierlichen Tanz mit einander halten / und das Meer darzu auffspielen / müste solches alsbald geschehen / so gar muß alles der Allmacht Gottes gehorsam seyn. Warumb sol ich dann einen Engel tichten ohn Noht / da mir weder Gott / noch die Vernunfft / noch die Sinne denselben zeigen? Alles was mir nun Aristoteles hieselbst einwirft / kan ich mit schlechter Mühe auflösen / als lange er mir denselben nicht zeigen kan / welchen er dem Himmel als einen stäten Umtreiber durch eitele Spitzfindigkeiten angebannet hat. Fraget aber einer / woher Aristoteles der hochgelehrte Mann in dieser Vernunfftfrage so gröblich geirret; gebe ich ihm zur Antwort: Seines Irtuhms Ursach ist die Unwissenheit von Gott und dessen Wirkungen. Er gedachte; gleich wie ein König in seinem Reiche die mannicherley Geschåffte durch unterschiedliche Bedieneten verrichten muß / also auch Gott dort oben im Himmel. Aber hätte er sich nur besonnen / was Gottes Allmacht heisset und vermag / würde er solche Umtreib-Geister nicht vor eine Nohtwendigkeit erachtet haben; dann Gott vor sich allein ist genug darzu / daß Himmel / Erde / Meer und alles in seinem Wesen /Bewägung / und Eigenschafften erhalten werde / und bedarff darzu[307] ganz keines Gehülffen. So sage ich nun; Die Sonne / der Monde / die Sternen alle mit einander halten ihren Lauff in gewisser masse und unfehlbarem Schritte / weil es Gott also haben wil / und derselbe ihnen dieses eingepflantzet hat / gleich wie die Bäume von sich selbst müssen zu ihrer Zeit grünen / blühen /und Früchte bringen. Aber ich halte mich in dieser Frage gar zu lange auff / und berühre mit wenigen /was des Menschen Seele sey; ist sie schlecht oder dreyfach? Zwar die unterschiedlichen Wirkungen zeigen überflüssig an / daß ihre Kräffte mannicherley sind; dann eine andere Krafft ist / wodurch ich lebe und wachse; eine andere / wodurch ich fühle / sehe uñ höre; eine andere / wodurch ich verstehe / uñ von einẽ dinge Urtel abfassen kan. Dieses wird mir nit bald einer leugnẽ; Ob aber dieses drey unterschiedliche Seelẽ / od' drey unterschiedliche kråfte einer einigẽ Seelẽ in mir wirken / warum zanken wir darüber so eiferig? lasset uns vielmehr zusehen und fleiß anwenden / dz wir diese Kräfte recht / nemlich zu Gottes Lob uñ Ehren / auch zu unsers Nähestẽ Besserung uñ unser selbst eigenen Erbauung gebrauchen / dann haben wir die rechte Weißheit schon ergriffen. Zwar ich kan wol leiden / daß ein und ander davon so lange katzebalget als er wil; wann er aber sich so müde geplaudert hat / daß ihm der Odem stehen bleibet / was hat er mehr davon / er wird nicht umb ein Haar besser dadurch. Die lezte Frage gefält mir noch am besten /dann deren Erkäntniß lehret mich / was Tugend oder Schande / gut oder böse / erbar oder lasterhafft ist. Nun habe ich eines jedweden Meynung vielleicht nicht recht eingenommen / und deßwegen mir keine Urtel darüber anmasse; jedoch meine Gedanken davon zu eröffnen / spreche ich / daß freilich die ehrliche Seelenwollust ein treffliches Gut sey / als welche nirgends seyn kan / wo nicht die Tugend die Herschafft führet; aber sie dünket mich mehr der Glükseligkeit Begleiterin / als die Glükseligkeit selber seyn; massen ein Tugendhaffter ihm die Wollust nicht zum Ziel stecket / sondern ein tugendhafftes Leben und Wandel / welches diese Wollust ohn das schon geben wird / als die Gott zu dem ende der Glükseligkeit zugeordnet hat / daß sie uns reizen sol / dem guten desto hitziger nachzustreben. Sehet; die Messung der Speisen / ist wegen des LeibesErhaltung / und hat unser Gott solcher Niessung deswegen eine angenehme Wollust beygefüget / daß wir dadurch gereitzet werden / unsere Leiber durch Speisen zuerhalten; nicht /dz wir umb dieser Wollust zugeniessen / essen oder trincken solten. Daß aber die blosse Besitzung der Tugend / da nemlich einer weiß uñ gelernet hat gutes zu tuhn / noch die grösseste glükseligkeit nit sey /möchte ein Kind urteilen; massen auch der Schlaffende solches bey ihm hat / aber im Schlaffe der wahrẽ Glükseligkeit nit geniessẽ mag. Bleibet demnach eins vor alles / dz die zeitliche oder weltliche Glükseligkeit in der übung und gebrauch der Tugend bestehe /uñ niemand seliger möge geschätzet werden / als wann er von den Lastern abgesondert / sich der herlichẽ Tugend befleissiget / und nach derselben sein Leben anstellet. Hier håtte ich nun wol von einer weitbesseren Glükseligkeit zu reden / welche einem Menschen in dieser Welt kan zu teile werden / und durch welche er zu der künftigen ewigen und himlischen Glükseligkeit befodert wird; weil aber ich damit meinen Herren und lieben Freunden nur möchte verdrißlich seyn / und ohn daß anlezt keine gute einfälle habe / meinen Reden eine Zierligkeit anzubringen / bitte ich sehr / so wol ins gemein / als einen jedẽ insonderheit / mir meine Kühnheit uñ grobe Einfalt freundlich zuverzeihen. Die ganze Geselschafft zeigete an / sein Gespräch währe ihnen sehr angenehm[308] gewesen / m \chten wünschen / daß sie Gelegenheit hätten / von dergleichen Fragen sich offt mit ihm zu bereden / weil sie gar eine andere Art der Auflösung und Beantwortung bey ihm merketen / als in ihren Schuelen üblich währe. Nach endigung dieses / machete Gallus draussen mit dem Wirt bessere Kundschaft /bezeichnete ihm ihre vorige Herberge und fragete nach desselben wirts Gelegenheit. Dieser antwortete ihm; es währe vor wenig Jahren daß vornemste Wirtshauß gewesen / aber eine Zeit her hätte man dem guten Manne etwas nachgeredet / dessen er verhoffentlich unschuldig währe; nicht destoweniger tähte es ihm nicht geringen Schaden / und wolte fast niemand bey ihm einkehren. Herr Wirt / sagte Gallus / ich halte euch vor einen Bidermann / und hoffe / da ich euch etwas vertraue / werdet ihr mich nicht in Unglük bringen; mag euch also nicht bergen / daß ich heut diesen Morgen angehöret / wie derselbe Wirt mit seinem Knechte anlegte / meinen Herren diese Nacht zuermorden; vernam auch so viel / daß sie noch eine erschlagene Frau im Keller liegen håtten; wollet deßwegen redliche Leute vor dieser Herberge warnen helffen. Der Wirt erschrak dessen höchlich / und erinnerte ihn / ob er irgend aus alter Feindschafft ihm solches nachredete; Und als er vernam / daß er vor diesem ihn niemahls gesehen noch ichtwas von ihm gehöret hätte / baht er ihn / solches niemand mehr zuvertrauen; suchte auch Gelegenheit von ihm zu gehen / weil solche Taht zu verschweigen wieder sein Gewissen lieff /nachdem er ein Rahtsverwanter wahr; machte sich demnach / ungeachtet es schon gegen den Abend ging / nach dem Rahtsmeister / ihm anzeigend / was er gehöret hatte. Derselbe sendete als bald etliche seines Mittels zu dem träulosen Wirte / mit begehren / er möchte dem Raht seinen Keller auff wenige Zeit verheuren / sie wolten etliche Weine dahin legen / welche in kurzer frist solten weiter fortgeschiffet werden. Dieser wegerte sich / den Keller zu öffnen / weil er ihn / seinem vorgeben nach / schon an etliche Kauffleute vermietet / und Gelder darauff empfangen hätte. Nachdem aber diese der Gemeinen Stad vorzug ihm vorhielten / kunte er sich länger nicht wegern / und baht sie / nur ein wenig zuverzihen / biß er ihn durch seinen Haußknecht hätte außräumen lassen; Und weil diese Außflucht auch nicht helffen wolte / ging er nach dem Hintergebäu / vorgebend / den Schlüssel zu hohlen; da ihm zween gleich auff dem Fusse nachfolgeten / und inzwischen der dritte einen Schlösser gleich gegen über wohnend herein rieff / den Keller zu öffnen; ging mit seinem Gefärten hinein / und funden eines nacket außgezogenen Weibes Leichnam / traten bald wieder heraus / und liessen die Bewehrete / so haussen auffwarteten herein ruffen / folgeten dem Wirt / der in nachsuchung der unverlohrnen Schlüssel noch bemühet wahr / und sageten; es wåhre ihnen eilig / und weil die Schlüssel verlegt / möchte er seinem Haußknecht ruffen / daß derselbe ihnen in der Nachbarschafft einen andern Keller verhörete. Dieser ward dessen froh / ließ seinen Kallias bald kommen /und erzeigete sich frölich; aber die Gewapneten traten zu ihm / und redete der Vornehmste von den Abgeordenten ihn also an: Akusilaus / ihr müsset euch samt eurem Knecht der Obrigkeit stellen / nachdem man mit euch etlicher Sachen halber zu reden hat / die sehr wichtig sind. Dieser fühlete sein nagendes Gewissen /stellete sich doch geherzt / nur daß er zuwissen begehrete / was man mit ihm so spät und eilig wolte /und was solche Gewapnete Schaar zu bedeuten hätte; warum man ihm nicht nach Stad Gebrauch einen Rahtsdiener geschikt / und ihn[309] als einen Bůrger / welcher allemahl sich gehorsam bezeiget / aufffodern lassen? Dieser beantwortete es mit wenigem; er würde dessen alles vor dem gemeinen Raht gnugsame Ursachen zuvernehmen haben; worauff er ganz vewågen mit ging / und sich nicht dran kehrete / daß sein Knecht gefangen geführet / und in den Turm geleget ward. So bald er vor den Raht trat / grüssete er sie nicht sonderlich / stund und schwieg stille / umb zuvernehmen was man ihm vortragen würde; da der Rahtsmeister ihn freundlich anredete / sich über so spåter Vorfoderung nicht zu verwundern / und nur ein kurzes zu beiten / biß noch ein oder ander sich einstellen würde / so der Beredung mit beywohnen müste; worauff er zur Antwort gab; es nehme ihn höchst wunder / daß man ihm das Verwundern über solcher ungewöhnlichen gewaltsamen Vorfoderung noch verbieten wolte; ja daß man überdaß noch seinen Knecht gefänglich hinweg schleppete / ehe man ihm als dessen Herren einige Ursach anzeigete; doch müste er solches dahin lassen gestellet seyn / könte auch noch zur Zeit nichts dawieder vornehmen / als daß er sich durch nohtwendige Bedingung aufs aller beste verwahrete. Bald ward das ermordete Weib mit Tüchern bedecket / ihm vor die Füsse gelegt / welche der Rahtsmeister zuentblössen befahl / und zu Akusilaus sagete; Guter Freund / ihr habt euch nicht so hoch zu beschweren / noch wieder eurer Obrigkeit Vornehmen euch groß zubedingen / sondern sehet diesen Stummen und Blinden an / welcher ob er gleich kein Wort mehr zu machen weiß / klaget er euch doch auff Leib und Leben an. Dieser stellete sich ganz fremde /wüste nit / was dieses Schauspiel bedeutete / daß man todte Leichnam daher schleppete; ob er sich mit todten zanken solte oder könte: Aber der Richter redete ihm härter zu; er solte das erschlagene Weibsbild etwas eigentlicher betrachten / die aus seinem Keller daher getragen würde / wovon er ja billich rede und Antwort geben müste. Dieser hielt sich noch / als wolte er vor verwunderung aus der Haut fahren; da jener fortfuhr in seiner rede; es währe umsonst / dergleichen blinde auffzüge zumachen / und viel besser /die Warheit zu bekeñen: Und was wollet ihr viel leugnẽ / sagte er; dieser Diener gegenwårtig bringet bericht ein / daß euer Knecht die mördliche Taht schon gutwillig bekennet hat; wird euch demnach viel zuträglicher seyn / Gnade zu bitten / als die Richter zuverbittern. Was höre ich / ihr meine Herren / sagte dieser; solte mein Kallias wol einen solchen schändlichen Mord begangen haben? Ich habe ja dergleichen Boßheit noch nie an ihm gespüret; bedachte sich ein wenig / und sagte weiter; doch ich dürffte schier in den Argwohn gerahten / massen ich mich erinnere /daß vor wenig Tagen ich ein frembdes Weib beherberget / von welcher mein Knecht vorgab / wie sie des folgenden Tages sehr früh / ehe ich auffgestanden /davon gezogen / lind ihm das verzehrete Geld zugestellet håtte / welches er mir auch geliefert hat; fuhr darauff fort; es möchten die Herren fleissig nachforschen / und wann sein Knecht gemordet / solte man ihn nur geschwinde am Leben straffen / wann man ihn nur aus solchem Laster-Spiele liesse; Er hätte von Jugend auff sich aller Tugend und auffrichtigkeit befliessen / wie ihm dessen die ganze Stad würde Zeugnis geben müssen; bähte demnach / ihn des Argwohns zuerlassen / viel weniger zugläuben / da etwa über verhoffen sein Knecht zum doppelten Schelm werden / und wañ er schuldig wåhre / ihn als einen Mitschuldigen aus Hoffnung gelinderer Straffe angeben würde. Die Rahtsherren hiessen ihn darauff einen Abtrit nehmen / verwunderten[310] sich über des listigen Fuchses Boßheit / und beschlossen / ihn in eine ehrliche Gefängnis zulegen; biß man ihm den Mord besser überbringen könte. Ward auch der Knecht aber eins befraget / welcher dann beständig dabey verblieb / daß sein Herr den Todschlag mit eigener Faust verrichtet /nachdem er sie vorher mit hoher Bedräuung zu seinem schnöden Willen genöhtiget / und ihr bald darauff solchen Lohn gegeben; Sie hätte am Gelde und Kleinoten einen guten Vorraht bey sich gehabt / welches er alles zu sich genommen / uñ ihm jhre Kleider samt XXX Kronen davon gegeben håtte; gestund über das auch / daß er den Anschlag über Valikules gemacht /wie es Gallus seinem andern Wirte erzählet hatte; welcher nach solcher Befragung bey spätem Abend wieder nach Hause ging / seine Gäste noch beysammen fand / und bey dem Schlafftrunke mit ihnen allerhand Unterredung pflegete / da er auff die Boßheit etlicher Wirte zureden kam / und ihnen anzeigete / was gestalt gleich diesen Abend ein Wirt eingezogen währe / dem schuld gegeben würde / als hätte er ein fremdes / ohn zweifel vornehmes Weib nach angelegter Schändung auff dem Bette ermordet / deren Leichnam man auch in seinem Keller gefunden håtte / und würde darauff das Recht zur abscheuhlichen Straffe billich ergehen müssen. Valikules erschrak der Rede /und sagte zu ihm: Herr Amyntas (so hieß dieser Wirt) vielleicht ist es mein gewesener Hauswirt / von dem ich solche übeltaht durch sonderliche Schickung Gottes erfahren / uñ ümb deswillen diese Herberge verlassen habe. Ja mein Herr / antwortete er / eben derselbe ist es; wil aber durchaus nicht gestehen / daß er einige Wissenschafft davon habe / sondern legt es alles auff seinen Knecht / dafern die Taht wahr seyn solte. Ich danke meinem Gott / sagte er / welcher mich diese Nacht so Våterlich behütet hat / da ich über meine Gewonheit fest geschlaffen / und bitte denselben / er wolle diesem Sünder seine übeltaht vergeben / ungeachtet er schon den Anschlag gemacht hatte /mich diese instehende Nacht zuerwürgen / wie mein Diener angehöret. Amyntas wahr ein Christ / wiewol nach Nikodemischer Art / heimlich / damit er seines Ehrenstandes nicht entsetzet würde / merkete auch aus Valikules Reden / daß er kein Heide wahr / welches besser zuerfahren / er zu ihm sagete: Mein Herr; wolte Gott / daß alle Menschen also gesinnet währen / ihren Beleidigern und Feinden so gerne und leicht zuverzeihen; aber nicht alle Gesez lehren uns diese Tugend /und da sie es gleich lehreten / stecket doch der Nachdruk nicht dahinter / daß sie in uns den Gehorsam wirken möchten. Valikules verstund seine Christliche Rede bald / und gab ihm zur Antwort; Er hätte recht geredet / wolte auch daher Ursach nehmen / bessere Kundschafft mit ihm zumachen. Ein ädler Jüngling aus Sizilien saß jhm am nähesten / und fragete ihn /ob er vielleicht eben der Ursachen hie währe / welche sie nach Elis zureisen auffgemahnet hätte; dem er antwortete; jhm währe jhrer Reise Ursach allerdinge unbewust; seine betreffend / hätte er jhm vorgenommen /das hochbeschrihene Griechenland in etwas zu besehen / und nachgehends seinen Weg weiters vorzunehmen / welcher weit ůber Meer und Land ginge; dafern es jhnen aber nicht zu wieder / bähte er / jhm zumelden / warumb eine so ansehnliche Geselschafft ädler Jünglinge sich hie beyeinander hielten. Dieser sahe jhn an / und lächelte / sagte bald darauff: Er hielte nicht / daß die Ursach ihrer Gegenwart jemand dieses Orts unwissend seyn könte. Ja antwortete er / solches kan wol seyn; mir aber der ich gestern dieser örter erst angelanget bin / und Griechenland sonsten nie gesehen habe / wird solche Unwissenheit[311] wol können verzihen werden. Warumb nicht? sagte dieser; berichtete ihn darauff / es wůrden über acht Tage / die Olympischen Spiele hochfeyrlich gehalten / auff welchen sie sich zu üben willens wåhren. Nun hatte Valikules von diesen Spielen viel gelesen / und wahr froh / daß er denen zuzusehen Gelegenheit bekam; baht demnach /da es ihnen nicht zuwieder / jhn mit in jhre Geselschaft zunehmen; und ob er gleich als ein Spieler sich dabey finden zulassen nicht geübet wåhre / håtte er doch Lust / einen Zuseher zugeben; welches sie jhm dann gerne bewilligten / und zur Nachtruhe freundlich voneinander schieden. Des folgenden Morgens sehr früh / foderte Valikules den Wirt zu sich / und gab ihm zuvernehmen / wie er aus gestrigem Gespräch verstanden / daß er des Christlichen Glaubens nicht unberichtet währe; bähte daher / jhm anzudeutẽ / wo /uñ zu welcher Zeit die Christliche Versamlung zum Gottesdienste angestellet würde / weil er solche zubesuchẽ willens wåhre. Amyntas hatte sein auffrichtiges Herz schon gespüret / wölte sich deswegen vor jhm nicht verbergen / sondern bekennete / er währe ein Christ / wiewol heimlich; und da es jhm gefiele /könte er gleich jezt mit jhm gehen / eine Christliche Predigt anzuhören. Er wahr dessen sehr froh / gingen miteinander / und traff er eine grosse Gemeine an /welche den Gottesdienst in herzlicher Andacht verrichteten. Er hörete der Predigt fleissig zu / und blieb bey dem Gottesdienst / biß das heilige Abendmahl solte gehalten werden / ging hernach zu dem Christlichen Lehrer / gab jhm 50 Kronen / unter die Armen auszuteilen / und baht / daß man seiner im gemeinen Gebeht wolte eingedenke seyn / daß ihm Gott beystehen möchte / ein Weibsbild seines Geblütes von den Räubern entführet / wieder zuerlösen; mit dem Versprechen / dafern er solches von Gott würde erhalten /solte die Christliche Kirche zu Korinth von jhm so viel belegte Baarschafft haben / davon jährlich 3000 Kronen Zinse / zur unterhaltung der Lehrer und Armen könte gehoben werden. Der Lehrer bedankete sich sehr / beydes wegen des empfangenen und versprochenen / und sagte zu jhm: Christlicher Jüngling /eure Andacht bey dem heutigen Gottesdienste / ist mir nicht verborgen gewesen / wodurch ihr euer Herz dem allerhöchsten Gott in wahrem Glauben und rechtschaffenem Gehorsam geopfert habet; jetzo aber lasset jhr euren lebendigen Glauben durch grosse Almosen / deren wir alhie ungewohnet sind / vor den Menschen erscheinen / wodurch euer Vater im Himmel gepreiset wird / welcher euer unvergånglicher Lohn /und kräftiger Schild seyn wil. Unser Gebeht sol euer nicht vergessen / ob uns gleich euer Stand und nahme unbekant ist. Mein Nahme / antwortete er / ist anjetzo Valikules / sonst in Vertrauen gesagt / bin ich Fürsten Standes / uñ durch sonderliche Gnade zum Christentuhm bekehret / worüber meine Eltern mich enterbet; dessen ich doch wenig achte / und vielmehr es vor einen Gewinn rechne / weil ichs ůmb meines Herrn Christus willen leide; wollet mir demnach verzeihen / daß ich mich nicht allerdinge offenbahre. Der Lehrer wünschete jhm Beständigkeit im Glauben /und Gottes gnädigen Beystand / mit Verheissung / es würde der Sohn Gottes jhm ohn allen Zweifel in jenem Reiche hundertfältig vergelten / daß er ümb seines Nahmens willen ein irdisches Fürstentuhm hindansetzete / und seinen Heyland über Vater uñ Mutter liebete; die Christliche Gemeine hier / und in anderen ümliegenden Orten solten ihn in allen Versamlungen /auch die verlohrne Fürstin / in das gemeine Gebeht gerne und willig einschliessen. Nach getahner Danksagung vor solches erbieten / nam Valikules abscheid / und ging mit seinem[312] Wirte nach Hause / da derselbe bald darauff von seinen Mitherren zu Rahthause gefodert ward / woselbst er zween grosse ansehnliche Ritter fand / welche bey dem Raht ümb Gehör anhielten; Und als sie vorgelassen wurdẽ / redete der Ansehnlichste / und brachte vor / wie sie gestern bey spätem Abend hieselbst zu Korinth angelanget währen / unter andern Befreundeten / ihren nähesten Blutverwanten und Mutter Bruder / Herrn Akusilaus zu besuchen /vernähmen aber mit Schmerzen / daß derselbe einer Mordtaht fålschlich angegeben wåhre / die sein Hausknecht / ihm unwissend / aus anderer eingeben und getrieb möchte begangen haben. Nun währen sie Ritter / uñ keine Zungendröscher / könten demnach nicht viel Zänkerey machen / aber mit dem / was sie an der Seite führeten / wolten sie behäupten / daß jhr Vetter unbillich und mit höchster Unwarheit angeklaget währe. Der Raht achtete ihr anbringen nicht groß /antwortete: Sie möchten jhre Ritterschafft und gutes Herz ausbieten und anwenden da es gelten wolte / so gut sie immer könten / und jhnen rechtswegen frey stünde; sie ihres teils würden als eine bestalte Obrigkeit sich durch ihre Schwerter gar nicht abschrecken lassen / Recht und Gerechtigkeit zuhandhaben; So wåhre jhr Anverwanter von keinem eigentlich angegeben / sondern die himlische Rache hätte seine Boßheit an den Tag gelegt / und währe die erschlagene Frau ohngefehr in seinem Keller gefunden; auch håtte man grosse Muhtmassung aus des Knechts freywilliger Bekäntnis / daß er Wissenschafft darumb trüge. Der ander Ritter fing an; es möchten die Herren wol zusehen / was sie tähten / dann er hätte gute Nachricht /daß in jhres Vettern Hause zween fremde Kerle eingekehret / deren einer ein rötliches Haar / der ander ein zartes Angesicht gehabt / und noch jung von Jahren gewesen / auff deren Anreizung håtte der Knecht das Weib erschlagen / welches er beweisen wolte / wann er nur erfahren könte / in was Herberge dieselbe anzutreffen währẽ; massen er wüste / daß sie sich noch in dieser Ringmaur befünden. Amyntas stund im Rahte auff / und baht ümb Vergünstigung / einen Abtrit zunehmen / weil er zu Hause etwas nöhtiges zuverrichten / aus der acht gelassen / wolte sich bald wieder einstellen. Ging hin und erzählete Gallus dieses alles /welcher es seinem Herrn hinterbrachte in Beyseyn der Griechischen Jünglinge. Der verwunderte sich nun höchlich über solche Lügen / ließ den Wirt herein fodern / und als derselbe jhm solches aufs neue erzählet hatte / sagte er ihm Dank; kehrete sich zu der anwesenden Geselschaft / und baht sie / mit jhm vor den Raht zutreten / ümb seine Zeugen zu seyn / dessen /was er mit diesen ehrendiebischen Verleumdern und falschen Rittern handeln würde. Sie gingen miteinander fort / und zeigete Amyntas dem Raht an / daß die beyden fremden / deren diese Ritter meldung getahn /verhandẽ währen / und / ümb gehöret zuwerden /fleissig anhielten. Sie wurden durch den Rahtsdiener bald vorgefodert / und folgeten die Griechischen Jünglinge mit hinein; da Valikules nach freundlicher Begrüssung also redete: Hochweise / ansehnliche Herren; jch / Nahmens Valikules / ein Römischer Ritter / neben gegenwärtigen meinen Diener Gallus / bin vorgestern ümb den Mittag bey dem gefangenen Akusilaus zur Herberge eingekehret / und haben wir beyde sonst keinen Menschen bey uns gehabt / auch niemand fremdes / weder Mannes noch Weibesbilder in der Herberge angetroffen / wie solches alles der mitgefangene Knecht uñ das andere Gesinde werden bezeugen müssen; als ich nun meinete / ich währe bey einem ehrlichen Manne / und in guter Sicherheit / so hat zu meinem sonderlichen Glücke dieser[313] mein Diener ohngefehr angehöret / wie daß gestern derselbe mein Wirt mit seinem Knechte einen gefährlichen Anschlag auff mein Leben gemacht / mich in folgender Nacht zuerwürgen / damit er der Kleinot / deren er bey mir vermuhten wahr / habhafft werden möchte. Zwar ich habe davon gar kein Wesen machen wollẽ /sondern es Gott befohlen / bin auch deswegẽ nach geschehener übrigen Bezahlung in ein ander Wirtshaus eingekehret. Ich vernehme aber mit höchster Verwunderung / daß ein und ander sich sol finden lassen /und mir als Uhrhebern einen begangenen Mord zumässen dürfen. Nun könte ich diese schändliche Lüge und ehrendiebische Verleumdung mit unbewåglichen Gründen gar leicht hintertreiben / uñ solche mutwillige Lästerer schamroht machẽ; nachgehends bey der Obrigkeit es treiben / daß sie mit eben der Straffe beleget werden müsten / welche sie mir zuzurichten bedacht und bemühet sind; weil ich aber vernehme / daß dieselben so stark auf jhr Faustrecht pochen / und ihres Seiten Gewehrs sich getrösten / bin ich bereit /meine Unschuld nach Ritters-art zuverfechten / und des gerechten Gottes seiner Urtel gerne zuerwarten. Der ganze Raht sahe ihn starre an / kunten sich seiner Schöne / Höfligkeit und unerschrockenen Herzens nicht gnung verwundern / und befahlen den beyden Klägern / ihre zuvor angebrachte Beschuldigung in des Beklagten gegenwart zuwiederhohlen / uñ mit gebührlichem rechtmässigem Beweißtuhm sich gefasset zuhalten; wie sie dessen sich anerbohten hätten. Der erste Ritter aber gab mit hochmühtigen Geberden zur Antwort: Weil dieser Knabe (so nennete er Valikules) die Klage albereit wüste währe die Wiederhohlung unnöhtig / vielweniger ein wortreicher Beweißtuhm nachdem sich dieser ohn das lieber dem Ritter- als Henker-Schwerte zur Straffe untergeben wolte / welches ein unhintertreiblicher Beweißtuhm währe / daß er öffentlich gestünde / den Tod verdienet zu haben; nur währe ihm sehr leid / und fast schimpflich / daß ers / so zu rechnen mit einem Kinde solte zuthun haben / und währe wol zu frieden / daß er seinen Diener zu Hülffe nähme / der ihm den Schild vorwerffen könte / dafern er so beherzt währe / morgen früh auff dem Platze zuerscheinen / da das Gericht solte gehalten werden / woselbst sich bald ausfündig machen würde wer die Warheit oder Lügen geredet hätte. Der versamlete Raht wolte sich darzwischen legen / uñ Valikules vom Kampffe abmahnen / weil sie nit zweifelten / er würde ohn das seine Unschuld mit gnugsamen Gründen behäupten können; Er aber antwortete: Er währe ein Ritter / und könte diese ehrenrührige Beschuldigung des Mords nicht auff sich ersitzen lassen; langwieriges Rechten gäbe seiner Reise Eilfertigkeit auch nicht zu; und daß er vor ein Kind / und vor einen Knaben von diesem hochmuhtigen Verleumder und Ehren Diebe gehalten würde / müste er dahin lassen gestellet seyn / wolte nicht desto weniger lieber mit ihnen beyden zugleich den Kampf antreten / als vor einen Mörder sich ausruffen lassen; bähte daher instendig / ein Hochweiser Raht wolte ohn fernere weigerung ihnen des Kampfes Freyheit gönnen / welches ihm als einem Römischen Bürger und Freyen Ritter ohn das nicht könte gehindert werden; Dieses alles brachte er mit so ernstlicher Rede vor / daß alle anwesende es wunder nam; wiewol es den beyden Klägern mächtig verdroß / daß er sie so verächtlich hielt / und so kühnlich ausschalt; daher sagete der ältere / Nahmens Demetrius mit einem Gelächter: es meynete dieser Knabe etwa / man würde mit Stecken oder Bradwürsten fechten / welche zuverschlucken er vielleicht möchte gelehret seyn; Aber er antwortete[314] ohn Bewägung: man müste unbendigen Zungen übersehen / biß es Zeit währe sie zu hemmen / dann er hätte in dieser seiner Jugend schon die Erfahrung / daß eine ruhmrätige Zunge allemahl von einem feigen Herzen angetrieben würde; Worüber diese beyde sich dergestalt entrüsteten / daß sie auff der Rahtstuben sich schier an ihm vergriffen hätten / da ihnen solches nicht bey Leibesstraffe währe verbohten worden. Der Rahtsmeister suchte nochmahls / unsern Valikules von dem Kampffe abzumahnen / aber als er merkete /daß alles vergebens und umsonst wahr / gönneten sie ihm endlich seine Freyheit / welches er mit höflichem Dank annam / und seine Kläger erinnerte / sich gegen Morgen früh zum tähtlichen Beweißtuhm ihrer Schandlügen gefasset zu halten; Welches sie vor Eifer nicht beantworten kunten / sich auch nicht anders als wahnwitze Untihre bezeigeten / daß ihnen der Geifer zum Maule ausfloß. Amyntas und alle seine Gäste waren sehr leidig wegen der getahnen Ausfoderung; auch Gallus selbst bekümmerte sich dermassen / daß er weder essen noch trinken wolte / dann er hatte seinen Herrn noch nie kämpften gesehen; welcher ihm geboht / er solte schaffen / daß sein Harnisch auff bestimmete Zeit zum Kampffe fertig währe; erzeigete sich sonst den ganzen Tag durch immerzu frölich / als wüste er nichts von dem morgenden Kampffe; und wann die Geselschafft dessen Erwähnung taht / und wegen der künfftigen Gefahr sich leidig bezeigete /baht er sie / nicht daran zugedenken / wanns ihnen sonst einige Bekümmerniß machete: ja er vermahnete sie / gutes muhts zu seyn / und sagete: Man müste nicht allein von der Tugend reden und sinreiche Gespräch führen / sondern sich auch befleissigen / sie Zeit der Noht in rechtschaffene übung zu bringen /und der wirklichen Glükseligkeit beyzeiten einen Anfang zu machen; so hätte ers biß daher gehalten / und wie jung er währe / schon mannichen harten Streit mit angesehen / auch wol gute Stösse mit nach Hause getragen. Einer von der Geselschafft antwortete darauff; es währe zwar alles sehr wol und weißlich geredet; jedoch müste man die Herzhaftigkeit allemal der Vernunfft zur Einzäum- und Beherschung unterwerffen /und nichts über Vermögen oder Alters Kräffte vornehmen / damit dieselbe nicht über die Schnuhr hiebe / die Tugend-art verlöhre / und in eine verwägene Kühnheit verwandelt würde / welches er doch auff ihn nit wolte geredet haben. Mein Freund Urteilet recht und wol / antwortete er; und ist freilich dieses die rechte Klugheit und Vernunfft / daß unsere Handelungen in der Mittelwage bleiben / so daß sie weder nach der Linken / nach dem Mangel; noch nach der Rechten / das ist / nach der übermasse außschlagen; nicht desto weniger aber muß unser ehrlicher Nahme und guter Leumut uns lieber als das Leben seyn / und wird niemand die Schranken der Tugendhafften Kühn- und Herzhafftigkeit überschreiten / wann er sein Blut zur verteidigung seiner Redligkeit vorsichtig anwendet /da er dann eben nicht seinen Leibeskräfften oder seiner Erfahrenheit / sondern vielmehr seiner guten Sache / am meisten aber dem gerechten Gott vertrauen muß / welcher die Stolzen und Gewalttähter stürzet /und dagegen die Demühtigen und Nohtleidenden kräfftiget und erhält. Mein Herr / gab ihm ein ander zur Antwort; es müssen die gütigen Götter demselben Menschen höchst gewogen seyn / welchen sie so frühzeitig in diese Tugendschuele schicken / in welcher mein Herr aufferzogen und unterrichtet ist / wo selbst er nicht allein die Erkäntnis / sondern zugleich die Erfahrung uñ fertigkeit tugendhaft zu handeln beko en hat. Meine Erfahrung / sagte Valikules[315] ist viel geringer / als daß sie einiges Lobes wert währe / aber damit ich die Erfahrung mir durch mañiche Ubung zuwege bringen möge / muß ich deren keine verseumẽ /welche ich ohn verletzung meiner Ehre nicht unterlassen kan; aber auch fleissig zusehen / daß ich nicht Ursach zum Streit und Kampff suche / weil solchen Blutgierigen und Zanksüchtigen der Almächtige Gott seinen Beystand enttzeuhet / und sie anlauffen lässet /daß sie fallen müssen ehe sie recht stehen. Sie brachten diesen Tag mit solchen Gesprächen zu / daß diese Jünglinge außdrüklich bekenneten / aller ihrer Lehrmeister Unterweisung zur Tugend / währe lauter Wasser gegen dieses jungen Ritters köstlichsten Wein /von welchem sie stärckere anreizungen zum guten anhöreten / als ihre Lehrer selbst noch nicht begriffen hätten. Des folgenden Tages wapnete sich Valikules nach seinem Willen / sahe selber zu dz sein Hengst recht gesattelt ward / und ritte in begleitung aller Jünglinge hinauß / da Gallus instendig bey ihm anhielt / er möchte ihm den Kampff wieder diese starke hochmuhtige Ritter gönnen; er ihm aber anzeigete /daß / weil seiner eigenen Bekäntnis nach / er in solchen Streiten ungeübt währe / könte er ihn nicht so leicht in die Schänze schlagen. Als er auff den Kampffplaz kam / traff er keinen von seinen Wiedersachern an / erwartete ihrer aber ganz freudig mit auffgeschlagenem Helme. Die ganze Stad hatte in erfahrung bracht / daß ein frischer Jüngling mit zween starken Rittern umb Leib und Leben kämpffen würde / lieffen demnach groß und klein hinaus / dem Streite zuzusehen. Der Raht hatte eine Schaubühne auffschlagen lassen / darauff sie stiegen / und nachdem die beyden Ritter gebrüdere auff grossen Pferden er schienen / teileten die Richter des Kampffes ihnen Wind und Sonne gleich / und gaben ihnen die Macht zu treffen / weil sie sahen / daß Valikules nicht nachlassen wolte / sondern sich auff seine Römische Freyheit berieff. Darauff sendeten die hochmuhtigen Ritter einen Diener an ihn / uñ liessen fragen / wem unter ihnen er die Ehre des Sieges am liebsten gönnen wolte / wie schlecht auch dieselbe währe / die man an Kindern erlangete / deß wolten sie ihm die Wahl geben /weil sie sich selbst nicht wol darüber vergleichen könten. Der gefangene Akusilaus wahr auff seiner beyden Oheime hefftiges anhalten unter starker Huht mit herauß gelassen / welcher dann mit solcher Frecheit zusahe / daß er öffentlich rieff / daß / wo einer von seinen Oheimen unterliegen würde / wolte er sich selbst vor schuldig anklagen und über sich Straffe fodern; Valikules aber erzürnete sich über der Ritter schimpflichen Worten dergestalt / daß er überlaut zur Antwort gab; packe dich bald und sage den schlimmen Tropfen / es sey mir eben eins / ob ihrer einer allein / oder sie alle beyde mir zugleich begegnen; und fürchten sie ihrer Haut / so nehmen sie nur den dritten auch zu sich; welche Außfoderung ihm alle Anwesende vor einen Wahnwiz außlegeten. Er aber schloß den Helm zu / und tummelte sein Pferd sehr art- und freidig / biß er sahe / daß der Jüngere / nahmens Dionysius sich zum Treffen schickete; da begegnete er dem selben mit solcher Krafft / daß er ihm den Arm durchbohrete / und ihn als einen Strohwisch auß dem Sattel warff / daß er alle viere von sich streckete. Sein Bruder erschrack des Falles / da hingegen die Zuseher ein fröliches Geschrey ergehen liessen / dessen doch Valikules wenig achtete / sondern kehrete bald umb / und winckete diesem / daß er auch treffen solte; der sich dann zwar bemühete seines Bruders Unfal zu rächen /aber da sie mit den Speeren aneinander gerieten / traff ihn Valikules wieder die Brust / daß er ein lautes Geschrey gehen[316] ließ und mit samt dem Pferde übern hauffen fiel. Da hätte man ein Frolocken der Zuseher hören sollen; die Götter könten weder Unrecht noch Frevel dulden / und würden die Unschuld bald an den Tag bringen. Valikules sahe dz der erste sich auff die Füsse gemacht / und der andere noch unter dem Pferde zappelte / rennete mit verhengetem Zügel zu jenem hin / sprang herunter auff die Erde / und in dem er zu ihm trat / sagete er; du frecher Tropf / wirstu dich noch weiter umb daß erste Treffen zweien / oder sihestu schier / daß dein Leben in meiner Hand stehet? doch ich wil dirs so lange schenken / biß ich sehe /wie du das trotzige Schwert zugebrauchen gelernet hast; damit führete er so gewaltige Hiebe gegen ihn /daß er gar früh Blutrustig ward; ließ ihn deßwegen stehen / ging zu dem andern / riß ihn unter dem Pferde loß / und sagte; auff du lange Schläffer und erwähre dich des Kindes / welchen dein Bruder schon vor keinen Knaben mehr hält. Dieser schämete sich so hefftig / daß ihm das Blut vor die Augen schoß / stellete sich zwar zur Gegenwehr / aber die Blut-zeichẽ erschienen bald an ihm / und trieb ihn Valikules ohn auffhören / daß er gar Athem-leß ward / rieff auch dem andern herzu und sagte; wie lässestu deinen Bruder so im stiche / da ich euch doch beyde zugleich außgefodert habe? Dieser sahe seines Bruders Noht /und wolte ihn nicht länger darinnen stecken lassen /weil es ihm frey gestellet war; aber da Valikules zween Feinde über den Halß bekam / die sich trauen äusserst bemühetẽ / ihr Leben teur gnug zuverkäuffen / wañ sie es nicht retten köntẽ / wuchs ihm nur sein gutes Herz dadurch / verdoppelte seine Streiche / und schlug in kurzer Zeit dem ältern das Häupt von der Schulter hinweg / dz es ihm zun Füssen fiel; trat hernach dem and'n ein / reiß ihm Schwert und Schild aus den Fäusten / und warff ihn wider die Erde / da er ihm den Tod dräuete / wo er seines Vettern Mord nicht bekennen / und seine ertichtete Lügen wiederruffen würde. Dieser baht / er möchte nur bald mit ihm verfahren / sintemahl er in solcher Schande nicht länger zuleben begehrete. Aber er antwortete ihm: O nein /so kömst du Verleumder nicht davon / sondern du must öffentlich meine Unschuld bekennen / oder mit der Folter darzu gezwungen werden. Dieser fürchtete sich vor solcher Dräuung / und bekennete willig / daß er solches bloß seinen Vettern zuretten / aus dessen Eingeben vorgeschützet hätte. Indem nun Valikules die umstehende baht / ihm dessen Zeugniß zugeben /ergreiff dieser seines Bruders Schwert / und meynete unsern Held an den Beinen zu verletzen / dann es hatte sich dieser Meuchelmörder auff die Knie gerichtet / jener aber weich ihm aus mit einem Sprunge / trat bald wieder ein / und stieß ihm das Schwert durch die Gurgel / da er sagete: Ich merke wol / daß du eines långern Lebens unwirdig bist / welches ich dir sonst wol gegönnet hätte / und wird Zeit seyn / daß der löbliche Ritterstand von einem so unwirdigen Buben befreyet werde. Zog hernach seinen Helm ab / legete das Schwerd und den Schild nider / trat vor die Bühne /und redete mit heller und leichter Stimme / als ob er sich durchaus nicht bemühet hätte: Hochweise Herren / sagte er / ich bedanke mich gegen dieselben samt und sonders / daß auff mein Anhalten sie mir diesen Plaz gegönnet / meine Unschuld zuverfechten / und die Bosheit meiner Verleumder an den Tag zubringen / damit ich meinen Ehren alhie zu Korinth keinen Schandfleck anschmitzen lasse / welche ich bißher /ohn Ruhm zumelden / vor übeltahten bewahret / aber auch vor unbefugten Feinden geschützet habe. Solte ich nun bey meinen Herren mich meiner Kühnheit gebrauchen dürffen / an[317] dieselben etwas zugesinnen / so ist meine fleissige Vorbitte / dieselben wollen den beyden armen Sündern Akusilaus und seinem Knechte so viel Gnade erzeigen / und da sie ihre übeltaht erkennen werden / ihnen den gelindestẽ Tod antuhn /von welchem sie durch kein Recht werden können loßgesprochen werden. Der Raht trat auff der Schau Bühne zusammen / unter welcher Zeit Akusilaus zu guten Gedanken greiff / seine begangene Mordtaht öffentlich bekennete / und mit einem wehmühtigen Fußfalle umb Gnade baht; da der Rahtsmeister unserm Valikules mit entblössetem Häupte antwortete: Trefflicher Ritter / wir alle mit einander müssen bekennen /daß bey Menschen Gedenken eine solche Heldentaht zu Korinth und in ganz Griechenland nicht begangen ist / welche wir so hoch schätzen / daß wir unsern Augen kaum trauen dürffen. Eure Ehr / ädler Ritter /wird vor dergleichen Lästerer wol ungekränket bleiben / welche zuerheben wir nicht unterlassen sollen. Betreffend die Gefangenen / müssen sie euer kräfftigen Vorbitte geniessen / wie wenig sie es auch umb euch verdienet haben / und da ihnen sonst die Kreuzigung erkennet wahr / sollen sie mit dem Schwerte begnadet werden. Valikules bedankete sich der hohen Gewogenheit / und verpflichtete sich zu ihren Diensten / nam sein Schwert und Schild zu sich / und schwänkete sich in vollem Harnische so ringfertig auff sein Pferd / daß die Zuseher sprachen: es währe des Ritters gleichen in aller Welt nicht zufinden. Gleich da er auffgestiegen wahr / ersahe er unter den Umstehenden einen ansehnlichen Mann / welchen er aus seinen Geberden vor einen Christen hielt / wie er auch wahr; denselben baht er / die beyden Pferde der Erschlagenen zu sich zunehmen / sie zu verkauffen /und das Geld unter die Armen auszuteilen / welcher /wegen der Armut dankend / ihm solches verhieß. Seines Sieges aber freuete sich niemand so herzlich / als sein ergebener Gallus / welcher nunmehr sahe / was vor einem Herrn er aufwartete. Die Jünglinge kahmen auch zu jhm geritten / wünscheten jhm des erhaltenen treflichen Sieges wegen Glük / und verbunden sich /jhm willig zudienen. Valikules gebrauchete sich seiner gewöhnlichen Freundligkeit gegen sie / baht ümb jhre gute Gewogenheit / und verpflichtete sich nach Vermögen zu jhrem guten Willẽ. Nach jhrem Abzuge erging alsbald das Gerichte über die armen Sünder /da der Knecht Kallias sich anfangs vor die Begnadung bedankete / und anzeigete / er hätte nie den Willen gehabt / solche Mordtaht zubegehen / aber sein Herr / dem es die Götter vergeben möchten / hätte jhn mit Gewalt und durch Bedräuung darzu gezwungen /daß er hätte müssen mit Hand anlegen / und jhm an die zwanzig fremde Gäste helffen ümbringen. Die Rahtsherren entsetzeten sich über solcher Bekåntnis /und wahr jhnen die erteilete Begnadigung schon leyd /welche sie doch Valikules zu Ehren nicht wieder auffruffen wolten / ward also dieser zu erst hingerichtet. Akusilaus gestund dessen Bekäntnis / baht sehr / daß die erteilete Gnade in jhrer Kraft verbleiben möchte /und fing zu der ümstehenden Bürgerschaft diese Rede an: Ihr Bürger von Korinth / die jhr zugegen / und abwesend seyd / wendet eure Augen her auf mich / und stellet euch den boßhaften mörderischen Wirt Akusilaus vor zum Beyspiel / daß jhr nicht dermahleins /wie er / des Henkers Schwert / als eine sonderliche Gnade euch selbst bitten dürfet. Die erste Grund Ursach aller meiner begangenen Boßheit ist / Hoffart /Wollust / und Faulheit; Meine Güter hatte ich in der Jugend verprasset / welche meine Eltern durch Mühe und Schweiß / ja auch wol durch Betrug und Vervorteilung[318] zusammen getrieben hatten / damit ich Lebensmittel haben möchte; jch wahr des Wollebens gewohnet / und hatte nichts gelernet wodurch ich mein Brod gewiñen mögen; so wahr ich auch guter Tage begierig / hatte aber den Beutel ausgeleeret / und wolte doch nicht Mangel leiden / daher suchte ich eine Räuber-Geselschaft / fand sie auch in dieser Stad an etlichen meines gleichen / und erhielt mich eine Zeitlang durch solche Untugend; endlich gedauchte mich diese Hantihrung zu grosse Gefahr auff sich haben /brachte auch nicht allemahl so viel ein als ich mir wol Hoffnung gemacht hatte / deswegen zog ich mich davon abe / und ward ein Gastwirt / nirgends anders ümb / als daß ich nicht mehr dürffte nach dem Raube ausgehen / sondern fremde Gäste mir denselben ins Hauß bringẽ möchtẽ. Dieses hat mir etliche Jahr geglücket / aber endlich sind meine Haus Götter solcher Untaht müde worden / und haben mich in dieser meiner Boßheit an das Tage-Liecht hergestellet. So sehet nun auff mich / Junge und Alte / damit jhr nicht mit mir vor der Welt zu Spot und Schanden werdet. Ihr Jungen / lernet beyzeiten etwas redliches / daher ihr euch ernähren könnet / und gewähnet euch nicht zum Müssiggange. Ihr Alten verzehret nicht mehr als jhr erwerbet / und lasset euch genügen an der Notturft. Ich weiß wol das es meines gleichen unterschiedliche in Korinth gibt / so wol nach meiner lezten als ersten Betreibung / und möchte wünschen / daß sie alle hie bey mir stünden den Lohn zuempfahen / damit die Stad von solchem Unflaht gesaubert würde; weil solches aber ein vergeblicher Wunsch ist / hoffe ich dannoch durch diese meine Vermahnung etliche von solcher Boßheit abzuzihen / und an meines Lebens Ende dem lieben Vaterlande einen guten Dienst zutuhn /vor die mir anjezt erzeigete Gnade. Das erschlagene fromme Weib liegt mir gewaltig auff der Seele / dann ich habe sie anfangs ümb die Ehre / hernach ümbs Leben gebracht / und hat sie mir es geweissaget / der almächtige Gott / der sie ümb jhrer Sünde willen in diese Noht gerahten lassen / würde meine Ubeltaht in kurzer frist an den Tag bringen / so daß mein eigen Maul mich verrahten würde; welches ich auch halte geschehen seyn / und Herr Amyntas leicht erfahren kan. Ich sage nochmahl / daß dieser Mord mir das Herz gewaltig drücke; aber mein lezter noch vielmehr / welcher dreyfach ist; dann wer kan es leugnen / daß ich nicht solte diese meine beyden Oheimbe / und diesen meinen frommen Knecht Kallias ermordet haben. Ich ich bin eine Ursach jhres Todes; jene beyden habe ich durch meine Lügen verleitet; diesen habe ich gezwungen übel zutuhn / dagegen er mich von anfang her geträulich von solcher Boßheit abgerahten / mir auch Mittel vorgeschlagen hat / wodurch ich mich ehrlich ernähren möchte; weil ich aber nicht habe folge leisten wollen / so trit her du Henker und erteile mir den Lohn / welchen ich doch vor die höchste Gnade erkeñe / so Zeit meines Lebens mir wiederfahren ist / dann ich habe über die 50 Menschen teils selbst ermordet / teils Raht und Taht darzu geleget. Wie es nach dem tode meiner armen Seele ergehen werde / muß ich gewärtig seyn / und wann alle von mir ermordete sich an mir rächen wolten / wie ich fürchten muß / werde ich des Leidens so viel finden /daß mir die Haar davor zu Berge stehen. Hiemit endigte er / setzete sich auff die Knie / und ließ sich einer Spanne kürzer machen. Amyntas ging nachge haltenem Gericht nach Hause / und erzählete seinen Gästen allen Verlauff; worüber Valikules seuffzete /und zur Antwort gab: O weh o weh dieser armen Seele des verzweiffelten Akusilaus! er hat sich vor die Seelen der von ihm[319] erschlagenen gefürchtet / welche ihn wol ungepeiniget lassen werden / aber der Gerechte Gott / mit welchem ihm das fromme / ohn zweiffel Christliche Gottselige Weib gedräuet / hat ihm andere Peiniger / die bösen Teuffel in der Helle zugegeben /welche ihm grössere Angst werden zubereiten / als Menschen Verstand nicht ergründen / und keine Zunge außsprechen kan. Des folgenden Tages bereiteten sich die Jünglinge zu der Reise nach der Stad Eliß / weil die Olympischen Spiele in derselben gegend gehalten wurden. Diese sind mit unter den ältesten ritterlichen Ubungen / deren bey den Geschichtschreibern meldung geschihet. Pelops / des Phrygischen Königes Tantalus Sohn / hat sie dem Jupiter Olympius zu ehren gewidmet / im Jahr nach erschaffung der Welt 2634 / da Ehud die Kinder Israel richtete; vor König Davids herschung 256 Jahr; vor zerstörung der Stad Troja 133 Jahr; vor erbauung der Stad Rom 564 Jahr; vor Christus unsers Heylandes Geburt 1314 Jahr. Und als sie mit der Zeit in abgang kahmen / erneuerten sie die Gebrüder Atreus und Thyestes / zum ehrengedächtnis des ersten Stifters Pelops / nachdem sie vor 95 Jahren den ersten Anfang genommen hatten. Uber 19 Jahr hernach ersetzete und bestätigte sie der Griechische Herkules Alkmenen Sohn / abermahl / wie vor ihm Atreus; sie fielen aber wieder / biß endlich im 427sten Jahr nach Herkules (wahr das andere Jahr nach Romulus Geburt) Iphitus sie dem Herkules zu ehren wieder anrichtete / von welcher Zeit her sie in steter Ubung geblieben sind. Sie wurden aber allezeit nach verlauff vier ganzer Jahr gehalten / und zähleten die Griechen ihre Zeit nach diesen Spielen in ihren Geschicht Büchern. Dasselbe / welches vor dißmahl solte gehalten werden / wahr von Iphitus her zurechnen / das 251ste Olympische Spiel. Die versamleten Jünglinge ehretẽ unsern Valikules auff der Reise nach vermögen / und hielten bey ihm an / daß er bey den Spielübungẽ sich mit finden lassen möchte; welches aber wieder sein Gewissen und Glauben lieff /massen er wuste / daß es den Heidnischen Götzen zu ehren angefangen wahr; entschuldigte sich demnach höfflich / einwendend / er währe in solchen Spielen nicht unterrichtet / hätte auch derselben teils wenig /teils gar nicht versuchet / daher wolte er diesen Plaz denen gerne gönnen / welche hoffeten daselbst Ehre zuerwerben; jedoch wegerte er sich nit / die Zeit des Feiers über / alda zuverbleiben / und der Lust zuzusehen / dann er vorlängst gewünschet hätte / des Spiels eigenliche Erkäntnis zu haben. Auff der Reise nach Elis sties ihnen nichts sonderliches zu / ohn als sie etwa noch anderhalb Meile dahin hatten / begegneten ihnen vier geharnischte Ritter / welche Valikules / ihn so zart und jung in seinem Harnische reiten sehend /mit höhnischen Worten zu Rede setzeten / wer ihn so kühn gemacht hätte / daß er einen Ritter Harnisch anlegen dürffen / und nicht / wie die andern Jünglinge in seinen Kleidern ritte. Denen er zur Antwort gab: Er hätte noch bißher seine Waffen mit Ehren getragen /vermeynete auch nicht / daß einiger Mensch in der Welt lebete / welcher Ansprach darzuhätte; und kähme ihm zumahl fremde vor / daß sie ihn als einen unbekanten dergestalt auff freyer Landstrasse rechtfertigten. Diese macheten sich näher zu ihm / und sageten mit spöttischer Rede: Sie wolten ihm die schwere Rüstung abnehmen / daß er nicht drinnen erstickete. Als auch einer ihm nach dem Helme griff / ihm denselben abzulösen / traff er ihn mit dem Schilde dergestalt vor das Maul / daß ihm die Zähne knirreten / und das Blut aus den Lippen hervor floß; ergriff darauff sein Speer von Gallus / und fragete[320] sie / ob sie Ritter oder Räuber währen; und da sie ihn keiner Antwort wirdigten / setzete er sich ins Feld / und rieff ihnen zu; dafern sie ihm wegen des angelegten Schimpffs nit wolten abtrag machen / solten sie sich vor ihm hüten. Diese hatten ihre Speer von den Dienern auch schon zur Hand genommen / und nach kurzem Zank / welcher unter ihnen den ersten Angriff tuhn solte / machte sich der dritte in der Ordnung hervor / traff mit Valikules / und ward von ihm dergestalt auff die Erde gesetzet / daß er im Falle das linke Bein entzwey brach. Der andere solches sehend / erschrak über seines nahen Anverwanten Unfall / und wolte ihn rächen; aber Valikules / der sein Speer annoch unzerbrochen hatte / begegnete ihm mit grossem Eifer / traff ihn auch so unsauber / daß ihm das Speereisen zur Helffte in den Leib ging / und er tödlich verwundet in den Sand stürzete. Als die beyden übrigen solches sahen /wahr ihnen das zittern nicht weit / sonderlich dem /welcher die erste Maulschelle davon getragen / und sich im Häupte nicht gar wol befand / setzeten deswegen zusammen / und wolten auff Valikules zurennen /welches Gallus zuverhindern bedacht wahr / und sich mit einmischen wolte / bekam aber von seinem Herrn Befehl / er solte sich an nichts kehren / und ging derselbe nach zubrochenem Speer mit entblössetem Degen ihnen entgegen / hütete sich auch / daß sie beyde fehl stechen musten / hingegen traff er den blutigen im vorüberhauen auf die rechte Schulder / daß derselbe Arm biß auff den Knochen abgehauen ward /und er selbst aus Ohmacht niderstürzete. Den lezten ermahnete er / sich zuergeben / oder des Todes zuerwarten. Weil nun derselbe der wehrhaffteste unter allen wahr / dauchte ihn die Bedingung zu herbe / zog von Leder / und erwehrete sich seiner Haut nach Vermögen / bekam aber nach kurzem Gefechte etliche tieffe Wunden / welche ihm an fernerer Gegenwehr hinderlich wahren / dessen Valikules doch nichts achtete / sondern ohn aufhören ihm so gedrange taht /daß er endlich suchete auszureissen / währe auch schier entwischet / wann nicht sein Pferd unter ihm gestrauchelt hätte / daß er drüber gar absatteln muste /da ihm Valikules so nahe auf der Haube wahr / daß er ihm den linken Arm fast gar vom Leibe ablösete / und der Verwundete mit einem harten Geschrey niderstürzete. Also lagen diese vier freche Trotzer im Felde /als währen sie mit der Schleuder dahin geworffen /und kunte ihrer keiner / weder sich selbst / noch den andern helffen / da dann Valikules sich weiter nicht an sie kehren wolte / sondern seine Geselschafft / welche XXXI Mann stark wahr / freundlich baht / sie möchten auff den fall / da es nöhtig seyn würde / ihm das Zeugniß geben / daß er aus Noht gezwungen währe / diesen Kampff anzugehen / dessen er viellieber hätte wollen geübriget seyn. Diese alle hatten sein Gefechte mit höchster Verwunderung angesehen /wünscheten ihm Glük zu seinem heldtähtigen Siege /und verfluchten den übermuht der nidergelegeten Ritter / ermahneten jhn zugleich / sie vollends hinzurichten / damit sie nicht schier heut oder morgen ihm mördlich nachstelleten; er aber gab zur Antwort: währen sie des Lebens wirdig / wolte ers ihnen gönnen /wo nicht / würde ihnen Gottes hand schon den Tod zuschicken / und zogen darauf ihres Weges fort. Nach verlauf einer guten halben Stunde stiessen ihnen drey andere Ritter auff / welche frageten / ob ihnen nicht vier Ritter mit so viel reitenden Dienern begegnet währen; Valikules antwortete freundlich: Ja / sie währen ihnen unlängst begegnet / und da es ihnẽ nit zuwider / möchten sie ihm unbeschweret anzeigen / was sie ihnen wolten. Es sind vier hochmühtige Trotzer /antwortete der[321] eine / und haben mir einen solchen Schimpff bewiesen / welchen ich mit diesen meinen Gehülffen suche zu rächen. Dieser Rache wird mein Herr nicht bedürffen / sagte Valikules / massen ich ihm darinnen zuvor kommen müssen / nachdem sie mir als einem unwirdigen meine Waffen abnehmen wollen. Was vor Hülffe hat dann mein Herr gehabt? fragete der vorige. Währen meine Herren so viel zeitiger kommen / antwortete er / hätte deren Beystandes ich mich höchlich zuerfreuen gehabt / weil ich aber gar allein in diesem Kampf gewesen / habe ich dem lieben Gott und meiner guten Sache trauen müssen /da mein Speer mich an den beyden ersten / und mein Schwert mich an den beyden lezten gerochen / daß sie übel verwundet und zubrochen im Sande liegen blieben sind / wo sonst ihre Diener sie nit in Gewahrsam führen. Die ganze Geselschafft bezeugete / daß es also ergangen währe; Worauff dieser zu Valikules sagete: Gott nehme euch / tapfferer Ritter in seinen Schuz / und müssen diese sehr glükselige und tugendhaffte Eltern seyn / welche einen solchen Held an diese Welt gezeuget haben; Jene freche Buben aber müssen mit dem Leben nicht davon kommen / wo ich sie sonsten noch ertappen kan / nachdem sie mich an meiner Liebesten und an mich selbst dergestalt beleidiget haben / daß sie mir nicht anders als mit dem Leben bezahlen können. Mein Herr / antwortete Valikules / ich bedanke mich beydes des Gottseligen Wunsches und des unverdienten Lobes / und verpflichte mich zu seiner Freundschafft und Diensten. Also ritten sie von einander / und renneten diese drey hin / die ihnen bezeichnete Wahlstatt zubesehen / funden die vier Diener in voller Bemühung / wie sie ihre hart verwundete Herren fortbringen möchten / welche in grossen Schmerzen lagen / insonderheit der ander /so mit dem Speer im Leibe verwundet wahr / als welcher schon mit dem Tode rang. Die drey Ritter jächeten alle Diener / dz sie mit blutigen Köpfen das Hasen-panier auffwurffen / macheten sich hernach zu den Verwundeten / und fragete sie der Beleidigte: was vor ein redlicher Zuchtmeister hat euch verlogenen gottlosen Schelmen den schändlichen Hochmuht und Frevel so statlich eingetrieben. O verzeihet uns / mein Herr / antwortete der zum ersten mahl verwundete / so wir euch heut und eure versprochene Liebste beleidiget haben / wovor wir dann Abtrag zumachen uns willig anerbieten / uñ erbarmet euch über uns / die wir von zehn Rittern ungewarnet überfallen und schelmischer weise also zugerichtet sind. O du verwägener Lügener / antwortete dieser; kanstu noch nicht auffhören großzusprechen / daß du dich über zehne beklagest / und ein einziger junger Ritter euch nach Verdienst geputzet hat / welchen du noch vor einen Schelmen ausruffen darffst / da er gezwungen hat müssen eine Noht wehre tuhn. Jedoch hättestu gestriges Tages samt deinen Gesellen dich an meiner Beschimpffung begnügen lassen / und der ehrlichen ädlen Jungfer geschonet / wolte in diesem euren Elende ich euch Hülffe zubeweisen / mich nicht wegern /aber der Geistliche und Jungfern schändet / ist beydes des Ritterordens und des Lebens unwirdig. Hieß darauff seinen Diener absteigen und die Rache volstrecken / welcher ihnen allen die Gurgel abstach / und sie also liegen ließ. Die eigentliche Ursach / daß dieser Ritter so eiferig verfuhr / wahr diese: Es reisete derselbe auff jenseit Elis gar allein / so daß er seine verlobete Braut eine Hochädle Tugendhaffte und schöne Jungfer neben sich auff einem Zelter führete / da er seine beyden Diener voraus nach der Stad hatte reiten lassen / ihm gute Herberge auszurichten. Diese vier Freveler begegneten ihm in einem lustigen Walde /[322] und gebohten der Jungfer / ihre Angesichts Verhüllung hinweg zu tuhn / und sehen zu lassen / ob dann ihre Haut so zart währe / daß sie vor der Sonnen Hitze müste verdecket werden; Ihr Bräutigam vermahnete sie / sich aller Tähtligkeit und Beschimpffung zuenthalten / und ehrliebende Jungfern ihres Weges reiten zu lassen; aber ehe er sichs versahe /macheten sich drey über ihn her / nahmen ihm Schild / Schwert und Helm / warffen ihn vom Pferde / und bunden ihm Hände und Füsse fest zusammen. Der vierde hatte sich inzwischẽ an die Jungfer gemacht /sie vom Zelter vor sich auff sein Pferd gezogen / das Angesicht ihr entblösset / und als er sie so zart und schön sahe / sich ungebührlich gnug gegen sie bezeiget; weil sie dann sich sträubete / und ein hefftiges Geschrey trieb / naheten die andern auch herzu / rissen ihr alle ihre Kleider biß auffs Hemde vom Leibe /legeten sie auff die Erde / und stäupeten sie mit frischen Ruhten / daß das Blut begunte hernach zufolgen / hernach schleppeten sie dieselbe fest gebunden samt dem Ritter ins Gehölze / und ritten der Stad zu. Nach ihrem Abschiede wirkete sich der Ritter loß /entband seine Liebste desgleichen / und dankete nebest ihr den frommen Gott / daß ihre Ehre noch unverletzet blieben wahr / funden ihre zerrissene Kleider am Wege / in welche sie sich verhüllete so best sie kunte / traffen ihre Pferde auch im Gehölze grasend an / denen die Zügel abgestreiffet wahren / die sie auch wieder funden / sich beritten macheten und nach der Stad zueileten. Ihre beyde Diener däuchte ihr aussenbleiben lange seyn / ritten nach bestelleter Herberge ihnen entgegen / und erfuhren / wie es ihnen ergangen wahr; worauff sie anzeigeten / daß sie solche vier Ritter hätten sehẽ zur Stad Elis einreiten. Also bemühete sich nun der Beleidigte nach Hülffe / traff zween bekante Ritter an / denen er den Schimpff klagete /und sie zum Beystand vermochte / da er dann die Rache / wie zuvor gemeldet / vollstreckete. Valikules ritte inzwischen mit seiner Gesellschafft fort / und als sie zu Elis ankahmen / musten sie sich in unterschiedliche Herbergen verteilen / weil sie mehrenteils schon bezogen wahren. Die Blume der Griechischen Ritterschafft wahr hieselbst versamlet / welche dem Spiele teils als Einverleibete / teils als Zuseher beyzuwohnen bedacht wahren. Es gingen aber daselbst mannicherley übungen vor; Etliche hielten einen Wette-lauff /welches nicht unlieblich zu sehen wahr; Andere befliessen sich die weitesten Sprünge zu tuhn. Dort wolte einer dem andern mit dem jähen Stein- und eisern Ballenwurff überlegen seyn. Hie traten unterschiedliche Kämpffer / wie sie das Loß gefüget hatte /mit Schwertern; dort mit Streitkolben zusammen / und teileten gute Püffe aus. Etliche wolten mit Ringen sonderlichen Preiß erwerben; andere rungen und fochten zugleich / die man Pankratisten nennete / weil sie alle Kräffte anwendeten / die sie hervor zusuchen wusten. Und diese übungen geschahen alle zu fusse /welche dann ihre gewisse Tage hatten. Nachgehends sahe man das Rennespiel anstellen / da man teils mit zwey / teils mit vier vorgespanneten Pferden den Wagen nicht allein schleunig fortzurollen / sondern auch artig zu wenden fleiß anlegete. Es funden sich über das Reuter / die den Pferdẽ den Zügel schiessen /und sie mit möglichster Schnelligkeit dem gestekten Zweg zulauffen liessen. Nach welchen Leibesübungen / andere ihrer Zungen Beredsamkeit hören zulassen aufftraten / welches Valikules dann insonderheit wolgefiel / weil ihn dauchte / er hätte aus dieser übung dißmahl den besten Nutzen gehabt. Der Preiß / welcher den Uberwindern ausgeteilet ward / wahr weder Silber noch Gold / noch einiges Kleinot / sondern nur ein[323] Kranz von grunen Oelzweigen / eines sonderlich darzu gewidmeten Baumes / dessen Blätter viel anders / als der andern Oelbäume / gestaltet waren; welche Vergeltung ihres wolverhaltens sie höher als allen Reichtuhm schätzeten / und ward des Siegers Nahme in ein Gedächtnis-Buch eingeschrieben / und ihm auch wol eine Ehren Seule auffgerichtet. Nach geendigten Spieltagen / wahr Valikules willens / sich auff die Reise zugeben / und sagete zu Gallus: Was rahtet ihr? gehen wir zu Lande nach Bisanz fort / oder setzen wir uns zu Korinth auff ein Schiff / und fahren alsbald den Morgenländern zu? Gallus antwortete: Mein Gn. Herr hat meines Rahts hierin nicht von nöhten; doch meine unvorgreiffliche Meynung währe /daß wir über Meer gingen / weil die Reisen zu Lande viel und mannicherley Verhinderungen geben können / und ein Ritter offt Anfall hat / wie solches Eure Gn. diese kurze Zeit her schon zur gnüge erfahren. Eben dieses / sagte Valikules / liegt mir auch im Kopffe /und sehe ich / daß die Rittersleute hier zu Lande ihnen die Freyheit suchen / fremde zubeschimpfen /deßwegen ich mich noch heut erklären werde / was ich tuhn wil. Es lag aber ein vornehmer Griechischer Herr / Nahmens Parmenio mit ihm in einer Herberge /welcher in des Persischen GroßFürsten Artaxerxes Kriegsbestallung war / von dem er grosse Gelder gehobẽ hatte / etliche Geschwader Griechisch Kriegsvolk zuwerben. Mit diesem währe er zwar sehr gerne fortgezogen / merkete aber an ihm eine sonderliche Ungewogenheit / und hatte albereit unterschiedliche Stachelreden bey der Mahlzeit von ihm eingefressen; doch / Ungelegenheit zuverhüten / sie allemahl neben sich hinstreichen lassen / weil er nicht mit Nahmen genennet wahr. Dieser Parmenio wahr sonst ein sehr verwågener handfester Ritter / und wolversuchter KriegsObrister / aber überaus ruhmrätig und stolz /der sich von seinen Dienern mehr als Fürstlich auffwarten und ehren ließ / und wahr übel zu frieden / daß ihm von Valikules / seiner Meynung nach / nicht Ehre gnug angetahn ward / welcher ihm doch mehr Höffligkeit erzeigete als er schuldig wahr / ohn / daß er ihn nicht seinen Gn. Herren nennete / noch ihm nach Willen redete / weil sein Gemüht viel zu ädel wahr /einem Tugendlosen Menschen zuschmeicheln. Als sie dieses Tages sich zu Tische setzeten / nam Parmenio seiner Gewonheit nach / ohn einige nöhtigung die Oberstelle ein / durffte auch die andern anfodern / wie sie sitzen solten. Es wahr ein ansehnlicher Rahtsverwanter / von Athen mit am Tische / dem gefiel Valikules sitsames Leben sehr wol / trachtete auch allemahl / ihm am nähesten zu sitzen / und durch vielfältiges fragen / gab er ihm offt Ursach zu antworten / welches er doch allemahl mit kurzen Worten taht. Parmenio führete stets das grosse Wort über Tische / und suchte allerhand Gelegenheit / ihn zubeschimpffen / welches er merkend / sich fleissig vorsahe / daß er seinen Willen nit füglich zu werke richten kunte; endlich fing jener eine Rede an von der jetzigen Jugend verwägener Kühn- und Grobheit / wie dieselben alte und hocherfahrne Leute wenig ehreten; meineten / ihr glatter Schnabel und unbärtiges Maul dürffte sich so wol hören lassen / als andere; uñ währe nunmehr so weit ko en / daß wann einer den Sattel beschreiten / und in ein Stük Harnisch sich verstecken lassen könte / er alsbald in den Ritterstand wolte auff genommen seyn / welchen er entweder mit Gelde /oder unzüchtiger Freundschafft erlangete / und könte mannicher zum feinen Manne und guten Landsknecht gedeien / wañ er der Jahre erwartete; weil man aber so zart und jung sich unter die scharffen Schwerter wagete /[324] würde ihnen das gelbe Haar darüber also gestrählet / daß sie vor grauen befreiet / sterben müsten / ehe sie recht angefangen zu leben. Niemand wahr über Tische / der nicht handgreiflich merkete /daß Valikules damit gestochen wahr / der sich doch nicht anders stellete / als ging: es ihn im wenigsten nicht an / und deßwegen mit seinem Beysitzer von Athen immerfort redete. Parmenio legete ihm solches vor eine blöde Furcht auß / sahe auch / daß keiner von den Anwesenden sich daran kehrete / sondern durch stille schweigen und ernsthafftiges Gesicht merken liessen / daß sie an seinen Reden gar keinen gefallen trugen; und dannoch wolte er nicht ablassen / sondern redete Valikules an / und sagete; junger Herr / von wañen seid ihr? Dieser sahe ihn zwar nicht saur / jedoch ernsthafftig an / und sagete: Mein Herr / ich bin vor weniger Zeit über Meer aus fremden Landen alhier angelanget / umb einen guten Freund zu suchen /welcher / wie ich berichtet worden / sich dieser örter auffhalten sol. Mein / antwortete Parmenio / ihr seid noch jung / und dürffet euch schon über Meer wagen /uñ unbekante Landschafften durchzihen? fürchtet ihr euch nicht / daß ihr euch in der Fremde verlieren möchtet? aber saget mir / da ichs wirdig bin / was vor eine Landschafft ist es / in welcher so herzhaffte und zierliche Jünglinge erzogen werden? Valikules sahe /daß er sich in die Harre mit Höfligkeit nicht würde schützen können / wolte doch so viel möglich / über sich gehen lassen / und antwortete auff solchen groben Spot: Mein Herr / ob ich irre ritte / müste ich des Weges bey andern nachfragen; meine Zierligkeit betreffend / ist dieselbe gar schlecht; jedoch bitte / wo möglich / mein zuverschonen / als der ich ihn im wenigsten nicht beleidiget / auch sehr ungerne mit jemand unwillen haben möchte. Dieser rede entrüstete sich jener / und sagte; feiner Herr / da ihr mein Diener währet; müstet ihr etwas mehr Höfligkeit lernen / sonsten würde ichs euch schwerlich zu gute hälten. Ja /antwortete er / alsdann müste ich mich freilich nach seinem Willen schicken / wozu ich ohn daß mich erbiete / so viel ohn Nachteil und Verkleinerung meiner Ritterlichen ehren geschehen mag. Parmenio fragete; ob er dañ sich wegerte / ihm zu dienen. Freundschafft Dienste / antwortete er / bin ich einem jeden schuldig / aber in Knechtschafft mich einzulassen / noch zur Zeit nit willens. Ich bin dessen zu friedẽ / sagte jener /dañ ich begere solches stolzen Dieners nit. Wol dann / antwortete er / so werden wir geschiedene Leute seyn / weil ich solchen Herren noch nie gesucht habe; daß er mich aber vor einen stolzen angibt / darinnen irret er weit. Hiemit wahr dem hochmuhtigen Freveler viel zu nahe getreten / brüstete sich demnach wie ein Pfau / und hies ihn die Pfeiffe einhalten / oder er müste sie ihm mit dem Prügel stopffẽ lassen. Welchen Schimpf er nicht anders empfand / als ob ihm ein Schwert durchs Herz gestossen währe; mässigte doch seinen Zorn / wegen der ansehnlichen gegenwärtigen Geselschafft / die er mit folgenden Worten anredete; Ihr meine Herren und werte Freunde; ich halte ja / daß Römische Käyserl. Hocheit dieses Orts gebührlich beobachtet werde; Und als sie solches mit Ehrerbietung bejaheten / fuhr er also fort: Nun bin ich aber ein Römischer Ritter / und von meinem allergnädigsten Käyser unter die höchsten Geschlechter zu Rom angenommen / darzu ädel / und rittermässig gebohren /habe auch / als lange ich das Schwert führen können /mich fleissig gehütet / niemand vorsezlich zubeleidigen. Was mir aber diese Mahlzeit über vor schmählicher Schimpf wiederfahren / beruffe ich mich auff meiner Herren Zeugnis. Zwar ich hatte mir steift vorgenommen / alles vorüber gehen[325] zulassen / so viel immer tuhnlich währe; weil ihr aber (euch rede ich an Parmenio) weil ihr mich als einen Sklaven mit Prügeln dräuet / ungeachtet ihr meines Standes und Wesens ganz unberichtet seid / ich euch auch durchauß nicht beleidiget habe / so schiebe ich alle eure außgelassene Schmähungen in euren Busem / begehre von euch Abtrag / und in dessẽ Wegerung fodere ich euch aus zum Kampffe / es sey in Kleidern oder im Harnisch; es sey zu Roß oder zu Fusse; daß ihr alsbald auff dem Plaze erscheinet / wo diese Tage die Spiele sind gehalten worden; daselbst wil ich euer wahr nehmen / wo ihr mir sonst nicht zuvor kommet / umb zuvernehmen / ob eure Tugend so groß als euer Hochmuht sey. Parmenio Lächelte hierüber / und fragete ihn / obs dann sein Ernst währe; er wolte nimmer hoffen / daß er so stränge mit ihm verfahren würde. Die Anwesende Herren bahten ihn / er möchte diesen jungen Herren nicht so gar hönisch halten / zumahl er Römisch währe / und sein Geld gleich andern verzehrete; es könte ihnen dermahleins zum nachteil gereichẽ / wañ sie darzu allerdinge würden stille schweigẽ. Gallus der mit zu Tische saß / hatte bißher noch kein Wort darzu geredet; als er aber vernam / daß andere sich mit einmischeten / kunte er länger nicht einhalten / und sagte zu Parmenio; höret ihr Großsprecher / ich bin schon vor XII Jahren ein Römischer Befehlichshaber unter einer Legion gewesen / und habe ohn Ruhm zu melden zehn Feldschlachten beygewohnet /noch schäme ich mich nicht / diesem meinen Gn. Herren aus freien Willen als ein Diener auffzuwarten /dem ihr dz Schwert nachzutragen nicht wirdig seid; und wolte Gott / daß ich meinem Gn. Herren vorgreiffen dürffte / ihr müstet mir diesen euren tolpischen Frevelmuht mit dem Leben bezahlen / oder mir daß meine nehmen. Valikules redete ihm ein; er solte sich des Streits nicht annehmen / uñ würde Parmenio ihn dessen kaum wirdigen / weil er kein Ritter währe; er selbst wolte sich schon bemühen / seine Ehre zu handhaben. Aber Parmenio nam Gallus erbieten willig an / und sagte; er selbst wolte ihn hiemit vor einen Ritter erkläret haben / und ihn vor einen düchtigen Kämpffer halten / weil er sich vielmehr schämen müste / daß er sich mit einen Unbärtigen jungen in Streit einliesse; währe ihm also lieb / daß ers mit einem Manne solte zu tuhn haben. Valikules nam diese Rede mit einer sonderlichen Freimuhtigkeit auff / und sagete; Parmenio / gebrauchet euch eures zungendröschens frey über Tische / seid ihr aber so kek /daß ihr euch auff dem Platze finden lasset / werde ich schon euch so nahe treten / daß ihr Ursach haben sollet beyder Fäuste zugebrauchen. Dieser Rede meinete Parmenio zu bersten / sprang hinter dem Tische auff und sagete; weil du junger Lecker dañ nit anders wilt / muß ich dich nach verdienst straffen; zohe gleich damit die Faust / und wolte ihn ins Gesicht schlagen. Er aber wiche ihm aus / daß er fehl schlug / und drüber hinter dem Tische etwas ausglitschete / dessen Valikules wahr nam / und ihm mit der lincken Hand eine Ohrfeige reichete / daß es im Gemache erschallete / und diesem der rohte Schweiß aus der Nase floß /daher er sich hinter dem Tische nicht anders geberdete als ein wilder Ochse / fassete das Messer / und warff es ihm nach / da er schon vom Tische auffgestanden wahr / fehlete aber / daß es nebenhin in die Stubenthür fuhr; worüber er sich hefftig eiferte / daß er zu ihm sagete; Du unbehöfelter Ochse / ist dieses dein ritterliches Fechten / daß du mit blossen Fäusten und Brodmessern umb dich schlägest und wirffest? zwar mir stünde frey / dir dein Messer durch den Wurff wieder zuzusenden / da ich dein gewißlich nicht fehlen[326] wolte / aber damit in solchem mördlichen Vorhaben ich mich dir nicht gleich stelle / soltu mir diesen Schimpff vor freier Faust bezahlen / wo ich lebe; ging hiemit nach seiner Kammer / und ließ ihm von Gallus die Waffen anlegen / aber das Pferd beschickete er selber / damit nichts daran versehen würde. Der Unhold tobete nach seinem Abtrit noch immerfort / und dräuete / daß er ihn durch seine Landsknechte in Stücken wolte zerhacken lassen; welches zween ädle Jünglinge / die mit ihm von Korinth kommen wahren / höreten / geschwinde hinlieffen / und es den andern ihren Gesellen sageten; welche dann alsbald ausgingen / einen bewehreten Hauffen zu Pferde zuversamlen / damit ein solcher überfall abgekehret würde. Etliche von denen wahren in einer Herberge / vor welcher Valikules vorüber reiten muste / sahen ihn mit Gallus daher kommen / und frageten / wohin er so eilig gedächte. Ihr meine liebe Herren und Freunde antwortete er; es ist ein verwägener hochmuhtiger Ritter in meiner Herberge / der mich ohn alle Ursach zuprügeln dräuet; mit dem werde ichs versuchen / ob ihm solcher Frevel in eine Reue könne verkehret werden. Diese bahten ihn sehr / ein wenig zuverzihen; ihnen währe bewust / daß Parmenio über LX neugeworbene Knechte in dieser Stad hätte; daß ihm nun von denselben keine Unredligkeit bewiesen würde /währen sie schon bemühet eine Schaar zuversamlen /die auf solchen fall ihm schutz halten könte. Er bedankete sich dieser Vorsorge / stieg derweile ab / uñ kehrete bey ihnẽ ein / da inzwischen die anderen nicht feireten / ihnen einen Anhang zumachen. Es wehrete nicht lange / daß Parmenio vorüber ritte / welchen Valikules durchs Fenster ersehend / zu den Anwesenden sagete: Was dieser hochmuhtige Ritter mir heut und etliche Tage vor Schimpff erwiesen / kan ich nicht sagen / und da ichs ungerochen liesse / dürfte ich mein Vaterland nimmer wieder betreten. Etliche so zugegen wahren / kenneten Parmenio / sahen Valikules traurig an / und gaben zur Antwort: Sie möchten wünschen daß ers mit einem andern zutuhn hätte /rühmeten zwar sein gutes Herz / aber dafern er diesen Ritter besser kennen solte / würde er zweifels ohn auff andere Wege sich mit ihm vergleichen. Der jungen ädelleute einer / der ihn zu Korinth und auff dieser Reise hatte kämpfen sehen / antwortete; Er vor sein Häupt kennete zwar den Parmenio nicht / doch zweifelte er an Herrn Valikules Siege so wenig / daß er 500 Kronen verwetten wolte / jener gleichete diesem weder an Kräften / noch an Erfahrenheit zu kämpfen. Der Wirt wahr ein haabseliger Mann / und sagte: wann Herr Valikules sichs nicht zum Schimpffe zöge / währe er willens die Wette in so weit anzunehmen /daß jener diesem in beyden Stücken zum wenigsten nicht ungleich währe. Valikules baht sehr / der erste möchte sein erbieten wiederruffen / mit anzeigung /wie sehr jhm solches zu wider währe; welcher aber sich daran so wenig kehrete / daß ers auff ein doppeltes setzete. Der Wirth nam es an / mit der Bedingung / daß er jhm Versicherung der Bezahlung schaffete /im falle er unten ligen würde; da Valikules zu dem Wettesetzer sagete; weil jhr dann so gute Hofnung zu mir traget / ob ich gleich weniger bin als jhr mich haltet / ich mich auch bloß nur auff GOtt und meine gute Sache verlassen muß / wil ich doch nicht / daß ihr meinetwegen in Schaden gerahtet / und setze euch daher ein Pfand vor / womit ihr auff mein Unverhalten werdet bezahlen können. Zohe hiemit ein köstliches Kleinot hervor / welches die Anwesende über 2000. Kronen schätzeten / und stellete es dem Wirt zu. Die gantze Gesellschafft wunderten sich sein / wünscheten jhm Heyl[327] und Sieg / auch selbst der / welcher die Wette wieder jhn auffgenommen hatte / und beteurete hoch / daß er lieber eins so viel verlieren / als jhm Lebens Unfall gönnen wolte; und die Götter / sagte er /wollen meinem Herren Glück verleihen / auff welchen fall er mir versprechen wird / heut mein Gast zu seyn. Valikules bedanckete sich dessen / und gab zur Antwort; es möchte Gott seinen gnädigen Willen schaffen. Weil auch die Jünglinge mit jhrer ansehnlichen bewehreten Gesellschafft verhanden wahren / setzete er sich zu Pferde / dankete jhnen höfflich wegen jhrer Gewogenheit / und folgete seinem Feinde gantz gehertzet nach. Als er nun mit Gallus auff das Feld kam / fand er so eine grosse Menge der Zuseher / dz er Mühe hatte hindurch zu brechen / dann es war die Fehde in der gantzen Stadt erschollen / und hatten sich nicht allein Männer und Knaben / sondern auch Weiber und Jungfern hinaus gemacht / die sonst bey den Olympischen Schauspielen / vermöge der Gesetzen / sich nicht durften finden lassen. Parmenio sahe jhn herzu nahen / schlug seinen Helm auff / uñ sagete überlaut: O jhr Götter / muß ich nun zu einem ewigen Schimpfe mit einem Jungen streitẽ / der mir seinen Frevel nicht bezahlen kan / ob er gleich zehn Hälse hätte! doch der Römische Nahme / welchen er vorwirft / machet / daß ich jhn meinen Stalbuben nicht unter die Hände geben kan. Sendete alsbald sei nen Reitknecht ab / uñ ließ jhm ansagen; weil er sich wirdig hielte / den Tod von eines Ritters und KriegsObristen Hand zuempfahen / dessen er doch zugering währe / wolte er ihm denselben bald mitteilen / durchaus aber zuvor mit Gallus ein Treffen tuhn. Wolan /sagte Valikules / reitet hin / und saget dem stolzen Narrn / mein Gallus solle jhm zuwillen seyn / das übrige wil ich mit der Faust beantworten. Gallus ward dessen froh / und höffete grosse Ehr einzulegen / welches er ihm nicht zutrauete / massen er wol sahe / daß er zu Pferde wenig geübet wahr; unterrichtete ihn deswegen in aller kürze / wie er sich verwahren / und in rennen sich verhalten solte; welches er fleissig in acht nahm / stellete sich mit frischem Muht gegen Parmenio / den er schon daher sprengen sahe / und brachte seinen Stoß wolan / vermochte ihn aber im Sattel /nicht zubewägen / da er doch hingegen unsanft ausgehoben ward / daß er im Falle einen Arm verrenkete /und an der Schulter etwas verwundet ward. Parmenio trabete hochmuhtig vorbey / nicht anders als hätte er mit einem Stosse sie alle beyde nidergeworffen / nahete sich zu Valikules / und sagete; Schelm / was gäbestu iezt drüm / daß ich dir Lebensfristung verhiesse /uñ wegen deines Verbrechens dich täglich zweymahl peitschen liesse. O du Hund / sagte Valikules / kunte vor Zorn kein Wort mehr sprechen / sondern warf das Speer von sich / weil er der Zeit nicht erwarten kunte /grif zum Schwert / und schlug mit solchen Kräften auff ihn loß / daß alle Zuseher sich der ungeheuren Streiche verwunderten. Dieser hatte sich des schnellen Angrifs nicht versehen / weil er aber ein streitbahrer Ritter wahr / verlohr er so bald das Herz nicht / sondern brauchte sein bestes / daß sie eine geraume Zeit einander ümtrieben / biß endlich Parmenio aus Müdigkeit etwas nachließ / und zu jhm sagete: Ich bekenne / daß ich dir ungleich getahn / in dem ich deine Manheit so liederlich geschätzet. Er aber antwortete: Trift dich die Furcht schon so zeitig / und ist kaum der Anfang gemacht! O nein! bitten ist zu früh / und reue zu spät. Darauff schlug er von neuen mit solchen Kräfften auff jhn loß / daß er mehr / sich zu schützen /als seinen Feind zuverletzen / fleiß anwenden muste /weil jhm schon etliche / wiewol geringe Wunden geschlagen / aber der Schild fast gar zerhauen[328] wahr /und nachdem er sich nicht getrauete / in die länge auszuharren / schwänkete er sich / uñ hieb seines Bestreiters Pferde die Sehne ab / am linken Hinterschenkel /daß es zur Erden stürzete / sein Reuter aber gleich damit herunter sprang / und zu ihm sagete: Du heilloser Tropf / da begehestu keine Ritterliche / sondern Meucheltaht / daß du mir das Pferd muhtwillig erlegest. Gallus hatte sich erhohlet / stund und hielt sein Pferd beym Zügel / und führete es seinem Herrn zu /welcher sich darauf setzete / und den Feind mit einem frölichen Geschrey angrif. Dieser sahe ihn kommen /getrauete sich nicht mit dem Schwert länger zuschützen / sondern ließ ihm sein Speer reichen / und sagete: Höre Ritter (wo vor ich dich nunmehr erkenne) ich muß dich mit dem Speer auch prüfen / nachdem ich halte / wir die Schwerter einer dem andern gnug haben zuerkennen geben. O du feiger Großsprecher /antwortete er / was vor einiges Zeichen hat dein Schwert dann wol gelöset? suchestu etwa ein wenig frist / daß wird dich gar nicht schützen. Jedoch daß du nicht gedenkest / ich fürchte mich vor deinem Speer /so halte dich nur wol damit / und gedenke nicht / daß wir beyde lebendig von diesem Platze kehren werden. Diesem kam die Reue gar stark / daß er ihn so schimpflich gehalten hatte; Weil es aber nicht kunte wiederbracht werden / muste er das äusserste dran setzen / legte das Speer ein / und hoffete damit seinen Feind zu fellen / weil er den Ruhm hatte / daß er nie aus dem Sattel geworffen wahr. Valikules begegnete ihm unerschrocken / da dann die Zuseher sich immerzu mehreten / und doch eine solche Stille bey jhnen wahr / daß jhrer keiner einigen Laut von sich gab. Unsere Kämpfer ranten aufeinand' / und ward Valikules auf die Brust getroffen / nahm aber keinen Schaden / weil der Stoß abglitschete; hingegen fassete er jenen gleich oben am Sattelknauffe / und warff ihn so ungestüm zuboden / daß er mühe hatte / wieder aufzustehen. Der Sieger sahe sich umb und ward gewahr /daß jener auf der Erden gestrekt lag / sprang auch vom Pferde / uñ weil Parmenio sich inzwischen auffrichtete / und zum Fußstreite sich fertig machete / trat er jhm nahe gnug / uñ sagete: Nun wirstu mir das Pferd nicht zum andernmahle niderhauen; fürchte auch nicht / dz du mir entlauffest. Damit schlug er so hurtig auf ihn / als hätte er noch keinẽ Streich geführet / und den Zusehern unschwer wahr / von dem Ausgange dieses Kampfs zuurteilẽ. Parmenio wendete allen fleiß an zuwiederstehẽ / aber es fiel ihm endlich zu schwer / weil er empfand / daß seines Feindes Kräfte je länger je mehr zunahmen. Weil er dann nicht wolte vor überwunden angesehen seyn / und gleichwol den Kampf gerne aufgeruffen hätte / sagte er zu jhm: Ritter / ich meine / ihr habt nicht Ursach / euch weiter in Lebensgefahr zuwagen / sondern nachdem jhr eure Manheit gnugsam erwiesen / spreche ich euch frey von diesem Streite / und nehme euch auff in die Zahl meiner guten Freunde. Haha du ruhmrätiger Narr / antwortete er; meinestu mir so zuentwischen? Schlug unterdes i er frisch auff ihn zu / daß er endlich gezwungen ward / hinter sich zuweichen / eilete auch mit gutem Willen hin / woselbst er den grösten Teil seiner geworbenen Knechte beyeinander sahe; uñ als er nahe zu ihnen kam / rief er; rettet euren Obristen von diesem Teufel / und hauet ihn kühnlich zustücken. Diese wahren nicht faul / traten auff den Kampfplaz / und wolten ihn überfallen; aber die Griechischen Jünglinge mit ihrem Beystande sprungen von ihren Pferden / mischeten sich mitein / und dräueten allen den Tod / die sich unterstehen würden diesen Kampf zutrennen; wodurch diese Knechte mit leichter Mühe abgetrieben wurden /[329] deren Valikules schon zween mit so viel Streichen nidergehauen hatte. Als Parmenio solchen Beystand seines Feindes sahe /merkete er / daß sein letztes Ende nicht ferne wahr /doch weil er sein Leben sehr lieb / und vor dem Tode ein grosses Schrecken hatte / sagte er: Trefflicher Ritter / ich meyne nicht daß unsere Feindschafft weiter als auff die Ehre des Sieges gehe; weil dann solche ich euch selber zuspreche / so lasset / bitte ich / euch damit begnügen / und rühmet / daß ihr den bißher steten Uberwinder überwunden habet. O du verzagete Memme / antwortete er / hat dich mein Schwert nunmehr ein wenig Bescheidenheit gelehret? jezt erzeigestu / wie wenig rechtschaffener Tugend dir beywohne / und dz dein ruhmrätiges Maul und blödes Herz nicht aus einerley Fleisch gemacht sey / sonsten stürbestu lieber redlich / als daß du schändlich zuleben suchest. Jedoch / hättestu noch zulezt nicht so gar bübisch gehandelt / indem du deine Schelmen-Knechte auff mich gehetzet / möchte ich aller vorigen Schmach vergessen / und mich über dich erbarmen / dessen ich nun keine Ursach habe / insonderheit wann ich bedenke /daß du nur zu meinem Verderben leben / und nit ruhen würdest / biß du mich meuchlischer weise hättest ermorden lassen. Parmenio verzweifelte wegen dieser Rede an seines Feindes Gnade / samlete alle seine Kräffte zusa en / und überfiel ihn mit solchem Wüten / daß seine gewogene etwas Hoffnung schöpften; aber es wehrete kurze Zeit / weil seiner Glieder Krafft durch das hefftige bluten hinweg geflossen wahr. Valikules hatte Verdruß / so lange Zeit mit ihm zuzubringen / lief ihm unter / fassete ihn beym Leibe /und warff ihn als einen Klotz zur Erden; und als er ihm den Helm vom Häupte gerissen / sagte er: Hinfort soltu keinen redlichen Ritter mehr beschimpfen. Dieser warff sein Schwert hinweg / und baht mit gefaltenen Händen umb Gnade / weil er sich über alle masse vor dem Tode entsetzete / und dabey fest angelobete /ihn nimmermehr zu beleidigen oder verfolgen; wodurch er sich bewägen ließ / daß er willens wahr / ihm das Leben zuschenken / schlug seinen Helm auff / und sagete zu ihm: Weil du dann den Tod höher als die Schande fürchtest. Indem er dieses redete / ward er gewahr / daß Parmenio einen kleinen Dolch heimlich hervor zückete / welchen er bey der Spitze fassete /und ihn denselben ins Gesicht werffen wolte; aber er kam ihn mit einem Streiche zuvor / mit welchen er ihm das Häupt von der Schulder schlug / und diese Worte hinzu taht; Wer solche Buben und Meuchelmörder leben lässet / versündiget sich an der Welt. Ihr aber / sagte er zu seinen geworbenen Knechten / da habt ihr eures Obristen Leichnam / dann nach dem Tode suche ich keine Rache mehr; darumb verscharret ihn in den Sand / weil seine verwägene Zunge ihn in Gefahr / und sein meuchelmörderisches Herz in den Tod gestürzet hat; sehet aber zu / dz ihr nach diesem ehrlicher handelt / als ihr bey mir zuhandeln willens gewesen seyd. Der grösseste Teil der Zuseher / insonderheit das Weibervolk / die sich über seiner Gestalt verwunderten / fingen ein Freudengeschrey an / wünscheten dem Uberwinder Glük / und freueten sich /daß die Götter den Hochmuht zu stürzen / sich offt selber im Streit finden liessen. Valikules bedankete sich des guten Willen gegen alle Anwesende / mit tiefgebogenem Häupte / setzete sich auff Gallus Pferd / und hies ihn Parmenions reiten; baht auch die Griechischen Jünglinge / mit ihm in seine Herberge einzukehren / und diesen Abend seine Gäste zu seyn. Aber der so die 1000 Kronen verwettet hatte / erinnerte ihn seiner getahnen Zusage / und führete ihn samt den Jünglingen in sein Haus / taht ihnen gütlich / und zahlete[330] die Wette willig aus / sprechend / es währe ihm leid / daß er eines solchen Helden Mannheit aus Unwissenheit in Zweifel gezogen hätte. Des andern Tages / weil er wegen Gallus Verwundung ohn das nicht reisen kunte / lud er diesen Mann neben den Jünglingen zu sich / und ließ nichts mangeln / kauffte hernach ein Pferd wieder / dem vorigen gleich / und schikte sich zum Auffbruche / da die ädlen Jünglinge /in der Stunde seines Abzuges einen ihres Mittels an ihn sendeten / und ihm folgendes Ehrengeticht einliefern liessen.


Pindarisches Lied.

Zum unsterblichen Ruhm der mannhafften Tugend des treflichen Ritters und Helden / Herrn Valikules.

Erster Saz.


Ihr Musen / die ihr auff dem Helikon

Der wahren Tugend Ruhm und Lohn

Zu tichten pfleget.

Besinget unsern Held /

Den das Olympsche Feld

Zun Wolken träget.

Last eure Seiten klingen /


Stimt eure Lauten an /

Die unsern Sinn durchdringen

Mehr als die Trummel kan.

Erkennet ihm den Dank

Der allerschönsten Tugend /

In welcher seine Jugend

Fest steht ohn allen Wank.


Erster GegenSaz.


Ja freylich! dem gebühret Lob und Preiß /

Der Tugendhafft zu leben weiß.

Ihm sol gelingen.

Dir O du Glückes-Sohn

Sol auff dem Helikon

Ein Ruhm-Lied klingen.

Wer üppigkeiten liebet


Empfähet dieses nicht /

Was unser Lob dem giebet /

Der in der Tugend Pflicht

Ohn Eitelkeit besteht;

Dann wer boßhafftig fähret /

Macht / daß er ungeehret

In Schanden untergeht.


Erster NachSaz.


Wer kan O Tugend dann

Dein Lob dir nach gebũhr

Mitteilen? Jederman

Such' alle Krafft herfür.

O Tugend! O dein klarer Schein

Läst seine Strahlen

Viel tausendmahl noch heller seyn /

Als Sonnen Pracht /


Die alles klarweiß kan bemahlen.

Dein wird gedacht

Selbst in der Götter Raht /

Die nichts als Tugend nur belohnen.

Ja wer die Tugend hat /

Kömt in der Götter Schaar zu wohnen.

Nun dann / so wollen wir dein stolzes Lob erheben /

Als lang uns unser Geist vermögen gibt uñ Lebẽ.


Anderer Saz.


Valikules / des Ritterstandes Ehr /

Führt seinen Degen / Schild und Speer /

Zu Troz den bösen.

Sein Vorsaz fähret frisch /

Daß er die Unschuld risch

Nur mag erlösen.

Er hat bißher der Frommen


Und ihrer Schwacheit sich

Geträulich angenommen.

Auff daß der Bosheit Stich

Sie nicht erwürge gar.

Des muß ihm hie auff Erden

Der schuldige Dank werden

Und bleiben immerdar.


Anderer GegenSaz.


Valikules / der teure Musen Sohn

Empfähet billich diesen Lohn

Von Phöbus Händen.


Den wird das falsche Glük

Ihm wol kein Augenblik

Mit recht entwenden.[331]

Sein Nahme sol stets blühen /

Sein Lob nicht untergehn /

Weil Musen Söhne zihen /

Er sol den Kranz schier sehn /


Der ihm bereitet ist /

Der ewiglich sol wehren /

Weil Vogel Körner zehren /

Und der Wolff Schaffe frisst.


Anderer NachSaz.


So recht! damit die Welt

Auch noch erkennen mag /

Daß Kunst auff Tugend hält /

Daß ihr ein lieber Tag

Gewidmet wird. Valikules

Hat wol gesieget /

Drum lebet er / da unterdeß

Der Praler fält /


Und hat sich in den Sand geschmieget.

O teurer Held /

Wir singen euren Ruhm /

Den ihr erstritten

Zu eurem Eigentuhm;

Habt ihr dann gleich den Hohn erlitten /

So ist er tausendfach durch eure Rach' ersetzet /

Dañ eure Tugend wird durch Pochers falergetzet.


Nach Verlesung dieses / bedankete er sich der unverdienten Ehre und gar zu hohen Lobes / das an seine Wenigkeit nimmermehr würde reichen können; befünde sich demnach gar zu hart verbunden / daß er nicht sähe / wie er so grosser Schuld sich loßwirken solte /insonderheit zu diesem mahle / da er gleich auffsitzen / und seinen nöhtigen Weg vor sich nehmen müste; Dafern ihm aber das Glük so günstig seyn würde /daß bey seiner Rükreise er sie antreffen möchte /wolte er seine Dankbarkeit nach vermögen sehen lassen. So bald dieser abgefertiget wahr / setzete er sich mit Gallus zu Pferde / nam seinen Weg nach Korinth zu / und hatte sich seinem GOtt diesen Morgen in fleissiger Andacht befohlen / weil ihm eine Schwermühtigkeit zugestossen wahr / deren ursach er doch nicht ersinnen kunte. Des Abends zuvor / ehe er sich auff den Weg machete / kam ein unbekanter Ritter in seine Herberge / und fragete den Wirt weitläufftig / ob ihm nicht bewust währe / wohin Valikules zureisen willens / und als er vernahm / daß er nach Korinth gedächte / sagte er: Weil sein Weg auch dahin ginge /währe ihm lieb / in dieses berümten Ritters Geselschafft zu reisen / und seine angenehme Kundschafft zuerlangen. Dieser nun / der sich von den unsern nicht hatte sehen lassen / nam des Morgens ihres ausreitens wahr / und folgete ihnen von ferne; erreichete sie doch zeitig / und indem er sich stellete / als wolte er vor über hauen / grüssete er sie freundlich / ward ihm auch von Valikules gebührlich gedanket / der ihn fragete / wohin er so eilig gedächte. Er zeigete an / daß er zu Korinth nöhtig zu verrichten hätte / und wann er wissen solte / daß sie einen Weg reisen wolten / bliebe er gerne bey guter Gesellschafft / da es ihnen nicht zuwider. Gesellschafft ist mir allemahl angenehm /sagte Valikules / und können wir also mit einander reiten.

Wir wollen sie aber zihen lassen / weil sie zu ihrem Unglük noch viel zu früh kommen / und uns nach Padua kehren / woselbst Ladisla mit schmerzen seines lieben Herkules Schreiben erwartete / und wehreten ihm die zehn Tage / die er dem Stathalter zu harren versprochen hatte / länger / als nie keine vorhin / ungeachtet sein liebes Gemahl ihm allerhand Kurzweil zumachen / und die Traurigkeit zu benehmen / sich äusserst bemühete. Als der zehnde und lezt versprochene Tag herbey kam / verfügete er sich zu seinem Schwager Fabius / und sagte zu ihm; Geliebter Bruder / ihr wisset / wie ihr mir verheissen / allen Vorschub zu tuhn / daß ich meinen lieben Herkules suchen / und wohin er seine Reise genommen / erfahren möge;[332] nun ist heut der lezte Tag unsers verzuges /und zweifele nicht / so viel länger wir uns auffhalten /so viel beschwerlicher unsere verrichtung fallen wird; Wann euch nun gut däuchte / wolten wir zwey starke Schiffe mit gutẽ Kriegsknechten besetzen / uñ unterschiedliche Wege vor uns nehmen; ich begehre vor mich kein grösseres / als welches 50 Kriegsknechte auffnehmen kan / dann hiemit werde ich das Meer desto geschwinder durchstreichen / und gleichwol in der Noht mich gnugsam zur Gegenwehr gebrauchen können. Fabius antwortete; Hochwerter Herr Bruder /unserer Abrede erinnere ich mich sehr wol / und hat mich die Zeit eben lange gedaucht / ehe sie verflossen ist. Der Vorschlag ist mir sehr angenehm / und bin ich willens / ein Schiff mit 100 Kriegsknechten außzurüsten / damit ich mich umb so viel sicherer in die wilde See wagen mag. Ich habe schon vor etlichen Tagen ans Meer geschikt / und können wir unter XXVgen die freie Wahl haben; sonst währen sie alle zu unsern Diensten. Nur eines besorge ich / wie eure Liebe von ihrem Gemahl wird Abschied erhalten / und werde ich mit meiner Ursul auch gnug zu schaffen haben. Mein liebes Gemahl / sagt Ladisla / wird sich hierin schon zu schicken wissen; werde demnach zuvor hingehen /und unserm Herren Vater ferner anzeigen / wessen wir gesinnet seyn; machten sich auch stündlich zu ihm hin / erinnerten ihn der genommenen Abrede / uñ bahten umb befoderung ihrer Reise. Dieser erschrak dessen; er wüste sich solcher Abrede durchaus nicht zuentsinnen / sondern hätte stets gemeinet / Leches und andere geträue Leute solten dem Fräulein mit einer Anzahl Schiffe nachforschen / und Herren Herkules zuhülffe geschicket werden. Ladisla aber antwortete; O mein Herr Vater / habt ihr dann die Gedanken fassen können / daß ich meinen Herkules von wegen meiner Frl. Schwester würde in der Irre herumb zihen lassen / und unbemühet bleiben / sie zu suchen / und ihnen mögliche Hülffe zuleisten? Solches kan ich euch nicht gänzlich verbieten / sagte er / nur daß zuvor von anderen Kundschafft eingehohlet werde / wo sie möchten anzutreffen seyn. Ja mein Herr Vater / antwortete er / wann jemand zu finden währe / der in Herkules Nachsuchung gedächte grössern fleiß anzuwenden /als ich / dañ so wolte ich mir diesen Vorschlag willig gefallen lassen; weil ich aber hieran sehr zweiffele /habe ich Dienst- und Kindlich zubitten / mich in meinem Vorhaben nicht länger auffzuhalten. Der Stathalter diesen Ernst sehend / und über die masse sehr betrübt / sagte zu ihm; O mein geliebter Sohn / wollet ihr dann von eurem Gemahl und von mir so schleünigen Abscheid nehmen? Herzlieber Herr und Vater /antwortete er; nicht Abscheid / als nur auff wenig Monat / welches er mir schon gönnen wird / weil ich lieber sterben / als meinen Herkules lassen wil. Ja mein geliebter Herr Sohn / sagte er; Schiffarten und Feldzüge stehen nicht in unser Macht / wie sie gerahten sollen. Ich leugne dieses nicht / antwortete er; aber hingegen haben die Götter in den grösten Nöhten auch die gröste Obacht über uns; so nehme ich ja diese Schiffart nit aus Leichtfertigkeit / sondern höchstgezwungener Noht vor / uñ dafern mein Herr Vater mich liebet / wird er ohn ferner einreden mein Vorhaben bewilligen. Wie aber / sagte der Alte /wann mein Sohn Kajus diese Mühe auff sich genommen hätte? Ich bedanke mich dieser väterlichen Bewilligung / sagte der Sohn / weil ich ohn daß Herren Ladisla versprochen habe / ihm in dieser Nachsuchung Geselschafft zu leisten. Der Vater währe hierüber fast niedergesunken und sagte mit traurigen geberden; sol ich dann meiner[333] beyden Söhne auff einmahl beraubet werden / so erbarme es die Götter. Aber Ladisla tröstete ihn / mit bitte / solche unselige Gedanken ihm nicht einzubilden; es hätten die Götter ihn nicht deßwegen aus so mannicher Noht und Gefahr gerettet / daß er in dieser geringeren verderben solte; währe demnach sein Vorsaz / so bald ein Schiff außzurüsten; so würde sein geliebter Bruder auch eines nehmen; wolten ihre Fahrt teilen / und mit der Götter Hülffe ihr Vorhaben bald zum Ende bringen. Ja wann es nicht anders seyn kan / sagte der Alte /muß ich mich wol gedulden; ihr werdet aber es noch acht Tage ansehen / weil die Schiffe vorher außgebessert / und alle Notturfft zum fügligsten muß herbey geschaffet werden; inzwischen möget ihr euch bemühen / eure Gemahlen zu bereden / daß sie damit friedlich seyn / oder nehmet sie lieber gar mit; dann ich wil die Gefahr zum andernmahl nicht stehen / die mir schon begegnet ist. Daß sey ferne / sagte Ladisla / daß mein liebes Gemahl dieser Gefährligkeit solte teilhafftig werden; viel lieber wil ich sie in mein Königreich senden / woselbst ihr nicht anders / als einer herschenden Königin sol auffgewartet / und von meiner Fr. Mutter alles liebes uñ gutes erzeiget werden. Ich stelle meiner Tochter frey / sagte der Stathalter / zu wählen was ihr gefält / nur daß sie mir dergleichen Auffzüge nicht mehr mache / wie bereit geschehen /da etwa eine wiedrige Zeitung entstehẽ würde. Ladisla bedachte sich / wie er von seinem Gemahl gute Einwilligung erlangen möchte / wolte sie doch desselben Abends nicht verunruhen noch betrüben / sondern da er früh Morgens mit ihr vom Schlaff erwachete /sagte er zu ihr: O mein allersüssester Schaz / bey welchem ich zu Leben und sterben begehre; ich habe eine Bitte bey euch abzulegen / welche meiner gänzlichen Hoffnung nach / ihr mir nicht versagen werdet. Fr. Sophia sahe ihn gar lieblich an / und begehrete / ihr mit solchem bitten zuverschonen / dann weil sie sein ehelich Gemahl währe / erkennete sie sich schuldig /ihm zugehorsamen. Ich nehme dieses Erbietẽ von ganzem Herzen an / sagte er / und zweiffele nicht / ihr werdet eine kurze Reise / die ich nohtwendig tuhn muß / euch nicht lassen zuwieder seyn / weil mir un möglich ist / dieselbe zurük zusetzen. Mein allerliebstes Herz / antwortete sie; meinet ihr / daß nicht vor acht und mehr Tagen schon / ich mich dieser Reise vermuhtet? ich weiß mehr als zu wol / daß ihr nit unterlassen werdet / euren Herkules zusuchen / könnet auch / vermöge eurer Freundschafft nicht wol anders /angesehen er ohn daß umb eurer Frl. Schwester willen aussen ist; deßwegen / wie herzlich gerne ichs gleich anders sähe / müste ich wol grob seyn / wann hierin ich euch wiedersprechen solte; reiset ihr nur in dem Nahmen aller Götter / und bringet euren Herkules neben dem lieben Fräulein bald wieder her; ja bin ich euch nicht hinderlich / so nehmet mich mit euch / es sey zu Wasser oder zu Land / es sey zum Leben oder zum tode / weil ich nunmehr mich also geschicket habe / daß ich der Götter Gunst und Glük nicht außschlagen / und ihre straffen / auch den Tod selbst geduldig leiden / und dawieder nicht murren wil. Ladisla hatte sich solcher angenehmen Erklärung nicht versehen / nam es vor ein Zeichen künfftigen glüklichen außschlages auff / und umbfing sie / sprechend: Mein außerwähltes Herz; niemahls habe ich einen grösseren Beweißtuhm eurer Liebe und träue gegen mich verspüret / als jetzo; daher verspreche ich euch / daß nach vollendeter dieser Reise ich mit willen ni ermehr von euch scheiden wil / biß der Tod den Riß machet: Mein Schätzchen / antwortete sie / jch nehme solches Versprechen an / uñ wil euch nicht verhehlen / warumb[334] ich in diese Reise so leicht willige; vor erst weiß ich / dz euch unmöglich ist / euren Herkules zu verlassen / der auch mir / nach euch / der liebste Freund in der Welt ist. Hernach würde ich mit meinen Trähnen und wiederspenstigen Bezeigungen euch nur betrüben / wo nicht gar erzürnen / welches ich nimmermehr zu tuhn gedenke. Endlich habe ich bey den Sternsehern mich des außganges dieser vermuhtlichen Reise erkündiget / und daneben die Götter nicht vorbey gehen wollen. Wisset ihr euch nicht zuerinnern /daß heut vor sechs Tagen ich einen fremden Mann /mit einem langen Rocke und Barte bey mir hatte / und durch Bitte bey euch so viel vermochte / daß ihr ihm eure Hand zeigetet / womit fast eine halbe Stunde hinging / und ihr schier unwillig währet drüber worden. Dieser hocherfahrne Handdeuter berichtete mich eures künfftigen ergehens in etwas / zeigete an / daß euch eine Reise zu Wasser und Lande bevorstünde / mit wunderbahrem Glük und Unglük vermischet / würde doch endlich zum gewünschten Ende außschlagen /und wären insonderheit die Ehren- und Glückes-Striche in euren Händen dermassen beschaffen / daß er deßgleichen nie gesehen / könte auch nicht fehlen / ihr müstet ein König seyn / oder schier künfftig ein Reich erlangen / weil er eine gedoppelte Kron in eurer Hand fünde. Ladisla gab auf solche Alfanzerey sehr wenig; weil aber sein Gemahl daher so gute Hoffnung geschöpfet hatte / wolte er nicht dawieder reden / sondern zu ihrem Trost rühmete er die Kunst / nam auch Gelegenheit daher / sie zuvermahnen / da ein falsches Geschrey seines Todes oder Unfalles entstehen würde / sich daran nit zukehren / sond'n Gott und seinem Glük zutrauen; ja weil er verstünde / daß sie auch die Götter mit ihrem Opfer versohnet hätte / möchte er gerne wissen / wz hofnung ihr dañenhero gemacht währe. Ich habe / antwortete sie / an unterschiedlichen orten grosse feiste Ochsen zum Opfer gegebẽ / uñ die Warsager-Priester bittẽ lassẽ aus dem Eingeweide uñ anderen zeichẽ zu erforschẽ / ob eine wichtige reise /welche schier dürfte vorgeno en werdẽ / glüklich ausschlagen / uñ das begehrte wieder gesunden / uñ erhalten werden solte; da ich dann von allen einerley Antwort bekommen; man hätte nach fleissiger Forschung erlernet / daß zwar ohn Gefahr und grosse Mühe diese Reise nicht seyn / aber doch einen gewünschten Ausschlag nehmen würde; und damit ihr sehet / sagte sie weiter / daß ichs nach Mögligkeit getrieben / wil ich augenscheinlich Zeugniß bringen; stieg hiemit aus dem Bette / und hohlete ein Zettel aus ihrem Handlädichen / legte sich wieder nieder / und sagete: hierinnen stehet ein Oraculum oder Göttliche Antwort / welche ich mit schweren Kosten zuwege gebracht; weil mirs aber zuverstehen noch zur Zeit unmöglich ist / wil ichs fleissig / biß zum Ausgange verwahren / ob ich alsdann bessere Erkäntniß daher nehmen möchte; gab es Ladisla / und baht / es bedachtsam und nachdenklich durchzulesen weil ihrem vermuhten nach etwas wichtiges darinnen begriffen währe / welches zum wenigsten die Zeit entdecken würde. Ladisla nam es zu sich / und fand diese Worte:


Der mischte Nahme wird an beyden Seiten müssen /

Eh daß er einfach stehe / im Vnglük zimlich büssen /

Doch Ehr und Leben bleibt / nur daß sich Glük und Stand

Gar krauß und bund verkehrt / eh das gewünschte Band

Vnd Rettung folgen kan. Die Sucher sind geschäfftig /

Gehn über Meer und Land / bemühen sich sehr hefftig

Durch Leiden und Gefahr; Der Himmel ist ihr Schild /

Da wo ihr Herz und Faust nicht wirket oder gilt.


Wie geht es hie so scharff! Wie manches Blut muß rinnẽ /

Wie mancher stolzer Held verleuret Krafft und Sinnen /

Eh alles wird volbracht! eh daß der grosse Schaz

Wird völlig ausgeteilt / und der genehme Plaz

Nach Wunsch erstritten ist; Das lezte dieser Sachen

Mag ich vor unmuht nicht den fragenden kund machen /

Weil es mir schädlich ist; nur dieses meng ich ein /

Sie werden nach der Angst und Arbeit frölich seyn.
[335]

Ladisla sahe diese dunkele Reimen etlichemahl gar fleissig durch / kunte aber den eigentlichẽ Verstand nicht fassen / und sagte zu ihr; was insonderheit alhie gemeldet wird / werden weder ich noch ihr / noch jemand anders errahten; aber dieses sehe ich gleichwol /daß wir / zwar nicht ohn Mühe und Gefahr / aber doch gleichwol hindurchkommen werden / welches mir auch gnug ist; es sey dann dieses alles ertichtet /wie man dessen wol Begebnissen hat / daß die geizigen Pfaffen sich eines Dinges ingeheim erkündiget /uñ hernach solche verschraubete Worte gesetzet haben / die einander nicht errahten / sie aber solche hernach ihres gefallens drehen und deuten können; jedoch kehre ich mich nicht groß daran; dann wie ich die Götter nicht verachte / also gläube ich nicht leicht / was in Göttlichen Sachen mit Gelde erkaufft wird. So wil ichs aber gläuben / sagte sie / weil es mich zum wenigstẽ in guter Hofnung erhalten kan. Ich muß euch aber / ehe wir die Federn verlassen / noch eins erzählen; ohngefehr vor zwo Wochen / hat sich ein treflicher Sternseher bey mit angeben lassen / mir meines Lebens-Laufs-Beschreibung / aus des Himmelswirkung herrührend / nach anleitung des Gestirns zustellen / und mein vergangenes und zukünfftiges Glük und Unglük anzudeuten. Ich hatte von diesen Leuten unterschiedlichemahl reden hören / da etliche ihre Kunst lobeten und vor gewiß hielten; andere aber sie verachteten und verlacheten; ließ ihn deswegen zu mir fodern / und begehrete / er solte nicht allein mir /sondern euch / Herrn Herkules / und Frl. Sibyllen die selbe stellen / wovor ich ihm wolte gerecht seyn. Er verhieß mir solches / begehrete aber zuvor unser aller Geburt-stunde / und den Ort zuwissen / da wir gezeuget währen; und als ich ihm solches nicht von allen sagen kunte / nam er einen Stab / machte einen Kreiß ümb sich / und murrete viel Dinges / kritzelte auch selzame Züge in den Sand. Bald stund er auff dem linken / bald auf dem rechten Fusse; hing den Kopff /rieb die Stirn; zopffete das Haar / und hielt sich einem Narren nicht ungleich; endlich däuchte mich / wie ich einen mit ihm reden hörete / dessen Worte er in ein Schreibtäfflein fleissig auffzeichnete / und sahe ich aus allen seinen Geberden / dz er ein Schwarzkünstler seyn muste. Da nun sein Affenspiel geendiget wahr /sagte er zu mir: Gn. Frau; ihr fodert auff vier Menschen / ihres Glüks und Lebens Bericht von mir: nun wil ich euch in dreyen gerne zu willen seyn / dafern mir die Mühe vergolten wird; aber mit dem vierden haben weder ich noch die Götter zuschaffen. Ich gab ihm zur Antwort: Der Zahlung halben solte er unbekümmert seyn / weil mein Geldbeutel zimlich groß und schwer wåhre; hoffete aber nicht / daß unter uns vieren einer solte gefunden werden / auf welchen die Götter einen Unwillen und feindlichen Zorn gefasset hätten; müste demnach wissen / wer unter uns gemeinet währe / sonst könte ich mich mit ihm in keine weitere Handlung einlassen. Dieser wahr willig es anzuzeigen / da ich ihm versprechen würde / es inwendig XII Tagen nicht zuoffenbahren: Und als ich ihm solches verhieß / berichtete er mich; Herr Herkules währe derselbe / von dem seine Götter ihm weder gutes noch böses anzeigen wolten. Ich ward hierüber sehr bestürzet / und baht ihn / mich zuberichten / auff was weise doch dieser fromme und meines wissens unschuldige Herr / den Göttern könte versöhnet werden; vermochte aber ein mehres aus ihm nicht zubringen / als daß er seinen Göttern hart angelegen / hätte doch nichts erhalten / ohn daß Herkules die Ursach schon wüste / uñ niemand besser als er selbst / es anzeigen könte / würde auch den ernstlichen Nachfragern es nicht verhehlen. Ladisla antwortete ihr mit[336] einem Lächeln; geliebtes Herz; ihr sollet euch in diesem falle wegen Herkules durchaus keine Gedanken machen; dann ich versichere euch / daß wie er dieses Sternguckers und Zäuberers Götter nichts achtet / sie ihm hingegen auch keinen schaden tuhn werden; dann er lebet nicht ohn Gottesfurcht / wie ihr wolgespüret /und ob er gleich alle andere Götter verachten würde /die wir ehren / halte ich doch / es sey ein ander Gott /der ihm Schuz hält / und sich seiner gewaltig annimt; dañ sonst könte es nicht möglich seyn / er müste schon vorlängst unter der Erde stecken. So irret auch mein Herr Vater nicht sagte sie / von dem ich neulich lauschend vernommen / daß er zu meiner Fr. Mutter sagete; es stünde ihm klärlich vor Augen / daß Herr Herkules ein Christ währe / massen man von ihm keine leichtfertige scherzrede hörete / ginge oft und viel in andächtigen Gedanken / höbe seine Hände auff gen Himmel / schlüge an seine Brust / und liesse sich in allem sehr Gottfürchtig merken; insonderheit währe er seinen Feinden zuverzeihen so willig / meidete allen überfluß in essen und trinken / und / welches allein Beweißtuhms gnug währe / hörete man ihn niemahls von Göttern / als von vielen reden / sondern nur von einem einzigen / welchen er den Allmächtigen nennete; nun ist mein Herr Vater der Christlichen Lehre eben nicht auffsätzig / sagte sie / wie ins gemein die Römischen Beamten sonst zuseyn pflegen /sondern kan sie wol leiden; verhindert auch ihre Verfolgung / als viel ihm möglich ist / weil er wisse / sagt er / daß die heimliche Unzucht und Schande / welche sie in ihren Versamlungen treiben sollen / von ihren widerwertigen ihnen aus Haß und Neid fälschlich auffgedrungen / und mit höchster Unwarheit nachgelogen werde. Ich wil euch auch unverhalten seyn lassen / daß meine Fr. Mutter in der Christlichen Lehre von jugend auff erzogen ist / und kam sie auff keinerley wejse davon gebracht werden / wie bund und wunderlich es mein H. Vater auch vor diesem versuchet hat; lässet ihr aber nunmehr ihren freyen Willen. Doch wird es in gröster Geheim gehalten; dann solte es auskommen / dürften bald etliche hinter meinem H. Vater her seyn und ihm als einem Christen Freunde zusetzen / daß er wol gar aus seinem Ehrenstande gehoben würde; massen die höchsten Nebenhäupter des Reichs diesem Glauben sehr zuwieder sind / und manniche Verfolgung / bald hie bald da anrichten / ob sie gleich der ietzige Käyser wol leiden kan. Ladisla antwortete ihr; Euer Herr Vater mag vielleicht es schier errahten haben / welches ich doch eigentlich nicht sagenkan; seine Eltern weiß ich wol / sind keine Christen / sondern diesem Glauben sehr zuwieder; wir beyde aber achten solches nicht unter uns / dann weil man des Glaubens halber nur den Göttern rechenschafft geben darf / sol es unsere Freundschafft nicht brechen; und halte ichs nach meiner Einfalt davor /die Götter werden sich aller deren ohn des Glaubens unterscheid erbarmen / die ein frommes unsträfliches Leben führen; wiewol mein Herkules gar einer wiedrigen Meinung ist. Aber daß ich auff eure vorige Reden komme; hat euch dann der Sterngucker den begehreten Bericht erteilet? Nein / sagte sie / er hat acht Wochen zeit bestimmet / und mir daneben angedeutet /daß inwendig solcher Zeit eine wundersame Verenderung bey uns sich zutragen würde / woran er dann nicht gelogen hat. Der Narr wird euch viel Fratzen bringen / sagte Ladisla / dem ihr ja nicht trauen dürfet; es ist aber Zeit / daß wir uns von dem Lager erheben / und ich anordnung zu meiner Reise mache. Nach eurem belieben / sagte sie; aber nachdem ich dieselbe so gerne bewilliget habe / wird mein Schaz mir diese Gunst erzeigen /[337] und etwa noch acht oder X Tage bey mir verharren / damit der gar zu schleunige Abscheid mich nicht zu sehr betrüben möge. Ladisla wuste wol / daß die Schiffe so geschwinde nicht kunten zugerichtet werden; versprach deswegen noch IIX Tage zubleiben; dessen sie sich höchlich bedankete. Gleich nun / da sie sich bekleideten / und ihr Gespräch hievon hatten; trat der junge Fabius zu ihnen ins Gemach / umb zuvernehmen / wessen seine Schwester sich wegen der Reise erkläret hätte. Ladisla fragete die Ursach seiner so frühzeitigen Ankunft / die er wegen der Schwester gegenwart nicht melden wolte; welches jener merkend / zu ihm sagete; da es etwa ihre Reise beträffe / möchte er kühnlich reden /nachdem sein liebes Gemahl schon gerne darein gewilliget hätte. Fabius ward dessen froh / und sagte: Ey so muß mir meine Ursul auch heute noch anders reden / und meiner lieben Schwester den Gehorsam ablernen; erzählete darauff / was Mühe er diese Nacht mit ihr gehabt / daß er schier närrisch drüber worden; insonderheit hätte sie ihre Wase Sophien beklaget / als welche keine Stunde leben würde / da sie vernehmen solte / daß Herr Ladisla eine solche Reise auf sich zunehmen gesinnet währe; und habe ich mich selber dessen nicht ein geringes befahret; weil ich aber deren guten Willen vernehme / wolle dieselbe ihr nur hart gnug zureden / dann sie wird sich hieselbst bald anfinden. Kaum wahr dieses geredet / da trat sie zur Tühr hinein / und da sie ihrer Wasen nahete / schossen ihr die Trähnen in die Augen; welche alsbald fragete / was ihr kümmerliches anliegen währe; Und als sie es nicht bekennen wolte / sagte sie; Ich zweifele nicht / ihr weinet darümb / daß mein lieber Bruder eine zeitlang von euch hinweg zihe wird / und ihr etliche Wochen oder Monat allein schlaffen sollet; seyd ihr dann in so kurzer Zeit verwähnet / daß ihr nicht mehr könnet ohn einen Beyschläffer seyn? Aber dz ich ernstlich mit euch rede; Ich hätte / geliebte Schwester / wol so viel / wo nicht eine gute Hand vol mehr Ursachen zu weinen / als ihr; Wann ich mich aber erinnere / daß ich meinem allerliebsten Gemahl zu gehorsamen schuldig bin / muß ich meinen Willen wol in den seinen schliessen / unter der Hoffnung / die Götter werden uns dereins wieder zusammen fügen /nachdem sie ihrer Versehung nach / uns gnug werden geprüfet und im Gehorsam bewehret haben; inzwischen wollen wir mit den Gedanken und stätem glükwünschen ihnen alle Tage folgen / ja ohn unterlaß umb und bey ihnen seyn / biß wir sie mit den Händen wieder erreichen / und mit beyden Armen umfassen können. Fr. Ursul hörete ihr mit Verwunderung zu /und entfielen ihr alle Reden / welche sie (unter der Hoffnung / diese würde mit ihr einstimmen) ihr vorgenommen hatte / ohn alle Scheuh heraus zustossen; endlich fing sie also an: Geliebte Schwester; ich bin von Jugend auff mit euch umgangen / aber in euren Sinn weiß ich mich so wenig zuschicken / als hätte ich euer gar keine Kundschaft; Vor X Tagen woltet ihr gar verzweifeln / daß ihr euren Ladisla in XXIV Stunden nicht gesehen; jetzo mahnet ihr ihn fast selber an / daß er von euch zihen sol / und wisset doch nicht / ob ihr ihn jemahls werdet wieder zusehen bekommen. Ach Schwester / antwortete sie / die Götter kennen mein Herz / und wie hoch ich wünsche / nimmermehr von meinem Liebsten getrennet zuwerden; aber was seyn muß / und von dem unwandelbahren Raht der Götter selbst beschlossen ist / dawider hilfft alles mein beginnen weniger / als wolte ich das überlauffende Meer mit einem Strohalm zurücke schlagen; geschweige / daß ich meinen Liebsten nur unwillig und betrübt machen würde. Fr. Ursul antwortete: Seyd ihr dann / Frau[338] Schwester / in der Götter Rahtstube gewesen / und habt daselbst ihren unwandelbahren Schluß von ihnen gehöret? Was saget ihr mir von der Götter ihrem Raht? Es ist eures Ladisla und meines Fabius freygewähl er Wille / sind vielleicht ihrer Weiber schon müde / und suchen eine Verenderung; sehet / das nennet ihr den Götter-Raht. Ihr Fabius gab ihr einen Wink / sich im reden zumässigen; aber sie sagte durre heraus / sie wolte und müste Herrn Ladisla die Warheit sagen / damit er sie nicht vor gar zu einfältig hielte; Dann ihr / ihr Herr Ladisla / sagte sie / seyd die einige Ursach / daß ich von meinem Liebsten mich muß trennen lassen; worüber sie hefftig anfing zuweinen. Er hingegen wahr so bestürzt / daß er ihr so bald nicht zuantworten wuste; Endlich sagte er: Die Götter wissen / daß ich euren Liebsten zu dieser Reise nicht beredet habe / sondern es ist sein freyer Wille / mit mir fortzugehen / wil auch gerne sehen / daß er seinen Vorsaz endere; mich aber betreffend / müste ich Ritters-Ehre unwirdig seyn / wann ich meine Frl. Schwester / so umb meinet willen in Räuber Hände gefallen ist / ungesuchet liesse / und mich gegen dieselbe träger und verzagter als mein Herkules / der nur ihr Oheim ist / bezeigete. Fabius ward auch ungehalten / uñ sagte zu ihr: dafern sie gedächte in seiner ehelichen Hulde zubleiben / solte sie sich in solchen Reden mässigen / sie würde sonst eines grössern übels Ursach seyn; dann könte sie sich nicht in güte lassen bereden / wie seine geliebete Schwester / würde er gezwungen / mit Unwillen von ihr Abscheid zu nehmen; sagte hernach zu Ladisla: Er wolte hingehen / und ihre Pferde satteln lassen. Als er hinweg wahr / fing Sophia an / ihre Wase zustraffen; es währe nicht das rechte Mittel / eines Ehegatten Huld und Liebe zuerhalten / wann man dessen steiffen Vorsaz durch noch steiffere Hartnäckigkeit zu brechen sich unterstehen wolte; so würden die Ritter offt durch Ehre gezwungen / etwas vorzunehmen / daß sie sonst wol unterliessen / und könte sie wol erkennen /daß ihr Gemahl schuldig währe / nicht allein seiner Frl. Schwester / sondern auch seinem geträuen und liebsten Freunde Herkules zu folgen. Da treffet ihr den rechten Zweg / antwortete sie / und hättet ihr ungleich besser getahn / sagte sie zu Ladisla / daß ihr euch mit eurem Herkules / als mit meiner Fr. Schwester hättet ehelich trauen lassen / weil ihr so gar von demselben nicht könnet geschieden sein / daß mich auch wunder nimt / daß ihr nicht mit Herkules und eurem Gemahl stets auff einem Bette schlaffet. Ladisla lachete darüber / wie ernstlich sie gleich solches vorbrachte / und sahe wol dz mit dieser aus Liebeseifer erzörneten Frauen nicht zu handeln wahr / biß der erste Schiefer würde vorüber seyn / daher gab er zur Antwort / er wolte seiner herzlieben Fr. Schwester dieses auff gelegenere Zeit beantworten / jetzo aber seinem Bruder Herr Fabius folgen. So gehet hin /sagte sie / und benehmet ihm den Unwillẽ / welchen er über mich gefasset hat. Ja gar gerne / antwortete er / wann sie nur den ihren von mir abwenden wil. Der wird euch zu nichts schaden / sagte sie / weil ihr ohn daß nur euren Spot damit treibet. Er entschuldigte sich dessen / boht ihr einen freundlichen Kuß / und ging hin / seine Waffen anzulegen / ritte mit Fabius nach dem nähesten Hafen des Adriatischen Meers / in welchem eine gute Anzahl Römischer Kriegsschiffe lagen / wähleten jeder eines daraus / welches ihm am gefälligsten wahr / und liessen sie iñerhalb sechs Tagen mit aller Notturfft versehen. Die Kriegs- und Ruderknechte wurden unter den versuchtesten ausgelesen / und wolte ein jeder diesen ritterlichen Zug mit tuhn. Des dritten Tages vor ihrem Abscheide / ritten sie aber hin / die[339] Schiffrüstung zubesichtigen / und da sie einen zimlichen Weg bey dem Meeres Ufer sich mit reiten erlustigten / begegnete ihnen ein alter Mann / welchen sie frageten / was er neues wüste. Dieser antwortete: es währe fider dem nähesten überfall der Meer Räuber stille uñ sicher gewesen. Was ist das vor ein überfall davon ihr redet? fragete Ladisla. Welcher vor XVI Tagen ohngefehr / von den Meer Räubern uns leider begegnet ist / antwortete der Alte. Ladisla sagte zu Fabius: gilt Bruder / dieser ist uns von den Göttern zugeschikt / uns etwz Nachricht zugeben / und hoffe / er solle uns ein besser Wahrsager seyn /als auff dessen Ankunfft mein Gemahl so grosse Hoffnung gesetzet hat; fuhr gegen den Alten fort / und forschete / ob dieser Räuberhauffe nicht gefangene Leute mit sich geführer hätte. Ja / sagte er / einen sehr schönen Jüngling und eine adeliche Jungfer; denen des folgenden Tages ein junger Herr im ledern Kleide / mit einem ansehnlichen Diener / der ein röhtliches Haar hatte / nachfolgete. Ladisla sprang vor Freuden vom Pferde / und sagte: Guter Freund / ihr müsset uns hievon etwas mehr sagen; dann dieses zuerforschen /sind wir ausdrüklich hieher ko en so lasset uns nun wissen / wohin segelten diese Räuber? Meiner Meynung nach / sagte er / richteten sie ihren Lauff straks in das Meer hinein / etwa an die äussersten Ende Griechenlandes / oder wol gar vorbey zu fahrẽ / welches ich daher muhtmasse / weil sie Barbaren / und aus den Asiatischen Morgenländern / ja wo ich recht habe / gar aus Parthen wahren. Freund / sagte Ladisla / könnet ihr dann die Parthische Sprache? Nicht gar /mein Herr antwortete er / sondern ich verstehe sie nur zimlich / weil ich vor diesem im Parthischen Kriege gedienet habe. Was vor Gelegenheit aber hatte der junge Herr / den Räubern zu folgen? fragete Ladisla weiter. Ich brachte ihn / sagte jener / auff ein Kauffmans Schiff / dessen er mich ehrlich lohnete; und dieses nam seinen Weg nach Griechenland / Handlung daselbst zu treiben. Ladisla gab ihm VI Kronen / und sagte: Mein Alter / währet ihr alsbald nach Padua kommen / und hättet dieses bey dem Stathalter gemeldet / wolte ich euch das beste Meier gut vor der Stad geschenket haben. Sie kehreten hierauff bald wieder umb / und berichteten den Stathalter / was sie erfahren hatten; Welcher daraus leicht abnam / was vor eine beschwerliche Nachsuchung diese seyn würde; Dann sagte er / wofern Herkules vorsezlicher weise sich heimlich halten wird / sollet ihr etliche Jahr zubringen / ehe ihr ihn auskundschaffet; dann Griechenland ist sehr weitläufftig / und die umbligende Eylande mannigfaltig. Die Götter mögen euch sonderlich führen / sonst sehe ich kein außko en. Uber das höre ich / er sey gewohnet / fremde Nahmen an sich zunehmen darumb fraget nit so viel nach / wie er heisse /als wie er gestalt sey / und sein Diener genennet werde. Jungfer Libussa wolte Herren Ladisla vor seinem Abscheide etwas Nachricht geben / und zeigete an / Fräulein Valiska liesse sich Herkuliskus nennen. Bey meiner träue / sagte hier auff Ladisla zu seinem Gemahl; diese Jungfer dürffte eine gute Dolmetscherin eurer verborgenen Reimen sein / und mich den Götter-Spruch in etwas treffen lehren; dann sehet den Anfang desselben / welcher also lautet: Der mischte Nahme; das ist / der vermischete; dañ aus Herkules und Valißka / ist der Nahme Herkuliskus gemacht; und wird er gewißlich es mit seinem Nahmen auch also spielen. Und zwar hieraus nahm er noch den grösten Argwohn / es müste eine vertrauliche Liebe zwischen ihnen beyden seyn / davon er nichts wüste. Vor seinem Abscheide redete er sonst mannicherley mit seinem Gemahl / schrieb auch an[340] seine Fr. Mutter und die sämtlichen Landstände; zeigete ihnen seine Reise an / und weil er nicht wissen könte / wie bald er dieselbe zum Ende bringen / und was ihm begegnen möchte / verordnete er / da die Götter verhoffentlich sein Gemahl mit Leibesfrucht gesegnet hätten / daß sie solchen künfftigen Erben ihnen solten lassen befohlen seyn / als dem nach seinem ableiben die Krohn Böhmen unstreitig zu stehen würde. Sein Gemahl solte auff diesen Fal in das Königreich nicht mit lediger Hand ko en / sondern über LXX Tonen Goldes hinein bringen; worauß sie gnug urteilen könten / daß er von der Krohn keines Unterhalts bedürffte. Als er diesen Brieff gleich versiegelt hatte / trat sein Gemahl zu ihm ins Gemach / und lieferte ihm ein Schreiben /welches von Rom an Herkules haltend / gebracht würde. Ladisla sahe des umschlages Aufschrifft / uñ erkeñete / dz ihn Sabinus ihr alter Wirt daselbst / geschrieben hatte; reiß den Umschlag davon / und lase die Auffschrift des ingelegten Briefes: Dem Durchleuchtigsten Fürsten und Herrn / Herrn Herkules / geborñe Großfürsten / meinem herzlieben Sohne. Er bedachte sich / ob ers brechen / oder ungelesen verschlossen lassen solte; endlich / weil er fürchtete / es möchte einer Antwort bedürffen / öffnete ers / und lase folgenden Inhalt: Herzlieber Sohn; dein Schreiben / neben dem übergemachten Beutpfennige / Pferden und Harnisch an deinen Bruder Baldrich / und Frl. Schwester Klaren / ist alles geträulich eingeliefert / und erfreuen wir uns deiner Ehr und Wolergehens; wundert auch deinen Herrn Vater nicht wenig / daß unsere Götter / die du so verächtlich hältest / dich so weit übersehen / und nach unser Pfaffen Dräuung nicht alsbald in die tieffste Pfütze alles Unglüks stürzen. O wie hermet sich dein Herr Vater / daß er dein / mit höchstem Schaden des ganzen Vaterlandes / entbehren / und seinen ärgesten Feinden / den Römern zum besten / dich so fleissig muß auferzogen haben. Sey ja vorsichtig / und laß dich von ihnen nicht auff dein Vaterland hetzen / dessen Verderben sie mehr als einigem Dinge nach trachten. Dein Bruder und Frl. Schwester grüssen dich herzlich / nebest freundlicher Danksagung vor das übergeschickete. Unsers Sohns Ladisla Heyraht komt uns allen sehr verdächtig vor / sehet zu / und vertieffet euch nicht zuweit mit den listigen Römern / welche unser Freyheit Stricke zulegẽ / nimmer auffhören werden / damit Kindeskinder nicht ursach haben / euch nach dem Tode zuverfluchẽ. Lebe wol / und grüsse deinen Ladisla. Geschrieben von deiner geträuen Mutter Gertrud / GroßFürstin der Freyen Teutschen.

Nach verlesung legte er den Brieff in seiner Gemahl Gegenwart wieder zusa en / und damit er ihr keinen bösen Argwohn machete / sagte er; es würde bloß nur vor dz übergeschikte nach Teutschland / gedanket / und währe von Herkules Fr. Mutter geschrieben; redete nachgehends mit ihr von unterschiedlichen Sachen / und versprach ihr / innerhalb sechs Monaten auffs längste / sich zu Padua wieder einzustellen /oder wegen seines außbleibens schriftliche Anzeige zu tuhn; würde sie dañ unterdessen von Herkules oder seiner Frl. Schwester / Zeitung haben / solte sie solches an Sabinus nach Rom schrifftlich gelangẽ lassen / der ihm solches auff Begebenheit zusenden würde; dann weil von allenthalben her nach Rom Botschafften gingen / wolte er dahin an obgedachten Sabinus offt schreiben / da er nicht inzwischen seinen Herkules solte außforschen können. Sie verhieß ihm alles fleissig in Obacht zu nehmen / und hoffete zu den Göttern / es würde auff jetzige traurige Scheidung eine abermahlige / und zwar bestendige zusammenfügung erfolgen. Aber eines Bitte ich sehr / sagte sie /mir in Vertrauen zu offenbahren; hat Herr Herkules sich mit euer Frl. Schwester ehelich versprochen / so verberget es nicht vor mir / weil ich nicht ohn Ursach darnach frage. Gewißlich mein Schaz / antwortete er /ich weiß hiervon durchauß[341] nichts mehr / als was ich beginne zu muht massen; möchte auch von herzen wünschen / daß etwas daran währe / dessen ich doch keinen Grund zu finden weiß; es währe dann / daß vor zwey Jahren sie ihre Sachen mit einander abgeredet hätten / wovon aber meine Fr. Mutter eben so wenig weiß als ich und ihr; so hat mein Herkules mir dessen nicht die geringste Anzeigung getahn / welches mir den grösten Zweiffel verursachet / inbetrachtung / er sehr wol weiß / das beydes ich und meine Fr. Mutter sie niemand in der ganzen Welt lieber gönnen / als ihm; doch habe ich numehr Muhtmassung gnug / dz meine Frl. Schwester eine Liebe zu ihm trage / und ihr nicht geringe Hoffnung mache / ihn zum Gemahl zu beko en. Aber mein Herz / saget mir doch / warumb ihr so fleissig hiernach fraget. Fr. Sophia lachete / und gab zur Antwort; mir solte gleich so wol als euch nichts liebers seyn / wann diese Heyraht vorwähre; jm widrigen gönnete ich ihm keine lieber / als meine geliebte Schwester Frl. Sibyllen. Mein liebster Schaz /sagte er / so bald uns das Glük zusammen bringet /wil ich mich dessen bey ihm erkündigen / auch auff wiedrigen Fal allen fleiß anwenden / euer Vorhaben zubefodern / wie wol dem lieben Fräulein keine Hoffnung zu machen ist / dann ich gar nicht zweiffele /daß wo er meine Frl. Schwester in der Wilden fremde erretten / und in seine Gewarsam überkommen wird /dürfften sie noch wol schliessen / was annoch ungeschlossen ist. Der junge Fabius kam gleich darzu /und meldete / daß die Schiffe fertig stünden / und ein sehr guter Wind ihrer wartete; deßwegen ließ Ladisla seine Leibgutsche bringen / auff welche er sich mit seinem Gemahl setzete; Fabius wahr mit seiner Ursul auch auff einer allein / die sich nunmehr eines bessern bedacht / und in sein Vorhaben eingewilliget hatte; auff der dritten wahr der Stathalter und sein Gemahl /und auff der vier den Frl. Sibylla und Jungfer Libussa / als welche ihnen das Geleite biß an die Schiffe gaben. Klodius ritte zu Ladisla an die Gutsche / uñ bat sehr / ihre Gn. möchte ihn mit auf sein Schiff nehmen / dann da er mit Herr Fabius fahren solte / fürchtete er sich / es möchte ihm dereins zu Häupte steigen / daß er ihn ehemahls so unbedachtsam außgefodert; versprach auch / sein Leib und Leben bey ihm willig auffzusetzen; bekam aber zur Antwort; er solte sich deßwegen gar nicht bekümmern / weil er so wol ihn als Markus der Dienste zu erlassen gesinnet währe /daß sie hinfüro ihres Willens leben solten / und nicht destoweniger vier Jahrlang ihren volkommenen Sold empfangen / als ob sie wirklich dieneten; befahl auch seinem Gemahl / dessen eingedenke zu seyn. Er aber ward wegen solcher Antwort sehr betrübet / und zeigete mit traurigen Geberden an; er und sein Spießgeselle Markus wolten nit hoffen / so unträulich gedienet zuhaben / daß sie dergestalt auff stehendem Fusse solten beurlaubet werden; bähten demnach untertähnigst / da sie in vorigen Diensten nicht könten gelassen werden / sie nur vor Schiffsoldaten zubestellẽ /weil sie durchaus nicht bedacht währen / ihre Herren vor Außgang der versprochenen Jahre zuverlassen / es währe dann / daß dieselbe sich vor der Zeit in sicherem Stande befünden / und ihre Herschafften anträten. Wolan / sagte Ladisla / weil ihr so redlich seid; und euren Herren zu Liebe / viel lieber die Gefahr wählen / als auff euren Gütern in guter Ruhe sitzen wollet / so sol euch hinfüro euer Monatlicher Sold doppelt außgezählet werden; und wer weiß / womit ihrs verdienet / daß euch alle vorgeschossene Gelder gar geschenket werden? Klodius entschuldigte sich / es håtte diese Meynung nicht; die schon erzeigete Gnade und Woltahten währen ohn dz[342] viel wichtiger / als sie Zeit ihres Lebens ersetzen könten; Und weil Ladisla wol erkennete / daß dieser gnugsame Ursach hatte / sich Fabius Geselschafft zu entäussern / wiewol ihm derselbe von herzen gewogen wahr / behielt er ihn bey sich / und ordente Leches und Markus auf Fabius Schiff / der sie willig und mit Dank annam / auch alsbald Leches zum Befehlichshaber über das ganze Schiff / und Markus zum Häuptman über die Kriegsknechte ernennete / jedoch dz dieser Leches Befehl gehorsamen solte. Ladisla gab Klodius auch die Häuptmanschafft über sein Schiff / und wahr ihm sonderlich liebe / daß er schon vor dieser Zeit zur See gefahren / und ihm die Griechischen Meerhaffen und vornehmsten Eyländer bekand wahren. Als sie dem Meer naheten / und die auff dem Schiffe ihrer ansichtig wurden / liessen die Boßknechte samt den Soldaten einstarkes Freudengeschrey gehen / und hiessen ihre Herren mit den Trometen wilkommen. Der Stathalter lies alle Schiffknechte und Soldaten schwören / dem Römischen Reich geträue zu seyn / und diesen ihren beyden Obersten allen Gehorsam biß in den Tod zu leisten. Es wahren alle außerlesene Knechte / und des Meers überal erfahren / unter denen eine zimliche Anzahl ädler wahren / welche sich unterhalten liessen / in diesem löblichen Zuge etwas zu sehen. Am Ufer des Meers nahmen die Söhne vor erst Abscheid von ihren Eltern / und befahlen sich ihrer steten Gunst und Liebe. Fr. Pompeja kunte vor betrübnis kein Wort reden / sagete endlich mit vielen Trähnen; der almächtige Gott Himmels Erden und Meers sey euch gnädig; der schütze / leite und führe euch / daß ihr nach wol verrichtetem Vorhaben frisch und gesund wiederkommet / und nach dieser Bekümmernis die euren wieder erfreuet. Hernach trat Ladisla zu seinem Gemahl / uñ in dem er sie anreden wolte / belieff ihm das Hertz / daß er kein Wort sprechen kunte; ermannete sich doch bald / und mit einem lieblichen umbfahen sagete er; Mein außerlesenes Herz / ich hoffe euch ehe wieder zu sehen / als ihr möget Glauben haben; unterdessen befehle ich euch dem Schuz aller Götter / zweiffele nicht / ihr werdet meine geträue Liebe allemahl im frischen Gedächnis führen und verwahren. Sie hingegen empfand solche innigliche Schmerzen in ihrer Seele / daß ihr nicht anders zu muhte wahr / als solte ihr das Herz im Leibe bersten; endlich brachen die Trähnen häuffig loß / wodurch sie etwas Lufft bekam / daß sie antwortete: O mein außerwählter Schaz / an dem ich alle meine Wollust und Ergezligkeit habe; ich bitte euch herzlich und umb unser Liebe willen / waget euch nicht zu kühn in Gefahr / und ohn Beystand; und da euch andere umb Hülffe ansuchen / so entbrechet euch dessen / als viel ritterliche Ehre immermehr zulassen kan / in betracht / daß ihr nicht allein der eure / sondern auch der meine seid. Schreibet mir ja bald / wann ihr an Land kommet / oder euch ein Schiff auffstosset welches dieses Orts anländen wolte / und seid dem Schuz aller Götter befohlen. Sehe ich euch wieder / so bin ich vergnüget; wo nicht / muß ich gedenken / ich bin eines so grossen Glüks nicht wirdig gewesen. Mit diesem Wort fiel sie in Ohmacht nieder zur Erden / daß das Frauenzimmer herbey zu treten / und sie zuerquicken genöhtiget ward. Ladisla erinnerte sie ihrer bißher erzeigeten und so teur angelobeten Beständigkeit /welche sie nicht beyseit setzen / sondern eine geringe Wiederwertigkeit geduldig außhalten möchte; worauff sie sich erhohlete / küssete ihn freundlich zur Glükwünschung einer guten Reise / und sagte; Nun so fahret unter Glücks begleitung / und eilet mit eurer Wiederkunfft / damit dieselbe grössere Vergnügung /als der Abscheid[343] Schmerzen bringe. Stieg hiemit auff ihren Wagen / und nam Sibyllen samt Libussen zu sich. Diese lezte nun wahr diese Tage über von ihrem liebstẽ Leches so wol bedienet / daß sie etlichemahl vornam / sich mit ihm auff den Weg zubegeben /unter dem Schein / als wolte sie dem Fräulein folgen; dann es ging ihr hart ein / ihn so bald von sich zihen zu lassen; jedoch umb verdachts willen zohe sie sich allemahl wieder zurücke. Leches hielt unterschiedlich bey ihr an / das Beylager vor ihrer Reise zuvolstrecken / kunte es aber nicht erhalten / sondern bekam diese Zusage: so bald ihn die Götter glüklich wieder zu Lande bringen würden / solte in sein Begehren unwegerlich eingewilliget werden; womit er sich sehr ungern abspeisen ließ. Der junge Fabius / da er von seinem Gemahl / die sich kaum wolte trösten lassen /Abscheid genommen hatte / trat hin zu seiner Schwester an die Gutsche / gesegnete sie / und befahl sich ihrer Schwesterlichen Gewogenheit / mit Bitte / sie möchte sein Gemahl nicht verlassen / sondern sie in ihre Geselschafft auffnehmen. Sie hingegen vermahnete ihn träulich / der guten Vorsichtigkeit sich zugebrauchen / und allerunnöhtigen Gefahr müssig zu gehen / damit er durch seine gesunde Wiederkunfft die seinen ingesamt wieder erfreuen möchte. Darauff liessen sie ihre Pferde zu Schiffe bringen / und weil das Weinen Zeit ihrer Gegenwart bey dem Frauenzimmer nicht nachlassen wolte / eileten sie nach den Schiffen / hiessen die Anker lichten / und die Segel auffspannen / wünscheten allen hinterbleibenden glükliches Wolergehen / und fuhren frölich davon /liessen auch die Tromete blasen / als lange sie die ihren am Ufer sehen kunten; welche die Seekante auch nicht verlassen wolten / so lange sie die Schiffe im Gesichte hatten; hernach kehreten sie umb / und fuhren in grosser Traurigkeit nach Padua / da Fr. Sophia erst bereuete / daß sie bey ihrem Gemahl nicht fleissiger angehalten / sie mit zunehmen; und hätte sie ohn zweiffel ihr Leben durch grämnis geendet / dafern die stete Geselschafft Frl. Sibyllen und Jungfer Libussen nicht gewesen währe; dann diese insonderheit kunte ihr so lustige Schwänke vormachen / daß sie darob sonderlichen Gefallen trug / und ihr vornahm / sie nimmermehr zu verlassen. Ladisla hatte mit Fabius Abrede genommen / er wolte etwas nidriger Nordwarz an Griechenland fahren / und möchte er sich besser nach Suden in einem Hafen des Landes Peloponnesus anfinden. Sie hatten beyderseits ungemässigte schrifftliche Volmacht / als Römische Gesanten bey sich /denen allenthalben / wo Römischer Nahme gültig /auff begehren solte gewilfahrt werden / welches vor Römischer Käyserl. Hocheit allemahl zuverantworten / sich H.Q. Fabius als Stathalter / in solchen Briefen erboht. Ehe und bevor diese beyden Schiffe sich scheideten / sahen sie von ferne drey auff dem Meer hin und wieder schwebende Schiffe / welches ihren Steurmannen verdächtig vorkam / insonderheit / weil sie keine Flaggen bey ihnen sahen / aus welchen sie hätten urteilen mögen / was vor Leute oder Landesart sie währen / daher sie solches ihren beyden Herren anzeigeten / welche ihre Kriegsknechte hiessen das Gewehr fertig halten / und auf Begebenheit ihren Führern frisch nachsetzen; sie hielten vor gut / daß ihre Schiffe nahe bey einander bliebẽ / damit nit etwa eines von jener zweien zugleich angetastet würde. Als sie näher zusa en kahmen / sagte Fabius Schifman; ohn Streit werden wir diesen nit entweichen / dañ ich sehe / daß es Pañonische Schiffe sind / welche uns Römern mañichen schadẽ auf dem Meer tuhn / wañ sie gelegẽheit darzu haben. Ladisla ward dessen auch berichtet / daher sie ihrer Schanze um[344] so viel fleissiger wahr nahmen. Nu hatten jene nicht allein die unsern sehr früh ins Gesicht bekommen / sondern auch oben von den Mastkörben ihre Flaggen / daß sie Römisch wahren erkennet / und weil sie auf jedem Schiffe 80 bewehreter Mann hatten / auch bald inne wurden daß die unsern bey weitem nicht so stark währen /nahmen sie ihnen vor / sich ihrer zubemächtigen /nicht allein daß sie ihren damahligen öffentlichen Feinden abbruch tuhn / sondern auch verhoffentlich gute Beute erstreiten möchten; und damit den unsern bald anfangs eine Furcht eingejaget würde / stelleten sie alle ihre Volker oben auff die Schiffe in gute Ordnung mit vollem Gewehr / sendeten bald darauff in einem Jagtschiffe an sie / mit befehl / ihr Gewehr niderzulegen / alle Güter so sie bey sich führeten / ihnen als ihr eigen Gut zuliefern / und sich selbst ihnen auff Gnade und Ungnade zuergeben. Ladisla ließ den Abgeschikten anhalten / und nach kurzem Kriegsraht sendete er einen verständigen Bootsknecht ihnen wieder zu / welcher nach kurzer Wiederhohlung / was an sie geworben wahr / diese Antwort geben muste. Meine Herren in jenen beyden Schiffen / so ädle Römische-Ritter sind / des Vorhabens ohn einiges Menschen Beleidigung nach Griechenland zusegeln / begehren von euch zuwissen / was vor Leute ihr seyd /von wannen ihr kommet / und welcher schändliche Frevel euch muhtige / ein solches Begehren an sie abgehen zulassen / welches nicht menschlich / sondern viehisch / ja recht teuflisch ist / behalten ihnen auch vor / es gebührlich an den Redlensführern zurächen. Der Häuptmann des ersten Schiffes sagte darauf mit einem Gelächter; die Antwort wollen wir ihnen geben / doch nicht / daß sie dieselbe hören / sondern mit betrübeten Augen sehen sollen; hieß auch ohn ferneres Bedenken diesen Bohten an den Mastbaum aufhenken / und zwar mit dieser Trostrede; weil seine ganze Geselschaft doch sterben müste / solte er die Ehre haben / der erste zuseyn. Dieser Schifknecht sehend / daß er sein Leben nicht retten kunte / reiß sich loß von denen die ihn hielten / stieß dem Håupmann sein Brodmesser ins Herz / sprang aus dem Schiffe ins Meer / und weil er ein sehr guter Schwi er wahr / glückete es ihm / daß er davon kam / massen die unsern seinen Sprung in das Meer ersehend / ihm alsbald ein Bötchen entgegen schicketen / in welches er trat / und den unsern seine Verrichtung meldete. Worüber hoch und nidrig so entrüstet wurden / daß sie sich äidlich verbundẽ / die Schmach zurächen oder zusterben / nahmen auch den Pannonischen Abgeordenten / und knüpfeten ihn alsbald auf / welches die Feinde wol sahen / und sich des Frevels / wie sie es nenneten /nicht gnug verwundern kunten / setzeten sich alsbald zusammen / und verfluchten sich hoch / den Tod ihres Abgeschikten grausam zuråchen; Es wahren an Feindes seite in jedem Schiffe X Geharnischte / die übrigen alle Gepanzert; aber bey den unsern wahren nicht allein die Häupter / als Ladisla / Fabius / Leches /Klodius und Markus / sondern auch alle ädle so unter ihnen wahren / an der Zahl XLV mit guten Harnischen / die übrigen mit Panzerhemden / Sturmhauben und Brust stücken oder Krebsen wol versehen. So bald sie sich erreicheten / wahren sie von beyden seiten bemühet / wie sie der Feinde Schiffe an die ihren mit starken Haken fest anheften möchten. Der unsern Schiffknechte hielten an / daß jhnen erläubet würde mit zufechten / welches ihnen Ladisla verhieß / daß sie zum Entsaz solten gebraucht werden / daher ihrer XXXVI sich mit ihren Waffen fertig hielten. Der erste Angrif wahr über allemasse ernstlich und herbe / dann die Pañonier meineten es solte ihnen nicht fehlen mit ihrer ersten Wuht durchzudringen /[345] und diesem Spiele eine kurze Endschafft zugeben / aber sie funden über verhoffen Schuch vor ihre Füsse; dann Fabius / Leches und Markus / in dem einen / Ladisla aber und Klodius im andern Schiffe drungen dergestalt zu ihnen ein / daß sie keinen Fußbreit gewinnen kunten. Weil auch Fabius Schiff das gröste / und mit der meisten Manschaft besetzet wahr / machten sich zwey Feindes-Schiffe an dasselbe / eines von fornen her /das ander von der seite / deswegen Fabius mit 50 Mann den Vörderteil / Leches aber und Markus die seite mit gleicher Manschafft schützeten. Ladisla munterte die seinen anfangs mit freidigen worten /hernach mit tapferem Gefechte auf / dann er wütete nicht anders als ein Löue / und rieff überlaut; ihr Räuber und Mörder / gedenket ihr dañ / das redliche Ritter sich von euch als zur sonderlichen Gnade alsbald wollen henken lassen? Es ging an allen dreyen Orten zimlich früh über des Feindes geharnischte / nach deren Erlegung die Zeichen des Sieges sich an der unsern seite spüren liessen; dann Ladisla drang der gestalt durch / daß er in des Feindes Schiff übersprang /und folgete ihm Klodius samt XII streitbahren ädlen frisch nach / denen immerzu mehr folgeten / daß endlich Freund und Feind alle in dem einen Schiffe wahren; Die Pannonier hieselbst wahren übermannet / und begunten schon das Gewehr von sich zuwerffen / rieffen umb Gnade / und begehrten Lebensfristung; welches ihnen aber nicht verheissen ward / sondern Klodius muste mit XX Mann hie bleiben / und den Gefangenen / deren XLV wahren / Ketten anlegen /wozu die angeschmiedete Bootsknechte / welche gefangene Römische wahren / tapffer holffen; Mit den übrigen ging Ladisla fort nach Fabius / der einen harten Stand hielt / und dem Feinde schier hätte weichen müssen / dann die allertapffersten fochten gegen ihn; Auf Ladisla Ankunfft aber enderte sichs bald / massen derselbe sich an den Häuptman einen starken verwägenen Kämpffer machete / und ihm den rechten Arm lähmete / daß er muste ruhig seyn; Fabius schämete sich / daß er seiner Hülffe bedurffte / und ging daher so eiferig loß / daß er zu den Feinden übersprang / da ihm Ladisla und Markus folgeten; Die Feinde aber wolten nicht so leicht hinter sich weichen / daß sie den ihren Raum gemacht hätten / nachzusetzen / daher sie immer schlagen und stechen musten / daß sie nach gerade etliche wenige Helffer bekamen / welche auch so frisch hinein drungen / daß die Feinde ihnen Raum genug geben musten / und endlich / als übermannet /das Gewehr niderlegen; Daher auch Markus hieselbst mit XXX Kriegsleuten blieb / die angeschmiedeten losmachte / und die freien in Bande legete. Da drungen nun Ladisla uñ Fabius mit ihrer ganzen Macht auff das dritte Schiff / auff welches Leches schon selb zwölfen festen Fuß gesetzet hatte; Diese der ihren Niderlage ersehend / hätten sich gerne durch die Flucht gerettet / aber sie kunten das Schiff nicht losmachen; so kam ihnen auch der Entsatz gar zu zeitig über den Hals / daß sie sich gleich den andern ergaben / und die Bande annahmen. Es wahren an Feindes Seiten in allen dreyen Schiffen LX erschlagen / und 180 gefangen. Da hingegen an unser Seite nur V ädle IIX unädle tod; auch XVI ädle uñ XXII unädle verwundet wahren. Bald nach erhaltenem Siege wurden die Pannonischen Häuptleute und alle Befehlichshaber auf Fabius Schiff gebracht / welche Ladisla in Pannonischer Sprache also anredete: Finde ich euch nun in solcher gestalt / ihr trotzige uñ verwägene Schelme und Mörder / die ihr mir und meinen redlichen Gesellen und Kriegsleuten den Strang zur höchsten Begnadung anbieten dürffen / da unser keiner euch jemal[346] beleidiget hat; Ja / waret so gottlos / daß ihr wider aller Völker Rechte meinen Abgeschikten zur Kurzweil woltet henken / welchen doch der Hi el augenscheinlich aus euren Händen errettet und lebendig erhalten hat? Da sehet ihr (nach dem Mastbaum zeigend) euren Abgeschikten am Strange bammeln / weil ihrs mit Gewalt also habt haben wollen; Und sollet mir straks angesichts anzeigen / ob der mir und den meinen angebohtene Troz nur von etlichen / oder aus algemeiner Bewilligung herrühre. Es wolte anfangs keiner vor dem andern antworten / biß Fabius einen beym Arme fassete / und zu ihm sagete: Bald gib Bescheid auff die Frage / oder du solt die Folter bescheissen. Dieser durch die Warheit Gnade zuerlangen hoffend / bekennete: es währe von den dreyen Oberhäuptleuten also angestifftet und von ihnen allen hoch und nidrig also beliebet werden. Wolan / antwortete Ladisla / so sol euch allen widerfahren / was ihr andern unschuldigen habt tuhn wollen. Klodius und Markus wahren inzwischen an die zuvor angeschmidete / nunmehr freygemachte Ruderknechte abgeschikt / bey ihnen zu erkündigen / wessen sich diese Pannonier bißher auff dem Meer verhalten hätten; Da ihrer etliche andeuteten: sie hätten inwendig eines halben Jahrs frist XIIX Römische Kauffmans Schiffe überwältiget / alle Güter zur freyen Beute gemacht / und die Menschen ohn Unterscheid / ob sie sich gleich willig ergeben /dannoch nach hefftiger Prügelung an ihre eigene Mastbäume aufgeknüpffet / und nachgehends die Schiffe treiben lassen / wie sie der Wind geführet. Die unsern entsetzeten sich vor solcher unmenschlichen Grausamkeit / und sprachen ihnen die Urtel / daß ihnen allen ein gleiches solte angeleget werden; Wurden demnach anfangs die Häuptleute und Befehlichshaber von den Ruderknechten aus allen fünff Schiffen ohn alle Barmherzigkeit biß auf den Tod geprügelt / und nachgehends an ihre eigene Masten / weil sie noch lebeten / angeknüpffet. Weil solches die Pannonischen gemeinen Knechte ansahen / trieben sie ein jämmerliches Geheule / weil sie wusten / daß es ihnen gar bald gleich also ergehen würde / wie dañ geschahe / biß sie alle mit einander auff solche weise hingerichtet wahren / und die drey Mastbäume von unten auff mit solchen Buben behänget wurden. Die Beute /welche sie bey ihnen antraffen / wahr überaus groß /wovon den Kriegsleuten und Schiffknechten in gleicher Teilung / doch nach Unterscheid der Aempter ein statlicher Beutpfennig gegeben ward / so daß jeder gemeiner Knecht 800 Kronen bekam / die erlöseten aber / deren über hundert wahren / jeder 400 Kronen. Es ward von Fabius ein grosser Brief gemacht / und an den grösten Mastbaum des ersten Schiffes geschlagen / worin aller Verlauff kürzlich berichtet ward / uñ musten die erlöseten Ruderknechte äidlich angeloben / dz sie die Schiffe überbringen / uñ sich zu Padua bey dem Stathalter angeben solten. Weil auch XXVI unter diesen wahren / welche umb Kriegsbestallung bey den unsern anhielten / wurden sie willig angenommen / und dadurch der erschlagenen Stelle gnug ersetzet. Des andern Tages schieden Ladisla uñ Fabius / gemachtem Schlusse nach / von einander / und eilete Ladisla sehr / dann sein Hertz wahr ihm schwer /daß er zu Klodius sagete: Mir muß etwa ein Unglük bevorstehen / oder meiner besten Freunde einer leidet noht. Dieser baht ihn / nicht zu stränge zu segeln /dann es gäbe alhie viel verborgene Klippen / welche mannichen Schiffbruch verursacheten. Der Steurman trat auch hinzu / und meldete: man müste sich wenden / und die Höhe wieder ergreiffen / damit das Schiff und ihr aller Leben nicht in Gefahr kähme; welches ihm Ladisla[347] nicht wehren durffte / dann er sahe selbst / daß man zu weit gangen wahr; Daher sie etliche Tage zwischen den Klippen zubrachten / und nicht geringe Gefahr ausstunden / biß sie endlich in einen Hafen / gegen Korzyra über / einlieffen / woselbst er sein Schiff ausbessern ließ / und sich wieder auffs Meer begab / da er wegen Windes Widerwertigkeit hin und wieder schwebete / biß er in den nähesten Hafen bey der Stad Patræ in Peloponnesus einlieff /und also sein erstes Vorhaben nicht erreichen kunte. Fabius hatte nicht viel besser Glük / dann er lieff wider den Wind / und brachte fast drey Wochen zu /ehe er Peloponnesus erreichen kunte; und da er umb die Gegend dieser Landschafft ankam / wahr er zweifelhafftig / ob er einländen / oder weiter nach dem Eylande Kreta schiffen solte; endlich beschloß er / nach Korinth zu segeln / ob er daselbst Ladisla antreffen /oder sonst etwas zu seinem Vorhaben dienlich erforschen könte.

Umb diese Zeit / als die drey Böhmische Herren von Padua wieder zu Prag angelanget wahren / und etwa vor zween Tagen der Königin den Verlust ihrer liebsten Frl. Tochter auffs glimpflichste vorgetragen hatten / worüber sie sich über alle masse hermete /ließ sich daselbst vor dem Stad Tohr eine starcke Reuter Schaar 1600 Pferde stark / anmelden / daß sie von einem grossen Herrn abgesand währen / bey der Großmächtigsten Königin in Böhmen etwas in aller Freundschafft zuwerben. Die Reichs Rähte / welche wegen der Fräulein Verlust überaus betrübt wahren /insonderheit / weil die Königin sich so gar nicht wolte trösten lassen / hielten nicht vor rahtsam / daß auff solches ungewisse Angeben der Gesante solte eingelassen werden / und liessen ihm in der Königin Nahmen andeuten: Er solte wissen / daß er in einem freyen Königreich währe / und schuldig / sich zuvor mit so vielen Reutern von ferne anmelden zulassen / ehe und bevor er vor dem Stad Tohr anklopffete; würde ihm also kraft dieses ernstlich gebohten / seine ganze Reuterey biß auf XII Mañ / straks angesichts zurük gehẽ zulassen biß auf eine halbe Meile von der Stad /oder man würde ihnen bald Füsse machen. Der Gesante wolte diesen Befehl unwillig empfinden / und mit grossen Bedingungen aufftreten / aber ihm ward zum endlichen Schlusse gesagt / die Völker hinter sich zu schicken / oder eines Angriffs gewärtig zuseyn / weil man ohndas nicht wüste / ob er von Freunden oder Feinden abgeschikt währe; Welcher Ernst ihn bewog /dz er nähern Kauff gab / die Reuter schleunig von sich gehen ließ / und von neuen anmeldete / er währe ein Gevollmächtigter Gesanter des gewaltigen Königes der Franken und Sikambrer / uñ zweifelte nit /man würde ihn von wegẽ seines Königes unbeschimpffet lassen. Herr Gesanter / antwortete ihm H. Stanisla / welcher an ihn geschicket war: Euer König bleibt an diesem Orte wol unbeschimpfet / meinet ihr aber / man köñe es in Böhmen riechẽ / oder den Leuten vor dem Kopffe lesen / von wannen sie kommen /uñ wem sie zustehẽ? warum habt ihr solches nit bald anfangs gemeldet? habt ihr dasselbe aus Königl. befehl verschwiegen / so hat man euch nit allerdinge zu trauen; habt ihrs aber vor euch selbst getahn / müsset ihr einẽ schlechten Gesanten Verstand haben; wie wol ich solches mit euch nit streiten / sondern höchstgedachtem Könige zu ehren euch gebührlich empfangen und in die Stad begleiten wil. Der unbesonnene Mensch wuste dieses nicht zubeantworten / nur dz er vorgab / er meinete nicht anders / als daß er bald anfangs seines Königes Meldung getahn hätte; wo nicht / währe es ohn versehens unterlassen. Welches aber Stanisla mit einem stilschweigen[348] beantwortete. Es hatte der erste Gesante des Königes Hilderich aus Franken (wie im ersten Buche gemeldet) nahmens Klogio / einen blossen zu Prag geschlagen / als er vor seines Königes Sohn dem jungen Fürsten Markomir umb eine Heyraht mit Frl. Valißken Anwerbung taht; Als er nun von solcher Reise bey seinem Könige und dem jungen Fürsten wieder anlangete / und die gegebene Erklärung zurük brachte / ward er schlecht gewilkommet / insonderheit / daß er dem Fräulein weder die Geschenke noch das geheime Schreiben hatte gewust füglich beyzubringen; endlich / als sie die Antwort recht bey sich erwogen / hielten sie es gänzlich davor / es währe nichts / als eine höfliche Abweisung; und ob gleich die Reichs Rähte dagegen vorbrachten /daß solche Antwort eine grosse Wichtigkeit hinter sich hätte / insonderheit weil der Fräulein Herr Bruder zugleich nunmehr ihr gebietender König währe / uñ sie ohn dessen Einwilligung nicht würde eine Heyraht schliessen dürffen; so wolte doch solches bey dem Könige nicht hafften / wie ein kluger und vernünfftiger Herr er auch wahr. Vielweniger wolte der junge Fürst sich damit befriedigen lassen / und warff derselbe einen solchen Unwillen auff seinen sonst so angenehmen Klogio / daß derselbe sich heimlich davon machen / und als verborgen Leben muste. Inzwischen ging der junge Fürst in steter Schwermühtigkeit / daß ihm Farbe und Fleisch / endlich auch alle Lust zur Speise entging; worüber sein Herr Vater / welcher ihn überaus liebete / sich hart grämete; und mannicherley Mittel bey sich überlegte / wie er die hefftigen Begierden seines Sohns befriedigen möchte / und beschloß endlich auff seiner Rähte gutheissen; er wolte eine abermahlige Geselschafft nach Prage abgehen lassen /umb das Fräulein zuwerben / also und dergestalt / daß wañ man sich nicht offenherzig mit ja erklären / sondern entweder unter einer Vermu ung spielen / oder abschlägige Antwort geben würde / man alsbald einen Ernst zur Sache tuhn / und das Fräulein mit gewaltsamer Hand wegnehmen solte / dero behueff man auff allen Fal ein starkes Kriegsheer zu Roß und Fuß so nahe es geschehen könte hin an Böhmen führen / und in der Bundsverwanten Land so stiller / so besser /einlegen müste / welche auff empfangenen Befehl in zween Tagen und Nachten gar hinan rücken / die Stad Prag ersteigen / und das Fräulein davon führen könten. Niemand gefiel dieser Anschlag besser / als dem jungen Fürsten Markomir / welcher emsig wahr / daß in wenig Wochen 40000 zu Roß / uñ 80000 wolversuchte Fußknechte / welche mañichen Sieg von den Römern und Galliern erhalten hatten / zusammen gebracht und auß Gallien nach dem alten Frankenlande geschikt wurden. Der König hätte zwar gerne gesehen / daß der junge Fürst daheim blieben währe / aber derselbe hielt so inständig umb erläubnis an / als ein Unbekanter und Auffwarter des Gesanten mit zuzihen / daß der Vater ihm solches nicht wegern kunte; jedoch ihm und allen hohen Kriegs Beamten ganz ernstlich einband / keine Gewalt zugebrauchen / wann keine Hoffnung währe / das Fräulein dadurch zuerlangen; solten auch keinen Inwohner deßselben Landes beleidigen / als die sich ihnen tähtlich wiedersetzen /und ihr Vorhaben zuhindern sich unterstehen würden. Mit dem obgedachten starken und wolgewapneten Heer ging nun beydes der junge Fürst Markomir /doch in unbekanter Gestalt / und des Königes Gesanter / nahmens Herr Dagobert fort / nahmen auch 1600 Pferde mit sich biß nach Prag / und hatten auff dem ganzen Wege / biß an den Ort / da ihr Heer liegen blieb / etliche hundert einzelne Reüter verleget / welche[349] mit schnellen Pferden (die stets gesattelt stehen musten) einer zum andern rennen / und auff den Fal /das Heer herzu fodern solten; welcher Anschlag dann so weißlich angelegt wahr / daß wann das Fräulein daheim währe gewesen / würde sie unmöglich ihren Händen entgangen seyn. Der Gesanter wahr vor sich selbst so unvernünfftig nicht / als er obgedachter Art sich vor dem Tohr zu Prag anmeldete / sondern der junge Fürst / welcher als sein Ritterlicher Diener hinter ihm her ritte / ordente es so / wieder dessen Willen und gutheissen / daher er ihm auch hernach solches in der Herberge verweißlich vorhielt / mit Bitte hinfüro solcher anschläge müssig zugehen / durch welche man dem Könige böse Nachrede / und ihm selbst einen schlimmen Nahmen zuzöge; welches er ihm auch angelobete. Auff Befehl der Königin ward dieser Gesanter in der Herberge wolgehalten / und musten ihm Stanisla und Krokus Geselschafft leisten / welche dann auß seinen Reden befunden / daß er verständiger wahr / als sie ihn anfangs geschätzet hatten; sie hüteten sich aber / ihn zu fragen / was seine Anwerbung währe /gedachten auch der verlohrnen Fräulein mit keinem Worte / sondern erbohten sich / da es ihm also gefallen würde / bey der Königin anzuhalten / daß er des folgenden Tages vor ihre Hocheit zutreten Freyheit haben solte. Herr Krokus Sohn / ein tapfer Ritter /und neulich bestelleter Hauptman über die Schloß-besatzung / auch Verweser der Königlichen Rüstkammer / nahmens Neda / ward mit 60 Reutern hinaus geschikt / die mitgebrachten Reuter auff die umbliegende Dörffer zuverlegen / welcher solches fleissig verrichtete. Er traff unter diesen Franken einen Ritter an /welcher ein gebohrner Dähne wahr / und vor dreyen Jahren mit ihm / da er in Dännemark Ritterschafft übete / gute Kundschafft gemacht hatte / derselbe gab ihm in geheim vertraulich zu vernehmen / was vor eine grosse Macht die Franken in bereitschafft hätten /und daß wol gnug gefährliche Anschläge möchten obhanden seyn / denen man nicht als durch Macht würde begegnen können. Neda dankete ihm im Nahmen seiner Königin vor solche Warnung / hinterbrachte es alsbald und ward darauff in beyseyn der Königin geheimer Raht gehalten / auch nach kurzer Unterredung den Außreitern schrifftlicher Befehl erteilet / durch das ganze Königreich die Ritterschafft auffzumahnen / welche sich nach den Grenzen / daher die Franken kommen wahren erheben / und auff alles gute acht haben / auch die außgesetzeten Postreuter (dann von denen hatte der Dähne auch meldung getahn) ohn unfreundligkeit auffhalten / und sie nicht allein fortreiten lassen solten. Uberdaß ward in Prage diese Nacht eine solche Menge wolgewapneter Völker eingelegt / daß sie nicht alle Raum darinnen hatten / sondern ein Lager vor der Stad vor 6000 Mann abstechen / und darinnen wol verschanzet sich auffhalten musten. Der Frankische Gesanter drang nicht auff eine schleunige Verhörung / sondern meinete / noch etliche Tage es auffzuschieben / und alle Gelegenheit / wie man die Stad am besten überrumpeln könte / abzusehen / welcher Vorsaz ihm aber des folgenden Morgens aus zweien Ursachen verging; erstlich / weil die seinen ihm auff dem Lager die Zeittung brachten / daß diese ganze Nacht ein Getümmel in der Stad auff allen Gassen gewesen / uñ man allenthalben nichts als bewehrete Soldaten sähe; hernach / weil die Königin frühzeitig zu ihm schickete / und ansagen ließ / wann er Verhörung begehrete / solte er sich in vier Stunden darzu gefasset halten; wo nicht / würde sie umb nöhtiger Geschäffte willen / auff ihn länger nicht warten können / nach dem sie eine Reise nacher[350] Teutschland zu ihrem Herr Bruder dem Großmächtigsten GroßFürsten der Sachsen und anderer Freien Teutschen / vorhätte / umb höchstwichtige Sachen die Beschützung ihres Reichs wieder alle meuchel Feinde betreffend / mit demselben abzuhandeln. Auß diesen beyden Ursachen muhtmassete so wol der Gesanter /als der junge Fürst selbst / ihr vorhaben müste verrahten seyn / hatten doch nicht Zeit sich lange zu bedenken / sondern gaben zur Antwort; Ob zwar der Gesante von der zimlich langen Reise / welche er Tag und Nacht fortgesetzet / noch müde währe / und auff eine zierliche Rede sich nicht geschicket hätte / müste er doch billich Königlicher Hocheit untertähnigst gehorsamen / und auff angesetzte Stunde erscheinen / vor sein Häupt untertähnigst gesinnend / daß er Freyheit haben möcht / mit seinem geheimen Schreiber (welcher alle Handlung in die Feder nehmen würde) vorzutreten. Dieses ward ihm gerne eingewilliget / und schickete sich Dagobert der Gesante auffs beste darzu / wie er dann schon vor der Reise seinen Vortrag wol gefasset hatte. Es sahe aber die Königin vor gut an /daß die Zeitung von der Fräulein Raubung / wie wol ohn Benennung / wo solches geschehen / in der Stadt / sonderlich in der Herberge / wo der Gesante lag /kund gemacht würde / welche man bißher allerdinge hatte verborgen gehaltẽ. Der Frankischen Diener einer hörete bald davon reden / uñ brachte es dem Gesanten vor / welcher nebest den jungen Fürsten (dieser wahr der angegebene geheime Schreiber) es vor ein Getichte hielt / auß groben Unverstand herrührend / weil mans eben so auff den Stuz außsprengete / kehreten sich auch nichts daran / sich stellend als ob sie davon nichts erfahren hätten. Herr Krokus hielt mit der Königlichen Leibgutsche vor der Herberge / auf welche sich Herr Dagobert samt seinen verstelleten Secretarius oder geheimen Schreiber setzete und eine lange Gasse / die mit ansehnlichen Kriegsleuten angefüllet wahr / hinfuhr / welches ihn nicht wenig irre machete / insonderheit / da er auff dem Schlosse über einen hohen Lustgang geführet ward / von welchem er hinaus ins freye Feld sehen kunte / und daselbst gewahr ward daß über die 12000 junger Mannschafft getrillet und im Gewehr geübet wurden. Doch lag ihm dieses nicht so hart an / als die ausgesprengete Zeitung von dem verlohrnen Fräulein / wie wol er sich dessen auch begab / weil ihm Krokus auff dieser Fahrt nichts davon gemeldet hatte. Die Königin / welche diese Tage über in stetem klagen und weinen zugebracht /ergriff sich auff der Rähte bewägliche Ermahnung /sich gegen den Gesanten keiner übermässigen Traurigkeit vernehmen zu lassen / daher sie ein gezwungenes freymuhtiges Gesicht annahm / als Herr Dagobert mit seinem Schreiber in die Verhör Stube trat / und dieser nach geleisteter demühtiger Neigung sich an ein Neben-Tischlein setzete / fertig / alles was geredet würde / auffzuzeichnen; daher drey Böhmische geheime Schreiber an einem andern Tische ein gleiches vornahmen. Dagobert / nachdem er seine Königliche Glaubens-Bescheinigung schrifftlich eingereichet hatte / und solche von dem Herrn Reichs Kanzler vor gnugsam erkläret wahr / brachte darauf vor; Es würde die Großmächtigste Königin in Böhmen ungezweiffelt añoch in unverruktem Andenken haben / was gestalt unlängst der auch Großmächtigste König der freyen Franken und Sikambrer in Gallien / Herr Hilderich /an vorhöchstgedachte ihre Königl. Hocheit eine ansehnliche Gesandschafft abgehen lassen / und solches aus aufrichtigem Herzen / ümb durch eine wirdige Heyraht zwischen seinem Herr Sohn dem Durchleuchtigsten[351] Königlichen Großfürsten und künfftigen Kron-Erben seines freyen Reichs / Herrn Markomir / und der auch Durchleuchtigsten Königlichen Fräulein aus Böhmen / Frl. Valisken / eine nahe Verbündnis und ewigwehrende Freundschafft zustifften; wie dann gedachter Königlicher Gesanter / Klogio / solches gebuhrlich geworben zuhaben / man die Hofnung trüge /welches er ja mit gegebener schriftlicher Antwort bescheiniget hätte. Weil aber die Erklärung auff vorgetragene Anwerbung / an Königl. Böhmischen seiten sehr tunkel und ungewiß währe / und aber Königl. und Großfürstl. Hocheit an Fränkischer seiten gerne den gewissen und unwandelbahren Schluß dieser so hochbegehreten wirdigen Heyraht wissen und haben möchten / als währe im Nahmen und von wegen seines Allergnädigsten Königes / und Gnädigsten jungen Großfürsten / sein freund-inniglichstes Ansuchen und Gesinnen / daß an Königl. Böhmischer seite solche aus sonderlicher Gewogenheit / Freundschafft und Liebe herrührende Heyrahtswerbung freundlich möchte beliebet / gut geheissen / und geschlossen werden /wie man an Königl. Frankischer seiten das feste Vertrauen hätte / man würde dessen künftigen Kron-Erben nicht unwirdig solcher Heyraht schätzen / insonderheit / weil dessen Durchleuchtigkeit dem vortreflichen Böhmischen Königl. Fräulein mit Herz /Seele / und allem Vermögen sich so gar zu eigen ergeben hätte / daß ihm ungleich leichter seyn würde /sich seines Lebens / als dieser Seelenfesten Liebe zuverzeihen; und daher leicht zuermässen währe / was vor ein hochschädliches und beiden Völkern grundverderbliches Unheil aus der unverhoffeten Heirahts Verweigerung entstehen dürfte / welches zuverhüten /die Königliche Böhmische Kron ihr schon würde lassen angelegen seyn / worzu das frey Frank-Sikambrische Reich sich mit auffrichtigem Herzen anerböhte. Schließlich hielt Dagobert bittlich an / daß das Königliche Fräulein / wie bey voriger Gesandschaffts-Verhörung geschehen / selbst gegenwärtig seyn / und die Königl. Böhmische Erklärung hiedurch so viel angenehmer / süsser und gültiger machen möchte. Die Königin ließ auff die letzten Worte einen tieffen Seufzer aus / daß ihr schwer fiel / sich des weinens und klagens zuenthalten / nur der Königliche Wolstand /welchen sie über allesschätzete / hielt sie davon abe; Sie redete aber kein Wort / sondern Herr Bretisla als Reichskantzler / gab dem Gesanten mit entblössetem Häupte (dann also bezeigete sich dieser auch) zur Antwort: Es hätte die Großmächtigste Königin in Böhmen / die / im Nahmen des auch Großmächtigsten Königes der Freyen Franken und Sikambrer in Gallien / abermahlige Anwerbung / eine wirdige Heyraht zwischen dem Königl. GroßFürsten und der Königl. Fräulein betreffend / wol verstanden / und dafern dem Herrn Gesanten nebest seinem geheimen Schreiber gefallen würde / einen kurzen Abtrit zunehmen /wolte man sich an dieser Seiten ohn Verzug also herauslassen / daß höchstgedachter König und der Durchl. Königliche Großfürst daran ein satsames Genügen würden haben können. Diese leisteten solches gerne / unter der Hoffnung / es würde alles nach ihrem Wunsch ergehen / bildeten ihnen auch ein / das Geschrey von der Fräulein Entführung / währe ihnen zum höfflichen Auffzuge getichtet / nachdem ihr Vorhaben der Raubung ihnen möchte verkundschaffet seyn; Also pflegen des Menschen Begierde sich allemahl zu kitzeln / als lange sie durch Hofnung unterhalten werden. Die Königin und der Reichs Raht hatten vorhin schon die Muhtmassung gefasset / was das Frankische Vorbringen seyn würde / und sich einer Erklärung[352] beredet / wobey es auch vor dißmahl schlechter dinge gelassen ward / daher Krokus nach Verlauf einer halben Stunde / den Gesanten mit freundlicher Bezeigung wieder einfoderte / welcher von Herrn Bretisla also beantwortet ward: Hochansehnlicher Herr Gesanter; die im Nahmen und von wegen des Großmächtigsten Königes der Franken und Sikambrer in Gallien / und dessen Hochheit Herrn Sohns des Durchleuchtigsten Königlichen Großfürsten / Herrn Markomirs / angetragene / und aus sonderlicher Gewogenheit / Freundschafft und Liebe herrührende Heyrahtswerbung / hat die auch Großmächtigste Königin in Böhmen / allergnädigst gegenwärtig / teils mit hocherfreulichem / teils auch mit inniglichstbetrübetem Herzen angehöret und wol verstanden / erkennet daraus den recht freundlichen hohen Willen höchstgedachten Königes und dessen Herrn Sohns Liebden gegen sie und ihre herzgeliebte Fråulein Tochter / welchen an dieser seite zuersetzen /weder Fleiß noch Auffrichtigkeit / ja weder Mühe noch Kosten zuersparen / man sich redlich und Königlich anerbeut; in betrachtung / daß eine nähere und sicherere Freundschafft und Verbündnis nicht kan noch mag zwischen Königen erdacht werden / als die durch Heyraht gestiftet uñ befestiget wird. Daß man nun zu der vorgeschlagenen wirdigen Heyraht (dann wem ist die Macht und Hocheit des Frankisch-Sikambrischen Reichs nicht bewust?) an dieser seite bald anfangs ein satsames genügen / und darzu einen ganz guten Willen getragen / ist dem vorigen Königlichen Herrn Gesanten Herrn Klogio / nicht durch eine tunkele und ungewisse / sondern klare und offenherzige Erklärung zu aller möglichen Gnüge angezeiget worden / und bestehet dieselbe hierinnen / daß / weil das Königliche Fräulein ihrem Herr Bruder und nunmehr gebietenden Könige / dem Großmächtigsten Könige in Böhmen / Herrn Ladisla / auff dessen Hocheit stränges und brüderliches Ansuchen / diese äidliche /und also höchstverbindliche Zusage getahn / ohn dessen Vorwissen und Einwilligung / sich schier heut oder morgen in kein eheliches Gelübde einzulassen /könte auf Königliche Frankische Anwerbung / die wirdige Heyraht betreffend / nichts schließliches geantwortet werden / ehe und bevor höchstgedachtem unserm Erbkönige solches vorgetragen / uñ seine beständige Meinung darüber vernommen währe; wobey man sich aber zugleich hat erbohten / unserm Könige diese Anwerbung eiligst zuzuschreiben; endlich auch angezeiget / man gelebete der gedoppelten Zuversicht an dieser Seiten / daß an anderer Seite solche Verzögerung nicht allein nicht ungleich würde auffgeno en / sondern auch geduldet werden / wañ etwa über verhoffen (wovon man doch das allergeringste nicht wüste) das Fräulein von ihrem Herr Bruder und Könige schon anderwerts solte versprochen seyn. Sehet Herr Gesanter / das ist die erste redliche und auffrichtige Erklärung gewesen / und eine nähere hat man wegen verbindlichen Gewissens an der Fräulein Seite nicht geben können / wie solches ein jeder Biderman gerne gestehen wird; und zweifelt man nicht / dafern dieselbe eurem Könige und dessen Herrn Sohn geträulich hinterbracht ist / werde der Herr Gesanter durchaus nicht ursach haben / sie vor eine dunkele uñ ungewisse anzugeben. Daß man aber der gegebenen Erklärung an dieser seiten redlich nachgesezt habe /wolle der Herr Gesanter sich weiters berichten lassen. Es hat unsere Allergnädigste Königin kurz nach Herrn Klogio Abreise von ihrem höchstgemeldeten Herr Sohn die erfreuliche Zeitung bekommen / daß dessen Hochheit sich zu Padua in Italien mit des Hochmögenden Käyserl.[353] Stathalters daselbst / Herrn Q. Fabius Fräulein Tochter ehelich versprochen / und dadurch mit Römischer Käyserl. Hocheit (diß sagte er den Franken zum Schrecken) sich in ein festes Verbündnis eingelassen; worauff das Durchl. Fräulein sich unter gnugsamer Begleitung straks auffgemacht /dem Beylager ihres Herrn Bruders daselbst Schwesterlich beyzuwohnen / da dann nicht die geringste Ursach gewesen ist / daß mit oft höchstgedachtem ihrem Herr Bruder sie von der angetragenen Frankischen wirdigen Werbung mündlich reden / und mit dessen Liebe einen Schluß darüber fassen wolte; Aber das leidige Glük (hier fing die Königin an zuweinen) hat ihrer Durchl. solches leider leider! nicht göñen wollen / massen sie in einem Flecken vor Padua von einer grossen Räuber Schaar bey der ersten Morgenschimmerung überfallen / alle ihre Reuter / ausser einen einzigen erschlagen / und sie selbst in verstelleter Jünglings Gestalt samt ihren beyden Leibjungfern gefangen hinweg geführet ist; über welche Räuberschaar des andern Tags eine stärkere anzahl Meer Räuber kö en sind / welche jene erschlagen /und das Fräulein ihrer beharlichen Jünglings-Verstellung neben einer Leibjungfer / nach dem Adriatischen Meer geführet / sie auff ihr grosses Raubschiff gesetzet / und mit ihr davon gesegelt sind / uns allen unwissend / wohin sie gebracht worden sey; nur allein /daß wir die Zuversicht zu den gütigen HimmelsGöttern tragen / dieselben werden sie vor Ehren- und Lebensgefahr gnädiglich bewahren / und ihr kräftige Rettung zusenden / wie sie dañ alsbald den vortreflichen und hochberühmten Held Herrn Herkules / gebohrnen Großfürsten und Erbnehmen des TeutschenReichs / auffgemahnet haben / daß er dem geraubeten Fräulein nachgesegelt ist / und ihr Herr Bruder nunmehr auch schon wird gefolget seyn. Aus welcher Erzählung nun der Herr Gesanter zur gnüge wird verständiget seyn / warumb das Durchl. Fräulein sich vor dißmahl bey dieser Verhörung nicht anfinde / welches dero Durchl. sonsten keines weges würde unterlassen habẽ. Es wird derselbe weiters hieraus / seiner beywohnenden rühmlichen Weißheit nach / schon merken / wie und warumb man auff die vorgetragene abermahlige / und der Großmächtigstẽ Königin in Böhmen sehr angenehme und gnug wirdig geachtete Anwerbung / sich mit weniger Gewißheit / als bey erster Gesandschafft heraus lassen könne / weil man nicht allein unsers Gnädigsten Königes Meinung hierüber ganz unberichtet ist / sondern auch das Durchl. Fräulein selbst in der Irre (Gott mag wissen / wo) herumb schwebet.

Der Gesante verwunderte sich zum höchsten / wie man einem (seiner Meynung nach) falschem Getichte /solches zierliche Färblein anstreichen könte / begehrete mit seinem Schreiber einen kurzen Abtrit uñ beredete sich mit demselben / was doch auf solches Vorbringen würde zu antworten seyn. Derselbe nun wahr über die masse betrübt / ging auch aus grosser Liebeswuht mit lauter gefährlichen weit außsehenden Vorschlägen umb / welche doch unmöglich wahren ins Werk zu richten. Dagobert aber zeigete ihm Augenscheinlich / daß dergleichen Vornehmen zu keiner Wirkung gelangen möchten / und gab ihm zu bedenken / obs nicht eine Sache währe / daß man sich merken liesse / man trauete solchem Vorbringen nicht /auch daneben bähte / solche stellungen fahren zulassen / und sich sein Teutsch zuerklären. Weil dann Markomir nichts bessere zuersinnen wuste / hielt er solches vor gut und nüzlich. Nun hatte Herr Krokus diese beyden Zeit ihrer Beredung von ferne belauret /ihre Reden zwar nicht verstanden / aber doch aus den äusserlichen Geberden[354] gesehen / daß der jüngling mehr als der Gesante selbst währe / welches er alsbald der Königin und den andern Rähten anmeldete /die daher vor gewiß schlossen / es würde dieser Schreiber der junge GroßFürst selber seyn; worauff Krokus zu sagen sich nicht enthalten kunte; Es scheinet wol auß dieses errichteten Schreibers Geberden /daß er muhtig und verschlagen sey / aber wann ich meines herzen Meynung sagen solte / halte ich gänzlich davor / aus tausend Markomiren könne man nicht einen einzigen Herkules schmieden / welches ich zu dem Ende andeute / weil aus GroßFürst Herkules wehemühtiger bezeigung wegen des verlustes der Fräulein / ich einer starcken Liebe vermuhten bin; worin mich seine ungeseumete Nachfolge bekräfftiget / und gebe der Himmel / daß er sie antreffe / rette / uñ heyrahte / dann besser kan sie in dieser Welt nicht versorget werden. Die Königin / wie betrübt sie auch wahr / kunte sich nicht enthalten / hierüber zu lachen /wolte doch ihre Gedanken so klar nicht an den Tag legen / sondern sagte zu ihm. Mein Krokus / es ist euch mein lieber Sohn Herkules wegen des gesprochenen Lobes verpflichtet / und da ihr recht wähnẽ soltet / währe er euch zwiefach schuldig / was wolte es dan werden / wañ euer lezter Wunsch wahr würde? Je was wolte es werden / gnädigste Königin? sagte er / lauter Freude und Vergnügung an allen Seiten. Ey so bestätigen die Götter euren Wunsch / antwortete Stanisla / und haben wir diesen Franken schon mehr als zuviel geheuchelt. Es hat aber mein Sohn Herkules mich hierumb noch nicht begrüsset / sagte die Königin / und gedenke ja nicht / daß wann er mein Kind antreffen solte / er mit ihr heimliche Verlöbniß machen werde. Krokus wahr zu zeiten kurzweilig / und antwortete darauf; Ich tähte es / gnädigste Königin /wann ich Herkules währe. Die andern alle mit der Königin lacheten / und diese sagte: Seyd ihr noch so arg / mein Krokus / was wisset ihr aber / ob ichs euch gut heissen würde? Gnädigste Königin / antwortete er; Wer der Tochter Herz gewoñen hat / bekomt der Mutter Hand auch wol. Wir wollen hiervon zu gelegener Zeit mehr handeln / sagte die Königin / und vor dißmahl des Gesanten Vortrag vernehmen / da eurer etliche fleissige acht haben werden / auff des verstelleten Schreibers Geberden / in welchem / wann er das Alter erreichet / noch wol ein guter König stecket. Jene bey den traten wieder ins Gemach / da der Schreiber seine vorige Stelle bekleidete / und Dagobert also anfing: Großmächtigste Königin / die Erklärung / daß meine vorgetragene Anwerbung beliebet sey / wird meinen allergnädigsten König / und den Durchl. jungen Groß Fürsten höchst erfreuen / aber auch zugleich dero Hocheiten in die allertieffeste Verwunderung / wil nicht sagen Nachdenkligkeit stürzen / daß gleich in der Stunde meiner Verhörung (welches mir vor Ohren kommen / ich aber vor ein Getichte geachtet) solcher Verlust der Königlichen Fräulein in der Stad erschollen ist / welches mir überdas auch hieselbst als eine unfehlbare Warheit wil vorgetragen werden; Großmächtigste Königin / Ihre Hocheit / bitte ich / gläuben ja solchẽ fliegenden falschen Gerüchte nicht; sondern trauen den Göttern / daß dero Frl. Tochter ausser Zweifel in solchem gefährlichem Stande nicht begriffen ist / und wird dero Durchl. von Padua / nach gehaltenem Beylager sich schon wieder einstellen; wiewol ich ganz nit gemeynet hätte / daß dieselbe ausser Landes solte verreiset seyn / nachdem vorgestriges Tages mir unterschiedliche zu Pferde und zu Fuß begegnet / welche auff meine Nachfrage anzeigeten / sie kähmen von Prag / und lebete Ihr Gn. Königin samt der Königl. Fräulein annoch[355] in guter Gesundheit / liesse sich auch diese täglich in den offenen Feldern sehen / uñ stellete dem Wilde nach mit ihren Pfeilen; Da nun dieses sich also verhalten solte / getraue Eurer Königl. Hocheit ich untertähnigst und zuverlässig /dieselbe werde allergnädigst geruhen / mir eine bestendigere Erklärung mitzuteilen / und zwo Königliche Seelen durch einen kräfftigen Heyraht-Schluß zuerfreuen; welches so wol zu des einen als zu des andern Wolfahrt gereichen wird; und mag Ihre Königl. Hocheit ich wol versichern / ihr jezt gesprochenes Wort von überaus grosser Wichtigkeit und Wirkung seyn werde; Und damit solches zuvernehmen ich das gute Glük haben möge / wil ich mit meinem Gefärten zuvor gerne einen abermahligen Abtrit nehmen / und ihnen eine Unterredung zur erfreulichern Erklärung gönnen. Die Königin winkete dem Reichs Kanzler /welcher den Gesanten warten hieß / empfing darauff einen kurzen Befehl mit wenig Worten / und fing hernach also an: Herr Gesanter; Er hat seine Rede mit einem zierlichen Mantel der scheinbahren Höfligkeit bedecket / welche / da sie etwa ein ander vorgebracht hätte / würde er gesagt haben / meine Allergnädigste Königin tichtete ihrer Frl. Tochter Rauberey zum Schein / damit sie des Herrn Gesanten loßwerden möchte; dann eben dieses träget dessen Rede auff ihrem Rücken. Stehet ihr aber in den unzimlichẽ gedanken / so hat man euch schon viel zu viel übersehen; und würdet ihr mehr zuverantworten bekommen /als in allen euren Kräfften nicht ist. Das unser Durchl. Fräulein in Warheit / auff erzählete Art und weise geraubet sey / verhält sich leider viel zu gewiß also /massen in dieser Versamlung drey ReichsRähte sitzen / welche gleich dazumahl in Padua gewesen / als der einige überbliebene hart verwundete Reuter daselbst die hochbetrübte Zeitung angemeldet / sie auch hernach das Haus selbst besichtiget / in welchem solches Unglük sich zugetragen hat; und wer dieses nicht gläuben wil / der reite hin und frage nach / wird ers dann nicht also finden / so hat er ursach zu sagen / die Großmächtigste Königin in Böhmen gehe mit Getichten umb. Lügener sind es gewesen / welche gesagt haben / das Fräulein sey neulich in dieser Feldmark herumb geritten / und Schelme sind es / die solches tichten. Enthaltet euch deswegen Herr Gesanter / solcher unverantwortlichen Auflagen / und befleissiget euch / einer herschenden Königin auff ihrem Schlosse bessere Ehre anzutuhn / damit man sich nicht bey eurem Könige über eure Unvernunfft zubeschweren habe. Und weil euch die lautere und klare Warheit ist vorgetragen / so werdet ihr mit der wolgemeyneten Erklärung friedlich seyn / oder euch heraus lassen /was vor eine andere ihr bey so gestalten Sachen begehren köntet. Der Gesante erschrak der harten Rede /begunte das vorgebrachte vor die Warheit zuhalten /und baht u gnädigste Vergebung dessen / was er nicht aus Bosheit / sondern ihm gemachten Argwohn vorgebracht hätte; wolte vor dißmahl an gnädigster Verhör und Antwort ein genügen haben / nur daß Ihre Königl. Hocheit ihn morgendes Tages noch einmahl hören möchte. Welches ihm dann gerne eingewilliget war. Als er nun hiemit einen Abtrit nehmen wolte /und nach seinem Schreiber sich umsahe / ward er gewahr / dz derselbe in steiffer Ohmacht saß / und in einem Winkel sich angelehnet hatte; dessen er zitternd erschrak / ging zu ihm hin / und rüttelte ihn / daß er endlich wieder erwachete / und mit einem tieffen Seufzen sagete: O du elender und trostloser Markomir; nun liget ja alle deine Hoffnung gar in des Meeres Tieffen! Dagobert raunete ihm ins Ohr / sich nicht zuverrahten / da gleich Herr Krokus[356] zu ihnen hin trat /und den Gesanten fragete / was seinem Schreiber vor ein Unfall begegnet währe? Welcher zur Antwort gab: Er hätte diese Schwacheit an sich / daß wann er über die gewöhnliche Zeit fastete / er darüber in Ohmacht geriete / würde sich aber bald wieder stillen. Wie er sich dann stark machete / und mit Dagobert davon ging / welcher ihn mehrenteils beym Arme führete; Die unseren aber sich bezeigeten / als ob sie dessen nit acht hätten; wiewol die Königin ihnen alsbald allerhand kräfftige und kostbahre Stärkungen nachschickete / und muste Herr Vorich der ReichsRaht mit ihnen nach der Herberge fahren / und mit ihnen Mahlzeit halten / da ihnen Königlich aufgewartet ward. Vor dem Essen nahm Dagobert mit Markomir einen Abtrit / und ward dieser von jenem gemuhtiget / sich wegen der Fräulein Entführung nicht zu hart zubekümmern / nachdem sie ja noch im Leben / und ihm unversaget währe. Worauf er sich in etwas erhohlete / und die Unterstelle am Tische nam. Bey dem Essen fiel wenig wichtiges vor / und nach abgetragenen Speisen hielt Dagobert an / daß der Herren einer / so neulich von Padua kommen / und die leidige Zeitung mitgebracht / sie besuchen / und bessern Bericht ihnen mitteilen möchte; welches Herr Vorich bey der Königin warb / und Krokus darauff befehlichet ward / zu ihnen zu fahren / und alles geträulich zuberichten / ohn daß er seine Gedanken wegen GroßFürst Herkules bey sich behielte / und vielmehr dem jungen Fürsten eine geringe Hoffnung machete / damit er in der übermässigen Liebe nicht gar verginge. Krokus hätte dieses lieber einen andern verrichten lassen /dann er wahr den Franken nicht sonderlich gewogen /muste doch den Befehl über sich nehmen / und solches leisten / da er dann an Dagobert einen fleissigen / an seinem Schreiber aber einen nachgrüblenden Zuhörer hatte / welcher nicht unterließ / das vornehmste in sein Hand-Büchlein auffzuzeichnen. Nach geendigter Erzählung gab Krokus ihnen den Raht / daß sie über wenige Zeit etliche ihrer Leute nach Padua schicketen / ob etwa gewissere Zeitung von dem geraubeten Fräulein einkommen währe / wohin man sie geführet / und auff was Weise sie best könte erlöset werden. Welches sie ihnen sehr wol gefallen liessen /und ihr Zweiffel hiedurch ihnen allerdinge benommen ward. Nun kunte doch Markomir sich nicht einzwingen / seine Gedanken zu eröffnen / und sagte in beysein Herren Krokus zu Dagobert; Wie meinet ihr Herr Gesanter / solte unser König und sein Sohn der junge Fürst nicht wol auff die Gedanken gerahten / bald nach erforschung / wo dieses unvergleichliche Fräulein auffgehalten wird / ein Kriegsheer von etlichen hunderttausenden dahin zuschicken / und durch die allergröste Reichsmacht einen solchen köstlichen Schaz frey zu machen? Ich halte wol / antwortete er / daß ihre Königl. Hocheit sich darzu verstehen dürffte /wann der junge tapffere Held / der Königl. GroßFürst ihn dazu anreizen würde. Dessen feurbrennende Liebe gegen dieses Königl. Fräulein / ist mir zum teil bewust / sagte der verstellete Schreiber / und zweiffele ich nicht / dessen Durchl. werde Tag und Nacht / ohn Rast und Ruhe darauff sinnen / wie solche Rettung zum füglich- und heilsamsten ins Werk gerichtet werde. Worauff Krokus antwortete: Wir an unserm Orte wollen hoffen / es solle solcher weitläufftigkeit nicht bedürfen / sondern der Himmel werde unserm König und seinem Oheim GroßFürst Herkules das Glük verleyhen / unser allerliebstes Fräulein (welche ihr aller Untertahnen Herz verbunden hat) anzutreffen / und in freien Stand zu setzen. So wolte ich unserm jungen GroßFürsten[357] wünschen / sagete der Schreiber /daß dessen Durchl. bey eurem Könige sein möchte /nicht allein dessen gewünschete Kundschafft zuerlangen / sondern nebest dessen Hocheit in erlösung der Königl. Fräulein sein Blut und Leben anzuwenden /welches / weiß ich / seine allerhöchste Vergnügung seyn würde. Mit solchen und dergleichen Unterredungen ward der Tag zugebracht / und befand sich der junge Fürst der Sachen Gelegenheit nach / zimlich getröstet. Des folgenden tages ward dem Gesanten erläubet / wieder vorzutreten / und was er annoch zusuchen haben möchte / kühnlich anzudeuten; welcher dann nicht unterließ mit seinem Schreiber / welcher den gestrigen Tisch bekleidete / sich einzustellen; ließ sich vor dißmahl sehr demühtig vernehmen / baht umb allergnädigste Vergebung seiner gestrigen Unbesonnenheit / und hielt inständig an / ihre Königl. Hocheit wolten der geschehenen Anwerbung gnädigst eingedenke seyn / auff glükliche Wiederkunfft der Königl. Fräulein die so hochgewünschte Heyraht durch ihre mütterliche Gewalt und kräfftig-geltende Unterhandlung zubefodern und in Richtigkeit zu stellen / solches würde der junge GroßFürst Zeit seines Lebens mit kindlichem Gehorsam erkennen / und nach ihrer Hocheit Willen sich verhalten. Die Königin wahr froh / daß ein so guter Abscheid vor dißmahl solte genommen werden / und gab durch den Kanzler zur Antwort; Sie bedankete sich nochmahls sehr /beydes gegen den König / und den jungen GroßFürsten / des guten willens / welchen ihre Liebden gegen sie und ihre Frl. Tochter trügen / bähte / in solcher Gewogenheit zu verbleiben / und nicht zuzweiffeln /daß sie alles dz vornehmen und leisten wolte / was zu der angetragenen wirdigen Heyraht könte gedeilich seyn / dafern nur die Götter ihre Frl. Tochter wieder zu Lande brächte / und ihr Herr Sohn dieselbe nicht unterdessen etwa einem andern verheyrahtet hätte /welches sie dann nicht hoffen wolte; befahl / den König und GroßFürsten zugrüssen / und zeigete an /daß nach verlauff zwo Stunden der Kanzler ihm ein Schreibẽ an seinen König zustellen würde. Hiemit nahmen sie abscheid / und zeigeten an / sie hätten beydes von dem Könige und dem jungen GroßFürsten Geschenke bey sich an das Königliche Fräulein / welche sie aber wegen des leidigen Unfalles würden müssen mit sich wieder zurük nehmen / es währe dann /daß ihre Königl. Hocheit dieselben verwahrlich bey sich behalten / und auff glükliche Wiederkunfft sie dem Fräulein einliefern wolte; ward aber geantwortet /weil der Fräulein Wiederkunfft in der Götter Händen und Gewalt stünde / würde daß beste seyn / daß der Herr Gesanter solche Sachen bey sich behielte. Ward ihnen also Glük auff die Reise gewünschet / und so wol dem Gesanten als Schreiber eine statliche güldene Kette mit angehengetem Kleinot verehret; welche sie mit Danksagung annahmen / und Markomir dabey blicken ließ / daß viel eine grössere Höfligkeit / als eines Schreibers / bey ihm währe. Sie eileten selbst fort zuzihen / legeten allen Vorsaz des feindlichen überfalles ab / und gingen in möglicher eile fort /unter der Hoffnung / es würde diese Heyraht noch einen Fortgang gewinnen. Als sie bey dem grossen Kriegsheer anlangeten / muste die Reuterey mit ihnen geschwinde fort / und die Fußvölker nach mögligkeit folgen / ruheten auch keinen Tag / biß sie bey dem Könige ankahmen. Der junge GroßFürst hatte auff der Reise mannicherley einfälle / welche auff der Fräulein Erlösung gerichtet wahren / und zieleten alle dahin /wie er solche mit seiner Faust und Völkern verrichten / und durch solchen Dienst ihre Liebe erwerben möchte / so daß sie sprechen müste /[358] sie währe sich ihm schuldig; aber wann er sich erinnerte / daß ihm der Teutsche GroßFürst Herkules (dessen Tapfferkeit ihm Herr Krokus so hoch gerühmet hatte) / wie auch der Fräulein Bruder selbst im Vorfange wahren / und sie antreffen möchten / ehe er erführe / wo sie auffgehalten würde / gab ihm solches lauter Schwermühtigkeit / so daß er wünschete / sie möchten ihr Nachsuchen vergebens tuhn / oder gar im Meer ersauffen / damit ihm die Ehr und das Glük dieser Rettung von ihnen nicht entrissen würde. Zu zeiten traff eine hefftige Verzweiffelung sein Herz mit scharffen Anfechtungspfeilen / ob sie auch noch lebete / und ihre Ehre annoch unverletzet hätte; Und wann ihm Dagobert (welcher viel bey ihm vermochte) diese Zagheit benommen hatte / brach eine andere loß / ob er ihr auch gefallen würde / weil sie sein so gar nicht geachtet hatte / als er sie vor Prag im Walde angeredet / und alle seine Freundligkeit hervorgesucht. Wann dann die erinnerung darzu kam / daß sie weder sein geheimes LiebeSchreiben / noch die übergeschikten Geschenke von Klogio hatte annehmen wollen / brachte ihm solches eine solche Raserey / das er sich nicht anders geberdete / als wolte er vor Zweiffelmuht vergehen; und muste hieselbst Dagobert allen Wiz zusammen suchen / ihn wieder in Ruhe und Hoffnung zustellen; über welche Herz-fressende Einbildungen er sehr von Leibe / und kräfften kam / daß seine Eltern / da er zu Hause anlangete / sich darüber entsetzeten / uñ seine Fr. Mutter zu ihm sagete: Den Göttern sey dank /mein Sohn / daß sie dich so bald wieder hieher begleitet haben / zum Trost deinen Eltern und dem ganzen Lande; und ob dich gleich die Liebe in etwas an deinem Fleische gemindert hat / hoffe ich doch / deine Göttin (wie du sie nennest uñ schätzest) werde dein Gemüht gelabet und erquicket haben. Markomir ließ auff solche Rede einen herzbrechenden Seufzer aus /und gab damit den Anwesenden schon zuverstehen /daß seine Reise ümsonst gewesen währe; fing auch bald darauff an: Gnädigste Fr. Mutter / ich möchte von Herzen wünschen daß ihr Rätzel eintreffen solte; aber ich muß ihr aus betrübter Seele klagen / daß meine ehemalige Wald Göttin leider leider zur Meer Göttin worden ist. Ich verstehe dein Rätzel nicht / lieber Sohn / sagte sie. Darumb last uns schweigen /sagte König Hilderich / damit wir wissen mögen /was vor eine Wirkung diese andermahlige Gesandschafft gehabt habe / nach welcher wir unsere Anschläge richten werden; dann solte an Böhmischer seite Beschimpfung mit unterlauffen / würde ich gezwungen ihnen sehẽ lassen müssen was die zusammen gesetzete Frankische Sikambrische Macht kan und vermag; wird demnach mein Gesanter Dagobert anzeige tuhn alles dessen / was vorgangen ist. Dieser wahr darzu bereit / erzählete alles mit volkommenen Umständen / und legte der junge Fürst seine träulich gehaltene Schrifft dabey. Worauff der König dieses antwortete: Der Anschlag das Fräulein durch Kriegsmacht zuerhalten / ist ausser zweifel gleich bey eurer Ankunfft zu Prag verrahten; darauff haben sie ihre Grenzen mit Reuterey / und die Festung mit Fußvolk klüglich verwahret. Daß man sich bey Ankunfft vor der Stad nicht hat teutsch und auffrichtig melden wollen / ist ein schlimmes Versehen / / unlöblich / und eine gnugsame Ursach zum hochstschädlichen Mißtrauen / welche zugeben / ein jeder Vernünfftiger sich hüten muß. Redliche Erklärung hat die löbliche Königin gegeben / aber eine unverantwortliche Grobheit ist es / daß Dagobert dieselbe aus eigener Einbildung hat dürfen lügen straffen / ehe uñ bevor er einigen gewissen Fuß falscher stellung gehabt / daher er billich von Böhmischer[359] seite ausgehechelt ist / woselbst man doch mehr Höfligkeit gebrauchet hat / als man schuldig gewesen. Der Fräulein räuberische Entführung ist ein Werk der Götter / die solches nicht ohn Ursach verhänget haben / und ist ein wolgemeinter Vorschlag / mit der Nachfragung zu Padua / woselbst ich einen heimlichen Kundschaffer halten wil / welcher von dannen nicht weichen sol / ehe und bevor er von dem verlohrnen Fräulein gewisse Zeitung hat / wo sie sey /und wie sie gehalten werde; stehets dañ in Frankischer Macht / sie loßzumachen / und zur Heyraht zuerhalten / sollen weder Kosten / noch Mühe noch Blut daran gesparet werden. Nur liegt mir des jungen Teutschen einzige Nachsuchung mehr im Sinne als ihr Verlust selber; und da die Götter ihm das Glük würden verleihen / sie anzutreffen uñ loßzumachen / bedarff man keines Dolmetschers darzu / was zur Dankbarkeit ihm auff sein instendiges begehren dürfte geliefert werden. Ich wil aber den Göttern vertrauen / sie werden es dahin nicht lassen kommen; jedoch / wann ihr Schluß also gehen solte / wird an unser Seiten nichts übrig seyn / als in deren Willen sich zuergeben / und wil nimmer mehr hoffen / daß ich einen Sohn werde gezeuget haben / der so verwägen / unvernünfftig und gottloß seyn wolte / sich dem Himmel selbst zuwidersetzen / oder der grossen Krafft / deren sich die ganze Welt willig unterwirfft / entgegen zustürmen; Doch / wie gesagt / stehe ich annoch fest in der Zuversicht / die gütigen Götter / welche bißher noch allemahl mein Vornehmen gesegnet / werden uns einen angenehmen Ausschlag erleben lassen / als welche in dieser kurzen Zeit mich von meiner / äusserlichem Ansehen nach / unheilsamen Krankheit über alles verhoffen befreyet / und bessere Gesundheit verliehen / als ich vor nie gehabt. Also redete dieser hochvernünftige König / welcher zu seiner Zeit an Tapferkeit / kluger Weißheit und auffrichtiger Gerechtigkeit sehr wenig seines gleichen hatte. Aber sein Sohn / welchen die übermässige Einbildung der aller volkommensten Schönheit der Böhmischen Königlichen Fräulein / zu der unbezwinglichen Begierde der wirklichen Niessung / je länger je mehr anhetzete /kunte solche wolgegründete Ursachen nicht zuherzen nehmen / weil die starke Liebes-Bewägung seine Vernunft ganz übermeistert und nider geworffen hatte; deswegen er darauf sinnete / wie er den Vater / der ihn mehr als sich selbst liebete / auff andere Gedanken bringen möchte; wie er dann vor dißmahl dessen Vortrag also beantwortete: Gnädigster Herr und Vater; ich bin von Kindesbeinen auff von ihrer Gn. darzu angehalten / daß der Götter Schickung ich mir gefallen lassen / und denen nicht wiederstreben sol; welches ich auch so fest in meine Seele gedrukt / daß / wo es nicht eine grössere Kraft heraus treibet / als die es hinein gesenket hat / mir wol biß an mein Ende unverrükt verbleiben wird. Ich halte aber davor / die himlischen Götter wann sie uns ein überköstliches Gut zeigen / wie mir geschehen ist / fügen sie alsbald eine grosse und wichtige Schwerheit zur äussersten Bemühung dabey / ümb uns zuversuchen und prüfen /ob wir auch so viel Muht und Herz haben die Mühe anzutreten / und unsere Nachstrebung ihrer Gütigkeit beyzulegen. Werden wir dañ diesem nach / an unser seiten müssig sitzen / uñ lauren / ob die Götter uns dieses Kleinot in die Schoß hinein schütten / werden wirs mit unserm unwiederbringlichen Schaden erfahren / daß solches nicht anders sey / als seine Wolfahrt verseumen. Mein Gn. Herr Vater erinnere sich / bitte ich / seines gedoppelten Lebens-Spruches / dessen zwar der erste ist; Alles nach der Götter Willen und Schickung; der andere aber: Die Götter verkauffen uns ihre Güter ü unsere Arbeit.[360] Das allerkostbahreste Gut der Götter vor mich / ist die himlische Valiska / welche ich billich die Sonne der Unterwelt nenne; Was ists dann Wunder / daß sie auch anjezt in ihrem Lauffe nach der Götter Willen begriffen ist / nachdem die Sonne nimmer stille stehet? wer ihr nachläufft / wird sie ohn Zweiffel erlangen; wer aber stille sitzet / und wartet biß sie von ihr selbst zu ihm lauffe / wird einen blossen schlagen. Diesem nach / gönne mir mein Gn. Herr Vater / daß ich ihr nachlauffe / damit nicht der Sachsische Läuffer mir gar zu einen grossen Vorsprung abgewinne. Du trägest gute Speisen auff /mein Sohn / antwortete der Vater / aber das Salz mangelt / welches ich daran schütten muß; nehmlich die vorsichtige Klugheit. Du wilt lauffen / aber wohin? Du wilt suchen / aber an welchem Orte? Du wilt einem andern vorkommen / aber auff welcher Bahn? Sihestu was dir fehlet? Dein Seiger ist verrukt / der muß gestellet werden; aber durch Vernunfft / nicht durch blindes zuplatzen. Der Teutsche junge GroßFürst Herkules läufft; wir wollen auch lauffen / ja wir wollen lauffen. Herkules läufft ohn zweifel auffs ungewiß; das wird ihn nicht zum Ziele bringen; Markomir sol gewisser lauffen / so wird er dem Herkules vorkommẽ. Und schätze dich nicht geringer / mein Sohn / als jenen Herkules; dann was bey den Sachsen Herkules heisset / das heisset bey den Sikambern Markomir. Mein Uhr Anherr der allererste König der Sikambrer führete diesen Nahmen / und wahr des hoch berühmten Trojaners des Antenors Sohn / welcher vor 673 Jahren den ersten Grund dieses Reichs geleget hat / uñ wir denselben unter der Zahl unser Götter verehren. 216 Jahr nach seinem Tode herschete / der Neunde in der Ordnung / der Ander Markomir /und zwar eben so viel Jahr lang als der erste / nehmlich XXIIX Jahr / welchen wir als ein Wunder halten wegẽ seiner hochgelehrten Klugheit und Wissenschafft in den freyen Künsten. Der dritte Markomir kam 335 Jahr nach ihm / hat vor 97 Jahren das Reich angenommen / und demselben XXI Jahr lang überaus löblich vorgestanden; massen die Franken unter ihm an Reichtuhm und Kräfften mehr zugenommen / als unter keinem andern vor ihm; und da es den Göttern nit zuwider ist / gelebe ich der Hoffnung / du werdest der Vierde Markomir von unsern Nachkommen gezählet werden; Helffe der Himmel / daß du nicht geringer noch unbenahmter werdest als der vorigen einer. Aber mein Sohn / wollen wir in dieser Hoffnung unbetrogẽ seyn / müssen wir in alle unserm Vornehmen die Vernunfft vorne an setzen / als eine vollkommene Beherscherin aller unser Begierden; und wo wir uns in diesem Stük übersehen / wird die folgende Zeit uns entweder in das Buch der Vergessenheit /oder (welches noch schlimmer) der Verachtung einschreiben. Drumb ehe und bevor wir lauffen / wollen wir uns zuvor des Weges erkundigen / daß wir nicht nach Westen zurennen / wann wir gegen Osten sollen. Muß demnach ein geträuer und verständiger Diener zu Padua vernehmen / ob er daselbst / unser Wegweiser zu seyn / könne geschikt gemacht werden; sonsten wo ich dich zeitiger lauffen liesse / würde ich dich meinen einigen Sohn und gewissen Reichs-Erben ins Verderben jagen / dessen ich vor der ganzen Welt müste verachtet / und von allen meinen Untertahnen verfluchet seyn. Wie aber / mein Herr Vater / sagte Markomir / wann mir der Herkules vorlieffe? So tuht ers durch der GötterWillen und ihrer sonderlichen Schickung / antwortete er / denen wir durchaus nicht können widerstreben; Drum so du mich und dich / ja wo du die köstliche WeltPerle Frl. Valisken recht und vernünfftig[361] liebest / so gehorche mir / stehe in Geduld / als einem tapffern Herzen gebühret / und laß uns vernünfftig fahren / welches nicht seumen heisset /alsdann wird das Glük uns beyrähtig / und der Himmel uns behülfflich seyn. Dieses wahr zwar der Beschluß dieser Unterredung / aber gar kein Löschewasser auff Markomirs flammichte Brunst. Ein verständiger Frankischer Ritter / in der Lateinischen und Griechischen Sprache wol erfahren / nahmens Farabert /ward alsbald erwählet / selb dritte nach Padua zureiten / sich daselbst als ein schweiffender Ritter auffzuhalten / und an des Römischen Stathalters Hofe daselbst Kundschafft zusuchen / damit er sich beydes des geraubeten Fräulein und des GroßFürsten Herkules Zustandes erkündigte / und alle Wochẽ fleissigen schrifftlichen Bericht tähte. Dieser / als er daselbst ankam / und den Ruhm der unvergleichlichen Tapfferkeit des Teutschen Herkules von jungen und alten hörete / dann auch / daß derselbe über der Fräulein Verlust sich mehr / als über kein Ding in der Welt entsetzet hätte / und ohn alles seumen ihr als ein geworbener Räuberknecht gefolget währe / auch wie man davor hielt / schon in Erfahrung gebracht / an was Ort und Enden er das geraubete Fräulein antreffen könte; überschrieb er dieses an den König / wie es an sich wahr / und schickete es bey seiner Diener einem über; welcher zwar von Farabert befehlichet wahr / es niemand als dem Könige einzuliefern / aber Markomir hatte seine Leute bestellet / welche ihm des Klodimirs (also hieß dieser Diener) Ankunfft zuwissen tahten /noch ehe er zu dem Könige kam; begehrete demnach /er solte sich straks angesichts zu ihm auff sein Gemach verfügen. Dieser / den jungen Fürsten so ungestalt / bleich und mager sehend / als welcher in steter Wehmuht sein Leben zubrachte / entsetzete sich darüber / und wolte ihm allerhand Trost einsprechen; Er aber fragete also bald nach / ob er ein Schreiben an seinen Herr Vater hätte? Ja / antwortete er; bin aber schuldig / solches niemand als dem Könige selbst zuliefern. Umb so viel schlimmer vor mich / antwortete er; doch wolte er ihm das Schreiben nicht mit Gewalt abnehmen / sondern ging mit ihm hin nach dem Könige / umb / den Inhalt desselben zuvernehmen. Der König sahe ihn ungerne dabey / merkete auch schon aus Klodimirs Gesichte / daß noch zur Zeit wenig Trostes vor seinen Sohn würde verhanden seyn / und durffte ihm doch das übergeschriebene nicht hinterhalten. Welches sie beyde mit einander lasen / und der König alles zum guten auszudeuten bemühet wahr /aber die Muhtmassung wahr viel zustark vor den so hochgerühmten Herkules; daher Markomir also mit betrübetem Herzen anfing: Nun ihr Götter / dann euch allein muß ichs zuschreiben; Ihr habet mich vor unwirdig erkant / diesen Schatz zubesitzen / der über eines Menschen Wirdigkeit gehet / dann sonst hättet ihr meinem Herr Vater die Gedanken eingeblasen /daß er mir gegönnet hätte nachzufolgen / da vielleicht auch noch ein mitleidiger Gott mir den Weg zu dem Fräulein gezeiget hätte / daß ich ehe als Herkules /oder mit ihm zugleich angelanget währe / und auffs minste aus ihrem Munde meine letze Urtel angehöret hätte; Weil aber nun ein solches verseumet / und unwiderbringlich ist / würdet ihr Götter dem elenden Markomir keine höhere noch angenehmere Gnade erzeigen können / als daß ihr seine mühselige trostlose Seele aus der ungenehmen Herberge des schon abgematteten Leibes abfodertet; fürchte aber sehr / ihr werdet ihn noch länger zuquälen Lust tragen. Der Vater wolte ihm Trost einreden / aber er baht denselben / sein zuverschonen / weil seinem Herzen unmöglich währe / dessen ichtwz[362] anzunehmen / und währe ihm nichts liebers als die Einsamkeit. Es brachte dieses dem Könige die Trähnen aus den Augen / und hielt vor rahtsam / ihn vorerst ihm selber zu gönnen /nur fürchtete er am meisten / er möchte aus Verzweifelung sich selbst entleiben / welches abzuwenden / er allerhand Gewehr und Messer von ihm abnehmen ließ / welches er geduldig erlitte / unter der Hoffnung /man würde daher desto weniger Aufsicht auff ihn haben / dann sein ganzer Vorsatz wahr / seinem Leben ein Ende zumachen. Zween ädle Frankische Jünglinge / welche mit ihm aufferzogen / und von ihm sehr geliebet wurden / musten auff des Königes Befehl ihm auff seinem Gemache Geselschafft leisten /welches ihm der gröste Trost wahr / weil er keinen andern Menschen umb sich leiden mochte. Nach eingenommenen wenig Speisen und starken Trunk gewässerten Weins / legte er sich diesen Abend früh zur Ruhe / lag etwa ein halb stündichen ganz stillschweigens auff dem Bette / trieb etliche Gäukeley mit den Händen / und lächelte zuzeiten dabey ein wenig. Der eine ädelknabe wolte mit ihm reden / und ihm von seiner Stuterey (wozu er sonderliches belieben trug) etwas vorsagen; Er aber sagte zu ihm: Mein Walther (also hieß dieser) was hastu dich zwischen zwey verliebete Fürsten-bilder einzumischen? meynestu daß meine Gnade gegen dich grösser sey als daß sie könte gebrochen werden? Sihe da / ich gebiete dir / wo du mich noch einmahl verstörest mit der zu reden / deren ich ganz eigen bin / wil ich dich lassen an den lichten Galgen hencken. Ach ihr Götter / fing dieser mit Trähnen an / was wird hieraus werden? Der andere Jüngling / Nahmens Anther / trat zu ihm / und sagete: Durchleuchtigster GroßFürst / kan mir dann wol erlaubet seyn / mit euch zuschwätzen? Ja / sagte er /wann du weist wer ich bin. Wie solte ich solches nicht wissen? antwortete dieser; Eure Durchl. ist ja unser GroßFürst Markomir. Was? sagte er / bin ich der verfluchte Markomir? Wie solte ich mich wünschen ein solcher unglüklicher Liebhaber zuseyn; Mein Nahme ist Herkules / gebohrner GroßFürst der unüberwindlichen SachsenVölker; und werde ich nach Verlauff vier Monat das Beylager mit meinem vertrauten Fräulein halten. Walther lieff auff solche Rede hin nach dem Könige / und zeigete ihm solches wahnwitzige Vorbringen mit Trähnen an; Welcher ihm zur Antwort gab: Dieses ist später kommen als ich michs befürchtet habe; Die Götter wollen sich mein und meines lieben Sohns erbarmen; gehe du aber wieder hin / und gib nebest deinem Gesellen gute acht auff deinen Herrn / dz ich bald erfahre / wie sichs weiter mit ihm schicket / dann ich fürchte noch viel ein schlimmers. Inzwischen wolte Anther ihm einreden / und solche Einbildung ihm benehmen; aber er sahe denselben mit verwendeten Augen und greßlichem Gesichte an / und dräuete ihn zu fressen / wodurch er geschrecket / ganz stille schwieg. Der König ließ seinen Leib Arzt zu sich fodern / gab ihm das Unglük zuverstehen / und fragete / was vor Raht hie seyn würde / des jungen Fürsten Witz zuretten. Dieser machte sich alsbald fertig zu ihm zugehen / und wo möglich / ihm die Ader springen zulassen / fand ihn aber im harten unruhigen Schlaffe ligen / welcher ihn als im Augenblicke überfallen hatte; und sahe er aus allen Zeichen / daß ihm das Gehirn schon verrücket wahr / auch nach geendigtem Schlaffe er eine tobende Wuht würde sehen lassen; daher riet er dem Könige /welcher ihm gefolget wahr / daß man ihn also schlaffend mit dem Bette auff ein festes Gemach brächte /damit er nicht loßbrechen könte / welches ohn seumen geschahe. Gegen den Morgen erwachete er / fing ein hartes Geschrey an /[363] welches einer Ochsen- als Menschen-Stimme ähnlicher wahr / sprang aus dem Bette / und zureiß sein Hemde in kleine Läplein / stund ohn alle Schahm ganz mutternacket / und rief / man solte ihm seine ritterliche Rüstung bringen / es müste sein Erzfeind der Frankische Markomir diese Stunde von seinen Händen sterben / als welcher ihm seine vertrauete unredlicher weise abspenstigen wolte. Walther und Anther waren bey ihm auff dem Gemache / und hatten sich aus Furcht verstecket / dann sie gedachten nicht anders / er würde sie erwürgen; endlich schliech der erstgedachte heimlich nach der Tühr / und klopffete leise an / daß die haussen stehende Diener ihm auffmachen solten / welches zwar geschahe / aber Markomir ward dessen zu früh innen / sprang so nacket hinter ihm her wie ein Hirsch / daß er zugleich mit ihm aus der Tühr kam / erhaschete ihn im Platze /und hätte ihn ausser Zweiffel erwürget / wann nicht sechs starke Knechte herzugelauffen währen / und ihn gerettet hättẽ / welche auch des jungen Fürsten endlich / wiewol mit grosser Mühe und Arbeit / mächtig wurden / und ihn bey Armen und Beinen wieder nach seinem Gemache schleppeten. Seine Eltern sahen an ihm sehr grosses Herzleid / und kunte seine fro e Mutter sich anfangs nicht zufrieden geben; dann er blieb in solchem Wahnwitz eine geraume Zeit / biß ihm noch endlich durch einen erfahrnen Arzt raht geschaffet ward / wovon zu seiner Zeit Meldung geschehen wird.

Unser Valikules / wie droben gesagt / reisete mit Gallus in der Landschafft Achaja / in willens nach Korinth sich zu begeben / und stellete sich der fremde Ritter sehr freundlich gegen ihn / welchen er meinete ohn gefehr in seine Geselschafft kommen seyn. Sie redeten miteinander von neuen Zeitungen / und wuste dieser von so mañicherley Sachen zu schwäzen / daß Valikules ihm sehr gewogen wahr; unter andern trug er ihm diese Geschichte vor / welche sich vor etwa X Wochen zugetragen hätte; Es wohneten nicht weit von Korinth / sagte er / zween Ritter in einem Flecken /einer schon zimliches Alters / von LVI Jahren / welcher nie Lust zum Frauenzimmer gehabt / und seine Anverwanten ihn zur Heyraht nimmer haben bewägen können; der ander XXX Jahr jünger als dieser / hat schon vor IV Jahren eine adeliche frische / wie wol ehrliebende Jungfer geehelichet / aber mit ihr nie keinen Erben gezeuget / ohn daß sie vor XIIX Wochen eines jungen Söhnleins genesen / welcher nicht allein dem vorgemeldeten alten Ritter sehr ähnlich wahr /sondern hatte auff der linken Hand ein Schwert-mahl /gleich wie derselbe Ritter auch; wo durch der Jüngere in hefftigen Argwohn gerahten ist / es habe sein Weib diesen Sohn mit jenem im Ehebruch gezeuget / welches ihm auch kein Mensch hat können aus dem Sinne bringen / dann er allemahl beständig vorgegeben / die Götter hätten durch solches Zeichen seines Weibes Unträu wollen offenbahr machen; und würde er sie schon ermordet haben / wann nicht ihre Eltern sie in den Sechswochen heimlich entführet und in Gewarsam gebracht hätten / welches doch wieder der Frauen Willen geschahe / sich befürchtend / sie würde sich dadurch der Schuld verdächtig machen. Ihr Ehe Junker / als er sahe / daß die Gelegenheit sich an ihr zurächen / ihm benommen wahr / nahm ihm vor sich an dem Ehebrecher zuerhohlen / welches er also anschlug; Es hatte derselbe seinen Reiten den Diener /umb einer Unträu willen abgeschaffet / welchem er allemahl viel vertrauet hatte / nunmehr aber in erfahrung brachte / daß er ihn vielfältig betrogen; diesen nahm der jüngere Ritter / nahmens Timoleon /[364] in Dienste an / hielt ihn wol und fragete ihn / warumb sein voriger Herr von XLIV Wochen her / sich weder von anderen hätte wollen lassen besuchẽ / noch andere ansprechen. Dieser gab zur Antwort; er möchte die Ursach nicht melden / weil derselbe es sehr heimlich hielte / und nunmehr sich bald wiederumb würde unter die Leute machen. Dieser aber hielt so hart bey ihm an / daß er endlich es offenbahrete; nemlich / als dieser sein voriger Herr dazumahl bey ihme währe zu gaste gewesen / währe er nach Mitternacht zu hause kommen / und hätte gar nichts mehr von seinem Barte gehabt / welchen er sonsten zimlich lang zutragen pflegete / hätte vorgeben / es währen ihm etliche vermumete Buben auf der Strasse begegnet / welche ihn angefasset / und mit einer Scheren ihm den Bart reine hinweg geschnitten; und weil er sich in solcher Gestalt nicht möchte sehen lassen / wolte er daheim bleiben / auch wann mann nach ihm fragete / sich lassen verleugnen / biß der Bart ihm guten teils würde wie der gewachsen seyn. Timoleon dachte diesem ernstlich nach / und erinnerte sich daß Phorbas / (so hieß der alte Ritter) ihn dazumahl gewaltig zum Trunk genöhtiget / und von ihm erhalten / dz sein junges Weib hätte mit zechen müssen; weil dann Timoleon noch sehr wenig vom Bart hatte / gedachte er; was gilts /wo nicht dieser alte haberstolz von unbilliger Lust gereizet / durch abschneidung des Barts sich mir hat etwas ähnlich machen wollen / daß er da durch mein unschuldiges Weib hintergangen / und ihr unwissend solche Schande angefüget hat; und dieses bildete er ihm so fest ein / daß er gar nicht mehr daran zweiffelte / insonderheit / weil er sich erinnerte / daß er in der Trunkenheit jensmahl / wüste nicht wie / währe entkleidet / und in das Nebenbette gelegt worden. Sein grosser Eifer trieb ihn / nicht lange zuruhen / taht seinem neuen Diener grosse Verheissung / da er ihm helffen könte zu Phorbas auff sein Gemach zukommen /wann er allein währe / weil er ihm etwas anzuzeigen hätte / daran ihnen beyden viel gelegen. Dieser gedachte nicht / daß Timoleon mit gefährlichen Sachen umbginge / wahr ihm zu Willen / und ging mit ihm hin nach Phorbas Hoff gleich umb die Zeit / wann derselbe in seinem Lustgarten pflegte allein umbher zugehen / und an den mañicherley selzamen Gewächsen sich zuerlustigen; woselbst ihn auch Timoleon antraff / da er in der Sommerlaube saß / und in des Homerus Schrifften lase. Phorbas entsetzete sich / als er ihn sahe / und meldete ihm sein Gewissen alsbald /was die Ursach seiner Ankunfft seyn würde / gleich da er ihn hörete also reden: Du Erzverrähter und bübischer Ehebrecher / warumb hastu mir mein Weib geschändet / als du unter dem Schein redlicher Freundschafft mich besuchetest? leugne nur nicht warumb du den Bart selbst abgeschnitten / dann es ist mir viel zukund worden / und schicke dich zum tode / dann du must sterben. Phorbas gab zur Antwort: Mein Freund / ich habe mich an euch und eurem ehrliebenden Gemahl durch antreibung unziemlicher begierden hart vergangen / und bin willig den Tod davor zu leiden /nur schonet eures Gemahls / welche allerdinge unschuldig ist / und von dieser meiner Untaht nicht das allergeringste weiß. Timoleon hatte auff solche Bereuung sich bedacht / was er mit ihm vornehmen wolte /doch endlich durch Eifersucht übermeistert / hat er ihm das Schwert durchs Herz gestossen und ist davon gangen. Es wahr aber des PhorbasLeibdiener gleich darzu kommen / umb seinem Herren anzumelden /daß sein Bruder Philotas nebest seiner zwo Schwester Männern Jason und Hyllus kommen währen ihn zubesuchen; Dieser als er den Timoleon gesehen[365] sein blutiges Schwert abwischen / hat er gleich die Wahrheit gewähnet / und den dreyen jeztgemeldeten es weinend geklaget / welche alsbald zu ihm hinein gedrungen /und mit vielen Stichen und hieben ihn nidergemacht haben; sind darauff davon geritten / und haben die Sache über dz anhängig gemacht / da Timoleons /sonst ehemahls des Phorbas Knecht alles hat müssen außsagen / welcher auch darauff des Landes verwiesen ist. Timoleons tugendreiches Weib / als sie allen Verlauff erfahren / hat sie ihres Ehe Junkern Tod heftig beweinet / ist bald hernach auffgefahren / und hat anfangs ihrem eigenen Kinde / aus Eifer wieder den Betrieger Phorbas / den Hals umbgedrehet / und hernach sich selbst von der Höhe herunter zu tode gestürzet; welches ihrer Mutter so sehr zuherzen gangen / daß sie in der Ohmacht verschieden ist. Aber hiemit hat diese Streitigkeit noch kein aufhören / sondern Timoleons Schwiegervater hat sich mit einer Gegenklage wieder die Mörder seines Schwiegersohns gesetzet / und gibt diese Sache den Richtern nicht wenig zuschaffen / wie sie darin sprechen sollen / daß der heiligen Gerechtigkeit ein Genügen geschehe. Valikules gab zur Antwort / es währe ein zumahl kläglicher Fal / und dafern nicht kluge Richter denselben zuerörtern bekähmen / könte der Gerechtigkeit leicht eintrag geschehen. Da es umb den Mittag kam / sahen sie einen Weg nach der Rechten zu / von der Landstrasse auff ein Gehölze gehen / welchen der Ritter vor sich nam /vorgebend / er ginge viel richtiger nach Korinth / und läge ein kleiner Flecken hinter dem gehölze / in welchem sie Mahlzeit halten / und die Hitze etwas vorbey gehen lassen könten. Valikules sagete; er hielte sich allemahl lieber auff der Heerstrasse / weil die Nebenwege von Mördern und Räubern nicht so gar sicher währen / jedoch wolte er ihm folgen. Als sie vor das Gehölze kahmen / sträubete sich sein Pferd mit ganzer Gewalt / und wolte nicht hinein; uñ wie ein guter Reuter er sonst wahr / muste er doch dem Pferde vordismahl seinen Lauff gönnen / biß ers mit Sanfftmuht lenkete. Das Pferd wegerte sich abermahl / aber er gab ihm die Sporn und zwang es mit Macht fortzugehen / sagte auch zu ihm: Harre bistu da zubrochen /daß du dich vor den Bäumen entsetzest / werde ich dich bald abschaffen und ein anders an deine Stelle kauffen. Aber es wahr des Pferdes Schuld nicht / sondern ein Zeichen des bevorstehenden Unglüks. Sie ritten unter den lustigen Bäumen im gewünschten Schatten fort / uñ gedachte Valikules an keine Verrähterey /sondern hielten ihr Gespräch immer fort / und da sie des Waldes Ende schier erreichet hatten / sahen sie einen Bauren mit einem fuder Holz quehr durch den Wald daher fahren / und ihnen nachfolgen / da sie in einem engen Fahrwege ritten / welcher an beyden Seiten hohe Ufer hatte. Valikules sagte zu dem Ritter; hie ist gar ein schlimmer Ort / und wann noch ein Wagen auff uns zu stossen solte / könten wir weder hinter noch vor uns kommen. Der Ritter gab ihm zuverstehen / es währe ein kurzer Weg / da diese Enge auffhörete / und weil es ein schattigter Ort wahr taht er den Helm ab / sich zuerkühlen / vermahnete auch Valikules der frischen Lufft sich zu blössen; dessen er sich wegerte / weil man in solchẽ Schlupflöchern nicht zu sicher seyn dürffte. Er hatte die Worte kaum außgeredet / da hörete er ein geklapper der Waffen / und sahe bald darauff in die 50 Mann / teils geharnischt / teils gepantzert / mit Hellebarten und Schlacht Schwertern in zimlicher Ordnung gegen sie daher treten. Valikules fragete den Ritter / was dieses bedeutete; es ginge ja keine öffentliche Fehde in dieser Landschafft vor; bekam aber so kalte[366] Antwort / daß er an des Ritters Auffrichtigkeit zweifeln ward. Hierzu kam / daß der Baur seinen Holzwagen forne im Wege stehen ließ /die Pferde abstrickete / und mit denselben davon rennete; sagete deswegen zu Gallus: Wir sind gewißlich verrahten; kehrete sich hernach zu dem Ritter / und fragete / warumb er ihn an diesen gefährlichen Ort geführet hätte; welcher sich aber gar trotzig erzeigete /und mit höhnischem Gelächter fragete: warum er ihm gefolget währe? Er hätte ihn ja nicht gezwungen noch genöhtiget, wolte er aber guten Raht erkennen / solte er sich ja sonder Sperrung ergeben / sonsten dürffte ers nicht lange machen. Ey du schändlicher Verrähter / sagte Valikules; wie lange ichs machen werde / stehet bloß allein bey Gott; du aber solt dich deiner Verrähterey nit lange rühmẽ; zog hiemit sein Schwert aus / uñ spaltete ihm das Häupt mittẽ von ander. Das herzudringende bewafnete Gesinde sahen dieses / uñ schrihen ihm zu: Ey du mein äidiger Ritter / waru tödtestu diesen vornehmen Herrn? Mit welchen Worten sie feindlich auff ihn zulieffen. Valikules sahe /daß es ihm gelten solte / weil aber daselbst kein Ort zum Pferdestreit wahr / und sie zu Fuß auff ihn ansetzeten / stieg er samt Gallus ab / uñ stelleten sich vor den Wagen an beyden seiten der Deichsel / daß man weder von hinten noch von der seite her ihnen beyko en kunte. Bald traten zween mit Hellebarten vor dem Hauffen her / und begehreten mit trotzigen Worten / sie solten sich gefangen geben. Valikules fragete ihn / in wessen Nahmen er solches an ihn begehrete. Du wirst es noch mehr als zu früh erfahren / sagte dieser / und jemehr du dich wiedersetzest / je härter wird die Straffe seyn. Ich weiß mich keiner übeltaht schuldig / antwortete er / daher mir kein Mensch straffe zudräuen hat. Dieser meinete ihn zugreiffen / und rief /man solte ihm einen Strik reichen; aber Valikules schlug ihm die Hellebarte zur seite aus / und stieß ihm das Schwert durchs Gerippe / daß er ungeredet zur Erden stürzete. Die anderen dieses sehend / stürmeten einmühtig auff ihn zu / daß sie ihn mit ihren Leibern zu bodem stiessen / fasseten ihn bey Händen und Füssen / und bunden ihn / daß er kein Gliedmaß regen kunte; worüber er sich dermassen erzürnete /daß ihm das Blut aus den Lippen sprang. Gallus ward auf gleiche Weise gefesselt / welches er ansahe / uñ diesen verwägenen Hauffen nochmahls fragete / was vor Ursach oder Befehl sie hätten / ihn dergestalt zuüberfallen. Sie möchten ihm sein Leben bißdahin fristen / daß er vor die Obrigkeit dieses Orts treten / und seine Unschuld dartuhn könte. Ja / antwortete ihm der Führer; vor die Obrigkeit soltu freylich gestellet werden / uñ begehrete dieselbe dich nicht lebendig / würdestu schon kalt seyn. Er kunte ihm nicht einbilden /was man dieses Orts auf ihn zusprechen hätte / biß ihm einfiel / es müste entweder wegen der beyden zu Korinth erlegeten Ritter / oder wegen des auff dem Wege nach Elis gehaltenen Kampfs / oder wegen Parmenions seyn; ward doch froh / daß ihm Lebens Sicherheit biß dahin versprochen wahr / und redete dieses Gesinde gar beherzt an / da er zu ihnen sagete: Weil es dann Gott also schicket / daß ich euer Gefangener seyn muß / so gehet mit mir ümb als mit einem hochädlen Römischen Ritter / und machet die Bande loß / damit ihr mich gefesselt habet. Ja / sageten sie /die Beine sollen dir gelöset werdẽ / daß du aber keinen Mord mehr begehest / werden wir dir die Fäuste schon verwahrẽ; bunden ihm auch dieselben ganz unbarmherzig auf den Rücken / daß die Stricke ins Fleisch schnitten / welches er geduldig erlitte / und geschwinde mit ihnen fortging / nachdem sie ihm den Harnisch und alles Gewehr abgenommen hatten. Als sie in dem Flecken anlangeten /[367] führeten sie ihn auf das Schloß / welches gar zierltch gebauet wahr / und in dem er in das Thor hinein trat / begegnete ihm ein Diener / und sagte zu ihm: Bistu da du Verrähter uñ Mörder? Ey das leugestu / antwortete er / ich bin ein ehrlicher Ritter. Der Bube zohe die Faust / schlug ihn ins Gesichte und sagete: Darfstu noch viel trotzen? Jedoch gib der Zungen urlaub / weil du sie gebrauchen kanst / iñerhalb wenig Stunden sol sie schon ruhig seyn. Valikules litte diese Schmach geduldig /sahe gen Himmel / und baht seinen Erlöser inniglich /daß er ihm wolte gnädig seyn / und da es sein Väterlicher Wille währe / ihn nicht so schändlich ümkommen lassen / damit die teuflischen Pfaffen in Teutschland nicht Ursach zu lästern hätten / ob währe ihm solches wegen Verleugnung der falschen Götzen begegnet. Etliche von dem Hauffen gingen zu dem Herrn des Schlosses / welcher Charidemus hieß / und zeigeten an daß der Verrähter gefänglich hergebracht währe / welcher / ehe er gegriffen worden / seinen Oheim / Ritter Nikokles erschlagen hätte; worüber er sich von neuen eiferte / und hinunter sagen ließ / man solte den gefangenen Doppelt-Mörder hierauf schleppen; welches alsbald geschahe / und Valikules verlangen trug / zuvernehmen / was vor Mordtahten man ihm vorhaltẽ würde. Er ward auff ein zierliches Gemach geführet / in welchem ein alter ansehnlicher Herr auf einem schwarzen Sa eten Stuele saß / und neben ihm ein schönes junges adeliches Weib. Dieser empfing ihn mit einem grimmigen Angesichte / uñ redete ihn also an: Bistu da / du mörderischer Bösewicht / der du den treflichen Held und Kriegs Obersten / Herrn Parmenio / meinen leiblichen und einigen Bruder so verrähterlich ermordet hast? Valikules sahe ihn wiederumb ganz feurig an / und antwortete: Herr seyd ihr Ritterstandes / und haltet etwas auff Ritterliche Hocheit / so lasset mich ungebunden mit euch reden / dann ich bin ein Römischer Ritter von hohem Adel / und habe durchaus nicht verdienet / daß ich so schändlich gebunden / und als ein übeltähter geschleppet werde. Die Frau sahe ihn mitleidig an /kunte sich seiner vortreflichen Schönheit nicht gnug verwundern / empfand auch eine solche Erbarmung gegen ihn in ihrem Herzen / daß ihr die Trähnen aus den Augen stiegen / dessen sie sich doch nicht durfte merkẽ lassen. Charidemus antwortete ihm gar höhnisch: Bistu ein Römischer Ritter? Ja / sagte er / als lange mir Gott das Leben göñet. So soltestu auch Römische Ritterliche Tahten begehen / antwortete er /wañ du nicht woltest gebunden seyn. Ich weiß mich durchaus keiner unredlichen Tahten schuldig / antwortete er / welches ich vor allen uñ jeden redlichen Richtern dartuhn wil; aber seyd ihr Ritterlichem Stande jemahls hold gewesen / so erlasset mich der Bande / biß ich mich verantwortet habe. Die Frau wagete es /und baht ihren Herrn / ihn nur bißdahin auflösen zulassen / welches er endlich verwilligte / sprechend: Ob du gleich billich diese Bande trägest / biß dir nach Verdienst gelohnet werde / wil ich dannoch aus lauter Barmherzigkeit dir so viel Gnade erzeigen / deren du doch nicht wirdig bist. Als ihm die Stricke abgelöset wahren / und er sahe / wie ihm die Arme zugerichtet /ging ihm diese Schmach mehr als der Tod zuherzen /fing seine Rede mit höflichen unerschrockenen Geberden an / und sagete: Herr; euer Stand uñ Nahme ist mir unbekand / daher wird mir leicht zuverzeihen seyn / daß ich mit euch / als mit einem Unbekanten rede. Ihr habt mir vorgeworffen / als hätte ich eurẽ Bruder verrähterlich ermordet; nun sind ja so viel tausend Menschen zugegen gewesen / die unsern Kampf angesehen / daß ich mich nicht unbillich verwundere / wie ich einiger Verrätherey[368] könte beschuldiget werden; ich habe ja mit ihm in offenem Felde gestritten / ohn alle List und Verrähterey / wozu er mich durch unerhörete Schmach genöhtiget hat. Kan diesen meinen Worten nicht gegläubet werden / so haltet mich in gnugsamer Verwahrung / und fraget die ganze Stad Elis. Sonst sehe ich euch als einen trefflichen Herrn /vor einen redlichen Rittersmann an / und mache mir die gänzliche Hoffnung / ihr werdet mit mir ritterlich und ohn Gewalt verfahren; ist aber einer oder ander zu gegen / welcher mich einiger Verrähterey beschuldigẽ wolte / wider denselbẽ erbiete ich mich / bloß ohn Harnisch / mit dem Schwert zu streitẽ / ja wañ ihrer gleich drey oder vier wären; dañ ich getröste mich meiner Unschuld / und bin versichert / mein Gott werde dieselbe retten. Charidemus antwortete; Ich habe dich nicht fahen lassen / daß du alhier mit mir zanken / oder mir zur Lust einen Kampff halten sollest / sondern daß du meinen Bruder ermordet hast / der ungleich besser wahr als du / davor ist mir dein Leben verfallen / wann du auch zehn Hälse hättest; und was wiltu dich viel entschuldigen und durch Lügen weiß brennen? Hastu nicht gleich jetzt eine mördliche Taht an meinem Oheim einen trefflichen Ritter begangen / worüber du von meinem Volk ertappet bist? sprich auch / das dieses nicht mördlich gehandelt sey. Valikules antwortete; Ich gestehe / daß ich diesen Ritter aus gerechtem Eifer nidergehauen /weil er mir ungescheuhet ins Gesichte sagete / daß er mich verrahten / uñ euren Dienern listiger Weise überliefert hätte / da er doch anfangs als ein sonderlicher Freund sich anstellete; und als er hierüber noch willens wahr mich anzugreiffen / bin ich ihm mit meinem Schwerte zuvorkommen; habe also nach aller Völker Recht gehandelt / welches unser selbst verteidigung zur Nohtwehr nicht unrecht heisset: jedoch /kan dieses / weil es euch zuwieder / mit Gelde gebüsset werden / so fodert getrost; ich wil nicht von hinnen begehren / biß solches erleget sey. Charidemus sagete; ich bedarff deines Geldes nicht / dessen ich mehr habe als du / sondern dein Häupt ist mir die rechte Bezahlung / das muß vor mir auf der Schüssel stehen / ehe und bevor drey Stunden vorbey gangen sind / wovor dich kein Gott schützen sol. Valikules hörete diese Gotteslästerung viel ungeduldiger / als die Dräuung an / erinnerte ihn gleichwol / er solte sehr wol bedenken was er tähte; er währe ein Römischer Herr / und des Käysers naher anverwanter / welcher ohn allen zweiffel seinen Tod an ihm und seinem ganzen Geschlechte sehr hart und schwer rächen würde. Gut gut / sagte Charidemus / das du mir solches anzeigest / dañ desto weniger werde ich dich loß geben / damit du hernähst der Rache entübriget seist. Rieff hiemit seinen vier Schergen / die vorm Gemache auffwarteten / und sagete: Nehmet diesen gefangenen Buben / uñ führet ihn an die Stätte / wo er heut meinen lieben Oheim erschlagen hat / daselbst hauet ihm das Häupt von den Schultern / reisset ihm das schelmische Herz aus dem Leibe / und zerstücket ihn in XXIV teile / deren eines jedwedem meiner Freundschafft zur billigen Rache über meines Bruders Tod sol zugestellet werden; hernach enthäuptet auch sei nen Diener / und weil er nichts böses getahn / so verscharret seinen Leib in die Erde. Die vier Henkers Buben wahren von Leibe sehr stark; jeder hatte ein grosses Richtschwert an der Seite / uñ einen Strik in der Hand / welche mit einem Häuptwink ihren Gehorsam zur Volstreckung anzeigeten. Valikules entsetzete sich vor dieser Urtel nicht / enderte seine Farbe nicht im geringesten / sondern stund wie ein Engel mit frölichem Gemüht mid sagete: Herr; euer Recht muß[369] warlich mit MenschenBlut geschrieben seyn; und hätte ich nie gegläubet / daß grössere unbarmherzigkeit und Grausamkeit in Griechenland als in der Skytischen Barbarey solte geübet werden; jedoch / dafern diese Urtel unwiederrufflich ist / wil ich mich willig drein geben; Bittet ihr aber Gott / daß er mein unschuldiges Blut an euch nicht in kurzen räche; Ich verzeihe euch von Herzen alles / was ihr durch Gewaltsamkeit an mir tuht; nur eines bitte ich euch: lasset mich ungebunden hinführen / daß man gleichwol diesen geringen Unterscheid zwischen Rittern und gemeinen verurteileten Leuten halte; Ich bin ja ohn alle Waffen / und haben sich diese vier starke Männer meinetwegen im geringsten nicht zubefürchten. Ihr aber / wolgebohrne Frau / sagte er zu Charidemus Gemahl / seyd von mir ehrendienstlich gebehten / und erhaltet mir dieses bey eurem Herrn; kan ichs sonst nicht vergelten / weil mein Leben daran muß / und ich mich dem Tode ergeben habe / so nehmet dieses schlechte von mir anstat einer geringen Vergeltung. Mit welchem Worte er ein köstliches Kleinot hervor zohe / und ließ es der Frauen durch einen anwesenden ädelknaben einreichen. Die Frau fragete ihren Herrn demühtig / ob ihr erlaubet währe solches anzunehmen; welcher antwortete: Was solte der Bettelbube vor köstliche Kleinot haben? nehmet hin und besehet es. Der Frauen gefiel dasselbe sehr wol / und weil sie davon guten verstand hatte / sagte sie ihm heimlich: es währe ein Fürstliches Kleinot von hohem Wert; fing hernach an / ihren Herrn mit furchtsamer Rede zubitten / wann es ihm gnädig gefallen könte / möchte er ihn ungebunden hinführen lassen / nachdem er unbewehret währe / und die Schergen ihn wol würden verwahren können. Charidemus sagete zu Valikules: nicht allein du / sondern dieses Kleinot / welches du etwa magst gestohlen haben / ja alles was in deiner Gewalt seyn mag / ist mir heimgefallen / daher du es nicht verschenken kanst; jedoch weil mein Weib vor dich eine Bitte einleget / soltu dessen zugeniessen haben / und ungebunden hingeführet / auch also abgetahn werden. Ihr aber / sagete er zu den Henkern, sehet zu / daß er euch nicht entwische / und verrichtet an ihm was euch befohlen ist / oder ihr sollet an seiner stelle stehen. Der gröste unter ihnen antwortete: Gnädiger Herr / ich wil euch sein Häupt liefern / welches ich wie eine StekRübe hinweg hauen wil; und gefält es Euer Gn. so übergebe sie mir dieses Bübichen allein; Er müste mir warlich nicht entrinnen /wann seiner gleich ein halb dutzet währe; dann mein kleinester Finger ist kräfftig gnung ihn zu erwürgen. Valikules hatte schon diese Erklärung gefasset / daß da man ihm die Freyheit der Hände würde gewegert haben / einem Schergen das Schwert zunehmen / und im Gemache sich mit ihnen herumb zuhauen; weil er aber Charidemus Einwilligung mit Herrenfreuden vernam / enderte er sein Vorhaben / und rieff seinen Heyland in höchster Andacht an / Er möchte ihm Stårke und Krafft verleihen / sein Vorhaben zuvolbringen /gedauchte ihn auch / nach ausgelassenen Seuffzen /ihm würde ein sonderlicher Trost und innigliche Freudigkeit ins Herz gegossen. Als er zur Tühr hinaus treten solte / sagte er: Hochädle Frau / ich bin schuldig /euch vor die erzeigete Gunst und Vorbitte demühtig zu danken / zweifele auch nicht / der allerhöchste Gott werde es euch reichlich vergelten / daß ihr einem ehrlichen Ritter die schimpflichen Bande abgenommen habt / welche ich in Warheit mehr als die gesprochene Urtel gescheuhet habe / weil in meinem Vaterlande Ketten und Bande ungleich mehr schänden als das RichtSchwert. Der Frauen stunden die Augen[370] voll Wasser / kunte vor mitleiden kein Wort sprechen /durffte auch wegen Charidemus gegenwart nicht /welcher sie hart und verächtlich hielt; Wiewol sie nicht unterließ / ihm eine sehr freundlichen Blik zuverleihen / und hiemit zuverstehen gab / wie geneiget sie ihm währe. Also ward er zwischen zween Henkersbuben hingeleitet / welche viel Gespöttes und unkeusche Reden gegen ihn trieben / daß ihm das Herz im Leibe blutete. Charidemus ließ im ganzen Flecken bey Lebensstraffe verbieten / daß kein Mensch mit hinaus gehen / uñ die Volstreckung des Gerichtes ansehen solte / ohn die darzu verordnet währen; dann ihm wahr leide / Valikules würde ihnen anzeigen wer er währe / da einer oder ander aus Hoffnung eines Geschenkes es nach Rom an den Käyser berichten dürffte / und er darüber in Ungelegenheit kähme. Als sie von der Steige in den Schloßplatz kahmen / nahmen die beyde übrige Schergen den gebundenen Gallus zwischen sich / welcher bißher in seinem Gebeht zu Gott gestanden wahr / und denselben mehr umb Herkules als seine eigene Erlösung anrief / weil er bekennete / eine solche Straffe durch sein voriges übeltuhn wol verdienet zu haben; jetzund aber fragete er /wohin man mit ihnen wolte; da sein Herr ihm antwortete: Mein frommer geträuer Knecht / unsere Zeit ist kommen / der halben laß uns ein Herz fassen / daß wir willig und gerne sterben; Wir haben ja noch die Ehre / daß wir von diesen vier tapfferen geherzten Männern / und nicht von schlimmen schwachen Buben den Tod annehmen werden. Diese vier Schelmen dauchten sich groß / da er ihnen dieses Lob erteilete / und sagte der vornehmste zu ihm: Nun junger /du solt dieses Worts geniessen / daß ich dich nicht lange peinigen / sondern so bald wir auff den Platz kommen / dir im Augenblik davon helffen wil / daß du Todesschmerzen nicht empfinden solt. Charidemus hatte IIX Dienern befohlen / mit hinaus zugehen / und dem Gerichte zuzusehen / unter denen auch dieser wahr / welcher unsern Held ins Angesicht geschlagen hatte; Sie gingen aber auff die 50 Schritte hinter ihnen her / daß sie nicht hören kunten / was er mit den Schergen redete / da er zu ihnen sagete: Ihr guten Leute habt mir versprochen / ohn Peinigung mich niderzuhauen / davor ich mich dankbar erzeigen wil /massen ich ein geldreicher Herr bin / und grosse Baarschafften habe; Vor dißmahl ist mir aber nichts übrig blieben / als dieser köstliche Ring / welchen ich euch schenke / und zu allem Danke vor 800 Kronen verkaufft werden kan / welche Gelder ihr unter euch brüderlich teilen sollet; lasset aber bald nach meinem Tode entweder einen eures Mittels / oder sonst einen geträuen Menschen nach Padua an den Stathalter ablauffen / und ihm nur mündlich sagen: Der junge Ritter mit den gelben Haaren / welcher sich eine zeitlang bey ihm aufgehalten / liege bey etlichen Räubern gefangen / die ihn ohn Erlegung 6000 Kronen nicht loß geben wollen; habe deswegen diesen abgeschikt / solche Gelder alsbald zuhohlen; Zum Wahrzeichen; daß er ihm bey seinem lezten Abscheide einen köstlichen Ring verehret hätte; ich versichere euch / sagte er / es wird auff dieses Wort das Geld stündlich ausgezahlet werden. Die Schergen wahren arme Bettel Buben /hatten bey ihrem Herrn kaum das liebe Brod; Sie sahen den glänzenden Ring / und gefiel ihnen derselbe wol / wurden auch der übrigen Verheissung so froh /daß sie vor Freuden auffsprungen. Sie traten zu ihm /bohten ihm die Hand / und bahten / er möchte ihnen verzeihen / daß sie gezwungen würden / ihn und seinen Diener hinzurichten. Ich vergebe es euch gerne /sagte er / wann es nicht anders seyn kan; doch möchte ich euch wol einen[371] Vorschlag tuhn / wann er euch gefallen könte: Höret / wie dünket euch / wann ihr mir das Leben geschenket / und in aller Eile mit mir nach Eliß gelauffen währet / da wolten wir vor eurem unbarmherzigen Herrn schon sicher seyn / und daß er unser Flucht nicht so bald inne würde / wolten wir unsere acht Nachfolger durch Zwang vor uns hintreiben / daß sie mehr als den halben Weg mit uns lauffen solten; währen wir dann zu Elis / so währẽ wir schon sicher / und wolte ich darauff euch zu reichen Herren machen / dessen ihr mir wol trauen möget. O nein /sagte der ansehnlichste / das sind Dinge von nichts /wir können so nicht davon lauffen / und unsere Weiber und Kinder zur Straffe hinter uns lassen; überdas ist unser Herr so mächtig / daß er nicht ruhen würde /biß er dich und uns durch den schändlichsten Tod hingerichtet hätte; must demnach solche Gedanken nicht fassen / sondern bey deiner freimühtigen Erklärung zum bevorstehenden Tode verbleiben. Er gedachte in seinem herzen: Wolan / ich habe dein Leben zu retten gnug getahn; wolte auch umb Verdachts willẽ nicht weiter darum anhalten / sondern sagete: Ihr guten Leute sehet wol / dz das Leben lieb ist; wann euch aber mein Anschlag nicht gefallen wil / muß ich wol zufrieden seyn / und den Tod annehmen / wie ich mich demselben schon ergeben habe; Vergesset nur nicht die versprochenen Gelder zu Padua abzufodern /und tuht mir noch diesen Gefallen / dz mein Diener auch auffgelöset werde / und ohn gebunden sterben möge; ich wil euch gut davor seyn / daß er euch nicht entlauffen sol / dann er ist ohn das übel zu fusse. Es sol die Einfoderung nicht vergessen werden / sagete der vorige Scherge / und daß du sehest / wie günstig ich dir bin / wil ich deinen Diener alsbald auflösen; seines entlauffens befůrchte ich mich ganz nit / massen ich dergestalt hinter ihm anklopffen würde / daß ihm das lauffen schon vergehen solte; dann wie groß und schwer ich bin / habe ich doch mannichem guten Pferde mit lauffen angewonnen / und mannichen Groschen damit verdienet; schnitte unter diesen Reden die Stricke von Gallus Armen loß / und ließ ihn also frey zwischen den beyden andern Schergen gehen. Dieser merkete schon / mit was Vorsatz sein Herr umging /empfand eine grosse Freude in seinem Herzen / und gab genaue acht / wie ers angreiffen würde. Hingegen ließ Valikules sich im geringsten nichts merken / sahe sich etliche mahl nach den folgenden Dienern umb /und ward gewahr / daß nur ihrer zween SeitenGewehr / die übrigen weisse Stäbe hatten. Er sahe die stelle /da er den Ritter erschlagen hatte / nicht weit mehr seyn / uñ sagte zu den Schergen: Ich merke wol / je näher man dem Tode ist / je mehr man sich vor ihm fürchtet. Dieser wolte ihm ein Herz einsprechen / und sagte: Ey der Tod ist so bitter nichtbleibe du nur fein beständig in deiner Herzhaftigkeit / ich wil dir geschwinde davon helffen / daß du des Todes nicht mehr als eines geringen Dornstiches empfinden solt. Das wil ich tuhn / sagete er / und meinen einmahl geno enen Vorsaz nicht brechen; aber wie mag es kommen /daß euer Herr so wenig Zuseher verordnet hat? Das können wir nicht wissen / antwortete der Scherge / es möchte dann seyn / daß er dieses Gerichte nicht wolle ausgebreitet / sondern verschwiegen haben. Ich bin dessen auch zufrieden / sagte Valikules; kehrete sich damit umb nach Gallus / welcher hinter ihm her geleitet ward / und sagete zu ihm: Mein ehrlicher Diener /entsetze dich nicht vor des Schwertes Schärffe / sondern nim von mir ein Beyspiel / weil es mir doch zum ersten gelten sol. Sie gingen hierauf etwa noch XXX Schritte fort / da ersahe Valikules seine Gelegenheit /und sagte: Nun ihr guten Gesellen;[372] hie wird die städte seyn / da man ohn blutvergiessen nit bleiben kan; aber was wollen dorten unsere Zuseher anfangen? Dieses sagte er zu dem Ende / daß die Schergen sich darnach umbsehen solten / wie auch geschahe / daher Herkules einen freien Griff hatte / reiß dem vornehmsten / der ihm zur rechten Hand ging / das Schwert von der Seite / und hieb den andern / der seines zuzücken anfing / im Augenblik nider; ergreiff dessen Schwert / und machte sich nach Gallus Gleitsleuten /deren einem er den Kopff spaltete / und seinem Gallus das ander Schwert reichete. Der vornehmste Scherge entsetzete sich hierüber / daß er sich nit besiñen kunte / der vierte aber taht einen Sprung zurücke / entblössete dz Schwert / und sagete; O ihr Schelmen / sind daß eure gute Worte? fing hierauff an / mit Valikules sich umbzutreiben / und bekam der vornehmste des andern ertödeten Schwert auch / damit er auff Gallus ganz gri ig und verwägen ansetzete; es erschraken aber die acht Nachfolger über diesem Gefechte dergestalt / daß sie weder hinter sich lauffen noch vor sich gehen kunten. Valikules sahe / daß Gallus seinem Manne nicht gewachsen wahr / und demselben nur stets außweichen muste / ward mit seinem aber bald fertig / und trat dem vierden entgegen / da er Gallus befahl / die acht Diener wol in acht zunehmen / dz ihrer keiner entrüñe. Dieser wahr gehorsam / ging zu ihnen hin / und rieff ihnen zu / da ihrer einer fliehen /oder sich regen würde / solten sie alle sterben. Wodurch sie geschrecket / stille stunden / und auf seinen Befehl sich nider auff die Erde legeten. Der übrige Scherge hatte einen Muht gefasset / und ging mit unmenschlichen Hieben auff Valikules loß / der ihm anfangs nicht beschädigen wolte / sondern nur außweich / und ihm Gnade anboht; wovon aber dieser durchaus nicht hören wolte / sondern ihn erschreklich schmähete / nebest Dräuung / wie grausam er mit seinem Leichnam geberden wolte; welches er aber wenig achtete / und ihm zur Antwort gab; ich sehe wol / daß dich Gott nicht långer wil leben haben / noch dir gönnen / daß du dich berühmen sollest / einen Fürsten unter deiner Gewalt gehabt zu haben; Und als ersahe /daß dieser mit einem quehrhiebe sich verhauen / und allerdinge sich bloß gegeben hatte / taht er einen Schlag mit aller Macht auff ihn / und hieb ihn mitten im Leibe ab. Gallus sahe diesen Streich mit höchster Verwunderung an / zu dem sich Valikules alsbald verfügete / und die acht Diener unter harter Bedräuung befragete / zu was Ende sie mit heraußgangen /uñ ob sie von ihrem Herren eigentlich darzu befehlichet währen. Der furchtsameste unter ihnen fing an: Mein Herr / es hat H. Charidemus diesem im ledern Kleide befohlen / selb achte mit heraus zugehen / welcher uns darzu beruffen / daß wir uns an diesem Schauspiele ergetzen solten. Valikules kennete den gezeigeten / daß er eben von demselben ins Gesicht geschlagen wahr / ergrimmete über ihn / und sagte: Du ehrvergessener Schelm / warumb schlugestu mich / da ich gebunden wahr / und ich dich doch im geringsten nicht beleidiget hatte? ich hoffe aber nicht / daß du dich dessen lange berühmen solt / du habest einen Fürsten so hoch beschimpfet. Trat mit Gallus ein wenig abseit / und sagte: Lassen wir diese Buben leben / so lauffen sie alsbald hin / und verrahten uns /da wir von Reutern bald möchten eingehohlet und ergrieffen werden; ist also besser daß sie sterben / als unsers todes eine neue Ursache seyn; tuht demnach zur Sache / und richtet sie hin / meinẽ schlimmen Zuchtmeister aber am ersten / und die zween blödesten lasset Leben. Gallus verrichtete dieses in kurzer Zeit / und ließ sich durch kein bitten bewägen / dann er trug die gröste Erbarmung[373] mit ihm selbst. Zu den beyden übrigen aber sagete Valikules; geschwinde auff / und lauffet mit uns / sonst müsset ihr sterben. Diese wahren hierzu willig / uñ hüpffeten vor ihm her des Weges nach Eliß zu. Gallus sahe seines Herren Ring an des abgehauenen Schergen Finger stecken /nahm ihn zu sich / und folgete nach; sie hatten sich aber mit der erschlagenen Diener ihrem Seitengewehr versehen / weil sie bequemer wahren / sich im nohtfalle damit zu schützen / und lieffen das Gehölze auffs schnelleste hindurch / daß die beyden Knechte endlich aus grosser Mattigkeit niderfielen. Gallus sties sie an / noch weiter zu lauffen; aber Valikules sagte / lasset sie immerhin liegen / ich spüre es an meinen Beinen wol / daß sie so geschwinde nicht sollen zurük eilen. Wir aber haben Gott unserm Heylande wol zu danken / welcher uns vor dißmahl so ganz gnädig und wunderlich errettet hat. Sie höreten nicht auff zu lauffen /als lange sie des vermögens wahren / biß sie an eine Bach kahmen / in welcher sie die Hände abkühleten /und nachgehends einen Trunk daraus tahten. Gallus riet / sie wolten sich mit ihrem Kunststaube verstellen / daß man sie nicht kennete / welches er ihm wol gefallen ließ / strichen ihre Hände / Haar und Angesicht an / und die weil solches trocken ward / und die Farbe von der Lufft und Sonne empfing / verrichteten sie ihre herzliche Danksagung zu Gott / und bahten / daß er ihnen ferner behülfflich seyn wolte. Nach geendigtem Gebeht traten sie wieder auff ihre ermüdeten Füsse / und höreten nicht auff zu gehen / biß sie in ihrer Verstellung bey einem unbekanten Wirt einkehreten / und durch Speise und Trank ihre matten Geister labeten. Den mehrenteil der Nacht brachte Valikules mit Gebeht und Danksagung zu Gott hin / legte hernach fleissig über / wie ers weiter anzuschlagen hätte. Zwar sein Vorsaz / das Fräulein zu suchen /kunte nicht gebrochen werden; hingegen wahren die Lebensmittel fast vergriffen / und würde nicht viel übrig blieben seyn / wann zwey gute Ritterpferde und andere gebührliche Rustung solte eingekaufft werden; daher ward er zu Raht / seinen Gallus in angestrichener Gestalt alsbald nach Padua zu senden und etwa 10000 Kronen von Libussen ingeheim abzuhohlen /welche Herr Kornelius auff sein Schreiben wol verschiessen würde. Dieses ward desselben Morgens ins Werk gerichtet / da Gallus in Kauffmans Kleidung auff einem Klöpper sich nach Korinth machete / daselbst mit dem ersten Schiffe fortzugehen / oder eines vor sich zu dingen. Als er nun daselbst sich am Hafen befand / sahe er ohngefehr Fabius und Leches am Ufer gehen / dessen er erschrak / und sich zuverbergen suchete; weil ihm aber einfiel / daß er verstellet wahr / ritte er kühnlich zu ihnen hin / und nach gebehtener Verzeihung fragete er / ob das Schiff bald nach Italien fahren würde. Fabius antwortete: wann es ihm eilig währe / muste er nach anderer Gelegenheit sich umbtuhn; fragete ihn hernach / woher er kähme / und was gutes neues er hätte. Dieser antwortete: Er kähme gleich her aus der Landschafft Eliß / jenseit der Hauptstad desselben Landes / welche auch Eliß geneñet würde / und hätte wegen seiner Handelung in Italien hochnöhtig zuverrichten / da ihm auff der Eile alle seine Wolfahrt stünde; Neues währe nichts sonderliches / ohn dz neulich die Olympischen Spiele gehalten / und er vor wenig Tagen ein elendes Gericht gesehen / etliche wenig Meilẽ disseit der Stad Eliß /woselbst ein überaus schöner junger Mensch mit langẽ gelben Haaren im Ritterlichen Kleide / nebest noch einem Manne der ein röhtliches Haar gehabt /zum Tode währen hinaus geführet worden / dessen er noch diese Stunde nicht vergessen[374] könte; die Ursach hätte er nicht erfahren mögen / als daß ihm gesagt währe; der junge Ritter hätte einen überaus streitbahren Griechschen Herrn im offentlichen Kampfe erleget / und währe nachgehends durch List gefangen worden. Fabius erschrak hierüber daß er zitterte / und sagete zu Leches: Die Götter verhüten gnädig / daß es nicht Herr Herkules gewesen sey / dann Gallus wahr solcher Farbe / wie sein Geselle beschrieben wird. Er fragete alsbald diesen vermeinten Kauffmann / woher er dieses wüste / und wovor er diesen jungen Ritter hielte. Wer er eigentlich gewesen / antwortete er /weiß ich nicht / nur daß gesagt wird / er währe vor weniger Zeit aus Italien mit einem Kaufmanns Schiffe kommen / hätte auch einer weiten Reise gedacht die er vorhätte / ümb einen verlohrnen sehr lieben Freund zusuchen; Daß ich aber die Warheit sage / dürfen meine Herzen nicht zweifeln / weil ichs mit Augen angesehen / daß sie von vier Schergen zur Gerichtsstat geführet wurden / wahr auch willens des Endes zuerwarten / welches mir aber von den Schergen mit höchster Bedräuung verbohten ward / und durffte kein Mensch / als etliche darzu bestellete Diener zusehen. Fabius gehub sich als ein verzweifelter Mensch / ließ einen schweren Seuffzen aus / und flossen ihm die Trähnen über die Backen herunter. O ihr Götter /sagte er / es ist bey meinem äyde niemand anders gewesen / als Herr Herkules. O du Ausbund des ganzen menschlichen Geschlechtes! hat dich ein nichtiger Henkersbube tödten / uñ dein Hochfürstliches Blut auff die Erde schütten müssen? so erbarme es die Götter! die ich schier der Ungerechtigkeit anklagen dürfte. Ich wil aber deinen Tod / du unvergleichlicher Held / mit solchem Grimme rächen / daß ganz Griechenland davon sol zusagen uñ singen wissen. Gallus kehrete Zeit solcher Klage sich von ihm / und wolte hinweg reiten; aber er rieff ihm nach uñ sagete: Guter Freund / ich werde euch nicht von mir zihen lassen; ihr müsset nohtwendig mit mir ümkehren / und mir den Ort dieses unseligen und verfluchten Gerichts zeigen / auff welchem ein mehres haftet / als ihr nicht gedenken möget. Dieser entschuldigete sich hoch / seine Wolfahrt wolte ein solches nicht leiden; es währe ein Kauffmann zu Ravenna ihm und andern / viel tausend Kronen schuldig / von dem gesagt würde / daß er ein Bänkchen machen wolte. Vor diesen Verlust wil ich haften / sagte Fabius; und das ihr wisset / mit wem ihr redet; Ich bin ein Römischer Gesanter / mit habender Volmacht / nach gut Befindung / nicht allein einzelne Leute / sondern ganze Gemeinen auffzufodern; weil nun dieser ermordete Ritter mir nahe verwand ist /werde ich gebührliche Straffe über seinen unschuldigen und hoch betraurlichen Tod ergehen zulassen /nicht ümhin können. Gn. Herr sagte Gallus / ich befinde mich schuldig zugehorsamen / bitte nur / daß die Reise nicht lange auffgeschoben werde. Hieran wird nichts mangeln / sagte er; befahl auch / daß Leches und Markus alle Kriegsknechte stündlich mit ihrem Gewehr und dreytägiger Speise aus dem Schiffe führen solten; welches ungestumet geschahe / und sich auff den Weg macheten / weil Fabius und seine Geselschaft mit ungläublicher Betrübnis und vorgenommenen Eifer der Rache eilig fortzohẽ. Gallus wuste den eigentlichen Weg nicht / führete sie gleich nach Elis zu / biß sie an den Nebenweg kahmen /wohin der Ritter unsern Held in den Wald geführet hatte / denselben nahmen sie vor sich / zogẽ durchs Gehölze / biß sie an die Stelle kahmen / wo die Schergen wahren nidergehauen / uñ etliche blutige Zeichen sich noch merken liessen; da Gallus zu Fabius sagete: Gn. Herr / dis ist der Ort / da die Henkersbuben den[375] jungen Ritter führeten. Dieser ward des Bluts auff der Erden gewahr / daher ihm die hellen Zehren aus den Augen schossen / und des lauten Weinens nebest Leches und Markus sich nicht enthalten kunte; nachgehends mit wehemühtiger Stimme klagete: O du ädles /frommes und keusches Blut / hastu an diesem verfluchten Orte durch Henkers Schwert müssen vergossen werden? Nun du bist leider dahin / und lässest allen deinen Freunden ein immerwehrendes Trauren dahinten; aber ich wil dir alle dieselben zum Opfer schlachten / die Ursach und Hülffe zu deinem Tode gegeben haben; und müsse diese Gegend ewig verfluchet seyn / in welcher der ruhmwirdigste Held / den iemahls die Sonne beschienen / sein Leben so elendig hat zusetzen müssen / dessen die ganze Welt kaum wirdig wahr. Hernach fing er an / Ladisla zubeklagen / und wie derselbe immermehr den Tod seines einiggeliebtesten Freundes würde erdulden können / den er weit über seine Seele schätzete.

Charidemus dauchte die Zeit lange / da seine Schergen über die angesetzete Stunde ausse blieben /klagete seinem jungen Gemahl / wie ihm so angst ümb das Herz währe / und befahl / daß ein Diener hinauslauffen / und wie es mit dem Gerichte ergangen / Zeitung einhohlen solte; welcher / als er anfangs die sechs erschlagenen Diener / und bald darauff die vier Schergen entleibet sahe / bey denen ihre Schwerter lagen; entsetzete er sich / und wuste nicht was er gedenken solte; kehrete doch bald wieder ümb / solches anzumelden; aber wie er den halben Weg schon zurük gelauffen wahr / fiel ihm ein / er wolte wieder ümkehren / und zusehen / ob er nicht etliche Gelderchen zur Beute bey den Erschlagenen finden möchte / da er kaum etliche Groschen bekam; in dem er nun fortgehen wolte / ward er der beyden Diener von ferne gewahr / welche nach Valikules Abzug sich nach Mögligkeit erhoben / und geeilet hatten / aus Furcht / es möchte Gallus ümkehren / und sie erschlagen / wie er dañ willens gewesen wahr. Der ausgeschikte erwartete ihrer / machten sich nach Charidemus Schlosse /und kahmen üm Abendessenszeit an / da sie alles ümständlich berichteten / und wie sie mit lauffen müssen / damit ihre Flucht nicht so bald angemeldet würde. Hierüber entsetzete sich Charidemus so hart / daß er das Messer aus der Hand fallen ließ / und den halbgeschlukten Bissen aus dem Maule speiete / zu der Frauen sprechend: Nun muß ich mich in kurzer frist aus dem Staube machen / oder eines schändlichen Todes sterben / dafern der junge Mörder derselbe ist /vor welchen er sich angegeben hat; O des verfluchten Kleinots / welches ihm die mörderischen Fåuste hat frey gemacht! Die Frau stellete sich sehr traurig / aber ihr Herz wahr voller Freude / als sie vernam / daß dieser unschuldige Herr das Leben davon gebracht; daß aber solches an ihr nicht gemerket würde / fragete sie / als mit sonderlichem Eifer / wie es dann möglich währe / daß der junge wehrlose Mensch ein solches hätte verrichten mögen. Mich dauchte / antwortete dieser / daß ich sahe / wie er den Schergen etwas schenkete; dann daß sie ihm mit gegebenen Händen danketen / sahe ich eigentlich. Sie löseten auch dem andern die Hände auff sein begehren auff / ehe sie an den Richtplaz kahmen / woselbst der Jüngling dem grösten Schergen das Schwert von der seite reiß / und sie alle niederhieb / wie ich schon gemeldet habe. Ja Gn. Frau / sagte er weiter / hätten eure Gn. gesehen /wie dem jungen Menschen die Augen vor Zorn und Rachgier im Häupte fünkelten / sie hätte vor Furcht sterben mögen; ich zwar habe mir gänzlich eingebildet / er müsse ein Gott / oder doch ihres Geschlechtes seyn. Die Frau nam aus dieser Erzählung ihr bestes /[376] und sagete: Hieraus erscheinet / daß ob mein geliebter Herr gleich den Schergen nicht zugelassen hätte / ihm der hånde freiheit zu gönnen / wůrde er solches doch durch seine listige Schmeichelreden leicht bey ihnen erhalten haben / weil ers so gar vor seinen Diener hat erlangen können. Charidemus fragete den Diener / ob man ihnen mit schnellen Pferden nit nachsetzen / und sie ereilen könte; und als er vernam daß sie schon zu Elis würden angelanget seyn / sagte er zu Fr. Euphrosynen (so hieß sein junges Gemahl); hier ist weder Raht noch Rettung / dafern wir uns nicht in wenig Tagen von hinnen machen / und dem Unglük aus dem Wege zihen. Mein herzgeliebter Herr / antwortete sie / ich gläube nimmermehr und der Sinn träget mirs nicht zu daß es mit uns so grosse Noht habe; Dann wie wolte ein so grosser Herr nur mit einem Diener in fremden Landen umher reisen? Lassets aber geschehen / daß er ein solcher sey; Er muß ja zuvor nam Rom / und daselbst umb Hülffe ansuchen; inzwischen können wir unsere sachen darnach richten / wie uns best däucht; jedoch währe mein unvorgreifflicher Raht / man sendete einen Diener nach Eliß / umb in geheim nachzuforschen / ob er bey der Stad umb Hülffe und Rache anhalte / daß man durch gute Freunde (deren wir daselbst unterschiedliche haben) vorbauete / und zum wenigstẽ nur aufschöbe / biß wir unsere Baarschafften in Sicherheit gebracht hätten. Der Unhold pflag der Frauen sonst wenig Gehör zugeben / aber in dieser Angst dauchte ihn ihr Raht der beste seyn; daher er nicht stark eilete / insonderheit / weil er erfuhr / daß zu Elis alles stille / und kein Mensch von den entlauffenen zusagen wuste; wiewol er dannoch bey der Sache nit schlieft sondern sich bemühete /Parmenions Gelder (die er bey sich hatte) nebest den seinen nach Persen auff Wechsel überzumachen / und daselbst die Werbungen seines Bruders fortzusetzen /weil er noch stark an Leibeskråfften wahr; Daher er auch in voller Bereitschafft wahr zum Auffbruch / als Fabius den Flecken mit 70 Mañ besetzete / und gleich unter dem Mittagsmahl mit den übrigen dreissigen auff das Schloß drang / und den Tohrhüter fragete /ob der Herr daheim währe; welcher ihm zur Antwort gab: Er hielte Mahlzeit / und würde alsbald verreisen. So kommen wir noch zu rechter Zeit an / sagte er /dann wir gedenken ihn auf der Reise zubegleiten; Ließ sich den EsseSaal zeigen / uñ ging mit seiner wolbewehreten Schaar die Steige eilend hinauf. Charidemus hörete das Getümmel / lieff selbst zur Tühr /und fragete / was vor ein Aufflauff da währe? Aber Fabius setzete ihm das Schwert auff die Brust / und sagete mit starker Stimme: Gib dich gefangen / du schändlicher Bluthund und verrähterischer Erzbösewicht! Dieser wolte zur Seite neben ausdringen / da Leches auff ihn sprang / und ihn alsbald zur Erden niderreiß / übergab ihn hernach den Kriegsknechten zuverwahren und zu binden / und ging mit Fabius auff den EsseSaal / da sie das gute Weibichen in harter Ohmacht auf dem Boden ligen funden / welche von ihnen so viel gerüttelt und mit Wein besprützet ward /daß sie sich erhohlete / uñ Fabius ganz grimmig zu ihr sagete: Frau / habt ihr in eures Mannes Mordtaht gehehlet / uñ seine Verrähterey gebillichet / so müsset ihr ohn alle Gnade mit ihm eines schändlichen Todes sterben. Ach mein Herr / sagete sie / wie hefftig ist mir diese böse Taht zuwider gewesen / welches die Götter wissen / und dieser liebe junge Herr selbst bezeugen wird / daß ich schier die einige Ursach seiner Errettung gewesen bin. Ach meine liebe Frau / sagte Fabius mit freudigem Herzen: Ist dann dieser junge Herr gerettet / und annoch im Leben? Ja mein[377] Herr /antwortete sie / er ist / den Göttern sey Dank / frisch und gesund davon kommen / wiewol zu meines Eheherrn äusserstem Verderben; doch wolte ich lieber sterben / als erfahrẽ / daß dieses ädle und unschuldige Blut umkommen währe; Wollen aber meine Herren mir nicht trauen / gönnen sie mir nur / einem Diener zuruffen / der mit dabey gewesen / und von allem gute Nachricht geben kan. Ey so bin ich völlig genesen /sagte Fabius; ließ den Knecht alsbald herkommen /der ihm geträulich erzählete / wie es ergangen wahr. Charidemus hörete draussen seiner Frauen Entschuldigung / und daß sie vor eine Erreterin des entlauffenen sich rühmete / welches ihm sehr zu Herzen ging /und betraurete / daß er sie nicht erwürget hätte / wie er willens gewesen wahr / sie auch schon etliche mahl jåmmerlich darumb geschlagen hatte / daß sie seiner Hände Freyheit verursachet; und weil er merkete / daß er der Todesstraffe nicht entgehen würde / stellete er sich als ein unsinniger Mensch: Ob dz redlich gefochten währe / daß man freye Herren in ihrem Gewarsam und unabgesaget / mörderisch- und räuberischer weise überfiele. Fabius hörete solches / und gab zur Antwort: O du meinäidiger Schelm und Bösewicht /stund dir dañ solches zu / daß du einen Römischen Ritter und gebohrnen GroßFürsten /. welchen Käyserl. Hocheit als ihren Bruder liebet / ungewarnet und verrähterlich fahen / und den HenkersBuben ohn eingehohlete Urtel / ja ohn überbrachte einige Untaht übergeben / und zum allerschändlichsten Tode hinaus führen lässest? Hätte ich aber Lust mit dir zurechten /könte ich dich nach Rom auff den Marsplaz / oder nur nach Padua auf den Markt hinweisen / wo du dieses unvergleichlichẽ Helden trefliche Ehrengedächtnis und aufgerichtete Seulen finden würdest / als welcher dem Römischen Reiche mehr Dienste getahn / als deiner zwanzig tausend nicht tuhn könten. Dieser wolte sein Leben in etwas fristen / und berief sich auf den Käyser / aus Hofnung / auff der Reise nach Rom / Gelegenheit zur Flucht zufinden; Aber Fabius gab ihm zur Antwort: Ja ich meyne / mein Allergnädigster Käyser würde mirs Dank wissen / wann Seiner Hocheit ich einen solchen Verrähter / der seine Schelmstücken nicht leugnen kan / zusenden würde. Ich bin ein Käyserlicher Gesanter / und wil in dessen Nahmen /nach empfangener Volmacht / dich schon abzustraffen wissen / weil du denselben / und alle Römische Ehre /in diesem Ritter / so viel an dir ist / geschändet hast. Machte darauff die Urtel / daß der Verrähter Charidemus wegen seiner begangenen Ubeltaht auff dem Platze / woselbst er den unschuldigen Ritter niderhauen lassen wollen / von seinen beyden Dienern / denen derselbe das Leben geschenket / solte hingerichtet /das Herz ihm aus dem Leibe gerissen / und der Leib in XXIV Stücken zerteilet werden / wie ers über den unschuldigen jungen Helden also bestimmet håtte. Dieser entsetzete sich über dieser Urtel dermassen /daß er sein Gemahl / die neben ihm stund / bitlich ersuchete / sie möchte ihm ihr Brodmesser ins Herz stossen. Worauff sie antwortete: Wie könte ich immer und ewig solchen Mord an meinem Gemahl volbringen? überdas müste ich ohn Zweifel eines bösen Todes sterben / wann wider dieses gewaltigen Herrn Willen ich mich dessen unternehmen würde. Wie? sagte er zu ihr; begehrestu dann nach meinem Tode länger zuleben? Nicht länger / sagete sie / als der Götter Wille ist / denen ich ja nicht versprochen habe /mit euch zusterben. Die gute Frau hatte wenig ursach ihn zulieben / weil er sie sehr übel hielt / und sie überdas ihn wider ihren Willen uñ aus Zwang hatte nehmen müssen; aber in dieser Noht trug sie ein so herzliches mitleiden[378] mit ihm / daß wanns möglich gewesen / sie ihm mit alle ihrem Gute das Leben gerne erkaufft hätte. Er hingegen suchete nur einig / da er sterben solte / sie mit sich in den Tod zunehmen /solte er auch selbst den Mord an ihr volbringen; Weil ihm nun die Hände auf den Rückẽ gebunden wahren /rief er sie zu sich / vorgebend / er hätte ihr in geheim etwas zusagen; Und als sie ihm gehorsamete / und auff nichts widriges gedachte / stieß er mit dem Fusse nach ihr / in Meynung / sie tödlich zubeschädigen; weil aber ein Kriegsknecht dessen zeitig wahr nam /bauete derselbe vor / daß der Stoß seine volle Wirkung nicht erreichete / ob sie wol zimlich hart getroffen ward. Die Frau zürnete darüber gar nicht / sondern fragete mit trauriger Rede / warumb er doch so grosses Verlangen nach ihrem Tode hätte / da sie /wañs möglich währe / ihm das Leben gerne erhalten wolte. Darumb / sagete er / daß du deinen schönen Leib nicht etwa einem andern williger gönnen mögest / als mir mag geschehen seyn; und wer weiß / ob du nicht noch heute den gemeinen Knechten zu teile wirst? Davor wird mich der Tod befreyen / antwortete sie. Leches hörete solches / und sagte zu ihr: Fürchtet euch dessen nicht / geliebte Freundin / und versichert euch nur / daß man eure / dem unschuldigen fremden Herren erteilete Redligkeit mit besserem Dank belohnen werde; auch daß unter uns durchaus keine Ehrenkränker redlicher Weiber sind / noch die eure die allergeringste Gefahr hat / dessen gebe ich euch meine Träue zum Pfande. Geliebete Frau? Träue? sagte Charidemus zu unterschiedlichen mahlen; ists mit euch beyden schon so weit kommen / da ich noch im Leben bin? In meinem Herzen bistu Bösewicht schon tod /sagte Leches; und wann wir beyde von den Göttern einander sonst versehen währen / würdestu es wol nicht gar lange hindern können. Dieser stellete sich hierüber sehr zornig / und foderte ihn aus zum Kampffe auff Leib und Leben. Er aber antwortete ihm: Ja wie so herzlich gerne wolte sich diese meine Hand / wegen deines / an meinem gnädigsten Herrn begangenen Frevels / an dir rächen / wann du nicht ein Römischer Gefangener / und zum Tode verurteileter währest / da nicht ein Ritter / sondern der Henker die Urtel an dir volstrecken muß. Die gute Frau wahr überaus betrübet / fiel Leches zu fusse / und baht durch alle Götter / ihrem Eheherrn das Leben zuschencken / weil ja der junge Herr mit dem Leben davon kommen währe; sie wolte gerne sich aller ihrer Güter begeben / und mit ihm / da er sie bey sich leiden könte / das Elend bauẽ / oder sich bey ihren Freunden auffhalten. Leches hub sie freundlich auf /und sagete: Ein solches müste nicht bey ihm gesucht werden / weil er nicht der Römische Gesanter währe; wolte ihr doch gerne allen möglichen Vorschub tuhn /wañ er einige Mögligkeit sähe. Er keñete aber des Herrn Gesanten Eifer / insonderheit / weil der so hoch beschimpffete junge Herr ihm lieber als seine eigene Seele währe. Fabius kam darzu / und befahl die Urtel zu volzihen / wobey er sich selbst wolte finden lassen. Der Gefangene aber bedingete sich nochmals wegen der unbefugeten Gewalt / und als er sahe / daß alles nichts helffen wolte; begehrete er so viel Zeit / daß er seinen lezten Willen auffsetzen / und gebührlich bekräfftigen könte / wie ers nach seinem Tode mit seiner zeitlichen Verlassenschafft wolte gehalten haben. Aber Fabius antwortete ihm: Ein Ubeltähter / der schon unter Büttels Händen ist / hat keinen letzten Willen mehr / noch einige Freyheit über seine gewesene ehmahlige Güter zubestellẽ / sondern dieselben stehen in seines Richters Händen / insonderheit / da man an der höchsten Obrigkeit sich versündiget hat. Also besetzete er das Schloß mit 50 Mann / unter Markus[379] Befehl; die übrigen 50 nam er zu sich / ließ den Gefangenen / weil er nicht hinaus gehẽ wolte /auff einer Karre hinschleppen / und musten seine obgedachten beyden Diener samt seinem Schiffs-Nachrichter neben her gehen. Die ganze Menge des Flecken kahmen zusammen / und schrihen Ach und Rache über Charidemus: Er hätte diese Straffe längst wol verdienet / weil er sie mit Schatzungen und Frohndiensten unbarmherzig gedrücket / und solchen Muhtwillen an den ihren verübet / daß keines redlichen Mannes Weib oder mañbahre Tochter vor ihm sicher seyn können / ungeachtet er so ein schönes und Tugendreiches Gemahl / so wol vor diesem als jetzo gehabt. Fabius redete ihnen tröstlich zu / es solte ihm diese Boßheit anff einmahl bezahlet / und hingegen sie von aller ungebührlichen Beschwerung befreyet werden. Als sie auff den Richtplatz kahmen / foderte Fabius die beyden Diener allein vor sich / und dräuete ihnen den Tod / dafern sie nicht andeuten würden /wer mit dem jungen Herrn so unbarmherzig umgangen / und ihn so elendig gebunden hätte. Diese gingen alsbald unter den Hauffen der Zuseher / und rieffen drey boßhaffte Schelmen hervor / welche sie überzeugeten / wie sie mit Herr Valikules geberdet; Und als sie nicht dartuhn kunten / daß sie dessen aus drüklichen Befehl gehabt / ließ ihnen Fabius alsbald den Grind herunter schlagen / daß Charidemus zusehen muste; welcher darüber hefftig erzitterte / und alle seine Güter zum Lösegeld seines Lebens darboht. Es ward ihm befohlen von dem Karren zusteigen / und als er nicht wolte / zogen seine beyden Diener ihn beym Kopff herunter. Fabius geboht ihnen die Urtel zuvollstrecken / daher sie ihren Herrn umb Verzeihung bahten / und daß er niederknien möchte / damit er ohn sonderliche Schmerzen könte abgetahn werden; Weil er sich nun auch dessen wegerte / rissen ihn die Kriegsknechte zur Erden / und richteten ihn die beyden elendig zu / daß er nach empfangenen XXIV Wunden erst die boßhaffte Seele außbließ. Nach gehaltenem Gerichte kehreten sie wieder umb nach dem Schlosse / und musten die Gerichts volstrecker den Leichnam bey den Füssen mit sich fort schleppen. Fr. Euphrosyne hielt sich inzwischen auff dem Schlosse über alle massen kläglich / daß Markus grosses Mitleiden mit ihr hatte / und nach allem Vermögen sie auffs freundlichste tröstete; sie möchte sich doch in der Götter Willen ergeben / nach dem es nicht anders seyn könte; ihre Woltaht dem jungen Herren erzeiget /würde ihr nicht unvergolten bleiben; aber es mochte dieses alles bey dem traurigen Weiblein wenig schaffen. Als Fabius mit Leches wieder auffs Schloß trat /kunte sie ihr die Rechnung leicht machen / wie es ihrem Alten würde ergangẽ seyn; wolte aber nach seinem Tode ihre eheliche Liebe und Träue spüren lassen / fiel vor Fabius nider / und kunte sie kein Mensch von der Erden auffbringen / biß ihr versprochen wahr / daß Charidemus Leib zur Erden solte bestattet werden. Folgends traten Fabius / Leches und Markus zusammen / und befrageten sich / wie es mit der Frauen und ihren Gütern solte gehalten werden; zwar in betrachtung ihres Mannes / währe alles der Obrigkeit verfallen; weil aber die Frau in die Boßheit nicht eingewilliget hätte / sondern vielmehr bemühet gewesen / dieselbe zu hindern / würde es unverantwortlich seyn / daß man ihr nicht vielmehr vor Herkules Lebenserhaltung danken / als durch Armuht und beraubung sie betrüben wolte. Der gute Markus hatte sich schon an ihrer Schönheit vergaffet / schenete sich doch / es zu bekennen / beklagete ihr Unglük / und daß vor ihre Dienste sie nichts als Trübseligkeit empfünde; da Fabius[380] zu ihm sagete; Mein lieber Freund; ihr wisset daß ich euch alles gutes gönne; und tähte ich euch einen Dienst daran / wolte ich euch dieses schöne junge Weibichen freien / so würde euch und ihr geholffen. Markus bedankete sich dienstlich vor die hohe Gewogenheit / und da ihm diese gewünschte Heyraht werden könte / wolte er sich glükselig schätzen. Die sol und kan euch nit entstehen / sagte Fabius; gehet nur hin / und leget den ersten Stein zu diesem Liebesgebäu selbst / auff daß eure Neigung sie aus eurem eigenen Munde höre; hernach wil ich schon wissen / euch Beystand zuleisten. Markus wagete die Schanze / ging hin zu ihr / und sagete; es hätte der Römische Gesanter grosses Mißfallen an ihrem unablässigen Weinen / da er doch ihr zur sonderlichen Freundschafft seine Urtel geendert / und dem Leichnam die Erde gegönnet; wolte sie demnach vor sich gar Freund- und träulich erinnern / ihr gar zu grosses klagen zu mässigen; sie hätte ja alles ihr Unglük ihrem gewesenen EhHerren zu danken / welcher / unangesehen ihres grossen mitleidens / sie zu ermorden willens gewesen; und ob ihr vielleicht noch nicht alles kund währe / was durch ihren Ehegatten verwirket /könte er ihr unangemeldet nicht lassen / daß in solchen Fällen nicht allein Leib und Leben / sondern auch Haabe und Gut samt der Freyheit verfallen währe; solches Unglük aber an euch zuverhindern /sagte er / erbiete ich mich nach äusserstem Vermögen; massen mein Herz in meiner hochgeehrten Freundin Zucht und Schönheit sich dergestalt verliebet hat /daß wann ich als ein Römischer Ritter und ädelman aus Rom von ihr nicht verschmähet werde / ich dieselbe mir zu einem Ehegemahl in künfftig / aus rechter Träue und Beständigkeit wünsche und begehre /dienstlich bittend / mir mein geschwindes ehrliebendes Anmuhten nicht zu verübeln / und auff dasselbe mir eine gunstfreundliche Antwort zuerteilen. Die gute Frau wahr von ganzer Seele traurig und betrübt /wie wol sie ihr annoch nicht einbilden können / daß ihre Güter und Freyheit solten Gefahr haben; doch sich erinnernd / daß ihre Haabseligkeit von Charidemus herrührete / fürchtete sie sich darumb zukommen. Sie sahe Markus mit trähnenden Augen an / hatte aus seinen Reden schon gemerket / daß er ein geschikter ädelman wahr / auch an Leib und Leben untadelhafft; aber das bildete sie ihr nicht ein / daß er so dürre sie umb eheliche Liebe ansprengen würde. Nun durffte sie ihn nicht vor den Kopff stossen / weil er sich so hoch gegen sie erboht; solte sie aber einwilligen / da ihr Ehherr noch vor wenig Stunden gelebet / müste ihr billig zur grossen Leichtfertigkeit außgelegt werden; antwortete ihm demnach / sie bedankete sich ehrendienstlich des mitleidens / welches er mit ihr in ihrem grossen Unglük trüge / sich auch erböhte / alles künfftige nach Vermögen abzuwenden; nun währe sie in des Herrn Gesanten Macht und Gewalt / und wie derselbe mit ihr schalten würde / müste ihr wehe und wol tuhn; einmahl währe ihr lieb / daß ihr Lebens-und ehrensicherheit schon hoch versprochen worden; daß übrige vorgebrachte betreffend / erkennete sie billich seine gute Gewogenheit / würde auch selbe zu rühmen / Zeit ihres Lebens Ursach haben; weil aber die erste Ehe ihr so unglüklich gerahten / und über daß mit so schmerzlichem Unfal versalzen währe /hätte sie billiche Ursach / sich des Ehestandes hinfüro zuenthalten / und den übrigen Teil ihres Lebens in stetem Witwenstande zu enden. Markus gedauchte /die lezten Reden währen aus so tieffen herzen nicht gangen; wolte sich deßwegẽ nicht abschrecken lassen / sondern sagete: Sie hätte nicht unbillig zu zweiffeln / ob sie jemahls in der Ehe gelebet / nachdem Charidemus[381] mit ihr dergestalt geberdet / und durchaus keine Redligkeit noch Träue ihr erwiesen; bähte nochmahl / sein auffrichtiges Herz zuerkennen / und seine inbrünstige Liebe ihr bester massen lassen befohlen seyn; nam / inzwischen er dieses redete / sein Wischtuch / troknete damit die Tränen von ihren Augen und Wangen / und beteurete hoch / mit was beständiger Träue er biß an sein Ende ihr auffwarten / und alle schuldige Liebe erweisen wolte / hielt auch so inständig umb bessere Erklärung an / daß sie endlich zu ihm sagete; Sie erkennete sich vor ein unglükseliges verlassenes Weib / bedankete sich sehr dienstlich /daß er sich ihrer in so grossem elende anzunehmẽ / so gar willig anerböhte / wolte auch / da die Zeit ihrer trauer vorůber währe / sich gegen ihn solchergestalt heraus lassen / daß er sie nicht undankbar spüren solte. Markus hielt dieses vor eine volkommene Zusage / ging zu Fabius und sagete: Er hoffete das Schloß zu gewinnẽ / dafern er mit zutreten / uñ durch sein ansehen den festesten Ort stürmen würde; woran dieser es nicht wolte ermangeln lassen / ging neben Markus zu ihr / und baht sehr / diesen Römischen ädlen Ritter nicht abzuweisen / sondern in sein ehrliebendes Ansuchen einzuwilligen / alsdan solten alle ihres gewesenen Mannes hinterlassene Güter / bewäglich und unbewäglich ihr ohn einige schmålerung verbleiben; und ob sie zwar einstreuete / daß ihr Ehegatte erst heut todes verfahren / möchte sie daneben ihren elenden Stand bedenken / und wie alle Untertahnen so erbittert währen / daß Charidemus sie über Billigkeit so gedrükt und fast außgesogen hätte; dürfften solches bey der hohen Obrigkeit klagen / und das ihrige mit zehnfachen Zinsen wieder fodern / dessen alles sie befreiet seyn könte / wann sie diesen Ritter und ädlen Häuptman heyrahten würde / welches ihr nicht anders als zu Ehr und Nutzen außschlagen solte. Fr. Euphrosyne antwortete ihm gar demühtig: Ach mein gebietender Herr / ich erkenne mich ihnen ja in allen dingen verpflichtet und auffwärtig / müste auch wol unbesoñen seyn / wann die augebohtene Ehr ich außschlüge / da sie Macht hätten / mich in die äusserste Schande zusetzen. Es wollen aber meine hoch werte Herren vernünfftig erwägen / ob dieser Herr nicht schier heut oder Morgen mich vor eine leichtfertige außzuruffen und zu hassen / gnug Ursach hätte / wann ich / noch ehe mein gewesener Eheherr zur Erden bestattet ist /einem andern mich versprechen würde; er lasse mich /bitte ich / die gebührliche Zeit meiner Trauer außhalten: endert er dann inzwischen sein Gemüht nit / sol ihm in seinem ehrliebendẽ Begehren gewilfahret werden. Aedle Tugendsame Frau / sagte hierauff Fabius /eure ehrliebende Zucht / ist heut von allen Inwohnern dieses Flecken öffentlich gepreiset / und zugleich Charidemus geile Frecheit außgeruffen und verfluchet worden / durch welche er sich aller euer trauer unwerd und verlustig gemacht hat. Sie fiel ihm in die Rede /und sagete: Ach mein Gott! hat man dann nun alles müssen hervorbringen / welches ich doch nach bestem Vermögen bemäntelt / und willig übersehen habe? Desto klärer scheinet eure Tugend / sagte Fabius /und dürfet euch deßwegen keine Gedanken machen /daß man euch wegen eheliches versprechens ichtwas verargen solte. Kan nun meine wolgemeinete Vorbitte hafften und gültig seyn / wird meine geliebte Freundin diesen meinen lieben Freund und Mit-Römer durch eine angenehme Erklärung befriedigẽ / welches ich vor eine sonderliche mir erwiesene Ehre uñ Freundschafft rechnen werde; umpfing sie hiemit freundlich /und sagete nochmahl zum Abtrit; der sie vorsezlich hat ermorden wollen / ist unwirdig / daß sie seiner Gedächtnis eine Stunde[382] in ihrer Seeleraum geben wolte. Markus fuhr fort da es Fabius gelassen hatte; sie möchte solche Gedanken von ihm nicht fassen /daß ers ihr vor eine Leichtfertigkeit außlegen wolte /da sie auff sein inbrünstiges Ansuchen ihm gewirige Antwort erteilete; wieder hohlete sein voriges erbieten / und erwartete der Erklärung / welche ihm die Frau mit einer sonderlichen Schamhafftigkeit folgender Gestalt gab. Mein hochwerter Hr. ich bin von ihnen beyden dermassen verbunden / dz ich nit sehe / wie ohn äusserste undankbarkeit ich mich des begehretẽ entbrechẽ sol; wil demnach meinem Herrẽ die angefod'te Antwort hiemit völlig uñ nach seinem behagen gegebẽ haben / jedoch / dz er mir hinwiederum ritterlich verspreche / mich wieder meinẽ willen vor außgang einer gebührlichẽ Trauerzeit zum Beylager nit zunöhtigen / damit ich von gnd'n redlichen Frauen nit angespeiet uñ verfluchet werde. Hernach und vors ander; daß diese unsere Verlöbnis ümb eben der Ursach willen eine zeitlang möge in geheim gehalten /und verschwiegen werden. Meine herzgeliebte Frau und Freundinn / antwortete er; vorerst bedanke ich mich der hochgünstigen Erklärung von ganzem Herzen; und ob das übrige mir zwar sehr schwer fallen wird / wil ich doch meine Begierden unter den Gehorsam ihres ehrliebenden Vorsatzes zwingen / jedoch daneben höchlich bitten / die Traurzeit / (wozu sie gar keine Ursach hat) nicht zuweit auszusetzen. Nam hiemit einen schönen Ring / und vermählete sie ihm damit; gingen auch miteinander nach Fabius und Leches / und nahmen von ihnen die Glükwünschung an. Bey der Abendmahlzeit erschien der vermeinete Kauffmann Gallus / auff Fabius Begehren / welcher schon merkete / daß Markus sich in Charidemus Stelle einflicken würde / welches er ihm wol gönnete. Nach gehaltener Mahlzeit begehrete er mit der Frauen allein zureden / welches sie wunder nam; massen sie ihn ihr Lebelang nicht gesehen hatte; wahr ihm doch zuwillen / trat mit ihm in ein Nebengemach / daß ihr nur eine Leibdienerinn folgete / und sagete zu ihm: Guter Freund / habt ihr etwa bey mir wegen meines Seel. Herrn / einige Schuldfoderung / so verschweiget sie mir nicht; was dann mit gnugsamen Beweiß bescheiniget wird / sol von mir ehrlich bezahlet werden. Gallus neigete sich vor ihr / und antwortete: Hochädle Frau; es lässet mein Gn. Herr der junge entlauffene Ritter / sie zum allerfleissigsten grüssen / und vor erwiesenes Mitleiden ihr von Herzen danken / insonderheit / daß sie ihm seiner Hände Freyheit durch ihre kräftige Vorbitte erhalten / ohn welches Mittel er sonst hätte müssen des Todes seyn. Es hat aber mein Gn. Herr ohngefehr in Erfahrung gebracht / daß Herr Fabius seines Unfals berichtet / und diese Rache zuüben vorgenommen hätte / darumb er mich alsbald mitzihen geheissen / ümb einig darnach zuarbeiten /daß ihrer hochädlen Tugend weder Ehre / noch Leben / noch einige Haabseligkeit gekränket würde / wie Gott lob alles verhütet ist. Die gute Frau warvoller Freuden / uñ sagete: O den Göttern sey ewig dank /daß dieses unschuldige Blut gerettet ist / dem ich mich mit alle meinem Vermögen schuldig erkenne; und wolte Gott / daß ich ihm einige Dienste leisten könte / solte mir angenehmers nicht seyn. Ja /hochädle Frau / sagte er / sie kan meinem Herrn grosse Freundschafft erzeigen / welches ich ihr anzeigen wil / dafern ihr belieben kan / mich ihrer Verschwiegenheit zuversichern. Uñ als sie ihm dieselbe verhieß / sagte er weiter: Es hat mein Gn. Herr eine ferne Reise vor / ü einen verlohrnen lieben Freund zusuchen / auff welcher ihm Herr Fabius gerne Geselschaft leisten wolte / er aber lieber allein fortzihen wil / deswegen er sich auch vor ihm verborgen[383] hält; Nun hat hochgedachter mein Herr mich wollen nach Padua schicken ihm etwa 20 oder 30000 Kronen abzuhohlen; aber weil ihm solches mein reisen an seiner Eilfärtigkeit sehr verhinderlich ist / möchte ich wünschen die Gelegenheit zuhaben / daß ich solche Gelder hier oder in der nähe auff richtige Wechsel heben könte /ob ich gleich ein oder etliche tausend Kronen dabey zusetzen solte / währe daran nichts gelegen. Würde nun meine hochädle Frau etwa an der Bezahlung zweiffeln / welches ihr kein Mensch verübeln kan /wolle sie nur vor geschlossenem Wechsel Herrn Fabius anmelden / wie sie meinem Herrn vor wenig Tagen in geheim zu solchen Geldern schon verholffen habe /und wann Herr Fabius sich nicht alsbald erbieten wird / es wieder richtig zumachen / wil ich meinen Kopff verlohren haben. Die Frau antwortete ihm: Mein Freund / ich zweifele im geringsten nicht an eures Herrn Auffrichtigkeit / wann ihr mir nur einen schlechten Beweistuhm bringen köntet / daß ihr dieses Herrn Diener seyd. Hochädle Frau / sagte er / ich bin freylich sein Diener / uñ zwar eben derselbe / welcher mit ihm hat sollen enthäuptet werden. Ach nein /sagte sie / der seyd ihr nicht / oder mein Gesinde müste euch unrecht abgemahlet haben. Gallus lachete des / und baht / sie möchte nur einen Diener kommen lassen / der ihn zeit seiner Gefängnis gesehen / alsdann solte sie dieses Zweifels bald benommen werden. Die Leibdienerinn ging bald hin einen auffzufodern / und fragete bey allen nach / wer unter ihnen die beyden ehmals Gefangenen / insonderheit den ältesten gesehen hätte / uñ als sich etliche meldeten / nam sie einen mit sich / welcher / da er zu der Frauen hinein trat / ward er von ihr gefraget / ob er diesen Mañ kennete; Nein sagte er / ich habe ihn nie als heut gesehen. Er muste auff Gallus bitte einen kurzen Abtrit nehmen / und sagte dieser darauff zu der Frauen; ich stehe anietzo vor eurer hochädl. Tugend mit angestrichenem Angesicht und Haaren / welche Verstellung ich gleich abtuhn wil / nam sein Läplein hervor und rieb damit alles ab / dessen sie sich nicht wenig verwunderte; rief dem Diener wieder hinein / und als derselbe alsbald sagete: Gn. Frau / dieser ist eben der / welcher mit dem jungen Ritter hat sollen abgetahn werden; antwortete sie: Es ist gut / aber wo du einigem Menschen sagen wirst / daß du ihn alhie gesehen / sol es dir dein Leben kosten. Nach seinem Abtrit machte Gallus seine Farbe wieder zurechte / und bestrich sich damit; da die Frau zu ihm sagete: Mein Freund / durch dieses Mittel köntet ihr mannichen schli en Betrug anrichten / wañ ihr nit redlich währet. Sie ließ ihn aber daselbst / biß seine Verstellung richtig wahr / ging hin zu Parmenions Geldern und Kleinoten / setzete ein kleines Schreiben auf / uñ verfügete sich mit Gallus wieder hin zu der Geselschaft / da sie als ohngefehr auf Herkules zureden kam / und sagete: Es tähte ihr leid / daß sie nicht wissen möchte / wo er geblieben währe / damit sie etwa zur Anzeige eines guten Willen ihm mit einem StükGeldes aushelffen könte / dessen er vielleicht in der Fremde benöhtiget seyn dürfte. Dieses beklage ich am meisten / antwortete Fabius /daß er bey seinem grossen Reichtuhm solte Gebrech und Mangel leiden; jedoch zweifele ich nicht / er werde auf Wechsel bedacht seyn / welche zu Padua stündlich sollen bezahlen werden / wanns gleich viel Tonnen Goldes beträffe. Aber weiß meine Freundin nicht ein wenig Nachricht / wohin er sich mag gewendet haben? Er ist gerade auf Elis zugelauffen / sagte sie / aber wie fleissig mein gewesener Ehherr ihm daselbst nachfragen lassen / hat man doch nicht das allergeringeste von ihm erfahren mögẽ; daher ich nicht zweifele / er habe sich alsbald / ümb Gefahr zumeidẽ / hinweg gemacht. Sie baht darauf von den Anwesenden Verzeihung / mit vermeldẽ / daß diesem[384] Kauffmann etwas wegen Charidemus handelung nachständig währe / welches sie richtig machẽ / uñ bald wiederko en wolte. Verfügete sich mit demselben auf ein grosses Gemach / uñ sagte zu ihm: Wolte Gott /daß einiges Mittel in der Welt währe / wodurch eurem Herrn ich mein bereitwilliges Herz erklärẽ könte; ihr aber habt mir die grösseste freundschaft erzeiget / daß ihr mir diese Gelegenheit an die Hand gegeben habt /ihm zu dienẽ. So sind nun diese zween Wetscher mit gepregetem Golde und Kleinoten auff 20000 Kronen gefüllet; / darzu nehmet diesen Wechselbrieff auff 12000 Kronen haltend / welcher der genennete Mann euch zu Elis stündlich erlegen wird / und ist hie noch eine kleine Handschrifft auff 8000 Kronen / welche Parmenio bey seinem Wirte daselbst nidergeleget /und alsbald können gehoben werden. Ich muß euch aber beydes euren vorigen schrecken in etwas ergetzen / und zugleich anzeigen wieviel Freundschafft ihr mir vor dißmahl erzeiget habet. Verehrete ihm hiemit einen Beutel mit 4000 Kronen / welche er / ungeachtet aller Wegerung annehmen muste. Schlißlich sagte sie ihm; das Ubrige liefert eurem Herren von meinetwegen / als eine Anzeigung meines dienstwilligen Gemühts / und daß alle meine Güter zu seinen diensten seyn. Das mir geschenkete Kleinot ist mir ein unfehlbares Gedächtnis seines gnädigen willens; und solte ihn die Gelegenheit nach Korinth führen / wolle er seine bereitwilligste Magd daselbst zubesuchen nicht unterlassen / dann ich werde mich ehistes tages dahin begeben. Gallus entsetzete sich vor dieser Freigebigkeit; es hätte durchaus die Meynung nicht / daß er einiges Geschenk vor seinen Herren oder vor sich suchete / und würde derselbe schon Mittel ergreiffen / es dankbarlich zu erstatten. Gebet euch zu frieden / sagte sie; ich bin eurem Herren viel ein mehres schuldig /als dieses wenige / und da euch Morgen zu reisen geliebet / so nehmet eures Herren und euer Pferd samt Harnisch und anderem zubehör / welches ihr bey einander vorne im Mahrstalle finden sollet / und reitet in Gottes Nahmen. Damit gingen sie wieder hin zu der Geselschafft / und hielt Gallus bey Herren Fabius an umb erläubnis zu seiner Reise / nachdem er ihm zu nichts mehr nütze seyn könte. Aber die Frau nöhtigete ihn die Nacht zu bleiben / weil der Abend einfiele. Nach abgenommenen Speisen redete sie mit Markus /daß er sie mit nach Korinth führen möchte / woselbst sie in die 60000 Kronen Baarschafft stehen hätte; ihr währe unmöglich / wegen eingenommenen Schreckens an diesem Orte länger zuverbleiben / möchte auch nach verlauff einer geringen Zeit wol Ansprach von jungen Freiern bekommen dürfen; wolte er nun diese ihre Herschaft Erblich behalten / stünde zu seinem Belieben / sonst könte er sie vor fünff Tonnen Goldes baar verkauffen. Markus wahr ohn daß dem Gelde zugetahn / und wie er diesen ihren Reichtuhm vernam / wunderte er sich / daß ihm das Glük ohn alle seine Sorge und Mühe im Augenblik so begütert hätte; umbfing seine liebste freundlich / und versprach / sie an Ort und Ende zu fůhren / wo sie am sichersten währe. Nach diesem nam sie ihn mit sich auff die Korn Spiker / in die grossen mit Wein belegete Keller / auch zu den Schaaff- Kühe- und Pferd Ställen / welches alles über drey Tonnen Schaz außtrug. Endlich muste er mit ihr auff ein fest verschlossenes enges Gemach gehen / da sie ihm ein Kleinot Lädichen vorsetzete auff 40000 Kronẽ / nachgehends vier Laden mit 80000 Kronen baar / und zu ihm sagete; dieses wil ich meinem geliebeten Herren zur Dankbarkeit des mir heut erzeigeten mitleidens überliefern / mit Bitte /es nit aufzuschlagen. Er aber nam[385] nur etliche Ringe daraus; das übrige stellete er ihr wieder zu / einwendend / er wolte es gerne in seine Verwahrung nehmen; weil es aber bey ihr sicherer währe / könte es biß auff ihren Abzug stehen bleiben. Wie es euch geliebet /sagte sie / und befahl ihrer Dienerin / Herren Fabius und Leches herzubitten / denen sie etwas zu liefern hätte; zu denen sie / da sie herzutraten / also redete: Ihr meine hochwerte Herren / ob ich zwar etliche Schätze in so geheimer Verwahrung habe / daß ich sie mit leichter Mühe vor mich selbst behalten könte / so sollen mich dannoch die Götter wol davor behüten /damit das unrechtmässige Gut nicht mein Erbe zugleich mit verzehre; Dieser Kasten vermag einen statlichen Vorraht / und gehöret dem erlegeten Parmenio teils eigen / teils als empfangene Werbungs Gelder zu; Stelle solches demnach zu des Herrn Gesanten Hånden / seines Willens damit zuschaltẽ; schloß den Kasten auff / und zeigete ihnen eine grosse Menge gemünzetes Goldes / auch in einem Beylädichen unterschiedliche köstliche Kleinot. Fabius gab ihr zur Antwort: Parmenions eigenes Geld müste ihr billich als der nähesten Erbin bleiben / das übrige wolte er Herrn Herkules verwahrlich behalten; jedoch / daß sie von solchem Teil zur Vergeltung ihrer Aufrichtigkeit 12000 Kronen haben solte. Fr. Euphrosyne bedankete sich / nachdem ihr wegern nicht gelten wolte / und empfing es mit dem bedinge / daß ihr frey stünde / es nach Belieben anzuwenden. Es wahren die eigenen Gelder von den Werbungsgeldern abgesondert / uñ zeigete eine hinzugelegete Rechnung / daß der Werbe Gelder 300000 Kronen / der eigenen aber 250000 Kronen wahren. Die 12000 versprochene Kronen schichtete sie / und gab die eine Helfte ihrem Liebesten / die andere den 100 Römischen Kriegsknechten / jedem durch die Bank hin 60 Kronen; welches ihm Fabius so wol gefallen ließ / daß er zu ihr sagete: Nun meine Freundin / ich verspüre hieraus ihren Verstand und gute Gewogenheit / werde mich auch bemühen /es unvergolten nicht zulassen. Von den eigenen Geldern aber nam sie 50000 Kronen / und teilete dieselben gleich unter Leches und Markus / da jener sich zwar wegerte / aber auff seines Mitnehmers Nöhtigung es ihm beybringen ließ. Als sie sich nun wieder gesetzet hatten / wolte sie Gallus noch eine Verehrung zuschanzen / und sagete zu Markus ingeheim: Ist euch heut durch eines andern Unfall ein Glük zugestossen / so lasset den Urheber auch in etwas / und so viel seine Wirdigkeit zugibt / mit geniessen. Dieser kunte nicht ersinnen / wen sie damit meynete / und baht / ihm solches etwas deutlicher anzuzeigen. Je / sagte sie / wer hat euch an diesen Ort geführet? hats nicht jener Kauffmann getahn? Ich erkenne mich ihm verbunden / antwortete er / redete ihn auch alsbald mit diesen Worten an: Guter Freund / ich erinnere mich / daß mit Verseumung eurer Geschäfften ihr mit uns gereiset seyd / davor ich mich dankbar erzeigen wil; schenkete ihm alsofort 600 Kronen / und sagte: Nehmet dieses / bitte ich / zur Ergetzung vor eure Mühe von mir an / und da ich schier heut oder morgen euch mehr Dienste werde leisten köñen / habt ihrs kühnlich bey mir zufodern. Gallus sahe / daß es alles aus der Frauen Anstifftung herrührete / hielt vor unnöhtig / sich lange zuwegern / und bedankete sich der grossen Schenkung. Ey so wolleñ wir beyde auch nicht so gar undankbar seyn / sagte Fabius zu Leches / uñ begehrete an Markus / er solte 600 Kronen von Parmenions Geldern hohlen / und sie ihm ihrer beyder wegen zustellen. Des folgenden Morgens sehr früh /nam Gallus von der Frauen freundlichen Abscheid /bedankete sich nochmahls der hohen Ehr und Guttaht / uñ[386] versicherte sie / sein Herr würde es statlich zuvergelten nicht unterlassen; legte die Gelder auf MaulEsel / sattelte sein und Herkules Pferd / und ritte in Geselschafft vier Knechte des nähesten auff Eliß zu / weil er nicht zweifelte / sein Herr würde sich da selbst noch auffhalten. Er hatte aber Valikules Waffen angelegt / und seine eigene dem Diener zu führen gegebẽ / ritte damit in die Herberge / und fand seinen Herrn im Hause allein gehen / und sich mit gedanken schlagen / wie ers am besten machen könte / wann etwa Gallus wegen widerwärtigẽ Windes zu lange aussenbleiben würde. Die Zeit hatte ihm sider Gallus Abreise gar lange gewehret / welche er mit einem fremden Manne vertrieb / der aus Mazedonien wahr /und sich eine zeitlang in der Landschafft Karia zu Laodizea auffgehalten hatte; Dieser ließ sich anfangs vernehmen / daß er ein Christ währe / da er merkete /daß Valikules des Glaubens wahr / der sich gleichwol nicht gegen ihn heraus ließ / weil er ihm wenig trauete. Zween Tage vor Gallus Wiederkunfft fing dieser fremder / nahmens Agemachus / etwas kühner an mit ihm zureden / da er anfangs beklagete / daß die Welt so mannicherley Glaubens währe / und ihrer viel / ja der mehrer Teil sich so plageten und peinigten / zu der Volkommenheit zu gelangen / da doch kein lustiger Weg währe / als eben dieser / auff welchem man dahin kähme / wiewol niemand / als welche der wahren Erkäntniß sich gewidmet hätten / denselben zu finden wüsten / welche daher Gnostici; das ist / die Erkennende oder Hochkluge geneñet würden. Valikules merkete alsbald / was vor einen schändlichen groben Ketzer er vor sich hätte / ließ sich dessen aber nit merken / sondern fragete / ob dann dieselbẽ Hochweisen / der Heydnischen / oder Judischen / oder Christlichen Lehre zugetahn währen / und ob man ihrer so hochgerühmten Volkommenheit nicht könte teilhafftig werden; Er währe jung / aber begierig nach der Weißheit / wolte auch solche Lehre leicht fassen / wann sie ihm vorgetragen würde / und zwar so viel leichter /weil sie einen solchen lustigen Weg zu der Volkommenheit zeigete. Agemachus antwortete ihm: Es währen diese Erkennende weder Heyden noch Juden / sondern Christen / wiewol nicht des gemeinen Schlages /sondern von ihnen / beydes in der Lehr und im Leben weit abgesondert. Der erste Stifter währe Karpokrates / welcher vor 100 Jahren den Grund dieser Lehre geleget / und aus himmlischer Offenbahrung die Erkäntniß erlanget / daß diese Welt / Himmel / Erde / Meer /und was drinnen ist / nicht von dem einigen obersten Gott / welcher der ungezeugete Vater hiesse / erschaffen währe / sond'n von einer gewissen Anzahl gewaltiger Engel / welche doch viel geringer / als jener oberste Gott währen. So hätte er auch die Offenbahrung gehabt / daß JEsus von Nazareth des alten Josephs warhafftiger Sohn währe / allen andern Menschen gleich / ohn allein / daß derselbe eine reine und krafftfeste Seele bekommen / welche in ihrem Leibe sich dessen alles hätte zuerinnen gewust / wz sie in dem Kreißlauffe (als sie noch in dem ungezeugete Gotte gewesen) gesehen hatte; und daß weiters seine Seele die Krafft und das Vermögen von vorgedachtem Gotte bekommen / daß sie der Engel oder Welt-Bauer Gewalt sich entbrochen / und durch alle 365 Himmel zu Gott hinauff gestiegen / auch durch eben dieselben wieder herunter kommen währe. Und deren Seelen fünden sich bey andern mehr in gleicher Volkommenheit / ja die noch volkommener als des Jesus seine währen. Herkules hatte von dieser Ketzerey zwar etwas / aber nichts insonderheit gehöret / nur daß sie ganz neue Lehre führeten / und gar ein abscheuhliches Leben trieben; wolte sich aber nicht zur Antwort[387] finden lassen / biß dieser etwas besser gebeichtet hätte /und sagete zu ihm: Mein Freund / ihr traget mir eine Lehre vor / von welcher ich / muß bekennen / bißher nicht gehöret habe / und ich daraus wol verstehe / wie weit die also genante Erkennende von den andern Christen / die Lehre betreffend / abgesondert sind; Aber mag er mich nicht auch berichten / wie dieselbẽ ihr Leben anstellen und führen. Ja mein Herr / antwortete er / hat er Lust darzu / wil ich ihm solches wol offenbahren / sehe ihn auch so redlich an / daß er mich deswegen nicht in Ungelegenheit stürtzen werde. Es haben diese erleuchtete Leute noch weiter aus der himlischen Offenbahrung / daß eines Menschen Seele nicht ehe zur Seligkeit gelangen könne / ehe uñ bevor sie alle Arten der Betreibung versuchet und geleistet habe / welche beydes Christen uñ Heyden vor böse /vor Schande / Unreinigkeit und abscheuhliche Laster halten; solches alles / sage ich / muß eine Seele zuvor betrieben haben / ehe sie in die Seligkeit auffgenommen werden kan; Daher auch / wann eine Seele durch den Tod aus einem Menschen fähret / welcher von solchen Lusthändeln sich enthalten / oder sie wenig getrieben / wird solche Seele in einen andern / ja in den dritten / vierden / fünfften / und wol mehren Leib wieder hinein gegossen / biß sie alle solche Händel in volkommener Anzahl verrichtet / dann gelanget sie erst zur himlichen Seligkeit. Möchte jemand einwenden / je haben dann wol so viel Leiber nur eine einzige Seele nacheinander / wie werden dann nach diesem Leben sich alle diese Leiber umb die Seele vergleichen können? aber diß ist eine kindische und unnöhtige Frage / massen die Aufferstehung der Leiber nur ein Geticht ist / und dieselben nach dem Tode biß in Ewigkeit vergehen. Herkules kreuzigte uñ segnete sich in seinem Herzen vor solcher abscheulichen Lehre; und sagte zu ihm: Ists aber wahr / mein Freund / daß die genandte Erkennende diese Lehre vor gewiß halten? Es würde ja daher folgen / daß ein Mensch seiner Seelen Seligkeit durch nichts so wol befodern könte / als durch Unzucht / Ehebruch / Blutschande /Sodomiterey / und anderen übungen / welche andere Menschen vor böse uñ sündlich schätzen. Ja mein Herr / antwortete Agemachus / daher sihet nun derselbe / daß es wahr sey / wz ich anfangs gesagt habe /daß kein lustiger Weg sey zu der Volkommenheit / als eben dieser. Herkules kunte solcher Ungebühr nicht länger geduldig zuhören / wolte doch versuchen / ob er diesen elenden Menschen von solchem schändlichen Irtuhm loßreissen könte; und redete ihn also an: Mein Freund / haben die Gnostici oder Erkennende eine solche Lehre / warumb nennen sie sich dann Christen? Treten doch die Juden und Heyden den Christen viel näher / beydes im Leben und in der Lehre / als diese Unmenschen; Dann in Warheit / die unflätigste Art der Heyden / welche man Epikurer nennet / möchte ich gegen diese zu rechnen / vor heilige schätzen. Lasset uns aber besehen / was ihr alles vorgetragen habt / obs den Stich halten / und ein vernünfftiger Mensch / welchen der Teuffel nicht gar beklommen / es vor wahr und gut schätzen könne. Eure erste Lehre wahr von der Schöpfung der Welt / da euer Karpokrates vorgeben / solche sey nicht von Gott selbst sondern von Engeln verrichtet. Aber warumb solt ich diesem Kerl seinen neuen Tand gläuben / welchen er weder durch Wunderzeichen / noch durch Vernunfft-gründe erwiesen hat? Moses hat mich vor 1600 und mehr Jahren viel ein anders gelehret / und es durch seine göttliche Wunder bekräfftiget. Alle die nach ihm gelebet / und von Gott mit dem wundertähtigen Glauben sind außgerustet worden / haben solche Lehre des Mose vor wahr gehalten. Mein[388] Heyland /welcher so viel Zeichen getahn / daß sie nicht alle wegen der Menge haben köñen beschrieben werden /heisset die Schrifften des Mose gut / und weiset uns an dieselben hin / wann er spricht: Sie haben Mosen uñ die Propheten / laß sie dieselbigen hören: Ist nun dieses wahr / was Mose von der Welt erschaffung schreibet / daß Gott selber solche geleistet habe / so muß nohtwendig falsch seyn / daß euer Karpokrates saget: Nicht Gott selber / sondern die Engel haben die Welt erschaffen; dann unter ja und nein muß nohtwendig eines wahr das ander falsch seyn. Euer ander vorgebrachtes ist / Gott vergebe es euch / eine recht teuflische Lästerung wieder den Herrn Jesus / aus welchen ihr nach der Lehre eures Verführers Karpokrates einen blossen Menschen / und Josephs warhafftigen Sohn machen wollet. Aber wie beweiset ihr solches? sagen ist in Glaubenssachen nicht gnug / sondern Grund Grund muß da seyn. Zwar daß mein Herr Jesus ohn zutuhn eines Mannes durch Wirkung Gottes des heiligen Geistes von der Jungfrauen Maria empfangen sey / daß er auch nicht ein blosser Mensch / sondern zugleich wahrer Gott sey / solches lehren uns die ungezweiffelten Schrifften der Evangelisten Mattheus / Lukas und Johannes; welche Lehre alle Apostel und jünger des Herren angenommen / vor wahr gehalten / sie durch ihre vielfältige Zeichen bekräfftiget / und durch ihren Tod / welchen sie wegen dieser Lehre erlitten / versiegelt haben; ja darauff so viel tausend gläubige Christen so fest gestanden sind /daß sie sich viel lieber haben wollen lassen brennen /braten / und auff allerhand erschrekliche Weise hinrichten / als solche verleugnen oder auffs minste in zweiffel zihen. Was vor Beweißtuhm aber führet euer Karpokrates / wodurch er das Wiederspiel behäupten wil? solte ich einem eintzigen Menschen ohn Beweißtuhm mehr glauben zustellen / als der ganzen Christlichen Kirchen und ihren unzählbahren Wunderzeichẽ / so müste ich wol aller Vernunfft beraubet seyn. Erwäge ich nun euer drittes Lehrstük / so muß ich bekennen daß ihr damit dem Vernunfft- und Tugend-Fasse auff einmal den Bodem außstosset. Dann anfangs saget ihr / es könne keines Menschen Seele zur Volkommenheit / verstehe zur Seligkeit dienlichen Volko enheit gelangen / wo dieselbe nicht zuvor allerhand Laster / Sünde und Schande begangen habe / und auff vollendung solcher boßheiten bekomme sie die himlische Seligkeit / sonst nicht. Mein /wisset ihr auch was ihr redet? habet ihr der Vernunfft abgedanket? ja habt ihr Wiz und Sinne gefressen? wer hat jemahs solche unvernünfftige Meynungen und Gedanken in seyn Herz kommen lassen; das böse mache einen Menschen volkommen zum guten? höret mein Freund / wann ich zu euch sprechen würde; gehet zu Winterszeit hin / setzet euch nacket auff das Eyß / und wärmet euch also: Gehet zur Sommerzeit in die heißbrennenden Sonnenstralen sitzen und kühlet euch also; würdet ihr mich nicht vor einen Narren und Unsinnigen halten? tähtet ihrs aber nicht / so währet ihr ein solcher. Aber was ist es anders / wann ihr sprechet: Gehe hin und treibe allerhand Unzucht / Boßheit / abscheuliche Ubeltaht / und was Gott sonsten hasset und verbohten hat / auff daß du im guten volkommen werdest / auff daß du deine Seele befoderst zur schleunigen Seligkeit? Hilff Gott! hat der Teuffel auch wol jemahl die Menschen heslicher beschiessen und verblendet als auff diese Weise? Mose und die ganze heilige Schrifft durch Zeichen und wunder bekräfftiget / unterrichtet mich / das Gott ein heiliger Gott sey / und daß er von den Menschen ernstlich erfodere / daß sie auch heilig seyn sollen. Sie unterichtet[389] mich / das Gott ein gerechter Gott sey / welcher alle Sünde und Fleisches Unreinigkeit ernstlich verbohten / und mit dem ewigen hellischen Feuer straffen wolle. Und euer Karpokrates saget; wiltu zu dem heiligen und gerechten Gott kommen / wiltu der hellischen Verdamnis entgehen / und die himlische Seligkeit erlangen / so enthalte dich der Heiligkeit / so lebe in Unzucht und aller Fleisches Unreinigkeit. Sind daß die Erkennende / die Erleuchtete / die Hochweisen? Gewißlich ich weiß nicht was ich hierzu sagen sol /als daß ich ni er gläube / daß der Teuffel selbst so unverschämt sey / ein solches zu sagen; den die Lüge ist zu grob / uñ wiederspricht aller Vernunfft. Ich halte euch diß vor / mein Freund / daß betrachtet bitte ich; was alle vernünfftige Menschen / Heiden / Juden uñ Christen einträchtig vor die nohtwendige Warheit halten / daß muß nohtwendig wahr seyn. Daß aber niemand durch Sünde und Boßheit Gott gefalle oder die Seligkeit erlange / daß halten alle vernünfftige Menschen vor die nohtwendige Warheit. Darumb muß es nohtwendig wahr seyn. Ich könte alhie tausend und noch tausend Gründe einführen / damit diese eures Karpokrates Unvernunfft übern hauffen geworffen wird; aber was bedarffs der Mühe? Nur noch eins mein Freund: Wie deucht euch / wann diese eure Lehre von der Welt angenommen würde / würde sie auch wol sechs Tage bestehen können? würden nicht alle und jede suchen / die grösseste Boßheit gar zeitig vorzunehmen / damit sie desto früher in den Himmel kähmen? aber auß diesem Grunde würde in kurzem nichts hervor quillen als ein durchgehendes Morden und Würgen / biß der einige lezte Mensch nur allein übrig währe / welcher / weil er keinen Mitsündiger hätte / würde er an ihm selbst die schwereste Sünde begehen / und sich nidermachen. Gewiß mein Freund / ich habe euch diese Tage vor einen vernünfftigen Mann angesehen / aber werdet ihr in diesem Wahnwiz verbleiben / so muß ich euch vor einen leibhafftigen Teuffel halten / und noch schlimmer. Derwegen stehet ab von solcher Gotteslästerlichen / falschen / und unehrbahren Lehre / oder machet euch alsbald aus dieser Herberge / wo ihr sonst nicht wollet / daß ich euch eure Boßheit zuerkennen geben sol. Dieser fing alsbald an; er währe dieser Lehre nicht zugetahn / sondern hätte nur bloß erzählet / was diese Leute gläubeten. Dann es wahr mit in ihrer Lehre begriffen / daß man / Gefahr zu meiden / seinen Glauben wol verleugnen dürffte. Aber er hatte sich schon zu weit verrahten / daher wolte ihn Herkules nicht länger umb sich leiden / daß er bey Sonnenschein die Herberge räumen muste; insonderheit / weil er sich wegerte /ichtwas auff die vorgebrachten Gründe zu antworten.

Die folgende Nacht hatte Valikules aber ein neues Unglük; nehmlich / es hatte der Haußknecht gesehen /dz er zimlich viel gepregetes Gold bey sich trug / welches er aus einem verkaufften Ringe gelöset hatte. Darauff machte nun jener einen Anschlag / ob er dessen nicht einen Teil haabhaft werden möchte / und nam ihm vor / bey Nacht schlaffen der Zeit auff seine Schlaffka er einzubrechen / und ihm den Beutel zu fegen. Nun schlieff Valikules gar allein auff einem Gemache / versperrete auch alle Tühren und Fenster gar wol ehe er sich legete / und überdaß behielt er die Unterhosen stets an / hatte das Schwert zur Rechten /den Dolch zur Linken / und schlieff / so lange es finster wahr mit sorgen / nur gegen den Morgen hielt er sich sicher / und ruhete alsdann aus. Der diebische Knecht hütete sich nicht davor / stieg diese Nacht /welche gar dunkel wahr / auff einer Leiter aussen am Hause[390] hinauff biß an das Fenster / und wuste es so leise auffzumachen und hinein zu kriechen / daß er dessen nicht gewahr ward. Nun hatte er aber seine Oberhosen / in welchen die Gelder wahren auff seinem Bette zun Füssen liegen / welche der Dieb hin und wieder suchete / auch endlich fand / grieff hinein /und nam in die 30 Kronen zum erstenmahle heraus /gleich als Valikules erwachete / des Diebes Athem hörete / und zugleich seine Hosen missete / richtete sich deßwegen auff / und fassete den Degen / zugleich fragend / wer ihm bey Nachtschaffender Zeit auff der versperreten Kammer umb ginge. Der Dieb ließ vor Angst die ergriffenen Hosen fallen / lieff mit der Handvol Kronen zum Fenster zu und wahr sehr gerade wieder hinaus; aber Valikules folgete ihm / und gab ihm mit des Schwerts Knauffe einen solchen Stoß oben auff den Schedel / daß er betäubet hinunter fiel und recht auff den Kopf stürzete / daß er das Genicke abbrach; blieb also liegen / und lagen die gestohlene Kronen umb ihn her. Er sahe ihm nach aus dem Fenster / merkete daß der Dieb Tod wahr / und bedachte sich / ob er ein Geschrey machen wolte oder nicht; endlich hielt er vor das beste / daß er stille schwiege /fassete doch die angeschlagene Leiter / und warff sie umb / welches ein zimliches Gepolter im Hofe verursachete / daß das andere Gesinde samt den Wirt davon erwacheten / auffstunden / und zusahen was es währe / da sie den Dieb funden daß er mit dem Tode rang / und das Geld umb ihn her gestreuet lag / auch die Leiter recht auff ihm. Sie kunten leicht ersinnen /wie es zugangen währe / meineten doch / Valikules würde nichts drum wissen / und müste die Leiter im absteigen umbgeschlagen seyn; daher sie den Dieb auff des Wirts Befehl hinweg trugen / welcher inzwischen die Gelder aufflase / und davon ging. Valikules stund und sahe alles an / ließ sich doch nichts merken / nur als er des Morgens hinunter ging / foderte er den Wirt vor sich / und zeigete ihm an; er hätte diesen Morgen seine Oberhosen mitten im Schlaffgemach auff der Erden gefunden / und etliche daraus gestreuete Gelder dabey / da er sie doch des Abends auff sein Bette gelegt hätte; begehrete demnach / daß er fleissig nachforschete / wer unter seinem Gesinde sich solcher Dieberey unternehmen dürffte; über das hätte er gestern dem Hausknechte befohlen (dieser wahr eben der Dieb) etwas zubestellen / möchte ihm ruffen lassen / um zuvernehmẽ / ob ers verrichtet hätte. Nun wahr zwar der Wirt willens / wo möglich / es zuvertuschen / aber aus keiner andern ursach / als daß dieser fremde Gast nicht möchte von ihm zihen / und ein solches unter die Leute bringen / welches ihm an seiner Nahrung schaden würde; Weil er aber sahe / daß der Fuchß auff solche Nachfrage zum Loche aus muste / bekennete er / daß der Knecht unter dem Fenster währe tod gefunden / da er mit samt der Leiter herunter gefallen währe; Doch der gefundenen Gelder gedachte er nicht / und wolte ihn auch Valikules wegen des wenigen noch zur Zeit nicht schamroht machen / sondern beklagete vielmehr des Knechtes Unfall / und dz er durch dẽ Geitz sich zu solcher Untaht hätte verführen lassen; wiewol er bedacht wahr / in wenig Tagen die Herberge zu endern; aber / wie droben gesagt / sein Gallus traff ihn noch daselbst an /als er in seiner Rüstung und auff seinem Pferde zum Hause hinein ritte / da er auff dem Fluhr wandelte /und sich mit Gedanken schlug. Er erkennete aber beydes seine Waffen und sein Pferd alsbald / und gedachte / es währe ein Ritter von Charidemus abgeschikt /der ihn auskundschaffen solte / weil er den Helm zugemacht hatte. Dieser aber stieg geschwinde vom Pferde / setzete den Helm ab / und gab seinem Herrn[391] gnug ursach zur Verwunderung; Welcher zu ihm sagete: Wie nun Gallus? Ich schätzete euch schon zu Padua / so habt ihr umb Pferd und Harnisch willen euch dieser örter so lange auffgehalten / und euch in Leib und Lebensgefahr gewaget. O nein / Gn. Herr /antwortete er / unser Gott hat mich einen guten Weg geführet / und seine Gnade über uns so reichlich sehen lassen / daß ich mich dessen nicht gnug verwundern kan; legete den Harnisch ab / führete die Pferde in den Stall / und nachdem er die Gelder von den MaulEseln abgeladen und in Gewarsam gebracht hatte / hieß er den Knecht nach Verehrung etlicher Kronen mit den Eseln hinweg zihen / und seine Frau in geheim freundlich grüssen. Valikules wuste nicht /wie er mit ihm daran war / und sagte: Ich bin verwirreter über eurer Ankunft / als ich unter den Schergen im Holze wahr. Dieser kehrete sich nirgends an / reichete ihm anfangs einen sehr köstlichen DemantRing / mit diesen Worten: Die hochädle Frau Euphrosyne /des weiland schelmischen Charidemus nachgelassene Wittib / entbeut ihrer Gn. ihre untertähnige bereitwilligste Dienste. Träumet euch Gallus? sagte Valikules. Er aber fuhr imer fort / als hörete ers nit; Sie bedanket sich zum höchsten wegẽ des damals verehreten Kleinots / welches / als lange sie lebet / zum Gedächtniß bey sich tragen wil / dessen Lebensrettung ihr die allergröste Freude gebracht / weil sein unverdienter Tod ihr unangenehmer als ihr eigener würde gewesen seyn; bittet krafft solcher Gewogenheit / Eure Gn. wolle hinwiederumb dieses schlechte Ringlein als eine unwirdige Erinnerung ihres willfährigen Gehorsams von ihr annehmen. Er empfing den Ring mit gutem Willen / und befahl ihm / ohn Umbschweiffe zuerzählen / wie es ihm ergangen währe. Gallus baht umb Verzeihung / gab vor / er håtte vorerst etwas nöhtiges zu verrichten; hieß den neuen Hausknecht mit ihm gehen / und hohlete auff die beyden WechselBrieffe 20000 Kronen / die ihm alsbald in verpitschierten Beuteln zugestellet wurden; brachte sie seinem Herrn / und lieferte ihm an Baarschafft und Kleinoten 40000 Kronen; welcher ihn fragete / woher ihm dieses unvermuhtliche Geld kähme. Es ist eine geringe Verehrung / sagte er / welche obgedachte Frau ihrer Gn. zum Zehrpfennige sendet. Fing hierauff an alles nacheinander zuerzählen / was gestalter Herren Fabius / Leches und Markus zu Korinth im Hafen angetroffen / ihnen verdekter weise seinen Unfall erzählet / und mit ihnen nach dem Flecken reisen müssen /da Fabius aus sonderlichem Eifer den boßhaften Charidemus von den beyden Dienern / denen sie das Leben geschenkt / niederhauen lassen; und hätte /allem ansehen nach / Markus sich mit der jungen Witwen verliebet. Als er nun derselben gute Gewogenheit gespüret / hätte er sich in geheim zuerkennen gegeben / und ümb Befoderung zu einem Wechsel angehalten; worauf sie ihm dieses alles eingehändigt / bloß als ein Zeichen ihres dienstbegierigen Herzens; ja sie hätte einen grossen Schaz des Parmenions angegeben / welcher ihrer Gn. zum besten von Fabius verwahret würde. Uber das hätte er aus ihrem Gespräch verstanden daß Herr Ladisla auch mit einem Schiffe auff der Fahrt währe / seinen Freund Herkules zusuchen / und ihm zufolgen. Dieser wahr sehr unwillig / daß gegen Charidemus so scharff verfahren wåhre / und verwies es Gallus höchlich / daß er Fabius darzu veranlasset /wodurch er wieder sein Christliches Gewissen gehandelt / und solche eigentähtliche Rache vor Gott schwer zuverantworten hätte / dañ ich hatte ihn / sagte er / der Straffhand Gottes befohlen. Gallus entschuldigte sich / berieff sich auff Gott / daß[392] er Herr Fabius nicht im geringsten zu solcher Straffe angereitzet hätte / und erkennete er hieraus Gottes sonderliche Versehung; dann / sagte er / wer hat diesen eiftrigen Rächer ausgeshikt? ohn Zweiffel hat es Gott selber getahn /welcher ihm seine schändliche Boßheit und unerhörete Grausamkeit hat auff seinen Kopf vergelten wollen / vielen andern seines gleichen zum merklichen Beyspiel / sich von solchem Frevel zuenthalten. Ich erkenne es vor nichts anders / antwortete er; aber man hätte gnädiger mit ihm verfahren sollen / uñ währe ihm die Landesverweisung Straffe gnug gewesen. Das würde dem guten Markus wenig frommen und vergnügung gebracht haben / sagte Gallus / der aniezt in tausend Freuden gehet / wie sehr ers gleich zuverbergen suchet. Eure Gn. aber zweifeln an dieser Frauen Verschwiegenheit gar nit / welche vielleicht noch heut nach Korinth sich erhebẽ / uñ daselbst ihre Wohnung nehmen wird; hat mich auch sehr inständig gebehten /ihre Gn. zuvermögen / sie daselbst auff ein Wort zusprechen. Ich aber habe diese Reise auch nicht ümsonst getahn / sondern von der Franen 4000 / von Markus 600 / und von Fabius und Leches ingesamt auch 600 Kronen / als ein unbekanter Kauffmann vor meinen Mitzug / wieder meinen Willen nehmen müssen. Valikules verwunderte sich der grossen Zuneigung dieser ehrliebenden Frauen / und sagte: Ich bin verpflichtet / dieser Frauen / als meiner Schwester /Zeit meines Lebens gutes zutuhn / werde es auch wissen in acht zunehmen / uñ wil nicht unterlassen ihr zu Korinth zuzusprechẽ / wohin wir / geliebts Gott / erstes Tages unsern Weg fortsetzen wollen / nachdem ich mich schon über die gebühr in diesen Ländern auffgehalten habe. Als Gallus von Fr. Euphrosynen hinweg geschieden wahr / hielten Fabius / Leches und Markus miteinander Raht / auff was weise sie eigentlich erfahren könten / ob Herr Herkules dieser örter sich noch auffhielte / uñ wurden eins / daß Markus den nähesten Weg nach Korinth zihen / Fabius aber und Leches zu Elis sich etwas auffhalten / und allerseits fleissige Nachfrage tuhn solten; sendeten auch achzig ihrer Soldaten ümher in die Flecken und Städte / auff zehn Meile weges / ob sie ihn ausforschen möchten; wo nicht / solten sie heut über zwo Wochen sich zu Korinth wieder einstellen. Fr. Euphrosyne ließ inzwischen das Frühstük bereiten / und alle ihre Baarschaften und Kleider auff Wagen packen / taht ihres Vaters Bruder-Sohn das Schloß und die Herschaft auff Rechnung ein / uñ måssigte der Untertahnen Frohndienste und andere Beschwerungen / daß sie über die helfte geringer wahren. Ihren Charidemus hatte sie des ersten Abends ohn alles Gepränge lassen zur Erden bestatten / und zog mit ihrem Liebsten /unter der Begleitung X Soldaten nach Korinth / woselbst sie einen adelichen Hoff mietete / und in demselben biß auff Markus Wiederkunfft (der mit Fabius die Reise zuvollenden willens wahr) ihre Trauerzeit einsam mit ihrem Gesinde zubringen wolte. Fabius und Leches aber blieben mit X Kriegsknechten zu Elis / liessen aussprengen / sie währen nach Korinth gezogen / und legten sich in Valikules erste Herberge / da sie der Ursach des Kampfs mit Parmenio ümständlich berichtet wurden. Unserm Valikules wahr ihre Gegenwart unverborgen / und daß man in den Stadtohren auff ihn acht zugeben befohlen hatte. Er tröstete sich aber seines Räuber-Künstleins / ohn dessen Hülffe er nicht leicht würde entgangen seyn / und muste wieder seinen Willen noch zween Tage zu Elis sich auffhalten / biß er seine Pferde / Gelder und Waffen heimlich hinaus bringen kunte; worauff er sich eilig fort machete nach Korinth[393] zureiten / und kehrete daselbst bey seinem Christlichen Wirte ein / von dem er schon als ein Ermordeter höchlich beklaget wahr. Er meinete nicht / daß Markus mit seiner Liebesten daselbst schon solte angelanget seyn / deren Leibdienerin des andern Tages vor seiner Herberge herging /und ihn ohngefehr durchs Fenster sahe / dann er hatte die angestrichene Farbe abgetahn / und seinem Wirte sich zuerkennen gegeben. Es wahr noch früh morgens / uñ zweifelte die Magd anfangs / ob sie recht såhe /wolte die Gewißheit haben / und machte eine falsche Werbung in das Haus / da sie ihn eigentlich besahe /uñ aus dem Hause wieder hinweg eilete. Zum guten Glük ersahe sie Gallus / kennete sie alsbald / und fragete / ob ihre Frau dieses Orts schon angelanget währe / und warumb sie so eilete. Sie aber antwortete: Mein Freund / haltet mich nicht auff / dañ ich werde grosse Herren erfreuen / und ein reiches Bohtenbrod verdienen / wann ich ihnen dessen Zeitung bringe /was ich in diesem Hause gesehen habe. Er hingegen sagete zu ihr: Bey Leib und Leben schweiget / und tuht meines Herrn Gegenwart niemand als eurer Frauen zuwissen / die euch schon weiter unterrichten wird; ging hin und vermeldete es seinem Herrn / der sich entschloß / des nähesten die Frau zubesuchen. Markus ritte des folgenden Tages sehr früh nach dem Meerhafen vor seiner Herberge her / welches er sahe / und alsbald seinen Gallus an die Frau schickete / ihr anzumelden / daß er sie gerne sprechen wolte; welche als bald ihre Dienerin mit Gallus zurük sendete / uñ ihn darümb dienstlich ersuchen ließ. Er machete sich bald auff / in einem grünen Güldenstücke (welches er zu Elis hatte machen lassen) bekleidet / und hatte einen grossen blutroten Federpusch auff dem Hute. Da er nun so Fürstlich zu ihr ins Gemach trat / grüssete er sie höflich und sagete: ädle und tugendreiche Frau /hochwerte Freundin; ich kan wol mit Warheit beteuren / daß mir nie voll keiner Frauen grössere Dienste /als von ihr beschehen sind / in betrachtung / ich nicht allein durch ihren Vorschub mein Leben erhalten /sondern / nachdem sie hiedurch in grosse Angst gerahten / sie mir noch eine unverdiente Freygebigkeit erzeigen / uñ bey meinem Diener so viel tausend Kronen zum Zehrpfennige überschicken wollen. Nun meine wahre Freundin / ich bin dieses Orts des Vermögens nicht / so hohe Neigung zuvergelten / hoffe aber ungezweifelt / da mir Gott das Leben weiter fristet / Gelegenheit zuhaben / daß mein dankbares Herz erkennet werde. Im übrigen ist der wahre Gott mein Zeuge / daß die Unbarmherzigkeit an Charidemus ergangen / mir höchlich mißfället / wolte auch solche /da mirs möglich gewesen / gerne hintertrieben haben; wiewol ich gänzlich gläube / mein Gott habe es also geschicket / dessen Gerichte / ob sie gleich zu zeiten verborgen / doch niemahls ungerecht sind. Bitte demnach / meine in Ehren höchstgeliebete Freundin wolle ihren Willen in Gottes Willen stellen / und mit dessen Ordnung friedlich seyn / und versichere sie / daß ihr jetziger Bräutigam gegen sie viel ehrerbietiger und höflicher / als Charidemus / sich bezeigen wird. Den übergeschikten Ring habe ich von meinem Diener empfangen / uñ alsbald an diesen Finger gestecket /welcher mir an stat einer stetswehrenden Erinnerung dienen sol / wie viel ich meiner allerliebsten Freundin und Lebens-Retterin schuldig bleibe. Fr. Euphrosyne sahe ihn mit höchster Verwunderung an / kunte seiner freundlichen Blicke und Reden sich nicht ersättigen /und antwortete ihm gar züchtig: Durchleuchtiger Fürst; Gnädiger Herr; ich möchte wünschen / eigentlich zuwissen / mit wem ich rede / damit ihm die gebührliche Ehre und Auffwartung von mir könte geleistet werden; weil ich aber[394] weiß / daß Ihrer Gn. nicht gefällig ist / erkennet zuwerden / gebühret mir nicht /hiernach zuforschen. Nun schreibet ihre Gn. mir dero Erlösung zu / aber ich sehe nicht / warumb. Zwar daß auff mein Anhalten / diese krafftigen Arme (die sie ihm züchtig anrührete) ungebunden blieben sind /rechne ich vor das beste Werk / welches ich je begangen; aber ihre ungläubliche Stärke hat die Errettung selbst zuwegen bracht. Die Grausamkeit meines gewesenen Eheherren (hier fing sie an zu weinen) hat meiner Seelen ungläublichen Schmerzen verursachet /und fehlete wenig / ich währe vor Angst nider gesunken / daß ich mein Mitleiden nicht durffte merken lassen / wie wol meine wässerige Augen dessen etwas Anzeigung geben kunten; würde mir auch der Tod lieber / als die Zeitung gewesen seyn / dz Charidemus Urtel währe volstrecket worden; und weil mir unmöglich wahr / mich über euer Gn. Flucht so betrübt anzustellen / als Charidemus es gerne gesehen hätte /habe ich deßwegen nicht allein viel Scheltworte und harte Schläge in kurzer Zeit annehmen / sondern /welches mir ungleich mehr zu Herzen ging / solche schmähe- und ehren-rürige Worte einfressen müssen /deren ich noch diese Stunde nicht vergessẽ kan; habe ihm aber solches Zeit des Unglüks nicht geniessen lassen / sondern hätte ihm das Leben gerne mit aller meiner Haabseligkeit erkaufft; wie wol ich nicht willens wahr / bey ihm länger zubleiben; dann er hätte mich ohn zweiffel endlich ermordet; sondern wolte mich zu meines Vaters Bruder nach Athen erhoben /und bey demselben meine übrige Zeit zugebracht haben / welcher ein frommer alter Herr / uñ Christlichen Glaubens ist / wozu er mich gerne gebracht hätte / wañ Charidemus es hätte zugeben wollen / welcher mich auff solchen Fal öffentlich zuverbrenen dräuete. Meine in ehren geliebete Freundin / sagte er / ist auff sehr gutem Wege gewesen / und möchte wünschen /daß sie des Vorsatzes annoch währe / massen ich sie versichere / daß ausser diesem Christlichen Glauben kein Mensch die Seligkeit erlangen kan; dann ich bin auch ein Christ / und wünsche nichts mehr / als das alle meine Freunde darzu gelangen möchten. Die Frau hörete solches gerne / und versprach / nicht allein forthin als eine Christin zu leben / sondern auch ihm Markus eben dessen auff Gelegenheit zubereden. Worauf er ihr kurzen Unterricht des Christentuhms gab / und sie ermahnete / mit seinem Wirte Kundschafft zu machen / der ein guter und fein gelehrter Christ währe / und sie zu dem Lehrer daselbst führen könte. Sie versprach ihm solches alles zuverrichten /bedankete sich wegen der Befoderung ihrer Seligkeit /und kam nachgehends wieder auff ihr voriges / da sie baht / ihre Gn. möchten des wenigen Geldes halben so grosse Danksagung nicht leisten / nachdem sie ihm mit alle ihrem Vermögen herzlich gerne verbunden bliebe. Er bedankete sich des Erbietens / und begehrete von ihr / dafern seine Freundschafft ihr angenehm währe / möchte sie alle hohe Benennungen unterlassen / und mit ihm als einen vertraueten Freund und ihres gleichen umbgehen. Ich bin meinem Gn. Herren zugehorsamen schuldig / antwortete sie / dafern mir solches zu keiner unhöffligkeit außgeleget wird; Zohe hiemit eine köstliche Kette hervor / in deren jedem Gliede etliche teure Demanten versetzet wahren / welche Fürst Artaxerxes in Persen dem Parmenio geschenket / da er ihn zu einem Kriegs-Obristen bestellet / und auff 36000 Kronen geschätzet ward. Parmenio hatte sie ihr als seiner Schwägerin vor wenig Wochen verehret / wegen daß sie seine geworbene Knechte (die nun mehr alle verlauffen wahren) etliche Zeit gespeiset hatte. Diese Kette reichete sie ihm[395] in einem Seidenen Tüchlein / und sagete: Mein hochwerter Herr (weil eure Gn. von mir keiner höheren Benennung kan gewärtig seyn); dieses hat mir Parmenio ehemahls geschenket / welches ich niemande zugedacht habe als ihm / und bitte ehren-dienstlich / es von mir als einen Nohtpfennig anzunehmen; dann weil ich merke / daß mein Herr sich weit in die Morgenländer zubegeben willens ist / und man allemahl in der Fremde keine Wechsel haben mag / möchte es dereins demselben zu steuer kommen / nachdem mans ohn alle hindernis unter den Kleidern tragen und verbergen kan. Sie wolte ihm aber von Parmenions Geldern / die bey ihr stunden / nichts sagen / dann sie befürchtete sich / er möchte ihr dessen gar zu viel schenken. Valikules wegerte sich des annehmens nicht / sagete doch / dafern ers nicht zuvergelten hätte / würde er solche Geizigkeit nicht spüren lassen; steckete ihr nachgehends einen gar schönen Ring an ihren Finger /welchen er zu dem Ende enigekaufft hatte / und sagete: Er wolte sie hiemit ihm als eine Christliche Freundin verbinden / daß ihre ehrliebende Freundschafft Zeit ihres Lebens nicht getrennet werden solte: hoffete / sie würde ihm zum Gedächtnis denselben nicht lassen von sich kommen; gab ihr überdaß auch dz Ringelein zuverwahren / welches er vor diesem Frl. Valisken zugeschikt / und von Neklam wieder bekommen hatte / und sagete: Meine werte und geliebete Freundin; ich gebe ihr dieses auffzuheben / welches einer gebohrnen Königlichen Fräulein zustehet / die ich zuerlösen suche; bitte gar sehr / es so lange in obacht zu haben / biß ichs mit einem viel besseren wieder außwechseln werde. Sie kunte auß dieser Rede leicht schliessen / daß er sehr hohes Fürsten Standes seyn müste / wolte sichs aber nicht merken lassen / uñ versprach / es bey sich wol auffzuheben / biß sie es entweder ihm / oder dem Königl. Fråulein sebst würde einliefern können; wünschete ihm Gottes Hülffe und Gnade zu seinem Vorhaben / und muste er ihr versprechen / neben dem Fräulein auff der Rükreise sie zubesuchen. Sie hatten sonst ihr Gespräch miteinander biß an den Mittag / da er einen freundlichen Abscheid von ihr nam / sie umbfing / und der Gnade seines Heylandes sie befahl / weil er nicht meinete /daß er sie wieder sprechen würde. Markus kam bald hernach zu Hause / und ward von seiner Liebsten freundlich empfangen / die er in mehrer Fröligkeit antraff / als bißher ihre Gewohnheit wahr. Des folgenden Tages ritte Valikules mit Gallus nach dem Hafen / umb zuerforschen / ob nicht Gelegenheit nach Syrien zu schiffen währe; traff aber nur ein Schiff an / welches über sechs Tage nach Kreta segeln wolte / woselbst man / des Schiffers Bericht nach / fast täglich Gelegenheit nach Syrien haben könte. Er beklagete sehr / daß er die Zeit daselbst vergeblich zubringen /uñ von seiner Reise abgehalten werden solte / welches er doch nicht endern kunte. Es funden sich diesen Morgen in seiner Herberge acht Griechische Ritter an / welche XXIV wehrhaffte Diener bey sich hatten /Valikules aber blieb stets in seiner angestrichenen Farbe samt Gallus / daher diese ihn vor einen ganz fremden und erst ankommenden hielten. Bey der Mahlzeit verübeten sie zimlichen Pracht / daß sie dem Wirte fast alle seine Speisen / die doch untadelich wahren / verachteten / und das beste ihren Hunden vorworffen / welches ihnen der Wirt endlich nicht übersehen kunte / sondern ihnen dürre unter die Augen sagete / er hätte nunmehr XVI Jahr lang redliche Leute beherberget / aber solchen Frevel hätte ihm noch kein Mensch gebohten / und weil er solchen in seinem Hause nicht erdulden wolte / solten sie ihm die auffgetragenen Speisen bezahlen / und sich[396] nach anderer Herberge umbtuhn. Der Vornehmste unter ihnen wolte ihn mit Scheltwort angreiffen / aber er gab ihm zur Antwort; dafern er sich zu krauß machen würde / müste er bey der Stad Obrigkeit Schuz suchen; sie solten ihnen ja nicht einbilden / daß man in Korinth ihnen Freyheit gönnen würde / einigen Inwohner zubeleidigen. Worauff diese es näheren kauffs gaben / aber zu Valikules Ursach sucheten / weil derselbe nicht allein von dem Wirte mehr als sie geehret und genöhtiget ward / sondern auch so viel darzu geredet hatte / daß wan die Speisen ihnen nicht gefielen / möchten sie es dem Herrn Wirt gütlich anzeigen /und die Gaben Gottes nicht den Hunden vorwerffen. Welche erinnerung sie nicht wenig verdroß. Es fing aber einer von ihnen an / den Wirt zu fragen / ob er sie nicht berichten könte / auff welcher Gasse und in was behausung man den Römischen Ritter antreffen möchte / welcher des löblichen Herren Charidemus junge Wittib als einen freien Raub mit sich genommen hätte / und deren mit Gewalt mißbrauchete. Ich weiß von einem solchen unredlichen Ritter nicht / antwortete Amyntas der Wirt / aber daß weiß ich wol /daß Charidemus aus erheblichen Ursachen von dem Römischen Gesanten zur Straffe gezogen / auch dessen Witbe sich gutwillig unter dessen Schuz und Gehorsam gegeben hat. Hierüber / antwortete der Vornehmste / habt ihr nicht zurichten / und werden sich dessen schon andere als ihr / annehmen; gebet uns nur Nachricht wo wir den rauberischen Entführer antreffen mögen. Valikules vernam hieraus / daß sie Rache an Markus sucheten / und entschloß bey sich selbst /sich seiner nach mögligkeit anzunehmen / lies aber sich dessen anfangs nicht merken / sondern sich stellend ob blutete ihm die Nase / ging er hinaus / und folgete ihm Gallus / dem er befahl / was er gleich alsbald Markus in seiner vorigen Kauffmans Gestalt vortragen solte; er aber / nach dem er sich zum Schein gewaschen hatte / ging wieder hinein zu der Geselschafft / welche inzwischen von dem Wirt zu wissen begehreten wer dieser junge Kerl währe; welches er mit wenigem beantwortete; er währe ein Römischer Herr und Ritter / redlich und from / welcher erst gestern angelanget / und bald wieder fortgehen würde. Als Valikules wieder hinein trat / stellete er sich ernsthafftig / und baht den Wirt / ob er etwa von einem Römischen Ritter gehöret hätte / welcher solche Untaht begangen / dessen ihn diese Herren zeiheten / möchte er ihm solches unbeschwert melden; er vor sein Häupt wolte nicht hoffen daß Römische Ritter solche Bubenstük begingẽ / doch wann es geschehen währe / wolte ers vielmehr rächen als entschuldigen / ungeachtet er selbst ein Römischer Ritter währe. Der Vornehmste unter den Griechen / Nahmens Aristodemus / antwortete ihm; der Rache halben dürffte er unbekümmert seyn / nachdem sie dieselbe auff sich genommen hätten. Valikules aber taht anfangs / als hörete ers nicht / und gab acht auff Amyntas Antwort / welcher zu ihm sagete; ja mein Herr / ich weiß zwar / daß ein Römischer Ritter / nahmens Herr Markus /vor wenig Tagen hieselbst mit gedachter Wittiben ankommen ist / welche bey dem Raht hieselbst angesucht / ihr zu gönnen / daß sie eine Zeitlang in ihrem gemieteten Hause bey uns wohnen möchte / und sol gedachter Ritter bey ihr seyn / nicht als ein gewalttähter / sondern als ein Freund. Ja wol als ein Freund / redete der andere Grieche / nahmens Eubulus darzwischen; nachdem sie geschändet ist / muß sie wol auß der Noht eine Tugend machen / damit sie bey ehren bleibe. Valiukles wolte dieses noch nicht beantwoten / sondern fragete den Wirt von wannen[397] dieser Ritter Markus möchte kommen seyn; Von Padua / antwortete er / mit Herrn Fabius dem Römischen Gesanten / dessen Schiffs-Hauptmann er seyn sol. So ist Herr Fabius mein Freund / und Ritter Markus mein guter Bekanter und MitRömer / anjetzo in dieser Landschafft? sagete Valikules / als mit verwanderung; Gewißlich ihr Herren / redete er zu den Griechen / ihr werdet von diesem Ritter unrechten Bericht eingenommen haben / dann zu solcher unverantwortlichen Untaht daß er ädle ehrliebende Weibesbilder schänden und entführen solte / ist er viel zu redlich. Archidas der dritte fragete ihn / was er sich hierumb zugeheihen hätte / sie wolten dem Entführer seine Untaht mit dem Schwerte schon überbringen. Einem redlichen Ritter / antwortete er / muß man von keinem geheihen sagen; und möchte er wol wissen / daß er willens währe sich seines Freundes und guten bekanten anzunehmẽ / dafern er würde unschuldig seyn; wo nicht sollet nicht ihr / sondern seiner Obrigkeit Schwert die gebührliche Rache verrichten. Ich gläube / sagte Theellus der vierde Grieche / ihr werdet euch unterstehen wollen / der freien Griechischen Ritterschafft neue Gesätze vorzuschreiben / uñ ihre löblichen Gebräuche auffzuheben. Mit nichten / antwortete er / sondern ich wil helffen arbeiten / daß ein nicht minder freier Römischer Ritter vor Ungebühr befreiet bleibe. Auff was Weise gedenket ihr solches ins werk zurichten? fragete Speusippus der fünffte. Auff alle gebührliche und wol zulässige / welche dem Ritterstande weder Schimpff- noch verkleinerlich sind / antwortete er. Ist dann hierunter ein ritterliches Treffen mit verstanden? fragete Philippus / der sechste. Ja /warumb nicht? antwortete er / wann ich auff gütlichere Weise nicht könte davon kommen / müste ich mich billich meiner ritterlichen Freyheit / daß ich mich wehren darff / erinnern. Es gehet aber in Griechenland mit dem ritterlichen Gefechte scharf daher / sagte Evagoras der siebende. Wans nur redlich und ohn hinterlist zugehet / antwortete er / so tuht billich ein jeder sein bestes; habe aber von meinem Herrn Wirt verstanden / daß es mit dem Kampf zwischen den fremden Ritter und Parmenio / nicht gar zu redlich sol zugangen seyn / da dieser seine Knechte zu hülffe geruffen hat. Wie ist euer Nahme / der ihr dieses reden dürffet? fragete der achte und lezte / Phayllus. Meinen Nahmen leugne ich nicht / welcher Julius Probus heisset / und daß ich die Warheit rede / wird mir kein Mensch verübeln / viel weniger verbietẽ / sagte er. Ich möchte wünschen / sagte Aristodemus der erste / daß euer Freund Markus bey euch währe / dañ könte man euch beyden auff einmahl antwort geben. Ist die Antwort auf Billigkeit gegründet / so wil ich sie in unser beyder Nahmen anhören / antwortete er / und bescheidentlich wieder antworten. Griechische Ritter gehen mit keiner Unbilligkeit ümb / sagte Eubulus / und wer sie dessen zeihen wolte / müste drüber zuschanden werden. Ich ehre die Griechische Ritterschaft gebührlich / antwortete er / uñ sage beständig / wer so frevelhafft seyn / und eines ganzen Landes Ritterschafft schelten wolte / müste billich in stücken zurissen werden. Daß aber unter eines ganzen Landes Ritterschafft nicht zu zeiten ein oder ander reudig Schaff solte gefunden werden / wird kein Verständiger leugnen / dem die Welt nur ein wenig bekant ist. Wann wir mit unter die Redlichen eingeschlossen werden / sagte Archidas / gehet uns das übrige nichts an. Und weil von den anwesenden Herren ich weder gutes noch böses weiß /antwortete er / nachdem sie mir unbekant sind / halte ich sie billich so lange vor redlich / als mir nicht ein schlimmers vorkomt / ja ich trage[398] zu ihnen samt und sonders das Vertrauen / die meinem Freunde Markus und mir / zugedachte Antwort werde nicht unredlich seyn / weil wir uns keiner Unredligkeit bewust sind /ausser daß ich die ietzige Beschuldigung meines Freundes biß dahin aussetzen muß. Das erste ist was scharff / das andere wird sich finden sagte Theellus /wann nur der Tähter an Tages Liecht komt. Ein Hausdiener foderte hieselbst Valikules hinaus / da ihm Gallus von Markus antwort brachte; er bedankete sich gegẽ ihn / als einen Unbekanten ganz dienstlich / daß er seine Ehr als eines Abwesenden hatte retten / und zugleich zu seinem Beystande sich anmelden wollen; die begehrete X Soldaten und XXVI gewapnete Schiffknechte würden bald verhanden seyn / alsdañ er sich einstellen / und seine Unschuld ritterlich handhaben wolte. Fr. Euphrosyne wahr hierüber sehr bekümmert / merkete aber leicht / daß Herkules in unbekanter Gestalt sein Leben neben Markus zu ihrer Ehren-Rettung wagen wolte; doch suchte sie Gelegenheit / es in der Güte beyzulegen / und machte sich fertig / nach Herkules Herberge zufahren / ümb zuvernehmen / wer dieser boßhafften Verleumdung Stiffter währe; welches ihr Markus nicht wehren durffte. Als sie in die Essestuben trat / und zwar in ihren Traurkleidern /wolten die Griechen auffstehen / und sie empfahen; aber sie redete also zu ihnen; ihr Herren Schwägere /bleibet stille an eurem Ort sitzen / wo ihr sonst nicht wollet / daß ich ungeredet wieder hinweg gehen sol; ich werde vertraulich berichtet / ob finde sich einer oder ander unter euch / der über einige Gewalt und Ungebühr klaget / welche mir an meinem Leibe und an meiner Ehre solte angefüget seyn. Diesem wiederspreche ich hiemit beständigst / und sage / daß wer solches redet / habe es als ein schändlicher Verleumder und gottloser Ehrendieb vorgebracht / der mir auch solches beweisen / oder davor leiden sol. Stille mit solcher Pfeiffe / sagte Aristodemus; ihr seyd hierzu abgerichtet / ihr Ungeträue / und wollet dadurch eure Untugend beschönẽ / welche wir bißher vertuschet / uñ alle Schuld auff den Tähter geleget haben. Ich kenne euch wol / Aristodemus / antwortete sie /aber gedenket nur nicht / daß ich mich vor euch fürchten werde / nun ich zu Korinth bin; ümb euret / und eures gleichen willen / habe ich mich von meinem Schlosse hinweg gemacht / weil ich nicht zweifelte /ihr würdet dasselbe vielmehr in meinem Witwenstande bey mir suchen / wessen ihr euch schon / da ich verheyrahtet wahr / durfftet gelüsten lassen. Und ihr ehrlicher Eubulus / wer hat euch so kühn gemacht / hieselbst zuerscheinen / und mich einiger Ungebühr zubeschuldigen? Ist euch die Rückenwunde zugeheilet / welche euch vor sechs Wochen Herr Charidemus Seel. schlug / da ihr euch gegen mich so unzüchtig bezeigetet? Frau / Frau / sagte Archidas / nicht zu grosse Zungen Freyheit. Ja du bist wol ein ehrlicher Geselle / antwortete sie / könte dein Eheweib das fromme unschuldige Herz wieder von den Todten auferstehen / darin du sie durch schändlichen Meuchelmord gestürzet hast / soltestu des Büttels Hand nicht entlauffen. Was habt ihr dann auff mich zusprechen? sagte Theellus. Ist einer unter euch redlich / so seyd ihrs wol alle / antwortete sie / und wundere ich mich /wie dieser Drek sich so schleunig wieder ein ehrliches hochbetrübtes Weib zusammen geschlagen hat. Das ist zuviel / sagte Speusippus / eine ganze ehrliche Geselschafft zuschänden. Jawol eine ehrliche Geselschafft / antwortete sie / gönne du mir nur Zeit / so wil ich deine Mordtahten dir leicht überbringen; und eben du bist derselbe / der meinen gewesenen Ehherrn wieder mich verhetzet / und ihm den mördlichen Anschlag gegeben / wie er durch des erschlagenen[399] Nikokles Verrähterey / des Parmenions überwinder in seine Gewalt bekommen / und sich an ihm rächen könte. Aber was zanke ich mich mit einem so schlimmen Wuhst; ihr übern Hauffen seyd meines Gesprächs nicht wirdig / noch daß ein redlicher Ritter sein Schwert gegen euch entblössen solte. Hernach wendete sie sich gegen Valikules / erkennete seine Verstellung / und redete ihn also an: Hochädler und VesterRitter / ob zwar der redliche Ritter Markus /nicht ersinnen kan / was vor ein grosser Freund sich gegen diese Verleumder seiner so geträulich angenommen / so erkennet er solches doch vor einen solchen Dienst / welchen er nicht anders / als mit seinem Blute zuersetzẽ weiß. Ich vor mein Haupt rede alhie als vor dem Angesicht des allerhöchsten warhafftigen Gottes / daß weder Ritter Markus noch einiger ander Römischer / mir nicht die allergeringste Kränkung meiner Ehren zugemuhtet habe / sondern nachdem ich von dem Römischen Herrn Gesanten verständiget worden bin / wie hoch Römische Käyserl. Hocheit /unter deren Gebiet ganz Griechenland ist / durch die Verurteilung des fremden jungen Ritters beleidiget sey / habe ich mich unter dessen Schutz ergeben /damit ich beydes an Ehr und Gütern möchte unbeleidiget bleiben / denen beyden zum wenigsten viere unter diesen Schelmen würden nachgetrachtet haben. Hochädle / mir biß daher unbekante Frau und Freundin / antwortete Valikules; Ich / nahmens Julius Probus / ein Römischer Ritter / vernehme ungerne die schlimmen Benahmungen / mit welchen gegenwärtige acht Ritter von eurer ädlen Tugend angesehen werden; welches ich / als der ich ihr Richter nicht bin / dahin muß gestellet seyn lassen; und hoffe ich / es werden dieselben / von euch so übel geneñete / nunmehr sich nicht wegern / die Antwort hören zulassen / welche sie Ritter Markus und mir versprochen / so wil ich mich in unser beyder Nahmen darauff gebührlich her aus lassen. Aristodemus winkete Phayllus / sich zuerklären; Welcher / weil er das Maul wol zugebrauchen wuste / also anfing. Wann der frechen Weiber Art mir unbekant währe / sonderlich deren / die ihres alten Ehherrn müde / nach einem jungen sich umsehen /würde ich mich über der Kakophrosynen (also verkehrete er ihren guten Nahmen) LästerMaul biß auff die Ohmacht entsetzet habẽ; Weil aber die ganze Welt solcher Schandhuren Brauch kennet (O du Schelm! sagte Euphrosyne / er aber fuhr fort) / ist unnöhtig diesen garstigen und übelstinkenden Drek zutreten / damit er nicht noch weiter redlichen Rittersleutẽ unter das Angesicht sprütze. Euch aber Julius Probus wie ihr euch nennet / und eurem unredlichen Gesellen Markus gebe ich hiemit die begehrete Antwort / daß wir acht ehrliche Ritter wider ihn und alle /die sich sein annehmen / es mit unserm Speer und Schwert nach wolhergebrachter Ritters-art / behäupten / und darlegen wollen / daß er mit diesem Schand-Balg / unter der Zeit / da ihr ehrlicher und unschuldiger alte EhHerr Charidemus zum unbillichen Tode ist hinaus geführet worden / sich in geiler Unzucht erlustiget habe; Welches / weil es zur höchsten Beschimpffung des ganzen löblichen Griechischen Adels gereichet / kan es von uns / als des Hochseel. Herrn Charidemus nahen Anverwanten und Blutfreunden /ungerochen nicht gelassen werden. Euphrosyne fing an: Und wann mir dieser acht Schelmen Bosheit nit so helle und klar vor Augen stünde / müste ich vor Angst vergehen; weiß aber / Gott Lob / daß ich solcher Beschuldigung so ferne bin / als wahr der gerechte Gott lebet / welcher auch / wie mir mein Herz es saget /diese Gottlose und Ehrvergessene Buben ungestraffet nicht lassen[400] wil. Aedle Frau / sagte Valikules / redet ihr dieses mit reinem Gewissen? Ja mein Herr / sagte sie ganz freidig / so wahr ich gedenke dereins vor des allerhöchsten Gottes Angesicht wol zu bestehen; wil mich auch nicht wegern / die allergrausamste Pein über mich zunehmẽ / wann ich von diesen Ehrendiebẽ einiger Unzucht kan überwiesen werden; die ietzige Verleumdung betreffend / kan ich meiner Leibjungfer und anderer Dienerinnen Zeugnis vorbringen / daß biß an diese Stunde ich kein Augenblik mit Ritter Markus allein gewesen / habe auch allemahl zum wenigsten drey oder vier Weibesbilder so wol bey Tage als Nachte umb mich gehabt. Wolan / sagte Valikules / ich muß dieser hohen Beteurung billich gläuben /biß das Widerspiel hell und klar erwiesen werde. Wer hat euch aber zum Richter gesetzet? sagte Aristodemus; ich gläube nicht / daß der geringste Bube sich eurem grauen Häupt untergeben werde. Ich begehre auch in dieser Jugend noch keines grauẽ Häuptes /werffe mich eben wenig zum Richter auff / antwortete er; aber dieser ädlen Frauen / die ich vor ehrlich und unschuldig halte / mich anzunehmen / zwinget mich mein Ritterstand / bey dessen Antretung ich äidlich angelobet / alle elende Weibesbilder unter meinen möglichen Schutz zufassen; deswegen erbiete ich mich / dafern ihr Achte / die ausgestossene Verleumdung wider diese Tugendreiche Frau nicht wieder ruffen / und derselben gebührlichen Abtrag machen werdet / wil ich mit meinem Schwert und Speer wider euch alle / einen nach dem andern / behäupten / daß ihr durch solche schändliche Verleumdung euren Ritterstand verunehret / und euch desselben allerdinge unwirdig gemacht habet. Und gesetzet / ihr hättet etwas unzimliches von ihr gewust / hättet ihr doch sollen auff andere / als solche weise verfahren. Erkennet ihr mich nun als einen Römischen Ritter wirdig eures Speers und Schwerts / so stellet euch auff den fall eurer beharlichen Beschuldigung / gegen mich /nach der Ordnung / wie ihr mit mir die erste Rede gepflogen habet / doch also / daß der lezte / welcher auch vor dißmal der Worthalter in grosser Kühnheit gewesen ist / den Anfang mache; Da es mir aber in dieser vermeyneten guten Sache / wider euer einem oder andern mißlingen solte / alsdann und nicht ehe /sol mein Freund Markus Macht haben / seine Ehr und Ritterlichen Leumut wider euch auch zuverfechten. Mein Herr / sagte Fr. Euphrosyne / mit was vor Gehorsam kan ich unwirdige dieses hohe Erbieten im wenigsten ersetzen? Weil aber das Ritterliche Wort gesprochen ist / nehme ichs billich an / nur das ich im Nahmen Ritter Markus sehr bitte / ihm an solchem Kampffe auch Teil zugönnen. Bekü ert euch nicht /meine Freundin / sagete er; ist eure Sache so gut / als ihr saget und ich gläube / alsdann wird mir Gott die Krafft verleihen / nicht nur diesen achten / sondern zwanzigen ihres gleichen / eine Reue ihrer Verleumdung anzubringen. Ich möchte auch gerne redẽ / sagete Aristodemus. Es ist euch erläubet / antwortete Valikules. Dieser eiferte sich darüber und fing an: So höret dann / ihr stolzer Narr: Es ist der Kampff auff begehrete weise von uns angenommen / wiewol michs verdreust / daß ich der lezte in der Ordnung gesetzet /und also alles Streitts enthoben bin. Dieser waschhafften unverschämten Huren und EhrenDiebin Boßheit sol bald an Tageslicht kommẽ / und werdet ihr viel zu späte beseuffzen (dann zur Klage wird keine Zeit übrig seyn) daß ihr diesem Balg so leicht gegläubet / und unsere Tapfferkeit so liederlich geschätzet habet. Mein / ihr scheltet und dräuet / antwortete Valikules; aber ich hoffe vor Abends noch sehen zulassen / ob ihr ursach habt / mich vor[401] einen stolzen Narren ausruffen; sonsten eure Tapfferkeit / wo die nit grösser / als eure Höfligkeit ist / wird sie mir wenig schrecken bringen. Aber wz vor Bedingungen unsers Kampfs setzet ihr? Keine gelindere / antwortete Eubulus / als daß der überwundene den Tod / oder die Leibeigenschafft willig annehme. Wol! sagte Valikules / ich gelebe eures Willens. Fr. Euphrosyne sagte zu jenem: Ich hoffe zu Gott / du solt hie nicht ein Eubulus (heist ein guter Rahtgeber) sondern ein Kakobulus (heisset ein böser Rahtgeber) an deiner seite seyn. Bekü ert euch weiters nicht / meine Freundin /sagte Valikules zu ihr / sondern zeiget meinem Freunde / Ritter Markus an / ich habe ursach / mich vor ihm zuverhehlen / deßwegen sey mein begehren an ihn /mich zur Offenbahrung meiner selbst nicht zunöhtigen / sondern unter gutem Schutze / umb unredlichen überfall zuverhüten / vor dem NordenTohre sich finden zulassen / woselbst ich auch erscheinen /und meinem Worte nach Mögligkeit Krafft geben wil. Ihr Ritter aber / befahret ihr euch an meiner seiten ganz keiner Unredligkeit / doch enthaltet euch deren auch nach Gebühr. Mein Herr / sagte Amyntas der Wirt / besorget euch dessen gar nicht; ich habe dem Rahtmeister schon die Sache angedeutet / welcher 100 bewehreter Mann auffbieten lässet / den Kampffplaz vor aller Unbilligkeit zubewahren. Wolan / antwortete er / so gehe ich hin mich zuwapnen / und mich auff Wunden zu schicken. Hastu genug / rief ihm Archidas nach / wann ein jeder dir eine einzige anbringet? Werde ich recht getroffen / sagte er / kan mich ein Stoß oder Hieb niderlegen. Fr. Euphrosyne wahr schon hinweg gangen nach ihrem Markus / welcher auff angehörete Erzählung sie herzlich baht / ihm zuoffenbahren / was vor ein Angesicht der fremde redliche Ritter hätte; welches sie geträulich verrichtete. Worauff er sagete: es währe ihm unmöglich / auszusinnen / wer dieser Julius Probus währe. Seine Soldaten und Schiffknechte kahmen in grosser Eile / machten sich mehrenteils beritten / und geleiteten ihn hinaus. Es wahr aber eben derselbe Platz / woselbst Valikules des mörderischen Akusilaus Oheimben nidergelegt hatte. Bald darauff stelleten sich die acht Ritter mit ihren Dienern auch / und ritte Valikules nahe hinter ihnen her / von XL bewapneten Bürgern begleitet /machte sich hin zu Markus / und mit verstelleter Heiserigkeit und auffgeschlagenem Helme redete er ihn also an: Mein Herr / er verwundere sich nicht / daß ich ihn / und er mich nicht kennet / zu seiner Zeit werde ich mich melden / und er solches zur Unzeit von mir nicht begehrẽ. Wir wollen hieselbst die Zeit mit langem Gespräche nicht zubringen / uñ habt ihr diesen Verleumdern vor dem Gefechte etwas anzumelden / werdet ihrs kürzlich verrichten / doch daß mir durchaus der erste Kampff verbleibe / damit ich nicht angesehen werde / ein mehres geredet zuhaben /als ich zutuhn willens. Ich verbleibe meines Herrn Gehorsamer / antwortete er / und sage ihm mit einem Worte Herzens-Dank vor seinen Beystand; Ritte hier auff mit aufgeschlagenem Helme gegen die Griechischen Ritter / und redete sie also an: Ich bin berichtet / daß ihr Achte / mich einer Ungebühr gezihen habt /die ich mit der ädlen Fr. Euphrosynen / dort auff jenem verdecketen Wagen haltend / sol begangen haben. Ich widerspreche solcher schändlich-erlogenen Verleumdung / und weil meinem Beystand ich nicht vorgreiffen darff / erbiete ich mich / nach dessen Kampffs Endigung / alles dasselbe mit meinem Sveer und Schwert / durch des reinen Himmels Beystand zuleisten / welches zur Rettung meiner Redligkeit / welche ihr ohn alle Ursach schändet / von mir erfodert wird. Gib dich[402] zufrieden / du Ehebrecher / sagte Aristodemus / es sol dir nur gar zu früh kommen / was du suchest. Du Schänder leugest / antwortete er / welches ich durch des Hi els Hülffe offenbahr machen wil. Es wolte Valikules die Zeit zulange wehren / deßwegen winkete er dem Phayllus mit dem Speer / welcher grosse Ehre einzulegen hoffete / aber da es zum treffen kam flohe er über den Sattel hinter sich / als hätte ihn der Wind herunter gewehet; doch ehe sein Feind den Lauff geendet hatte / stund er auff den Füssen / weil er unbeschädigt blieben wahr. So bald Valikules bey ihm anlangete / stieg er ab / trat ihm entgegen / und sagete: Du bist ein besserer Schänder und Springer /als Stecher; laß aber auch sehen / was du vor ein Fechter seyst. Damit ging er mit solcher Krafft auff ihn loß / daß er alsbald hinter sich zu weichen gezwungen ward. Weil er dann nicht lange mit diesem unerfahrnen zubringen wolte / betäubete er ihn mit wenig kräfftigen Schlägen / rennete ihn mit seinem Schilde zu bodem / beraubete ihn des Schwerts /Schildes und Helmes / und gab ihm mit dem Knopffe seines Schwerts einen Stoß wider die Stirn / daß ihm geschwand; worauf er zween Schiffknechte zu sich foderte / welche ihn binden / und an Fr. Euphrosynen Wagen führen musten. Sie hielt auff einer nahen Höhe / da sie allen Verlauff sehen kunte / verwunderte sich des schleunigen Sieges / und sagete zu dem gefangenen: Sihestu nun Phayllus / vielmehr Phaulus (heisset ein Nichtiger) zunennen / was gestalt der gerechte GOtt den falschen Lügenern das Maul zu stopffen pfleget. Ich hoffe / sagte dieser / meine Gesellen werden mich schon loßmachen / und meinen Unfall / der mir wegen meines Fiebers zugestossen / gebührlich rächen. Du kanst noch nicht auffhören zu lügen /sagte sie; kehrete damit ihr Gesicht nach der Streitbahn / und sahe den Evagoras sich schon im Sande krümmen; massen als die Griechen sahen / daß der Anfang an ihrer Seite so schlecht und unglüklich wahr / ritten sie zusammen / und ermahneten sich unter einander zur vorsichtigen Tapfferkeit / welche jeztgedachter Evagoras bedacht wahr zuerweisen /aber Valikules traff ihn mit dem Speer in den Unterbauch / dz ihm das Eisen gar hindurch ging / uñ im Leibe steckẽ blieb / welches diesem einen geschwinden Tod verursachete / so daß nach dreymal wiederholetem Ja er- und Wehgeschrey / ihn der Todesrampf zu ihen begunte. Valikulus meynete nit /dz er so hart verwundet wäre / ritte zu ihm / stieß ihn mit dem überbliebnẽ stücke seines Speers an / uñ fragete / ob ihm nit gefallẽ könte / sein Schwert zuergreiffen / sahe aber / dz er schon mit dem Tode rang /uñ ließ ihn ligen. Philippus / der dritte in der Ordnung / entsetzete sich über diesen Unfal / und als er loßbrechen wolte / sagte er zu seinen Gesellen: ich fürchte /der heutige Tag habe keinen Griechischen / / sondern einen Römischen Gott zum Auffseher / daher dürffte uns das Wasser über die Körbe gehen; solte ich nun unten liegen / würde ichs zu spät bereuen / daß ich mich von dem jetzt ertödteten Evagoras zu diesem bösen Vornehmen habe verleiten lassen. Valikules traff ihn / daß er mit samt dem Pferde übern hauffen fiel / und daß linke Bein rein abbrach / daß es unter dem Knie bammelte / daher er ein jämmerliches Geheule trieb / da sein Obsieger zu ihm nahete und ihn zum Streit auffmahnete / welcher als er ihn so beschädiget sahe / rieff er etliche Schiffer herzu / die ihn weg tragen musten. Fr. Euphrosyne empfing ihn mit diesen Worten; Euch Philipp habe ich vor ehrlicher angesehen / als daß ihr in solche Schelmstücken euch soltet haben eingemischet / zweiffele auch nicht / ihr seid von anderen darzu verleitet. Dieser kunte wegen Schmerzen[403] nicht antworten / und ließ sie einen Arzt herzuruffen / welcher ihn verbinden muste; der ihm aber diesen Trost gab; es müste ihm das Bein abgeschnitten werden / oder ungezweiffelt würde er sterben. Nach dieses Niderlage ritte Markus hin zu Valikules / wünschete ihm Glük zum dreyfachen Siege /und baht ihn sehr inständig / daß ihm gegönnet seyn möchte mit dem vierden ein treffen zutuhn; welches ihm endlich erläubet ward. Dem Griechen Speusippus wahr hierzu sehr liebe / traffen auffeinander und hielten beyderseits redlich aus / daß die Speere in stücken brachen / daher sie zu den Schwertern griffen / und beherzet gnug auffeinander schlugen; aber Markus gute Sache und Erfahrenheit behielt die Oberhand /daß er ohn Wunden blieb / und sein Feind dergestalt an unterschiedlichen Orten getroffen ward / daß ihm alle Krafft entging / daher er ihm im Falle nachsprang / und durch abschneidung der Gurgel ihm das lezte Ende beybrachte. Die Reihe traff nunmehr den hochtrabenden Theellus / welcher sich bey den ersten beyden Treffen befürchtete / ihm würde die Gelegenheit /seine Mannheit zubeweisen / von den vorgehenden entrissen werden / und nunmehr hätte er wol gewünschet mitten in Thrazien / in der Stad Nikopolis zu sitzen / von dannen sein Vater entsprossen wahr / in sonderheit / als er sahe / daß Valikules mit ihm anlegen wolte; endlich verkehrete sich die Furcht in ein Rasen / und weil er dem Speer gar nicht trauete /warff er solches von sich / fassete das Schwert / und setzete eiferigst auff seinen Außfoderer an / welcher sich ihm gleich bezeigete / und gar bald bey ihm anklopfete / daß er die wichtigkeit seiner Arme empfinden muste; er taht aber sein äusserstes / sich zuwehren / wiewol es ihm wenig halff / weil Valikules seinem Blute durch unterschiedliche Wunden Lufft machete /daß ihm die Wuht geleget ward. Ihr Buben / sagte unser Held zu ihm / wollet ihr Gott und der Warheit noch nicht die Ehre geben / und eure Boßheit bereuhen / müsset ihr gewißlich am verstande gar verblendet seyn. Dieser hatte noch gute Hoffnung auff Aristodemus gesetzet / und gab zur Antwort: ich bin mir keiner Boßheit bewust / ist auch nichts neues / daß das blinde Glük neben der guten Sache hinsihet. Wie gut deine sey / sagte Valikules / sol vor verlauff einer guten Stunde der Welt schon vor Augen stehen; schlug ihn damit über den Helm / daß ihm das Gehirn im Kopff erzitterte / und er vom Pferde stürzete /daher ihn drey Schiffknechte annahmen / und nach Fr. Euphrosynen hinleiteten / welche zu ihm sagete. Und du frecher Ehrenschänder mustest dich auch in diese Noht stürzen / dessen du sehr wol hättest können geübriget seyn. Das Glük ist rund / und aller Tage Abend noch nicht kommen / antwortete dieser; wiewol ich mich nicht zuerinnern weiß / daß ich wieder eure Ehre ichtwas geredet habe. Dieser Phaulus /sagte sie / ist eurer aller Mund gewesen / dessen kanstu dich erinnern. Markus hätte gerne noch einen gang mit dem folgenden Archidas gewaget aber Valikules baht ihn / sich zu mässigen / traff auch den jezt genanten daß er vom Pferde als ein Kläuel purzelte / behielt doch den Zaum an der Hand / und setzete sich wieder auff / daß er mit dem Schwerte schon fertig wahr / als Valikules zu ihm nahete / welcher zu ihm sagete: Bistu schuldig an der Ubeltaht / welche die redliche Fr. Euphrosyne dir unter die Nase gerieben hat / so gedenke nur daß deines ermordeten Weibes Blut gleich jetzo Rache von dir haben wolle. Dieser ward durch solche Erinnerung so bestürzet / daß ihm Muht und Krafft entging / und sich kaum auffrecht in den Stegreiffen halten kunte; taht auch keinen Hieb /sondern saß als ein erstarreter;[404] welches Valikules sehend / ihn vom Pferde warf / und zu ihm sagete: Bistu zum andernmahle auffgestiegen / dz du schimpflicher als vorhin abfallen woltest? Zween Schifknechte packetẽ ihn an / und brachten ihn zu den andern / da Fr. Euphrosyne zu ihm sagete: Komstu schändlicher Mörder deines eigenen redlichen Weibes? nun sihestu wie Gott endlich der Boßheit vergilt / ob sie gleich eine zeitlang frey durchläufft. Ja antwortete er / meines Weibes Geist schwebet mir vor Augen / und hat mich allerdinge wehrloß gemacht / drumb wünsche ich nur bald bey ihr zu seyn / damit ich mich an ihr rächen möge. Du wirst solcher Rache nach dem Tode wol vergessen / antwortete sie / da Gott selbst sich an dir rächen wird. Jezt muste Eubulus vor seinen Meister / welcher zu Aristodemus sagete: Ich bin leider nach Euphrosynen Wunsch und Weisagung an unsern sechs Gesellen zum Kakobulus (bösen Rahtgeber) worden / und trägt mir der Sinn vor mich selbst nichts bessers zu / zweiffele auch sehr / ob dirs zum Siege gelingẽ werde; drumb sage bald / wollen wir Gnade /oder den Tod suchen. Verflucht sey / wer an Gnade gedenket / gab jener zur Antwort; ich wil und kan mein Maul nicht zur Taschen machen / und hoffe /mein Blut sol mit des Feindes seinen vermischet werden / ungeachtet derselbe einem Teuffel ähnlicher als einem schwachen Menschen scheinet: Und O hätte Unglük uns nicht zu denselben geführet / wolten wir des andern sein Meister bald worden seyn. Nun so wil ich auch stehen oder fallen / antwortete Eubulus /legte das Speer ein und hilt sich so fest im Sattel / daß / wie hart ihn gleich sein Gegener traff / er doch sitzen blieb. Weil dann die Speere in stücken gingen / musten die Schwerter deren Mangel ersetzen / welches aber dem verzweiffelungs-nahendem Eubulus zu schwer fiel / so daß nach empfangenen dreyen Wunden / deren lezte ihn das Schwert zu führen undüchtig machete / er vom Pferde geworffen / und zu der anderen Geselschafft gebracht ward. Ey Gott lob / so empfing ihn Fr. Euphrosyne / daß böser Raht den Rahtgeber selbst mit getroffen hat. Er antwortete aber kein Wort / sondern ließ sich verbinden / und erwartete des außganges. Valikules ritte hin zu Aristodemus / und sagete zu ihm: Was deucht dich bey dem Narrenspiel / welches ich dir an deinen sechs Gesellen habe sehen lassen? meinestu noch / du werdest alles Streits befreiet seyn? Ja laß mich wissen ob du dich unter meine Gnade demühtigen könnest / so wil ich dich sehen lassen daß ich ja so barmherzig bin / als stolz du dich erzeiget hast. Ich habe alle dieselben verflucht / antwortete dieser / welche deiner Gnade begehren würden / und solte nun der erste seyn? ehe müsten du und ich in stücken zerhacket werden. Nun dañ sagte er / so müssen meine Schellen sich auch hören lassen / weil du dich selbst aller Gnade unwirdig machest. Also setzeten sie mit hinweg werffung ihrer Speere so grimmig auff einander / daß sie kaum Zeit hatten ihre Schwerter zuentblössen / da es dann ein sehr herbes Treffen gab / dann es wahr dieser einer von den vornehmstẽ Rittern in ganz Griechenland / er wehrete sich auch seiner Haut so emsig / daß Valikules sagte; Es ist Jammer daß du deine Kraff nicht in ehrlicher redligkeit anwenden solt / und kanstu noch demühtig werden / sol dir Gnade wiederfahren. Deine Gnade würde mir unleidlicher seyn / als ein tausendfacher Tod / antwortete er / und muß Aristodemus siegen oder sterben. Vielleicht deren keines / sagte Valikules / setzete auch viel eiferiger auff ihn an als vorhin /und glückete ihm / daß er ihn mit dreien Hieben an beyden Armen lähmete / warf ihn vom Pferde / uñ ließ ihn den übrigen zuführen / welche[405] ihn ersehend / vor Angst vergehen wolten. Fr. Euphrosyne redete ihn an und sagete; Du schändlicher Feind meiner Keuscheit /nun werde ich Gelegenheit finden dir zuvergelten /was du an mir getahn hast. Ist dirs nicht gnug du bübische Hure / antwortete er / daß ich gerne sterben wolte / und wieder meinen Willen Leben muß? Sie eiferte sich über solche Schmähung / daß ihr die Trähnen auß den Augen hervor drungen. Valikules aber kam zu ihr gesprenget / und mit auffgeschlagenem Helme sagte er zu ihr: Aedle Tugendreiche Frau / da habt ihr eure bübische Verleumder / so viel ihrer noch im Leben / welche Krafft ihrer eigenen Urtel und wahl in den Stand der Leibeigenschafft gerahten sind; weil dann der gerechte Gott eure gute Sache an den Tag gebracht / und eure Lästerer zu schanden gemacht hat / sind sie euch hiemit vor eure Leibeigene übergeben /mit ihnen nach belieben zu schalten. Ich bedanke mich von ganzem Herzen / mein Herr / antwortete sie / und bitte Gott / daß er euren Waffen wieder alle eure Feinde kräfftigen wolle / damit durch deren Vorschub manniche meines gleichen geschützet / und die bösen gestraffet werden. Sie wolte weiter reden / aber er nam Abscheid von ihr / und ritte in Begleitung etlicher gewapneten Bürger nach der Stad / denen er vor ihre Gegenwart höchlich dankete / und ihnen etliche Hände vol Kronen reichete / welche sie seinetwegen in einer frölichen Wirtschafft fein friedlich verzehren solten; wovor sie Dank sageten. Markus durffte ihm nicht folgen aber Gallus in seiner ehemahligen Kauffmansgestalt wahr bald bey ihm. Fr. Euphrosyne ließ ihren liebsten zu sich bitten / welcher ihr zu ihrer Ehrenrettung Glük wünschete; sie hingegen ihm klagete / daß diese ihre Leibeigenen noch nicht auffhöreten /sie vor eine Ehebrecherin außzuschelten; worauff er /als lachend zur Antwort gab; ädle Frau / sie gebe sich zu frieden / ich werde ihr schon helffen ein Mittel erdenken / daß ihnen die Schandzunge gehemmet und ihre Boßheit offenbahret werde. Die Schiffknechte wolten sie mit nach der Stad haben / aber sie wegerten sich dessen / und rieffen / hier wolten sie als freye Ritter ehrlich sterben. Aber Markus gab zur Antwort; O nein / die Freyheit ist dahin / uñ weil ihr nicht willig gehen wollet / sollen euch schon andere Füsse gemacht werden. Also band man sie quehr über auf Pferde / und schleppete sie mit fort. So bald sie in der Stad anlangeten / musten die Schiffknechte ihre Gefangenen mit sich nach dem Schiffe nehmen / woselbst sie auff der Folter gekrecket / einhellig bekenneten / daß Aristodemus sie beredet hätte in seine Geselschafft zutreten / ümb sich beydes an Markus und Euphrosynen zurächen / daß sie mit demselben davon gezogen währe; sie wüsten von ihrer Unzucht nicht das geringste / als was schon gedachter ihr Anführer und Verleiter ihnen vorgetragen hätte. Hingegen wolte Aristodemus nichts gestehen / ließ sich auch zerren /biß die Seele aus ihm ging; worauff die anderen ingesamt auch niedergemacht wurden / weil sie ihnen solches vor die Leibeigenschafft wähleten. Und ob gleich etliche ihrer Anverwanten gute Lust hatten / den Schimpff zurächen / wahr doch die Furcht der Straffe zu groß / daß sie zurük hielten. Markus hätte seinen Beystand gerne gekennet / aber seine Liebste hielt ihn ab / unter dem Trost / daß er sich erbohten hatte / zu gelegener Zeit sich selbst zumelden. Nun gingen Markus Gedanken alle dahin / es währe Herr Herkules /weil alle seine Geberden und Waffen-Gebräuche demselben gleich wahren / aber das Angesicht wolte nicht eintreffen / welches ihn im Zweifel erhielt. Zween Tage nach diesem Kampfe ritte Valikules abermahl nach dem[406] Meer / fand aber nicht allein keine andere Gelegenheit / sondern daß der vorige Schifmann seine Abfart noch auff etliche Tage weiter aussetzete / deswegen er zu Gallus sagete: Ich eile fast / meine Reise vorzunehmen / und fallen doch immer mehr Verhinderungen vor; halte gänzlich / Gott selbst werffe sie mir in den Weg; dañ gestern frühmorgens / da ich in meiner Andacht lag / und wieder eingeschlummert wahr /dauchte mich eigen / es rieffe mir einer zu; eile nicht /eile nicht! Nun ich wil meinen Gott lassen walten /der wird alles nach seinem gnädigen Wolgefallen schicken. Kehrete wieder ümb / und eilete nach seiner Herberge / da er seinen Klodius in elender Gestalt gegen ihn daher reiten sahe / dessen Pferd kaum mehr fortschreiten kunte; worüber er nicht wenig erschrak /und zu Gallus sagete: Sehet / da komt mein Klodius her / welcher mir gewißlich wenig gutes in dieser traurigen Gestalt bringen wird. Ritte hin zu ihm / und ward alsbald von ihm gefraget / ob er ihm nicht anzeigen könte / in was Herberge der Römische Gesante Herr Fabius anzutreffen währe. Valikules hieß ihn in seine Herberge folgen / führete ihn mit sich auff seine Kammer / und sagte zu ihm: Mein guter Klodius / ärgere dich nit an meiner fremden Gestalt uñ angestrichenẽ Farbe / du wirst an der Rede vernehmen / daß ich Herkules bin / und sage mir / wie kömstu so verwundet und scheußlich auffgezogẽ? Dieser erfreuete sich höchlich / meldete aber alsbald mit einem seuffzen an / wz gestalt H. Ladisla / nachdem er zween Ritter im öffentlichẽ Kampf erleget / durch schändliche Verrähterey mehr als von 80 Rittern überfallẽ /alle seine Diener erschlagen / und er selbst nach ritterlichem Gefechte gefangen worden. Er erschrak hier ob / daß ihm die Rede stehen blieb / und fragete alsbald /ob er dañ noch lebete. Ich hoffe solches / antwortete er / dann ich sahe / daß sie ihm mit Schlägen ferner nicht zusetzeten / da sie ihn gebunden hatten. Nun wol an / sagte er / so wird mir Gott beystehen / daß ich ihn errette. Daß du aber Herrn Fabius Hülffe alhie suchest / ist ümsonst / dann er hält sich zu Elis verborgen / nur daß er mich ausforschen möge / weil er muhtmasset / ich sey annoch daselbst. Aber was dünket dich / solte man ihm ohn Kriegsvolk nicht helffen können? gar schwerlich / antwortete er; dann es hält da ümher ein zimlicher Anteil des Adels wieder ihn zusammen / welche des von euch ertödteten Parmenions Freundschafft sind / und zweifele nicht / man habe ihn irgend auff ein Schloß eines alten ädelmans /dessen Sohn er mit dem Speer erleget / gefangen hingeführet / welches allem Vermuhten nach / nicht weit von der Stad Patræ seyn kan / in deren Feldmark das Unglük sich zugetragen. Valikules überlegete die Sache fleissig / sagte hernach zu Gallus / er solte schaffen / daß Klodius gelabet und verbunden würde; machete sich hin zu Markus / uñ ließ ihm sagen / es währe iezt Zeit / daß sein Mitkämpfer sich ihm zuerkennen geben wolte. Dieser saß gleich bey seiner Liebsten / und erzählete ihr von Herkules und Ladisla tahten / ging mit Freuden hinunter / und hieß ihn als seinen allerliebsten Herrn und besten Freund wilkommen seyn / weil er ihn nunmehr durch seine höchstbegehrete Kundschafft beseligen wolte. Er führete ihn alsbald mit sich die Steige hinauff nach seiner Liebsten Gemach / welche von ihrem Sitze auffstund / und ihn wegen seiner annoch verenderten Gestalt als einen unbekanten wilkommen hieß; Da er nach kurtzem Gespräch zu Markus sagete: Mein Freund / ehe ich mich gegen ihn weiter melde / habe ich zuvor mit der ädlen Frauen Euphrosynen ein Wort in vertrauen allein zureden / welches ihr mir nicht werdet vor übel halten. Ganz nicht / antwortete er / nahm einen willigen Abtrit /[407] und erwartete / biß ihm wieder geruffen würde. Herkules aber sagte zu ihr / meine Freundin / ob zwar ich des willens nicht gewesen bin / mich ihrem Liebsten zuoffenbahren / kömt mir doch gleich jetzo eine wichtige Ursach zuhanden / daß ich meinen Vorsatz endern muß / wil auch hoffen / er werde meine Anwesenheit verschweigen können. Sie bedankete sich vor diese Gnade / verhoffete / er würde seines Dieners Träue schon geprüfet haben. Worauff er alsbald die Farbe beydes von Angesicht / Haar und Händen hinweg taht / und Markus zu sich hinein ruffen ließ /welcher ihn sehend / sich sehr bestürzet befand / und wolte sich vor ihm in die Knie legen; da er also zugleich redete: Durchläuchtigster Fürst / Gnädigster Herr; hat Eure Durchl. vor ihren unwirdigsten Diener wider siebẽ Schelmen sich wagen wollen / nur daß derselbe unbemühet bliebe? Herkules wehrete ihm das niderknien / und daß er dergleichen unnötiges Gepränge einstellen solte / weil ihm sein gutes Herz ohndas wol bekant währe; Wolte ihn vorerst erinnern /daß bey Verlust seiner Hulde er ihn bey Fabius nicht meldete; hernach sich schleunigst fertig hielte / seinen Herrn Ladisla retten zu helffen / welcher auff Leib und Leben gefangen läge / wie er gleich jezt von dem hartverwundetẽ Klodius Bericht eingenommen hätte. Markus erschrak dieser Zeitung / daß er bebete /erboht sich / Gut und Leben willig zu seines Herrn Rettung anzuwenden / wolte auch / da es Ihre Gn. gut befünde / stündlich die Trummel rühren lassen / und etliche hundert Mann werbẽ / worzu er / Gott Lob /Mittel gnug hätte. Fr. Euphrosyne wahr bald fertig /eine Lade mit Golde herein tragen zu lassen / womit die Knechte solten bestellet werden. Aber Valikules hieß sie ruhig seyn / es bedürffte dieser Weitläufftigkeit nicht / würde auch mehr Hinderniß als Befoderung geben / wann die boßhafften Widersacher vernehmen solten / daß man so grosse Bereitschafft machete; Die Sache müste eilig und in aller stille angegriffen werdẽ. Er wüste / daß sein Schiff noch etliche tapffere Kriegs- und Schiffknechte hätte / deren wolten sie XXVI beritten machen / und die Rettung vor nehmen. Markus stellete es alles zu seinem Befehl /ließ seine Reit- und Wagenpferde / deren er XXXVI hatte / zur Reise wol futtern / und ritte Spornstreichs nach dem Schiffe zu / da inzwischen Fr. Euphrosyne allen Bericht von Herkules einnahm / und mit ihm nach seiner Herberge ging / besseren Verstand von Klodius zufassen / dem seine Wunden schon verbunden wahren / und er von Gallus vernam / was vor eine trefliche Heyraht seinem Freund Markus zugestossen währe; gleich da diese Braut mit Herkules zu ihm hinein trat / und ihn in grosser Schwacheit auf der Bank liegen funden / worüber sie sich gar leidig stellete /und ihn in seinem Unglük tröstete / begehrete auch der Ritter Nahmen zuwissen / welche Herr Ladisla erlegt hätte; und als sie hörete / daß es Perdickas und Ariston wahren / vergoß sie ihre Trähnen / und klagete / daß ihre so nahe verschwägerte so grosses Unheil anrichten müsten; massen Perdickas ihres gewesenen Charidemus Vater-Bruder-Sohn; Ariston aber ihrer Mutter Schwester Tochter ungehorsamer Stief Sohn währe / dessen Vater Kleander sie vorm halben Jahre ohngefehr / wider ihren Willen geheyrahtet / da sie kaum von XVII; Er aber über LXXIIX Jahr alt gewesen. Eben dieser Kleander / sagete Klodius / hat meinen Gn. Herrn gefangẽ; doch an was Ort er eigentlich wohne / kan ich nicht wissen. Der Ort / sagete sie / ist mir gnug bekant / und bin kaum vor IV Wochen da selbst gewesen / und meine Wase besuchet; Sein Schloß ist zimlich fest und wol verwahret / eine geringe Meile von Patræ gelegen / in einem[408] sehr lustigen Walde. So weiß ich Gott Lob / sagte Herkules / wo ich meinen Freund suchen sol. Klodius wuste nicht /was vor ein freundliches schönes Weibsbilde sich gegen ihn so gunstwillig erzeigete / biß sie zu ihm sagete: Mein Herr / ich hoffe / er werde mir und seinem brüderlichen Freunde Markus die Freundschaft erzeigen / und auf einer Sänffte sich nach meiner Behausung tragen lassen / weil ich nicht zugeben kan / daß sein anders wo / als bey mir gewartet werde. Verzeihet mir / hochädle Frau / antwortete er / daß ich bißher nicht gewust / mit wem ich geredet habe; wünsche ihr zu der künfftigen Heyraht alle Wolfahrt / und verpflichte mich zu allen ehrliebenden Diensten; wolte aber lieber in dieser Herberge mich auffhalten / als ihr einige Ungelegenheit machen. Sie sahe / daß ihm Ruhe nöhtig wahr / ermahnete ihn deswegen eine Stunde zu schlaffen / inzwischẽ würde Markus vom Schiffe wieder kommen / und das übrige schon ordnen. Baht hierauff Herkules sehr freundlich / ihr die Gnade zuerweisen / und auff hinte das Abendmahl mit ihr zuhalten / alsdann könte er mit seinem Diener Markus alles bequehm abreden / und morgen früh sich mit dem Tage auffmachen. Ich bin meiner geliebten Freundin viel ein mehres schuldig / sagte er / bitte aber / ja keine unnöhtige üppigkeit wegen der Speisen anzuwenden / weil ich mich ohndas gerne zeitig zur Ruhe begeben / und Morgen geliebts Gott / desto früher wache seyn wolte; befahl Gallus inzwischen acht auff Klodius zuhaben / und geleitete Fr. Euphrosynen wieder nach ihrer Behausung / welche nach aller Mögligkeit zurichten ließ / und ihn mit allerhand Gespräch unterhielt / ihm die Traurigkeit zubenehmen /die wegen Ladisla Unfall und Gefahr er in seinem Gemühte empfand. Markus kam mit seinen geharnischtẽ Soldaten / welche alle ädel wahren / und wolgepanzerten Schiffknechten zeitig wieder / hohlete seinen lieben Spießgesellen Klodius nach seiner Wohnung /und erboht sich / ihm mit alle seinem Vermögen zudienen; welcher zu ihm sagete: Geliebeter Bruder / ihr könnet den Göttern nimmermehr gnug danken vor das unbegreifliche Glük / welches sie euch als im Schlaffe bescheret haben / worzu ich euch von ganzem Herzen Glük und alle Wolfahrt wil gewünschet haben. Dieser bekennete solches gerne / sahe Gallus in seiner angestrichenen Farbe / und fragete ihn / ob er dann auch bey Herrn Herkules sich auffhielte; dessen er lachete /und zur Antwort gab: Mein Herr / ich bedanke mich nochmahl vor erteilete Guttaht / und freue mich sehr /dz des unwerten Charidemus tugendsames Gemahl uñ sämtliche Güter in eure Besitzung kommen sind; Er wolle sich aber wegen meiner Verstellung nicht verwundern / dann sonst ist mein Nahme Gallus. Nun mein geliebter Freund / sagete er / so sind wir Spießgesellen / und dienen einem Herrn; daher werde ich hinführo schuldig seyn / euch einen bessern Dank sehen zulassen. Hiemit geleiteten sie Klodius biß an die Sänfte / und gingen nach Markus Behausung. Bey der Mahlzeit wolte dieser neben Gallus zu Tische dienen / aber Herkules hieß sie beyde sich setzen / und redete insonderheit Markus zu / er solte dergleichen Unnöhtigkeiten einstellen / und sich bezeigen als der die Wirtsstelle vertreten müste; Seyd ihr etwa wenig Monat in meinem Dienste gewesen / sagte er / solches kan eurem Adel durchaus keinen Schaden noch Abbruch tuhn / und seyd Standes und Tugend halber wol wert bey mir niderzusitzen. Sonsten wahr er gar ungeduldig / daß man so grossen überfluß in Speisen und allerhand kostbahren verzuckerten Sachen aufftragen ließ / und sagete: wann sie nach diesem solches mehr tähten / wolte er nicht mehr Mahlzeit mit ihnen[409] halten / weil durch solche gar zu grosse Menge der Trachten nur GOtt im Himmel erzürnet würde. Fr. Euphrosyne aber wuste ihm mit so höflicher Entschuldigung zubegegnen / daß er umb Verzeihung baht seines kühnen einredens. Als die Mahlzeit geendiget / und Gallus hin zu Klodius gangen / auch das Gesinde abgeschaffet wahr / redete Fr. Euprosyne ihren Markus an / und sagete zu ihm: Mein geliebter Herr / ihr wisset / wie weit ich mich mit euch eingelassen / und auff euer Begehren und unnachlässiges Anhalten / insonderheit auff Herrn FabiusNöhtigung euch nach abgelegter Traur die eheliche Beywohnung versprochen / auch alsbald zum volkommenen Besitzer aller meiner Güter gemacht habe. Nun ist noch etwas geheimes an mir / welches ich euch noch zur Zeit nicht offenbahren wollen / nunmehr aber länger nicht verhehlen kan; als nehmlich: Ich bin eine Christin; Und wie hart und störrisch gleich Charidemus sich gegen mich erzeigete / göñete er mir doch meines Glaubens Freyheit / welche ich biß in mein Grab zuerhalten / steiff und unbewäglich gesonnen bin; dafern ich nun wissen solte /daß euch solche Lehre zuwider / und ihr vielleicht der Ursach wegen euer Herz von mir abkehren / und einigen Unwillen und Gramseligkeit mir zuwenden woltet / wil ich anjetzo mit bestendigem Vorsaz (meinem Gn. Herrn zum Zeugẽ ruffend) euch alle meine Güter eigentühmlich einräumen / und mit 10 oder 12000 Kronẽ davon gehen / zu meiner nohtdürfftigen Unterhaltung / weil ich meinen Gott umb Menschen willen nicht verleugnen kan noch wil; bitte demnach / ihr wollet in beyseyn unsers allerseits Gn. Herrn mir hierauff bestendige Erklärung geben / und bey euren Ritterlichen Ehren befestigen; habe ein solches in Gegenwart Herrn Herkules vortragen wollen / weil auß dessen Reden ich gnugsam gespüret / daß er Christliches Glaubens ist. Ja / sagete Herkules hierauf: Meine Freundin irret in diesem gar nicht; Ich bin freylich ein Christ; welchen Glauben ich doch von meinen Eltern nicht geerbet / sondern durch Gottes Gnade zu Rom gelernet habe / und bestehet in dieser Erkäntniß des wahren GOttes mein höchstes Gut und einige Wollust; möchte auch von Herzen wünschen / daß nicht allein mein guter Freund Markus / sondern alle meine Bekanten / ja alle Menschen desselben Glaubens seyn möchten; weil ich so gewiß bin / als wahr Gott lebet /daß ausser diesem Glauben kein ander ist / dadurch wir Menschen können selig werden; Doch solte ihm nicht gefallen köñen / sich hierin zubequemen / wie dann kein Mensch wider seinen Willen darzu sol genöhtiget werden / halte ich ihn der Bescheidenheit und Verstandes / daß umb eures Christlichen Glaubens willen er euch nicht anfeinden / oder auff einigerley weise zusetzen wird. Jedoch / solte er eine Christin zum Ehegatten inkünfftig nicht dulden wollen / wird er auff euer instendiges Begehren selbst anzeigen /auff welchen fall ich meiner Freundin verspreche /und bey meinen Ritterlichen Ehren beteure / daß ich sie mit grösserem Reichtuhm versehẽ wil / als sie umb Christus Nahmen verlassen würde. Markus hatte alle Reden wol verstanden / erhub sich / nachdem Herkules auffgehöret hatte zureden / von seiner Stelle / und schwuhr bey dem wahren Gott Himmels und Erden / daß er nicht allein seiner herzgeliebten diesen Glauben frey gönnen / sondern auch denselben hinfüro selbst annehmen und bekennen wolte; wie ich dann / sagte er / meiner VorEltern und Verwanten viel weiß / welche teils umb dieses Glaubens willen sich haben tödten lassen / teils denselben noch diese Stunde bekeñen. Auff solche Rede umfing ihn seine Liebeste zum ersten mahl mit einem Kusse / und sagete:[410] Ey Gott Lob / nun werde ich erst anfangen / euch recht und von Herzen zu lieben / nach dem ich sehe / daß ich mit keinem Gottes Feinde zuschaffen habe. Valikules wünschete ihm hierzu des Heiligen Geistes Beystand und wahre Beständigkeit / besuchete Klodius auff seinẽ Lager / redete mit dem angenommenen Wegweiser / und gab sich hernach zur Ruhe / da ihm sein geliebter Ladisla im Schlaffe erschien / ganz traurig und mit gebundenen Händen auf dem Rücken /und dauchte ihn / daß er zu ihm sagete: Mein Bruder Herkules / lässestu deinen Ladisla dann im Heydentuhm dahin sterben / daß er der künfftigen Seligkeit nicht kan fähig seyn? Er erwachete drüber; rieff seinen Gott ganz inbrünstig um Ladisla Errettung an / und machte sich noch vor Tage fertig zur Reise / hieß seine Leute auff drey Tage Speise zu sich nehmen / und jagete frisch fort / weil sie alle geruhete Pferde hatten.

Inzwischen ward Klodius von Fr. Euphrosynen fleissig gewartet / daß er in kurzer frist zu Kräfften kam / wiewol er wegen einer Armwunde sich mässig und im Bette halten muste. Weil sie dann sahe / daß er zu reden stark gnug wahr / baht sie ihn / ausführlich zuerzählen / durch was Gelegenheit Herr Ladisla in dieses Unglük gerahten währe; Welches er auff solches begehren willig leistete / und also anhub: Hochädle Frau; nachdem wir mit unserm Schiffe /über welches mein Gn. Herr mich zum Hauptmann gesetzet / von Herrn Fabius auff dem Meer geschiedẽ / gerieten wir nicht in geringe gefahr zwischen den Steinklippen / biß wir endlich mit grosser Mühe und Arbeit in einen Hafen des Landes Epirus einlieffen /woselbst wir unser zubrochenes Schiff ausbessern liessen / und weiter Sudwerz gingen / biß wir einen Hafen / nicht weit von Patræ erreicheten. Hieselbst stiegen wir selb zehne und einen ädelknaben zu Lande / und ritten mit einander nach der Stad zu. Es hatte sich mein Herr köstlich / seinem Stande nach / ausgeputzet / daß sein Harnisch und Pferdeschmuk von ädelsteinen und Golde glänzete / und ich allernähest mit dem ädelknaben hinter ihm her ritte / die acht Reuter aber in vier Gliedern etwas von ferne folgeten. Auff seinem Helme führete er einen Adler von lauterm Golde / dessen beyde DemantenAugen helle fünkelten / wann die Sonne darauff schien / uñ in der rechten Klaue einen schönen Kranz hielt. In seinem Schilde stunden zwo Fackeln / deren eine fein helle brennete /und sich nach der andern ausgelöscheten lenkete / dieselbe wieder anzuzünden / mit dieser Umbschrifft: Nisi concipies flammam, & ego extinguar. Das ist: Wirstu nicht wieder breñen / so werde ich auch erlöschen. Da wir in die Stad kahmen / musten ich und der Leibknabe uns mit ihm in eine Herberge legen / die übrigẽ aber sich in unterschiedliche andere verteilen / damit wir unserm Vorhaben / Herrn Herkules auszuforschen /desto besser nachsetzen könten. Wir hatten uns kaum zur Mahlzeit gesetzet / da etliche gegenwärtige Griechische vom Adel sich über einen Römischen Gesanten sehr beschwereten / welcher einen freyen Herrn nicht ohn äusserste Beschimpffung des ganzen Griechischen hohen Adels / als einen Ubeltähter / von dessen eigenen Knechten hätte niderhauen lassen / dessen Güter eingezogen / und sein nachgelassenes Weib mit sich hinweg geführet / welches ungerochen nicht bleiben könte / zumahl der Getödtete durch den ganzẽ Adelstand befreundet währe. Hievon hatte nun mein Herr durchaus nichts vernommen / fragete deswegen fleissig nach / uñ muhtmassete aus allen Umständen /daß Herr Fabius müste gemeynet seyn; kunte doch die Ursach solcher strängen Rache nicht erfahren / biß ich des Abends späte alles von unserm Wirte einnam /welches ich folgenden[411] Morgens meinem Herrn hinterbrachte / der mir befahl / bessere Kundschafft einzuzihen. Obgedachte vom Adel hatten meinen Herrn in verdacht / er selbst währe der Römische Gesanter; uñ nachdem sie von dem Leibdiener erforschet / dz wir neulich aus Italiẽ mit einem Schiffe anko en / zweifelten sie nit / sie hätten den rechten Fuchs gefangẽ. Des morgens etwa umb IX Uhr kam unser Wirt zu mir in den Pferdestall / mit bericht / es wäre ein vornehmer Griechischer Herr / nahmens Perdickas / wieder seine Gewohnheit bey ihm eingekehret / welcher alsbald nachgefraget / ob der stolze fremde Ritter noch verhanden währe; und nach bejahung hätte er zu den Anwesenden gesagt; wolan! so wil ich noch heut mein Schart außwetzen / und den Schimpff gebührlich rächen / nachdem er nicht kan wiederbracht werden. Ich bedankte mich sehr gegen ihn / wegen der geträuen Warnung mit versprechen / da er ferner nachforschen / und hinterbringen würde / was ihr Vorhaben wahre / solte es ihm mit einem ansehnlichen Geschenke vergolten werden; ging alsbald hin zu meinem Herren / und gab ihm von allem Bericht / auch daß dieser Perdickas des gestriggedachten ertödteten Anverwanter / und ein sehr Wehrhaffter / aber auch Großsprechiger Ritter währe; wobey ich meinen geringen Raht fügete / man möchte noch eine gute anzahl Kriegsknechte auß dem Schiffe fodern / deren man sich auff allen Nohtfal zugebrauchen hätte. Wir zweiffelten nicht / dieser Perdickas würde von den andern ädelleuten gefodert seyn; welches doch mein Herr wenig achtete / auch meinen Raht vor unnöhtig hielt /ohn daß er seine gegenwärtige Reuter / ihm auffzuwarten / auß den Herbergen fodern ließ. Er kleidete sich prächtig / und da er zum Essen ging / hatte er sein Schwert an der Seite / hieß mich folgen / und die übrigen / ohn den Leibknaben / draussen warten biß ihnen etwa geruffen würde. Perdickas wahr schon auff dem Essesaal / welchen mein Herr mit einem ansehnlichen Ernste grüssete. Kehrete sich hernach zu dem Wirte / uñ begehrete / ihm einen schleunigen Bohten außzurichten / der nach Eliß Schreiben bringen solte; welches ihm der Wirt zubestellen versprach. Es stunden zwölff wolgeputzete starke Diener / die dem Perdickas auffwarteten / und kahmen noch sieben ädelleute zu Tische / welche ihm grosse Ehr erbohten / und wie der Außgang bezeugete / von ihm auff das künfftige Spiel erfodert wahren. Bey wehrender Mahlzeit ging allerhand Gespräch vor / biß Perdickas sich mit meinem Herren einließ / und ihn nach gebehtener Verzeihung fragete / wie neulich er von Eliß kommen währe; worauff mein Herr gar bescheidentlich antwortete / er kähme nicht von Eliß / währe auch niemahls da gewesen; welches diesen groß Wunder nam; mochte vielleicht ihm einbilden / er scheuhete sich / solches zubekennen / und redete mich an / sprechend / da er nicht irrete / meinete er / mich gar neulich zu Eliß gesehen haben. Ich antwortete ihm mit wenigen; es würde inwendig zwey Jahren nicht geschehen seyn; sonst währe ich vor diesem da gewesen. Weil er nun sich zu keinem Irtuhm gestehen wolte / blieb er bey seinen funff Augen; er hätte neulich einen / mir gar ähnlichen / bey dem gesehen / welcher sich vor einen Römischen Gesanten angeben / und seinen Vetter den löblichen Herren Charidemus unredlicher Weise hätte ermorden lassen / welches / sintemahl es dem ganzen Griechischen Adel zum unabwischlichen Schimpf und Hohn gereichete / ungerochen nicht bleiben könte. Ich dagegen blieb bey meiner ersten Antwort; ich hätte in so kurzer Frist weder die Stad Eliß / noch einen solchen Römischen Gesanten gesehen / der einiger Unredligkeit[412] oder mörderischen vornehmens könte beschuldiget werden. Mein Herr mengete sich alsbald mit ein / und sagte zu ihm: Herr / ihr möget euch wol versichern / daß wann dieser mein Ritter und Schiffhäuptmann neulich zu Eliß gewesen / er solches weder gegen euch / noch jemand anders leugnen solte oder würde. Was ihr sonsten von unredlicher Taht eines Römischen Gesanten einführet / deucht mich nicht wol getahn seyn / daß man abwesende Herren so hoch und ehrenrürig beschuldiget; jedoch solte ich wissen / daß einiger Römischer Ritter / ob er gleich eines Gesanten Amt führete / mörderisch handelte /würde ich zum wenigsten ihn deßwegen zu Rede setzen / da es die Gelegenheit gäbe: Es kömt aber zu zeiten / daß ein Gesanter auß Befehl seiner Obrigkeit etwas zuverrichten gehalten ist / welches nicht jederman kan angenehm seyn; bitte demnach / wo möglich / er wolle in dergleichen verhasseten Reden sich mässigen; ich bin auch ein Römischer Beamter / und lieffe trauen wieder meine Pflicht / daß ich Römischer Gesanten Schändung unbeantwortet liesse / ehe sie der Laster überwiesen sind; und wann mir solches nicht obläge / wolte ich kein Wort darzu reden. Perdickas antwortete mit zornigem Angesichte: Er wolte zwar Römischen Nahmen nicht schänden / als welchen man ja in Griechenland / welches ehemahls der Welt Häupt und Meister gewesen / erkennen müste. Daß er aber hoch rühmen solte / wann die Römer junge unerfahrne Leute vor Gesanten in fremde Länder schicketen / die ihre eigene Rache unter dem Deckel Römischer Gewalt durchtrieben / und mit dem hochbefreieten Adel nicht anders / als mit den schlimmesten Buben und Leibeigenen umbgingen /dessen hätte er wenig Ursach; hoffete auch / da er sich an den vermeineten Gesanten rächen würde / der seinen Blutfreund / einen freien Griechischen Herren durch seine eigene Diener hätte ermorden / und dessen Weib mit allen Gütern als einen Raub (also brachten sie es allemahl vor) hinweg führen lassen / es solte zu Rom von den Verständigen mehr gebillichet als getadelt werden. Hätte sein Vetter gesündiget / welches er doch nicht wüste / solte man ihn vor dem Griechischen Recht angeklaget / und dessen Urtel erwartet haben; die übrige Vermahnung von abwesenden nichts übels zureden / liesse er dahin gestellet seyn /und könte man die Ubeltähter nicht allemahl gegenwärtig haben / wann man sich über dieselben zubeschweren hätte / vielweniger solche Mordtahten rühmen und preisen / wolte es auch lieber in des leichtfertigen Mörders Gegenwart als Abwesenheit reden /und an demselben ein Beyspiel hinterlassen / daß die Römer hernähst kluge graue Häupter und nicht frevelmuhtige junge laffen vor Gesanten außschicketen; doch wie diesem allen / währe seine Gelegenheit und Weise nicht / nach der Weiber Art zuzanken; er hätte mehr als XVI Jahr Waffen geführet / und mannichem hochmuhtigen Ritter die Faust lieber als das Maul gebohten; währe er dann (mein Herr) ein Römischer Bedieneter / so währe er dagegen ein freier Griechischer Herr / daher er ihn mit dergleichen Reden verschonen würde. Mein Herr wahr sehr ungewohnet / sich dergestalt über das Maul fahren zulassen; doch mässigete er sich / und gab zur Antwort: Ritter / wie könnet ihr solches vor Recht angeben / wann ihr unter dem Vorsaz einer eigentähtlichen Rache / euch an einen Römischen Gesanten machen würdet? wisset ihr nicht / daß derselbe an der Stelle des Römischen Käysers stehet /und von niemand / als von seinem Oberherren allein kan gerichtet werden? Oder solte ein Römischer Gesanter nicht macht haben / einen und andern nach befindung[413] zu straffen; und ihr woltet euch daß Recht anmassen / einen Gesanten anzugreiffen? Hierauff fragete mein Herr die Anwesenden / ob niemand zugegen ihm des Römischen Gesanten Nahmen melden könte; und als einer sagete / er liesse sich von den seinen Herr Fabius nennen; antwortete mein Herr: Herr Fabius? der ist trauen ein Römischer und ein redlicher Ritter / der in seiner Jugend schon verdienet hat / daß man ihm zu Rom eine Ehrenseule auffgerichtet; und derselbe solte alhie in Griechenland sich vor einen unredlichen Mörder und Ubeltähter außschreihen lassen? Ritter / sagte er zu Perdickas / ihr müsset warlich diese Beschuldigung gebührlich erweisen / oder euren Irtuhm bekennen / sonst wird euch solches ungestraffet nicht hingehen; ich vor mein Häupt bin diesem Herren verbunden / mich seiner anzunehmen / nit allein wegen unser nahen Verwandschafft / sondern auch / weil wir ein Amt tragen; so sprechet nun / ob ihr die auß Unbesonnenheit außgestossene Reden wiederruffen / oder darüber vor Recht stehen wollet. Perdickas lief vol Zorn / und sagete: Es währe ihm lieb / da er nicht der Schelmichte Gesanter selber /zum wenigsten noch sein Freund und Verwanter währe; könte auch gedachten Fabius nicht anders / als vor einen boßhafftigen und des Ritterstandes unwirdigen Buben halten / weil er mit einem ehrlichen freien Herren so gräulich umbgangen währe. Ey / sagete mein Herr / so halte ich dich vor einen solchen Schelmen / biß du diese Boßheit meinem Freunde überbringest; Und ob ich zwar nach tragendem Ampte dich mit Recht wol vornehmen könte / auch schon Mittel weiß / dich darzu anzuhalten / so wil ich mich doch vor dißmahl meines Amptes begeben / und es mit dir auff die Faust wagen; sage dir deßwegen ab auff Leib und Leben / und mache dich nur bald fertig zum redlichen auffrichtigen Streite; massen die Götter schier werden sehen lassen / ob du im schänden / oder ich im entschuldigen bessere Sache und Fäuste haben werden; wil aber hierbey nicht unterlassen / andere zuvermahnen / daß sie ja so verwägen nicht seyn / sich unsers Streites anzunehmen / dafern sie nicht dem Römischen Käyser mit Gut und Blut wollen verfallen seyn. Hier fing nun Perdickas sein großsprechen an /wie er so mannichen berümten Ritter / in und ausser Griechenlandes bestanden / und ihren Hochmuht zu dämpffen gnug gewesen; und müste noch erleben /daß so ein junger Sprößling ihn herauß fodern dürffte / welcher vielleicht meinete / ein Ritter könte mit zierlichen Kleidern und grossen Federbüschen zu Bodem gerennet werden. Es währe ihm gleichwol lieb / daß er sich wolte finden lassen; von seinem tragenden Ampte wüste er nichts / ginge ihn auch solches nicht an / sintemahl er sich nicht vor einen Römischen Knecht /sondern freien Herren zuhalten hätte; doch wolte er ihn schon versichern / daß kein ander sich in ihren Streit einmischen solte / wañ seiner gleich ein halb dutzet währe. Dein Maul ist gut / sagte mein Herr /dessen ich keinen Beweißtuhm mehr begehre / nur ist noch übrig / daß ich die Fäuste und das Herz auch kennen lerne. Ein junger ädelman / gutes ansehens /der Ariston / saß mit über Tische / gedachte dem Perdickas zuliebeln / uñ baht ihn / Er möchte seine so mannigfältige Siege durch bestreitung dieses jungen Menschen nicht selbst beschimpffen / sondern ihn in die Stelle treten lassen; er verhoffete diese geschwinde Außfoderung in eine noch geschwindere Reue zuverkehren. Ja mein Kerl / sagte mein Herr mit einem Gelächter / du bist schwerlich derselbe / welcher mich mit seinem Speer oder Schwerte schrecken wird / wiewol ich dir Streits nicht versage; du aber Perdickas /[414] bistu ein redlicher Ritter / und von solchen Tahten /wie dein Maul rühmet / wirst du dich des Kampffs nicht entbrechen; mir gilt alles gleich / wer unter euch beyden den Anfang mache / da du dann verhoffentlich empfinden wirst / daß ich dich mit schärfferem Gewehr / als mit Kleidern und Federbüschen angreiffen werde. Ich redete hierauff mit ein / und begehrete / der Ariston möchte mich seinen Gegener seyn lassen /aber er wolte durchaus zuvor mit meinem Herrn einen Versuch tuhn. Hiemit lieff die ganze Geselschafft / ein jeglicher zu seinen Waffen. Perdickas hatte einen grossen Anhang / weil inwendig einer Stunde über die XX Griechische von Adel / jeder mit drey oder vier Dienern sich beysa en funden / deswegen ich meinen Herrn nochmahls erinnerte / was Gefahr durch Verrähterey entstehen könte / dem annoch zubegegnen währe / wann man bey der Stad Schuz suchete; welches er aber leider in den Wind schlug / sich auff Perdickas zusage verließ / und uns alle mit reiten hieß; wiewol er mir geboht / da über alle Zuversicht eine Verrähterey vorgehen solte / mich loßzuwirken /und es Herrn Fabius zu Elis anzudeuten. Wir macheten uns geschwinde nach dem bestimmeten Platz /woselbst Perdickas schon mit LXXX Pferden hielt /und meinem Herrn den Tod schwuhr. Es lieff auch eine solche Menge Volkes mit hinaus / daß sie den Kämpffern die Bahn einnahmen / weil sie sich übern Hauffen drängeten. Mein Herr redete ihnen freundlich zu / sie möchten etwas zurük treten / und den Kämpffern nicht hinderlich seyn; und dauchte mich / wie der Großsprecher mit seinem Gefechte zeigete / wie ers mit meinem Herrn anfahen wolte. Ariston hielt sich zum ersten Angriff fertig / wiewol ich zu ihnen reiten / uñ sie fragen muste / wie sie es ferner begehreten /möchten sie ihn wissen lassen; da mir Perdickas zur Antwort gab: Weil dein frevelmühtiger Herr so schleunig zum Tode eilet / wollen wir ihm nicht unbarmherzig seyn / noch wieder seinen Willen ihm das Leben verlängeren. Ich wiedersprach kurz seiner Schändung / und erinnerte ihn / wie närrisch es währe / ihm das Spiel und den Gewin zuzueignen / da die Würffel noch auff dem Tische lägen. Inzwischen winkete Ariston mit dem Speer / und legete ein / aber ihm ward dergestalt begegnet / daß da sie traffen / dieser durch uñ durch gerennet ward / daß er tod über sein Pferd hinunter fiel. Ich sahe eigentlich / daß Perdickas sich über diesen Fall entsetzete; ließ doch seinen Muht nicht sincken / sondern wie er ein streitbahrer und bedachtsamer Ritter wahr / daß man meinete / er hätte in Griechenland kaum seines gleichen / also begegnete er meinem Herrn mit gutem Herzen / gingen auffeinander wie die Löuen / und traffen zu beyden seiten / daß sie der Stösse wol empfunden / welches zwar ohn Wunden abging / aber der Fall doch Perdickas sehr nahe wahr / daß er sich an seines Pferdes Mähne halten muste. Mein Herr wahr auff sich selbst ungehalten / daß er seinen Feind nicht herunter geworffen / und gedachte den andern Rit besser anzulegen; dessen aber jener nicht erwarten wolte / sondern nam das Schwert zur Faust / und setzete damit auff meinen Herrn an / welcher mit gleichem Gewehr und Begierde ihm entgegen sprengete / da sie dann ihr Gefechte eine gute Zeit ganz ernstlich trieben / daß alle Zuseher sich verwunderten / wie sie so hefftige Streiche aushalten kunten / biß es meinem Herrn geriet /daß er ihm hinter den Schild kam / und in den linken Arm eine zimliche Wunde schlug / wiewol der Streit damit noch kein Loch gewan / sondern sie triebens so lange / daß beydes die Kämpfer und ihre Pferde mat wurdẽ / so daß diese nach ihrer Reuter Willen sich nicht mehr lenken kunten; aber Zagheit ließ sich[415] bey ihnen nicht merken / sondern schlugen immer kräfftiger auffeinander / daß mein Herr endlich sagete: Mich jammert dein / daß du in so unredlicher Sache dich schänden / und dein Leben verlieren must. Perdickas antwortete: Du hast mich ja noch nicht überwunden /ob ich gleich bekennen muß / daß mir deines gleichen noch nicht auffgestossen ist. Gut / sagete mein Herr; also wirstu meiner kein halb dutzet begehren. Das schlagen ging von neuen wieder an / und bekam Perdickas etliche Wunden / da ihn mein Herr vermahnete / er solte einen wiederruf tuhn / und die Herrn Fabius angelegete Unbilligkeit erkennen / alsdann wolte er ihn ferneres Streits entheben. Dieser wahr des nicht willens / sondern durffte noch wol dräuen /mein Herr solte und müste von seinen Händen sterben; führete auch einen so kräfftigen hieb / daß wañ er ihn getroffen / es ohn schaden nicht würde abgangen seyn. Er schlug aber zukurz / und traff meines Herrn Pferd zwischen die Ohren / daß es alsbald stürzete / und sein Reuter mühe hatte / ohn fallen abzusteigen. Hier fing nun Perdickas an / ihm Sieges-Hoffnung zumachen / und wolte meinen Herrn überreñen /aber er trat ihm zu Fuß entgegẽ / hieb seinem Pferde die vor der Schenkel enzwey daß es fiel / und sein Reuter darunter zuliegen kam. Darauff trat er zu ihm und sagete; Nun ist dein Leben in meiner Gewalt /aber daß du meine Redligkeit erkennest / wil ich dich nicht angreiffen / biß du auff den Füssen stehest / und dich deines Schwerts gebrauchen kanst. Perdickas stellete sich als hörete ers nicht / da mein Herr ihn doch loß reissen half / daß die Zuseher meineten / sie würden verglichen seyn; aber da ging das Spiel erst zu Fusse an / wiewol man klärlich sahe / daß mein Herr Gewinner seyn würde / weil er fast keinen hieb taht / daß nicht das klare Blut darauff folgete. Jener fühlete / daß er seinen Meister bekommen hatte / und mochte ihm wol leid seyn / daß auff voriges anerbieten er sich nicht bequemet; schande halber aber wolte er sich keiner Furcht merken lassen / wie schwer ihm auch fiel / die gedoppelten Streiche auszunehmen. Meinen Herrn verdroß auch nicht wenig / daß er sich nicht demühtigen und ü Erlassung anhalten wolte /schlug deswegen immer fort auff ihn zu / biß er sahe /daß ihm die Krafft entging / uñ er den Schild fallen ließ; worauff er zu ihm sagete: Perdickas / gereuet dich dein Frevel noch nicht? Erkläre meinen Freund Fabius vor redlich / so wil ich dem Kampf die Endschafft geben. Dieser antwortete mit schwacher Stimme: Ein redlicher Ritter leidet lieber den Tod als Schimpff. Mein Herr wahr nicht destoweniger willens / ihm das Leben zuschenken; er sahe aber / daß ein grosser Auffstand ward / und Perdickas Geselschafft zu ihm eindrang / daher fassete er das Schwert / und richtete ihn mit einem Streiche zubodem. Die Ursach dieses Aufflaufs wahr des ertödteten Aristons Vater /welcher ohngefehr auff seiner Gutsche daher gefahren kam / vielleicht / daß er dem Kampf zusehen wolte; dieser da er vernam / daß sein Sohn tod wahr / gehub er sich als ein verzweifelter mensch / raufte sein Haar und Bart aus / und stellete sich so jämmerlich / daß alle anwesende zum mitleiden bewäget wurden. O ich armer abgelebter Man / rief er / habe ich dich zu dem Ende in meinem Alter gezeuget und von den Göttern erbehten / daß du mir so unselig must ermordet werden / gleich da du mein Stab und Trost sein soltest /und ich schier freude an dir zuerleben hoffete? O daß ich vor dich hätte sterben sollen / und du nach mir überblieben währest / dañ alle meine hofnung ist verschwunden / alle meine freude ist dahin. O mein Sohn Ariston! O Ariston mein Sohn mein Sohn! nachgehens kehrte er sich zu Perdickas[416] Geselschaft und rieff / jhr meine liebe Herren und verwanten / erbarmet euch meines elendes; lasset euch meinen Unfal zu herzen gehen / und gönnet mir die Rache wieder diesen schändlichen Mörder. Hiemit brachte er sie auff / daß sie ihre Pferde ansporneten / und auff meinen Herrn einmühtig zustürmeten. Ich und die übrigen meines Herrn Diener / sahen diesen Anfall / gleich da Perdickas nidergehauen ward / wolten ihn deswegen in dieser Noht nicht stecken lassen / sprengeten hinzu / und ließ ich meinen Herrn / wie billich wahr / auf mein Pferd sitzen / welcher ungeachtet aller gehabten Arbeit / rechtschaffen üm sich hieb / und den ersten / der auff ihn zuritte / stürzen machete / dessen Pferd mir sehr wol zustatten kam / und mischeten wir uns dermassen unter sie / daß in die XX Mann an ihrer seiten erlegt wurden / hingegen aber alle unsere Leute darauff gingen. Noch wolte mein Herr sich nicht ergeben / biß ein schlimmer Schelm ihm das Pferd erstach /daß es mit ihm stürzete / da ich alsbald ruffen hörete /nicht schlaget ihn tod / sondern nehmet ihn gefangen /er muß viel eines schnödern Todes sterben. Ich saß noch zu Pferde / wiewol ich alle meine Wunden schon hinweg hatte / und wahr anfangs willens / mein Leben daselbst auch zulassen; weil ich aber meinen Herrn lebendig gefangen sahe / und mir sein voriger Befehl zu gutem Glük einfiel / reiß ich Spornstreichs aus /und kehrete mich des Weges nach Elis. Sie schicketen mir drey Diener nach / mich niderzuhauen / aber weil mirs glückete / daß ich eines nach dem andern mächtig ward / legte ich ihrer zween nider / daß der dritte seiner Haut fürchtend / davon rennete. Ich / meiner Wunden ungeachtet / hörete nicht auff zureiten / biß ich zu Elis anlangete / da ich schmerzlich vernam /Herr Fabius währe nach Korinth gereiset / labete mich daselbst mit wenig Speise uñ Trank / ließ meine Wunden verbinden / uñ kaufte vor einen schönen Ring ein ausgeruhetes Pferd / welches mich zwar hergetragẽ / aber wie ich in Herr Herkules Herberge abstieg / alsbald niderfiel und die Seele ausbließ. Fr. Euphrosyne hörete dieser Erzählung fleissig zu / und sagte: Mein geliebter Herr und Freund / ihr habt mir einen sehr herben Streit erzählet / welchen ich sehr fürchte / noch nicht geendiget seyn / sondern werde von Herr Herkules erst recht fortgesetzet werden; nur dieses ist mir leyd / daß fast alle diese ädelleute in meine Verwandschafft gehören; iedoch / wer unbillich handelt / der erwarte auch der Straffe; Gott rette nur die Unschuldigen / und behüte meine geliebete Wase vor Unglük; schied hierauff von ihm / uñ hieß ihn die Ruhe nehmẽ / weil es schon zimlich späte wahr.

Valikules reisete inzwischen mit seiner Geselschafft frisch fort / nahmen die unwegsameste Bahn /daß sie nicht ausgespüret würden / und seumeten sich nicht / biß sie bey Patræ anlangeten / da die Reuter und Schiffknechte sich in dem Walde verstecken musten. Er ritte mit Markus uñ Gallus in die Stad / fragete nach der Herberge / in welcher der Römische Ritter gelegen / und forschete daselbst nach allerhand Zeitung; erfuhr auch / daß der Römische des nähstfolgenden Morgens mit dem Schwerte gerichtet /und Kleanders Gemahl lebendig verbrennet werden solte / weil man ihr Schuld gäbe / daß sie ihren Alten hätte ermorden / uñ mit dem fremden davon lauffen wollen. Dieser Zeitung erschrak er zwar sehr / und freuete sich doch / daß er noch lebete / setzete auff Gott allen Trost / und forschete / wo des Römischen Herrn sein Schiff blieben währe; vernam aber / daß weil sie gewarnet worden / sich vorzusehen / hätten sie sich nach einem andern Hafen gemacht. Markus und Gallus musten Speise käuffen / als viel sie auff ihren Pferden fortschleppen kunten / damit die Völker[417] gelabet würden / deren fast die Helffte vergessen hatte Speise mitzunehmen. Valikules aber kauffte vier Trometen / nam sie vor sich auffs Pferd / und folgete der Geselschaft. Auff dem Wege begegnete ihm ein Baur / welchen er fragete / ob ihm Kleanders Schloß bekand währe / und als er solches bejahete / gab er ihm die Trometen zutragen / dessen er ihn lohnen wolte. So bald seine Leute gessen hatten / hieß er sie Ruhe nehmen / und erfuhr von dem Bauren / was gestalt folgendes Tages das Gericht zwischen IX und X uhr solte gehalten werden / welches er daher wüste / weil er Kleanders Untertahn / und das Holz geführet hätte /worauff sein junges schönes Weib solte verbrennet werden. Weil er nun bey dem Bauren ein grosses Mitleiden wegen der Frauẽ vernam / sagete er zu ihm: Guter Freund / ich bin der guten Frauen naher Verwanter / und komme / sie von dem Feur zuerlösen; hast du nun mit dem unschuldigen Blute Mitleiden /so gib mir Anleitung / wo wir uns in der nähe am besten verbergen / und ihr zu rechter Zeit helffen mögen; sihe ich verspreche dir bey meinen Ehren / daß dir der beste Meierhoff in dieser ganzen Herrschafft davor sol Erb- uñ eigen geschenket werden. Der Baur gelobete mit teuren Schwüren / geträu zu seyn / und sie an solchen Ort zuführen / da man ihrer nicht wahr nehmen solte / biß sie nur noch wenig Schritte zu ihnen hätten. Er dankete ihm vor dieses Erbieten / und schenkete ihm X Kronen / ließ ihn aber doch binden / und sagete: Er müste solches nicht vor übel nehmen / weil er sich sein recht versichern müste; dessen er dann wol zufrieden wahr. Nach Mitternacht brachen sie auff / und liessen sich an den bestimten Ort führen /woselbst das Gericht solte gehalten werden; da Valikules sein andächtiges Gebeht zu GOtt hielt / und alle seine Leute sich auffs beste wapnen hieß / versprach auch einem jeden Soldaten und Schiffknecht in Korinth 40 Kronen zuerlegen / dafern sie ihm frisch folgen / und den gefangenen Römischẽ Gesanten zuerledigen fleiß anwenden würden; welches sie alle angelobeten. Hierauf lase er viere von ihnen aus / denen gab er die Trometen / behielt deren drey bey dem Volke / welche er in so viel Hauffen setzete / den vierden aber ließ er allein / zulezt einen falschen Lärm zu machen. Die bestimmete Zeit des Gerichts kam herzu / und sahen sie alsbald darauf zween Gefangene an Stricken daher leiten / welche mit ohngefehr 50 bewehreten Bauren umbgeben wahren. Ihnen folgeten bey XXX Reuter / deren nur IV gewapnet / dann es wahren ädelleute / welche kommen wahren / nicht zufechten / sondern dem Gerichte zuzusehẽ. Der alte Kleander ließ sich in einer TrauerGutsche nachführen / vor dem seines Sohns Leichnam in einem Sarge hergetragen ward / welchem Ladisla als ein Opffer solte abgeschlachtet werden. Als Herkules seinen lieben Freund so schändlich gebunden / uñ von den Henkers-Buben geschleppet werden sahe / meynete er / das Herz würde ihm vor Mitleiden und Zorn bersten / und wahr doch noch zu früh loßzubrechen / biß der Kreiß geschlossen wahr / und die verurteileten hinein geführet wurden. Die elende Frau rief stets umb Gnade und Barmherzigkeit / und beteurete ihre Unschuld / aber alles umsonst und vergebens. Ladisla wahr viel zu großmühtig / seinen Feind zubitten / sondern als er sahe / dz es anders nicht seyn wolte / ergab er sich dem Tode geherzt / und sagete: Nun mein Herkules /die Götter erhalten dich; Du verleurest aber anjezt deinen geträuesten Bruder / dessen Tod du sonder zweiffel nicht ungerochen lassen wirst. Gleich da er diese Wort redete / ging Valikules mit fünff geharnischten und IX gepanzerten loß wie ein Sturm / und muste der eine tapffer blasen /[418] fiel mit einem hefftigen Geschrey an / und setzete unter die gewapnetẽ Bauren hinein / schlug und hieb umb sich als ob er unsinnig währe / daß hier ein Arm / dort ein Kopff hinflohe /rief ihnen auch zu: sie währen alle des Todes / dafern den Gefangenen einiges Leid wiederführe. So bald sein Trometer auffhörete zublasen (dann also wahr es abgeredet) brach Markus an einer Seite ein / mit drey Geharnischten und so viel Gepanzerten; Gallus aber mit zween Geharnischten und vier Gepanzerten zur andern Seite / und liessen ihre Trometen auch frisch hören / da es dann an allen dreyen Orten weidlich über die armen erschrockenen Bauren ging. Kleanders vier Geharnischte wolten den ihren Beystand leisten /aber Valikules schikte ihnen seine fünff Geharnischte entgegen / welche ihnen redlich Stand hieltẽ / und in kurzer Zeit deren zween niderschlugen die andern beyden aber hart verwundeten. Unsere andere drey Hauffen drungen als in die Wette durch hin zu den Gefangenen / und wahr der Henker so verstokt / daß er / dessen alles ungeachtet / sein Amt an Ladisla volstrecken wolte / hatte auch schon das Schwert gezukt / ihn niderzuhauen; aber Valikules wahr ihm zur rechter Zeit auff der Haube / und schlug ihn mit einem Streich den Arm hinweg / damit er das Schwert gefasset hatte. Markus drängete mit herzu / sprang von seinem Pferde / schnitte die Bande von seines Herrn Armen hinweg / setzete ihm eines erschlagenen Bauren Sturmhaube auff / gab ihm das Henker-Schwert und seinen eigenen Schild / und sagete: Geschwinde mein Herr / und setzet euch auf mein Pferd. Ladisla dankete ihm sehr / stieg auf / und mischete sich mit in den Streit / da Markus sich auff eines Schiffknechtes Pferd machte / deren etliche abgestiegen waren / uñ zu fusse die Bauren mit ihren grossen Schwertern in die Pfanne hieben. Das arme Weibichen wahr in den grössesten ängsten / und noch unter Büttels Händen / welcher sie schon gefasset hatte / lebendig ins Feur zuwerffen; doch kam ihr Valikules zu rechter Zeit zu Hülffe / schlug die Schergen nider /und nam sie vor sich auf sein Pferd / setzete auch mitten durch die Bauren / welche sich schon nach der Flucht umsahen / und legte sie gebunden unter einen Baum nider / gleich da der lezte Trometer anfing im Walde zu blasen / welchen Valikules zu sich nahm /und mit ihm auffs neue anfiel / da schon die Unordnung unter den Bauren so groß wahr / daß sie sich nicht wieder setzen kunten. Der alte Kleander hatte sich dieses hefftigen überfalls nicht versehen / sahe die kleinen Häuflein der unsern / und rieff den seinen zu / nur geherzt zu seyn / was sie sich von einer Hand voll Volckes treiben liessen? aber es währete nicht lange / da merkete er / dz schon der gröste Teil der Bauren gestrecket lagen. Ladisla setzete mit Markus und Gallus unter die geputzeten ädelleute / deren sie achte niderhieben / ehe die algemeine Flucht anging /welche dann nicht lange anstund / massen als Valikules wieder kam / samlete er die Geharnischten umb sich / setzete damit unter die Bauren / da sie noch stand hielten / und wirkete so wol / daß sie alle ihr Gewehr von sich worffen / und sich unter die grosse Menge der Zuseher verstecketen / deren über die 50 von den Pferden zutreten und sonst hart verwundet wurden / der bewehreten Bauren aber 38 mit der Haut bezahleten. Kleander sahe / daß alles verlohren wahr /und wolte sich durch die Flucht davon machen / hieß auch schon seinen Gutscher ausreissen; aber Ladisla kam ihm gerade entgegen / stieß dem Gutscher das Schwert durch den Leib / fassete den Alten beym Arme / und zohe ihn vor sich auff sein Pferd / zu ihm sagend: Du gräulicher Bluthund und Erzschändigter Wüterich / jezt werde ich deiner teuflischen boßheit[419] ein Ende machen / wiewol ich keine Straffe sehe /welche derselben gnug währe. Dieser sperrete und sträubete sich sehr vor ihm auff dem Pferde / fing an umb Gnade zubitten / und daß er sich mit viel tausend Kronen lösen wolte. Aber sein Verbrechen wahr zu groß / und Ladislaen Zorn zu hefftig / welcher ihn zu dem lohebrennenden Feur hinführete / und ihn da hinein warff / da er mit erschreklichem brüllen und langwieriger Pein endlich seinen Geist auffgab. Unterdessen hatten Markus und Gallus samt ihren Gehülffen die ädelleute in ein Gedränge getrieben / welche auff Ladislaen Ankunfft umb Gnade schrihen / der ihnen stündlich von ihren Pferden zusteigen befahl / ließ sie mit ihren Zäumen binden / uñ fragete nach / wer unter ihnen der schelmischen Verrähterey beygewohnet hätte / da er so mördlich überfallen währe? Deren funden sich nun noch neune in dieser Geselschaft / und wurden ohn weitere Urtel alsbald nidergehauen; die übrigen dreyzehn aber / biß zu weiterer Verordnung gefangen behalten. So bald Valikules sahe / daß die Gefahr vorbey war / ritte er mit Gallus hin zu der annoch gebundenen Frauen / stieg vom Pferde und lösete ihr die Bande auf; öfnete auch seinen Helm / daß sie ihn unter dem Gesichte sehen kunte / und sagete zu ihr: Hochwerte Freundin / ich bedanke mich gegen euch höchlich / daß ihr euch / wie ich merke / des Gefangenen nach Vermögen angenommen. So gehet nun hin / und saget ihm: Ein unbekanter Freund / den er sein lebelang nie gesehen / aber wol von ihm mag gehöret haben / lasse ihn erinnern / sich von Vergiessung des unschuldigen Blutes zuenthalten / und daß ich umb Verzeihung bitte / wegen meines schleunigen Abscheides; dann ich werde auf ein andermahl mich ihm schon offenbahren. Die gute Frau fiel ihm zun Füssen / und baht fleissig / mit ihr auff das Schloß zu reiten; Er aber kehrete sich ferner nichts an sie / stieg wieder zu Pferde / und rennete mit Gallus Spornstreichs davon / höreten auch nicht auff zueilen / biß sie zu Korinth bey Fr. Euphrosynen anlangeten. Ladisla wuste noch nit / was vor Leute ihn gerettet hattẽ / wiewol er nit anders meynete / es wären Herkules uñ Fabius; so hatte Markus bißher seinen Helm noch nit auffgeschlagen / sondern nach Vollendung dieses Streits / stieg er ab vom Pferde / taht seinẽ Helm hinweg / uñ nachdem er ihm die Hand geküsset hatte /sagte er: Gn. Herr / heut habe ich den Tag meiner höchstẽ Glükseligkeit erlebet / indem Eurer Gn. angenehme dienste zuerzeigẽ ich gelegenheit gehabt. Ja mein lieber Markus / antwortete er; du hättest auch kein Augenblik länger außbleibẽ dürffen / da mein Leben solte gerettet seyn / wirst dich auch zuversichern haben / daß ich dir Zeit meines Lebens solches geniessen lassen werde. Aber wo ist mein Herkules /welcher durch seine Fäuste fast übermenschliche Tahten gewirket hat? Von Herren Herkules / sagte Markus / ist mir nichts bewust; dieser trefliche Held aber muß ja euer Gn. durch sonderliche schickung Gottes zugesand seyn / wie gleichergestalt auch mir vor wenig Tagen / wovon zur bessern Gelegenheit wird zu reden seyn. In dem sahe Ladisla die elende Frau dorther treten / noch so voller Angst / daß alle ihre Gliedmassen zitterten / hub sie vor sich auff sein Pferd / und nam sie freundlich mit einem Kuß in die Arme / zu ihr sagend: Herzgeliebete Freundin als Schwester / die Götter haben unsere Unschuld angesehen / und nicht zugeben können / daß wir als Ehebrecher und Mörder verderben solten; gebet euch demnach zufrieden / weil der alte Bluthund sein Leben in eben demselben Feur schon geendet hat / welches er euch hatte anzünden lassen; führete sie damit nach der Gutsche / und setzete sie dahinein. Markus hatte seine Krieges- und[420] Schiffleute auch gesamlet / deren nur drey verwundet und kein einziger Tod wahr / und nachdem Ladisla sich einer Verrähterey und neuen überfalles von dem umher wohnenden Adel besorgete / ließ er die Gefangenen nach dem Schlosse führen /und machete sich mit den seinen ungeseumet dahin /ließ alle Tohre biß auff eines / versperren / und musten Markus Leute dasselbe besetzen. Er wahr voller Gedanken / wer dieser seyn Erretter seyn möchte / uñ warumb derselbe so schleunig davon geritten währe /sagte auch zu Markus; hat dir irgend mein Herkules verbohten / daß du ihn nicht melden sollest so sage mirs nur / ich wil ihm wieder seinen willen nicht folgen. Mein Herr / antwortete ihm Fr. Agatha: Es ist dieser treffliche Held zu mir kommen / nachdem er mich schon zuvor erlediget hatte / hat mir die Bande selbst auffgelöset / uñ mir befohlen / ihm sein Begehren anzumelden; brachte hiemit vor / was er ihr unter dem Baum gesagt hatte. Ey meine Freundin / sagte er / wie wahr er doch Gestalt? Er ist / sagte sie / braunlich von Händen / Haar / und Angesicht / aber gar lieblich / so daß ich ihn vor einen halte / der auß den Asiatischen Morgenländern / entsprossen ist. Weil sie dieses erzählete / ließ sich ein Schiffknecht angeben /und brachte vor / der unbekante Ritter hätte bey seinem Abzuge ihn zu sich geruffen / und anfangs angezeiget / wo sie das von ihm versprochene Geld empfangen solten; hernach befohlen / Herren Ladisla zuvermelden / wie er aus sonderlicher Gewogenheit /durch himlische Anreizung ihn entsetzet / und möchte er durch unzeitige Nachforschung ihm keine vergebliche Mühe machen / weil unmöglich währe / daß er ihn würde antreffen können / biß ihm selbst geliebete sich zumelden. O ihr Götter / sagete er darauff; muß ich dann meinen Retter nicht keñen / dem ich Leib und Leben schuldig bin? Kehrete sich hernach zu Markus / und fragete / wie er in seine Geselschafft kommen währe. Worauff er antwortete; es ist dieser Held mit seinem Diener / einem ansehnlichen guten Ritter in Korinth zu mir kommen / woselbst er sieben Ritter / welche mir und Charidemus Wittiben mit falschem Lügenmaul ungebührliche Sachen nachredeten / nacheinander in einem Kampf erleget; und als zween Tage hernach euer Gn. Gefängnis ich von Klodius berichtet worden / hat er sich bey mir angemeldet (wie heimlich er sonst nach gehaltenem Kampff sich vor mir hielt); er hätte vernommen daß ich nach der Stad Patræ zu reisen willens währe; weil dann sein Weg auch dahin fiele / suchte er gute Geselschafft umb Sicherheit willen. Als er nun mein Vorhaben vernam /einem unschuldig gefangenen Herren nach vermögen Rettung zuleisten / erboht er sich freiwillig / nicht von mir zu scheiden / biß mein Vorsaz zum gewünschten Ende außgeführet währe / weil er / wie er sagete /Herren Ladisla wol kennete / derselbe aber ihn nicht. Er hielt sich bey uns / als währe er unser Obrister gewesen / und bekenne ich meines teils / dz ich ihm gerne gehorchet habe; massen er alle Dinge klüglich anordente / dz ich mich sein nicht gnug verwundern kunte; insonderheit mit den Trometen / wahr sein angeben / welches uns wol geholffen und die Feinde erschrecket hat. Die nähst vergangene Nacht musten wir alle ruhen / aber in seine Augen kam kein Schlaff /sondern ging und sinnete / wie er sein Vorhaben recht ansahen wolte / wozu er sich eines Baurẽ rahts gebrauchete / dẽ er ohngefehr hatte angetroffen. Nun ihr Götter / sagte Ladisla / euch sage ich voraus Dank vor meine Erledigung / und wünsche zugleich / daß ich dieses Freundes Kundschafft erhalten möge / mit dem ich alles mein Vermögen und Haabseligkeit gerne teilen wolte / sonst werde ich nicht[421] können von Herzen frölich seyn. Wer hat dir aber meinen Unfal zu Korinth so schleunig kund getahn? wie ich schon gemeldet habe / sagte er / der hartverwundete Klodius /der annoch in grosser Schwacheit zu Korinth danider lieget. Erzählete hernach / wie es Fabius und ihm ergangen / und was Gestalt ihm Gott so grosses Glük zugefüget / uñ eine Tugendreiche wolbegüterte Braut bescheret hätte. Ladisla erfreuete sich dessen / und sagete zu ihm: Es währe ihm lieb / daß er sein anteil schon funden / sonst wolte er ihm die heut errettete zu gefreiet haben; wovor er sich untertähnigst bedankete / und ihn baht / seines geträuen Dieners Klodius eingedenke zu seyn; welches er ihm verhieß. Die Frau kam gleich wieder darzu gangen / und hielt bey Markus an / ihr zuverzeihen / daß vor die geschehene Erlösung sie ihm noch nicht gedanket. Er aber grüssete sie von wegen ihrer Fr. Wasen / und befahl sich ihrer guten Freundschafft und Gewogenheit / der Hoffnung gelebend / daß er noch vertraulichere Kundschafft mit ihr zu machen / Gelegenheit haben würde. Bald fragete sie ihn / ob er vielleicht ihrer Wasen Fr. Euphrosynen Liebster währe; und da er solches bekennete /erboht sie sich / mit ihm nach Korinth zuzihen / und ihre vertrauete Freundin zubesuchen. Der Baur welcher diese Nacht bey Valikules gewesen / trat hin zu Markus / und baht / der gestrigen Zusage eingedenk zu seyn; es währen unter den Erschlagenen Bauren unterschiedliche / welche grosse Meierhöfe hinterlassen / insonderheit einer / der weder Weib noch Kind hätte / und sein Gut gar loßgestorben währe. Markus erzählete dieses Mañes Fleiß und Träue / wovor ihm nicht allein der begehrete Hoff mit allem vieh und zubehör / sondern seinen vier Söhnen und fünf Töchtern so viel Güter der Erschlagenen Bauren zugewendet wurden / daß ihres gleichen an Reichtuhm in derselben Gegend nicht wahr. Nachgehends foderte Ladisla alle gefangene ädelleute vor sich und die Frau / und begehrete von ihnen zuwissen / warumb sie an ihrem unschuldigen Tode so grosses Wolgefallen gehabt /und bey dem unmenschlichen Gerichte sich eingestellet / nicht anders / als ob sie zum HochzeitFeir geritten währen? Diese wusten sich nicht zuentschuldigen / nur; es währe ihnen ihre Unschuld allerdinge unwissend gewesen / und hätte ihr Anverwandter Kleander sie viel eines andern beredet / als ob Fr. Agatha mit dem Gefangenen Abrede genommen / ihn bey Nachtschlaffender Zeit zuerwürgen / und den Gefangenen zum Besitzer aller seiner Güter zumachen. Aber Ladisla beantwortete ihnen dieses also: O ihr frevelmuhtige Buben / wie dürffet ihr mit diesem nichtigen Behelff angestochen kommen? haben nicht ich uñ diese Tugendsame Frau euch bey unser schändlichen Ausführung unsere Unschuld überflüssig vorgestellet /aber wer ist unter euch / der sich im geringsten daran gekehret / ja der nur einiges Zeichen des Mitleidens hätte sehen lassen? Daß auch des unbarmherzigen alten Bluthundes Vorgeben nichts als eine schändliche Lüge und Verleumdung sey / sollet ihr daher erkennen / daß vor erst ich mein eheliches Gemahl zu Padua habe / und daß ich hernach ein grösser Reich erblich besitze als gantz Pelopoñesus kaum ist; wird auch kein Mensch erfahren / daß ich eines Strohalmes wert von dieser ädlen Frauen Gütern umsonst zugeniessen begehre / der ich euch alle leicht eigen käuffen / und aus meinem Schiffe euch über XII Tonnen Schaz Zehrgelder vorlegen könte. Also sehet ihr nun /wie boßhafftig der verfluchte Wüterich an mir und dieser unschuldigen Frauen gehandelt / welche durchaus nichts gesündiget hat / nur daß sie seine teuflische Boßheit wider mich nicht billichen können / und[422] mit meinem Unglük ein Mitleiden getragen / welches sie auch bewogen hat / daß sie anfangs mich in meiner Gefängniß gespeiset und getränket / darinnen ich sonst hätte müssen Hungers und Durstes sterben; nachgehends sich bemühet / mich loßzumacher / welches ihr mißlungen. Damit ihr aber auch euer Verbrechen wisset / so bedenket / wie Römische Käyserl. Hocheit es empfinden werde / daß ihr mich einen Römischen gevollmächtigten Gesanten dergestalt zum Tode begleitet / und an meinem Verderben euch erlustiget habet. Zwar ich hätte Recht und Macht genug euch alle mit einander durch schändlichen Tod hinzurichten / aber daß nicht eure Anverwanten sich zubeschweren haben / ich verfahre nach meinem eigenen Willen und angemasseter Rache / so haltet euch fertig / morgendes Tages zu Schiffe zutreten / daß ihr vor Käyserl. Hocheit erscheinet / umb daselbst eures Tuhns Rechenschafft zugeben; und dafern euch eine geringere Straffe auffgeleget wird / als daß ihr alle zum Tode verurteilet / und eure liegende und fahrende Güter der Käyserl. Ka er zugesprochen werden / so wil ich meinen Kopff verlohren haben. Wolte nur einer oder ander diese meine Rede vor ein Schreckwerk haltẽ / so sehet da meine Römische schrifftliche Vollmacht / und schicket euch / dasselbe auszustehen / wz ihr verdienet habet / welches auch an der schon abgeschlachteten ihren hinterbliebenẽ sol ausgeführet werdẽ. Als die Gefangenẽ solches höreten /uñ seinen schriftlichen Beweißtuhm sahen / erschraken sie über alle masse / hättẽ auch gerne alsbald eine Abbitte getahn / wañ nit Ladisla mit der Frauẽ gleich währe davon gangen; liessen doch durch einen Kriegsknecht / der sie bewachete / um gnädige Verhörung untertähnig anhalten; worauff sie wieder zu ihnen gingen / und fing der Vornehmste unter den Gefangenen also an: Durchleuchtiger Gnädiger Herr; wir können nit umbhin / zubekennen / daß an eure Gn. wir uns sehr grob und hart versündiget haben / indem wir nicht allein in die / ihrer Gn. angelegete Unbilligkeit gehehlet / sondern überdas diesem unrechtmässigen gottlosen Gerichte beyzuwohnen / uns gelüsten lassen. Nun sind aber dessen die Götter unsere Zeugen / daß vor erst uns allerdinge unwissend gewesen /daß eure Gn. ein Römischer Ritter; vielmehr / daß sie ein gewaltiger Gesanter Ihrer Römischen Käyserl. Hocheit ist / sondern man hat uns dieselbe als einen fremden Umbschweiffendẽ vorgemahlet / von dessen Stand und Wesen niemand einige Kundschafft hätte. Doch sey diesem wie ihm wolle / wir hätten billich besser nachfragen sollen / und wird dahero unsere Unwissenheit uns nicht entschuldigen / sondern unsere einige Zuflucht ist zu eurer Gn. Barmherzigkeit und Güte / wie auch zu unser höchst geehrten Fr. Wasen und Schwägerin wolgelittener kräfftigen Vorbitte und Sanfftmuht / untertähnig und wehmütig bittend und flehend / uns diesen groben Fehler zuverzeihen und es vor Römische Käyserl. Hocheit nicht gelangen zulassen; dagegen erbieten wir uns / so viel unsere Güter vermögen / Abtrag zumachen / und unsere Sünde zu büssen / auch hernähst ihnen mit Gut und Blut stets verbunden zu seyn. Ladisla wahr sehr ernsthafftig; es wolte in so beschaffenen Sachen sich nit also lassen durch die Finger sehen / das Verbrechen währe zu grob und übermacht / müsten demnach in Hafft verbleiben / biß ers mit seinem Mit-Gesanten Herrn Fabius würde in Bedacht gezogen haben. Diese wusten nun / wie scharff derselbe mit Charidemus verfahren /daher sie sich eines gleichen befürchteten / tahten deswegen einen wehmühtigen Fußfal / und daß nach seiner Gn. er selbst mit ihnen handeln möchte. Weil dann Ladisla ihre[423] ernstliche Reue sahe / nam er mit Fr. Agathen einen Abtrit / und fragete / weß sie gesinnet währe; da sie etwa in künfftig sich vor ihnen zubefürchten / könte man sie anjezt dämpffen; doch hielte ers davor / ihr beyder Schimpff und Spot währe zur gnüge an den rechtschuldigen gerochen; daher währe er bedacht / nach seines Erlösers Raht und Willen mit ihnen zuhandeln / jedoch / daß sie gnugsame äyd- und schrifftliche Versicherung von sich geben solten / sich hernähst auff keinerley Weise an ihr oder den Ihrigen zu rächen. Die Frau wahr ohndas sehr mitleidig / und baht mit heissen Trähnen / den Gefangenen zuverzeihen / welches sie würden zuerkennen wissen. Also gingen sie wieder zu ihnen hin in den Saal / da die Gefangene noch auff den Knien lagen / welche er auffstehen hieß / und sie also anredete: Ob zwar eure Verbündnis wieder einen Römischen Gesanten nit weniger als Lebensstraffe und Verlust aller Güter verdienet hat / insonderheit / weil ich ja nit in diese Landschafft ko en bin / einem einzigen Menschẽ ein Häärlein zukränken; so hat doch gegenwärtige eure F. Wase und Schwägerin bey mir mit so heftigen Zähren um Begnadigung angehalten / dz ich ihr zu gefallen /anders / als ich willens gewesen / mit euch verfahren wil; erbiete mich demnach / euch allẽ insgemein / uñ jedem insond'heit die verwirkete Straffe nachzulassen / mit der Bedingung / daß ihr gleich jetzo äidlich angelobet / schier heut oder morgen weder durch euch selbst / noch durch andere / euch an dieser Frauẽ /oder wer es seyn möchte / zurächen / sondern ihr allen freundlichen Willen Zeit eures Lebens zuerweisen /sonder arge List und Gefährde. Ob ihr nun dieser Vorbitte wegẽ / euer Fr. Wasen einige rechtschaffene Dankbarkeit schuldig seyd / stelle ich eurem Gewissen anheim; doch sollet und müsset ihr mir aller / heut / und Zeit meines Kampffs erschlagenen Güter und Erben nahmhafft machen / welche ich wegen der muhtwilligen Boßheit schon finden werde / insonderheit / weil ich sie zu Patræ selbst gewarnet / sich an mir als einem Römischen Bedieneten nicht zuvergreiffen. Diese bedanketen sich der Gnade untertähnig /leisteten den äid mit gutem Willen / und gaben dessen schriftliche Zeugniß von sich. Worauff ihnen Ladisla ihre Pferde zustelle / uñ sie hin auf ihre Güter zihen hieß. Diese besucheten zuvor der erschlagenen Frauen / trösteten sie / und gaben ihnen ihr annoch bevorstehendes Unglük zuerkennen / auch zugleich den Raht /daß sie nach Fr. Agathen reiseten / ihr ansehnliche wichtige Geschenke mitbrächten / und sich ihrer Vorbitte gebraucheten / sonst würde der Römische Gesante ihnen nicht eines Hellers wert von allen ihren Gütern übrig lassen / ia sie alle miteinander vor Leibeigene annehmen. Zwar es ging diesen Frauen ihrer Männer Tod sehr zuherzen / dañoch aber fürchteten sie das künfftige noch mehr; wahren demnach willig /diesem Raht folge zuleistẽ; da sie dann stündlich an Fr. Agathen schrieben / daß / wo sie ihre gegenwart erleiden könte / wolten sie dieselbe gerne erstes Tages besuchẽ. Als sie nun kahmen / brachten sie ihr an Kleinoten / Perlen und gemünzetem Golde über die 140000 Kronen wert; lieferten ihr daneben auff 50000 Kronen Handschrifften ein / welche sie ihrer Eltern wegen hatten / uñ schenketen ihr solches alles. Darauf brachten sie ihre Werbung vor / uñ bahten mit heissen Trähnen / ihnen bey dem Herrn Gesanten Gnade zu erlangen / daß ümb ihrer Männer Verbrechens willen sie nicht von ihren Gütern möchten verstossen / noch ümb ihre Freyheit gebracht werden. Fr. Agatha tröstete sie allesamt in ihrem Elende / mit Bezeugung / wie herzlich leid jhr solches währe / und bemühete sich bey Ladisla / das jhnen samt und sonders alle[424] Straffe erlassen ward / nur musten sie dagegẽ angelobẽ / mit jhrer wasen und Schwägerin auffrichtige freund- und nachbarschaft zuhaltẽ / und wegen Kleanders Erbschafft jhr durchauß keine ansprach zuzumuhten / sondern ihr bestes zubefodern und ihren Schaden nach Vermögen abzuwenden. Perdickas nachgelassene Wittib / eine ansehnliche statliche Frau / ohngefehr von XXX Jahren / Nahmens Artonis /kam auff ermahnen obgedachter ädelleute auch dahin /und erlangete durch ihre Freundligkeit bey Ladisla völligen Erlaß; sie wahr überaus Geldreich / uñ hatte ihrem Eheherrn viel Tonnen Goldes zur Heimsteur gebracht / welcher sie in Persen geheyrahtet / und weil sie dem Persischen Großfürsten Artaxerxes nahe verwand wahr / hatte sie jährlich daher grosse Rente zuheben. Sie gewann eine solche Zuneigung gegen Ladisla / daß ihr schwer fiel / sich von ihm zuscheiden /da sie ihm sechs treffliche Persische Pferde mit gestiktem Zeuge / und einen Medischen Säbel grosses Werts; überdas IIX Stücke Kleinot auff 26000 Kronen geschätzet / fast wieder seinen Willen verehrete. Fr. Agathen lieferte sie 16000 Kronen gemünztes Goldes / und eine Handschrifft auff 10000 Kronen /wovor sie einen grossen Teil ihres Vaters Güter zum Unterpfande hatte / und sagete zu ihr: Geliebete Fr. Schwägerin / ich erkenne gar wol / daß all euer Unfal einig und allein von meinem gewesenen Ehherrn herrühret / welches mir herzlich leyd ist; damit ich nun mein gutwilliges Gemüht etlicher massen bezeugen möge / und ich des ihren hinwieder versichert seyn könne / hoffe ich / sie werde diese Gelder und Handschrifft samt alten den Gütern / die von ihres Seel. Herrn Vaters wegen ich unter Händen habe / von mir unwegerlich annehmen / und weil ich lebe / vertrauliche Freundschafft mit mir halten. Fr. Agatha bedankete sich gar demühtig / hätte ja ein solches nicht verdienet / und währe ihr unmöglich es zuvergelten /wolte deswegen die Götter bitten / daß sie es in andere Wege erstatten wolten. Es wahr Fr. Agatha zwar von gutem Griechischen Adel / aber ihre Eltern wahren ihr sehr früh abgangen / und hatten wegen schwerer Bürgschafften ihr nichts als Schulden hinterlassen / daß sie auch von ihren Anverwanten aus Erbarmung aufferzogẽ wahr / biß sie den alten Kleander wieder ihren Willen heyrahten muste; derselbe merkend / daß ihre Güter fast tieff verschuldet wahren / wolte damit keine Ungelegenheit noch mühe haben / und übergab sie den Gläubigern / vermachte ihr dagegen auff seinen Todesfal ein zimliches Leibgedinge / dessen Auffkünffte sie Zeit ihres Lebens geniessen solte / dafern sie nit wieder heyrahten würde. Weil nun sein Sohn erschlagen / und sie / wie er vorgab / von ihm lauffen wollen / hatte er seines Bruders Sohn zum Erben eingesezt / welcher bey Ladisla Erlösung strak anfangs mit nidergehauen wahr / und keine nahe Erben an Kleanders seite übrig wahren / die ihr solche Erbschafft hätten streitig machen koñen / welches ohn das leicht können verwehret werden. Sie wahr schön und verständig / im achzehnden Jahre ihres Alters /und hatte mit ihrem Alten ohngefehr ein halbjahr im Ehestande gelebet; anfangs da sie vom Feur erlöset wahr / mochte sie sich Hoffnung machen / daß Ladisla sie hernähst heyrahten würde / weil sie seines Wesens und Ehestandes unberichtet wahr / aber diese Gedanken verlieffen bald bey ihr. Die XIII freygelassene ädelleute / welche alle wolbegütert wahren /schicketen VI ihres Mittels an Ladisla / uñ sendeten ihm zwo überaus trefliche Gutschen mit XVI Pferden in güldenem Zeuge / daneben eine güldene Kette mit einem köstlichen Kleinot / welches alles er wieder seinen Willen annahm / ohn des grossen Alexanders[425] Brustbilde auff einem Goldpfennige abgegossen /welches mit übergeschicket ward / wahr ihm sehr angenehm; nachgehends lieferten sie Fr. Agathen an Kleinoten 20000 Kronen / uñ an Baarschafften 60000 Kronen / auch dabey ihrer Eltern Verbrieffungen auf 40000 Kronen Häuptstuel. Die Güter / welche sie davor unterhatten / wurden ihr alle abgetreten / daß sie den grösten Teil ihres Väterlichen Erbes ümsonst wieder bekam / und ihr Landgut üm ein trefliches mehrete. Sie boht Markus 60000 Kronen zur Verehrung an / weil Ladisla nichts von ihr nehmen wolte; er aber antwortete ihr / es würde ein schlechter Grund künfftiger Verwand- und Schwägerschafft seyn /wüste es auch vor seiner Liebesten durchaus nicht zuverantworten / zugeschweigen / daß er schon ein übriges hätte nehmen müssen / massen die gesamten Wittiben ihm 10000 Kronen / die ädelleute 6000 / und Fr. Artonis 4000 Kronen geschenket hatten. Nach Verrichtung aller Sachen / machten sie sich zum Auffbruch fertig / da Fr. Agatha alle ihre Baarschafften und Kleider auff Wagen lude / ihre Güter einem ihrer Anverwanten umb gewissen Pacht eintaht / und mit der Gesellschafft sich nach Korinth erhuhb / ihre Trauerzeit bey ihrer geliebten Wase auszuhalten. Als sie von dem Schlosse abzogen / stellete sie jedem Kriegsknechte 100 Kronen / und jedem Schiffknechte 80 Kronen zu / welches ihm Ladisla wolgefallen ließ /welcher mit IIX Geharnischten auff Elis ritte / Fabius abzuhohlen; Markus aber nam mit den übrigen den nähesten Weg auff Korinth / wiewol sie nahe vor derselben Stad wieder aneinander gerieten / weil diese wegen der schwer beladenen Wagen gemählich zihen musten. Es hatte Fabius aus dem gemeinen Geschrey vernommen / was massen Ladisla der grossen Gefahr entgangen / dessen er nun völlig berichtet ward /kunte aber nicht aussinnen / was vor ein Ritter solche Errettung geleistet hätte; Sie wolten es Herkules gerne zulegen / nur die Gestalt traff nicht ein. Zu Korinth wahren sie bey Fr. Euphrosynen sehr wilkommen /deren gute Art Ladislaen wolgefiel / ging alsbald zu Klodius vor das Bette / rühmete seine Träue / ohn welche er sein Leben nicht hätte erhalten können /und ermahnete ihn / sich des Arztes Befehl gemäß zuverhalten / daß er bald gesund würde / und den Lohn /welchen er ihm zugedacht / empfahen könte; worin Klodius sich nicht zufinden wuste / meynete / es würde etwa ein gut Stük Geldes seyn.

Unser Valikules / so bald er wieder zu Korinth anlangete / fand er ein Schiff daselbst / welches des folgenden Tages nach Kreta wolte / ging des Abends zu Fr. Euphrosynen / und hielt Mahlzeit mit ihr / brachte ihr auch die gute Zeitung / was massen er Fr. Agathen dem Henker aus den Händen gerissen / da sie gleich hätte sollen ins Feur geworffen werdẽ / währe aber von Ladisla zur Wittiben gemacht / und baht / wann sein Klodius diese Braut vom Tantze führen könte /möchte er ihm solches wolgönnen. Euphrosyne gab ihm die Hand darauff / nicht zuruhen / biß sie diese Heyraht ins Werk gerichtet / wolte auch dero behueff ihre Wase nach Korinth hohlen lassen / dafern sie Markus nicht mit bringen würde / woran sie doch nicht zweiffelte. Des folgenden Morgens / als er zu Korinth alles nach Willen bestellet hatte / ging er mit Gallus unter herzlicher Anruffung GOttes umb eine glükliche Reise / zu Schiffe / und fuhr nach dem Eilande Kreta mit gewünschetem Winde. Des Tages /als Markus zu Korinth wieder ankommen wahr / ging Valikules Christlicher Wirt zu ihm / erboht sich anfangs zu allen möglichen Diensten / wie Herr Valikules mit[426] ihm vertraulich abgeredet hätte / uñ reichete ihm nachgehends 1000 Kronen nebest einem verschlossenen Briefelein / des fremden Ritters wegen /welches er brach / und folgenden Inhalt daraus lase: Daß ich euch / lieber Freund / vor meinem Abschiede nicht gesprochen / werdet ihr meiner Sachen Notturfft und grosser Eile zuschreiben / als der ich bloß eures Herrn wegen meine wichtige Reise nach Spanien auffgeschoben / welchen ich freundlich zugrüssen bitte / und dz den Kriegs- und Schiffknechten / welche in Erlösung ihres Herrn tapffer und redlich gefochten / das von mir versprochene Geld ausgeteilet werde. Sonsten warte ich auff bequeme Gelegenheit / mich dereins besser kund zugeben. Inzwischen gehabt euch wol uñ seyd gegrüsset von eurem gutẽ Freunde. Jul. Probus. Er brachte dieses Schreiben alsbald Herrn Ladisla zuverlesen / welcher alle Gedanken auf diesen Ritter / aber ganz vergeblich wendete / nur erfreuete er sich / daß auch schriftlich er seine Kundschafft angelobete. Fr. Euphrosyne nam dazumahl auch ein Schreiben aus ihrer NäheLade hervor / und sagete: Ich hätte schier aus der acht gelassen / meinem Liebesten ein Schreiben einzuhändigen /welches vor dreyen Tagen mir ein Schiffknecht gebracht / mit vermelden / es kähme von einem sehr guten Freunde / welcher in dem Eilande Kreta zu Schiffe gangen / und nach Zypern gesegelt währe; hätte ihm eine Krone Trinkgeld versprochen / da ers zurecht einliefern würde / welche ich ihm auch gegeben. Markus nam den Brief zu sich / sahe nach Erbrechung den untergezeichneten Nahmen / und sagete /als aus Verwunderung: O Gn. Herr / ein Schreiben von Herr Herkules. Was? antwortete er / schreibet mein Herkules an euch / und nicht an mich? da stecket was neues hinter / und merke ich schon / mit was Anschlägen er umgehet; Aber leset uns doch den Inhalt /daß wir seines ergehens Bericht einnehmen. Markus gehorsamete / und lase wie folget: Lieber Freund Markus / ich werde ohngefehr berichtet / daß ihr zu Korinth mit einem Schiffe sollet anko en seyn / zweifele auch nicht / mein herzlieber Bruder und Seelen-Freund Ladisla habe euch ausgeschickt / oder finde sich selbst dabey / welches ich doch nicht eigentlich erfahren können. Lieber schreibet oder vermeldet ihm / meine herzliche Bitte sey / daß er wegen meines Abschiedes sich nicht bekümmere / noch mir zufolgen sich unternehme /sondern bey seinem lieben Gemahl zu Padua verbleibe /in Betrachtung / ich viel zu einen weiten Weg / beydes zu Wasser und Lande reisen muß / ehe ich dahin gelange /wohin sein Frl. Schwester geführet wird; und ist unmöglich / daß jemand in Rittersgestalt ihr beykommen solte /sondern werde mich in Weibeskleidern verstellen müssen / da ich sonst ichtwas zu ihrer Rettung wirken wil; Hoffe demnach / dafern mein geliebter Bruder mich in ihm zu tödten nicht gemeynet ist / er werde mir hierin wilfahren /und mit Gottes Hülffe / meiner / und seiner Frl. Schwester Ankunfft / inwendig halbjähriger frist gewärtig seyn. Ich hätte selbst an ihn geschrieben / da ich nicht gleich jezt in ein Schiff treten müste / mit gutem Winde aus Kreta nach Zypern zufahren / und von dar ab weiter den abgelegenen Morgenländern zu / durch Wellen und Wüsteneyen. Der Allmächtige Gott schütze mich und meinẽ geträuen Diener Gallus / der aus einem bösen Räuber ein gewünscht-fro er Mensch worden ist. Meinen Gruß an alle guten Freunde und Freundinnen unvergessen.


Herkules


Ladisla sagete nach Verlesung mit seuffzen: O Herkules / Herkules / ist das die geschworne Träue? Warumb fleuhestu so vor mir? Warumb ist dir meine fernere Geselschafft so verdrießlich? oder meynestu / ich könne nicht so wol ungemach leiden als du? ich scheuhe mich mehr vor Wellen und Wüsteneyen / als ich dich liebe? Fabius antwortete ihm: Mein Herr Bruder / mir zweifelt nicht / eure Gesellschafft sey Herrn Herkules überaus angenehm; nur weil wir wegen des Barts unser Geschlecht nicht können verbergen / hat er / als viel ich muhtmasse / uns warnen wollen / alle Gefahr bestes Fleisses zumeidẽ; kan uns demnach[427] dieser Brief in so weit dienen / dz wir auff unser Reise desto behutsamer gehen; möchte aber wünschen / daß uns der Ort wissend wäre / wohin wir unsern Weg nehmen müssen. Ja antwortete Ladisla /wer weiß / ob diesem Schreiben ichtwas zutrauen stehet / und nicht vielmehr alles nur / mich abzuschrecken / ertichtet ist? Ich keñe meinen Herkules viel zu wol in solchen Streichen / und hat er mir dergleichen Possen in der Jugend schon mehr gerissen. Ich erinnere mich anjetzo / wie unser Lehrmeister nach geendeten Unterweisungs-stunden pflag mit uns zur Ergetzung ins Feld zugehen / und bey solchem Urlaub uns doch am meisten lehrete; Dann alles / was wir sahen /musten wir ihm Lateinisch und Griechisch nennen; sahen wir dann nichts sonderliches / so sagte er wol zu uns: Wañ uns dieses oder jenes wilde Tihr begegnete / und lieffe mit grimmiger Wuht und auffgesperretem Rachen zu uns ein / wie woltet ihr / Herkules /es auff Griechisch; und ihr Ladisla / es auff Lateinisch geben? Nun trug sich einsmahls zu / daß unter solchem Lustgehen mein Herkules eines Nestes mit jungen Wölffen (dann er hatte stets die Augen allenthalben) gewahr ward / schwieg aber stille / und taht es niemand zuwissen / sondern baht / wir möchten wieder nach Hause umkehren. Als wir daheim wahren /und er sich des Lehrmeisters auff ganz listige weise entlediget hatte / nam er seinen Handbogen / etliche Pfeile / und einen langen Strik zu sich / ging bald hie bald da / und suchte sich von mir hinweg zustehlen /weil ich ihm aber stets nachging / sagte er: Mein Brüderchen / hole doch deinen Bogen / und laß uns wette schiessen. Ich wahr so einfältig / und ging hin; aber da ich wieder kam / wahr mein Herkules hinweg und nach dem Pusche gelauffen / da er die jungen Wölffe gesehen. Es währe ihm aber schier übel bekommen; dann die Wölfin / welche erstmahl nicht da wahr /hatte sich inzwischẽ wieder herbey gemacht / und wie er in aller stille hinzu kreucht / den Raub zufahen /macht sich die Wölfin auff / und springet ihm mit offenem Rachen entgegen. Zwar es wahr sein glük / daß er mit gespannetem Bogen und aufgelegtem Pfeile gangen wahr; dann wie ihn die Wölfin anfält / scheust er ihr den Pfeil in den Rachen tieff hinein / welcher /weil er Wieder-haken hatte / nicht kunte heraus geschüttelt werden / sonst währe es umb sein Leib und Leben getahn gewesen; wahr also die Wölfin mit grossem Geheule davon gelauffen / welche man des andern Tages tod / und ihr den Pfeil im Rachen fand. Inzwischen hatte er sich nach der Höhle gemacht / und zween schon zimlich erwachsene junge Wölffe zusammẽ gefesselt / die er am Stricke als Hunde daher führete; wie ich auch anders nicht meynete / es währen junge Hunde gewesen; fragete ihn deswegen / wo er diese scheußliche Hunde bekommen? dessen er lachete / und zu mir sagete: Lieber Bruder / kennestu noch keine Wölffe? es sind trauen keine Hunde. Ich fragete ihn / warumb er mich hinweg geschicket / und mir den Bogen befohlen zuhohlen. Ja / antwortete er /meynestu / daß ich in solcher Gefahr dich sehen könte / in welcher ich gleich jezt gewesen bin / ehe ich diesen Raub erhalten / uñ der Wölfin die jungen entführet? Und wann ich dich gleich hätte mitgeno en /würdestu mir durch deine Gegenwart nur schäd- und verhinderlich gewesen seyn; massen ich so stille nicht hätte können hinzu schleichen / noch mit meinem Bogen so frey seyn / als da ich allein wahr. Ich lief alsbald hin zu seinem Herr Vater / und rühmete Herkules glükliche Kühnheit / dz er einer Wölfin zween junge entführen dürffen; welcher anfangs lachete / und zu mir sagete; Lieber Sohn Ladisla / dein Herkules äffet dich / er wird ein paar junger Baurhunde haben;[428] Da er aber mit seinen Tihrichen auffgezogen kam / erschrak sein Herr Vater / und fragete / wie er bey die Wölfichen kähme? Herr Vater / antwortete er / es ist bey Träuen schande / daß unsere Jäger ihr Brod so gar umsonst fressen / und beym Luder verzehren / und lassen diese schädliche Raube Tihre in der Nähe ihre Jungen auffbringen / da sie einen unbewehreten Menschen aus Hunger leicht anfallen und zureissen solten; hätte ich dieses Nest nicht verstöret / wie manniches Schaf würde es uns gekostet haben? Und ist bey so gestaltẽ Sachen gar kein Wunder / daß unsern Schäffern es so offt an der Zahl mangelt / die ihnen geliefert ist. Sein Vater fragete ihn / wie ers dann angefangen hätte / und nachdem ers erzählet hatte / straffete er ihn hart mit Worten; Er solte hinfüro sich ja nicht gelüsten lassen / so verwägen zu seyn / oder der Lehrmeister würde ihn darum züchtigen; ob er nicht wüste /daß ers ihm schon vor diesem verbohten hätte / da er den grossen Wolff im Pusche erstochẽ? Mein Herkules durffte sich wol beschweren; so höre ich wol /sagte er / mein Herr Vater zürnet auff mich / wann ich Schaden abkehre / was hätte ich zugewarten / wann ich übels tuhn würde? Dieses erzähle ich zu dem Ende / daß ich euch geliebter Bruder / seine Art uñ weise zuerkennen gebe / wie ers schon / da er kaum von X Jahren wahr / mit mir gespielet / uñ ich demnach in solchen Begebnissen ihm nicht zutrauen habe. Fabius erboht sich / er währe willig und bereit / die Reise erstes Tages mit fortzusetzen / wann man nur wüste / wie mans am besten anstellen solte; Ich weiß /sagete er / daß er noch in dieser Gegend gewesen ist /als ich ankommen bin / noch hat er sich aus dem Staube gemacht / und nicht wollen erkennet seyn; Daher ist mein Raht / doch auff Verbesserung / daß wir mit geringer Geselschaft ihm folgen / ob wir ihn auff solche weise ausforschen möchten; dann so wir ihn einmahl ertappet haben / wird er nicht von uns weichen. Ladisla antwortete: Ich bin schon bedacht gewesen / mein Schiff nach Hause zuschicken / und etwa selb dritte oder vierde ihm zufolgen; welches ihm Fabius mit gefallen ließ / uñ wurden eins /iñerhalb weniger Zeit / so bald die ausgeschikte Soldaten wieder ankommen währen / ihm nachzusetzen. Des nähesten Tages ritten Ladisla und seine Geselschafft nach dem Hafen / weil sie Zeitung hatten / daß sein Schiff daselbst eingelauffen wahr / und teilete Markus die 1000 Kronen unter seine Leute aus. Inzwischen leistetẽ die beyden jungen Frauen dem añoch betlagerigẽ Klodius Geselschaft / und hatten mancherley Gespräch mit einander / biß Fr. Euphrosyne ihre Wase baht / ihr zu erzählen / warum Kleander so grausam mit ihr verfahren / uñ sie verbreñen lassen wollen / da er doch die ganze Zeit her / und noch neulich sich gegen sie verlauten lassen / wie lieb er sie / uñ in seinẽ hohẽ Alter alle seine Ergetzung an ihr hätte. Ach herzliebe Wase / antwortete sie / ihr heisset mich nur meinen unsäglichen Ja er wiederhohlen / dessen ich bißher noch nicht vergessen können / und mir alle Nachte das erschrekliche Feur vorkomt in welches ich solte geworffen werden; doch wil ich euch wilfahren so gut ich kan. Ihr werdet zweiffels ohn berichtet seyn / was harten Streit Herr Ladisla mit Perdickas gehalten / da er zuvor meinen Stieffsohn Ariston (der mir inner halben-Jahresfrist manniche Trähnen heraus gelocket) erschlagen hatte. Ja sagete sie / es hat mir solches alles gegenwärtiger Herr Klodius umbständlich kund getahn / biß dahin man ihn hat wollen gefangen nehmen. Das übrige / sagte Fr. Agatha / ist mir gnug bewust / und hat mirs meines alten Kleanders Leibknabe unterschiedlichemahl erzählet / daß wie Herr Ladisla mit dem Pferde gestürzet / währen sie allesamt[429] auff ihn zugefallen / daß er nicht anders gemeinet / man hätte ihn gar erdrukt; nachdem er sich aber auffgerichtet / hätte Kleander denen die ihn erstechen wollen / zugeschrien / man möchte ihm den Gefangenen lebendig liefern / er wolte schon wissen mit ihm zuverfahren daß Herr Perdickas und sein lieber Sohn neben den andern Erschlagenen seinen lieben Freunden und Anverwanten /gerochen würden: Ladisla mochte hieraus leicht abnehmen / daß er nicht viel gutes im Sinne hatte / doch hatte er gar nicht umb Gnade gebehten / sondern zu den Anwesenden gesagt; ich habe ehmahls Griechenland wegen auffrichtiger Träue rühmen hören / weiß aber nicht / wie man daß verantworten kan / daß man mich so überfallen / und die meinen allesamt erschlagen hat. Er hatte aber zur Antwort bekommen / er solte nur das Maul halten; es währe ihm schon zu lange zugesehen / und nicht zuverantworten / daß Perdickas nicht gerettet währe. Auff der Wahlstat hätte man IIX von Adel und XVI Diener Tod funden /daneben alle die mit Herren Ladisla kommen wahren /ausser seinen Leibknaben und vornehmsten Ritter /welcher außgerissen / dessen die ganze Geselschafft erschrocken / H. Ladisla aber erfreuet wahr / der gleich dazumahl vor Kleander gestanden / und ihn also angeredet hatte. Alter Vater / mir ist Leid / daß der junge ädelman / welcher euer Sohn seyn sol / ihm dieses Unglük selber zugerichtet / und wieder meinen Willen sich in diesen Streit eingemischet hat / da ich doch durchaus keinen Wiederwillen zu ihm trug / er mich auch nicht beleidiget hatte / nur daß er suchete /ehre an mich zuerfechtẽ / welches ihm mißlungen ist; darumb sollet ihr als ein alter verständiger Herr mich hierin nicht verdenken / was durch zulaß aller Völcker Rechte von mir begangen ist / und eure väterliche Neigungen einzwingen / daß sie nicht aus den Schranken der Erbarkeit und vernünfftigen Rache schreiten /dann euer Sohn ist ritterlich gestorben / ohn einiges Zeischen der Furchtsamkeit; so habe ich auch anders nicht gekunt / als ihm zu willen seyn / dafern ich mich nicht selbst des Ritterstandes unwirdig machen wolte. Hierauff hatte ihm Kleander keine andere Antwort gegeben / als daß er ihn vor einen verfluchten meinäidigen Mörder gescholten; welches er nicht ohn Zorn folgender Gestalt beantwortet; Alter / haltet ein mit solcher Schmähung; ich bin ein Römischer ädler Ritter und Käyserl. hoher Beampter / und weiß mich aller Untahten unschuldig / deßwegen bedenket was ihr redet / und stürzet euch und alle Anwesende nicht in ein unvermeidliches Unglük. Was? hatte Kleander hierauff gesaget / wiltu mir noch darzu trotzen / und gebieten was ich tuhn oder lassen sol? jedoch harre nur ein wenig / biß meines lieben Sohns Begräbnis zugerichtet wird / alsdann soltu ihm zum Opffer geschlachtet werden / oder ich wil eines abscheulichen todes sterben. Diese Urtel wahr von H. Ladisla also beantwortet; Herr Alter / ihr wandelt nicht auff der Tugendbahn / daß ihr so mit mir schalten wollet / und versichere euch und alle Anwesende / dafern ihr auff diesem Vorsaz bestehet / wird mein Tod an euch allen viel grausamer gerochen werden / als neulich der Römische Gesante / wie ich höre / mit Charidemus verfahren / worüber ich auch in diese Ungelegenheit habe gerahten müssen. Mein Kleander hatte diese Rede mit einem Hohngelächter ersetzet / und zur Antwort gegeben; Wolan / wir wollen deines Trotzes erwarten /und dafern die Römer sich unterstehen werden / den Griechischen Adel zu unterdrücken / muß man sich nach Schuz und Hülffe umbtuhn. Darauff hatte man ihm den trefflichen Harnisch (welchen er hernach auff meinem[430] Schlosse wieder bekommen) abgezogen / und hatte sich mit gebundenen Händen auff den Rücken neben Kleanders Gutsche durch Lachen und Pfützen herschleppen lassen müssen / da er grosse Beständigkeit und geduld erzeiget. Ach Gott / sagete Fr. Euphrosyne / wie gehets in der schnöden Welt her! wie muß die Tugend sich von dem Frevelmuht so schändlich lassen rechtfärtigen! doch haben wir niedriegen StandesLeute hieraus zu lernen / wie auch wir das Unglük geduldig ertragen sollen / wann es uns trifft /weil wir sehen / daß so vornehme Herren dessen nicht mögen geübriget seyn / und sie sich überdaß noch so fein darein zu schicken wissen. Aber lieber fahret fort mit eurer Erzählung. Ja sagete Fr. Agatha / das übrige kan ich umb so viel besser sagen / weil ich selbst dabey / und ein vornehmes Glied in diesem Trauerspiel gewesen bin / wañ ichs nur vor Wehmuht verrichten könte; doch vielleicht helffet ihr mir noch wol etliche Schmerzen-Trähnen mit vergiessen. Als Herr Ladisla also gebunden auff das Schloß geführet ward / ging ich im vörder Platze / meinem Gesinde etwas zubefehlen / und hörete / daß gegenwärtiger Gefangener meinem Stieffsohn Ariston / dem ich sehr gewogen wahr / das Leben geraubet hätte / gehueb mich deßwegen auß herzlicher Traurigkeit sehr übel / und geriet bald darauff in grossen Zorn / fiel den Gefangenen an / und wahr willens ihm die Augen außzukratzen; da ich ihn aber so prächtig gekleidet / und von so guter Gestalt sahe / gedachte ich alsbald / dieser würde nimmermehr kein Mörder seyn / enderte auch meinen Vorsaz / und gab mich auff das Weinen. Herr Ladisla sahe mich freundlich an / und sagete; ädle Frau / tuht nicht so übel wegen des ertödteten ädelmans / den er ist öffentlich im Streit als ein mannlicher Ritter gestorben / und versichert euch daneben /daß ich kein Ubeltähter / sondern ein ehrlicher Ritter hohes Standes bin / deßwegen traget mit mir ein mitleiden als mit eurem Gefangenen / weil ich in meiner guten Sache mich ohndas eurem auffrichtigen Herzen / welches durch die Augen hervor leuchtet / gerne vertrauen wil. Ich taht als hörete ich seine Reden nicht /die mir doch mehr Trähnen / als meines Sohns Tod /auß den Augen trieben; dann ich empfand so grosses Mitleiden über ihn in meinem Herzen / daß ichs nicht außsprechen kan; durffte michs aber mit keinem Worte merken lassen / ohndaß ich ihn freundlich ansahe / und doch zugleich mit ihm schalt / warumb er sich mit dem jungen Herren in Streit eingelassen hätte. Er antwortete mir; es währe ihm der Unfal nicht weniger selbst leid / könte aber nicht dawieder / weil er zu dem Kampf genöhtiget währe / und die Zuseher wol bezeugen würden; nun währe aber unmöglich in solchen Spielen die Hiebe und Stösse mit der Goldschale abzuwägen / insonderheit / wañ das Glük übel wolte. Ich sprach ihn in meinem Herzen nicht allein frey und loß / sondern auch allerdinge unschuldig; aber als mein Alter vom Wagen stieg / befahl er / den Gefangenen in den stärkesten Turm zu legen / und ihn weder mit Essen noch Trinken zulaben. Herr Ladisla redete ihm ein / er möchte sich eines andern bedenken / und einen ädlen Römischen Ritter nicht nach SklafenArt einsperren / sondern auff ein Gemach einlegen / ja / bedenken / was vor Freyheit ein Römischer Bürger / geschweige Beamter hätte; er wolte bey rittelichen Ehren versprechen / nicht zu weichen / sondern der Urtel abzuwarten. Aber dawahr den Tauben geprediget; dann die Knechte stiessen ihn ohn ferner Wort sprechen in den Turm / der doch eigendlich zum Gefängnis nicht gebauet / sondern auff den Fall der Feuersnoht zugerichtet wahr / daß man die besten[431] Sachen hinein flöhen und erhalten möchte; ging auch nicht gar tieff in die Erde / sondern wahr inwendig fein renlich / und mit einer starken eisern Tühr verwahret / an welcher inwendig fünff grosse eiserne Schlösser sassen / die in einem umbdrehen / und nur mit einem Schlussel zugleich auffgemacht wurden. Wie sehr mich nun seiner im Gefängnis ja erte / nam ich michs doch äusserlich nicht an / sondern ging meinem Alten traurig nach / tröstete ihn in seinem Unglük / und baht ihn mit Trähnen / er möchte durch gar zuhefftiges Grämen und übrigen Zorneifer ihm selber nicht das Leben verkürzen; wünschete zwar von Herzen / daß ich vor seinen lieben Sohn gestorben währe / damit der einige Erbe hätte mögen überbleiben; weil es aber den Göttern anders gefallen / müste ich nunmehr vorbauen / daß nicht der Vater mit dem Sohn zugleich dahin fiele; machte ihm überdaß Hoffnung /weil er noch von zimlichen Leibeskräfften währe /könte sein Geschlecht durch mich erbauet werden. Nun muß ich bekennen / daß ausser des alters eigentühmlicher Gramseligkeit / er bißdaher mir allen guten Willen erzeiget hatte / nam auch dieses mein trösten sehr wol auf / daß er mich umfing / und versprach / er wolte sich zufrieden geben / nachdem er Gelegenheit hätte / sich an dem Tähter zu rächen; dem ich nicht wiedersprechen durffte. Umb Mitternacht stund ich sanffte von ihm auff / und ließ diese meine Dirne sich zu ihm legen / ging hin zu dem Turm / und durch das Loch der eisern Tühr / da man kaum eine Hand hindurch stossen kunte / redete ich dem Gefangenen zu / und sagete: Ritter schlaffet ihr? Er hörete es alsbald / und fragete / wer ihn in der Nacht zubesuchen wirdigte? Ich bin die Frau des Schlosses / antwortete ich / deren ihr heut eure Unschuld sattsam habet dargetahn / trage auch grosses Mitleiden mit eurem Unfall / und daß ihr so elendig sollet abgeschlachtet wernen. Wisset ihr nun gute Freunde / die euch retten können / so tuht mir solches sicherlich kund / daß ich alsbald nach ihnen sende / damit ihr dem grausamen Tode entgehet / mit welchem mir nichts gedienet ist / nur daß ihr mir angelobet / euch schier heut oder morgẽ an meinem alten EhHerrn nicht zurächen. O ihr meine HerzenFreundin / antwortete er / die Götter müssen euch dieses mit ewiger Barmherzigkeit vergelten; aber seyd zuvor gebehten /uñ gebet mir einen Trunk Wasser / mein abgedürstetes Herz zu laben. Ach ihr Götter / sagte ich / wie bin ich doch so unbesonnen; lief geschwinde hin / und holete ihm eine Kañe Wein / und etwas kalt Gebratens /davon er des folgenden Tages gnug zu essen hatte; kam bald wieder / und schnitte die Speisen in kleine stüklein / die ich ihm durch das Loch reichen wolte; Er aber sagete: Meine Freundin / die Hände sind mir noch auff den Rücken gebunden / daß ich nichts zu mir nehmen kan; habt ihr nun irgend ein Messer / so werfft mirs doch herein / ich wil sehen / wie ichs zur Hand bekomme / und mich loßschneide. Geschwinde band ich mein Messer an einen Fadem / und hing es durchs Loch hinein / daß ers rüklings fassete / und so lange sich quälete / biß er einen Bruch in den Riemen machete. Weil er nun durstiger / als hungerig war /hielt ich ihm den Wein vor das Loch / da er auf ein TührSchloß trat / und den Mund gleich dem Loche hatte / daß er durch ein Rohr fein trinken kunte / und sich erquickete; hernach reichete ich ihm die Speisen zu / daß er sich zimlich sättigte. Nun ihr Götter /sagte er / helffet mir aus dieser Gefängniß / daß ich mich gegen diese Tugendreiche Frau dankbarlich könne finden lassen. Ich antwortete ihm: Es währe mir schon Danks genug / wann ich ihm davon zuhelffen bestand seyn würde; aber er müste mir anzeigen / auff[432] was weise es möglich währe; dann Gewalt zugebrauchen / stünde in meiner Macht nicht / ob es gleich an meinem Willen nicht mangelte. Solches begehre ich auch von meiner geliebeten Freundin nicht /sagte er; nur daß sie einen geträuen Menschen nach Elis senden wolle / der meinem Diener Klodius da selbst / oder dem Römischen Gesanten Fabius den Tag des Gerichts anzeige; dann werden sie sich schon bemühen / mich loßzumachen. Ich ward dessen von Herzen froh / ließ auch folgenden morgens sehr früh einen ablauffen / welcher aber so wenig von Klodius als von Fabius erfragen können / und aller Sache unverrichtet wieder kam. Desselben Tages muste Herr Ladisla ungetrunken bleiben / biß ich ihn zu Nachtzeit wieder besuchte / und ein langes schmales Gefäß von einer KühHaut zurichtete / in welches etliche MaßWein gingen / steckete es ihm zu durch das Loch / und hatte er also des folgenden Tages gnug zu essen und trinken. Nach vollendeter dieser Nacht erinnerte ich Kleander / umb Argwohn zumeiden / dafern dem Gefangenen so gar alles essen uñ trinken abgeschnitten würde / müste er ja Hungers oder doch durstes sterben; möchte demnach Anordnung machen / daß er nöhtigen Unterhalt bekähme; worauff ihm grob trocken Hunde-Brod / und ein Trunk Wasser gereichet ward. Unterdessen bemühete ich mich äusserst / den Tag des Gerichts auffzuschieben / aber vergebens /und weinete mir das Herz im Leibe / daß ich kein Mittel seiner Erlösung finden kunte; dann ich hatte mir gänzlich vorgenommen / entweder zusterben /oder ihn zuerlösen; stellete mich deswegen zween Tage vor dem angesezten Gerichte / als ob mich bey der Mahlzeit grosse Häupt- und Bauchschmerzen anstiessen / und ließ mich von den Mägden nach Bette tragen. Mein Alter hielt sich sehr leidig / fuhr doch nicht desto weniger fort / allerhand Anordnung zumachen / daß sein Vorhaben ausgeführet würde. Des folgenden Tages / welcher der näheste vor dem Gerichts-Tage wahr / baht ich meinen Alten sehr / die Volstreckung so lange auffzuzihen / biß ich die Lufft ertragen könte / weil ich Verlangen hätte / derselben beyzuwohnen; und nachdem auch dieses nicht zuerhalten wahr / bemächtigte ich mich des Schlüssels zum Turme / ließ auch Herrn Ladisla durch meine vertrauete Dienerin andeuten: er solte sich fertig halten /wann zu Mitternacht die Tühr geöffnet würde / und hernach auff dem Plaz hinter den ledigen Fässern sich verbergen / biß der Hirt die Kühe austreiben würde /dann könte er zugleich mit hinaus wischen / und im Gehölze sich verstecken; ob dann ein Lermen darüber entstehen wurde / wolte ich die Nachfolge zuverhindern / allen Fleiß anwenden. Mein Vorhaben ließ sich anfangs glüklich an / dañ mein Kleander lag im tieffen Schlaffe / da ich hinunter ging / und den Schlüssel in die Tühr steckete; weil aber meine Hände viel zu schwach wahren / denselben umzudrehen / suchte ich einen starken Prügel / steckete ihn durch den Handgriff / und wolte gleich auffschliessen; Inzwischen mag mein Alter erwachen / und vernehmen / dz bey dem Turm etwas reges ist / weil er gerade gegen der Schlaffkammer über stehet / und schlug das Unglük darzu / daß er mich beym Mondenschein alsbald erkeñete / kam geschwinde im blossen Hemde / wiewol in aller stille herunter gelauffen / und fassete mich beym Halse / ehe ich sein innen ward / erschrak auch von ganzem Herzen / da er mit greßlicher Stimme zu mir sagete: O du falsches boshafftes und ehebrecherisches Weib / schätzestu deine versprochene Träue so liederlich / daß du zu diesem Mörder dich in Unzucht finden / und mit ihm davon lauffen wilt? Ich fassete ein Herz / so gut ich mochte / und antwortete ihm: Mein lieber[433] Herr / ich stehe keines weges alhie / Unzucht zutreiben / viel weniger davon zulauffen; vor beydes werden mich die Götter schon bewähren; aber nachdem ich nicht allem von der unschuld dieses gefangenen Ritters gnugsame Kundschafft eingezogen /sondern auch in Erfahrung gebracht / was vor grosse Gefahr euch und mir auff dessen Tode stehe / so bekenne ich / daß zu eurem besten ich ihm habe wollen davon helffen / damit ihr nicht durch seinen Tod /euch und alle eure Zugehörigen möchtet verderben; wie er mir dann äidlich versprochen hat / sich an euch und die euren durchaus nicht zu rächen; könnet oder wollet ihr nun euer eigen Glük und Unglük nicht erkennen / wolan / so wil ich entschuldiget seyn / und möget ihrs hernähst verantworten / wiewol ich euch nochmahl von Grund meines Herzen bitten wil / eure eigene Wolfahrt nicht zuverseumen / noch eure ehrliche grauen Haar zu allerlezt mit Schanden und schaden unter die Erde zubringen. Kleander stund und sahe mich an / kunte vor grossem Zorn und Eifer nicht reden / sondern ergriff den Prügel / den ich zu meinem eigenen Unglük gesucht hatte / und zuschmierete mir die Rippen und Arme so jämmerlich / daß ich die Zeichen noch auffzuweisen habe / und ob ihm Herr Ladisla gleich vielfältig zuschrihe / er möchte mit seinem frommen unschuldigen Weibe so grausam nicht verfahren / halff es doch im geringsten nicht / sondern ward nur unsiñiger dadurch / und weckete seine Knechte auff / die mich in ein schlimmes Gefängniß werffen musten / da er dann mit hohen Schwüren beteurete / nicht zuruhen / biß er sein ungeträues ehebrecherisches Weib hätte zu Aschen und Staub verbrennen lassen. In was vor Angst und Pein dazumal mein Herz stund / ist mir unmöglich zu sagen / nicht allein meines Unfalls wegen / sondern dz durch meine Unvorsichtigkeit Herrn Ladisla Rettung gar zu Wasser worden wahr. Früh morgens ließ Kleander seine nähesten Anverwanten zu sich fodern / denen er klagend vorgebracht hatte / daß sein junges Weib / die er fast aus Mitleiden und Erbarmung geheyrahtet / träuloß an ihm worden / und mit seinem ärgesten Feinde dem gefangenen Mörder davon lauffen wollen; währe ausser allem Zweiffel mein Vorsaz gewesen / ihn zuerwürgen / und hernach seine besten Schätze mit hinweg zunehmen; bähte demnach / ihm guten Raht mitzuteilen / damit sie andern ihres gleichen zum Beyspiel gestraffet würde. Dieses wahr seinẽ Verwanten ein gewünschtes Fressen / als welche nach Aristons Tode nach der reichen Erbschafft schnappeten / und ich ihnen hernähst keinen Eintrag tuhn möchte; rieten also einhellig / mich im Rauche gen Himmel zuschicken; Aber Gott fügete es / dz indem sie mich wolten brennen sehen / sie allesamt erschlagen wurden. Die Urtel erging darauff alsbald / ich solte und müste brennen / Herr Ladisla aber mit dem Schwerte abgetahn werden / welches auch auff Kleanders begehren von allen anwesenden gebillichet / und von dem nähesten Verwanten / mir früh morgens zwischen sieben und achten angekündiget ward / welchem ich meine Taht umständlich erzählete / und wie unschuldig ich an der Berüchtigung des Ehebruchs und vorgegebenen Mordes währe; liesse demnach die ganze Freundschaft inständig bitten / sich an meinem unschuldigen Blute nicht zuversündigen oder solches zu verdammen. Dieser falsche Bube stellete sich gegen mich sehr mitleidig / und sagte: Er vor sein Häupt hielte nicht allein mich vor unschuldig / sondern müste mir überdas zuerkennen geben / wie hefftig er in mich verliebet währe / so daß er auf nichts / als auff des alten Kleanders Tod laurete / damit er mich wieder heyrahten könte / durffte mir auch in meiner höchsten[434] Betrübniß Unzimligkeit zumuhten / nebest dem versprechen / nicht zuruhen / biß er mich würde errettet haben. Als ich ihm aber zur Antwort gab: Ich wolte ihm hernähst in sein ehrliches Anmuhten einwilligen /und die ErettungZeit meines Lebens zuerkennen wissen / aber das unzimliche keines weges begehen /noch / da ich bißher meine ZuchtEhre bewahret hätte /dieselbe im Gefängniß schänden. Da ließ er sich vernehmen / er hätte daran ein gutes Genügen / und wolte alle menschliche Mögligkeit zu meiner Erhaltung anwenden / aber (wer solte bey einigem Menschen solche teuflische Boßheit suchen?) er hatte /wie ich hernach berichtet bin / nicht allein sich meiner gar nicht angenommen / sondern der ganzen Versamlung zur Antwort von mir hinterbracht / ich hätte auff sein listiges nachforschen und vorgeben / ihm nunmehr gestanden / daß der Mörder mit seinen verführischen Worten und überaus grossen Verheissungen /mich zu einer gewaltigen Frauen zu machen / mich darzu verleitet hätte / meinen Alten helffen umzubringen / und mit ihm davon zu lauffen. Also ward der weisse Stab über mein Leben gebrochen / und traten nach einer Stunde zween HenkersBuben zu mir in die Gefängniß / welche nach gebehtener Verzeihung / mir die Hände auff den Rücken bunden / und mich nachgehends auff einen Karch setzen wolten; dessen ich mich aber wegerte / und den herben Weg zu fusse zugehen mich anerboht. Herr Ladisla ward vor mir hergetrecket / und musten IIX gewapnete Bauren zwischen uns gehẽ / daß wir nicht mit einander reden solten; jedoch hörete ich / daß er den neben her reitenden ädelleuten zurief: Ihr Herren / mit mir schicken es die Götter nach ihrer Versehung / wañ ja ein auffrichtiger Kampff in Griechenland als eine mörderische Taht ganz mörderischer weise sol gestraffet werden / wiewol das erschrekliche Weh deßwegen alle eure und der euren Häupter treffen wird / wozu ihr euch nur gefasset halten möget; aber diesem redlichen / frommen und unschuldigen Weibe geschihet vor GOtt und der Welt Gewalt und unrecht / welches ich allein gegen euer zehne behäupten wil / wann mirs kan zugelassen werden. Aber ihm ward nichts als ein spöttliches Gelächter zur Antwort; der Kämpffer träte hinter ihm her / welcher ihm die ruhmrähtige Zunge schier lähmen und das Lügenmaul stillen würde. Ich empfand aus seiner Rede einen sonderlichen Trost in meinem Herzen / und rieff ihm zu: Frommer ehrlicher Ritter / ey last uns getrost in unser unschuld sterben / und die gerechten Götter zu Richter über unser Blut setzen /die werden diesen an uns vorgenommenen unbillichen Mord nicht ungerochen lassen. Ja ihr Tugendkrone /antwortete er mir gar laut / ich danke euch vor euer Mitleiden über meine Unschuld / und bitte die Götter / daß sie eine Verachtung dieses irdischen Lebens /und Herzhafften Muht biß ans Ende in euch wircken wollen / alsdann werdet ihr eurer Tugend und Frömmigkeit Belohnung ohn allen zweiffel von ihnen erlangen. Wir wurden zimlich langsam zwischen Spiessen und Schwertern nach der Schlachtbank und dem Opfferheerde hingeführet / biß ich endlich das grosse Feur sahe / wovor ich schier in Ohmacht nidergefallen währe / und erhielt mich nur die blosse Furcht / und eine gar schlechte Hoffnung zur Barmherzigkeit / welche mich am Ende vielfältig umb Gnade ruffen machte / wiewol allerdinge vergebens und umbsonst; biß die gütigen Götter (die durch etliche Regentropffen /welche wie Trähnen bey klarem Sonnenschein herunter fielen / ihr Mitleiden gegen uns bezeugeten) uñ unsere Erretter auß den Pusche uns unversehens zuschicketen / welche die gar zu unbarmherzige[435] Boßheit mit vollem masse vergolten / wie euer Liebster euch zweiffels ohn schon außführlich wird berichtet haben. Als Fr. Agatha hiemit ihre Rede / und zwar nit ohn Trähnen endete / sagte Fr. Euphrosyne mit weinender Stimme zu ihr; herzgeliebete Wase; als mein Charidemus wegen seiner Unbilligkeit nidergehauen ward /meinete ich unmöglich seyn / daß eines Menschen Unglük dem meinen gleichen könte / aber als viel ich auß euren Reden vernehme / ist das eure noch umb ein gutes Teil härter gewesen. Klodius redete sie auch an mit einem durchdringenden Trost / und gab ihr zuverstehn / sie hätte sich zuversichern / daß durch diese mitleidige Taht sie ihr so grosse Freunde gemacht hätte / welches sie kaum würde gläuben können /daher würde sie in kurzen zu höheren Ehren erhoben werden / als nie keiner ihres ganzen Geschlechtes / ob gleich sein gnädigster Herr davon wenig Worte machete / hätte gleichwol zu ihm gesagt; dieser ädlen Frauen bin ich meine Seele schuldig / und werde Mühe haben / mich zubesinnen / wie ich meine Dankbarkeit sehen lasse. Fr. Agatha entschuldigte sich / es währe ihr alles schon tausendfach vergolten / nam mit ihrer Wasen Abscheid von ihm / und ward ihnen angesagt / daß Herr Ladisla wiederkommen währe / und auff sie wartete. Im hingehen tröstete sie Fr. Euphrosyne auffs neue / sie solte ein fröliches Herz fassen /und sich versichern / daß alles zu ihrem besten geschehen währe; dann mir ist / sagte sie / nicht unbewust / wie gram und auffsätzig euch euer Stieffsohn Ariston wahr / der nach seines Vaters Tode euch kaum dz trockene Brod auß den Gütern würde gegönnet haben; nun aber seid ihr Erbin und Frau über alle Schätze und Reichtuhm; und wer weiß / waß vor ein berühmter Ritter euch noch bescheret ist? Fr. Agatha antwortete: Sie könte nicht leugnen / daß ihr Stieffsohn einen unversöhnlichen Haß wieder sie gefasset /da sie ihm doch als eine Magd auffgewartet / und was er begehret / von dem Vater loßgebehten hätte. Weil ich nun merkete / sagte sie / daß nach Kleanders Ableben / er mir wenig würde abfolgen lassen / sahe ich mich vor / machete aus Korn / Vieh / und insonderheit aus Linnewand / daran ich meine Mägde steiff arbeiten ließ / und selbst mit fleissig wahr / einen zimlichen Nohtpfennig / daß wann ich etwa vier Jahr frist gehabt / wolte ich seiner Gnade eben so groß nicht geachtet haben / massen ich in dieser geringen Zeit über 1200 Kronen schon beygelegt / die ich einer verarmeten ädel Jungfer zur außsteur schenken wil. Hieran tuht ihr wol / sagte Fr. Euphrosyne / und schlaget forthin allen Unmuht aus / ich wil mich bemühen /daß ihr bald / wie ich / mit einem Bräutigam erfreuet werdet. Herr Ladisla trat gleich zu ihnen auff den Saal / und hatte sein freundliches Gespräch mit ihnen /dann er liebete Fr. Agathen nicht anders als eine leibliche Schwester / weil sie seinetwegen sich in so grosse Gefahr gewaget hatte / daher er vor dißmahl in Gegenwart ihrer Wasen zu ihr sagete; er könte nicht ruhen / biß er seine geliebete Freundin des leidigen Witwenstandes entnommen sähe. Markus und Leches musten alle ihre Schätze / deren nicht wenig wahren /aus den Schiffen in die Stad bringen lassen / und stelleten Ladisla und Fabius des folgenden Tages eine trefliche Gästerery an / auff welche sie die vornehmsten Herren des Rahts / unter denen auch Amyntas wahr / einluden / auch zur besserung der Stadmauren 6000 Kronen verehreten / wodurch sie ihnen die ganze Gemeine günstig macheten. Inzwischen muste Klodius noch immerhin des Bettes hüten / ob er gleich die Gefahr Tage schon vorbey gebracht hatte; doch ward er von beyden Frauen täglich[436] wol vergeselschafftet / und ließ Markus ihn selten allein / welcher ihn einsmahls fragete / wie ihm Fr. Agatha gefiele /und dafern er ein Herz zu ihr hätte / solte ers ihm kühnlich offenbahren / und vor das übrige ihn sorgen lassen. Klodius wahr mit diesen Gedanken von Anfang ihrer Ankunfft schon umgangen / weil er aber am wirklichem fortgange fast zweiffelte / durffte er sichs nicht merken lassen / biß er durch diese gemachte Hoffnung ermuntert / ein Herz fassete / und nach geschehener Danksagung ihn baht / dieses seines Glüks Befoderer zu seyn / welches er Zeit seines Lebens erkennen wolte. Markus hies ihn gutes muhts seyn / und seiner Gesundheit pflegen / ließ ihm auch alsbald schöne Kleider machen / die er auff seinen ersten Außgang anlegen solte / hielt nachgehends bey Ladisla untertähnigst an / er möchte seines geträuen Dieners Klodius gnädigst eingedenke seyn / ob zwischẽ ihn und Fr. Agathen eine Heyraht könte geschlossen werden; der ihm mit lachender Rede zur Antwort gab: Er möchte vielleicht hierauff schon mehr und fleissiger als er selbst / bedacht seyn; inzwischen solte er mit seiner liebesten es anlegen / daß sie ihr einen Willen darzu machete; welches sie aber vor unrahtsam hielt / nicht zweiffelend / es würde durch unvermuhtliches Vorbringen Herrn Ladisla / leichter vor sich gehen als sonst. Wenig Tage hernach erhielt Klodius bey dem Arzt / daß er auffstehen durffte / wornach ihn sehr verlangete; Da ihn Fr. Euphrosyne auffs beste mit alle dem außputzete / was einen Buhler beliebet machen kan; wie er dann ohndaß ein ansehnlicher wolgestalter Ritter wahr / und von guter Höffligkeit. Als er zu den Versamleten ins Gemach trat / und seinem Herrn Ladisla die gebührliche Ehrerbietung leistete / empfing ihn derselbe mit diesen Worten; mein guter Klodius / ich erfreue mich / daß ihr der Wunden genesen seid / die ihr meinetwegen empfangen / und werde ich mich noch heut bemühen / euch derselben zuergetzen. Dieser zweifelte nicht / es hätte Markus der Heyrahtwegen mit ihm geredet / und gab zur Antwort: Durchleuchtigster Gnädiger Herr / mir hat nie etwas sanfter getahn / als eben diese Wunden / nachdem ich vernommen / daß ihre Gn. mit dem Leben davon kommen sind; die Belohnung habe ich vorlängst schon gehoben / daher euer Durchl. gnädiges Erbieten ein lauter Uberfluß ist; befehle mich dero stätiger Gewogenheit / und ergebe mein Leib und Seele ohn einiges bedingen euer Gn. eigen. Hernach trat er zu Fr. Agathen / küssete ihr die Hand / und bedankete sich der hohen Gunst / die sie ihm in täglicher Besuchung geleistet / möchte wünschen / das seine Dienste biß an ihre behägligkeit zureichen bestand währen / und erboht sich zu aller möglichen Auffwartung. Die schöne junge Frau sahe ihn an / hatte sich ein solches Ansehen von ihm nicht eingebildet / weil sie ihn nur bißher im Bette gesehen / und antwortete ihm freundlich: Mein Herr / ich erkenne sehr wol /daß sein angewanter Fleiß zu errettung seines Gn. Herrn / mir gleich so wol zustatten kommen ist /wovor mich ihm billich verhafftet erkenne / bedarff demnach vor geschehene Besuchung gar keines Dankes; dann weil ich überdaß wuste / daß ihm seine Wunden von meinen nähesten Verwanten geschlagen wahren / muste ich mich billich entschuldigen / daß es aus meinem Geheiß nicht geschehen sey. Sie setzeten sich hierauff zu Tische / da unter anderm Gespräche Fabius zu Klodius sagete: Mein lieber Freund und MitRömer / die Träue / so ihr zu meines Herrn Bruders besten / ungeachtet eurer Wunden angewendet /wird meine Fr. Schwester Sophia zu seiner Zeit ersetzen; vor dißmahl ernenne ich euch zum ObristenStad-Verweser[437] meiner Römischen Legion / zur bezeugung meiner Dankbarkeit / und sollen eure Bestallungs-Gelder von der Zeit angehen / da von Käyserl. Hocheit sie mir geschenket worden. Dieser hohen Gunst hätte sich Klodius zu ihm nicht versehen / stund auf /und bedankete sich der grossen Ehre gar demühtig /deren er sich unwirdig erkennete / auch keines weges verdienet hätte; wolte doch Zeit seines Lebens sich gegen ihn nach äusserstem vermögen dienstwillig und Gehorsam erzeigen. Nach solchem kehrete sich Ladisla zu Fr. Agatha / und brachte vor / er währe noch wol eingedenk der grossen Woltaht und Freundschafft welche sie ihm Zeit seiner Gefängnis erzeiget / und sich darüber in die höchste lebens Gefahr / ja beynahe in das Feur gestürzet / nur daß sie ihn / einen wild-fremden Unbekanten erretten / und loßmachen möchte; er hätte sich müssen als ein Hund Speisen lassen /mit gefesselten Händen auff dem Rücken die ganze Zeit über / ja des Durstes hätte er in der ersten Nacht müssen verschmachten / wann ihre Vorsorge Barmherzigkeit und Labung es nicht verhütet; also befunde er sich dermassen ihr verbunden / daß er Zeit seines Lebens gnug zuvergelten hätte; er böte sich demnach mit alle seinem Vermögen zu ihrer Freundschafft und wilfährigkeit / dessen zur Anzeige wolte er vor erst einen geringen Beweißtuhm ablegẽ; Ließ ihr hierauff ein Lädichen mit Kleinoten angefüllet / auf 20000 Kronen wert / und zwölff Beutel mit 80000 Kronen baar auff einen Neben Tisch hinstellen / welches anzunehmen sie sich hefftig wegerte / vorgebend / was sie etwa Zeit seiner Gefängniß getahn / hätte die Billigkeit selbst erfodert / nachdem sie von Kleanders Leibdiener seiner Unschuld bericht eingeno en; solten aber ihre geringe Dienste ja einiger Belohnung wert seyn / währe es schon tausendfach vergolten / in dem bloß allein durch seine Hülffe und schuz sie nicht allein Erbin aller Kleandrischen Güter blieb /sondern ihr über das von den Wittiben uñ ädelleuten sd trefliche Geschenke eingereichet währen / daß sie sich unter die reichesten Frauen Griechenlandes wol zählen dürffte; bähte demnach untertähnig / ihre Gn. möchten dieses gar zu grosse Geschenk wieder zu sich nehmen; es währe gar zu schwer Kostgeld vor die kleinen Bißlein / welche sie ihm durch das enge Loch zugeworffen. Ladisla sagete: Er wolte nicht hoffen /daß sie die erste seyn wolte / die seinen guten Willen ausschlüge / uñ dürffte sie sich nicht besorgen / daß seine Güter wegen dieses schlechten Geschenkes groß gemindert würden. Er hätte aber in einem Stük sie hochbeleidiget und beraubet / dessen er sich wol erinnerte / bähte demnach / ihm zugönnen / daß ers wieder gut machen und ersetzen möchte. Fr. Agatha wuste von keiner Beleidigung oder Beraubung / meinete / es währe im Scherze geredet / und gab zur antwort: Ja wann ihre Gn. sie beraubet hätte / welches sie doch nit hoffete geschehen seyn / währe es zumahl billich / daß ihr solches wieder zugestellet würde /damit sie nicht Ursach hätte / sich dessen vor Käyserl. Hocheit höchst zubeklagen. Dessen sol es nicht bedürffen / sagete er; bähte nur / ihrer Erklärung eingedenk zu seyn / und redete sie weiter also an: Vielwerte / in ehrer herzgeliebte Freundin als Schwester / daß durch Auffopfferung des boßhafften Kleanders ich ihr ihren Ehegatten geraubet / und sie in den leidigen Witwenstand gesetzet / wird sie nicht leugnen können. Nun ist alhie gegenwärtig der ädle und veste Römische Ritter und ädelmann Klodius / bestalter Obrister Statverweser über eine Legion / und anjetzo mein Schiffhauptmann und lieber Freund / der seinen Ritter- und Adelstand wol zubehäupten weiß; da ich nun bey meiner geliebeten Freundin[438] ein glüklicher Werbesmann seyn könte / daß sie denselben vor ihren Bräutigam und künftigen Ehejunker auff und annehmen wolte / würde mir dadurch Gelegenheit an die hand gegeben / es weiter zuverschulden; steckete ihr damit einen sehr köstlichen Ring an den Finger / und sagete: Diesen überreiche ich meiner Freundin im Nahmen und von wegen Ritter Klodius / hoffe sie werde ihn zubehalten ihr gefallen lassen können. Die gute Frau wahr dieses unvermuhtlichen Anmuhtens wegen sehr bestürzet / daß ihr das Geblüt unter die Augen schoß / durfte sich doch nicht wegern den Ring zunehmen; stund eine zeitlang ohn Antwort und sahe ihre Wase an / nicht zweiffelnd / sie würde dieses Anschlages nicht allein gute Wissenschafft tragen / sondern es wol selbst also gefidert haben / uñ zürnet fast sehr / daß sie ihr den geringesten Wink nicht davon gegeben hätte; insonderheit schämete sie sich / daß ihre scherzhaffte Antwort ihr als eine Anfoderung hierzu / kunte ausgedeutet werden; endlich erhohlete sie sich / und gab diese Antwort: Durchleuchtigster Gn. Herr; wie hoch eure Gn. sich meiner angenommen / ist allen gegenwärtigen kündiger / als daß es weitläuftiger Wiederhohlung bedürfte; bitte untertähnig / dieselbe wollen in dieser hohen gewogenheit gegen mich / allemahl verbleiben / deren als gehorsame Dienerin ich in ehren allemahl verbunden bin; was die erwähnete Heyraht betrifft / wil euer Gn. ich untertähnig antworten / nachdem mit meiner geliebten Wasen mich dessen werde beredet haben; bitte diesen geringen. Verzug nicht ungnädig auffzunehmen / noch meine vorige / aus unwissenheit getahne Scherz-Foderung mir ungleich auszulegen. Frau Euphrosyne fiel ihr in die rede; sie wüste hierin nichts mit ihr zubereden / weil sie ihren freyen Willen hätte / sie auch nicht zweifelte / ihres Gn. Herrn Vorschlag ihr nicht zuwieder seyn würde; überdas erkennete sie Herrn Klodius vor einen redlichen auffrichtigen Ritter / der ihrer wolwirdig / ihr auch als ein geträuer Ehegemahl allezeit gebührlich begegnen würde. Wann ich dann /sagte sie / aus allen ümständen vermerke / daß ihr nicht aus Unwillen / sondern schamhalber eure Antwort hinterhaltet / wil ichs an eure Stat herzlich gerne verrichten; bedanke mich demnach gegen eure Gn. Herr Ladisla / untertähnig / daß dieselbe meine geliebete Wase so wol versehen / die Heyraht mit Ritter Klodius selbst vortragen / und die beyden Befoderer der geschehenen Rettung miteinander verehelichen wil; jedoch / weil mich deucht / meine Wase möchte ihres Freyers worte gerne selber hören / wil ich fernere Antwort biß dahin auffschieben. Klodius und Agatha sassen beyde gleich bestürzet / uñ fing diese an; Fr. Wase / ich hätte mich solcher Beschimpffung zu euch nicht versehen / da ihr mich durch eure Reden in diese Verwirrung stürzet / daß ich weder zuschweigen noch zuantworten weiß; und was mag dieser Ritter (auff Klodius zeigend) gedenken / daß ich ihn zureden auffmahnen solte? Hoffe demnach / diese Hoch-Fürstl. und Ritterliche Geselschafft / werde es euren kurzweiligen Auffzügen zuschreiben. Ladisla mengete sich mit ein / und sagete zu Fr. Euphrosynen: Gewißlich hat meine Freundin nicht unbillich Ritters Klodius eigene Worte ausgefodert / welche ihm auch vorzutragen wol anstehen wird; jedoch / daß Fr. Agatha ihr hernach gefallen lasse / selbst zuantworten / damit sie (sagete er mit einem Lachen) nicht ursach habe / ihre Fr. Wase zubeschuldigen / als hätte sie zuviel oder zu wenig versprochen. Klodius ließ sich hierauff bald finden / und fing also an: Durchleuchtigster Gn. Herr / daß eure Gn. ihr meine Wolfahrt so hoch lässet an gelegen seyn / daß die Frucht ihrer Gefängniß zu meinem[439] Nutzen reichen sol / daher befinde zeit meines Lebens euer Gn. mich zu allem untertähnigen Gehorsam und Diensten verbunden; und wann die hochädle Fr. Agatha / mich wirdigen könte und wolte / vor ihren ergebenen Diener uñ künfftigen Ehegatten mich auffzunehmẽ / und meines Gn. Herrn Anwerbung gelten zulassen / verpflichte ich mich hinwiederumb /dieselbe in ehelicher Träue zulieben und ehren / wie solches von einem redlichen Ritter erfodert wird / der hoffnung gelebend / ihre hochädle Tugend werde mit einer genehmen Antwort mich beseligen / und dadurch meine gewünschete Glükseligkeit in Volkommenheit setzen. Fr. Agatha hätte gerne gesehen / daß den Sachen in etwas Anstand gegeben wåhre; weil aber sie sich der Erklärung nicht entbrechen kunte /auch ihre Wase sie also anredete: Herzliebe Schwester / was seyd ihr so bestürzet? Ich meine ja nicht /daß einiger Mensch zugegen sey / vor dem ihr euch zu scheuhen hättet / in Ehrensachen eine antwort zugeben; so seyd ihr ja über das euer selbst eigen / und nicht gehalten / jemands Willen einzuhohlen; wollet ihr aber vorschützen / daß die geschlagene Wunde noch zu sehr schmerze / dürffet ihr dessen gar nicht; massen Kleander nicht als euer Ehegatte / sondern als euer Erzfeind und Mörder gestorben ist; derwegen gebet eure Antwort frey ungescheuhet / doch also /daß Herr Ladisla so wenig eure Undankbarkeit / als Ritter Klodius die Unbarmherzigkeit anzuklagen / ursach haben möge. Es wahren ihr hiemit alle weitere Ansflüchte benommen / daher sie endlich ein Herz ergrieff / und dieses vorbrachte; sintemahl mein Gn. Herr / Herr Ladisla / durch seine schon gar zu hohe Woltahten / mich seinem Gehorsam allerdinge unterwürffig gemacht / und überdas noch meine Wolfahrt zubefodern / gegenwärtigen ädlen Römischen Ritter /Herrn Klodius mir zu einem künfftigen Bräutigam zuzuführen willens ist / erkenne seiner Durchl. hohe Gnade ich billich / und untergebe mich dero in gehorsamer Untertähnigkeit; habe auch nicht ursach / Herrn Klodius jeztgetahnes Versprechen / wegen seiner auffrichtigen Träue und Liebe / in zweiffel zuzihen / und nehme hiemit selbe nach seinem Ansuchen ehren-gebührlich an / stelle ihm meinen Gehorsam und alle meine Güter zu / derselben sich nach Willen zugebrauchen / und wil nach abgelegter Trauer / welche ich hieselbst bey meiner geliebeten Wasen und Schwester zuhalten entschlossen bin / ihm an Ort und Ende folgen / wohin es ihm gelieben wird. Ladisla bedankete sich der angenehmen Erklärung; Klodius aber trat hin zu ihr / und ward die Ehe mit einem Handschlage uñ freundlichen ümfangen bekräfftiget. Die Anwesenden wünscheten hierzu Glük / und erfreuete sich Markus seines lieben Freundes Wolergehens höchlich. Noch hielt diese neue Braut bey Herrn Ladisla an / die grossen Goldbeutel wieder zu sich zunehmen / da sie ja die teuren Kleinot zubehalten gezwungen währe; aber Ladisla sagete zu Klodius: Lieber redet euer Braut ein / daß sie aufhöre sich zuwegern; und daß auch ihr eine geringe Ergetzung der empfangenen Wunden habt / werdet ihr wegen des bewusten geringen Vorschusses von meinem Herkules keine Ansprach haben; könnet also euer Liebsten ein freyes Römisches Rittergut zubringen / daß sie gleichwol sieht / daß ihr nicht Armut wegen / sondern etwas zuerfahren / euch in meine Dienste begeben habt. Seinem Markus taht er gleichmässige Schenkung des verschossenen / und ließ alles was verzehret ward von seinem Schatze nehmen; welche Freygebigkeit den beyden Bräuten sehr zuwieder wahr. Am andern Tage nach der Verlöbnis / da die Liebhaber schon vertrauliche Kundschafft mit ihren Liebesten gemacht hatten /kam ein ansehnlicher[440] Griechischer Herr / Nahmens Attalus / zu Korinth an / und legete sich bey Amyntas zur Herberge; ließ folgendes Tages sich bey seiner unbekanten Wase Fr. Euphrosynen anmelden / und begehrete mit ihr in geheim zureden. Als ihm solches gerne zugelassen ward / und er zu ihr kam / machete er seine Höffligkeiten guter massen / die doch sehr gezwungen und nach der Schuelart wahren / stellete sich dabey ernsthafftig / und nachdem er mit züchtigen Geberden empfangen wahr / zeigete er an / die nahe Anverwandschafft / (davon doch weder sie noch er ichtwas wusten) hätte ihn kühn gemacht / seine innigliche Begierden vor ihr auszulassen / zweiffelte nicht /sie würde in Ansehung dessen / ihm alle wolgültige Befoderung erzeigen / ihn bey seiner höchstgeliebeten Freundin Fr. Agathen bester massen beliebt zumachen / und die Sache (daß ers in die kürze zöge) dahin zubefodern / daß nach abgelegeter kurzen Trauer / er deren Liebe im wirdigen Ehebette besitzen und geniessen möchte / demnach er vor unsäglicher Liebe gegen dieselbe brennete; er wolte solches äusserst zuerkennen geflissen seyn / und sich ihrer nicht anders als seiner leiblichen Schwester annehmen; Zohe auch zween Ringe hervor / den einen am Wert XX Kronen ihr selbst zuschenken / als eine Vergeltung künfftiger Befoderung; den andern von XL Kronen / umb solchen seiner Liebesten (wie er Fr. Agathen schon nennen durffte) auf künfftige eheliche Liebe und Träue einzuliefern. Den Vogel am Gesange / den Topff am Klange / gedachte Fr. Euphrosyne; sie hatte dieses Menschen gar keine Kundschafft / nur daß sie ehmahls von ihm gehöret / daß er Leibes und Ansehens gnug / aber wenig Wiz hätte; über das auch reich an Gütern / aber dabey überaus filzig und hundisch währe. Ihre Verwandschafft betreffend / würde es mühe gekostet haben / ehe man des zehnden Gliedes inne werden mögen; Doch als eine verständige Frau ließ sie sich nichts widriges merken / wegerte sich doch die Ringe zunehmen / und sagete zu ihm: Sie bedankete sich sehr / daß er sie in solchen wichtigen Geschäfften zu gebrauchen wirdigte / wolte ihm auch darinnen gerne bedienet seyn / als viel ihr weniges Vermögen leisten könte / welches aber noch zu zeitigseyn würde / angesehen ihrer Wasen ausgestandenen grossen Elendes / und daß sie noch in grosser Betrübniß währe / daher von Heyrahtsachen nicht mit ihr zu handeln seyn würde. Attalus hatte seiner Einbildung nach sich dieser Antwort nicht versehen / zog zwar die Ringe gerne wieder nach sich / weil er sie ohn das nicht gerne gemisset hätte / wie geringe sie auch wahren; aber mit dieser ungewissē Antwort sich abspeisen zulassen / sagte er / währe seine Gelegenheit nicht / in Betrachtung / er der Ursach halben einen gefährlichen Weg über die sechs Meile mit seinem Hofmeister oder Verwalter geritten / und nicht geringe Kosten angewendet hätte; wolte demnach abermahl gebehten haben / diese Werbung bey seiner Liebesten anzubringen / die verhoffentlich / da sie seinen Namen hören würde / sich / ehe sie meynete / willig erklären dürffte. Fr. Euphrosynen gereuete schon / daß sie mit dem Gecken sich so weit eingelassen hatte / dann sie sahe nit / auff was weise sie sich seiner würde entbrechen können / gedachte noch durch eine glimpffliche Verächtligkeit sein abzukommen / und fragete ihn / wer er dann wåhre. Dieser entrüstete sich in etwas / und sagete: Ey meine Fr. Wase / solte sie ihren so nahen Anverwanten nit besser kennen / den ohn Ruhm zumelden / ansehnlichen reichen Freyherrn / Herrn Attalus / von dessen gutem Gerücht Griechenland hin uñ wieder redet? dessen Liebe und Holdschaft so manniches Frey Fräulein gewünschet hat / daß er fast täglich mit Ansuchungs-Briefen[441] überlauffen wird? Die gute Frau kunte lachens sich nicht enthalten / sahe was vor einen Ebenteur sie vor sich hatte / und gedachte ihren guten Freunden noch heut einen kurzweiligen Auffzug zumachen; fragete ihn deshalben / ob er ihrer Wasen Kundschaft hätte; und da sie vernam /daß er sie niemahls gesehen / forschete sie weiter nach / woher doch dann die so hefftige Liebe ihre Ursach genommen hätte; welches er sein teutsch anzeigete /er währe in Erfahrung gebracht / daß sie nicht allein schön / ädel und fung / sondern auch sehr reich und wol begütert wåhre / welches in ihm die Begierde aufgemuntert / es mit ihr zuwagen / weil er gegen seinen Reichtuhm einen gleichmässigen haben müste. Auf dieses Vorbringen erboht sie sich / ihm zum sonderbahren Gefallen die Werbung zuverrichten / möchte gebehten seyn / sich bey der Mahlzeit einzustellen /dann könte nicht allein diese Handelung vorgenommen werden / sondern würde über das Gelegenheit haben / mit etlichen vornehmen Römischen Herren gute Kundschafft zumachen; hätte er nun etwas kostbahrere Kleinot / als die auffgezeigeten schlechten Ringe / würde er ohn ihr erinnern solche mitbringen; dann im fall die Heyraht solte geschlossen werden /müste er seiner Liebesten dieselbe darbieten / woran er nichts verlieren / sondern alles mit ihr wieder bekommen würde; Dieses wolte sie ihm zu dem Ende rahten / weil die Weibesbilder aus dem ersten Geschenk von der Buhler Liebe gemeiniglich zu urteilen pflegeten. Dieser ward froh / und gab zur Antwort: Ob zwar die Einkäuffung vieler Kleinot nichts anders als Geld-verspillung währe / wolte er doch wissen dem Dinge sein Recht zutuhn; nahm von ihr höflichen Abscheid / mit dem Erbieten gegen die Mahlzeit sich einzustellen / und sein Vorhaben ins Werk zurichten; ging nach der Herberge / und stellete es mit seinem dünne bespunnenen Hofmeister / welchen er auffzuwarten bey sich hatte / in Raht; meynete / wann er etwa vor 100 Kronen Kleinot einkauffen würde /könte er damit sehr wol bestehen; weil aber dieser etwas witziger wahr als sein Herr / gab er ihm einen guten Auswischer: ob er meynete / dz er zu einer gemeinen Bürger-Dirnen ginge? diese hochädle Frau währe dermassen begütert / daß sie ihm so liderliche Sachen würde vor die Füsse werffen. Er hätte ihm ja /ehe sie ausgezogen währen / seine Meynung gesagt /daß er ihn als seinen Leibdiener müste zierlich und nach seiner Leibfarbe auskleiden / wie andere seines gleichen wol tähten / die nicht den zehnden Teil seiner Güter hätten; Er müste nicht mit einem sondern V oder VI reitenden Dienern auffzihen / daß man sein Vermögen daher erkennete; Er müste beyde Schieb Säcke vol Kronen haben / und den Spielleuten keine Silber Groschen / sondern VII / IIX oder mehr Kronen auff einmahl auffwerffen; Er müste V oder VI Kleider / auffs prächtigste gemacht / bey sich haben /damit er sich alle Tage umkleiden könte; Er müßte den Leibdienerinnen seiner Liebesten solche Ringe schenken / als er ihr selbst zugedacht hätte; Und also müste er dieses sein Vorhaben entweder ganz lassen bleiben / oder zum wenigsten sich auff 2000 Kronen wert Kleinot schicken / damit er nicht auff einen Stumpff lieffe. Dem filzigen Lauser dauchte dieses gar zu viel seyn; jedoch in Hoffnung / eine Speckseite mit einem Ey herunter zuwerffen / ließ er sichs endlich noch gefallen / und wahr ihm leid / daß er nicht etliche seiner Dröscherknechte beritten gemacht / und zum Prunk mit sich genommen hatte. Inzwischen machte sich Fr. Euphrosyne hin zu ihren Gästen / zeigete ihnen in Gegenwart ihrer Wasen / dieses neuen Buhlers dürre Werbung an / und wie sie ihn hätte auff die Mahlzeit bescheiden; bähte /[442] man möchte ihr gönnen / einen kurzweiligen Auffzug zumachen / da sonst die Herren eines törichten Menschen Ruhmrätigkeit geduldig anhören könten; weil sie auch wuste / daß Leches solchen Leuten fein zustellẽ / uñ sie possierlich auffzuzihen wuste / hielt sie bey ihm an / diesen Kerls ein wenig in die Schule zuführen. Die Unsern liessen ihnen solches gefallen / uñ wolten nach langwieriger Betrübniß gerne ein Affenspiel sehen / daher Ladisla seinem Leches befahl / alle seine Kurzweils Künste hervor zusuchen / wozu er dann willig wahr. Frau Agatha aber beschwerete sich / warumb sie mit dem Narren sich auffnehmen / und im Auskehrich nur Spott zu Lohn haben solte; Sie erinnerte sich / daß er vorm Jahre bey ihren Anverwanten umb sie geworben / aber weil die Heimsteur zu schlecht gewesen / gar spöttisch auff sie loßgezogen hätte. Geliebte Wase /antwortete Euphrosyne / ihr habt nicht ursach / euch eben so hart zuwegern; dann wer weiß noch / ob ihr ihm in eurem Traurgewande auch schön und freundlich gnug seyn werdet? Nun hatte sie eine arme adeliche Jungfer bey sich / die ihr auffwartete / von guter Gestalt / und beschwatzet / aber daneben frisches Gemühtes / daß sie einem blöden Kerle zum Faustrecht gnug gewachsen wahr; dieselbe foderte sie in bey seyn Fr. Agathen vor sich / und gab ihr zuverstehen / dafern sie ihr eigen bestes erkennen könte / stünde ihr ein gutes Glük vor der Hand; nehmlich / Junker Attalus / zwar etwas schwach am Verstande / aber gutes äusserlichen Ansehens / und grosses Vermögens an Baarschafft und liegenden Gütern / hätte sich angeben / nach Fr. Agathen zu heyrahten; geliebete ihr nun /seines Reichtuhms gebietende Frau zuwerden / müste sie sich bald erklären / und heut diesen Tag ihm alle Tohrheit zugute halten / alsdann wolte sie es schon zukarten wissen / daß ihr solches nicht fehlen solte; zweifelte auch nicht / sie würde ihn von der Eitelkeit abzihen / und mit der Zeit zum feinen Manne machen können. Diese Jungfer / nahmens Eurydize / hatte von diesem einfältigen Tohren viel gehöret / doch weil ihr Sinn nach Reichtuhm stund / erboht sie sich alsbald /dieses Glük nicht auszuschlagen / dafern es ihr werden könte / sie hoffete ihn nachgehends verständiger /oder zu ihren Sklaven zumachen / wolte sich demnach ihrer Befoderung befohlen haben. Wolan / sagte Fr. Euphrosyne / so halte ich diese Heyraht schon vor geschlossen; unterrichtete sie / wie sie sich gegen ihn verhalten solte / legte ihr köstliche Kleider und Kleinot an / und gab ihr einen Ring / den sie ihm auff Begebenheit als ihrem Bräutigam verehren solte. Hiemit wahr dieser Tantz gefidelt / und stellete sich Attalus zu rechter Zeit ein / welchen die unsern anfangs vor einen geschikten Ritter ansahen / massen er sich dannoch zimlich ausgeputzet / und die ersten Geberden fein einrichtete / ließ auch einen treflichen Rauff Degen hinter sich her tragen / den er doch zuführen wenig gelehret wahr. Seine Reden aber verrieten ihn bald / massen er vorgab: Demnach seine Schuldigkeit erfoderte / den Herren Römischen Gesanten aufzuwarten / hätte er solches gerne leisten wollen / umb sehen zulassen / was vor Leute seine Fr. Wase in ihrer Blutfreundschafft hätte. Ladisla und Fabius hiessen ihn wilkommen / und liessen sich vernehmen / weil er ein solcher tapffer Ritter währe / müste er ihnen angenehm seyn. Leches aber / als die Ordnung an ihn kam / ihn zuempfahen / sahe ihn ein wenig an / bald darauff demühtigte er sich vor ihm und fing an: Hilff Glük! sehe ich nicht vor mir den vollkommensten unter aller Griechischen Ritterschafft / den großgepreiseten Herrn Attalus? Ja guter Herr und Freund /antwortete er / ich bin ohn unzeitigen Ruhm derselbe; ob sonst[443] der Herr meiner Kundschafft hat? Nicht weiter / mein höchstgeehrter Herr / sagte Leches / als daß ich sein Gemählde gesehen / und als ich aus dessen Angesichts-Zügen gemerket / daß ein sonderlicher Geist in ihm währe / habe ich von vielen anwesenden vernommen / daß er nicht ohn ursach die Zier der löblichen Ritterschafft genennet würde; aber mein Herr /ich bitte nochmahl / mir meine Bitte nicht zuverargen / daß ich recht möge berichtet werden / ob dann gleichwol Eure Gn. derselbe Herr Attalus sey / welcher weder im Springen / noch Tantzen / noch Fechten / noch Reiten / noch Glüt bey schönen vornehmen Frauenzimmer / jemahls seines gleichen sol gehabt haben. Ich bin eben derselbe / guter Freund / antwortete er / könte euch auch dessen allen Beweißtuhms gnug sehen lassen / wann es die Zeit und Orts Gelegenheit gönnen wolte. Warumb nicht? Gnädiger Herr / antwortete Leches / alle Zeit ist den Volkommenheiten / und alle örter derenübung gewidmet. Worauff dieser Narr alsbald seine Tanz Kunst sehen zulassen /fertig wahr / und etliche Schnitsprünge hermachte /welche doch sehr schlecht und bäurisch wahren; bald steckete ihm Leches ein Ziel / ob er auch einen so weiten Sprung tuhn könte. Dieser begehrete alsbald mit ihm in die Wette zuspringen / welches Leches annam / und den ersten gar kurzen Sprung taht. Jener hoffete ihn umb ein weites zuüberwinden / nam einen Zulauff / und sprang so unvorsichtig / dz er mit den Hacken ausglitschete / und rüklings niderschlug / daß ihm die Zähne im Kopff knirreten / und die unsern sich schier aus dem Odem lacheten / so daß Ladisla zu Leches sagete: Trauen ihr müsset uns den Narren nicht zu früh stellen / es wird sonst kein ausko en seyn. Er aber antwortete in Teutscher Sprache / darin er auch angeredet wahr: Gn. Herr / der Anfang muß gemacht seyn / da mit ich sehe / wie grosse Pillen er verschlucken könne. Als Attalus gleich wieder auffgestanden wahr / und stilschweigens die stelle besahe /die er mit seinẽ Leibe gemässen hatte / Leches aber ihn fragete / ob hinfüro das fallen im springen allemal mit geltẽ solte / weil alsdañ die Füsse Mannes-lang weiter vor sich kämen (dessen die anwesende noch am meistẽ lacheten); da trat gleich das Frauenzimmer in den Saal / so dz die beyde Frauẽ in Trauerkleidern gingẽ / uñ die statlich geputzete Eurydize zwischen sich führeten / gegẽ welche Attalus sich wendete / uñ in die vielen Kleinot / so er an ihr sahe / sich dergestalt verliebte / daß er eines nach dem andern beschauete / zu ihr hin trat / ihr die Hand küssete / und nach Beklagung ihres unfals ihr seine willige Dienste zu Tage uñ Nacht fertig uñ bereit anmeldete; baht sehr / ihn und sein Vermögen anzunehmen; und wolte nicht wieder von ihr hinweg weichen. Die Anwesende wahren des Anschlages schon berichtet / empfingẽ Eurydize höflich / und nahete Leches zu ihr / ob hätte er auch den Narren an ihr gefressen / welches Attalus mit bitter-sauren Augen ansahe; doch weil sie sich an Leches nichts kehrete / sondern wieder zu ihm hin trat / gab er sich zufrieden / insonderheit / da auff seine Rede sie ihm diese Antwort gab; Hochansehnlicher Herr und Oheim / ich danke billich den Göttern / daß sie meines Herrn Kundschafft mir heut gönnen wollen / welches ich vor mein höchstes Glük schätze; bitte sehr / mein Herr wolle seiner Dienerin nicht verargen / daß sie demselben seiner hohen Wirdigkeit nach zubegegnen nicht geschikt noch düchtig ist / wie wol am guten Willen es ihr nicht ermangelt; meine geliebte Wase Fr. Euphrosyne hat von meines höchstgeehrten Herrn Oheims Gegenwart mir gar nichts gemeldet /sonst würde ich mich auff zierlicheren Schmuk und wilkommen-heissen geschicket haben. Alle gut / alle gut hochgeliebte[444] Fr. Wase / antwortete er / ich freue mich nicht weniger das Glük zuhaben zu ihrer Kundschafft / hoffe daneben / sie werde mir dieselbe gerne gönnen / und zwar auff diese Weise / als ich deren zugeniessen mir vorgenommen habe; fassete hiemit Fr. Euphrosynen bey der Hand / führete sie in einen Winkel von den andern abgesondert / und baht sehr / sie möchte ihm behülflich seyn / daß er seiner inbrünstigen Liebe bald könte die hochbegehrete Ergetzung geben. Sie antwortete ihm / er müste gemach tuhn /dann so freundlich ihre Wase währe / so ungeduldig währe sie auch / wann man so schleunig zuplatzen /und ihr von liebes Sachen sagen würde; über daß möchte er sich fein bedenkẽ / ob sie ihm auch gnug schön und höflich währe / dann nach einmahl geschlossener Heyraht / könte man den Kauff nicht wiederruffen. Attalus fing an / sich zu verfluchen / es währe ihm nie keine schönere vorkommen als diese /und wann ja etwas an ihrer Schönheit mangeln solte /wolte er solches hernach mit seinen köstlichen Kleinoten ersetzen; so wüste er vor dem brennenden Feur der peinigenden Liebe nicht zubleiben / sondern / da ihm nicht bald gerahten würde / müste er ohn zweiffel darin ersticken; die Furcht seiner Unbeständigkeit währe vergebens / und hätte er diese so fest in sein Herz geschlossen / daß nichts als der Tod sie daheraus reissen könte. Gebet euch ein wenig in Geduld /mein Herr / sagete sie / biß die Maalzeit wird geschehen seyn / alsdann wil ich schon Gelegenheit suchen /hierüber gebührliche Handelung anzustellen; unterdessen wird mein Herr Oheim die näheste Stelle bey meiner Wasen zunehmen / sich gefallen lassen. Ja /sagte er / dieses währe sein höchster Wunsch / wann die Gesanten ihm nur diese Ehre gönnen wolten. Sie fassete ihn alsbald bey der Hand / und führete ihn zu Tische / setzete die Jungfer zu ihm / und folgeten die anderen nach / da Leches ihm zur andern Seite der näheste sein muste / und Fr. Agatha sich zu aller unterst bey Fr. Euphrosynen nider ließ / auch bey der Mahlzeit sich traurig geberdete / daher ihre Wase geno ener Abrede nach zu ihr sagete: Geliebte Freundin /warumb seid ihr so betrübt? stellet euch doch frölich /wie dorten meine Wase / dañ ich währe schier bedacht / euch meinen Herrn Oheim Attalus zu freien / wañ er noch unversaget und unverliebet währe. Ach / antwortete sie / wer wolte doch mich armes verlassenes Mensch haben? Dieser treffliche Herr würde mich kaum vor eine Magd / geschweige vor eine Braut wirdigen; jedoch wann mir ein solches Glük bescheret währe / hätte ich dem Himmel hoch zu danken. Gute Frau und Freundin / antwortete Attalus / warumb solte ich sie so verächtlich halten / nachdem ich vernehme / daß sie meiner Fr. Wasen etwas verwand ist /ob mir gleich nicht gelegen seyn kan / sie zu heyrahten / weil ich mein Herz schon an einem hohen Orte verpflichtet habe. Die Anwesende kunten sich des Lachens nicht erwehren / daß dieser mit seinem Körbe-außteilen so fertig wahr / und sagte Leches zu ihm; trefflicher Herr Attalus / er handelt fein auffrichtig /daß er dieser jungen Wittiben deutlich saget / wo es geschrieben stehet / dann also muß man die Bauren mit der Mistgabel kitzeln / sonst fühlen sie es nit. Einem Ritter gebühret solches / antwortete Attalus /daß er sich frey rund loßherzige / damit eine oder andere vergebliche Hoffnung im ersten Grase ersticket werde / welche sonst / da sie zu groß wachsen würde /allerhand Ungelegenheit erwecken dürffte. Daß wahr recht / sagte Leches; aber die andern wusten vor Lachen nicht zu bleiben; nur Fr. Agatha stellete sich dumb / und sagete; es möchte sich dieselbe wol glükselig schätzen / die eines solchen Herrn Liebe geniessen würde. Ja freilich[445] werde ich dieselbe glükselig machen / antwortete er / wann sie es nur wird erkennen konnen; baht hierauff Fr. Euphrosynen / ihrem Versprechen / da es ihr geliebete / ein Genügen zu tuhn. Darzu bin ich willig / antwortete sie; aber ehe wir von andern Sachen reden / muß ich meinen Herrn Oheim zuvor fragen / wie ihm seine Beysitzerin /meine geliebete Wase gefalle; massen / da ich wissen solte / daß er sie / und sie ihn hin wiederumb lieben könte / würde ich diese Heyraht zubefodern nicht umbhin können. O nein / meine Fr. Wase / sagte Eurydize / so hohe Gedanken mache ich mir nicht / und hat sie ja schon gehöret / daß dieser treffliche Herr am hohen Orte verliebet ist / daher ich das geringere Glük werde nehmen müssen / welches mir bevorstehet. Attalus kunte länger nicht zuhören / und fing an; Hochädle Frau / sehr geliebete Freundin; sie versichere sich als vor gewiß / daß ich zwar verliebet bin /aber in keine andere als in sie / hoffe demnach / sie werde meine Anwerbung nicht außschlagen / und mich vor ihren Bräutigam auff und annehmen; ich habe so manniche Lade mit Gold und Geld außgefüllet / als Wochen im Jahre sind; alle meine Kornboden sind beschüttet / meine Ställe vol Vieh / mein Schloß wolbefestiget / und kurz zusagen / weiß ich gewiß /daß mirs in Reichtuhm und alle dem was einem Ritter zustehet / keiner in ganz Griechenland bevor tuht; und da sie mir solches etwa nicht zutrauen würde / lasse sie nur meinen Hoffmeister und Amtsverwalter herauff treten (diesen hatte man bald anfangs hinunter geschaffet) welcher alles bekräfftigen wird; nam hiemit einen Ring / sties ihr denselben an ihren Finger /und baht / sie möchte denselben von ihm diesergestalt annehmen / daß sie ihm dadurch vermählet würde. Diese / wie sie abgerichtet wahr / gab ihm den Ring wieder / und sagete; sie wüste nicht / ob es sein Scherz oder Ernst währe: Er als ein treflicher Herr /würde vielleicht sie nur auffs Eyß leiten / und auff eine oder andere Nacht freien wollen / welches gar nicht seyn könte; wann es ihm aber umb eine rechtmässige Heyraht zutuhn währe / möchte er solches fein deutlich anzeigen. Bald steckete er ihr den Ring zum andernmahle an / und verfluchete sich hoch /kein ander Mensch solte / ohn sie allein / in sein Herz kommen / und da er hierin fehlete / oder jemahls anders redete / wolte er diesen anwesenden Römischen Herrn Gesanten mit Leib und Gut verfallen seyn; begehrete darauff / daß die Dienerin von seinem Hoffmeister seine statlichen Kleinot hohlen solte / oder daß er vielmehr sie selber brächte. Dieser kam herzu /hatte solche Sachen in einen beschmitzeten heßlichen Lappen eingewickelt / und überreichete sie in demselben seinem Herrn / der ihm geboht / zuzeugen / ob nicht sein außdrüklicher Vorsaz währe / diese hochädle Frau zu heyrahten; der ungeschliffene bestetigte solches mit hohen Schwüren und ward alsbald wieder hinunter geführet. Attalus schämete sich nicht das besudelte Schnupftuch bey dem Tische auffzulösen / und fing an / als ein Kramer ein Stük nach dem andern außzulegen / nach der Seite / da Leches saß /meldete auch bey einem jeden / wie viel es ihm kostete / und log über die helffte darzu: Als er viere hingelegt hatte und das fünffte (es wahren aber ingesamt XV Stucke) hervor suchete / rückete Leches ihm unversehens eines von den vieren hinweg / und steckete es ihm in seinen eigenen Schiebsak; als er das siebende langete / nam er aber eins / und bey außkramung des zehenden / nam er das dritte darzu / machte es auch mit den beyden / als mit dem vorigen / daß dieser es nicht merkete / biß er nach gänzlicher heraußlegung anfing sie zu zählen / da missete er drey Stücke: er zählete sie wol sechsmahl über /[446] und traf doch die begehrete Zahl nicht / entfärbete sich darüber / uñ kuckete unter den Tisch / ob sie ihm entfallen währen / da inzwischen Leches noch zwey Stücke hinweg nam / und sie hinter ihm unter das Polster steckete. Dieser sahe nichts unter dem Tische / überzählete die Stücke zum siebendenmahle / und da er nur noch zehne fand / fing er überlaut an; Nein ihr meine Herren und Freunde / dieses gehet nicht recht zu / es werden mir die Kleinot unter den Händen hinweg gestohlen / und misse ich schon den dritten Teil / welches kein ander Mensch / als mein nähester Beysitzer kan getahn haben. Da ging es nun an ein übermässiges algemeines Lachen / nur Leches stellete sich ernsthafftig und fragete / ob er ihn Dieberey bezichtigte. Dieser gab zur Antwort / wann er nur seine fünff Kleinot wieder bekähme / hätte er mit ihm weiters nicht zu schaffen; und weil er dieses redete nam er ganz eiferig die übrigen X hinweg / und legte sie an die andere Seite / seine liebste bittend / auffsicht zuhaben / daß keine mehr abhändig gemacht würden. Leches stellete sich ungehalten / und fragete weiter / ob er dann gesehen hätte / daß er ihm etwas genommen? hätte ichs gesehen / antwortete dieser / würde ich bald darumb gesprochen haben. Ja wer hats euch dann gesagt? fragete er weiter. Es kans kein ander getahn haben als ihr / antwortete er; dann wer hätte können so weit herreichen? Nun ihr Herren und Freunde alle miteinander /fing Leches an / ihr höret und vernehmet / daß dieser Ritter mich Dieberey zeihet / welches ich nicht wol werde können auff mich ersitzen lassen; und wann mich nicht drey wichtige Ursachen abhielten / würde ich Hu. Attalus außfodern / sich mit mir zuschmeisse; was sind dz vor Ursachen? fragete Fr. Euphrosyne. Die erste ist / antwortete er / dz ich weiß / daß H. Attalus seines gleichẽ im fechten nit hat; die andere /daß ich unschuldig bin; die dritte / daß ich gar kein Blut / sonderlich mein eigenes nit sehen kan. Es wahr niemand zugegẽ / der sich im Lachen håtte mässigẽ köñen / nur Attalus ergriff dieses zu seinem vortel /uñ dräuete ihm wo er die fünff stücke Kleinot ihm nit alsbald wieder gebẽ würde / solte uñ müste er sich mit ihm schmeisse. Ich habe sie nit sagete Laches /aber wañ ich sie hätte oder noch beko en könte /solte ich sie dañ behalten / wañ ich mich mit euch schmeissen wolte? Je / antwortete Attalus / so währe ich wol ein Narr / wañ ich auff solche Bedingung föchte. Warumdañ sol ich mich mit euch schlagen? fragete iener. Je darumb / antwortete dieser / daß ich meine fünff Kleinot wieder haben wil. Suchet nach /sagte Leches / vielleicht habt ihr sie noch wol bey euch / dann ich habe sie nicht gefressen. Attalus griff in beyde Schiebsäcke / fand alsbald in der linken die drey Stük / entsetzete sich darüber / und sagete: welcher Diebshenker hat dich dahinein geführet? Es mangeln mir aber noch zwey / so zuvor auff dem Tische gelegen. Leches stellete sich zornig und sagte zu ihm: Wie stehen wir beyde nun miteinander? Also / sagte jener / daß ich die übrigen zwey Stük auch wiederhaben wil. Suchet im andern Schiebsak fein fleissig /antwortete er / ob ihr sie euch auch selbst gestohlen habt. Ey das ist ein unhöfflich Wort / sagte Attalus. Eurydize sahe hinter ihm die beyden Stük liegen /nam sie hervor / und reichete sie Attalus mit diesen Worten hin; Mein Herr sehet / sie sind euch entglitscher / da finde ich sie. Ey meine Freundin / antwortete er / hat sie / ümb eine Kurzweile zumachen / solche verstecket gehabt? Inzwischen hätten die Anwesende /sich schier zum Schiefer gelachet / nur Leches begunte sich nunmehr zornig zustellen / und sagte zu ihm: Herr Attalus / ob ihr gleich der beste Fechter von der Welt seyd / so zwinget mich doch mein ehrlicher Nahme / daß ich der beschuldigten[447] Dieberey mich zuentbrechen / einen Gang mit euch wagen muß / doch nicht mit scharffen Schwertern / weil ich mein eigen Blut gar nit sehen kan / sondern nur mit stumpffen Fechtdegen. Dem Gekshäuser wahr liebe zu solcher Ausfoderung / dann weil er in der Fechtkunst unterrichtet wahr / hoffete er grosse Ehre einzulegen / und gab zur antwort: Ob er gleich seine Kleinot wieder hätte / könte er doch solche Ausfoderung nicht erdulden / und würde schwerlich ohn Blut abgehen / obs gleich nur mit stumpffen Degen geschehen solte. Der ganzen Geselschafft wahr liebe darzu / diesen Kampff anzusehen / ohn allein die Braut begunte über der Tohrheit in ihrem Herzen leid zuempfinden / muste doch diesen Tag gemachter Anordnung nach / alles gut heissen. Die Degen wurden gebracht / da sich dann Attalus im ersten Angriff gar beherzt / Leches hingegen sich gar furchtsam merken ließ / daß er nur immer hinter sich wiche / biß er gar die Wand erreichete / und weiter nicht austreten kunte / da gebrauchte er sich seiner Kunst und Stärke / und reichete ihm etliche über die Arme / daß sie striemicht wurden /endlich versetzete er ihm eins über den Schedel / härter als ers selbst gemeinet hätte / daß dem guten Attalus die rohte Suppe über das Gesicht herunter lieff /den Fechtdegen von sich warff / und seinen Gegener beschuldigte / er hätte nicht gefochten / sondern als ein grober Baur auff ihn zugeschlagen. Die anderen fielen ihm in solcher Anklage bey / und legeten Leches zur straffe auff / daß er ein grosses Weinglas vol austrinken solte / womit dieser vergnüget wahr / und durch einen Handschlag sich mit ihm vertrug; ging hernach hinab / ließ sich von seinem Hoffmeister waschen und verbinden / und setzete sich wieder hin zu seiner Braut / ob hätte ers sehr wol gemacht / so daß er auch Leches auffzihen durfte / wie ers immermehr hätte machen sollen / wañ er in der Feigheit ihm gleich währe / und sein eigen Blut nit sehen könte. Hiermit hatte dieses Lustspiel seine Endigung / und weil Attalus von niemand mehr angezapffet ward /wendete er sich zu seiner Liebsten / deren er alle seine Kleinot / wiewol ein Stük nach dem andern / einreichete / mit bitte / sie möchte sich morgen ihm zugefallen damit ausputzen. Sie nam solches alles mit grosser Ehrerbietung zu sich / steckete ihm ihren Ring wieder an / und versprach / da er sich gebührlich im Leben und Wandel gegen sie verhalten würde / wolte sie desgleichen tuhn / und ihn hiemit vor ihren Bräutigam angenommen haben. Darauff ging das Glükwünschen fort / biß Fr. Euphrosyne den Bräutigamb allein foderte / ihn fragend / wie bald das Beylager solte gehalten werdeñ / und hernach das Hochzeitfest. Er sähe wie höchlich seine Braut ihn liebete / möchte demnach das Ziel nicht zuweit hinaus setzen. Dieser gab zuverstehen / er wolte gerne alsbald diesen Abend ihm die Braut zuführen lassen. Aber sie beschwerete sich dessen / fürchtend / die Braut / wie sie vorgab /würde darein nicht willigen; doch wolte sie / ihm zugefallen / allen fleiß anwenden / daß seinem Willen ein genüge geschähe; setzeten sich wieder zu Tische /und sagete Fr. Euphrosyne zu der Braut: Sie hoffete gänzlich / man würde ihr allerseits volmacht geben /die Zeit des Beylagers anzusetzen; und auff williges Ja-wort sagte sie: So muß die Braut diesen Abend ihrem Bräutigam zugebracht werden / weil ich schon weiß / daß demselben hiedurch ein sonderlicher Gefallen geschehen werde. Eurydize stellete sich wiedrig / baht sehr / es möchte noch etwa zehn oder eilff Monat ausgesetzet werden / hernach wolte sie nicht länger auffschub suchen. Attalus aber wiedersprach dem mit grossem Eifer; es währe ihm ungelegen / so lange hin zuwarten; seine Liebe brennete ihn[448] viel zu hefftig / zweiffelte auch nicht / weil sie ihren Willen einmahl von sich gegeben / würde sie nicht wiederruff tuhn. Die gute Braut ließ sich nach angelegter Karte noch etwas nöhtigen; aber da die Sonne untergangen wahr / wegerte sie sich ferner nicht / sondern folgete ihrer Frauen willig / welche sie dem Bråutigam zuführete / und sie biß an den hellen Morgen ungestöret beysammen heß. Als die unsern ingesamt schon auffgestanden wahren / lag dieser junge Ehmann mit seiner Liebesten noch in den Federn / und forschete fleissig nach ihren liegenden Gütern und Baarschafften /was vor eine Bewandnis es damit hätte; bekam aber zur antwort: Es würde sich solches schon finden / und hätte sie ihm davon keine Rechnung auff dem Bette zutuhn / fing auch an / ihn zu unterrichten / dafern er forthin in ehelichem Friede mit ihr leben / und ihrer Liebe und Huld geniessen wolte / müste er seine alte Haut gar ablegen uñ in eine neue kriechen. Er fragete / wie solches zuverstehen währe. Ich werde es euch fein deutlich sagen / antwortete sie; euer Gehirn hat grossen gebrech am Verstande / und euer Herz an der Vorsichtigkeit / solches müsset ihr endern / die kindische Tohrheit / und nichtige Großpralerey neben der eitelen Leichtgläubigkeit hinfüro meiden / und euch von mir zu allem guten anweisen lassen; werdet ihr solches tuhn / wil ich noch wol einen Menschen und einen ädelmann aus euch machen; bedenket bitte ich /die tausendfältigen Tohrheiten die ihr gestern in so wenig Stunden begangen habt / mit tanzen / springen / Kleinot zählen / ausfodern / fechten / und was ich noch nicht melden mag; solches alles stehet keinem Manne / sondern unverständigen kleinen Bübichen zu; doch wil ichs zum Anfange hiebey gut seyn lassen / weil es hohe Zeit ist / daß wir uns in die Kleider machen. Es verdroß den guten Kerle eine solche deutliche Aushechelung nicht ein geringes / aber Zagheit halber durffte er kein Wort darauff antworten. Des vorigen Abends gar spät / da die jungen Eheleute schon zu Bette wahren / ging Fr. Agathen Leibdienerin hinunter in die Gesindestube / und sagte: Der Posse ist gleichwol sehr artig angangen / und habe ich heut in der Taht erfahren / was man im gemeinen Sprichwort saget: Wer das Glück haben sol / dem entlaufft es nicht; die gute Eurydize muste gestern auffwarten /und ihrer Frauen gnade leben / und heut ist sie zur grossen Frauen worden / und einem reichen Herrn /wiewol auch einem grossen Narren beygelegt / der ihr dannoch manniches Kleinot geschenket hat; mich sol immer und ewig gelüsten / wer diese Heyraht mag so schleunig befodert haben. Attalus Hoffmeister stund haussen vor dem Fenster / und hörete alles an / trat hernach hinein / und nach kurzem Gespräch fragete er / ob die schöne ausgeschmückete Frau nicht Kleanders nachgelassene Wittib währe. Deren iezt gedachte Leibdienerin fing darauff an überlaut zu lachen / und sagte: Kleanders Wittib? Ja wol! meine Frau würde sich mit eurem wizlosen Herrn besudeln oder einlassen? Dieselbe saß zu allerunterst bey Fr. Euphrosynen in ihren schlechten Traurkleidern / und die ausgeschmükte wahr gestern ümb diese Zeit / was ich anjezt noch bin / ohn daß sie gleichwol ädles herkommens ist. Da schlage Unglük und Hagel drein / antwortete dieser / so hat mein Herr in Warheit geirret / und wird diesen Kauff nimmermehr halten. Als die Dirne solches hörete / lief sie geschwinde zu ihrer Frauen / und zeigete solches an; Der Hoffmeister folgete bald hernach / mit ungestümen Begehren / ihn alsbald zu seinem Herrn zulassen / er hätte demselben etwas nöhtiges anzudeuten / welches durchaus keinen Auffschub leiden wolte. Klodius aber filzete ihn zimlich aus / was er sich[449] unterstehen dürffte seinen Herrn in der angenehmen Ruhe zustören. Dieser gab vor / es irrete alles nichts / und wolte er solches schon zuverantworten wissen. Als aber Klodius zu ihm sagete; packe dich bald wo du ungeprügelt bleiben wilt / und brennet deines Herrn Fischteich so lösche ihn; da ging er aus Furcht hinter sich / und muste des folgenden Tages erwarten. Dazumahl seumete er nun nicht / sondern / so bald er merkete / daß er aufgestanden wahr /ging er zu ihm / da seine junge Frau annoch bey ihm auff der Kammer stund / foderte ihn in einen Winkel /und sagte zu ihm: Herr / habt ihr auch nachfrage getahn / wer eure Braut ist / bey der ihr hinte geschlaffen? Sie ist trauen nicht Kleanders Wittib / sondern Fr. Euphrosynen Leibdienerin. Attalus meinete vor unmuht zu besten / trat zu ihr hin / und fragete / wie sie hiesse / uñ wer sie währe. Diese merkete daß ihn sein Diener gewarnet hätte / redete denselben ganz zornig an / und sagete: Je du leichtfertiger Schelm /wer hat dich so tühn gemacht / zu deiner gebietenden Frauen ungefodert auff ihr Schlaffgemach zutreten? ergreif hiemit einen Prügel / uñ zuschmierete ihm die Rippen dergestalt / daß er vor schmerzen nicht zubleiben wuste / und sich hinter seinen Herrn zuverbergen suchete; aber sie schlug immer tapffer fort / gab auch dem guten Attalus etliche Streiche mit / als währe es ohngefehr geschehen / daß endlich der Herr samt dem Knechte anfing zu schreihen / und davon zu lauffen; wiewol sie diesen alsbald freundlich anredete / mit Entschuldigung / daß es ohn vorsaz geschehen währe. Die beyden Frauen hatten allernähest ihr Gemach bey dieser Ka er / höreten das Getümmel / und lieffen herzu / dann sie meyneten nicht anders / die jungen Ehleute würden ihres dinges uneins worden seyn / uñ hätten sich unter einander so zerbläuet. Als sie nun naheten / baht Eurydize dieselben / mit ihr hinein zugehen / da sie den guten Attalus stehen sahen als ein erschrockenes Rehe / und wünschete / daß er nur bald sterben möchte. Seine Braut trat mit freundlichen Geberden zu ihm / und sagete: Warumb fragete mich mein Schatz kurz zuvor / wer ich währe / und wie ich hiesse? Weiß er solches nicht / uñ hat nicht allein sich mit mir vermählet / sondern auch das Beylager schon gehalten? Das ist mir ja eine wunderliche Sache! Je doch weil ich meinen Nahmen und ehrliches Herkommen noch nie verleugnet / sollet ihr wissen / daß ich die Eurydize Parmenikus jüngste Tochter bin / welcher zwar an zeitlichen Gütern nichts überflüssiges /aber doch seinen vollkommenen Adel und ehrlichen Nahmen hat. Fr. Euphrosyne redete mit darzu: es nähme sie Wunder / daß er so hefftig nach ihrer Wasen (wie sie dann wahr) geworben / ehe und bevor er sie gekennet; ich meynete / sagte sie / ihr würdet umb ihr Wesen gute Wissenschafft gehabt haben /sonsten solte euch solches nicht verhehlet worden seyn. Fr. Agatha lachete / daß ihr das Herz bebete /lief hin und hohlete Ladisla und die andern herzu / die späte Reue nach gehabter Lust anzusehen. Als dieselben kahmen / funden sie Attalus als einen Kloz unbewäglich stehen / welchen sie grüsseten / und ihn frageten / ob die unglüklichen Träume ihn diese Nacht so hefftig erschrecket hätten. Worauff er zur Antwort gab: Ihr meine Herrẽ / ich zwiffele nicht / sie werden an aller Betriegerey grosses Mißfallen tragen / damit ehrliche Leute geäffet werden / insonderheit an dieser / durch welche ich so schändlich hintergangen bin /und man mir an statt Kleanders Wittiben / etwa eine Dienerin von armen geringen Adel beygeleget hat. Niemand wahr zugegen / der nicht von Herzen gelachet hätte / ohn die über die Schmachworte hart ergrimmete Eurydize / welche ihm näher trat / und zu ihm sagete:[450]

Du ungeschliffenes Holz / wer hat dich betrogen? hastu mich auch jemahls vor Kleanders Wittiben angesprochen? oder habe ich und jemand anders mich davor ausgegeben? Es ist mir leid / daß ich mich mit dir eingelassen habe / und hätte ich meine Jungferschafft wieder / ich wolte dich rechtschaffen über den Tölpel werffen. Dieser erb oht sich / vor diese einige Nacht ihr das beste Kleinot unter allen zulassen / welche er ihr auff die vermeynete Ehe / als Kleanders Wittiben geschenket hätte / alsdann würden sie verhoffentlich geschiedene Leute seyn. Diese meynete vor Unmuht zubersten / und fiel ihr schwer / sich zuenthalten / daß sie ihm das Haar nicht ausrauffete. Fabius trat zwischen sie ein / und sagete zu Attalus: Höret mein schöner Herr; wie ist euch schon entfallen / daß ihr uns mit Leib uñ Gut woltet verfallen seyn /wofern ihr in eurer Träue wanken würdet? geschwinde / und bedenket euch eines bessern / oder euch dürffte ein wunderliches Bad zugerichtet werden. Attalus erseuffzete hoch / und sagete: Ey meine Herren / es ist alles auff Fr. Agathen / nichts auff diese von mir geredet worden; Zeigete weiter an / wie er diese vor Kleanders Wittibẽ gehalten / und würde Fr. Euphrosyne ihm das Zeugniß geben / daß er ja bald anfangs um dieselbe und umb keine andere die Anwerbung getahn hätte. Diese gab zur Antwort: Ja / im Anfange ist solches freylich geschehen / aber nachdem ich sahe / daß ihr nach dieser andern euch wendetet / gedachte ich /ihr würdet nach Art der wankelmühtigen euren Sinn geendert haben. Dieser Streitigkeit ist bald abzuhelffen / sagte Fabius; massen wann man euch etwa vorgetragen hätte / daß damahlige Jungfer Eurydize jeztgedachte Wittib währe / so dürffte sich eure Entschuldigung inso weit hören lassen / wo nicht / so ists euer blosser Muhtwille / der euch treibet / diese eure junge Ehefrau zuverlassen / nachdem ihr eure Begierde an ihr ersättiget habet; lasset euch demnach nicht gelüsten / ein mehres hievon zu reden / oder ihr werdet den kürzern zihen; und was wollet ihr immermehr einwenden? hat nicht Fr. Euphrosyne euch Fr. Agathen in unser aller gegenwart angebohten / uñ ihr habt unverschämt gnug ihr den Korb öffentlich geben dürffen / einwendend / wie euer Herz schon anderwerz verliebet währe. Der arme Attalus wahr in solcher Angst / daß er gerne gestorben währe / wann es nicht weh getahn hätte / gab nähern Kauff / und begehrete mit seinem erbaren Hofmeister ein wenig allein zureden / darnach wolte er sich erklären. Erklären? sagte Eurydize; hastu dich nicht gestern erkläret? Fr. Euphrosyne redete ihr ein / sie solte ihn nit so schimpflich halten / weil sie sich selbst dadurch verunehrete; foderte den Hofmeister / und trug ihm alles vor / was gestern in seinem Abwesen vorgangen wahr; befahl ihm darauf / seinẽ Herrn eines bessern zuerinnern /alsdann solten ihm die empfangenen Streiche mit einer Hand voll Kronen vergolten werden. Dieser sahe / daß es sein bestes seyn würde / und daß seines Herrn Unvorsichtigkeit an allem schuld trüge / ging deswegen zu ihm / und sagete: Wie Herr / schämet ihr euch nicht / daß ihr so blind und unwitzig fahret / uñ euch mit einer ehelich einlasset / ja das Beylager haltet /ehe und bevor ihr nach ihrem Nahmen und Stande fraget? Ach / ach! sagte er / die schönen Kleinot haben mich betrogen; zweifele auch nicht / man habe sie einig und allein zu dem Ende also ausgeputzet. O weit gefehlet / antwortete dieser; dem Ritter / so euch zur Seite saß / hat man sie freyen wollen / dem seyd ihr zuvor kommen; deßwegen tuht gemach / und wegert euch ferner nicht mehr / ihr werdet sonst in Unglüks Küche das Frühstük essen; dann ihr müsset entweder Eure Eheliebste behalten / oder Leib und[451] Gut hergeben; da wählet nun was ihr wollet / hier wird nichts anders aus; könnet ihr aber gutem Raht folgen / so findet euch mit eurer Liebsten gebührlich abe; hat sie dann nicht grosse Güter / so ist sie dannoch ein schönes Bild und eurem Stande gemäß / und danket dẽ Göttern / daß man euch nicht gar eine Bauren-Dirne hat angeschmieret. Ey so muß ich sie dann wol behalten / sagte er / wann sie mir nur nicht gar zu hart seyn / und den Fehler vergessen wolte. Davor lasset mich rahten / antwortete der Hofmeister; ging hin / und meldete Fr. Euphrosynen an / wie leid seinem Herrn der Verstoß währe / er sich auch mit seiner Eheliebsten gerne abfinden wolte. Dieser guten Verrichtung /sagte sie / müsset ihr geniessẽ, gab ihm 30 Kronen /neben anmahnung / seinen Herrn in dieser guten Meynung zu erhalten; unterrichtete nachgehends die Braut / wie sie mit Attalus verfahren solte / und ließ sie allein zu ihm hingehen. Sie fand ihn noch in grosser Betrübnis / dann der Spot wolte ihm / wie einfältig er sonst wahr / auß dem Kopffe nicht / daß man ihm die Magd an stat der Frauen zugeführet hatte; aber sie redete ihm süsse zu und sagete: Mein allerliebster /nachdem ich verstehe / daß euch der Frevel leid ist /den ihr mir unverschuldet angeleget / wil ich den schweresten Stein mit euch nicht heben; dieses aber sollet ihr euch stets / und weil ihr lebet / erinnern /daß ich euch keinen Bothen geschicket / noch mich euch angetragen / sondern mich vielmehr gewegert habe / biß euer unablässiges Anhalten mich genöhtiget hat / in eure Heyraht einzuwilligen; wolte sonst ohn euch wol einen wirdigen Bräutigam angetroffẽ haben / der mir schon nicht ferne wahr. Ihr sollet mir hiebey versprechen / daß / wie ich euch heut früh schon ermahnet / ihr eure bißher geführete Tohrheit und filzigen Geiz ablegen / und eurem Stande euch gemäß verhalten wollet / habe zu dem Ende schon eine feine Gutsche mit vier Blänken im Kauffe / die ihr bezahlen sollet. Wegen Verwaltung eurer Güter lasset mich nur rahten und sorgen / die sollen durch mich nicht gemindert sondern verbessert werden. Wem wahr lieber als dem verschüchterten Attalus /daß ihm keine schwerere Busse aufferleget ward / er baht umb verzeihung des begangenen / und versprach hinfort ihres Willens zu leben. Damit wahr diese Fehde geendet / und schätzete er sich nachdem offt glükselig wegen dieser Heyraht / massen sie ihn inwendig Jahresfrist der Gestalt unterrichtete / daß er gar ein ander Mensch ward; dann es hatte ihm in der Jugend an der Erzihung gemangelt / weil seine Eltern ihn als ihren einigen Sohn verzertelten / und hinter dem Ofen auffwachsen liessen. Jedoch bekam er mit ihr noch 4000 Kronen Brautschaz; dann Fr. Agatha schenkete ihr die obgedacht 1200 Kronen / worzu Ladisla / Fabius und Fr. Euphrosyne ingesamt 2800 Kronen legeten / ihn weiters nicht mehr auffzogen /weil er sich ganz eingezogen und demühtig bezeigete / und des dritten tages diese jungen Ehleute nach ihren Gütern zihen liessen. Ihr Vater Parmeniskus erfreuete sich der Heyraht sehr / und weil er ein Christ wahr /brachte er sie beyde nach verlauff zwey Jahr zum Christlichen Glauben / wozu Fr. Euphrosyne bey ihrer Wiederkunfft auß Persen ein grosses verrichtete / und dem Vater einen feinen Meierhoff schenkete / worzu Groß Fürstin Valiska 6000 Kronen baar legete. Am Tage des abzuges dieser jungen Ehleute redete Agatha mit ihrer Wasen; sie möchte gerne wissen / ob Herr Leches noch unbefreiet und ohn Liebe währe / auff welchen Fall sie ihm Kleanders Brudern Tochter / die sehr schön und von gewaltigen Mitteln wahr / gedächte zuzuschanzen. Euphrosyne wolte nicht unterlassen /dieses zuvernehmen[452] / aber er bedankete sich ihrer guten Gewogenheit / und offenbahrete ihr in hohem vertrauen / daß er seinen Anteil ihm schon außersehen / und mit einer adelichen Jungfer seines Vaterlandes /anjetzo zu Padua anwesend / sich ehelich versprochen hätte; wolte auch seine Baarschafften uñ Kleinot / die er meistenteils von ihrer freygebigkeit empfangen /bey ihr verwahret stehen lassen / biß sie etwa mit Gelegenheit seiner Liebesten könten übermacht werden. Die gute Frau schämete sich / daß sie einen blossen schlug / baht sehr / ihr nichts zuverargen / und spielete es dahin / daß ihm von Parmenions Geldern 20000 Kronen zugewendet wurden. Es blieben aber Ladisla und Fabius zu Korinth beyeinander / biß die außgeschikten Knechte / so Herkules außspüren solten /wieder bey einander wahren / deren etliche sich über die angesetzete Zeit verspäteten / mehr dem Wolleben nachhängend / als Herkules nachfragend / welcher auch ihrer Kundschafft zu weit entfernet wahr / massen / wie ob erwähnet / er mit seinem Gallus sich auff ein Kauffmans Schiff gesetzet hatte / welches nach Kreta fuhr. Es funden sich IIX boßhaffte Rauber bey ihnen / welche in derselbigen Gegend Beute zumachen gesonnen wahren. Sie sahen Valikules in seinen schönen Kleidern / und dz er bey tageszeit neben seinem Diener gemeiniglich geharnischt wahr / auch zu Nacht einer umb den andern wacheten / und grosse Wetscher bey sich führeten / in denen sie grossen Reichtuhm vermuhten wahren; macheten daher ihren Anschlag / wie sie ihn als einen Fremdling überfallen / und mit samt seinem Diener erwürgen möchten / daß sie der verhoffeten Beute teilhafftig würden. Sie naheten unterschiedlichemahl zu ihnen / hatten doch so viel herzens nicht / sie anzugreiffen / weil sie ausser dem Seitengewehr keine Waffen hatten / ohn daß ihrer etliche / kurze dünne Panzer unter den Kleidern verborgen trugen. Endlich / da sie nicht weit von Kreta wahren / machten ihrer drey ein falsches Gezänke untereinander / daß sie auch zu den Schwertern griffen. Valikules stund dabey ganz gewapnet / und hieß sie ruhig seyn / hätten sie was zu fechten / so währe das Ufer nicht weit / da ihnen Raum gnug seyn würde /den Zank außzutragen; worin die Kauffleute uñ Schiffer mit ihm eins wahren / deren Einrede sie auch gerne und willig auffnahmen / aber zu Valikules sagten sie /was er sich umb ihr Tuhn zugeheien / oder ihnen zugebieten hätte? Er solte geschwinde das Maul halten /oder man würde ihm dz eiserne Wammes beklopffen. Daß währe ungütlich gehandelt / antwortete er / da ich nur eur bestes suche; es sey aber wie ihm wolle / so gebet mir Zeit / biß ich an Landsteige / und störet den Schiff-friede nicht / alsdann wil ich eures klopffens schon wahr nehmen. Der ansehnlichste Räuber gab ihm sehr höhnische worte / griff auch zum Degen /und schlug zu ihm ein; Valikules aber seumete sich auch nicht / stellete sich neben den Mastbaum / und nach des Räubers außgenommenen Schlage / hieb er ihm den Unterbauch auff / daß ihm das versehrete Gedärm aus dem Leibe sprang / und er Tod niederstürzete. Als die übrigen dieses sahen / fielen sie einmühtig auf ihn ein; aber Gallus zog mit von Leder / welcher zween / Valikules noch vier in gar kurzer frist erlegete / auch den Lezten hart verwundete / welchen er beim Halse ergriff / und ihm alle Pein dräuete / wo er nicht bekennen würde / aus was Ursachen sie ihn so mördlich überfallẽ. Diesen trieb die Furcht zur Bekäntnis /daß es bloß aus Hoffnung reicher Beute geschehen währe / worüber die Kauffleute / so bißher mit höchster Verwunderung zugesehen / dergestalt ergrimmeten / dz sie diesen annoch lebendigen / mit samt den erschlagenen ins Meer[453] stürtzten und dagegen Valikules hohe Ehr erbohten / dessen Heldentaht sie über die masse hoch hielten. Es schickete aber Gott / daß die Kauffleute wieder ihren Willen in den Hafen einlauffen musten / woselbst Valiska vor ohngefehr vier Wochen außgestiegen wahr; daselbst lohnete er dem Schiffer / ließ die Pferde und Sachen ans dem Schiffe bringen / und wahr willens mit Gallus Land ein zureiten / und die vornehmsten Städte zubesehen; weil er dann auff dem Meer zimlichen Unlust wegen des Sturms eingenommen hatt / legte er sich unter die schönen Bäume in den Schatten. Gallus geriht gleich unter den Baum / in welchen das Fräulein die zierliche Schrifft eingeschnitten hatte / die sich schon in etwas von einander getahn / daß man sie auff etliche Schritte wol erkennen kunte. Valikules fragete ihn /was er an dem Baume so eigentlich besähe. Es findet sich / sagte er / eine fremde Schrifft alhie / die ich nicht lesen kan / und ohn zweiffel eine gelehrte Hand muß hinein geschnitten haben. Bin ich dann gelehrter als ihr / sagte Valikules / so wil ich versuchen / ob ichs verstehen kan; ging hinzu / und lase diese Worte: Valisca, nunc Herculiscus, in Parthiam ducta, daß ist: Valiska / jezt Herkuliskus genennet / ist nach Parthen geführet; worüber er beydes vor freuden und Mitleiden niederfiel / daß ihm alle Kräffte entgingen; dessen Gallus wahrnehmend / ihn sanfft nidersetzete / uñ umb sein Anliegẽ fragete; da er ihm antwortete: O Gallus / mein Gott hat mich diesen Weg sonderlich geführet / dann mein geliebtes Fräulein selbst diese Schrifft hinterlassen / und angezeiget hat / daß sie nach dem Partherlande hingeführet werde; daher ich Gott Lob nunmehr weiß / an was Ort der Welt ich sie suchen müsse. Es ist aber ein weitabgelegenes Reich /woselbst der mächtigste Herr der Welt / nach den Römern / die Herschafft führet / und müssen wir über das Syrische Meer / hernach über den Eufrat und Tigerfluß / dann gehen wir zu lande durch Assyrien und Persen / und haben von Jerusalem fast 400 Meilen /ehe wir die Parthische Häuptstad Charas / vor zeiten Hekatompylos genennet / erreichen / welchen älteren Nahmen sie geführet / weil sie hundert Stadtohre gehabt / auch so groß ist / daß sie von den Persen eine kleine Welt genennet wird. Ich wil aber / ungeachtet aller bevorstehenden mühseligkeit / meinem lieben Gott vertrauen / nicht zweiffelnd / er werde unser Gleitsman seyn / und unser Vorhaben zum gewünschten Ende hinaus führen / weil es ja zu seinen göttlichen Ehren / und meines nähesten Rettung und Wolfahrt angesehen ist; und freue mich nicht wenig / daß ich Gelegenheit habe / die örter zubesuchen / da unser Herr und Heyland JEsus Christ gebohren ist / da er gelehret / Wunder getahn / und umb unsert willen den Tod gelitten hat; möchte wünschen / daß wir bald ein Schiff anträffen / welches uns dahin brächte. Nam hiemit sein Messer / und schnitte oberhalb der Fräulein Schrifft diese Worte hinein: Valicules duce DEO sequitut. Daß ist: Valikules folget unter Gottes begleitung nach; setzeten sich hernach wieder zu Pferde /luden ihre Sachen auff den Maul Esel / welchen Gallus an der Hand führete / uñ besahen die vornehmsten örter in der nähe gelegẽ / da ihnen nichts denkwirdiges begegnete / ohn daß man in der Stad Gnossus ihn wolte zweiffeln machen / ob er auch der wahre Teutsche Herkules währe. Dann als er daselbst ankam /und in seinem Wirtshause die Waffen kaum abgelegt hatte / ritten zween statlichgeputzete junge Ritter vorüber / denen acht Diener folgeten; und als er den Wirt fragete / was vor Herren diese währen / antwortete er; es sind die beyden trefflichen Helden / Herr Ladisla und Herr Herkules /[454] denen Römische Käyserl. Hocheit wegen ihrer löblichen Tahten / herliche Ehren-Seulen zu Rom auffrichten lassen. Valikules sahe ihn an /meinete / er würde ihn etwa gekennet haben / und durch diese Rede solches zuverstehen geben wollen; fragete ihn demnach / ob er ehmahls der jetztgenanten Herren Kundschafft gehabt hätte. Nein / sagte dieser /bevor sie in dieses Land ankommen sind / habe ich sie niemahls gesehen; daß ihnen aber obgedachte Ehre zu Rom / Padua / und anderswo begegnet / ist gar kein zweiffel / sintemahl unterschiedliche Schiffe solches einhellig bezeugen / die des Orts herkommen. Was vor Landes-Art aber mögen sie seyn? fragete Valikules. Man hält sie vor Teutsche / sagte der Wirt; wiewol man solche grobe sprache nie von ihnen höret / sondern der Jüngste mit dem gelben Haar / H. Herkules / redet stets lateinisch / scheinet auch gar from und einfältig seyn / wie geübet er sonst in Waffen ist; H. Ladisla aber gebrauchet sich zuzeiten der Griechischen Sprache mit / ist auch in äusserlichen Geberden viel muhtiger als sein Geselle. Valikules lachete des /und hätte sich fast zuviel verlauten lassen / ging mit Gallus von dem Wirte hinweg / und sagete zu ihm; Mein / habt ihr vernemmen / was abenteurliche Zeittung uns der Wirt erzählet? Ja mein Herr / antwortete er / und zwar mit grosser Verwunderung / daß ich anfangs gedachte / ob wir in eine andere Welt kommen währen / da man eben das fünde / was in Italien vorgehet. Ich aber zweiffele nichts an des Wirts Reden /sagte Valikules; aber diese müssen zween abgefeimete Buben seyn / die ihnen anderer Leute Nahmen uñ Ehre zueignen / und dadurch bey der Welt sich beschrihen und ansehnlich machen dürffen; nun wolte ichs zwar nicht groß achten / dafern sie ein wirdiges Leben dabey führen / solte ich aber vernehmen / daß durch lasterhafften Wandel sie meinem Ladisla und mir Schimpf und Unehr beweisen / werde ichs trauen rächen / und sie vor der Welt zuschanden machen; wil mich aber vor die Haußtühr stellen / daß ich sie /wann sie wieder herein reiten / unter dem Gesichte sehen und erkennen möge ob sie uns ähnlich seyn; dañ es kan nicht fehlen / sie müssen unser Kundschafft haben / und daneben wissen / daß wir in der fremde leben; oder gedenken vielleicht / wir sind gar umbkommen / und wollen sie der Früchte unserer Mühe und Arbeit geniessen / ist mir also lieb / daß ich in fremder Gestalt in diß Land ankommen bin. Es stund nicht lange an / da sahe er sie wiederumb daher reiten; er im vorüberzihen taht seinen huet tieff ab /und grüssete sie ehrerbietig; die ihn doch keines danks wirdigten / tahten auch / als hätten sie ihn nicht gesehen / und eileten ihrer Herberge zu: Worüber er sich fast erzürnete / und zu Gallus sagete; nimmer mehr were ich zugeben / daß diese Buben unter unserm Nahmen ihren auffgeblasenen Stolz treiben /wann ich nur wüste es auffs beste anzuschlagen. Endlich sendete er Gallus umb den Abend in ihre Herberge / ihres tuhns etwas acht zu haben; welcher da er wieder kam berichtete / daß diese vermummete Lecker / jeder ein unzüchtiges Weib bey sich gehabt / und in Gegenwart des Wirts und der Wirtin / ja aller Diener /schändliche üppigkeit getrieben hätten / wiewol der vermeinete Ladisla mehr als sein Geselle. Valikules wahr keinem Laster feinder / als der Unzucht / ergrimmete darüber / und aus Christlichem Eyfer sagete er; Solten diese leichtfertige Nahmen- und Ehren Diebe meinem Ladisla und mir solches Gerücht bey der erbaren Welt machen / als beflecketen wir uns mit dieser Sünde? davor wolte ich alsbald mein Leben lassen. Er legete folgenden Morgens nach verrichtetem Gebeht die Waffen an / stellete sich / als kähme er[455] gleich jetzt aus der Fremde in diese Stad / und kehrete mir Gallus in ihre Herberge ein. Der Wirt wolte ihn anfangs nicht auff nehmen / vorgebend / er hätte schon sein Hauß vol Fremde / daß er sie nicht wol lassen könte; doch wie Valikules freundlich anhielt /und daß er umb gute Zahlung nur das Mittagmahl bey ihm halten wolte / wahr er gerne zufrieden. Die beyden vermeinete Herren stunden kurz vor der Malzeit von ihren unzüchtigen Weibern auff / traten in zierlicher Kleidung in den Essesaal / und frageten den Wirt / wer diese beyde schwarzbraune Ritter währen. Dieser antwortete nach Valikules Vorgeben / sie kähmen auß dem Eylande Sardinien / und wolten nach den Syrischen Landẽ. Der falsche Ladisla wahr ein sehr vermässener Tropff / und verwieß es dem Wirt / daß er solche umbschweiffende auffnähme / es währe ihm ungelegen / sich mit dergleichen Gesellen in Wirtschafft einzulassen; jedoch weil der Wirt ihn sehr baht / nur diese Mahlzeit friedlich zu seyn / ließ ers geschehen. Sie hatten einen zierlichen Leibknaben /welcher ihnen vorschneiden muste; derselbe legete nur seinen Herrn vor / und kehrete sich an die unsern gar nicht / hätte ihnen auch nicht eins die Schüssel zugerükt / wann er seinen Teil daraus genommen /welches Valikules nicht wenig verdroß / insonderheit / da diese Buben ihn nicht eins wirdigten / ihm zuzutrinken / und ihr eigenes Geschir ihnen geben liessen. Es stund ein herlicher Braten auff dem Tische / gleich vor dem vermeinten Ladisla / welchen Valikules seinem Gallus vorsetzete / mit befehl ihm etwas davonzuschneiden; der das beste davon ablösete / welches jene verdroß / daß sie auch begunten mit Stichelworten umb sich zu werffen / aber Valikules wolte es nicht verstehen / und hielt sein Gespräch mit dem Wirt / kehrete sich auch so wenig an diese beyden /als er von ihnen geachtet ward / welches der Wirt seiner Unwissenheit zuschrieb / und zu ihm sagete: Mein Herr / weil ihr aus weit abgelegener Landschafft erst dieser örter ankommet / halte ich euch nicht vor übel /daß diese beyde / meine Gñ. Herren / euch unbekant sind. Ja antwortete er / ich wüste nicht / daß ich sie vor mehr als in dieser Stad gesehen hätte. Der Wirt fuhr fort / und erzählete ihm / was vor tapffere Helden sie währen / und wie hohe Ehr man ihnen / ihres Wolverhaltens halber in Italien angetahn hätte. Unter welcher Erzählung sich der falsche Ladisla gleich einer Kröten blehete / und endlich zu dem Wirt sagete; ich habe euch offt gebehten / unsere Gegenwart mit solchem Ruhm zu verschonen / damit nit jemand wähne /man hätte es mit euch also angelegt; Wer demnach uns und unsere Tahten zu wissen begehret / kan sich nach Padua / Mantua / Ravenna / und Rom verfügen /und daselbst von allen sarten Bericht einnehmen. Valikules kehrete sich nichts an diese Rede / dankete dem Wirt wegen genehmer Unterrichtung / und begehrete / ihm ihrer beyder Nahmen zu melden; worauff er hernach zur antwort gab; es kan wol seyn / daß sich unterschiedliche Menschen eines Nahmens finden / dann ich kenne sonst zween vornehme Herren eben dieses Nahmens / mit denen ich mannichen Weg gereiset bin. Als der falsche Ladisla dieses hörete /fürchtete er sehr / dieser würde ihn zuschanden machen / nam alsbald vor / solchem Ubel durch einen Kampff vorzukommen / weil er guter Fäuste / und in ritterlichen übungen wol unterwiesen wahr; massen sein Vater ein Paduanischer vom Adel / dessen unehelicher Sohner wahr / ihn anfangs zur Schule gehalten /nachgehends in Ritterspielen unterweisen lassen; fing demnach an / und sagete: Ob etwa einer oder ander ausser ihnen beyden sich vor Ladisla uñ Herkules[456] ausgeben dürften / dieselben müssen ohn zweiffel sich fälschlich also nennen / uñ alle die es bejaheten / hielte er nicht anders. Valikules sahe daß es zeit wahr loßzubrechen / und antwortete ihm: Er solte ja wol zusehen was er redete / könte ihm auch gönnen / daß er sich bey zeiten erkennete / und auffhörete sich fremder Tahten zurühmen / an welchen er keinen Teil hätte / sonsten müste er ihm gewißlich einen Rittersaz halten. O du Unseliger / sagte dieser / was Unglük hat dich hieher geführet / deines Lebens Ende von meinem Schwerte zunehmen; mit welchem ich in einem Kampffe mehr dann XXX Fechter erschlagen? Du? sagte Valikules / hastu Leutebescheisser ein solches getahn? und sollestu der berümte Ladisla seyn? ein Erz Bube und Lügener bistu / der anderer Leute Nahmen und Ehre stihlet; und bildestu dir ganz umsonst ein / daß ich Herrn Ladisla und Herkules nicht kennen solte. Kehrete sich hiemit zu dem Wirte / und sagete: Dafern ihr mir diesen Bösewicht heimlich davon streichen lasset / sollet ihr von eurer Obrigkeit an Leib und Leben gestraffet werden / darnach habt euch zurichten; dann ich bin von diesen beyden Herren abgesand / daß ich den Frevel dieser Lügener eintreibe. Stund hiemit auff / ging in sein Gemach / und ließ von Gallus sich die Waffen anlegen. Inzwischen blieb dieser Bube im Esse Saal / und gehub sich dermassen / als wolte er vor Eifer bersten / insonderheit muste der Wirt sich rechtschaffen leiden / warumb er diesen Lügener beherberget hätte. Gallus kam gleich darzu /und hörete diese Scheltworte / fassete einen Stecken /der ihm zur Hand stund / und schlug ihn damit etliche mahl über die Ohren / sprechend: Du ehrvergessener Bube / soltestu meinen Herrn in seinem Abwesen also schelten. Dieser wolte solchen Schimpf auff sich nicht ersitzen lassen / fassete das Brodmesser / in Meynung ihm die Gurgel abzustechen / fehlete aber neben hin /und stieß es ihm in die Schulder / daß es in der Wunde abbrach / da ers wieder heraus zihen / und den andern Stich führen wolte. Valikules folgete bald /stellete sich zwischẽ sie mit entblössetem Degen / und hieß den Buben die Waffen anlegen / umb sehen zulassen / ob er in Tapfferkeit dem gleich währe / dessen Nahmen er führete; würde er sich dessen aber wegern / solte der Diebshenker seiner Schelmstücken Bekäntniß bald aus ihn peinigen. Dieser blieb verwägen nach wie vor / sagete / er hätte diesen Nahmen bißher mit Ehren geführet / uñ so mannichen Sieg von Großsprechern erhalten / daß alle Landschaften / die er durchgereiset / seines Ruhms voll währen; lief hiemit zur Tühr hinaus / und rüstete sich zum Streit. Der ertichtete Herkules folgete ihm zitternd nach / dann er wahr mit Waffen nie umgangen / sondern seiner Kunst ein Mahler Geselle / und hatte sich von dem andern verleiten lassen / Herkules Nahmen anzunehmen / den er doch niemahls gesehen; Weil er nun merkete / dz ihr Betrug offenbahr werden dürffte / gab er feinem Gesellen zuverstehen / er währe willens davon zu lauffen / und seine Kunst zutreiben; aber dieser wehrete ihm / mit Bedräuung / da er nit ein Herz ergreiffen würde / wolte er ihn strak angesichts erstechen; solte nur frisch und unverzagt die Waffen anlegen / und mit hinaus reiten / er wolte dem Streit schon wissen eine solche masse zugeben / daß dieser fremder auff dem Platze bleiben solte. Also ließ dieser unschuldige Herkules sich halten und in Harnisch zwingen. Valikules ritte unterdessen nach dem Stadmeister / zeigete ihm die betriegliche Boßheit an / und daß er ein Römischer Ritter währe / eigentlich derhalben zugegen / daß er diesen Lügen ihre Endschafft gäbe; begehrete demnach / die Stad Tohr zubesetzen / daß die Buben nicht entreiten möchten. Dieser hatte[457] schon grossen Argwohn auff die beyden / und wahr ihm gerne zu willen. Sonsten ward die ganze Stad hierüber rege / insonderheit das geringe Volk / welches nicht wenig auff diese vermeynete junge Herren hielt; daher fast alle Einwohner mit hinaus lieffen / dem Streite zuzusehen. Valikules spürete alsbald / daß der unschludige Herkules sich in Waffen nicht zuschicken wuste / da der ander sich hingegen dermassen unwürsch erzeigete / daß alle Zuseher ihm den Sieg zulegeten. Gallus hatte das abgebrochene Messer aus der Wunde zihen / uñ sich verbinden lassen; und wie grosse schmerzen er gleich empfand / wolte er doch den Streit mit ansehen / da Valikules sich schon in gleichen Wind und Sonne gesetzet hatte / und seines Feindes erwartete / der sich auch bald finden ließ /aber im ersten Ritte auff die Erde gesetzet ward / richtete sich doch geschwinde auff / wiewol er sich vor seines Feindes Krafft sehr entsetzete / und seines Lebens Ende vor Augen sahe. Valikules stieg bald ab /trat mit blossem Schwert auff ihn zu / und sagete: Wolher du falscher Bube / und laß sehen / warum du des Nahmens Ladisla wert seyst / schlug auch dermassen auff ihn loß / daß alle anwesende sagetẽ: es währe unmöglich / daß er lange gegen halten könte. Indem versetzete ihm Valikules eines auff den Helm /daß er taumelte und das Schwert fallen ließ / reiß ihm den Helm abe / und dräuete ihm mit angesetzeter Spitze an die Gurgel / dafern er nicht alsbald seinen Betrug bekennen würde. Dieser aber / weil er lieber im Kampff als durch Büttels Hand sterben wolte / fassete das angesezte Schwert / und stach ihm damit selbst die Gurgel rein ab / daß er nider fiel / und seinen Geist ausbließ. Jener arme Herkules sahe dieses mit betrübeten Augen an / und wahr willens auszureissen; aber Gallus machete sich herzu / stieß ihn vom Pferde / und dräuete ihn zuerschlagen / wo er nicht fuß halten würde; Worauff er antwortete: O mein Herr / gebet mir Lebens Sicherheit / so wil ich alles gerne und willig bekenen: legete auff Gallus Geheiß den Harnisch weg / und ließ viel Trähnen fallen /daß auch jener zu seinem Herrn sagete: Sehet diesen geherzten Herkules / und wie artig er sich mit weinen zuvertedigen weiß. Valikules trug Mitleiden mit ihm /und sagte: Mein / wie bistu doch so unbesonnen gewesen / und hast dich vor Herkules ausgeben dürffen /dem du meines ermässens / sehr ungleich bist. Ach mein Herr / antwortete er / der boßhaffte Marius / den ihr anjezt erschlagen / hat mich darzu fast genöhtiget /und möchte wünschen / daß ich nie kein Herkules worden / sondern ein fleissiger Mahler Geselle blieben währe; aber / wie gesagt / ich wahr zu einfältig /dem Verführer zuwiderstehen; dann wie ich bey seinem Vater / unfern von Padua etliche Gemählde verfertigte / kahm er zu mir / und sagte: Mein guter Aufidius / was liegestu hier / und arbeitest ums Brod? folge mir nur / ich wil dich zum reichen Herrn machen / und solt doch nichts tuhn / als fressen / sauffen / und mit dem vornehmsten Frauenzimmer dich erlustigen. Du bist ein schöner Mensch / und gleichest fast Herrn Herkules / dessen Bilde zu Padua auffgerichtet ist /wann du nur ein gelbes Haar hättest. Nun ist aber derselbe heimlich davon gezogen / und weiß kein Mensch / wo er geblieben; sihe / da hastu eine Haarhaube / den seinen nicht ungleich; zohe mir dieselbe über den Kopff / und sagte weiter: Nun sihestu Herrn Herkules so ähnlich / daß wenig Leute einigen Unterscheid zwischen euch beyden machen solten; und wann ich meine Haar Haube auffsetze / sagte er / bin ich Herrn Ladisla auch nicht unähnlich. Hiemit lag er mir zween Tage in den Ohren / mit so häuffigen Verheissungen / daß ich mich endlich überreden ließ / uñ mit ihm nach Ravenna[458] lieff / da wir von dem Gelde /welches er seinem Vater gestohlen hatte / uns trefflich rüsteten / und nach Sizilien schiffeten / woselbst wir uns leider vor die Herren Ladisla und Herkules ausgaben / allenthalben wol empfangen wurden / und etliche tausend Kronen auf Wechsel zogen / die wir nimmermehr bezahlen werden. Von dannen macheten wir uns an diesen Ort / würden auch innerhalb weniger Zeit uns nach dem Eilande Rhodus fortgemacht haben / da mein Herr uns nicht zuvor kommen währe. Nach dieser Erzählung fiel er vor ihm nider in die Knie /und baht umb Gnade / weil alle Boßheit von seinem Gesellen verrichtet / und er nur dessen Willens hätte leben müssen / wie solches ihre Diener bezeugen würden. Valikules antwortete ihm: ich habe dich weder zu straffen noch loßzusprechen / sondern die Obrigkeit dieses Orts wird mit dir zuverfahren wissen / bey denen ich doch eine Vorbitte umb Linderung einlegen wil. Aber diese wolten ihn nicht geringer als mit dem Staupbesem bestraffen / und verwiesen ihn hernach des ganzen Landes / da ihm Valikules etliche Kronen Zehrgeld schenkete; Der Betrieger Pferde und andere Sachen wurden verkaufft / daß der Wirt / die Diener /und andere noch zu ihrer Bezahlung kahmen; aber Valikules wahr leidig / daß er wegen Gallus Verwundung sich hieselbst so lange auffhalten muste.

Gleich umb diese Zeit entstund zu Padua eine sehr grosse Unruhe und Traurigkeit / dessen Ladisla Leibknabe Tullius Ursach wahr; dann wie dieser seinen Herrn mit Perdickas kämpften sahe / und daß alle seine Diener von der Menge überfallen und erschlagen wurden / meynete er nicht anders / sein Herr würde das Leben eingebüsset haben / lieff vor Angst und Schrecken nach einem Hafen zu / da er einen Kauffmann antraff / welcher nach Italiẽ schiffen wolte; denselben baht er / ihn mitzunehmen / dessen ihn der Stathalter zu Padua lohnen solte. Als er nun in einem Hafen hinter Padua angeländet wahr / lief er zu fusse hin / und wolte gleich zu dem Stathalter gehen /da ihm Frl. Helena auff der Gassen begegnete / die sich seiner einsamen Ankunfft verwunderte / und ihn fragete / wie / und woher er so gar allein kähme; deren er mit wehmühtiger Stimme antwortete: seinem Gn. Herrn währe es nicht wol gangen / und er allein zu fusse entrunnen; dessen sie höchlich erschrak / hieß ihn mit nach ihres Vaters Hofe gehen / und verboht ihm ernstlich / keinem einigen Menschen hievon zusagen. Herr Emilius entsetzete sich nicht weniger über dieser traurigen Zeitung / und wahr ihm sehr leid /seinen Schwager damit zubetrüben / ließ doch den Knaben in seinem Hause / und ging allein hin zu Fabius / vorgebend / er hätte betrübte Zeitung / daß es Herrn Ladisla nicht wol ergangen / und er in Griechenland gefangen währe. Fabius bestürzete hierüber / und als er nach dem Zeitungs-bringer fragete / muste Tullius alsbald zu ihm kommen / der mit kläglichem Weinen außführlich erzählete / wie es mit dem Streit ergangen / und seines Herrn Diener alle erschlagen währen. Fabius fragete ihn / wie es dann mit seinem Herrn abgelauffen; und als er hierauff erstummete /und der Lügen keine Farbe anzustreichen wuste / weil ihm Emilius eingebunden hatte / er solte sich stellen /als wüste er nicht darumb / dräuete ihm Fabius harte Straffe / wo er nicht gleich zu bekennen würde; worauff er sagete. Ach Gn. Herr / ich kan in Warheit nicht eigentlich wissen / wie es meinem Gn. Herrn endlich ergangen sey; dañ wie alle seine Diener / auch / wo mir recht ist / Klodius Tod wahren / entstund umb ihn her ein solches Getü el / daß er mit samt dem[459] Pferde zur Erden stürzete / und der ganze Hauffe auff ihn zudrang, / daher ich nicht sehen kunte / ob er auffstund oder liegen blieb / nur daß ich ein wüstes Geschrey hörete / da etliche rieffen / schlaget ihn Tod; andere aber / fahet ihn lebendig / daß man ihn gebührlich abstraffen könne. Fabius erseufzete hierüber /muste vor Angst und Schrecken sich nidersetzen / und sagete; so sey es den Göttern geklaget / daß ein so redlicher Held in seiner blühenden Jugend hat müssen umbkommen und ich eines so lieben und angenehmen Eidams beraubet bin / welchen ich mit meinem Leben gerne lösen wolte / wans möglich währe; und ach ach! wie werde ich solches vor meiner Tochter verbergen können / die nunmehr / genommener Abrede nach alle Stunden angenehme Schreiben von ihm erwartet / und ihr schon nicht viel gutes traumen lässet; hielt also vor rahtsam / es noch zur Zeit keinem Menschen zu offenbahren / sondern wolte auffs schleunigste ein Jagtschiff außlauffen lassen / welches zu Patræ eigentliche Nachfrage tuhn solte. Aber Fr. Ursul hatte von ihrer Magd schon erfahren / sie hätte Tullius bey dem Stathalter gesehen / wolte eine so angenehme Zeitung / wie sie meinete / nicht verschweigen / sondern taht es Fr. Sophien zuwissen / welche alsbald argwohnete / es müste nicht recht zugehen / weil der Knabe sich nicht am ersten bey ihr meldete; schickete auch ihre Dienerin ab / umb zuerforschen / ob sichs eigentlich also verhilte; welche den Bericht einbrachte / sie hätte den Knaben bey dem Stathalter und Herrn Emilius sehen Weinend stehen; worauff Fr. Sophia ihre Hände zusammen schlug und überlaut rieff; O ihr Götter! mein allerliebster Ladisla ist Tod! Frl. Sibylla wahr bey ihr / ermahnete sie / sich so übel nicht zuhalten / wolte nicht hoffen / daß es so unglüklich stehen solte; befahl auch Fr. Ursulen / acht auff sie zu haben / und lieff zu dem Stathalter / ihm andeutend /seine Tochter hätte des Knaben Ankunfft und Trähnen erfahren / daher sie sehr arge Gedanken schöpffete; bähte demnach / ihr einigen Trost mitzuteilen / da sonst noch einiger übrig währe. Ich weiß nicht / sagete er / wer meiner Tochter alles neue so bald anbringen mag; lieber saget ihr / es habe keine Gefahr / als viel sein Leben betrifft / nur daß er umb eines Ritters willen / welchen er im Kampff erleget / gefangen sey /und sich ehist wieder frey machen werde. Als Fr. Sophia dieses vernam / gab sie sich anfangs zimlich zufrieden / doch kunte ihr die schlimmere Zeitung nicht lange verschwiegen bleiben / weil Emilius Gesinde bey anderen schon davon geplaudert hatten / daß in weniger Zeit in der Stad eine gemeine Sage wahr /Herr Ladisla währe Tod; daher ihre Mutter und andere Anverwanten allen Fleiß anlegeten / ihr das ärgeste auß dem Sinne zubringen; das leidige und verlogene Geschrey / sagten sie / pflegete alle Dinge grösser zumachen / als es an ihm selbst währe / und entstünde alle Muhtmassung bloß aus Tullius einsamer Ankunfft / welches alles sie sich nichts solte irren lassen; ihr Vater hätte schon ein eigen Renneschiff abgeordnet / den eigentlichen Verlauff zuerforschen / hoffete demnach / sie würde inzwischen in Geduld stehen; es könte ihrem Gemahl besser gehen / als man Glauben hätte. Aber Fr. Sophia hatte den Knaben schon absonderlich gefraget / auch aus seinen unbeständigen Reden so viel gemerket / daß ihr der schwerste Knoten verschwiegen würde; doch wolte sie ihre einmahl gefassete Beständigkeit nicht brechen / sondern antwortete ihrer Mutter; sie verstünde ihr Vorbringen sehr wol / und solten des Geschreies Lügen in diesem Stük niemand lieber seyn als ihr; könte aber leicht gedenken / daß ihre liebe Eltern ihrer ehmahligen Handelung[460] annoch sich erinnerten / und ihretwegen sich ein gleichmässiges befürchteten; bähte aber sehr / ein solches aus dem Sinne zuschlagen; dann sie hätte ihrem Liebsten versprochen / nichts von seinem Tode zu gläuben / biß sie der ungezweiffelten Warheit gnug würde berichtet seyn; und also wolte sie in Geduld stehen / biß die Außgeschikten / Gewißheit brächten /alsdann hoffete sie / ihres liebsten Ladislaen Seele würde die ihre bald abfodern, und mit sich hinweg nehmen / daß sie auffs minste im Tode ungeschieden blieben / wañ das mißgünstige Glük ihnen dieses lebens Freude länger nicht zulassen wolte. Nun meinete der Stathalter selbst / Ladisla währe gewißlich hingerichtet / besinnete sich auch schon auff eine schwere Rache; doch ward er froh / daß seine Tochter sich vor erst zur Ruhe begab / machte auch mit den andern den Schluß / dafern das außgeschikte Schiff die traurige Zeitung bringen würde / ihr dessen Wiederkunfft / so lange möglich / zuverbergen / auff das die Zeit ihre hefftige Traurigkeit lindern / und sie ihres liebesten möchte vergessend machen. Libussa wahr nicht weniger betrübet / da sie diese leidige Mähre vernam / und überdaß weder von dem Fräulein noch Herkules einige Zeitung hatte. Sie bemühete sich aber / Fr. Sophien zu trösten / und die Betrübniß ihr auß dem Sinne zuschwatzen; wobey Frl. Sibylla sich geträulich mit gebrauchete; aber da halff alles sehr wenig; dann sie aß und trank des Tages kaum so viel / als ein Kind / daß erst von der Brust entwehnet wird / daß auch der gröste teil ihrer Schönheit gar verschwand / und sie innerhalb zwo Wochen fast von allen Kräfften kam /daß Libussa sich nicht enthalten kunte / sie mit harten Worten zustraffen; wie ungütlich sie nicht allein an ihr selbst / sondern auch an ihren Eltern und liebstem Gemahl handelte / in dem sie durch Betrübnis und Hunger sich gedächte umbs Leben zubringen; wann sie nun dahin währe / welches auff solche Weise nicht lange anstehen könte / was hätte sie dann vor eine ruhmwirdige Taht außgerichtet / als daß sie an ihrem eigenen Leibe und Leben selbst Mörderin werden /und ihren Gemahl / der sie so hefftig liebete / in den Tod stürzen würde; sie möchte doch zu anderen Gedanken greiffen / und nicht so gar die Götter selbst mit ungeduld trotzen / welche hiedurch vielmehr erzürnet / als zur Barmherzigkeit bewäget würden. Diese und dergleichen vielfältige Vermahnungen hörete sie zwar mit geduldigen Ohren an / aber ihre Meinung wahr nicht / sich zu endern / sondern antwortete endlich; Geliebete Freundin / ich weiß nicht wie es kömt / daß ich mich vor eure Straffreden mehr / als vor meine Eltern selbst fürchte; doch versichert euch /daß kein Mensch wieder meine einmahl gefassete Meinung mich im Leben erhalten wird; ich könte zwar mit einem Stiche mich der Angst leicht abhelffen / aber meine Eltern nicht zubeleidigen / habe ich solches Mittel verschworen; mus demnach in diesem langwierigen Kummer meine Kråfte algemach verzehren / biß sie endlich brechen / und der Betrübniß entrissen werden. O mein allerlieblichster Freund / welche grausame Hand hat dich mir geraubet? O du holdseliges Angesicht / welcher Wüterich hat dir die sch \nen Wangen-Rosen in ein Todtesbleich verkehret? Aber auch du unbarmherzige Seele / warumb suchestu nicht Gelegenheit / mich abzufodern? Nun nun / meines Lebens einiger Trost ist dahin; alle meine Vergnügung ist verschwunden; währe nur mein Leib so halstarrig nicht / und liesse den betrübten Geist außfahren / der wieder seinen Willen verbleiben muß / alsdann würde ich ja dereins zur gewünschten Ruhe ko en. Fing hernach an / und wünschete zuwissen /wie es doch nach dem[461] Tode eine Beschaffenheit umb die Seele haben möchte / und ob die / so im Leben verliebet währen / auch in jener Welt ungetrennet blieben: Weil sie sich nun durch das Reden zimlich abgemattet hatte / baht sie Libussen / ihr das Bette zu recht zumachen / dann sie müste ein wenig ruhen. Gleich da sie dieses begehrete / trat Frl. Sibylla zu ihr ins Gemach / hatte ein Kleid von grün Silberstücke angetahn / und mit so viel Kleinoten sich überal geputzet / ob solte sie Hochzeitliches Beylager halten; welches Fr. Sophia ersehend / zu ihr sagete: Geliebtes Schwesterchen / wie habt ihr euch so köstlich geschmücket? Ich bin ja sider der unsern Abscheid solches an euch nicht gewohnet; oder tuht ihrs vielleicht / mich in meiner Traurigkeit zuerlustigen? Je warum solte ich mich noch betrüben? antwortete sie / ist es nicht gnug an euch / daß ihr so unklug seid / und euch auß lauter Mutwillen das Leben kürzen / ja auch zugleich euren Ladisla mit hinreissen wollet? welches ich hinfort durchaus nit mehr leidẽ kan noch wil /sondn dafern ihr mir nicht versprechet / gleichmässige Fröligkeit an euch zunehmen / wil ich mich stehendes Fusses nach Korinth machen / ja zu Herrn Ladisla nach Korinth wil ich mich machen / und demselben klagen / was vor Ungehorsam ihr euren lieben Eltern und allen die euch gutes rahten / erzeiget. Es hatte sich biß liebe Fräulein bißher sehr traurig gehalten /und wegen ihrer Wasen trostlosigkeit sich dermassen gehermet / daß ihre Schönheit sich gutenteils gemindert hatte. Fr. Sophia aber meinete nicht anders / sie währe wegen Mangel der Ruhe im Witze verstöret /daß sie sich also stellete; ließ deßwegen einen schweren Seufzen gehen / und sagete: Ach so erbarme es den Himmel / daß ich eures Aberwitzes Ursach bin? Ach ach / wie werde ich solches vor euren lieben Eltern verantworten? Was? sagte das Fräulein / scheltet ihr mich vor eine Aberwitzige / weil ich euch dräue? sehet da / ich schwöre es euch bey allen Göttern /werdet ihr mir nit gehorsamẽ / wil ich alsbald nach Korinth / ja / höret ihrs / nach Korinth wil ich schiffen / und euch vor Herrn Ladisla dergestalt anzuklagen wissen / daß er euch gänzlich übergeben / und mich an eure Stelle nehmen sol. Durch diese Reden ward Fr. Sophia in ihrer Meinung noch mehr gestärket /und jammerte sie des lieben Fräulein so hart / daß sie mit weinenden Augen zu Libussen sagete: Ach Gott /tuht es doch eilends meinen Eltern zuwissen / dz sie sich nach Raht und Hülffe umbtuhn mögen. Ja / sagte das Fräulein / ich halte / ihr habt nicht gnug daran /daß ihr euch selbst äffet / ihr müsset mich auch aufftreiben / und wol gar vor eine Unsinnige angeben; wie aber / wann ich euch vor eine solche außschölte? hätte ich nit ungleich mehr Ursach darzu? Ihr habt bißher euren Ladisla mit Gewalt Tod haben wollen / und ist doch frisch und gesund zu Korinth mit meinem Vetter Kajus Fabius / eurem Bruder. Nun haltet ihr mich vor eine Aberwitzige / weil ich mich meinem Stande nach außgekleidet habe; aber wovor seyd ihr zuhalten / daß ihr als eine Wittib in Traurkleidern lebet / uñ doch euer Gemahl gesund und wol auff ist? Ich sage euch noch einmahl / euerlieber Ladisla ist zu Korinth / und hat diesen Brief mit eigener Hand geschrieben; welchen ihr aber nicht sehen sollet / biß ihr andere Kleider angelegt; dann es ist zeit / daß ihr dermahleins den Unmuht / hätte schier gesagt die Unsinnigkeit fahren lasset. Libussa zweiffelte selber / was sie von dem Fräulein halten solte; weil ihr aber ihre lustige Einfälle bekant wahren / sagte sie zu Fr. Sophien: Ich bitte sehr / Eure Gn. gehorsamen doch dem liebẽ Fräulein / dañ mein Herz trägt[462] mir zu / dz sie gute uñ gewisse Zeitung von meinẽ gnädigstẽ Könige habe. Gewisse Zeitung? sagte dz Fräulein; habe ich euch nit zum oftern gemeldet / H. Ladisla lebe zu Korinth frölich uñ wolgemut? Ach haltet mich nit länger auf /herzliebstes Schwesterchen / sagte Sophia / auff daß ich ursach haben möge / mich mit euch zufreuen / da ihr mich sonst nicht auffzihet. Hierauff trat das Fräulein näher zu ihr / greiff sie zimlich hart an / daß mit ihrer Steiffsinnigkeit und Schwermuht sie ihren Eltern so mañiches Herzleid machete / welches sie nimmermehr verantworten könte; nun währe ja ihr Gemahl frisch und gesund / welcher zum Warzeichen Ritter Klodius / der mit ihm solte erschlagen seyn / neben seiner schönen adelichen Jungefrauen herüber geschicket hätte. Noch wolte sie nicht allerdinge gläuben / sondern sagete: Ich bitte euchumb unser Freudschafft willen / saget mir die rechte ungefärbete Warheit / daß ich wisse / woran ich bin; Ja warumb nicht /antwortete sie / alles was ich geredet habe / ist die lautere Warheit / und da nehmet nun euer Schreiben /und brechet es selber. Fr. Sophia erkennete aus der Auffschrifft die Hand gar bald / daher sie voller Freuden ward / fiel dem Fräulein umb den Hals / und baht sehr umb Verzeihung / daß sie ihr so grossen Schimpff angeleget / und sie vor unwitzig gehalten /auch durch ihre Traurigkeit ihrer vielfältigen Unruhe Ursach gewesen / neben Zusage / wie sie hinfüro sich bessern wolte; brach zugleich den Brief / und lase folgenden Inhalt: Herzallerliebster Schatz; daß ein sonderliches Unglük mein Schreiben so lange auffgehalten /wird Zeiger dieses Obrister Statverweser Klodius berichten können / dessen Eheliebste ohn zweiffel aus sonderlicher Schickung der Götter / mein Leben erhalten / daß im Gefängniß ich nicht Hungers und Durstes umkommen bin / wodurch sie sich umb ein Haar selber in das Feur gestürzet hätte; Werdet sie demnach als meine Erhalterin uñ wahre Freundin lieben. Mein Herkules ist schon nach den Morgenländern hinzu / und werde ich samt eurem lieben Bruder ihm alsbald folgen / hoffen unser Vorhaben glüklich auszuführen / und euch frölich wieder zusehen. Inzwischen erinnert euch allemahl meiner herzlichen Träue / und lasset euch falsches Geschrey von versprochener Beständigkeit zu leben nicht abspenstigen /und solches dem zu künfftiger Vergnügung / der da ist und bleibet / euer biß in den Tod ergebener Ladisla.

Nun dann hinweg alle Traurigkeit / sagte sie nach Verlesung; ich werde mich aber ein wenig zieren / die fremde Freundin zuempfahen / deren ich mich selbstschuldig bin / auch vernehmen / wie es meinem Ladisla bißher ergangen / und wie er der grossen Gefährligkeit entrunnen sey; werde mich auch / mein Schwesterchen / an euch zurächen wissen / daß ihr mich dergestalt auffgesetzet und verwirret habet. Sie ließ alsbald ihr Haar kräusen / und andere Kleider hohlen / und ging mit ihrer Geselschafft hin / die fremde Frau zuempfahen. Als sie in den Saal trat /ging ihr Klodius in statlicher Kleidung (wie ihm sein Herr befohlen hatte) entgegen / küssete ihr die Hand /neben Vermeldung eines herzlichen Grusses von ihrem Gemahl und von ihrem Bruder / sagte nachgehends: Als viel ihrer Gn. jämmerliche Gestalt ausweiset / hat dieselbe meines Gn. Herrn Gefängnis mehr empfunden / als er selber. Ja mein geliebter Freund /antwortete sie / die traurige Zeitungen welche mir vorkommen sind / haben mir wenig Ursach zur Wollust gegeben. Sahe in dem Fr. Agathen gegen sie daher treten / welche sie mit einem freundlichen ümarmen /und schwesterlichen Kusse empfing / zu ihr sprechend: Herzgeliebete / wiewol bißher unbekante Freundin; die Götter müssen euch der Träue und Freundschafft lohnen / welche ihr meinem Gemahl in äusserster Gefahr eures Lebens erwiesen / und er mir schrifftlich zuverstehen gegeben / nebest ernstlichem[463] Befehl / es nach allem Vermögen zuerkennen / welches ich dann nimmermehr in vergeß stellen wil. Diese verwunderte sich der überaus grossen Freundligkeit / entschuldigte sich ihrer Unwirdigkeit / daß eines mächtigen Königes Gemahl sie dergestalt empfinge / hoffete / ihre Gn. würden sie vor ihre Magd auffnehmen / und an ihren schlechten Diensten ein gnädiges gefallen tragen; meldete hernach ihres Gemahls und Bruders herzlichen Gruß / und endlich Leches / Markus / und Fr. Euphrosynen untertähnigste Dienste an; wobey sie Fr. Sophien / Fr. Ursulen und Frl. Sibyllen / ieden drey köstliche Kleinot / einen Teil von Ladisla / den andern von Fabius / den dritten von Fr. Euphrosynen einhändigte / wovor sie sich ingesamt höchlich bedanketen / insonderheit wegen des dritten / weil es von einer unbekanten Freundin herrührete / von welcher sie bißher nichts mehr wusten /als daß sie Frau Agathen Wase währe. Es wahr gleich Zeit / das Abendmahl einzunehmen / setzeten sich zu Tische / und führeten mancherley Gespräch / insonderheit verwunderten sie sich über Klodius höfliche und vernünfftige Reden / weil er vor dem sich gar nidrig und stille gehalten hatte. Frau Pompeja begehrete an ihn / er möchte doch kürzlich erzählen / was den ihren vor Abenteur zugestossen währen; wozu er willig wahr / und anfangs ihren Schiff-Streit mit den Pannoniern ausführlich meldete / ungeachtet dem Stathalter solche Schiffe schon geliefert / und auff sein Befehl alle Erhenkete ins Meer geworffen wahren; hernach taht er Herkules Unfall / und Charidemus Hinrichtung hinzu / auch daß sein Geselle Markus dessen Nachgelassene mit grosser Haabseligkeit durch Herrn Fabius Befoderung geheyrahtet. Ladislaen Streit mit Perdikas berichtete er auch außführlich / aber seine Gefängnis und Erlösung muste Fr. Agatha umbständlich erzählen / worüber sie alle herzlich weineten / und nach endigung Fr. Sophia sich auffs neue mit ihr herzete / sich teur verpflichtend / es Zeit ihres Lebens zu erkennen / sagte nachgehends zu Klodius; seid ihr mein Freund / so werdet ihr alhie bey uns in meines H. Vaters Hofe wohnen / damit ich Gelegenheit habe / eurer Liebsten sehen zulassen / wie angenehm mir ihre Freundschafft sey. Er bedankete sich des hohen Erbietens / einwendend / wann ja etwas verdienet wåhre / hätte sein Gn. Herr alles viel tausendfach ersetzet / währe auch selbst der Ehestiffter zwischen ihnen gewesen; im übrigen hätte er von seinem Obristen Herrn Fabius Befehl / zu Padua zuverbleiben / dafern der Legion Nohtwendigkeit seine Gegenwart nicht erfodern würde; wolte demnach sich alsbald nach einer Wohnung umbtuhn / so nahe er sie bey des H. Stathalters Hofe haben könte. Aber H. Fabius sagete / es solten ihm auf seinem Hofe gute Gemächer eingeraümet / und seine Pferde auff Herrn Herkules Mahrstalle gefüttert werden; wozu Fr. Sophia kam / uñ ihm außdrüklich wegen ihres Gemahls geboht / nicht von ihr zuzihen / und da er nicht gehorsamen würde / wolte sie doch ihre liebste Freundin Fr. Agathen nicht von sich lassen. Klodius gab zur Antwort; er währe ihrer Gn. zugehorchen schuldig /und hätte sie volkommene Gewalt ihm zubefehlen /derhalben er ohn ihren Willen keinen Fuß von dem Hofe setzen wolte. Die Ursach aber / daß Klodius zu Padua ankam / wahr diese: Als Fabius außgeschikte Kriegsknechte ganz keine Nachricht wegen Herkules mit sich brachten / sahe Ladisla vor gut an / das gröste Schiff wieder nach Italien zusenden / und mit dem andern nach Syrien zuschiffen. Ehe sie diese Reise vor sich nahmen / begehreten sie an die beyde junge Witwen / vor ihrem Abzuge das Beylager[464] zuhalten /welches Ladisla insonderheit stark bey Fr. Agathen trieb / und ihr zugemüht führete / wie Unrecht sie tähte / daß sie dem zugefallen sich ihrem Bräutigam versagete / der ihr nach Ehr und Leben gestanden. Fabius erinnerte Fr. Euphrosynen gleichergestalt was vor ein Bubenstük Charidemus wieder sie im Sinne gehabt / und sie selbst tödten wollen / wodurch er sich aller ehelichen Liebe-Gedächtnis unwirdig gemacht hätte. Klodius und Markus liessens an ihrer Seiten auch nicht mangeln / und wusten ihren Bräuten so lieblich zuzusprechen / daß die gutẽ Weiberchen endlich übermannet / einwilligen musten / und ihnen das Beylager wol gefallen liessen / welches gar prächtig / alles auf Ladisla und Fabius Kosten gehalten ward. Nach Endigung der Hochzeit Tage / macheten die jungen Ehemänner sich fertig / mit ihren Herren fortzureisen / uñ trösteten ihre betrübeten Frauen / mit verheissung / sich bey ihnen schier wieder einzustellen / und hernach von ihnen nimmermehr zu scheiden. Als nun diese beyde nicht anders meyneten / als erstes Tages mit nach Syrien zu segeln / foderten Ladisla und Fabius sie in ihrer Frauen Gegenwart vor sich /und redete Ladisla sie folgender gestalt an: Ihr werdet euch noch wol erinnern / was massen ihr meinem Herkules und mir auff eine gewisse Zeit euch verpflichtet habt; Wann ihr nun der Meynung / wie ich merke /noch seyd und bleibet / zweifele ich nicht / ihr werdet uns eure Dienste an Ort und Enden leisten / da sie uns am ersprießlichsten sind. Klodius und Markus verbunden sich auffs neue zu aller Mögligkeit; Worauff er also fort fuhr: So müsset ihr Klodius / euch mit eurer Liebesten unwägerlich nach Padua erheben /und daselbst erwarten / ob wir Wechsel oder Manschafft abzufodern benöhtiget währen; Zehrungs-Kosten uñ wirdige Besoldung werdet ihr von meinem Gemahl zuempfangen haben / und wird meine Freundin Fr. Agatha ihr gefallen lassen / meinem Gemahl eine zeitlang Gesellschafft zuleisten. Ihr aber Markus / werdet vorerst es allhie zu Korinth ansehen / dann unsere Schreiben sollen an euch gerichtet werden /welche ihr weiter fortzuschicken nicht unterlassen werdet. Es hatten diese sich zwar schon zur Reise fertig gemacht / und auff viel tausend Kronen wert Kleinoter zum Nohtpfennige zu sich genommen / auch jeder sich mit einem Leibdiener versehen; weil ihnen aber die Liebe zu ihren Frauen nicht wenig anlag /liessen sie sich desto leichter beredẽ / bey ihnẽ zu bleiben / uñ merketen ihre Frauen wol / dz alles ihnen zu liebe geschahe / welches sie mit grossem Dank erkeñeten / und überaus stark anhielten / ihnen zugönnen / daß sie von ihren eigenen Gütern leben möchten. Aber Ladisla antwortete ihnen: Ihr lieben Herzen / gebet euch zufrieden; so lange unsere Bedienetẽ uns wirkliche Dienste leistẽ / müssen sie trauen unsern Sold heben; oder meynet ihr / daß wir sie euch zu dem Ende zugefreyet haben / daß sie eure Güter verzehren / uñ nicht vielmehr ersparen / ja vermehren solten? Die Frauen küsseten ihm die Hände / und bedanketen sich aller gnädigen Gewogenheit untertähnig. Ihren guten Willen aber spüren zulassen / zahleten sie von ihren Baarschafften jedem Schiff Soldaten 80 Kronen / und jedem Boßknechte 40 Kronen zur Verehrung /welches ganze sich auff 15000 Kronen belief. Darauff ward Klodius das grössere Schiff mit dem meisten Volk übergeben / es wieder nach Padua zubringen /und behielten Ladisla und Fabius nur XXX Soldaten auff dem kleineren Schiffe neben Leches / als welcher seinen König durchaus nicht verlassen wolte / deßwegen er von den beyden Frauẽ mit allerhand Kleinoten und gemünzetem Golde auff 16000 wert begabet ward / worzu[465] ihm Fabius von Parmenions Geldern noch 12000 Kronen verehrete / welches alles er nebest dem schon erworbenen / Fr. Agathen zustellete /fleissig bittend / es seiner geliebtẽ Jungfer Libussen mit über zunehmen / und seinetwegen in stiller geheim einzureichen. Dieselbe nun vergaß ihrer Zusage nicht / sondern bald des andern Tages nach ihrer Ankunft zu Padua / rief sie die Jungfer allein zu sich /und baht anfangs / Herrn Leches und ihr nicht zuverargen / daß er ihrer Heimligkeit sie gewürdiget / und ihre vertrauliche Liebe zuerkennen geben hätte / von dem sie weiter befehlichet währe / ihr neben Anmeldung seiner Dienste und Liebe / beygefügtes Schreiben und übergesendete Schätze einzuliefern. Reichte ihr damit die Kleinot / auff 10000 Kronen / und daneben in fünff Laden 75000 Kronen gemüntzetes Goldes. Die gute Jungfer schämete sich anfangs vor dieser fremden / aber nach Verlesung des Schreibens sagte sie: Hochgeehrte Freundin / ich bedanke mich der gehabten Mühe / und noch mehr ihrer Freygebigkeit / sintemahl ich aus diesem Briefe ersehe / daß dieses alles grossen teils von ihr und ihrer Fr. Wasen herrühret / und weil solches zuersetzen in meinem Vermögen nicht bestehet / wil an stat der Vergeltung ich ihr meinen geträuen willen zu eigen geben / auch ihre Dienerin / als lange ich lebe / verbleiben. Ich weiß von keinen solchen Geschenken / antwortete diese / welche von mir solten kommen / und so grosses dankens wert seyn / aber diese Armbånder /Halskette und fünff Ringe / wird meine hochgeliebte Freundin von ihrer bereitwilligen Dienerin anzunehmen sich nicht wegern; taht ihr dieselben an ihre Arme / Hals und Finger / und umfing sie mit einem freundlichen Kusse / da sie zugleich einander alle schwesterliche Liebe und Träue schworen. Als nun die Jungfer ihren Schatz nach ihrer Kammer hatte tragen lassen / gingen sie mit einander nach dem Frauenzimmer / woselbst Fr. Agatha denselben allen / als der Stathalterin / Fr. Sophien / und Ursulen / auch Frl. Sibyllen und Helenen kostbahre Ringe schenkete /welche anzunehmen sie sich anfangs beschwereten /weil ihnen ihr Wolvermögen unwissend wahr; nachdem sie aber von Libussen berichtet wurden / daß sie ädles Herren-Standes / und ihre Herschafft drey Schlösser / zween Flecken / und XXI Dörffer in sich hielte / wahren sie willig / und erbohten sich / es zuerwiedern. Der Stathalter kam mit Klodius darzu / das Frauenzimmer vor der Mahlzeit zubesuchen / und hatten mancherley Gespräch / da Fr. Sophia zu Klodius sagete: Gewißlich habt ihr und Ritter Markus euer reisen nach Griechenland nicht vergebens getahn /und würdet in Italien ein solches Glük schwerlich angetroffen haben / scheinet auch fast / ob hätten eure Herren in Unglük gerahten müssen / nur daß der Götter schluß über euch beyden gemacht / erfüllet würde /welcher ohn dieses Mittel nicht leicht hätte können volstrecket werden. Er antwortete: Er erkennete gerne / daß ihm seine Liebste ja so angenehm seyn solte /ob sie gleich kein eigenes Baurhütchen hätte / schätzete auch die an seinem Gn. Herrn erwiesene Träue tausendmahl höher / als alle ihre Haabseligkeit; so hätte er Gott Lob nach Befreyung seines Erbes / Lebensmittel zur Gnüge / wolte geschweigen / daß seine Obrist-Verwaltschafft ihm mehr als ein übriges bringen könte. Der Stathalter sagete zu ihm: Es ist mir lieb / daß mein Sohn Fabius eure Wirdigkeit erkennet hat; ich werde mich aber gleicher gestalt bemühen /sehen zulassen / daß eure / meinen Kindern erzeigete Träue bey mir in obacht ist / daher ich euch die Oberhauptmanschafft hiesiger Besatzung über 6000 zu Fuß schenke / welche ihr von diesem Tage an zuverwalten auff euch nehmen[466] wollet. Klodius bedankete sich der hohen Befoderung / ließ sich den Völkern vorstellen / und verhielt sich dermassen träufleissig in diesem Amte / daß die ganze Stad ihm sehr gewogen ward / und ihm ein herliches Land gut zu Lehn aufftrugen / davor er seine Dankbarkeit zuerzeigen / ein Stük 40 Schritte lang / an der alten Stadmaur niderreissen / und auff seinen Kosten neu machen ließ / welches lange Zeit den Nahmen behielt / daß es Klodius-Werk genennet ward.

Als er nun hieselbst mit seiner Liebsten in guter Gesundheit und hohem Ehrenstande lebete / wolte ihm das Glük bald anfangs einen Tück beweisen /worüber er schier das Leben hätte einbüssen mussen. Es wahr ein junger reicher Paduanischer ädelmann /Nahmens Volumnius / derselbe befand sich gegen Fr. Agathen hefftig verliebet / und suchete alle Gelegenheit / mit ihr zureden / und ihr seine Liebe zuoffenbahren. Er hatte seinen Hof gegen den Stathalter über / bey dem er zimlich gelitten wahr / weil er sich höflich zu schicken / und den Schalk zubergen wuste. Nachdem er nun diese Zeit sich viel statlicher hielt / als er zuvor gewohnet / und in Fabius Hofe sich täglich sehen ließ / merkete Fr. Sophia / daß es umb Liebe willen geschahe / wiewol sie nicht finden kunte / auff welche er sein Absehen haben möchte. Nun ging sie einsmahls mit Fr. Ursulen und Agathen /auch Frl. Sibyllen und Libussen hinaus vor das Tohr /weil es ein lustiger Herbsttag wahr / und stund Volumnius gleich vor seinem Hofe; wolte also diese Gelegenheit nicht versäumen / sondern folgete nach / und baht wegen dieser Kühnheit umb Verzeihung. Fr. Sophia sagete: weil sie ingesamt sich zu ihm aller Erbarkeit und Freundschafft versähen / solte es ihm erläubet seyn. Nicht ferne von der Stad wahr ein lustiger Ort / voller schattigter Bäume / da sie sich auff die Erde niderliessen / und hatte Fr. Sophia schon angemerket / daß im hingehen er sich Fr. Agathen sehr nahete; hier aber nam er ungenöhtiget die näheste stelle bey ihr / kunte auch seine unkeusche Begierden nicht verhehlen / daß die Augen ihn nicht verrahten hätten /wiewol dessen niemand als Fr. Sophia wahr nam /welche besser dahinter zukommen / auffstund / und mit den andern etwas weiter unter die Bäume ging /da Fr. Agatha ihr zwar folgen wolte / aber von Volumnius auffgehalten ward / weil er vorgab / ihr ingeheim etwas zuvertrauen; fing auch aus verwägener Kühnheit an / seine unzimliche Liebe unter dem Deckel einer sonderlichen Gewogenheit ihr beyzubringen / daß sie seiner Unbilligkeit nicht inne ward / biß er um diese und jene Gunst bey ihr anhielt / dessen sie nicht wenig erschrak / wolte ihm doch nicht unhöflich begegnen / sondern entschuldigte sich / daß sie keine solche währe / die von Mannesbildern angebohtene Liebe auffnehmen / und darauff sich erklären könte /angesehen sie im Ehestande lebete / und er demnach seine Liebe an ort und ende verwenden würde / da sie haften und Vergeltung erlangen könte. Aber dieser durch Liebe verblendet / hielt es nur vor eine Wort-Entschuldigung / weil sie so gar ohne Bewägung redete; fuhr demnach fort in seiner schändlichen Werbung / und suchte allerhand schöne Worte hervor /sich bey ihr beliebt zumachen; Er hätte nicht gemeynet / sagte er / daß Griechenland so zarte Engelchen zeugete / könte ihm auch nicht einbilden / daß ihres gleichen in derselben ganzen Landschafft zu finden wåhre / daß daher selbiges Reich über ihren Ehe Junker sich wol beklagen möchte / daß er einen so treflichen Schatz von dannen geführet / und Italien damit ausgezieret håtte; jedoch wolte er sich darüber vielmehr erfreuen / als beschweren / der Hoffnung gelebend / ihr[467] Herz würde nicht weniger mitleidig / als der Leib schöne sey; er suchete nicht / sie ihrem Junker zuentführen / weil er an ihrem Willen zweifelte /dann sonsten würde ihm nichts liebers seyn / als seine ganze Lebenszeit mit ihr zuzubringen; nur dieses währe vor dißmahl sein höchster Wunsch / daß er gewirdiget werden möchte / vor ihren Diener auffgenommen zu werden; nam hiemit ihre Hand / als solte hiedurch sein Begehren schon geschlossen seyn. Aber Fr. Agatha / welche nie vorhin durch solche unehrliche Ansprengungen ersuchet war / ohn in ihrem Gefängniß / empfand daher einen grossen Unwillen /reiß die Hand los / und antwortete mit erröhtetem Angesicht: Herr / ich weiß nicht / mit was Worten ich ihm begegnen sol / ohn daß ich mich höchlich verwundere / wie er mir darff Liebe anmuhten / die ich an meinen Ehegatten gebunden bin; hoffe demnach /er werde mich hinfüro mit dergleichẽ Ansuchen verschonen / und nicht vor eine solche mich ansehen / die von ihrem Ehe Junker zu lauffen willens sey / er würde mir sonst ursach geben / mich dessen zubeschweren; stund damit auff / und folgete den andern nach. Volumnius wolte sie nicht allein gehen lassen /gab ihr das Geleite / und redete nicht minder freundlich mit ihr / sie höchlich bittend / daß sie ja keinẽ Haß auff ihn werffen / sondern ihm verzeihen möchte / wozu ihn die Liebe gezwungen / welche er nicht länger zuverbergen gewust. Aber sie begegnete ihm mit einer schärfferen Antwort: Sie hätte ihm schon viel zu lange zugehöret; es währe zeit / daß er seinem unehrlichen Ansuchen ein Ende machete / und sich von ihrer Seiten hinweg tähte; solche Freundschafft / die er ihr antrüge / solte er auff die wenden / so auff Unerbarkeit ihre Wollust baueten; und hierauff rief sie: Schwester Libussa / wollet ihr mich nicht mitnehmen / warumb eilet ihr so sehr? Fr. Sophia dieses hörend /gedachte bald / ihr würden ungenehme Sachen vorgetragen seyn / kehrete sich um / und sahe ihr entgegen /biß sie zu ihr kam; Der verwägene Mensch aber ging dessen ungeachtet / neben ihr her / und beschloß hiemit: Vielleicht möchte sie seiner redlichen Liebe Wirkung bald erfahren; fing auch drauff an von andern Dingen zuredẽ. Sie wolte das ergangene lieber unter den Fuß treten / als ausbreiten / und auff seine unterschiedliche Fragen gab sie ihm freundliche Antwort /welches der Bube dahin deutete / ihr Zorn währe nur ertichtet / und liesse dieses Schloß sich leicht stürmen / wann sichs nur wegen der drauff liegenden Besatzung ergeben dürffte; oder deutlicher zu sagen / weil mit ihrer Ehe sie sich am meisten entschuldigte / meynete er nach Trennung dieses Bandes nicht zufehlen; daher er Klodius hinzurichten bedacht wahr. So bald sie zu Hause anlangeten / klagete sie alles Fr. Sophien und Libussen mit Trähnen / und daß sie nicht wüste /wessen sie sich hernähst zu verhalten hätte / daß sie von ihm unangefochten bliebe; ob sie nun schweigẽ /oder ihrem Liebsten es offenbahren solte / wolte sie von ihnen vernehmen. Fr. Sophia antwortete: es währe gut / daß der Schandvogel sich an Ort und Ende hätte kund gegeben / da kein Frevel gegolten; man wüste sich hinfüro desto besser vor ihm zuhüten / könte aber nicht gut heissen / daß Klodius es erführe / weil darauff ein unvermeidlicher Kampff erfolgen würde; Sie möchte das geschehene verschmerzen /und sich versichern / daß sie schon Mittel wüste / diesem verwågenen zusteuren; gingen darauff mit einander zu Tische / und hatten allerhand Unterredung / biß sie sich schlaffen legeten. Klodius hatte den Brauch /daß er fast alle Nachte umher ging / die Wachten zubesuchen / und ließ von seinem Leibknaben ihm das Seiten Gewehr nachtragen. Dieses wuste Volumnius /und wartete ihm eben diese Nacht[468] auff den Dienst / da er von der Besichtigung kam / stieß ihm das Schwert durch den Leib / und machte sich in seiner vermummeten gestalt im Augenblik davon / daß ihn niemand kennete. Nach empfangenem Stosse fiel Klodius nider zur Erde / worüber sein Knabe hart ruffen ward / welches ein Wund Arzt in der nähe wohnend / vernam /lief im blossen Hemde herzu / und empfand an der Schlag Ader / dz noch Leben in ihm war / trug ihn mit hülffe etlicher herzulauffenden Bürger in sein Hauß /uñ fand / dz der Stoß forne ein / uñ hinten wieder aus ging. Er brauchte allen fleiß / biß er ihn erquickete /uñ verband ihm die Wunde / mit dem versprechen /dafern er am Eingeweide unverlezt währe / welches sich bald außweisen würde / solte er vor dißmal gerettet seyn. Klodius antwortete ihm; ist meine Zeit ko en / so sterbe ich gerne / wann ich nur vor meinem Tode erfahren mag / was vor ein Bube mich so unredlicher Weise angefallen hat / damit ihm sein Lohn werden möge. Die Anwesende bahten ihn / Geduld zuhaben / und durch Eifer sich nicht zubewägen / damit das Ubel nicht ärger gemacht würde; nach dem Tähter solte fleissig geforschet / und ihm die Mordtaht nicht geschenket werden / es geriete gleich mit ihm zum Tod oder Leben. Inzwischẽ wahr sein Knabe nach des Stathalters Hofe gelauffen / und hatte seines Herrn Tod / wie er meinete / fruchtbar gemacht. Fr. Agatha lag im harten schlaffe / und kam ihr vor / wie ein Bähre sie hätte niederreissen wollen; weil er ihr aber nicht beykommen mögen / währe er an Klodius gefallen / und hätte ihn zur Erdenge worffen / dessen sie also erschrak / daß sie ein lautes Geschrey ergehen ließ / gleich da Fr. Sophia mit einer Windkerze zu ihr kam / und sie ermahnete / sich über ihrer Ankunfft nicht zu entsetzen; es kähme ein Geschrey / als währe ihr liebster etwas verwundet / welches sie ihr lieber selber / als durch andere anzeigen wollen / damit sie durch unwarhaften Bericht nicht zu hart erschrecket würde. Die gute Frau hörete die leidige Zeitung mit bebenden Gliedern / gehub sich übel und sagete; sie zweiffelte nicht / er würde schon Todseyn / weil ihr solches im schlaffe vorkommen währe; stieg gar ohmåchtig aus dem Bette / und legte die Kleider an / umb selbst hinzugehen / und diesen Unfall in Augenschein zunehmen: Fr. Sophia hatte schon etliche Diener außgeschikt / deren einer wiederkam /und an deutete / er währe zwar hart verwundet / aber schon verbunden / und gäbe der Arzt guten Trost. Hiedurch ward sie in etwas gestärket / und fragete /wer doch der schändliche Tähter seyn möchte; kunte aber nichts erfahren biß der Leibknabe berichtete / es währe ein Verkappeter auß einem Nebengäschen hervor gewischet / und nach getahnem Stosse davon gelauffen. Alsbald muhtmassete sie auff Volumnius /und sagete; Gn. Frau / ich wolte den Mörder leicht errahten; und was gillts / wo es nicht der heutige Bube ist? Sie antwortete / lasset euch nichts merken / so wollen wir noch wol dahinter kommen. Libussa kam mit Frl. Sibyllen auch herzu / liessen sich ingesamt von bewehreten Knechten nach des Arztes Behausung bringen / und wolten gleich zu dem verwundeten in die Stube gehen; aber der Arzt wehrete ihnen; man müste ihn nicht verunruhen / dz nicht die Wunde mit Lebens-gefahr auffsprünge; welches Fr. Agatha annam / als währe er gewißlich Tod / und sagete zu ihm: Mein Freund / der Kranke gehöret mir am nähesten zu / drumb saget mir die Warheit / uñ speiset mich nicht mit leerer Hoffnung / damit ich die lezte träue an ihm verrichte; mit welchem Worte sie in Ohmacht fiel / und ward ohn alle empfindligkeit auff ein ander Gemach getragen / daß nicht Klodius durch ein Jammergeschrey irre[469] gemacht würde; doch brachte sie der Arzt bald wieder zurechte / und sagte zu ihr: Hoch ädle Frau / sie gläube bitte ich / meinen Worten / der Oberhauptman ist in Warheit annoch am Leben / sol auch durch der Götter Hülffe und meinen Fleiß wieder genesen; wil sie mir aber nicht trauen / so verspreche sie mir / daß sie ihn durch nichts irre machen wolle /so wil ich sie zu ihm führen / daß sie ihn sehe und seinen Odem vernehme; Ach ja / sagte sie / nur bald bald / ich werde keinen Unwiz gebrauchen / wann ich nur ein geringes Zeichen seines Lebens sehe. Als sie nun mit ihm in die Stube trat / hub er gleich die rechte Hand etwas in die höhe / uñ legete sie sanfft wiederumb nider / welches sie ersehend / zurücke trat / und durch ihre Dienerin 200 Kronen hohlen ließ / welche sie ihm vor den ersten Band gab / mit bitte / alle mögligkeit anzuwenden / welches sie zehnfach ersetzen wolte. Der Arzt / welcher seiner Kunst gewiß wahr /und doch / weil er nicht auffschneiden kunte / wenig gebraucht ward / bedankete sich der Mildigkeit / und versprach inwendig XXIV Stunden verhoffentlich gewisse Zeichen der künfftigen Gesundheit anzumelden. Darauff gingen sie wieder nach Hause / und funden den Stathalter auff der Gasse / welcher einem Hauptman befahl / alle Tohre wol zubesetzen / daß niemand hinaus kähme / er wolte nicht ruhen / biß der Mörder ertappet / und zur abscheuhlichen Straffe gezogen währe; tröstete nachgehends Fr. Agathen / und baht sie / in geduld zustehen / dann ob gleich geschehene Dinge nicht könten geendert werden / gebührete doch Straffe darauff. Der Tähter Volumnius stund oben auff einem Gemache seines Hofes / und hörete alles /was auff der Gasse geredet ward / hoffete / Klodius würde dem Tode / und ihm Fr. Agatha zuteil werden. Fr. Sophia aber nam mit ihrem Vater einen Abtrit /und erzählete ihm / wie es heut Fr. Agathen mit dem Buben ergangen währe / daher sie fest in den Gedanken stünde / er und kein ander währe der Tähter. Er dagegen / ober gleich erschrak / erinnerte sie doch /man müste einen hohen von Adel nicht aus blossem Argwohn beschuldigen / es erfoderte starken Beweißtuhm / darauff man sich schicken müste. Den Beweißtuhm / sagte sie / wollen wir schon finden /dann Klodius Knabe berichtet / dem Tähter sey Klodius Blut auff die Kleider gesprützet / wann man nur Volumnius bald könte zu sehen bekommen / oder bey ihm nachsuchen lassen / ob was blutiges verhandẽ /solte man ihn leicht ertappen. Ihr Vater bedachte sich / und nachdem er merkete / das Fr. Agathen Mutmassung ein höfliches Nachforschen entschuldigen könte / schikte er einen verschlagenen Diener zu Volumnius / mit begehren / zu ihm auff die Gasse zukommen; befahl ihm daneben in grosser geheim / fleissige acht zugeben / wie er sich hielte / und ob er vermummete oder blutige Kleider anhätte; und da er auff dem Bette läge / solte er sich umbsehen nach seinen Kleidern /ob irgend Merkzeichen daran zufinden währen. Dieser ging alsbald mit einer Leuchte hin / aber der Bube wolte sich nirgend finden lassen / und gab sein Leibjung vor / er läge in der Ruhe: Daher dieser nach der bekanten Kammer lieff / fand aber das leere Nest /und schalt den Knaben aus / warumb er ihn äffete; welcher doch mit hohen Schwüren beteurete / daß er nicht anders wüste / als daß sein Herz zu Bette gangen währe; könte auch nicht gedenken / wohin er sich gemacht hatte; er vor sein Häupt währe gleich auffgestanden / weil er eines getümmels auff der Gasse inne worden. Ey / sagte der Knecht / so gehe mit mir / und gib mir dessen Zeugnis bey meinem Herrn / sonst gläubet er mir nicht; lockete also den Knaben mit sich hinweg / berichtete seinen Herrn / wie ers funden /[470] ließ den Knaben zürük / und ging bald zum andernmahl hin / wo möglich / etwas bessere Kundschafft einzunehmen. Volumnius hatte den Knecht zum erstenmahl ko en und hinweg gehen sehen / wuste doch nicht / daß er auff seiner Schlaffkammer gewesen wahr; lieff nach seinem Wegscheide gleich hin und legte sich ans Bette / daß er erst hinein gestiegen wahr / da der Knecht zum andermahle kam / welcher /weil er niemand hörete / die Treppe hinauff stieg. Welches Volumnius vernehmend / hinunter rieff / wer bey eileter Nacht ihm im Hause umbginge. Der Knecht kehrete sich nicht daran / ging mit der Leuchte hinauff / und brachte seine Werbung vor / daß der Stathalter ihn gerne sprechen wolte; dessen sich dieser fremde stellete / ob etwa dem Herrn Stathalter etwas wiedriges begegnet währe; er erkeñete sich schuldig demselben so bey Nacht als bey Tage auffzuwarten; sprang damit aus dem Bette / und wolte sich ankleiden / daher der Knecht unter dem Schein einer Dienstwilligkeit zu den Kleidern lieff / ihm dieselben zuzutragen / fand auch einen blutigen Strumpff / an dem er die Hand färbete / dessen er sich doch nicht merken ließ / sondern ihm die Kleider brachte / welches er mit unwillen auffnam / und ihm befahl / dem Stathalter zu vermelden / dz er alsbald bey ihm seyn wolte / muste ihm aber ein wenig Licht aus der Leuchte geben /damit er das seine anzünden könte / welches dieser taht / und ihn doch bald gereuete / massen Volumnius hiedurch gewahr ward / das ihm Blut auff der Hand saß / dessen er nicht wenig erschrak / und sich fürchtete / der blutige Strumpf dürffte ihm Händel machen; fassete doch bald einen Raht / ritzete eine geringe Wunde in den Schenkel / verband ihn hernach / als er etwas blutes daraus auff die Fußbank lauffen lassen /und legete die Kleider an / die er schon alsbald nach der Taht geendert hatte / und sicher wahr / daß sie ihn nicht verrahten würden; ging darauff ganz verwägen zu dem Stathalter / welcher schon von dem Knechte unterrichtet wahr / wie ers funden hätte / daher derselbe selbst meinete / man würde hiedurch zur Kundschafft gelangen können / und erwartete des Mörders im Vorhofe / welcher ihm auffstieß sich wegen der Verzögerung entschuldigend / er währe vor etlichen Stunden zu Bette gangen da er den Schenkel an der Tühr entzwey gestossen / welche Wunde bey seinem schleunigen auffstehen ihm wieder auffgesprungen /daß er sich auffs neue verbinden müssen. Nachgehends fragete er / ob dem Stathalter einige Ungelegenheit begegnet / daß er seine Nachtruhe bräche. Herr Fabius verwunderte sich über den schlauen Buben /und merkete / wie schwer es zugehen würde / ihn der Untaht zu überzeugen / wo nicht bessere Zeichen sich eräugeten; stellete sich doch nicht unfreundlich gegẽ ihn / sondern klagete / daß der Oberhauptman schelmischer Weise angefallen / und tödlich verwundet währe. Worauff dieser antwortete: Ey mein Herr /diese Zeitung wird verhoffentlich falsch seyn / massen ich ihn noch bey spätem Abend gehen sehen. Als nun der Stathalter hierauff andeutete / daß es etwa vor anderhalb Stunde geschehen / stellete er sich sehr mitleidig / und sagte; es müste ein leichtfertiger Mörder seyn / der redliche Leute bey Nachtschlaffender Zeit anfiele / und währe billich / daß man fleissige Nachfrage tähte / damit der Bube zum Abscheuh gestraffet würde. Der Stathalter sahe ihn genaue bey dem Lichte an / merkete aber weder Zeichen an den Kleidern /noch Verenderung im Gesichte / schieden endlich voneinander / und hatte man schlechteren Grund als vorhin / daher man auch seinen Leibknaben lauffen ließ / da der Stathalter zum Schein sich unnütze machete / was man[471] bey Nachtzeit anderer Leute Diener auffzuhalten hätte. Volumnius merkete handgreifflich / daß man ihn in verdacht hatte / noch taht er nicht deßgleichen / sondern ging des folgenden Morgens bey ihm aus und ein / welches Fr. Sophia nicht dulden kunte / daher sie zu ihm sagete; er solte ihres Vaters Wohnung müssig gehen / wann er mit unehrlichen Gedanken schwanger ginge / und ehrlicher Weiber Leumut zuschänden suchete; worüber er sich leidig hielt / und sehr baht / ihn mit solchen ehrenrührigen aufflagen zuverschonen; er hätte nie im Sinne gehabt /einiges verheyrahteten Weibes zu begehren / und hoffete / sie würde ihm den meinäidigen Verleumder vorstellen / daß er sich rechtens an ihm erhohlen / uñ seine Unschuld der ganzen erbarẽ Welt vor Augen setzen könte; Ich gestehe euch nichts / sagte sie / dan ich sehe / was vor unergründliche Boßheit in euch begraben lieget / welche durch der Götter Hülffe zu seiner Zeit ans Licht wird gebracht werden. Was? sagte Volumnius / Boßheit? was? unergründliche Boßheit? Ich bin ein redlicher gebohrner von Adel / und gestehe weder ihr noch einigem Menschen solche und dergleichen Beschuldigung; darumb wird sie sich nicht wegern / mir deßwegen Rede und Antwort zu geben. Durchaus nicht / sagte sie / biß zu seiner Zeit. Ging damit von ihm / und verfügete sich hin zu Fr. Agathen / der sie klagete / wie es ihr mit dem Buben ergangen währe; diese muste sich mit ihr des durchtriebenen Fuchses verwundern / und sagete; Gott währe ihr Zeuge / daß es anders nicht ergangen währe / als sie ihr erzählet hätte / und dürffte allem ansehen nach noch wol darüber in Verleumdung gerahten. Nein /antwortete sie / dessen traget keine Sorge / dann ich habe euch nicht genennet; ist er aber so kühn / so verrahte er sich nur selber / alsdann wollen wir ihn schon fassen. Aber mich deucht / wir tähten besser / dz wir nach Klodius gingen / weil der Arzt mir zuentbohten hat / ihn verlange sehr / euch zu sehen. Ach ja / sagte sie; Gott helffe nur meinem Liebsten wieder auff / der Mörder wird seinem Richter nicht entlauffen / ob er sich gleich eine zeitlang verbirget; gingen hiemit fort /und funden ihn noch in zimlicher Schwacheit liegen /tröstete dannoch seine Liebste / sie möchte sich zu frieden geben / dann er fühlete keine Todesangst /sondern nur gemeine Wundenschmerzen. Weil er dann auffs neue solte verbunden werden / trat das Frauenzimmer hinaus / und fand der Arzt so gewisse Zeichen seiner künfftigen Besserung / daß er vor Freuden auffsprang / und zu ihm sagete: Mein Herr /ihr seyd an eurem Eingeweide unverletzet / woran ich bißher etwas gezweifelt / und solt mit Gottes Hülffe innerhalb drey Wochen mit dem Herrn Stathalter zu Tische gehen; welches er auch dem anwesenden Frauenzimmer vortrug / die sich höchlich darüber erfreueten. Inzwischen ließ Fr. Sophia von ihrem fleisse nicht ab / den boßhafften Tähter zu überzeugen / und fragete bey den Nachbarn hin und wieder vertraulich nach / ob nicht jemand dessen Nachricht geben könte / erfuhr auch so viel / daß gleich umb die Zeit / da man Klodius verwundung angezeiget / Volumnius Hofheimlich aufgeschlossen / und nicht wieder zugemacht währe / wie dann des Stathalters Knecht ihn offen gefunden hatte. Diese Zeugen / derer drey waren / ließ sie gerichtlich abhören / und klagete darauf Volumnius vor ihrem Vater an / ihn dahin zuhalten / daß er den Auffschliesser seines Hofes namhafftig machete / weil er ja selbst oder sein Gesinde darumb wissen müsten. Fabius ließ ihn vor fodern / hielt ihn der Zeugen Aussage vor / und begehrete kurzum den Aufschliesser zuwissen. Er aber stellete sich hierüber unwillig / beschwerete sich hoch / daß man mit einẽ[472] Römischen ädlen Bürger dergestalt gewaltsam verfahren wolte; dann wie könte er über unbewuste Dinge Rechenschafft geben? Ob etwa sein Gesinde heimliche Huren- oder Diebeswinkel hätten / oder aber unbekante Diebe ihm zu Nachtzeit den Hof öfneten / solte man deswegen billicher Mitleiden mit ihm tragen / als ihn darüber vor Gericht fodern. Schließlich baht er den Stathalter / er möchte / als ein hochverständiger Herr / sich an Weiber Rede nicht kehren / noch deren Nachstellung achten / deren Ungunst man mit einem ungenehmen Anblik verdienen könte. Er währe ein ehrlicher Ritter / entschuldigte zwar den Stathalter /aber da sonst jemand sich fünde / der ihn einiger Untaht zeihete / währe er bereit / es durch alle zugelassene Mittel zueifern. Noch zur Zeit kunte Herr Fabius nit mehr / als ihn in freye Hafft nehmen / dessen er sich höchlich bedingete / und doch endlich / Argwohn zumeiden / sich darein gab. Der Arzt legte allen möglichen fleiß an / daß Klodius am XV den Tage nach seiner Verwundung die Kleider anzog / und IIX Tage hernach mit dem Stathalter zur Mahlzeit ging /da er berichtet ward / wie unterschiedliche Vermuhtungen man seiner beschehenen Verwundung auff Volumnius hätte; Ja / sagte Frau Sophia / könten wir das schwereste beweisen / welches an sich selbst wahr ist / und von dem Buben dannoch geleugnet wird /wolten wir schon wissen mit ihm zuverfahren. Klodius hätte solches gerne gewust / aber sie hieß ihn biß nach gehaltener Mahlzeit ruhen / und erzählete ihm hernach / wie er bey Fr. Agathen umb unzimliche Sachen angehalten hätte / welches er doch nicht allein leugnen / sondern überdas noch bößlich dräuen dürffte. Worauff Klodius mit wenigen antwortete: Sie möchte sich ein geringes gedulden / biß er Waffen zuführen wieder geschikt währe / alsdann solte die Rache weiter nicht verschoben werden; jedoch daß seine Eheliebeste es nicht erführe / als welche darüber in traurige Gedanken gerahten könte; Wie er dann nach Verfliessung fünff Tage / in Gegenwart etlicher Paduanischer Herren / bey dem Stathalter anhielt /den boßhafften Volumnius vorzufodern / über welchen er etwas zuklagen hätte; da ihm zur Antwort ward: dafern seine Klage gegründet wäre / stünde ihm der Weg Rechtens offen; Und als derselbe auff Erfoderung willig erschien / trug Klodius seine Anklage mit diesen Worten vor: Hochmögender Herr Stathalter / auch ihr Hochädle Herren; Gegenwärtiger Volumnius hat sich unterwinden dürffen / mein liebes Weib auff Unehr anzufodern; woran er wider Ritters Ehr gehandelt; und als deren Redligkeit ihm solches /wie billich / abgeschlagen / hat er bey tunkeler Nacht / da ich meine Wachte besichtiget / mich schelmisch-und mörderischer weise überfallen / ausser allem zweifel in Hoffnung / wann er mich aus dem Wege geräumet / würde er sein Ansuchen desto leichter erhalten / und sich an meine stat eindringen können. Die erste Untaht / da es nöhtig ist / kan meine Eheliebste mit einem äide bekräfftigen; der andern habe ich gute Zeugnis; Dann vorerst ist kündig / daß sein Hof umb eben die Zeit meiner Verwundung geöffnet worden; Vors ander / ist er nicht auff seinem Bette gefunden / ob gleich sein Hausgesinde solches gemeynet; Vors dritte / hat man an seinen Strümpfen Blut gesehen uñ gefühlet / welches nirgends anders her als aus meiner Wunde geflossen ist; dañ hätte er seinem vorgeben und erlogenen Tichtungen nach / sich wund gestossen / würde er ja die Strümpffe nit eben unter seine Kleider verstecket haben; daß ich also im geringsten nicht zweifele / ich habe ihn seiner Mordtaht gnugsam gnugsam überzeuget; jedoch wil ich zum überfluß diese meine Anklage[473] wider ihn mit einem öffentlichen Kampffe behäupten / wie einem ehrlichen Ritter zustehet und vergönnet ist. Volumnius hörete alles mit ertichteter Freidigkeit an / rühmete sich glükselig / daß dereins die mißgünstigen Weiber einen Abtrit genommen / und die erlogene falsche Anklage von einem Ritter vorgetragen würde / mit dem ers gebührlich ausfechten könte / schob alle seine ausgegossene Schmach und Verleumdung in des unrechtmässigen verlogenen Klägers Busem / und könte zwar mit leichter Mühe die angeführeten nichtigẽ Ursachen hintertreiben / auch seine Unschuld zurecht dartuhn /weil aber die Bezichtigung gar zu ehrenrürig währe /könte er der Zeit des Rechtspruchs aus ritterlichem Eifer nicht erwarten / noch so lange in der Hafft verbleiben / sondern foderte hiemit den Kläger als einẽ Ehrendieb und Verleumder aus / nicht zweifelnd / die Götter würden in dieser sache Richter seyn / und durch seine gerechte Waffen den Lügener abstraffen /damit die Welt erkennete / daß der Himmel sich auch deren annähme / welche auff der Erden belogen und unschuldig verfolget würden. Klodius antwortete mit wenigem: Er hätte beydes das verstellen und schänden wol ausgelernet / was seine Waffen vermöchten / hoffete er zuerfahren / nachdem sie nunmehr solten redlich und in offenem Kampff gebraucht werden; vor dem Himmel fürchtete er sich sonst in seiner gerechten Sache ganz nicht; gingen also beyde hin / sich fertig zumachen. Volumnius vergifftete Speer und Schwert / und ritte hinaus auff den bestimten Platz /nehmlich woselbst er Fr. Agathen Unehr angemuhtet hatte. Klodius folgete ihm bald / und stelleten sich viel vornehme Leute als Zuseher ein / unter denen Volumnius nicht wenig Gönner hatte / weil sie ihm verwand und verschwägert wahren. Erstes Anblickes renneten sie ganz eiferig auff einander loß / da Volumnius das Speer zu tief sinken ließ / und seines Feindes Pferd ein wenig an der Stirn verletzete / er aber dagegen aus dem Sattel auff die Erde geworffen ward / und wahr der Gifft so stränge / daß ehe Klodius seinen Lauff vollführete / sein Pferd rasend ward /alles in die quere lief / und sich weder an Sporn noch Zügel kehrete / auch am Häupte dicke geschwal / daß er grosse mühe hatte / ohn Gefahr abzusteigen / und nicht wuste / wohin er diesen Unfall rechnen solte; doch ließ er sein Pferd lauffen / und trat mit unerschrockenem Gemühte auff seinen Feind / welcher seiner zwar mit entblössetem Schwert / aber zuschlagenem Gewissen erwartete / daß sichs gar zeitig sehen ließ / auff welche seite die überwindung fallen würde; gestaltsam Klodius in wenig Streichen ihn zur Erden fellete / ihm den Helm abriß / und dräuete / dafern er seine Untahten nicht bekennen / und Abbitte tuhn würde / solte er durch Henkers Hand darzu genöhtiget werdẽ. Aber der Bösewicht gab ihm keine Antwort /sondern fassete sein eigẽ Schwert / und schnitte ihm selbst damit die Kehle ab / wovon er zur stunde geschwal / und jederman der Vergifftung innen ward /weil auch Klodius Pferd schon alle viere von sich streckete. Nach gehaltenem Kampfe / ließ der Stathalter des Tähters Hauß fleissig durchsuchen / da sich das blutige Kleid in einem Winkel fand / und sein Hausgesinde bezeugete / er hätte es des Tages / als er mit dem Frauenzimmer zu hause kommen / sehr spät angelegt; kam also sein mördliches Vornehmen an den Tag / und ward sein Leichnam dem Henker übergeben / ihn auff die Schindgrube zuschleppen; Klodius aber ward in alle seine Güter eigentühmlich eingesetzet / weil er keine nahe Erben hinterließ / wie dann der Käyser selbst eine solche Urtel vor rechtmässig hielt und erkennete.


Ende des Andern Buch.

Quelle:
Andreas Heinrich Buchholtz: Des Christlichen Teutschen Großfürsten Herkules Und Der Böhmischen Königlichen Fräulein Valiska Wunder-Geschichte. 6 Bücher in 2 Teilen, Teil 1, Braunschweig 1659/60, S. 248-474.
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Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.

442 Seiten, 16.80 Euro

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