1186. An Nanda Keßler

[125] 1186. An Nanda Keßler


Wiedensahl 18. Apr. 98.


Meine liebe Nanda!

Ich danke Dir herzlich für dein freundliches Gedenken und das anmuthige photographische Bildniß.

Die guten, lehrreichen Briefe der Frau v.S. hab ich auch gelesen und gefunden, daß sie nicht umsonst so berühmt und allgemein beliebt sind. (Du schreibst den Namen mit y, andere Schriftgelehrte schreiben ihn mit é. Wer hat recht?)

Und nun also nehm ich fest an, daß dein längst gehegter Wunsch, die Allerweltswunderstadt Paris zu besuchen, im Mai in Erfüllung geht. Ich hatte gedacht, du wärst schon dort. Auch die Letty und die Mama stellte ich mir als Reisende vor, wie sie in Florenz herum wandelten zwischen all den Herrlichkeiten, die da drinnen und draußen so hübsch dicht bei einander sind.

Im übrigen vernehm ich zu meiner Freude, daß ihr radelt und Ball schlagt, also jedenfalls fröhlich und gesund seid.

Ich meinerseits krame gemächlich im Garten herum und grolle hin und wieder ein wenig auf den kühlfeuchten, neckischen Frühling.

Leb wohl, liebe Nanda! Sei vielmals gegrüßt mitsammt deinen zwei stattlichen Kindern, und, bitte, grüß auch die lieben Nachbarsleute von deinem alten

Onkel Wilhelm.[125]

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band II: Briefe 1893 bis 1908, Hannover 1969, S. 125-126.
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