1196. An Hermann Nöldeke

[130] 1196. An Hermann Nöldeke


Wiedensahl 28. Juni 98.


Lieber Hermann!

Ich danke dir für deinen Brief von neulich. – Gut, daß Otto nun auch die Nachricht vom Konsistorium hat, denn der alte Jesuiter, der's zuerst gesagt, war mir doch nicht ganz zuverläßig. – Otto scheint in Zweifel zu sein, wo er in M. übernachten kann, wenn er demnächst dort predigen muß. Wohntest du nicht damals in Hattorf beim Kantor? Und ist das nicht so üblich? Bitte, schreib doch Otto mal darüber. – Die Hunteburger sind vermuthlich in Barnstorf.

Mutter, die Ende dieser Woche wiederkommen will, ist jetzt in Münster. Wir warteten vergeblich auf Nachricht aus Norden; nun stellt's sich heraus, daß Anna's Brief dorthin verloren gegangen ist.[130]

Wie ist es denn mit der Diphteritis bei euch?

Und dann: Wie machte sich die Fahnenweihe?

Unser Schützenfest ist Donnerstag und Freitag glücklich gefeiert. Anna war beidemal hin und kam vergnügt und pünktlich zurück. Sie wirthschaftet vor wie nach bei immer gleich guter Laune zu meiner vollen Zufriedenheit.

Bohnen stehen gut, ausgenommen die Stangenwachsbohnen. Auch die Gurken gefallen mir jetzt. Kürbis kam her und kam nicht. Nur das mittlere Erbsenfeld wird ergiebig sein; die beiden andern sind das Stiefeln nicht werth, so hat die Erdratte drin gehaust.

Die Rosen blühen ganz schön; haben aber durch den Wind und Regen letzther gelitten. Die voriges Jahr von dir oculirten haben erste Knospen.

Unsere Schwarzdroßeln bauen ihr Nest für die zweite Brut oben auf's Dach in den wilden Wein, wo sie ja wohl sicher sind vor der Katze.

Leb wohl, lieber Hermann! Herzliche Grüße an dich, Sophiechen und die Kinder; auch von Annchen.

Stets dein getr. Onkel

Wilhelm.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band II: Briefe 1893 bis 1908, Hannover 1969, S. 130-131.
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