12. An Friedrich Warnecke

[11] 12. An Friedrich Warnecke


Wiedensahl. d. 4 April. 1856.


Mein lieber Warnecke.

In der Hoffnung, daß Sie das schöne Wetter vielleicht noch acht Tage länger als billig in Hameln zurückgehalten hat, schicke ich diese Zeilen erst jetzt ab und schmeichle mir, daß Sie noch keine Grobheiten über Schreibfaulheit meinerseits haben fallen laßen, obgleich eine Reise von dem schönen Hameln in die Lüneburger Haide gerade keine rosige Laune zur Folge haben kann. – Vor einigen Tagen machte ich auch einen Abstecher in die Haide, wenn auch nur in die Seelenfelder Haide, von der Sie Heide vielleicht gar noch nicht einmal etwas gehört haben. Und doch ist sie nur etwa anderthalb Stunden von hier, nämlich von Wiedensahl, entfernt und ist wohl – auf Ehre! – 1 Stunde breit und 1 Stunde lang. Nun hat man da mehrfach, (sowohl durch Zufall, wie mit Absicht), Aschenurnen ausgegraben, was einige Gelehrte auf den Gedanken gebracht, daß hier eine Schlacht zwischen Römern und Deutschen vorgefallen sein müße. Von diesen Aschentöpfen hätte ich nun auch gar zu gern einige gehabt; machte mich derowegen mit einem mächtigen Spaten bewaffnet auf den Weg in die Haide und fing bei einem Hügel abscheulich zu wühlen an; aber die Sonne ging ihrem Untergange nahe, ohne daß ich etwas anderes gefunden hätte als Maikäferlarven, sich verkrochen habende Eidechsen und Frösche und – – lahmen Rücken nebst müden Beinen, mit welchen letztern ich mich bei den letzten Strahlen der scheidenden Sonne nach Hause trollte. –

Für Zusendung der Hann. Chron. meinen Dank. Die Siegel darin sind freilich lange nicht so gut gezeichnet, wie in der Oldenb. Chron., doch haben mich ein paar hildesheim'sche Bischöfe mit ihren spitzen Mützen und dünnen winzigen Beinchen in ihrer chinesenartigen Unbeholfenheit vielen Spaß gemacht. Ich bin jetzt dabei, die Lehnsbriefe zu studiren.

Einliegend einige Wappen aus der Stadthagener Kirche, wobei ich aber die Farben nicht habe angeben können, weil ich sie nicht vorfand.

1) Grabmal der Gräfin Oynhausen. 1700?

Darauf findet sich das schaumb. Wappen und das Oynhaus. Wappen. In diesem letztern befinden sich auch solche 3 Fänge oder Krallen, wie in dem einen Wappen, welches ich Ihnen neulich aus der Loccumer Kirche zuschickte[11] und welches Sie nicht kannten, nur daß die Krallen bei diesem letztern nach unten gerichtet waren. Sollten die beiden nichts mit einander zu thun haben? Hier eine ungefähre Skizze:


12. An Friedrich Warnecke

2) Landsbergisches Grabm.

Darauf finden sich:

1) Landsb. Wappen, 2) zwei Lilien in einem Balken (s. Fig.).

3) 3 Rosen (Hallermund?)

3) Münchhausensches Grabm.

1) Münchhausen, 2) Smisin (Schmiesing), 3) van Warpen, 4) Kettler, 5) Penter, 6) Holttorpe, 7) Westval.

Von den fürstlichen Begräbnißen habe ich kein Wappen gezeichnet.

Mit herzlichen Grüßen Wilh. Busch.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 11-12.
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