1211. An Johanna Keßler

[137] 1211. An Johanna Keßler


Mechtshausen

bei Groß-Rhüden a/ Harz

12. November 1898.


Liebste Tante!

Ihr letzter Brief traf mich nicht mehr in Wiedensahl, sondern in Hattorf, wo ich so lange blieb, bis der Umzug beendigt war. Seit dem 1ten November bin ich nun in Mechtshausen, einem kleinen Dorfe von 400 Einwohnern, das, ein wenig erhöht, am Fuße des langgestreckten, dicht bewaldeten und fünf Minuten entfernten Heberberges liegt. Das Pfarrhaus ist neu und geräumig; an der Südseite stehen alte Bäume; dann kommt der sehr große Obst- und Gemüsegarten, von wo man hinaus in den Harz sieht. Zur Bahnstation Gr. Rhüden kann man bequem in 3/4 Stunden gehn. Die nächsten Städtchen und die nächste Stadt sind Seesen, Bockenem und Hildesheim. Kreiensen, an der Bahn Hannover-Frankfurt, liegt nicht weit.

Nun denn! Der Anfang Allhier gefällt mir gut; bleibt's noch weiter so, dann kann ich zufrieden sein. Viele Jahre braucht's ja so wieso nicht mehr zu dauern.

Wie geht es denn Ihnen und den Ihrigen? Von Nanda hört ich lange nichts. Und wie befindet sich Philipp in Mentone?

Leben Sie wohl, liebste Tante! Viele herzliche Grüße von

Ihrem alten

Onkel Wilhelm.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band II: Briefe 1893 bis 1908, Hannover 1969, S. 137.
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