1318. An Christoph Fr. H. Walther

[181] 1318. An Christoph Fr. H. Walther


Mechtshausen 18. Oct. 1901.


Sehr geehrter Herr Doctor!

Für den Brief vom 12ten dss sag ich Ihnen freundlichen Dank.

Die Ils fließt in die Gäle, die Gäle in die Weser. Die spukenden Todten aus der Wiedensahler Gegend verbannte man in der Regel über Gäle und Ils, weil dies die nächsten fließenden Waßer sind. – Als Namensverwandte der Ils kenne ich, außer der Ilse im Harz, die Elze (früher Else geschrieben) bei Hunteburg an der Hunte; und eine gleiche soll es bei Melle geben. –

Was ich von der Ooste (in Hunteburg schlechtweg raukfang genannt) schon früher gesagt habe, darf ich wohl noch ein wenig ergänzen: Die Ooste fängt, während sie zugleich Funken und Flockasche zurückhält, den aufsteigenden Dampf ab, drängt ihn nach außen und leitet ihn so, ehe er sich zerstreut, an die weiter vorn unter der Decke schwebenden Würste, Schinken und Speckseiten. Die zwei Kragbalken, auf denen das wagerechte Dach der Ooste ruht, verbindet ein Rundstab, um den Kiätelhaken (in Hunteburg lenkhaul) dran aufzuhängen.

Von dem Gitterverschlage den ich ein Mal auf einer Ooste gesehen, vermuthe ich, daß er zur Aufbewahrung und zum Verschluß der geräucherten Sachen diente. – Auf die Ooste gehört womöglich ein dönnerkiel (Belemit) gegen den Blitz.

Das Wort öse vernahm ich, abgesehen von Hakenfaßer an Kleidungsstücken, als technische Bezeichnung gewißer Hölzer, die auf die unteren Enden des Sparren genagelt werden zur Bildung der Traufe. Wenn ich nicht irre, ist gewöhnlich Traufe = drüppenfall, aber fachmännisch wird sie wohl anders heißen. – Ob das bauchig vorspringende Strohdach an den Giebelseiten der meisten alten westfälischen Bauernhäuser einen besonderen Namen hat, kann ich gleichfalls nicht sagen. – In den Heyneschen Hausalterthümern fand ich ase und este als Darre vermerkt. Auch hört ich, die Ooste würde in der Gegend von Nienburg räm genannt. – Und so ist sie denn vielleicht ursprünglich eine Art Horde, oder ein aus Ästen und Zweigen geflochtener Behälter zum Dörren und Räuchern über dem offenen Heerdfeuer gewesen.

Mit ergebenstem Gruß

Ihr Wilh. Busch.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band II: Briefe 1893 bis 1908, Hannover 1969, S. 181.
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