1645. An Franz von Lenbach

1645. An Franz von Lenbach


Wiedensahl 5. Dec. 85.


Durch die Photographie, liebster Lenbach, hast Du mir in der That eine hochachtungsvolle Freude bereitet, und ich spreche: Bravissimo! – – Die Anerkennung fremden Verdienstes hat ja immer was Peinliches. – Du verzeihst mir also wohl, wenn ich sogleich zu etwas anderm übergehe und Dir z.B. meine Befriedigung darüber ausdrücke, daß Dein als Hauptapparat der Beredsamkeit und auch sonst so nützlicher Hals annähernd wieder hergestellt ist; und da der eigene Einem fast noch lieber ist als andre, so beeile ich mich, Dir mitzutheilen und zu klagen, daß auch mich letzther ein recht muntrer Husten gehabt und entrüstet und als Tisch- und Bettgenoß, ganz unbekümmert um Lieb oder Haß, über Kaßel, Ebergötzen und den Duderstädter Pferdemarkt bis zurück in die heimathliche Hütte beglückt hat. – Da sitz ich nun wieder und denke unter anderm, wie froh ich doch war, Dich, der mir gewöhnlich nur ein angenehmes Phantom, alldort zu Kaßel mal wieder in überzeugender Weise eßen, trinken und rauchen zu sehn.

Gehab Dich wohl, lieber Mensch! Bring mich den Freunden gelegentlich in gutmüthige Erinnerung, so weit dies Deine Natur erlaubt.

Ich bin stets Dein getreuester

Wilh. Busch.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968.
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