639. An Franz von Lenbach

639. An Franz von Lenbach


Wiedensahl 6. Jan. 86.


Dein angenehmer Brief, liebster Lenbach, begrüßte mich, als ich, nachdem die übliche Sylvesterbowle zu Wolfenbüttel erledigt, vor ein paar Tagen wieder hinter den heimathlichen Ofen kroch. – Ein neues Jahr ist angezapft. Mögen dir die anmuthig dahin schwebenden Horen mit ihrem süßesten Lächeln manch guten Trunk daraus kredenzen![264]

Und Rom? – Da die Phantasie, die rosabefiederte, sich nun mal auf dieses warme Ei gesetzt, so will ich nur wünschen, daß sie der »schwarze Vogel« nicht wieder vom Neste beißt. Was könnte mir auch erwünschter sein, als unter solch ansprechenden Bedingungen, wie sie mir wohl niemals wieder entgegen kommen, mit dir, mein lieber Mensch, durch jene vielbelobte Stadt zu streichen, wo selbst für einen alten Jungen, als wie mich, wohl dies und das noch höchlich zum Verwundern ist. Die besondere Wohlthat, all die Schönheiten, zugleich noch obendrein unter der kundigen Führung eines gelahrten königl. Profeßors genießen zu dürfen, ist zu auffallend und selbstverständlich, um ihrer noch extra Erwähnung zu thun. Dahingegen will ich mir nochmals, und zwar ausdrücklich, die Erinnerung zuwehen, daß einem die gefräßigen Mäuse Wenn und Ob und Aber oft grad an die besten Würste gehn, die man sich hoffnungsvoll in den Rauch gehängt. – Also bald, also Ende dieses Monats, bist du wieder ultramontan. Vergiß nicht, daß diesseits der Berge auch noch Leute wohnen, welche dich gern haben, wenigstens z.B.

Dein getreuster Wilh. Busch.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 264-265.
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