19. An Otto Bassermann

[18] 19. An Otto Bassermann


München d. 14 Mai 1860.


Lieber Baßermann!

Wie hat mir dein freundlicher Brief doch solch herzliche Freude gemacht! – Hoffentlich treffen dich diese paar Zeilen in dem schönen Dresden an, zusammen mit Freund Krüger; meine Gedanken begleiten euch an all die schönen Orte in der Stadt und am Strom, die mir noch in sonnigster Erinnerung sind. Du wirst da wohl wenig Zeit finden, an uns herüber zu denken; doch müßen dir wohl zuweilen die Ohren klingen, denn besonders in den letzten Tagen wurde Dein Name häufig genannt. Man entbehrt dich. Am nächsten Montag wird ja auf der Menterschwaig ein großes allgemeines Künstlermaifest sein; der Grundgedanke ist die Imitation eines Volksfestes, ein Gedanke, der sich in den weitesten Schranken günstig verwerthen läßt; nur fürchte ich, daß man den Termin der Ausführung doch etwas zu nahe gerückt hat. Unter den Imitationen sind die »fahrenden Schauspieler« auf unsern Verein gefallen. Der »Heinz« wird aufgeführt,[18] natürlich auf Stöger's eigenen Vorschlag; er flackert ganz in der Gluht der gloire. Der Ertrag des ganzen Festes ist für das Arndtdenkmal bestimmt: (O fade Schwätzerei und leere Demonstration, wo Thaten herzlich Noth thäten!!) Und doch fürchtet man sich bei dieser Gelegenheit das »deutsche Vaterland« von Arndt zu singen. – –

Freund Krüger hoffen wir beim Feste zu sehen. –

Unger reiste gestern nach Göttingen ab. Er trug in den letzten Tagen eine himmelschreiend violette Kravatte, die ihm aber durch die Stimme des Volkes dermaßen zuwider gemacht wurde, daß er sie mir überantwortete; nun hängt sie mit sammt dem Hundskopfe als Trophäe an der Wand. – – Leb wohl, Lieber; nach Graz schreib ich dir ausführlich.

Wilh. B.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 18-19.
Lizenz: