29. An Otto Bassermann

[25] 29. An Otto Bassermann


Wiedensahl d. 23 Nov. 62.


Als ich dich, lieber Otto, vor nu[n]mehr fünf Wochen in deiner Wohnung aufsuchte, um dir Lebewohl zu sagen, da lagst du mit der Juppe im Bett und hattest zu schwitzen eingenommen. Ich konnte damals nicht denken, daß dein Unwohlsein sich bedenklicher Gestalten würde. Erst von Freund Seppel erfuhr ich, daß es schlimmer mit dir geworden, zugleich aber auch, daß du bereits wieder auf der Beßerung seiest. Ich weiß ja selber recht gut,[25] wie langweilig es ist, so weit von der Heimath krank zu sein, und habe es recht bedauert, nicht dort zu sein, um dir Gesellschaft zu leisten. – Wenn ich Weihnachten zurückkomme, hoffe ich dich wieder wohl zu sehn. –

Meine Zeit fließt hier sehr einförmig dahin. Die Katechismusfrage habe ich gründlich studirt; außerdem etwas Geschichte. Wenn ich zurückkehre, so hoffe ich mit Dir gemeinschaftlich darin etwas Weiteres zu thun. Es ist mir nun doch recht leid, daß ich mir von dir nicht einige Bücher mitgenommen. – Dem Biergenuße habe ich seither gänzlich entsagen müßen, ohne jedoch eine Abnahme der so lästigen Korpulenz zu verspüren, obschon ich mich noch obendrein vor einigen Tagen auf einer Bauernhochzeit der sonst mageren Muse des Tanzes in die Arme geworfen.

Grüße Dernen und Leb wohl!

Dein getr. Fr.

W. Busch.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 25-26.
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