353. An Erich Bachmann

[168] 353. An Erich Bachmann


Insel Borkum 14 Juli 76


Mein lieber Erich!

Es war mir allerdings auffällig, daß ich so lange keinen Brief von Dir bekam, aber an Krankheit hatt' ich doch nicht gedacht. Es müßen diese Art Schmerzen schwer auszuhalten sein. An ein bestimmt ausgesprochenes Übel kann ich nicht glauben. Du hast ja von Zeit zu Zeit immer mal so einen Anfall gehabt, und Deine sonst kernige Natur wird dadurch nicht in's Wanken kommen. Daß er mit den Jahren was zu kröppeln kriegt, darauf muß sich allerdings Jeder gefaßt machen.

Etwas über Acht Tage bin ich mit meinem Neffen hier; mein Bruder Hermann ist vor ein paar Tagen nachgekommen. Die Insel gefällt mir beßer, als ich vorher dachte. Auf hübschen Wiesen und Weiden geht eine Menge Vieh. Der Leuchtthurm und die Kaaps (Seezeichen) geben dem Ort ein stadtartiges Ansehn; sonst sind nur 600 Einwohner da, wozu jetzt ein paar Hundert Kurgäste kommen. Wer allein sein will, der kann es; wer so Gesellschaft sucht, findet genug davon. Wir eßen Mittags an der table d'hôte im Hôtel, sonst zu Hause, und Abends wird in der Restauration ein Glas Bier getrunken.

Etwa 14 Tage wollen wir noch hier bleiben. Schreib mir jedenfalls noch hierher. Eine spezielle Adreße ist nicht nöthig.

Viele herzliche Grüße von

Deinem getreuen Freunde

Wilhelm.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 168.
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