405. An Paul Lindau

405. An Paul Lindau


Wiedensahl Febr. 78.


Lieber Lindau!

Besten Dank für Ihren »Johannistrieb«. Das Stück geht so frisch und natürlich von Anfang bis zu Ende, daß mir der große Beifall, den's findet, sehr begreiflich ist. – Die unverdient liebenswürdige Vivisection des Karnickels in »Nord und Süd« hat mir viel Spaß gemacht. Ich durfte ja nicht hoffen, daß Sie so viel Gründlichkeit daran verschwenden würden, sonst hätte ich Ihnen ausführlichere Notizen geliefert. – Die ersten Bilderbogen waren bloß in Zeichnungen gedacht. Einige davon erklärte ich nachträglich in Versen, nur einen, soweit ich weiß (zwei alte Leute mit der[183] Maus), in Prosa. Was sonst von Text in Prosa vorkommt, rührt vom Verleger her. – Über meine apistische Thätigkeit haben Sie viel zu viel Gutes berichtet. Vor mehr als zwanzig Jahren, als ich Imker in Brasilien werden wollte, da hab' ich die Bienenzucht allerdings gründlich gelernt, bei meinem lieben Erzieher und treuen Onkel Kleine, der neben Dzierzon die erste apistische Autorität in Deutschland ist. Er gab ein Blatt heraus, wozu ich hie und da einen Beitrag lieferte. Seitdem aber sah ich die Bienen nur noch gelegentlich. – Was »verheirathete Geschichten« betrifft, so sollen Sie zu einem Leider! künftighin keinen Grund mehr haben. Aus meiner niederländischen Haut werde ich aber wohl niemals heraus können. Wer das zeichnen will, besonders mit wenig Strichen, was schnell geschieht und mit ursprünglicher Begierde, der wird, wenn er nicht Schlachtenmaler ist, meist Bauern und Thiere in Action bringen müßen. Die gebildeten, wohldreßirten Leute laßen sich nichts merken. – Genug davon! Ich erstaune über meine ungewöhnliche Schreibseligkeit. Aber, tröstegott! wenn der Mensch auf sich selber zu sprechen kommt. – Also leben Sie recht wohl, lieber Freund, und seien Sie mit Frau und Kind aufs herzlichste gegrüßt von Ihrem ergebensten

Wilhelm Busch.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 183-184.
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