425. An Marie Hesse

[189] 425. An Marie Hesse


[München 28. Oktober 1878]


Meine liebe Frau Heße!

Ich möchte Ihnen doch mit einigen Zeilen sagen, daß ich Ihren freundlichen Brief in Wiedensahl erhalten habe, daß ich seit Sonntag vor acht Tagen in München bin, wo ich bis Weihnachten bleibe, und daß ich oft und gern an Sie und die Ihrigen gedenke.

So recht eingewöhnt bin ich hier noch nicht und werd es auch wohl nie. Mit der ländlichen Einsamkeit zu lange vertraut, kommt es mir nun so vor, als wär ich auf einmal zwischen die Buden eines recht unruhigen Jahrmarkts gekommen. Die Bekannten hab ich so ziemlich alle besucht und »durchgegeßen« und bin nie vor Mitternacht zu Bett gekommen. Mein Trost ist mein trauliches Arbeitszimmer, was ich hinter mir zusperre.

Waren die letzten Tage auch bei Ihnen so sonnig und gut? – Da werden die beiden Kinder wohl noch recht lustig auf dem Velociped herum gesaust sein.

Falls Sie dran denken sollten, mir demnächst mal mit einigen Worten mitzutheilen, wie's bei Ihnen geht, so würde mich das sehr freuen. Ich wohne im »Europäischen Hof«.

Mit den besten Grüßen an Herrn Heße und die Kinder verbleibe ich

Ihr aufrichtig ergebener

Wilh. Busch.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 189-190.
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