48. An Johanne Busch

[45] 48. An Johanne Busch


München d. 2 Jan. 68.


Liebe Schwägerin!

Ich sage Dir meinen herzlichsten Dank für die schöne Börse! Nicht allein die geschmackvolle Arbeit, nicht die Nützlichkeit des Gegenstandes, sondern vor allen Dingen der Gedanke, daß du bei Deiner vielfachen Beschäftigung im Hause noch Muße gefunden, mir Deine freundliche Erinnerung zu beweisen, ist es, was mir dies Geschenk so werthvoll macht. Sei überzeugt, daß ich niemals vergeßen werde, wie viel wir alle Dir zu danken haben, und welch eine Beruhigung es mir ist, zu wißen, daß Du unserer guten Mutter eine freundliche Stütze bist. Ich freue mich schon auf die Sommerzeit, wo ich die Behaglichkeit des elterlichen Hauses einmal wieder so recht zu genießen hoffe. Der Neffe Friedrich wird dann auch an Geist und Körper schon bemerklich gewachsen sein. Erinnere ihn nur fleißig an den Onkel Wilhelm, (und wenn's ihm auch nur ein Name ist) bis dann der Herr Onkel wieder leibhaftig vor ihm steht, um seine persönliche Bekanntschaft wieder zu erneuern.

Freund Hanfstängl ist bei großer Kälte über die Alpen glücklich hinüber und zurückgefahren. Seiner Frau scheint die milde Luft auf der andern Seite der Berge recht gut zu bekommen. Das Wetter war dort so gelinde, daß die Leute behaglich vor den Thüren saßen. Eine Rose, die er im Freien gepflückt, brachte er am Hute mit herüber.

An Nöldeke sag meinen Dank für seinen freundlichen Brief und daß ich die Gevatterschaft mit Freuden acceptire.

Leb wohl, liebe Johanne! Grüße Papa, Mama, Fanny, Bruder Adolf und Herrmann und sei überzeugt, daß ich stets bin

Dein getr. Schwager

Wilhelm.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 45.
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