505. An Friedrich August von Kaulbach

[215] 505. An Friedrich August von Kaulbach


Wiedensahl 15. Jan. 81.


Liebster Kaulbach!

Zaubertränke dürften, wenn überhaupt, auf meine leidlich feste Constitution wohl nur eine leichte durch- und vorübergehende Wirkung ausüben. Auch bin ich noch immer herüben auf diesem Ufer; habe für diesmal noch nicht von dem erwähnten Flußwaßer getrunken; und wenn ich's auch ehedem schon gethan und mich deshalb deiner aus den Präexistenzen nicht gehörig mehr erinnere, so denke ich doch stets daran, wie viel Freundliches mir bei diesen meinen Lebzeiten in Eurem Hause schon widerfahren ist. Nur scheint der Hang zur Einsamkeit, wie die Glatze, immer größer zu werden. Ich wünschte fast noch tiefer in der Haide zu sitzen, da wo der Birke spärliche Locken im Winde wehn. – Im Übrigen geht's gut. Nach dem dauerhaften Miesterwetter haben wir einen klaren, knirschenden Winter gekriegt. Eben geht die Sonne unter, und hinter der Windmühle über den Wald schiebt sich sacht der große Mond herauf. – Leb recht wohl, lieber Kaulbach! Empfiehl mich den Bekannten und grüß mir mit besonderem Nachdruck

unser liebenswürdiges Madamchen und den Onkel.

Dein alter

Wilh. Busch

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 215-216.
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