6. An die Eltern

[5] 6. An die Eltern


Antwerpen den 1ten December 1852.


Theure Eltern!

Für dieses Mal werden es nur wenige Worte sein, die ich Euch mitzutheilen habe. Ich denke jetzt zu dem Punkte gekommen zu sein, wo ich meine Vorstudien so ziemlich beendigt nennen kann. In Kurzem hoffe ich deshalb wieder bei Euch zu sein um dann verschiedene Studien nach der Natur zu malen und darauf ein Bild anzufangen. Die Zeit meiner Ankunft will ich jetzt noch nicht bestimmen; vielleicht überrasche ich Euch einmal. –

In letzterer Zeit habe ich mich hier ziemlich einsam gefühlt. Schulz und Klemme sind schon sehr lange fort und in letzterer Zeit ist nun auch Justus Ebhardt nach Hannover abgereis't. Es gefiel ihm hier nicht mehr, sowohl in der Stadt, als auch in der Familie seines Prinzipals. Wir waren sehr gute Freunde zusammen, ganz im Gegensatz zu früheren Zeiten, wo wir uns, wie Ihr wißt, fast immer gezankt haben. Das ist aber auch ganz natürlich. Er ist jetzt den Flegeljahren so ziemlich entwachsen und hat sich in der Zeit, wo er von Hause fort gewesen ist, auch einmal in andere Leute schicken lernen müßen.

In seinem letzten Briefe von Hannover schreibt er mir, daß er Euch einmal zu besuchen gedenkt.

Den 20ten dieses Monats erwarte ich wieder Geld von Euch. Schickt mir etwa 40 Thaler. So lange die dann reichen, werde ich noch hier bleiben.

Mehr und näheres mündlich. Viele Grüße an Fanny und die Übrigen. Auf baldiges Wiedersehn. – Euer Euch stets liebender Sohn

Wilhelm.


N.B. Im Fall Ihr meine Adreße nicht mehr haben solltet:

J. Timmermans

pont au fromage No 320

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 5-6.
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