607. An Hermann Nöldeke

[252] 607. An Hermann Nöldeke


Wiedensahl Freitag 16 Mai 84


Lieber Hermann!

Deinen Brief hab ich soeben erhalten. – Ich denke allerdings noch vor Pfingsten einige Tage hinaus zu fahren – Ülzen, Lübeck, Preetz – bin aber ein wenig von den Correkturbogen abhängig. Falls ich reise, richt' ich's so ein, daß ich einen Sonnabend oder Sonntag in Preetz bin und schreibe dir noch vorher. – Hier ist Alles beim alten, außer, daß die Putkemöllersche gestorben ist. Und dann, richtig, ist seit ein paar Wochen schon ein Puppentheater hier, was das kunstliebende Publikum sehr anzieht. Ich war Sonntag im Faust – das alte Volksstück sehr gekürzt – die Puppen viel zu groß – hat mich aber trotzdem doch intereßirt.

Den hartnäckigen Sperling, der durchaus über mein Kammerfenster unter's Dach bauen wollte, hab ich doch endlich auf andere Gedanken gebracht. Hab aber das Nest jeden Tag zwei bis drei mal ausdrehen müßen. Im Epheu hat sich ein Hänfling angebaut.

Nächstens denk ich Klötze und Äste zu einer Naturbank zu bekommen; werde aber wohl mit dem Bau derselben bis zu deiner Ankunft im Herbst warten – wenn ich so lange Geduld habe.

Dienstag zog ein heftiges Gewitter an den Bergen hin nach Osten. Mitwoch Nachmittag war ich in Stadthagen; auch die beiden Wiedensahler Schulmeister waren dort; wollten Abends zusammen zurück gehn; traf Meyer nicht; fuhr deshalb schon gleich mit der Post zurück; eben, als ich zu Haus, brach ein Platzregen los. –

Herzliche Grüße!

Dein getr. Onkel Wilhelm

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band II: Briefe 1893 bis 1908, Hannover 1969.
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