790. An Marie Hesse

[321] 790. An Marie Hesse


[Wiedensahl 3. Mai 90.]


Ich danke Ihnen, liebe Frau Heße, für Ihren freundlichen Brief. – Also 's Gretel ist fort von daheim. Das war hart für Sie, und wie gut ist's nun, daß Sie wenigstens in Ihrem Hauswesen Beschäftigung und an dem was kreucht und fleucht, was brummt und bellt und kräht, Ihre Freud und Unterhaltung finden. – Was mich alten Jungen anbelangt, so seh ich noch immer gern zu, wie's draußen im Wechsel der Jahreszeiten so wächst und wird und vergeht. Anitzo drängt alles in Laub und Blüthen, daß die Welt schier eng davon wird. Weit hinaus seh ich die Felder gekleidet in's schönste Roggengrün, dahinter, dito, den aufgelebten Buchenwald. – Meine gute Schwester ist seit einigen Wochen in Hattorf bei Hermann, deßen kleins Mädel sie am Sonntag nach Ostern mit dem Namen Gertrud getauft haben. Otto, der wieder in Göttingen, und Göttingen ist nah bei Hattorf, kommt jeden Sonntag dort hin. Adolf, in Wolfenbüttel, reitet und rackert sich ab bei den Geschützen. Seit voriger Woche ist er leider Stubenpatient, weil er sich das Bein gequetscht hat; recht ungelegen, falls er nicht wieder hoch bis 16. Mai, wo ausgerückt wird nach Lockstädt zur Schießübung.

Leben Sie wohl, liebe Fr. Heße! Zu Ihrer Kur wünsche ich I[h]nen gründlichen Erfolg. Mit herzl. Grüßen Ihr alter

Wilh. Busch.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 321.
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