809. An Adolf Nöldeke

809. An Adolf Nöldeke


Wiedensahl Montag Nachmittag [9. März 1891]


Lieber Adolf!

Ich laße heute 80 Mk. bei der Post für dich einzahlen. – Mit Mutter sprach ich über deine Fahrt nach Barnstorf. Wir sind ja nicht ganz ohne Bedenken, meinen aber doch, daß du hinfährst; nur würd ich mich vorsichtshalber beim Zähneputzen gekochten Waßers bedienen. Melde dich aber lieber nicht eher an, wie durchaus nöthig, da du doch wohl mit Otto möglichst lange hier zusammen sein willst und wir noch Nachricht von Münster erwarten, wann sie dort mit Annas Ausstattung für Wiesbaden und dem Umzuge in Ordnung sind.

Ich kam Sonnabend abends wieder, per Leitners Break, bei mildem Regenwetter, jedoch sicher eingewickelt. Otto, der die offiziellen Besuche in Hannover unerwartet schon Freitag erledigen konnte, war bereits mit der Morgenpost angekommen. In diesem Augenblick wird er wohl zwischen Celle und Lüneburg im Zuge nach Hamburg sausen. Es ist sanftes, dichtes Schneeschlackerwetter.[329]

In Hattorf fand ich den Garten noch förmlich vergletschert. Dann kam bodenloser Schmutz, als es am vorigen Montag zu regnen anfing. Dann kam das junge Mädchen; Backfisch; asthmatisch, aber lustig, gutmüthig, unbefangen, gradezu. – Trude war lustig zu sehn. Unter ihren sonstigen Gescheidtheiten will ich nur erwähnen, daß sie eine musikalische Phrase von drei Tönen wirklich richtig nachsingen kann, wenn auch nicht jedes Mal. – Ostern kommt dann der Bengel aus Bückeburg. Ich denke, sie müßen die beste Stube zur Wohnstube machen, damit sich die Gesellschaft nicht fortwährend auf den Hühneraugen herum steht. Trudchen gebraucht bei ihren Laufversuchen auch immer mehr Platz.

Sei herzlich gegrüßt, lieber Adolf, von Mutter, Marie, Frl. K. und deinem getr. Onkel

W.B.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 329-330.
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