852. An Friedrich August vor Kaulbach

852. An Friedrich August vor Kaulbach


Wiedensahl 10. Jan. 92.


Sei bedankt, lieber Kaulbach, für deinen freundlichen Brief. – Solche »Seifensieder«, wie der erwähnte, sind wohl mehr oder weniger alle, welche die Ruhe des Nichtgeborenseins mit der Unrast des Lebens vertauscht haben. »Schlaf« und »Lieder« laßen allmählig nach und ob man die schließlich wieder kriegt, nachdem man der Welt die »hundert Thaler« bis auf den letzten Pfennig zurückgezahlt, ist immer sehr fraglich. Inzwischen, wenn man auch nicht grad »singen« kann, bezeugt man sich dankbar mit der musikalischen Fähigkeit, wenigstens so hübsch still vor sich hin zu »flöten«. Schon längst sprang einer über den Chaußeegraben in's Gestrüpp; er sammelt seine kleinen Gedankenkräuter und destillirt sie; und biegt er mal wieder ab, zufällig, auf die Heerstraße, und es begegnen ihm »Leut«, so schütteln's die Köpf über den Kerl, weil er auch so ganz und gar nicht mehr »landesüblich« ist. Doch du nicht, so hoff ich, so weiß ich; und schad war's, daß wir uns neulich in diesem Frankfurt, zwischen Juden und Christen, so unwißend verpaßt haben. –

Dein Hauswesen scheint hübsch in Ordnung zu sein. Empfiehl mich, bitte, der ganzen Genoßenschaft, der Frau Gemahlin besonders, und sei selbst recht herzlich gegrüßt von deinem alten

Wilh. Busch.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 345.
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