938. An Hermann Nöldeke

[21] 938. An Hermann Nöldeke


Wiedensahl Sonnabend. [Nov. 1893]


Lieber Hermann!

Ich danke dir für deinen Brief. Wenn doch Sophiechen erst mal wieder hoch sein könnte; ich kann mir denken, wie sehr sie sich danach sehnt. – Da Mutter und Irmgard so gut zusammen kramen können, denk ich, sie bleiben noch etwas bei einander. – Hier im Garten ist neulich der Buxbaum umgelegt. Das hat Luft gegeben. Ein paar Fuder Überschuß. Wir waren ordentlich besorgt, wo wir damit bleiben sollten. Aber das ausgesprengte Gerücht, daß jetzt Buschboom zu haben sei und später nicht mehr, hat Abnehmer herbei gelockt.

Sonnabend vor acht Tagen fuhr ich mal nach Celle. Fast Jeder war etwas erkältet; nur Onkel nicht. Er hat den Direktor zu vertreten, solange derselbe in Hannover synodelt. – Zu einem Geburtstage bei Nöldekens wurde auch Onkel Prorektor erwartet. – Mich erwischte in Celle mein alter abscheulicher Husten mal wieder, und hat mich auch hier in Wiedensahl noch nicht ganz wieder losgelaßen. Es geht aber merklich beßer damit.

Vorgestern war unser berühmter Markt. Alles ist ruhig und programmäßig verlaufen. Nur ein Unglück ist paßirt: Pastors Mädchen geht eben mal bei Ronnenbergs vorbei, geht eben mal hinein zum Tanz, und alsbald liegt sie streckelangs da, und ein wohlbeschlagener Fuß tritt ihr auf die Finger; und als ihr der Docter den Nagel vollends herausgerißen, soll sie recht gejammert haben, schon deßhalb auch, weil sie, scheint's, zu diesem Tanze keine Erlaubniß hatte.

Wird das Wetter gelind, oder vielmehr bleibt es so, dann kommt Fritz ja wohl noch zum Graben und Umpflanzen der Farrnkräuter unter die Akazie.

Feldsalat ist maßenweis aufgelaufen; also Samen gebrauch ich nicht mehr.

Mit herzlichen Grüßen, auch von Frl. Kather,

dein getr. Onkel

Wilhelm

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band II: Briefe 1893 bis 1908, Hannover 1969, S. 21.
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