97. Empfänger unbekannt

[66] 97. Empfänger unbekannt


Wiedensahl d. 8 Aug 71.


Hochgeehrter Herr!

Nach dem Datum Ihres freundlichen Briefes zu urtheilen, hätte Ihr Manuscript schon früher in meine Hände kommen sollen. Es hat eben die Krümmungen mitmachen müßen, in denen ich mich seit Wochen bis hierher geschlängelt, wo ich nun für einige Tage zu bleiben gedenke.

Das Sinnig=allegorische der Erfindung, die drolligen Einfälle, die scherzhafte Pedanterie in der Ausdrucksweise haben mir in Ihrem Stück von Herzen wohlgefallen. Ich meine auch, es müßte sich Vieles darin recht gut zeichnen laßen. Aber – nun kommt das verwünschte Aber – aber es macht mir wirklich viele Mühe, mich so genügend in die Arbeit eines Andern hinein zu denken, um in meiner Art etwas dazu zeichnen zu können. Zum Theil ist es Unfähigkeit und Trägheit, zum Theil auch Eitelkeit, die alles allein machen möchte – zum größten Theil ist aber doch wohl Das der Grund, daß ich seit langer Zeit mich daran gewöhnt, immer zuerst das Bild und dann erst das Wort zu finden. Ich habe es daher schon zu vielfach, und auch bei Braun u. Schneiders, abgelehnt, ein fremdes Manuscript zu illustriren, als daß ich nun eine Ausnahme davon machen dürfte.[66]

Gedenken Sie meiner darum nicht unfreundlich, und seien Sie überzeugt, daß ich fest hoffe und mich stets freuen werde, Ihren litterarischen Arbeiten noch recht oft zu begegnen.

Mit freundlichem Gruß

Ihr ganz ergebenster

Wilh. Busch.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 66-67.
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