[Es wird mit Recht ein guter Braten]

[247] Es wird mit Recht ein guter Braten

Gerechnet zu den guten Taten;

Und daß man ihn gehörig mache,

Ist weibliche Charaktersache.

Ein braves Mädchen braucht dazu

Mal erstens reine Seelenruh,

Daß bei Verwendung der Gewürze

Sie sich nicht hastig überstürze.

Dann zweitens braucht sie Sinnigkeit,

Ja, sozusagen Innigkeit,

Damit sie alles appetitlich,

Bald so, bald so und recht gemütlich

Begießen, drehn und wenden könne,

Daß an der Sache nichts verbrenne.

In Summa braucht sie Herzensgüte,

Ein sanftes Sorgen im Gemüte,

Fast etwas Liebe insofern,

Für all die hübschen, edlen Herrn,

Die diesen Braten essen sollen

Und immer gern was Gutes wollen.

Ich weiß, daß hier ein jeder spricht:

Ein böses Mädchen kann es nicht.

Drum hab ich mir auch stets gedacht

Zu Haus und anderwärts:

Wer einen guten Braten macht,

Hat auch ein gutes Herz.

Quelle:
Wilhelm Busch: Sämtliche Werke, Herausgegeben v. Otto Nöldeke, Band 6, München 1943, S. 247.
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