Frühlingslied

[384] In der Laube von Syringen,

Oh, wie ist der Abend fein.

Brüder, laßt die Gläser klingen,

Angefüllt mit Maienwein.


Heija, der frische Mai

Er bringt uns mancherlei.

Das Schönste aber hier auf Erden

Ist lieben und geliebt zu werden,

Heija, im frischen Mai.


Über uns die lieben Sterne

Blinken hell und frohgemut,

Denn sie sehen schon von ferne,

Auch hier unten geht es gut.


Wer sich jetzt bei trüber Kerzen

Der Gelehrsamkeit befleißt,

Diesem wünschen wir von Herzen,

Daß er bald Professor heißt.


Wer als Wein- und

Weiberhasser

Jedermann im Wege steht,

Der genieße Brot und Wasser,

Bis er endlich in sich geht.


Wem vielleicht sein altes Hannchen

Irgendwie abhanden kam,

Nur getrost, es gab schon manchen,

Der ein neues Hannchen nahm.


Also, eh der Mai zu Ende,

Aufgeschaut und umgeblickt,

Keiner, der nicht eine fände,

Die ihn an ihr Herze drückt.
[385]

Jahre steigen auf und nieder;

Aber, wenn der Lenz erblüht,

Dann, ihr Brüder, immer wieder

Töne unser Jubellied.


Heija, der frische Mai,

Er bringt uns mancherlei,

Das Schönste aber hier auf Erden

Ist lieben und geliebt zu werden,

Heija, im frischen Mai.

Quelle:
Wilhelm Busch: Sämtliche Werke, Herausgegeben v. Otto Nöldeke, Band 6, München 1943, S. 384-386.
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