Der Bauer und der Windmüller

Der Bauer und der Windmüller

[121] Die Luft ist kühl, es weht der Wind.

Der Bauer zieht zur Mühl' geschwind.


Der Bauer und der Windmüller

Ei, denkt der brave Bauersmann,

Da bind' ich meinen Esel an.


Der Bauer und der Windmüller

[121] Der böse Müller hat's gesehn

Und läßt sogleich die Mühle gehn.


Der Bauer und der Windmüller

Den Esel zieht es fort, o Graus!

Der Müller guckt zum Loch heraus.
[122]

Der Bauer und der Windmüller

Am Schwanz hängt sich der Bauer an,

Was ihm jedoch nichts helfen kann.


Der Bauer und der Windmüller

Denn sieh! die Haare halten nicht.

Bumbs! liegt er da, der arme Wicht.
[123]

Der Bauer und der Windmüller

Der Müller aber mit Vergnügen

Sieht in der Luft den Esel fliegen.


Der Bauer und der Windmüller

Indessen haut dem Bäuerlein

Ein Flügel an das rechte Bein.
[124]

Der Bauer und der Windmüller

Jetzt endlich bleibt die Mühle stehn.

Doch um den Esel ist's geschehn.


Der Bauer und der Windmüller

Hier siehst du nun auf einem Karr'n

Den Abgeschied'nen heimwärts fahr'n.
[125]

Der Bauer und der Windmüller

Und als der Bauer kam nach Haus,

Fuhr seine Frau zur Tür heraus.


Der Bauer und der Windmüller

Mit einem Besen, groß und lang,

Macht sie dem Bauern angst und bang.
[126]

Der Bauer und der Windmüller

Der Bauer nimmt die Säge

Und wehrt sich ab die Schläge.


Der Bauer und der Windmüller

Ein Sägezahn trifft ganz genau

Ins Nasenloch der Bauersfrau.
[127]

Der Bauer und der Windmüller

Die Nase blutet fürchterlich,

Der Bauer denkt: »Was kümmert's mich?«


Der Bauer und der Windmüller

Zur Mühle geht der Bauersmann

Und fängt sogleich zu sägen an.
[128]

Der Bauer und der Windmüller

Racksnacks! Da bricht die Mühle schon.

Das war des bösen Müllers Lohn.


Der Bauer und der Windmüller

Der böse Müller aber kroch

Schnell aus dem off'nen Mühlenloch.
[129]

Quelle:
Wilhelm Busch: Werke. Historisch-kritische Gesamtausgabe, Bde. I-IV, Band 1, Hamburg 1959, S. 121-130.
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