Sechzehnter Gesang.

1.

Die Perser lehrten dreierlei, was gut war,

Den Bogen spannen, reiten, Wahrheit sagen,

So war es, als das Reich in Cyrus Hut war,

Des Musterkönigs. Auch in unsern Tagen

Nimmt noch die Jugend diese Dinge gut wahr;

Kaltblütig pflegt sie Pferde todt zu jagen,

Den Bogen spannt sie hoch, bis er zerbricht,

Nur mit dem Wahrheitsprechen will's noch nicht.


2.

Den Grund von dem Effect, vielmehr Defect,

(»Denn dieser Effectiv-Defect hat Grund,«)

Hab' ich mir jetzt zum Thema nicht gesteckt;

Dies aber rühm' ich selbst, mit eignem Mund,

Daß meine Mus', obwohl nicht stets correct,

Von allen Musen auf dem Erdenrund

Die wahrheitstreuste ist, in jeder Richtung,

Die je sich abgegeben hat mit Dichtung.


3.

Mein Epos nimmt die Welt von allen Seiten

Und nimmt nichts aus. Dies Buch daher enthält

Ein Dickicht genialster Seltenheiten,

Wie man kein zweites findet auf der Welt;

Auch ist das Bittre mit den Süßigkeiten

So zart vermischt, daß es nicht leicht misfällt;

Es könnte bittrer sein; denn ich besinge

Ja alles und noch ein'ge andre Dinge.
[259]

4.

Wie wahr ich aber bin, wird man zumeist

Aus meiner folgenden Erzählung sehn;

Sie handelt, wie gesagt, von einem Geist – –

Wie so? – ich weiß nur, daß es so geschehn.

Hast du vielleicht den Küstenstrich bereist,

Wohin die Erdenpilger sämmtlich gehn?

's ist wirklich Zeit, daß man die seichten Lacher

Aufs Maul schlägt, wie Columbus' Widersacher.


5.

Gottfried von Monmouth pflegt man und Turpin

Als Quellen der Geschichte zu citiren,

Die ihr Talent für diese Disciplin

Besonders durch Mirakel constatiren;

Der Größte aber ist Sanct Augustin:

Er will, daß wir Absurdes acceptiren,

Weil es absurd ist! Ruft ihr »Incredibile!«

Macht er euch todt mit »Quia impossibile.«


6.

Drum raisonnirt nicht! glaubt, was ihr nicht wißt!

Ihr müßt es, wenn die Ding' unglaublich scheinen,

Ihr sollt es, wenn die Sach' unmöglich ist;

Am Besten sprecht ihr nach, was Andre meinen.

Ich rede nicht von deiner Lehre, Christ,

Nicht von dem Hort der Guten und der Reinen,

Der um so weiter seine Wurzeln breitet,

(Wie Wahrheit stets,) je mehr man ihn bestreitet.


7.

Ich denke bloß, was Johnson schon gedacht:

Die Menschheit seit sechstausend Jahren meint

In allen Ländern, daß aus Grabesnacht

Ein Gast von Zeit zu Zeit der Welt erscheint;

Und, was das Wunder wunderbarer macht,

So sehr Vernunft den Glauben auch verneint,

Doch giebt es etwas Stärkres, was ihn still

In uns bejaht. Das leugne, wer da will.
[260]

8.

Vorbei ist das Diner, der Thee genossen,

Auch das Souper; die Damen sind gefeiert;

Zu Bett gegangen sind die Zechgenossen,

Der Tanz verrauscht, die Arien abgeleiert,

Die letzten dünnen Röckchen weg, zerflossen

Wie Wolkenflaum, wann sich die Sonn' entschleiert;

Im Saal erstarb der letzte Kerzenschein,

Und durch das Fenster blinzt der Mond herein.


9.

Ein Fest, wenn es verdampft, ist grade wie

Das letzte Glas Champagner, ohne Gischt,

Der seinem Erstlingskelche Reiz verlieh;

Wie ein System, in das sich Zweifel mischt;

Wie eine Flasche Sodawasser, die

So lang gesprüht hat, bis ihr Geist entwischt;

Wie eine Welle, welche sich noch hebt,

Wann schon der Wind schläft, der sie erst belebt;


10.

Wie Opium, das verstörte Ruh' verleiht;

Wie – – aber Gleiches giebt und gab es nie.

So hat das Menschenherz auch weit und breit

Kein Ebenbild, Vergleich, Analogie,

Allein sich selbst gleich, wie das Tyrische Kleid,

In Purpur tief gefärbt, kein Mensch weiß wie,

Ob's von Conchylien oder Schnecken war, –

So schwind' auch der Tyrannen Prunktalar!


11.

Nach einem Ball sich ausziehn, nenn' ich Plage,

(Nächst anziehn!) Unser Schlafrock wird zum Kleide

Des Nessus, und der Mismut kommt zu Tage,

Gelb, aber nicht so weich, wie gelbe Seide.

Titus beseufzte »den verlornen Tag,« – ich frage,

Wie viele Tag' und Nächte, – nehmt sie beide,

Und manche leidliche hab' ich gekannt, –

Wie viele Tag' und Nächte ihr gewannt.
[261]

12.

Als sich Juan zurückzog, war er sehr

Unruhig und perplex und desperat.

Aurora's Aug' entzückte ihn weit mehr,

Als Adeline ihm riet, – das kommt vom Rat!

Hätt' er sich selbst durchschaut, so hätte er

Philosophirt, denn das ist in der That

Die beste Cur und leicht für Klein und Groß,

Bis man sie braucht; deswegen seufzt' er bloß.


13.

Er seufzt'. Ein zweites Mittel ist der Mond,

Der alle Seufzer anhört. Und im Nu

Erschien der Ball, der in den Nächten thront,

(Das Klima freilich läßt es selten zu.)

Juan war in der Stimmung, die gewohnt

Ist, Luna einen Gruß zu weihn – »o du!«

Tuismus des verliebten Egoismus,

Wenn man dies Wort versteht, – was man gewiß muß.


14.

Poet, Verliebter, Schäfer, Astronom,

Wann seine Blick' empor zum Monde starren,

Fühlt sich behext von diesem Silberstrom

Und schöpft aus ihm Begeistrung (nebst Katarrhen);

Der Mond belauscht am hohen Himmelsdom

Manch tief Geheimniß; er beherscht die Narren,

Die Flut des Meers, das Hirn vernünft'ger Wesen,

Und auch ihr Herz, wie wir bei Dichtern lesen.


15.

Das Fest hatt' unsern Helden still gemacht,

Doch schien es nicht, daß er an Schlafsucht leide.

In seine gothische Kammer tönte sacht

Das Rauschen von des Weihers Uferscheide

Mit aller Mystik tiefer Mitternacht;

Am Fenster stand (natürlich) eine Weide.

So schaut' er aus, wie die Cascade funkelte

Und dann im Schatten wieder sich verdunkelte.
[262]

16.

Auf seinem Nachttisch oder Arbeitstische

(Auf welchem von den beiden steht nicht fest,

Was ich erwähne, weil ich nichts verwische,

Wodurch ein Factum sich ermitteln läßt,)

Brannt' eine Lamp'. Er lehnt' in einer Nische

Die ausgeschmückt war mit gar manchem Rest

An buntem Glas, Schnitzwerk, und was die Zeit

Sonst noch verschont von alter Herrlichkeit.


17.

Die Nacht war hell; er öffnete das Zimmer

Und trat in eine Gallerie hinaus,

Lang, dämmrig, und es dehnt' im Mondenschimmer

Sich eine Reih' uralter Bilder aus,

Ritter und Frauen, kühn, auch sittsam immer,

Wie sich's gebührt für solch ein edles Haus.

Die Bilder Todter schaun im Mondenschein

Unheimlich, geisterhaft und traurig drein.


18.

Die Ritter und gemalten Heil'gen leben

Im Dämmerlicht, – du horchst, wann schauerlich

Die eignen Schritt' im Echo fern verschweben,

Und aus dem Grab erheben Stimmen sich,

Aus düstren Rahmen wild und spukhaft heben

Sich Schatten ab und fragen drohend dich,

Wer bist du, der Vigilien halten wollte,

Wo alles, nur der Tod nicht, schlafen sollte?


19.

Das bleiche Lächeln todter Schönheit lacht,

Der Reiz vergangner Tag', im Sterngeflimmer;

Noch immer wallt begrabner Locken Pracht

Und ihre Augen schaun uns an noch immer,

Wie Träume oder Erz in dunklem Schacht,

Tod aber spiegelt sich im matten Schimmer.

Bild ist Vergangenheit. Eh' ihr's umrahmt,

Ist der ein Andrer schon, von dem ihr's nahmt.
[263]

20.

Juan dacht' an des Lebens Unbestand,

Auch wohl an Fraun, – das kömmt auf eins hinaus.

Kein Laut, – sein Schritt nur und sein Seufzer fand

Ein traurig Echo durch das alte Haus;

Da plötzlich hör' er nahe, längs der Wand,

Ein höhres Wesen – oder eine Maus,

Ein Thier, das manche Leut' in Schrecken jagt,

Wann's hinter der Tapete raschelnd nagt.


21.

Kein Mäuschen war es, – sieh! ein Spukgesicht!

Ein Mönch mit schwarzer Kutt' und Rosenkranz!

Bald tief im Schatten, bald im Mondenlicht,

Und leise tönt das Rauschen des Gewands.

Es kam mit schwerem Schritt, doch hörbar nicht,

Gespenstisch wie der Schicksalsschwestern Tanz;

Langsam glitt es vorbei und sah Juan

Mit einem hellen Auge fragend an.


22.

Juan ward Stein. Daß hier ein Spuk sich rege,

Hatt' er vernommen, aber unser Held

Hielt das für Fabel; solch ein Stammschloß hege

Ja stets Geschichten aus der Geisterwelt,

Schaumünzen aus des Aberglaubens Präge,

Die Geister so in Umlauf setzt wie Geld,

Bar Geld, nicht Zettel, – denn man sieht sie kaum;

Und sah er wirklich? war es nicht ein Traum?


23.

Zwei- dreimal kam und ging sie, die Gestalt

Der Luft, des Himmels oder sonst woher;

Er starrte, aber reglos, sprachlos, kalt;

So steht ein marmornes Gebild, wie er

Da stand, und um die Schläfen lag geballt

Sein Haar, als ob's ein Knäuel Nattern wär'.

Vergebens würgt' er, um ein Wort zu sagen

Und nach den Wunsch des frommen Herrn zu fragen.
[264]

24.

Zum dritten Mal, nach längrem Zögern, glitt

Der Schatten fort – – wohin? wo blieb er nur?

Der Saal war lang und gar kein Grund somit

Zu glauben, daß er durch die Lüfte fuhr.

Viel Thüren waren da, bequem zum Schritt

Der Körper nach den Regeln der Natur;

Juan indessen ward es nicht recht klar,

Durch welche Thür der Spuk verduftet war.


25.

Er stand – ihm schien es ein Jahrzehnt zu währen –

Als ob die Augen, wo der Mönch verschwand,

Harrend und machtlos festgezaubert wären,

Und als er dann allmählich sich ermannt,

Wünscht' er den Spuk als Traum sich zu erklären;

Nur konnt' er nicht erwachen, denn er fand,

Daß er bereits wach sei; er schlich daher

In sein Gemach, nur noch zur Hälfte Er.


26.

Da brannte noch sein Licht, nicht blau und fahl,

Wie brave Lichter thun, die höhre Wesen

Begrüßen mit sympatisch trübem Strahl;

Alles im Zimmer war, wie es gewesen.

Er rieb die Augen, nahm ein alt Journal

Und konnt' es ohne alle Mühe lesen:

Da stand ein Aufsatz gegen die Regierung,

Dort über Stiefelwichsenpatentirung.


27.

Das roch nach dieser Welt und nicht nach Spuk:

Er schloß die Thür, las einige Ideen

Des Zeitungsschreibers über Ehren Took

Und fing dann langsam an zu Bett zu gehn;

Und als er drin lag, warm und weich genug,

Nährt' er sein Hirn mit dem, was er gesehn;

Das war kein Opiat, trotzdem verlief

Sein Grübeln sich in Schlummer, und er schlief.
[265]

28.

Er wachte zeitig auf, und beim Erwachen

Fing, wie ihr denkt, das Grübeln wieder an.

Was sollt' er thun? Die Andern würden lachen,

Wenn er's erzählte, – und je mehr er sann,

Je mehr Kopfbrechen schien es ihm zu machen.

Indeß sein Diener, ein exacter Mann,

(Unpünktlichkeit konnt' unser Held nicht leiden,)

Pocht' an, es sei wohl Zeit sich anzukleiden.


29.

Er zog sich an. Sonst legt' er viel Gewicht,

Wie junge Leute pflegen, auf Toilette,

An diesem Morgen aber that er's nicht;

Es war, als ob er keinen Spiegel hätte,

Die Locken fielen sorglos ins Gesicht,

Der Rock entbehrte der gewohnten Glätte,

Der gordische Knoten seines Halstuchs war

Seitwärts gerückt fast um ein ganzes Haar.


30.

Er ging sodann hinab und saß im Saale

Tiefsinnig über seinem Déjeuner;

Er hätt' es kaum bemerkt, doch seine Schale

Enthielt zufällig siedend heißen Thee,

Und darum rührt er ihn verschiedne Male.

Man sah, daß es mit ihm nicht richtig steh';

Besonders war dies Adelinen klar,

Doch konnte sie nicht ahnen, was es war.


31.

Sie sah ihn bleich und wurde selber blaß

Und blickte vor sich nieder halberschrocken

Und stammelt' etwas, ich erfuhr nicht was.

Lord Henry schalt, sein »Muffin« sei zu trocken;

Lady Fitz-Fuke sah lauernd aus und saß

Ganz schweigend da und spielte mit den Locken;

Aurora's großes, dunkles Aug' indessen

Schien ruhig und verwundert ihn zu messen.
[266]

32.

Sie sahn ihn an und dachten allerlei.

Da sie ihn eigensinnig schweigen sah,

Fragt' Adeline ihn, »ob er unwohl sei?«

Er stutzt' und sagte: »Ja – nein – etwas – ja.«

Der kund'ge Arzt des Hauses stand dabei

Und offerirte bona officia,

Sprach von dem Puls, erfrug des Uebels Grund,

Juan jedoch sprach, »er sei ganz gesund.«


33.

»Gesund – ja – nein?« das klang recht unerklärlich,

Obwohl zu seinem Aussehn beides paßte,

So Ja wie Nein. Delirium war es schwerlich;

Man sah, daß etwas auf dem Herzen laste,

Wie rasches Fieber, wenn auch kaum gefährlich.

Indeß da er das Consultiren haßte,

So durften sich die Andern wohl bescheiden,

Daß er den Arzt nicht brauche für sein Leiden.


34.

Lord Henry hatte seinen Thee im Leibe,

Den »trocknen Muffin« auch, und sprach, er meine,

Daß heut Juan auffallend ruhig bleibe;

Das wundre ihn, da doch die Sonne scheine.

Dann frug er Durchlaucht, was der Herzog schreibe;

Durchlaucht versetzte, Durchlaucht habe kleine

Gelinde Stiche angestammter Gicht, –

Das ist der Rost, der edles Eisen bricht.


35.

Dann wandte sich Lord Henry an Juan,

Damit er ihm ein Wort des Trostes spreche:

»Sie sehen aus, als ob der schwarze Mann,

Der Mönch, im Schlaf Sie manchmal unterbreche.« –

»Was? Mönch?« – Er strengte sich gewaltig an

Sorglos zu fragen, ohne Spur von Schwäche,

Indeß all sein Bemühen half ihm nicht,

Er wurde nur noch blasser im Gesicht.
[267]

36.

»O, hörten Sie vom schwarzen Mönche nie?

Dem Geiste dieses Hauses?« – »Wirklich nicht.« –

»Nun, das Gerücht, – es lügt, das wissen Sie, –

Weiß über ihn manch dunkelen Bericht.

Sei's daß der Geist sich mehr zurückezieh',

Sei's daß der Ahnen schärferes Gesicht

Ihn besser sah, – genug, man glaubt die Sage,

Doch zeigt der Mönch sich selten heutzutage.«


37.

»Das letzte Mal – –« »Still,« sagte Adeline,

Die in Juans Gesicht aufmerksam las

Und fand, daß jener Mönch und diese Miene

In irgend einem noch nicht klaren Maß

Zusammenhingen. »Still,« sprach sie, »bediene

Dich irgend eines andern Stoffs zum Spaß;

Die Mönchsgeschicht' ist schon so oft erzählt

Und wird nicht besser, weil die Neuheit fehlt.«


38.

»Spaß!« rief Mylord, »ei dir ist doch bekannt,

Daß wir – ganz kurz nach unserm Hochzeitstage –«

»Ach, das ist lange her. Still von dem Tand.

Kommt, ich mach' Euch Musik zu Eurer Sage.«

Schön, wie Diana, die den Bogen spannt,

Nahm sie die Harf', und unter ihrem Schlage

Erscholl in sanften, klagenden Accorden

Die Melodie »Ein Mönch vom grauen Orden.«


39.

»Den Text auch,« rief der Lord, »den du verfaßt;

Denn Adeline ist halbwegs Dichterin,«

Erklärt' er lächelnd seinem nächsten Gast.

Natürlich konnte man jetzt nicht umhin

Den Wunsch zu äußern mit galanter Hast,

Daß sie sich zeige – dreifach Künstlerin!

Gedicht und Harfenspielen und das Singen,

Das würd' ein Gänschen nicht zu Stande bringen.
[268]

40.

Nach ein'ger allerliebster Ziererei –

(Dem Reiz der Reizenden, die sich verpflichtet

Glauben zu einem Bischen Heuchelei)

Begann sie, auf die Flur den Blick gerichtet;

Dann sich beseelend und von Zwange frei,

Sang sie gar lieblich, was sie selbst gedichtet,

Und sang es einfach, – ein Verdienst, das fein ist

Und um so mehr, da es nicht allgemein ist.


»Vor dem schwarzen Mönch habt Acht! habt Acht!

Der da sitzt am Normannstein

Und murmelt sacht in der Mitternacht

Gebet' und Litanein.

Einst raubte dort Amundeville's Lord

Das heilige Klosterhaus;

Die Mönche flohn, doch Zwang und Drohn

Trieb diesen Mönch nicht aus.


Herr Heinrich sandt' ihn über das Land,

Kirchgut zu wandeln in Lehn,

Mit dem Schwert in der Faust und dem Fackelbrand

Für Alle, die widerstehn.

Ein Mönch allein ging aus und ein,

So frei wie Schatten gehn;

Er ward am Thor, er ward im Chor,

Doch nie bei Tage gesehn.


Und ob er Fluch, ob Segen will,

Ist keinem Menschen kund;

Doch bei dem Hause Amundeville

Verweilt er alle Stund';

Und freit der Herr, so wandelt er

Durchs bräutliche Gemach;

Und stirbt der Lord, der Mönch ist dort,

Doch ohne Thrän' und Ach!
[269]

Er seufzt und murrt bei des Erben Geburt;

Er schleicht im Mondenstrahl,

Wann Gram und Not dem Hause droht,

Durch Hall' und Ahnensaal.

Sein Angesicht umschattet dicht

Der Kutte finstres Braun,

Die Augen bloß schaun starr und groß,

Wie Abgeschiedne schaun.


Vor dem schwarzen Mönch habt Acht! habt Acht!

Er herscht in der Abtei,

Sein ist des Klosters alte Macht,

Wer auch der Schloßherr sei.

Amundeville ist Herr bei Tag,

Der Mönch ist Herr bei Nacht;

Selbst beim Pokal hat kein Vasall

Des Mönches Recht verlacht.


Sprich ihn nicht an, wann du ihn siehst,

So spricht er nicht zu dir;

Wie übers Gras der Nachtthau fließt,

Schwebt er durch sein Revier.

Bekreuzt euch still, wann ihr ihn seht:

Gott geb' ihm sein himmlisch Theil!

Was sein Gebet auch bete, fleht

Für seiner Seelen Heil!«


41.

Die Lady schwieg, die Saiten bebten leise,

Der Schall erstarb, von welchem sie gerauscht;

Dann folgte jene Paus' entzückter Kreise,

Die eben einem Liede stumm gelauscht;

Und dann natürlich scholl's von Lob und Preise,

Und Complimente wurden ausgetauscht;

Ton, Vortrag, Seele fand man wunderbar,

Bis die Gepriesne ganz verlegen war.
[270]

42.

Die schöne Frau trieb diese schönen Dinge

Mit einer Art sorgloser Vornehmheit,

Als ob sie nur nach eignem Beifall ringe,

Nach etwas Kurzweil in der Einsamkeit.

Sie spielt', als ob sie dann ein Opfer bringe,

Obwohl im Grunde gern, von Zeit zu Zeit

Mit stolzem Lächeln eine Künstlerrolle

Und zeigte, daß sie könne, wenn sie wolle.


43.

Das hieß nun freilich, (wenn ihr dem Poeten

Ein so pedantisches Citat erlaubt,)

»Auf Plato's Stolz mit größrem Stolze treten,«

Wie jener Cyniker, da er geglaubt,

Er habe durch besudelte Tapeten

Dem Weisen seine weise Ruh' geraubt;

Die »attische Bien'« indeß war nicht erbost,

Sie fand im Witz der eignen Antwort Trost.


44.

So auch verdunkelt' Adeline nun

(Indem sie schlank that, was die Dilettanten

Mit ungeheuerster Parade thun,)

Die Leute halb von Fache, die Pedanten,

Die immer glänzen wollen, niemals ruhn,

Die Fräuleins, die wir kennen oder kannten,

Die unser Ohr mit Arien erschüttern

Uns zu Gefallen oder ihren Müttern.


45.

O Abendstunden der Duett' und Trio's!

Das Applaudiren, Intrigiren, Bitten!

Die »Mamma mia's!« und die »Amor mio's!«

Die »Tanti palpiti,« die wir erlitten!

Die »Lasciami's!« die trillernden »Addio's!«

Im musikalischen Lande meiner Britten!

Und wenn Italien schweigt, dann süßen Schalls

Labt uns das »Tu mi chamas« Portugals.
[271]

46.

Die Arien Babels, Erins schlichte Töne,

Des grauen Hochlands trauliche Balladen,

Die übers Meer das Herz der Bergessöhne

Heimtragen von den tropischen Gestaden

Zur alten Bergtrift, – wie im Fieber schöne

Erträumte Ufer uns verlockend laden,

Die, ach, das Aug' im Traum nur schauen soll, –

All dieses sang Mylady wundervoll.


47.

Auch war sie etwas bläulich von Natur,

Sie macht' (und schrieb selbst) manchmal ein Gedicht,

Auch Epigramme, freilich selten nur,

Auf gute Freunde, (das ist Menschenpflicht,)

Indessen jener höhere Azur,

Der jetzt die Modefarb' ist, war es nicht:

Sie war so schwach in Pope Genie zu sehn,

Und was noch schlimmer war, es zu gestehn.


48.

Aurora – (da wir vom Geschmacke sprechen,

Dem Thermometer, daran heute wir

Die Menschen messen und der Menschen Schwächen,) –

War mehr für Shakspeare, denn es war in ihr

Ein Geist, der über dieser Welt trostlose Flächen

Hinaussah in ein andres Weltrevier,

Ein tiefer Zug zu ewigen Gedanken,

Die gleich dem All sind, stumm und ohne Schranken.


49.

So war die Herzogin der Herzen nicht,

Die üpp'ge Hebe von Fitz-Fuke: sie trug

All ihre Seel' in ihrem Angesicht,

(Wenn's Seele war,) und das war hübsch genug.

Auf Unfug schien sie freilich recht erpicht,

Indeß, das nenn' ich keinen üblen Zug;

Denn hätten Fraun nicht solche kleine Mängel,

So wär' die Welt ein Himmel voller Engel.
[272]

50.

Sie war, so viel ich weiß, ganz unpoetisch:

Den »Bath Guide« hatte sie einmal gelesen

Und fand »Hayley's Triumphe« sehr pathetisch,

Weil der Poet, so sagte sie, ihr Wesen

Und ihr Erlebtes in der That prophetisch

Darstell', als wär' er ihr Gemahl gewesen;

Auch hatte sie die günstigste Idee

Von Versen an sie selbst und »bouts rimés.«


51.

Die Absicht Adelinens ist nicht klar,

Weshalb sie ein Gedicht vortrug von Dingen,

Die doch nach ihrer Meinung offenbar

Mit Don Juans Vapeurs zusammenhingen.

Vielleicht daß ihre Absicht einfach war

Ihm seine finstre Stimmung wegzusingen,

Vielleicht ihn in derselben zu bestärken, –

Wozu denn? – Ja, das ließ sie sich nicht merken.


52.

Indeß gewann Juan allmählich schon

Die Selbstbeherschung wieder, die so wichtig

Für jeden ist, der nach dem feinen Ton

Der Feinen strebt; sonst trifft er ihn nicht richtig.

Ob Frömmigkeit en vogue ist oder Hohn,

Eins darf ein solcher nie sein – unvorsichtig,

Er muß die neusten Heuchlermäntel tragen

Oder der Gynokratengunst entsagen.


53.

Und so begann Juan denn auch mit frischem

Entschlossnem Mut ausweichend Späß' und Possen

Hinsichtlich dieses Thema's aufzutischen,

Und herzogliche Durchlaucht warf dann Glossen

Und Scherze ähnlicher Natur dazwischen;

Sie fragte sehr genau und unverdrossen,

Wie der verwunschne Mönch sich anzustellen

Gewohnt sei, bei Geburts- und Sterbefällen.
[273]

54.

Nur wen'ge wußten irgend etwas Neures;

Die Einen sahn die Sach' als Fabel an,

Die Andern als etwas nicht ganz Geheures,

Und meinten, irgend etwas sei daran.

Juan ward wegen seines Abenteuers

Sehr scharf verhört, denn etwas, glaubte man,

Hab' er gesehn, obwohl er nichts gestand;

Er schlüpft' indeß den Fragern aus der Hand.


55.

So schleppte sich der Mittag hin bis Eins;

Dann brach der Cirkel auf, um sich zu trennen,

Vergnügen aufzusuchen (oder keins),

Denn noch war's, was sie »schrecklich frühe« nennen.

Da war zum Beispiel längst des Eichenhains

Ein äußerst sehenswertes Jagdhundrennen,

Auch eine für den »Turf« trainirte Stute

Von jungen Jahren, aber altem Blute.


56.

Auch traf ein Bilderhändler ein und brachte

Den schönsten Tizian, Aechtheit garantirt,

Den er, so sagt' er, unbezahlbar achte;

Ihn hätten Prinzen förmlich attaquirt,

Der König selbst, – indeß der König dachte,

Sein Jahrgeld sei, (das er nur acceptirt,

Um seines Volkes Liebe zu befeuern,)

Zu knapp in diesen Zeiten leichter Steuern.


57.

Mylord indeß sei Kenner, schütz' und liebe

(Wenn nicht die Kunst) die Künstler, und wofern

Nur nicht die Not den Eigenthümer triebe,

So schenkt' er ihm dies Prachtstück wirklich gern,

Ohn' Eigennutz, der reinen Kunst zu Liebe;

So schätz' er hoch die Gunst des gnäd'gen Herrn:

Auch stell' er sein Juwel nicht zum Verkauf,

Nur zur Kritik für Kenner stell er's auf.
[274]

58.

Dann kam ein Goth', ein goth'scher Backsteinbauer

Aus Babylon, (man nennt das Architekt,)

Zum Repariren, denn die dickste Mauer

Wird durch die Zeit manchmal etwas defect.

Der spürt' und hauste – nichts war ihm zu sauer –

Im Schloß herum und macht' ein Bauproject:

Er wollte alles Alte demoliren

Und Neues baun. Das nennt man Restauriren.


59.

»Die Kosten seien nichts,« – ein altes Lied,

Das, wenn man's länger summt, den höchst fatalen

Refrain, den ewig gleichen, nach sich zieht.

Der Baupreis werde sich sehr rasch bezahlen

Durch einen Prachtbau, dauernd wie Granit,

Und Henry's Kunstsinn werd' in Glorien strahlen

Bis in die fernste Zeit, wenn er der Welt

Gothische Kühnheit zeig' für englisch Geld.


60.

Da war ein Anwalt, Hypotheken schmierend,

Denn Henry wollte Landankäufe machen

Und kämpfte außerdem noch processirend

Um Heimfallsrecht' und Zehnten, – diese Drachen,

Die, fromme Priester zum Gefecht armirend,

Aus wackren Junkern Kirchenstürmer machen.

Da war ein Preisochs, Preisschwein, und ein armer

Preisknecht, denn Henry spielt' ein Bischen Farmer.


61.

Da war ein Wilddieb, ach mit Daumenschrauben,

Das Hundeloch war zum Empfang bereit;

Da war ein Bauerndirnl – – die knappen Hauben

Und roten Mäntel sind mir schrecklich, seit –

Seit – seit – ich mußt' als Knab' einmal dran glauben,

Doch zahlt' ich selten Strafgeld seit der Zeit.

Der Mantel, ach, als man bei Seit' ihn raffte,

Verriet das Doppelsein, das rätselhafte.
[275]

62.

Ein Spinnrad in der Flasch' ist wunderbar;

Wie kam das Ding hinein, wie kömmt's heraus?

Das mach' ein Freund des Mystischen euch klar,

Mir ist dies physische Problem zu kraus.

Ich sage nur so viel: Lord Henry war

Ein Grafschaftsrichter, und sein Büttel Schnauz

Macht' unter seiner Kirchspielsflagge diese

Wilddiebin der Natur zur guten Prise.


63.

Ein Friedensrichter richtet seine Schläge

Auf jede Art strafbarer Schelmerei,

Damit die Tugend und das Wildgehege

Vor unbefugten Frevlern sicher sei;

Nichts aber (außer Zehnt und Pachtverträge)

Macht mehr Verdruß als eben jene zwei:

Rebhühner hüten oder hübsche Dirnen

Entlockt den Schweiß auch weisen Richterstirnen.


64.

Die Aermste war sehr bleich, so bleich als sei's

Künstlich gemalt; denn ihre Backen waren

Rot von Natur, wie edle Damen weiß,

Mindestens wann sie aus dem Bette fahren.

War sie so äußerst bleich aus Scham? Wer weiß?

Sie war ein Dorfkind, völlig unerfahren,

Und wurde folglich weiß in ihrer Schande,

Denn das Erröten ist für Fraun von Stande.


65.

Sie schlug die schwarzen Schelmenaugen nieder,

Aus denen sich langsame Thränen stahlen,

Und trocknet' eifrig ihre feuchten Lider;

Sie wußte nicht mit ihrem Schmerz zu prahlen

Und Staat zu machen, und sie war auch wieder

Nicht frech genug, um Hohn für Hohn zu zahlen.

Sie stand in stiller, zitternder Beschämung,

Bis man sie rufen werde zur Vernehmung.
[276]

66.

Man hielt indeß die letzteren Parteien

Fern von dem lust'gen Saal der feinen Welt;

Der Anwalt war im Cabinet, im Freien

Das Vieh und Volk, der junge Gothenheld

Und Bilderhändler staken (gleich als seien

Sie Feldherrn, die in ihrem Kriegsgezelt

Depeschen schreiben,) tief schon in Geschäften

Und schwelgten in Berechnungen nach Kräften.


67.

Die Dirne ließ man in der großen Halle,

Wo Schnauz, der Kirchspielsvormund aller Schwachen,

Sein Doppelbier (Dünnbier erregt' ihm Galle)

Hinabgoß in den tugendhaften Rachen.

Sie harrte, bis es der Justiz gefalle

Zu ihrem milden Tagwerk zu erwachen

Und fragen werde – nichts ist desperater,

Zumal für Jungfraun – nach des Kindes Vater.


68.

So konnte Henry denn für Hunde, Rosse

Und Menschen Thätigkeit genug entfalten.

Viel Leben herschte auch im Erdgeschosse,

Im Fach der warmen Speisen und der kalten;

Denn solche große Herrn mit einem Schlosse

Und mächtigem Besitz an Aeckern halten

Nicht »offnes Haus,« doch »öffentliche Tage,«

Wo jeder kommen kann zum Festgelage.


69.

Zweimal im Monat dürfen ungebeten

(So nenn' ich allgemeine Einladungen,)

Die Grafschaftsjunker den Salon betreten

Und sich erbaun mit Ohren und mit Zungen

An fashionablen Phrasen und Pasteten

Und an der Tafel frei und ungezwungen

Die Brück' in diesen exclusiven Saal

Besprechen, – nämlich die Vertreterwahl.
[277]

70.

Lord Henry war ein großer Wahlminirer

Und wühlt' auf seinem Gut wie Ratt' und Biber,

Doch in der Grafschaft gab es Opponirer;

Der Einfluß seines Nachbarn Graf Gabgiber

Erstreckte sich von Schottlands Gaun bis hierher.

Des Grafen Sohn, Honorable Dick Tagdiber,

War Mitglied für »das andre Interesse«,

Das heißt für seins, so weit ich es ermesse.


71.

Drum suchte Henry Volksgunst einzukaufen,

War Allen alles, fein mit jedermann,

Gab ein'gen Huld, gab andern Geld in Haufen,

Versprechen Allen, – letztre fingen an

Zu ziemlich hohen Summen aufzulaufen,

(Das kömmt davon, wenn man nicht rechnen kann,)

Indeß er hielt ein Paar, er brach ein Paar,

So daß sein Wort so gut wie andre war.


72.

Ein Freund der Freiheit und als guter Britte

Auch Freund des Thrones, hielt er, wie ihm schien,

Zwischen dem Volk und Hof die rechte Mitte.

Er hab' ein Hofamt, – ja, – man zwinge ihn,

Des Königs Wunsch, – er hasse höf'sche Sitte,

(Setzt' er hinzu, wann Demagogen schrien,)

Er würde Sinecuren gern verdammen,

Nur hielten sie den ganzen Staat zusammen.


73.

Factisch bemerk' er nur – (woher die Phrase?

»Parlamentarisch« nennt man diesen Stil,)

Daß jetzt die Sucht nach Neuerungen rase

Wie nie zuvor; sie überschreit' ihr Ziel.

Obwohl er nie in ein Parteihorn blase,

So opfre er dem Staatswohl doch sehr viel;

Er hab' ein Amt, indeß er müsse sagen,

Der Vortheil sei geringer als die Plagen.
[278]

74.

Gott wiss', ihm selbst gefalle gar nichts besser

Als Häuslichkeit; nur ziem' es Patrioten

Dem König beizustehn, wenn die Gewässer

Des Aufruhrs alles zu verschlingen drohten,

Wenn Demagogen mit dem Schlachtermesser

Den Gordisch (lies Georgisch) festen Knoten

Zerschneiden wollten, welcher jetzt Gemeine

Und Lords und Thron so segensreich vereine.


75.

Ja träte selbst das Schicksal in die Schranken

Mit seinem Amt, er bleib' auf seinem Posten,

Bis man ihn förmlich zwinge abzudanken.

Lohn such' er nicht, – den möchten andre kosten,

Komm' aber einst der Tag, wo Aemter wanken,

So werd' es England manche Thräne kosten!

Wie würd' es gehn, wo bleib' ein Rettungsmittel?

»Engländer« sei für ihn der schönste Titel.


76.

Er war weit unabhängiger als Naturen,

Die unabhängig sind ganz ohn' Entgelt,

Wie reguläre Truppen oder Huren

Mehr leisten als Freischaren auf dem Feld

Der Metzeleien oder der Amouren.

Staatsmänner zeigen gern vor aller Welt,

Wie stolz sie sind, sie zeigen's insgemein

Am Pöbel, wie am Bettler die Lakain.


77.

Dies alles (nur die letzte Strophe nicht)

Sprach Henry, und er dacht' es. Verbum sat.

Wir alle wissen ja, wie klar und schlicht

Ein solcher officieller Candidat

Vor oder auf der Wahltribüne spricht.

Nicht mehr davon! nicht mehr von Kirch' und Staat!

Man schellt zu Tisch, man spricht das Tischgebet, –

Ich sollt' es singen, doch es ist zu spät.
[279]

78.

Es war ein Schmaus, wie er in alten Tagen

Für eine Zierde dieser Insel galt,

Als wär' ein Trog für eines Fressers Magen

Ein Anblick von erhebender Gewalt;

Ein von den öffentlichen Staatsgelagen

Voll, fade, Gäste heiß, Gerichte kalt,

Geringe Lust bei großem Tractamente,

Und niemand recht in seinem Elemente.


79.

Die Junker steif vertraulich, und die Großen

Leutselig stolz; die Diener beim Serviren

Unsicher, um ihr hohes Amt bei Saucen

Durch trop de zèle nicht zu compromittiren

Und doch voll Angst bei jemand anzustoßen

Und sich und ihre Herrn zu ruiniren:

Denn ein Verstoß konnt' ihnen ihren Posten

Und ihren gnäd'gen Herrn desgleichen kosten.


80.

Da waren kühne Reiter, wilde Jäger,

Der Ross' und Hunde sachverständ'ge Richter;

Da war ein Haufe blut'ger Flintenträger,

Septembriseurs, des Hühnervolks Vernichter,

Das sich vergebens duckt in Stoppelläger;

Da waren auch massive Kirchenlichter,

Die Zehnten schlingen, Ehen fertig bringen

Und lieber Rundgesäng' als Psalmen singen.


81.

Da speisten Dorfwitzbold' und, ach, da aßen

Verbannte Londoner, die Schicksalshohn

Verdammt' ins Grün zu schaun anstatt in Straßen

Und aufzustehn zur zehnten Stunde schon.

Und sieh, des Tags begab es sich, wir saßen

Bei dem triumphgekrönten Göttersohn,

Dem hochgepriesnen Pastor Peter Plitz,

Der sprengte mir beinah das Ohr mit Witz.
[280]

82.

Ich kannt' ihn einst in London als Vicar,

Als jeder seiner Witze noch ein Trumpf

Und er brillant bei Tisch wie keiner war.

Befördrung aber bracht' ihn in den Sumpf, –

Die Wege Gottes sind oft wunderbar,

Und seine Gaben machen manchmal stumpf!

Gott gab ihm, um die »Marsch« zum Heil zu lenken,

Ein fettes Pfarrdorf und gar nichts zu denken.


83.

Sein Witz war Predigt, seine Predigt Witze,

Doch beide gingen in der Marsch verloren;

Denn Witz verträgt sich schlecht mit Fieberhitze.

Dort spitzte man nicht Federn oder Ohren

Für jeden Schwank und jede feine Spitze;

Er mußte logisch werden wie die Thoren

Oder mit grobem Spaß aus seinen Lämmern

Ein heisres Wiehern, so zu sagen, hämmern.


84.

Von »Königin und Bettler« ist bekannt,

Daß sie gar sehr verschieden sind, obschon

Die Königin letzthin sich schlechter stand, –

Doch still, wir reden nicht von Staat und Thron.

Verschieden sind auch Bischof und Dechant,

Verschieden Silberzeug und grober Thon,

Verschieden Englands Beef und Suppen Sparta's,

Obwohl sie beid' ein Volk von tapfrer Art aß.


85.

Sehr viele Unterschiede finden Statt

In der Natur, jedoch so groß ist keiner

Wie der Contrast des Landes und der Stadt

Die Stadt ist immer vorzuziehn, wenn einer

Nicht in sich selbst genug Hilfsquellen hat,

Wenn er nicht anders als im Dienste kleiner

Ehr- oder Habsucht handelt, fühlt und denkt, –

Was sich durchaus auf keinen Stand beschränkt
[281]

86.

Doch en avant! – Ein langer Festschmaus macht

Selbst Liebesgötter stumpf und ohn' Empfindung,

Obwohl ein leichtes Mahl sie leicht entfacht.

Ceres und Bacchus stehn ja in Verbindung,

Wie man uns auf der Schule beigebracht,

Mit Venus; ihnen dankt sie die Erfindung

Des Cliquot und getrüffelter Kapaunen;

Vom Fasten aber kriegt sie üble Launen.


87.

Langsam vorüber zog das Eßgeschirr.

Juan nahm Platz, – wo war ihm einerlei;

Zerstreut und ganz verwirrt von dem Gewirr,

Saß er, als ob er festgenagelt sei.

Messer und Gabeln klirrten Schlachtgeklirr,

Er aber saß wie unbewußt dabei,

Bis jemand neben ihm gelinge fluchte

Und ihn zum dritten Mal um Fisch ersuchte.


88.

Jetzt fuhr er auf, beim dritten Aufgebot,

Und da er sah, wie Lächeln in der Runde

Zum Grinsen sich verzerrte, ward er rot;

Und hastig – denn der Spott im Narrenmunde

Macht weisen Männern oft die größte Not –

Schlug er der Schüssel eine tiefe Wunde

Und warf mit einem Ruck dem Antragsteller

Fast einen halben Tarbutt auf den Teller.


89.

Dies war kein Unglück, da der Supplicant

Liebhaber war; indessen andre Gäste

Natürlich zürnten, als sich schließlich fand,

Daß sie nichts kriegten als des Fisches Reste.

Man war erstaunt, daß solch ein Ignorant

Geduldet werde bei Lord Henry's Feste, –

Von Haferpreisen wußt' er auch kein Jota!

Dies kostete dem edlen Lord drei Vota.
[282]

90.

Sie wußten nichts vom Spuk, sonst hätten sie

Vielleicht ein wenig Sympathie empfunden;

Ein Geist – das stimmte schlecht zur Harmonie

Mit einer so substantiellen, runden,

Materiell bornirten Compagnie.

Daß solche Körper Seelen je gefunden

Und solche Seelen Körper, – was von beiden

Seltsamer war, ist schwierig zu entscheiden.


91.

Doch eins verblüfft' ihn mehr als das Gekicher

Der junkerlichen Herrn und dito Damen,

Für die er sich um desto wunderlicher

Ausnahm, weil sie schon viel von ihm vernahmen,

Wie aufgeweckt er sei, gewandt und sicher.

Selbst bei den Junkern hatt' er einen Namen,

Denn jeder Quark im Schloß der Großen gab

Stoff zum Geklatsch der minder Großen ab.


92.

Er sah Aurora's Augen auf ihm ruhn,

Etwas wie Lächeln spielt' um ihren Mund;

Dies nahm er krumm. Ernsthafte Leute thun

Durch Lächeln dar, daß sie sehr trift'gen Grund

Zum Lächeln sehn. In diesem Lächeln nun

That sich durchaus kein Hoffnungsschimmer kund,

Nichts Zärtlich-Schelmisches, das manche Gecken

In jedem Lächeln einer Dam' entdecken.


93.

Es war das stille Lächeln der Betrachtung,

Das nur Erstaunen kundgab und Bedauern;

Ihn aber wurmt' es so, als wär's Verachtung,

Was nicht sehr weise war, denn jedem Schlauern

Verriet dies Lächeln wenigstens Beachtung,

Dies wicht'ge Außenwerk der Festungsmauern.

Das mußt' er wissen: aber sein Verstand

War von dem Mönchsgespenste durchgebrannt.
[283]

94.

Schlimm war nur, daß ihr Aug' und ihre Wangen

Bewiesen, daß sie nicht verlegen ward:

Sie blickte weg, doch völlig unbefangen,

Ihr Ausdruck wie gewöhnlich, still, nicht hart.

Sie ward ein Bischen blaß, – weshalb? vor Bangen?

Ich weiß es nicht; ihr Teint war immer zart,

Leicht angeglüht manchmal und leuchtend immer,

Wie eine tiefe See im Sonnenschimmer.


95.

Die Hausfrau wirkte für den Ruhm inzwischen,

Fein, reizend, gnädig gegen die Verzehrer

Von Wild, Geflügel und nicht minder Fischen.

Sie wußte zarte Höflichkeit mit hehrer

Grandezza ausgezeichnet so zu mischen,

Wie es die Roll' und Pflicht ist aller derer,

Die ihre Gatten, Söhn' und sonst'ge Sippen

Durchsteuern wollen durch des Wahlkampfs Klippen.


96.

Dies mochte nützlich, auch gebräuchlich sein,

Juan jedoch, als er hinüberschielte,

Wie sie die große Rolle kühl und fein,

Als wär' es nur ein Tanz, zu Ende spielte,

Und manchmal nur ein Seitenblick der Pein

Und Ungeduld, als ob sie kaum sich hielte,

Durchbrach, – ich sag', ihm kamen allerlei

Bedenken, wie viel Wahrheit an ihr sei.


97.

Sie spielte jede Roll' und alle gut

Mit jener Art lebhafter Wetterwendigkeit,

Die mancher »herzlos« nennt und Unrecht thut.

Er irrt: es ist nur geistige Lebendigkeit,

Die auf Natur und nicht auf Kunst beruht:

Sie täuscht nur durch den Schein der Unbeständigkeit,

Ist falsch und wahr, – denn der giebt sich am wahrsten,

Wer stark beherscht wird vom Unmittelbarsten.
[284]

98.

Dies macht den Mimen, Künstler, Romancier,

Den Helden seltner und den Denker nimmer,

Den Dichter, Hofmann, Maître de ballet,

Sehr selten Größe, aber häufig Schimmer,

Den Redner oft, niemals den Financier,

Obwohl seit kurzem unser Schatzamt immer

Fern von den Wegen Adam Riese's wandelt

Und seine Kunst rein künstlerisch behandelt.


99.

Sein Chef ist der Poet des Rechnens, der

Wenn nicht fünf grade sein läßt, doch bestimmt,

Daß drei so gut wie vier sei, maßen er

Nur drei zurückgiebt, wo er viere nimmt.

Der Tilgungsfond ist bodenloses Meer,

In welchem nur die Staatsschuld oben schwimmt,

Wo alles, was hineinfällt, absorbirt wird,

Ein Liquidum, darin nichts liquidirt wird!


100.

Mylady theilte Huld und Lächeln aus,

Indessen Durchlaucht sehr behaglich schienen;

Die feine Dame lachte keinen aus,

Ihr Schalksaug' aber fand aus Blick und Mienen

Der Menschen flugs das Ridicül heraus,

(Das ist der Honig fashionabler Bienen,)

Und schleppt' es boshaft heim als süße Beute,

Und dieses fromme Spiel trieb sie auch heute.


101.

Der Tag indeß ging hin, wie Tage thun;

Der Kaffee kam, man meldete die Wagen;

Die Damen standen auf und knixten nun,

Wie nur Landedelfraun zu knixen wagen;

Die Junker aber kratzten mit den Schuhn

Kratzfüß' aus längst verschollnen alten Tagen,

Entzückt vom Wirt, bei dem sie fürstlich speisten,

Jedoch von Lady Adeline am meisten.
[285]

102.

Man fand sie schön, man fand sie höchst charmant:

Wie herzlich ihre Höflichkeit! wie wahr!

Denn Wahrheit, unverfälschte Wahrheit stand

Ihr auf der Stirn geschrieben, das war klar.

Ihr gönnte man mit Freuden ihren Stand,

Man sah ja, daß sie seiner würdig war!

Und dann ihr Anzug! edle Einfachheit

Drapirte mit gelungnem Griff ihr Kleid.


103.

Indeß erholte sich Frau Adeline

Von all dem Zwang, dem sie sich unterzog,

(Damit sie die Bewunderung verdiene,)

An einem tugendhaften Dialog,

Der auf die Gäst' und ihr Gesicht und Miene

Und ihre Freund' und Vettern sich bezog,

Die graus'gen Fraun, die gräslichen Costüme

Und die Frisuren dieser Ungethüme.


104.

Sie sagte wenig, – aber die Umgebung

Brach los wie eine Flut von Epigrammen;

Sie gab indeß dem Dialog Belebung;

Durch »schwaches Lob«, – das Mittel zu verdammen, –

Gab sie dem Spaß die richtige Erhebung,

Wie man Musik anstimmt zu Melodramen.

Wie süß, den Freund zu schützen vor Beleidigung!

Nur bitt' ich meine Freund' um – Nicht-Vertheidigung.


105.

Bei diesem Contumacialgericht

Der Witzlinge saß nur ein stummes Paar,

Aurora mit dem ruhigen Gesicht

Und Don Juan, der sonst nicht schüchtern war

Mit lust'gen Glossen. Heute sprach er nicht,

Still saß er da, all seines Witzes bar;

Vergebens schwirrten Spott und Stichelei,

Er trug nicht eine einz'ge Bosheit bei.
[286]

106.

Nun merkt' er freilich, daß Aurora hier

Ihn billige; sie schien sich auszumalen,

Sein Schweigen sei die Schonung, welche wir

Entfernten schulden, aber selten zahlen.

Wie dem auch sei, Juan, der fern von ihr

Im Winkel saß mit seinen stummen Qualen

Und nichts bemerkte, was um ihn geschah,

Dies sah er, und war froh, als er es sah.


107.

Der Geist, der ihn so stumm wie Geister machte,

War in so weit von großem Wert für ihn,

Als er ihm Achtung da zu Wege brachte,

Wo Achtung am erwünschtesten erschien.

Und das steht fest, Aurora's Näh' entfachte

Gefühl' in ihm, – vielleicht nur Phantasien,

Die aber doch so göttlich sind, daß man

An ihrer Wirklichkeit kaum zweifeln kann, –


108.

Die Liebe bessrer Dinge, reinren Strebens,

Allmächt'ge Hoffnung, sel'ge Ignoranz

Der sogenannten Welt und ihres Lebens;

Momente, wo ein Blick mehr Glück und Glanz

Ausstrahlt als aller Ruhm, der, ach, vergebens

Den Mann entzündet: nie ersetzt er ganz

Die Welt, wo du, o Herz, der Schöpfer bist

Und deren Zon' ein andrer Busen ist;


109.

Wohl seufzen All' »Αἰ αἰ ταν Κυϑερειαν!«

Die Sinne haben oder Herzen hatten!

Ach, gleich dem Lenz, hält allzu kurz ihr Mai an;

Die Jahre fliehn, die goldnen Stern' ermatten.

Anakreon nur spürte nie das Blei an

Dem Pfeil des Eros, ihm bot ew'gen Schatten

Die grüne Myrte; – dessen ungeachtet

Wird »alma Venus« auch von uns geachtet.
[287]

110.

Im Busen Don Juans wogt' ein Gefühl,

Hoch wie die Wogen an des Jenseits Schranken!

So sucht' er jetzt sein nächtliches Asyl, –

Ach, kein Asyl! Denn Trauerweiden sanken

Anstatt des Mohns herab auf seinen Pfühl.

Er sank in süße bittere Gedanken,

Sie, die den Schlaf verbannen und bei denen

Die Grünen weinen und die Grauen gähnen.


111.

Er war allein. Er warf die Kleider fort

Und hüllte sich in seinen Schlafrock ein,

Vollständig sans culotte, mit einem Wort,

Er konnte kaum noch mehr entkleidet sein.

Und so den Mönch erwartend saß er dort,

Gespannt auf seine nächsten Schelmerein,

In einer Stimmung, die ihr nur versteht,

Wenn ihr zuweilen solche Gäste seht.


112.

Er lauschte – horch! – was huscht an jenem Platze?

Ich seh's – ich seh's – Ach nein! – ja, doch, es glitt –

Himmel! es ist der – der – der – Pah! die Katze!

Der Teufel hole ihren Diebestritt!

Wie spukhaft tappt und tappt sie mit der Tatze!

Ganz wie ein Fräulein, das mit leisem Schritt

Zum ersten Male schleicht zum Rendez-vous

Und bebt beim keuschen Echo ihrer Schuh'.


113.

Wieder! – was war's? – der Wind? – Nein er, nein er!

Der schwarze Mönch! – sein dumpfer Fußtritt klingt

So taktfest wie ein Vers, vielleicht noch mehr,

(Wie man in unsern Tagen Verse singt.)

Im hehren Graun der Nacht, – die Welt umher

Liegt tief in Schlaf, von stern'gem Blau umringt,

Das wie ein Demantgürtel sie umkreist, –

Gerinnt sein Blut nochmals vor jenem Geist.
[288]

114.

Ein Ton, der Zähne stumpf macht, gleich als schreibe

Ein Finger über Glas, und zwar ein nasser,

Ein Rascheln wie der Regen an der Scheibe,

Ein Rieseln wie supranatürlich Wasser,

Traf an sein Ohr: sein Herz stand still im Leibe,

Denn Geisterblässe macht das Fleisch noch blasser,

Und selbst wer an die Immortalität

Der Seelen glaubt, scheut doch ein Tête-à-Tête.


115.

Hatt' er die Augen auf? – Ja, auch den Mund.

Denn das Erstaunen macht uns freilich stumm,

Jedoch das Thor der Sprache weit und rund,

Als gingen wir mit großen Reden um.

Und nah und näher that der Schall sich kund,

Entsetzlich für ein menschlich Typanum.

Sein Mund war offen, weit, – ich steh' dafür, –

Und was that sich nun weiter auf? – die Thür.


116.

Sie krachte furchtbar wie die Höllenpforte, –

»Lasciate ogni speranza voi che entrate!«

Es war, als red' ein Echo an dem Orte,

Unheimlich gleich dem Dantischen Citate,

Gleich – – aber hier such' ich vergebens Worte.

Auch Helden zittern, denen Luftspuk nahte;

Denn Fleisch ist gegen Geist nichts, – wie geschähe

Es sonst, daß Fleisch erbebt vor Geistes Nähe?


117.

Weit flog die Thür auf, aber gar nicht schnelle,

Langsam und sicher wie der Möwe Flug,

Und dann flog sie zurück, doch an der Schwelle

Stand sie geöffnet, und ein Schatten schlug

Halb durch den Thürspalt in die Kerzenhelle;

Es brannten zwei und beide hell genug;

Und an der Thür, im Dunkel dunkler, stand

Der schwarze Mönch im heiligen Gewand.
[289]

118.

Juan erbebte von demselben Schrecken

Wie Nachts zuvor; doch, da ihm Schreck nicht schmeckte,

So kam ihm der Verdacht, man woll' ihn necken,

Und dann die Scham, daß man erfolgreich neckte.

Sein Geist in ihm fing an sich selbst zu wecken

Und bändigte das Fleisch, das feig erschreckte,

Und raunt' ihm zu, daß Seel' und Leib zu zweien

Entleibter Seele wohl gewachsen seien.


119.

Die Furcht ward Zorn, der Zorn wuchs ungeheuer,

Und er stand auf, schritt vor, der Schatten wich, –

Juan ihm nach, – sein Blut geriet in Feuer, –

Das Rätsel zu durchbohren sehnt' er sich;

Er wollt' um jeden Preis das Abenteuer

Zu Boden stoßen, ja, mit Hieb' und Stich.

Der Geist stand stille, drohte, wich zur Wand,

Und da, als wär' er steinern, hielt er Stand.


120.

Juan griff mit dem Arm zu – – Ew'ge Mächte!

Er traf nicht Geist noch Körper, sondern Wand

Auf die der Mond durch zartes Drahtgeflechte

Sein Silber goß. Er stand wie festgebannt;

Denn auch der Tapfre zagt wohl im Gefecht,

Wenn er nicht sagen kann, was ihn entmannt.

Wie seltsam! eines einz'gen Kobolds Nichtsein

Kann graus'ger als ein Heer, das leiblich ficht, sein.


121.

Doch blieb der Geist. Sein blaues Auge droht,

Für eine Leiche recht lebhaft und klar;

Auch war sein Atem noch trotz Gruft und Tod

Merkwürdig lieblich, und ein Löckchen Haar

Verriet, daß er einst blond war; frisch und rot

Mit Perlenzähnen kam ein Lippenpaar

Zum Vorschein, als der Wolkenflor verwehte

Und durch das Epheulaub der Vollmond spähte.
[290]

122.

Juan, verdutzt, empfand ein neu Gelüste

Und zielt' und traf, – nun wird es immer bunter –

Traf eine feste, aber glüh'nde Büste,

Und auch ein Herz, so schien es, schlug darunter.

Er sah, daß er geirrt sich haben müßte

(Bei näherm Nachsehn sieht man das mitunter,)

Und in der Confusion am Mönch vorbei

Auf jene nackte Wand gestoßen sei.


123.

Der Geist (wenn Geist) scheint eine süße Seele,

Wie sie nur je im Mönchsrock Buße thut;

Ein Grübchenkinn und eine weiße Kehle

Stiehlt sich hervor und wird wie Fleisch und Blut;

Als ob ein Leib aus finstrem Kleid sich schäle,

Schlüpft aus der Kutte – ach, es war nicht gut! –

Voll, üppig, doch nicht überreif, der Spuk

Der lebenslust'gen Herzogin – Fitz Fuke![291]

Quelle:
Lord Byrons Werke. Berlin 1877, Band 6, S. 255-256,259-292.
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