[4] Als den Albend[359] 1 vorher, am Buß-Tage, drey2 Maßkirte Damen sich bey Hofe eingefunden

1690.


Als gestern unsre Stadt, wie ehmahls Ninive,

Im Sack und Asche lag, und ihre Fasten hielte,

Geschah es, bey der Nacht, daß, zwischen Ach und Weh,

Das schon betrübte Volck ein neues Schrecken fühlte;

Drey Maßken liessen sich in fremdem Zierath sehn,

Ich weiß nicht, ob sie uns vielleicht zum Trost erschienen.

Sie sahen denen gleich, die hin zum Paris gehn,

Durch seinen Richter-Spruch den Apffel zu verdienen.

Propheten, die ihr sonst die Geister prüfen könnt,

Und ob es solche sind, die Gott den Herren loben,

Ihr, die ihr jedes Ding bey seinem Nahmen nennt,

Sagt, kamen diese drey von unten oder oben?

Fußnoten

1 Es war den Abend vor der grossen Scheren-Schleiffer-Wirthschafft; Sie kamen in derjenigen Tracht, wie sie, des folgenden Tags, auf der Wirthschafft erscheinen wolten, und hatten, wieder die Gewohnheit bey dergleichen Wirthschafften, nur zu dem Ende, Maßken vorgeno ien, um die Durchl. Herrschafft, in eine desto freudigere Verwunderung zu setzen; je länger sie, alles Rathens ungeacht, unerkannt bleiben, endlich aber, mit Abnehmung der Maßken, sich selbst zu erkennen geben würden.


2 Eine davon in blau gekleidet, war die verstorbene Ober-Marschallin von Gromkau, welcher zu Ehren, bey eben dieser Gelegenheit, der Herr von Besser, auch ein Sinn-Gedicht geschrieben, so aber noch nicht in seinen gedruckten Gedichten zu finden. Er besitzt auch noch ietzo eine eigenhändige Abschrifft des Herrn von Caniz von obenstehenden Versen, die der Verfasser ihm damahls selbst gegeben. Die Frau Ober-Hof-Marschallin ward gleich durch ihre ansehnliche Gestalt verrathen, und eh sie noch das Gesicht entblößte, von den meisten erkannt.


Quelle:
Friedrich Rudolph Ludwig von Canitz, Kritische Ausgabe: Gedichte, Tübingen 1982, S. 359-360.
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