19

[178] Er


Ich werde nicht mit dir, du Süße, rechten, –

Dich lieben, so wie du mich liebest? nein.

Aus Rosen laß den Siegerkranz dir flechten,

Der Liebe Preis ist dein.


Die Lieb umfaßt des Weibes volles Leben,

Sie ist ihr Kerker und ihr Himmelreich:

Die sich in Demut liebend hingegeben,

Sie dient und herrscht zugleich.


Gekehrt nach außen ist des Mannes Trachten,

Und bildend in die Zukunft strebt die Tat;[178]

Als Pflegling muß die Liebe den betrachten,

Dem segnend sie sich naht.


So hab ich dir im allgemeinen Bilde,

Beglückende, dein eigenes gezeigt,

Dein Bild, vor dem der Ungefüge, Wilde

Sich sanft gebunden neigt.


O lasse mich in deinen lieben Armen

Vergessen dieser Zeiten düstern Schein,

An deiner lieben treuen Brust erwarmen

Und reich und glücklich sein.


Quelle:
Adalbert von Chamisso: Sämtliche Werke. Band 1, München [1975], S. 178-179.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Gedichte (Ausgabe letzter Hand)
Gedichte Und Versgeschichten
Peter Schlemihls wundersame Geschichte und ausgewählte Gedichte.
Chamissos Werke: Erster Teil: Gedichte
Gedichte: Ausgabe letzter Hand
Hundert Gedichte