Pech

[201] Wahrlich aus mir hätte vieles

Werden können in der Welt,

Hätte tückisch nicht mein Schicksal

Sich mir in den Weg gestellt.


Hoher Ruhm war zu erwerben,

Wenn die Waffen ich erkor;

Mich den Kugeln preis zu geben,

War ich aber nicht der Tor.


Um der Musen Gunst zu buhlen

War ich minder schon entfernt;

Ein Gelehrter wär ich worden,

Hätt ich lesen nur gelernt.


Bei den Frauen, sonder Zweifel,

Hätt ich noch mein Glück gemacht,

Hätten sie mich aller Orten

Nicht unmenschlich ausgelacht.


Wie zum reichen Mann geboren,

Hätt ich diesen Stand erwählt,

Hätte nicht vor allen Dingen

Immer mir das Geld gefehlt.


Über einen Staat zu herrschen,

War vor allen ich der Mann,

Meine Gaben und Talente

Wiesen diesen Platz mir an.
[201]

König hätt ich werden sollen,

Wo man über Fürsten klagt.

Doch mein Vater war ein Bürger,

Und das ist genug gesagt.


Wahrlich aus mir hätte vieles

Werden können in der Welt,

Hätte tückisch nicht mein Schicksal

Sich mir in den Weg gestellt.


Quelle:
Adalbert von Chamisso: Sämtliche Werke. Band 1, München [1975], S. 201-202.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Gedichte (Ausgabe letzter Hand)
Gedichte Und Versgeschichten
Peter Schlemihls wundersame Geschichte und ausgewählte Gedichte.
Chamissos Werke: Erster Teil: Gedichte
Gedichte: Ausgabe letzter Hand
Hundert Gedichte